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Warum "Zurück im Fundbüro der Träume"? Die limitierte Auflage des Buches "Fundbüro der Träume", welches die Autorin 2004 im Eigenverlag herausbrachte, ist längst vergriffen. Nun legt sie eine Art Remake vor mit alten und neuen Texten, bei dem natürlich die Klassiker "Die Eltern kommen" und "Fundbüro der Träume" nicht fehlen. Eingefangene Alltagsmomente, die Suche nach dem Ich, Liebe, Schmerz, Glück, all das widerspiegelt sich in den Kurzgeschichten und Gedichten von Astrid Reimann. Hier können Sie mehr über die Autorin erfahren: www.astrid-reimann.de
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Seitenzahl: 56
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Für meine Familie und Wegbegleiter
Das besondere Geburtstagsgeschenk
Die Eltern kommen
Auflösung eines Knotens
Für Marie
Dünne Wände
Werner im Schnee
Fundbüro der Träume
Ihr Duft
Wer bin ich
Ich wär so gern
Kerzenwetter
Ohne Worte
Eine kleine Liebe
Aufbruch
Einfach nur Glück
Erfrorene Liebe
Freiheit
Es ist an der Zeit
Gedanken am Meer
Herbstimpressionen
Nur ein Moment
Ohne dich
Schrittwechsel
Un(missverständlich)
Warum
Herbst
Zeit - Los
Warten
Schick mir einen Engel
Zwischenräume
Veränderung
Der Zeitungsausschnitt liegt noch immer auf ihrem Nachttisch. Anja hatte die Anzeige vor einigen Wochen herausgerissen. Mutig kam sie sich dabei vor und sogar ein bisschen verdorben.
„Er besucht sie.“ Darunter eine Handynummer. Schon einige Male hatte sie den Hörer in der Hand gehabt, sich aber letztlich doch nicht getraut. Warum eigentlich nicht? Wer sollte darüber urteilen? Schließlich war sie allein, viel zu lange schon; selbst ihre beste Freundin Sabine konnte sie nur selten davon überzeugen, mal wieder unter Leute zu gehen.
Und in der Schublade liegt doch noch der Umschlag mit dem Geld …
Eine sehr angenehme, tiefe Stimme meldet sich. „Hier ist Wolfgang“. Locker plaudert er mit ihr. Dass er groß und in ihrem Alter sei, für heute Abend aber leider ausgebucht. Morgen könne er zu ihr kommen. Plötzlich geht es ihr nicht schnell genug. Noch einmal wählt sie seine Nummer und fragt, sich dabei entschuldigend: „Kondome, bringst du die mit? Ich habe so was gar nicht im Hause.“
Als sie auflegt, glühen ihre Wangen.
In dieser Nacht träumt sie von großen, durchtrainierten Männern, die ihr jeden Wunsch von den Lippen ablesen.
Sowie sie am Morgen wach wird, beschäftigt sie nur eine Sorge: in ihrem Kleiderschrank etwas halbwegs Ansprechendes oder Erotisches zu finden. „Es ist sehr lange her, dass sich jemand dafür interessiert hat, was ich darunter trage“, denkt sie und hält prüfend einen Slip ins Licht, der eher ein Erbstück sein konnte.
In der hintersten Ecke findet sie schließlich doch noch etwas Brauchbares – einen Body, der früher einmal weiß war, und den sie damals mehr für ihren Freund als für sich gekauft hat. Das Teil hatte schon bessere Zeiten erlebt.
Sie auch.
Sie sieht zur Uhr, jeden Moment würde er hier sein. Als es klingelt, stakst sie auf wackligen Beinen zur Tür. Vor ihr steht ein Mann, der einige Jahre älter und mindestens einen Kopf kleiner ist als sie. Statt auffallender Muskeln hat er lichtes Haar. Auf der Straße wäre sie an ihm vorbeigelaufen.
„Für den“, denkt Anja, „reicht auch mein Body!“
Sie ist neugierig, wie er anfangen wird. Vor lauter Verlegenheit stellt sie ihm völlig unmögliche Fragen - wie er auf diese Idee kam, wie lange er das schon tut…
Während sie spricht, beginnt er, ihr das Haar zu bürsten. Sie spürt es bis in die Zehenspitzen. Er hat bereits gewonnen.
Das habe er früher auch bei seiner Frau getan, die leider vor einem Jahr gestorben ist.
Sie glaubt ihm. Sie hat sich soeben entschlossen, alles zu glauben.
Und so erzählt er ein wenig von seiner Ehe und dabei streichelt er sie, unaufdringlich, sanft, nicht fordernd.
