Zwiebelsuppe à la Jules - Louis Geras - E-Book

Zwiebelsuppe à la Jules E-Book

Louis Geras

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Beschreibung

Alex Wolf steckt nach einem katastrophalen Beziehungsende in einer Lebenskrise. Aber erst das Treffen mit Britta Sanders, die ebensoviele Probleme hat wie er, läßt ihm bewusst werden, dass es so nicht weiter gehen kann. Jeder für sich und doch immer wieder mit überraschender Hilfe des anderen, gelingt es ihnen ihre Probleme zu lösen. Als sie bemerken, dass mehr als nur Freundschaft sie verbindet, scheitert ihre Liebe fast an ihren größten Problemen: Ihren Beziehungen. Eine humorvoll erzählte Liebesgeschichte mit überraschendem Ende.

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Louis Geras

Zwiebelsuppe à la Jules

 

 

 

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Alex

Jules

Britta

Zwiebelsuppe

Britta II

Jules II

Milanda

Der Waschsalon

John

Britta III

Der Anruf

Die Vernissage

Am Boden

Baldwin Brix

Britta III

Parkplatzprobleme

Problem Nummer zwei

Agentur Brix

Solution-Club-Treffen I

Das Projekt

Der Anruf

Letzte Chance

Das Meeting

Giovannis Ende

Bernard Demond

Kunstgeflüster

Vorstellungsgespräch

Das Geschenk

Das Ende der Liebe

Die Uhr

Zwiebelsuppe à la Jules

Epilog

Impressum neobooks

Alex

Zwiebelsuppe à la Jules

von

Louis Geras

Alex Wolf behielt die Augenlider geschlossen. Genussvoll rekelte er sich unter dem glatten Laken, streckte seine Beine aus und rollte sich dann zur Seite. Leise schabte sein Bart am seidenen dunkelblauen Kissen, als er seine Wange daran schmiegte. Er wollte diesen Moment festhalten. Er klammerte sich an die Erinnerung der letzten Stunde fest. Aber sein verflixtes Gehör verweigerte ihm den Gehorsam. Stattdessen nahm es jedes noch so leise Geräusch auf. Lauschte aufdringlich in das stille Zimmer, um nichts zu überhören. Die vertrauten Geräusche vor dem offenen Fenster - anfahrende Autos, leise Musik von Nebenan und der Glockenschlag, der unbarmherzig von der nahen Turmuhr herüber schallte, sowie das leise Rascheln, welches beim hastigen Anziehen von Kleidung entsteht – drangen in seine Ohren und somit in sein Bewusstsein. Schließlich hörte er das kaum wahrnehmbare Rasseln und anschließende Klicken des Schlüssels im Schloss. Die Wohnungstür schwang mit leisen Scharren über den Vorleger auf und Alex hörte nur noch die unpersönlichen, wagen Worte: „Ich rufe Dich an. Vielleicht donnerstags ….oder sonst nächste Woche.“ Dann …. fiel die Tür ins Schloss.

Kalt und abweisend klangen ihm die Worte in den Ohren. Der kurze, heftige Schlag der energisch geschlossenen Tür beendete seinen Tagtraum. Schmerzhaft empfand er die Stille, die sich nun ausbreitete. Und wie jedes Mal, wenn sich das Gefühl des Verlassens sein nach dem hastigen Abschied im Zimmer ausbreitete, konnte er sich nicht mehr gegen dieses demütigende Gefühl erwehren, welches an seinem Ego kratzte. Das unterschwellig ständig da war, aber welches er unterdrückte, da er sich vor dem Alleinsein fürchtete.

Am Anfang ihrer heimlichen Beziehung hatte er dieses Gefühl nicht gekannt, aber je öfter er in den letzten Wochen die Wohnung betreten hatte, die Gespräche, bevor sie im Bett landeten, weniger und die Abschiede kürzer geworden waren, umso mehr kratzte es in seinem Unterbewusstsein und hinterließ diesen schmerzhaften Fleck. Es zerstörte die Illusion, die ihn hierher trieb. Die Illusion geliebt zu werden und nicht nur eine kurze Affäre zu sein. Je öfter sich die Türe schloss, umso mehr fühlte er sich benutzt, nein, mehr noch, ausgenutzt. Dabei wollte er nichts anderes als geliebt werden. Er hasste es, so zu empfinden. Schließlich kam er aus freien Stücken hierher. Er war hier, weil er es so wollte. Punkt um. Trotzdem blieb der schale Geschmack danach. Immer wenn die Tür sich schloss, fragte er sich, warum er eigentlich wieder kam.