„Also das hier ist irgendwie anders, als in dem Film, den ich gesehen habe“, schiesst es Anja durch den Kopf.
Sie lässt sich auf seine Berührungen ein und redet zwischen ersten Küssen weiter. Sie fühlt sich fast schon wohl mit ihm, als wäre er ein langjähriger Freund.
„Vorsicht, Anja, das hier ist nur heute!“, ermahnt sie sich.
„Leg dich hin“, flüstert Wolfgang und beginnt, sie zu massieren. Die Schultern, den Rücken, die Beine. „Dreh dich um!“ Mit pochendem Herzen folgt sie seiner Aufforderung und schließt die Augen.
Seine Hände tun ihr gut und es ist auch überhaupt nicht mehr wichtig, dass er lichtes Haar hat und keinen Waschbrettbauch. Schließlich redet Anja nicht mehr.
Am kommenden Nachmittag ist Anja bei Tante Erika zu einer Familienfeier eingeladen. Sie hasst diese verwandtschaftlichen Pflichtveranstaltungen und hofft, auch diese möge schnell wieder vorbei sein.
Als ihre Tante ihr eine Frage quer über den Tisch zuwirft, verschluckt sich Anja fast an ihrem Kaffee: „Hast du dir eigentlich von meinem Geburtstagsgeld schon was Schönes gekauft?“
Alle Augen sind auf sie gerichtet. „Mmh“ murmelt Anja, angelt sich schnell ein neues Kuchenstück und beißt hinein. „Hervorragend wieder dein Kuchen, wirklich!“ nuschelt sie beim Kauen. Tante Erika lächelt verlegen.
Am Abend steht dann Sabine vor ihrer Wohnungstür. „“Sage mal, wo treibst du dich rum, ich habe gestern immer wieder versucht, dich zu erreichen?“
„Ach ich hatte total vergessen, das Telefon wieder reinzustecken.“
„Und wieso hattest du es überhaupt rausgezogen? Ach Anjamäuschen, soll ich dir wieder jedes Wort aus der Nase ziehen?“
„Ich hatte Besuch.“
„ Na das muss ja ein wichtiger Besuch gewesen sein, wenn du sogar das Telefon abstellst.“
Und Anja erzählt ihr von Wolfgang.
Sabine steht der Mund offen. „Ein“… setzt sie an, doch Anja überhört es.
Strahlend fragt sie stattdessen: „Weißt du, was das Beste daran war?“
Doch als sie sieht, welches Wort Sabine schon mit ihren Lippen formt, kommt sie ihrer Antwort zuvor: „Nein nicht das, was du wieder denkst. Das Beste war eigentlich nicht der Sex. Sondern dass ich mich endlich wieder als Frau fühlte.
Es gab keine Verletzungen, weil von vornherein alles klar war. Und ich, ich genoss es, dass ich mich wieder selbst gespürt habe, dass ich ohne Hemmungen nackt durch die Wohnung gelaufen bin und dass ich reden konnte mit ihm.“
„Reden? Aber ihr habt nicht nur geredet?“
Nein. Nicht nur.
Anja hängt ihrer Erinnerung nach. Sabine betrachtet die Freundin, stellt sich Wolfgangs Hände vor und wie die beiden…
Schließlich platzt es aus ihr heraus: „Ein… -also ehrlich, dass du dich so was traust! Ich bin ja entsetzt!
Kannst du mir auch mal seine Nummer geben?“
Der Staub scheint nachzuwachsen, je mehr ich putze. Er legt sich auf die Schränke, legt sich auf mein Gesicht, auf den Tag und meine Freude.
Sie klingeln. Viel zu früh, wie immer. „Kinder, zieht euch bloß schnell um!“
Sie sind schon oben. Küsschen auf Lippenstiftmund. Küsschen auf Staubmund. „Schön, dass ihr da seid!“
„Wo sind denn die Kinder?“
Das ist das Stichwort – die Kinderzimmertür wird aufgerissen, die Klinke schlägt gegen die Wand, nicht zum ersten Mal, und eine geballte Kraft rennt gegen Oma und Opa an.
Mein Sohn trägt sein T-Shirt verkehrt herum, nun sind die Flecken von der Tomatensoße auf dem Rücken.
„Ach, so schöne Blumen! Das wäre doch aber nicht nötig gewesen. Kaffee läuft schon. Kommt doch rein!“
Ich habe einen Fertigtortenboden mit Früchten belegt.
„Hast du dir wieder soviel Arbeit gemacht“, sagt Mutter.