Er zwang sich seine Augenlider einen Spalt zu öffnen. Es fiel ihm schwer. Als würden seine Lider von einem zentnerschweren Etwas niedergedrückt. Als wollte diese Etwas verhindern, dass er die Wirklichkeit sah. Eine Wirklichkeit, vor der er seit Wochen floh.

Endlich schaffte er es. Abschätzend sah er sich in der kleinen Wohnung um. Sie war modern und ausgesprochen unpersönlich eingerichtet. Alles…. und doch nichts da. Eine Liebeshöhle - elegant, praktisch und sauber. Fast schon steril, als fürchte man, sie könnte alle ihre verborgenen Geheimnisse verraten. Immer, wenn Alex sie betrat, erschien sie ihm leblos und leer. Erst durch sie beide erwachte sie zum Leben. Doch kaum gingen sie, entwich ihr dieser Lebenshauch. Starb sie einen einsamen Tod… .

Alex fröstelte es. Warum kam er hier immer nur auf so absurde, pathetische Gedanken. Wahrscheinlich lag es an ihrer verstohlenen geheimen Beziehung. Manchmal erschien es ihm unheimlich, dass man sich so intim kannte und doch nichts Elementares voneinander wusste, außer einigen wenigen unwesentlichen Details, die nichts verrieten. Was jedoch nicht an ihm lag. Wann immer er im Gespräch versuchte mehr zu erfahren, wurde er vertröstet, schließlich sollte man die wenigen gestohlenen Augenblicke, die man für einander hatte, genießen und nicht mit nutzlosen Gesprächen vergeuden. Jeder Augenblick war kostbar. Auch Alex empfand es so und versuchte sie auf seine Weise festzuhalten. Dazu gehörte für ihn aber auch ein vertrautes Gespräch. Gedankenaustausch oder zärtliche Worte.

Seine Augen folgten den Sonnenstrahlen, die sich zwischen den halbgeschlossenen Rollläden hindurch stahlen und über den kleinen Tisch vor dem Fenster Linien zeichneten. Er versuchte diese Gedanken zu verdrängen, denn er fürchtete sich vor der Alternative.

Die Turmuhrglocke schlug ein Mal. Viertel nach Zwei. Es wurde Zeit. Das nächste Meeting fing in einer Stunde an und er musste noch ans andere Ende der Stadt. Die gestohlenen Stunden verlangten Organisation und hetzten ihn.

Seufzend schlug er die Decke zurück, blieb aber noch einen Moment liegen und fuhr sich mit den Fingerspitzen über die Innenseite seines Schenkels. Ganz leicht. Ganz langsam und behutsam. Das Kribbeln setzte augenblicklich ein und er schloss die Augen und genoss es.

Er hatte früher nicht gewusst, wie sehr es ihn erregte, wenn das jemand machte.

In den vergangenen Monaten seit sie sich hier trafen, hatte er viel über sich gelernt. Er hatte neue, für ihn fremde erogene Zonen seines Körpers kennengelernt und jede einzelne erforscht. Berührungen, die ihm früher Fremd gewesen waren, erregten ihn nun. Alleine bei dem Gedanken daran, versetzten Impulse ihn in einen berauschenden Zustand. Er wusste, dass dies die Antwort war auf seine Frage, warum er immer wieder hierher kam. Auch wenn er sie nicht hören – nicht wahrhaben - wollte.

Missmutig zog er seine Augenbrauen zusammen. „Schlampe! Geile Schlampe!“, sagte er halblaut in den leeren Raum und meinte sich selbst damit. Dann zwang er sich die Augen endgültig zu öffnen. Rasch schwang er nun seine Beine über die Bettkante und sprang auf, um nicht in Versuchung zu geraten, weiterhin seinen Gedanken und Gefühlen nachzuspüren.

Auf dem Weg ins Bad sammelte er seine Socken und die Jeans vom Boden auf und warf sie auf einen der Stühle neben dem Tisch.

Zuerst heiß, dann eiskalt prasselte das Wasser der Dusche auf ihn nieder. Das klärte seine Gedanken, wenigstens für eine Weile.

Nachdem er auch die anderen Kleidungsstücke gefunden hatte – er war jedes Mal überrascht, an welchen Orten er sie wiederfand - verließ er, nach einem kurzen prüfenden Blick in den Spiegel, hastig die Wohnung.

Den Gang entlang eilend, vorbei an den verschlossenen anonymen Türen, suchte er nach seinem Handy in der Jackentasche. Er schaltete es immer aus, wenn sie sich trafen. Er wollte unerreichbar für die alltägliche nüchterne Welt sein, während sie sich in der Wohnung aufhielten. Nun checkte er seine Anrufe. Dreimal das Büro. Eine SMS. Er lud sie herunter.

Kaum hatte er sie gelesen, beschleunigte er seine Schritte. Seine Hast kam nicht von ungefähr. „Meeting schon um halb“, stand in der SMS. „Verdammt!“, stieß er hervor. Dann begann er den Gang entlang zu laufen - wobei er immer wieder halblaut vor sich hin fluchte -sprang die Treppe - immer zwei Stufen auf einmal nehmend - hinunter und bremste erst knapp vor der zweiteiligen gläsernen Eingangstür.

Keuchend blieb er davor stehen. Dann drückte er zögernd die Tür auf und sah sich aufmerksam um.

Seltsamerweise sah er sich immer genau um, bevor er das Wohnhaus verließ. Er kam sich albern dabei vor, aber trotzdem tat er es. Schämte er sich dafür, was er hier trieb? Er ersparte sich selbst die Antwort auf seine Frage und eilte stattdessen in die nächste Seitengasse zu seinem blitzblauen ‚Beetle‘, der eine bleibende Erinnerung an seine letzte fixe Beziehung war.

Christina, genaugenommen Christina Perner, hatte sie geheißen. Sie war seine Traumfrau gewesen und der ‚Beetle‘ ihr Traumauto. Bis zu dem Tag an dem Alex sie mit einem Anderen im Gebüsch angetroffen hatte und sein Traum von einer traumhaften Beziehung, wie eine Seifenblase in der Sonne zerplatzte und zu einem Alptraum wurde.

Während er den Schlüssel ins Schloss steckte, um den Wagen aufzusperren, erinnerte er sich an die bizarre Situation. Er sah sich selbst, wie er da stand – gedemütigt und unendlich verletzt – und sie dumm anglotzte. Sie saß rittlings auf seinem Kollegen, den Rock hochgeschoben, mit geöffneter Bluse, die Hand des Anderen an ihrer entblößten Brust. Der Träger ihres BH’s hing seitlich hinunter. Die feine weiße Spitze des Körbchens gab die Brustwarzen frei. Frech standen sie hervor. Ihre Frisur, perfekt gestylt. Der Lippenstift um ihren vollen weichen leichtgeöffneten sinnlichen Mund etwas verwischt. Aber vor allem sah er ihre Augen, die ihn halb unter ihren langen dunklen Wimpern verborgen, gelangweilt-nein - verächtlich ansahen. Dieser Blick hatte sich in seiner Erinnerung eingebrannt.

Noch im Gedanken an diese Szene gefangen, sprang Alex ins Auto und startete wütend den Motor. Zu fest trat er aufs Gaspedal, so dass er mit einem Rums gegen, das hinter ihm parkende Auto auffuhr. „Verdammt!“, entfuhr es ihm abermals. Das konnte er jetzt gar nicht gebrauchen. Nicht hier - nicht jetzt. Er stöhnte auf und schlug aufgewühlt mehrmals auf sein Lenkrad. Dann sprang er aus dem Auto, um den Schaden zu begutachten.

Im gleichen Moment öffnete sich auch die Autotür, des hinter ihm parkenden kleinen elegant-schwarzen Sportflitzer, und eine zierliche Brünette schwang ihre Beine heraus und stelzte auf hohen Absätzen auf ihn zu. Ein enges Business-Kostüm umhüllte einen perfekten schlanken Körper. Das maskenhaft geschminkte Gesicht war nicht einzuschätzen. Weder das Alter, noch die Stimmung.

„Aufgespritz!“, zuckte für einen Moment ein Gedanke durch Alex Hirn, während er ihr entgegenblickte.

Ihre Bewegungen drückten dafür deutlicher aus, was sie empfand. Sichtlich wütend rauschte sie auf ihn zu und fauchte ihn an, wobei sich die intensiv Rot nachgezogenen Lippen nur wenig öffneten: „Ihren Führerschein haben Sie wohl auch in der Lotterie gewonnen! Sie Id….“ Den Rest verschluckte sie. Stattdessen fing sie an mit ihren langen lackierten Fingernägeln in ihrer Handtasche - eine echte Dior - zu kramen. „Oder sind Sie betrunken? Es ist wahrscheinlich besser, wenn ich die Polizei rufe.“ Damit zog sie ihr Handy heraus und fing an die Rufnummer einzutippen.

Alex hatte sich währenddessen über die Stoßstange gebeugt. Erleichtert stellte er fest, dass bis auf ein paar Kratzern und einer kleinen Delle keine Schäden sichtbar waren. Er wollte hier keine Aufmerksamkeit erregen. Daher ergriff er sofort die Gelegenheit, als er merkte, dass die Frau für einen Moment zögerte und dabei ihren Blick abschätzend über ihn gleiten ließ, ehe ihr Finger sich auf die Wahltaste zubewegte.

Alex zauberte ein charmantes Lächeln auf die Lippen und sah sie eindringlich an. „Ich glaube nicht, dass es nötig ist die Polizei zu rufen.“, fing er an, „Wir müssten nur ewig warten, bis sie endlich kämen. Sie wissen ja sicher, wie so etwas abläuft.“ Dabei versuchte er ihren Blick einzufangen. „Ich denke, wir können das auch so unter uns klären. Es ist natürlich meine Schuld.“, betonte er mit voller Überzeugung. „Ohne jeden Zweifel. Es tut mir sehr, sehr leid. Ich war im Gedanken gerade wo anders. Ich gebe Ihnen meine Telefonnummer und meine Adresse. Und ….wenn ihre Werkstatt den Schaden repariert hat, rufen Sie mich an und ich bezahle die Rechnung.“

Er zog seine Visitenkarte heraus und schrieb seine private Telefonnummer auf die Rückseite. „Hier. Meine Karte. Auf der Rückseite steht meine Privatnummer. Darf ich ihren Namen erfahren?“

Die Brünette knabberte noch zögerlich an ihrer Unterlippe. Immer noch schwebte ihr Finger gefährlich über der Tastatur. Dann warf sie einen kurzen Blick auf das Haus, dann auf Alex, der ihr die Karte mit einen auffordernden Lächeln hinhielt und zuckte schließlich die Schultern. Danach griff sie nach der Karte und steckte sie ein, nachdem sie einen kurzen Blick darauf geworfen hatte. „Sie haben Glück, dass ich gerade keine Zeit habe, auf die Polizei zu warten. Sie hören von mir“, sagte sie schließlich knapp und stöckelte zurück zu ihrem Auto. Alex starrte ihr, erleichtert und auch ein wenig überrascht, weil sich die Frau so widerspruchslos gefügt hatte, hinterher. Er hatte mehr Widerstand erwartet.

Während er ihr nachsah, ertappte er sich, dass er auf den, in einen knallengen Rock gezwängten, Hintern starrte, der sich leicht wiegend hin und her bewegte. Geschmeidig, wie eine Katze, glitt sie in ihren Sportflitzer, und ließ den Motor aufheulen. Als er nicht sofort zur Seite trat, hupte sie ihn ungeduldig an, wobei sie die Augenbrauen hochzog und ihn mit ihren stahlgrauen Augen ärgerlich-fragend ansah.

Kaum war Alex einen Schritt zur Seite getreten, gab sie Gas und brauste an ihm vorbei. Sie bog in die nächste Seitenstraße ein und verschwand aus Alex‘ Blickfeld. Erleichtert aufatmend blickte Alex ihr hinterher.

Das hätte ihm noch gefehlt, wenn hier ein großes Polizeiaufgebot aufgetaucht wäre. Dann dachte er wieder ans Meeting und sah auf seine Armbanduhr… und stellte zu seinem Entsetzen fest, dass er sie vergessen hatte. Sie lag noch in der Wohnung, wahrscheinlich neben dem Bett und … .

In diesem Moment schlug die Turmuhr drei Mal. Dreiviertel. „Wieder zu spät.“, stöhnte Alex auf. Das dritte Mal in zwei Wochen. Das würde mächtigen Ärger geben. Die Uhr konnte er auch ein anderes Mal holen.

Die Kollegen redeten ohnedies schon mehr oder weniger hinter vorgehaltener Hand über seine verlängerten Mittagspausen. Einige konnten sich aber auch nicht mit anzüglichen Gesten und Bemerkungen zurückhalten. Erst gestern forderte Matt Seitz, einer der Kreativ-Mitarbeiter, ihn auf ihnen endlich seine ‚Neue‘ vorzustellen. Dabei grinste er süffisant und tauschte einen Blick mit Olsen Kahlbach , der neben ihm saß und gerade seinen Joghurtlöffel anzüglich abschleckte. Nur mit Mühe konnte sich Alex zurück halten, ihm nicht eine seiner Fäuste ins Gesicht zu schleudern. Matt hatte, genauso wie Olsen, auch seine Finger nicht von Christina lassen können.

In Erinnerung daran presste Alex seine Lippen fest zusammen und ballte wütend die Fäuste, so dass sich die Knöchel weiß unter der Haut abhoben.

Einige Minuten nach Drei erreichte er endlich die Büros der Marketing-Art-Design Firma Wilkers, zurzeit die bedeutendste Werbeagentur der Stadt, für welche Alex seit fast fünf Jahren arbeitete. In den vergangenen Jahren hatte er einige großartige Werbeideen umgesetzt und war maßgeblich am stetigen Aufstieg der Firma beteiligt gewesen.

Der Konferenzraum fürs Meeting lag im fünften Stock des Bürogebäudekomplexes.

Alex hetzte durch die leeren Gänge und ließ sich schließlich, eine Entschuldigung murmelnd, keuchend auf einen der wenigen freien Stühle fallen, die sich um den langen Tisch im Konferenzraum drängten.

Die Besprechung war schon im vollen Gange. Der Abteilungsleiter, der gerade über einen wichtigen Kunden lamentierte, warf ihm einen verärgerten Blick zu. Alex wagte ebenfalls einen flüchtigen Blick in die Runde, der ihm mehrere spöttisch oder fragende – manchmal genüsslich-anzügliche – Blicke bescherte. Er senkte seine Augen auf die vor ihm liegenden Unterlagen und blätterte scheinbar interessiert darin herum, ohne jedoch auch nur das Geringste zu erfassen.

Die Besprechung dauerte noch mehr als eine Stunde an, aber Alex bekam nur die Hälfte davon mit, zu sehr war er mit seinen Gedanken noch bei den letzten Geschehnissen.

Er hatte es doch nicht nötig … diese Treffen. Er war jung – naja, knapp über Dreißig - und sah auch gar nicht so übel aus – fand er, und auch einige seiner Freunde sagten das. Er konnte sicher jederzeit eine ehrliche Beziehung mit einer hübschen jungen Frau haben. Aber stattdessen traf er sich heimlich, verstohlen in dieser Wohnung. Und schwor sich doch jedes Mal, wenn die Tür ins Schloss fiel, nicht mehr dorthin zu gehen. Dieser Beschluss hielt genau zwei – manchmal auch nur einen Tag. Und dann wartete er.

Er wusste, dass das absurd war, wie überhaupt die ganze Situation. Hätte ihm vor einem Jahr jemand gesagt, dass er so ein Verhältnis eingehen würde, er hätte ihn wahrscheinlich verprügelt. Und nun ….. saß er darin fest.

Er schaffte es nicht, sich von diesem spontanen Entschluss – War es überhaupt ein Entschluss? - den er vor knapp drei Monaten gefasst hatte, loszureißen. Damals hatte er verzweifelt versucht die Trennung von Christina zu verarbeiten. Er war von einer Veranstaltung zur anderen gehetzt. Immer auf der Suche nach Ersatz.

Es war bei einer Ausstellung eines zeitgenössischen Künstlers, als sie sich trafen. Sie redeten, lachten, tranken. Und irgendwie und irgendwann landeten sie in der Wohnung. Ihrem Liebesnest. Damals hatte er am Morgen danach die Flucht ergriffen. Aber dann trafen sie sich wieder. Ungeplant. Und landeten wieder im Bett. Danach tauschten sie ihre Telefonnummern. Seit damals wartete er ständig auf den nächsten Anruf. Aber er wusste, auf Dauer würde er dieses Verhältnis nicht geheim halten können.

Wollte er es geheim halten? Wollte er dieses Verhältnis überhaupt? Er war sich nicht sicher – so wie über die wenigsten Dinge in seinen derzeitigen Leben.

Unbewusst zeichnete er auf seinen Unterlagen Kringeln und gezackte Linien. Er konnte sich nicht auf das Meeting konzentrieren.

Gerade hatte er beschlossen, dass er dieses Mal nicht auf den Anruf warten würde und auch nicht auf Abruf bereit stehen würde, als Werner Bacher, der Marketingabteilungsleiter, sich mit der Frage: „Was halten Sie davon, Alex?“, an ihn wandte. Das Dumme daran war nur, das Alex, nicht wusste wovon. Daher brachte er nur ein stotterndes fragendes, etwas tonloses „Ich bin ganz ihrer Meinung!?!?“ heraus, das ein unterdrücktes spöttisches Auflachen seiner Kollegen zur Folge hatte.

Der mörderische Blick, mit dem Werner Bacher ihn daraufhin bedachte, sagte ihm, dass diese Antwort meilenweit von dem entfernt lag, was von ihm erwartet wurde. Er spürte wie ihm die Röte ins Gesicht schoss, was die Peinlichkeit noch verstärkte.

Es war nicht das erste Mal, dass er in letzter Zeit bei einem Meeting so danebenlag mit einer seiner Antworten. Als Werner Bacher ihn am Ende der Konferenz noch zum Bleiben aufforderte, während alle anderen eilends den Raum verließen, wurde ihm heiß. Er brauchte nicht noch mehr Probleme, als er ohnedies schon hatte. Aber ein persönliches Gespräch mit Herrn Bacher deutete i m m e r auf Probleme hin.

Der Marketingleiter räusperte sich und fing schließlich mit den Worten an: „Ich weiß, dass Ihnen die Freundin vor einigen Wochen…“ („Einige Wochen!!! Es sind inzwischen schon fast fünf Monate!“, dachte Alex.)…. abhandengekommen ist. Aber schön langsam müssen Sie wieder in die Gänge kommen, Herr Wolf. Ich habe Verständnis dafür, dass man einige Zeit braucht um darüber hinwegzukommen. Schließlich war es ….naja, …schwierig….“ Er räusperte sich abermals verlegen. „…Sie wissen schon. Jedenfalls kann es so nicht weiter gehen. Reißen Sie sich endlich zusammen, ansonsten kann ich Sie nicht länger schützen. Die Personalabteilung mistet - wie Sie sicher mitbekommen haben - weiterhin unproduktive Mitarbeiter aus. Sie sind ein großartiger Mitarbeiter, wenn Sie bei der Sache sind. Aber in letzter Zeit scheinen Sie ständig abwesend zu sein. Geistig und auch immer öfter körperlich. Machen Sie endlich wieder ihre Arbeit, Herr Wolf. So kann es nicht weitergehen. Ich fürchte, dass man Sie andernfalls ….“ Werner Bacher unterbrach seinen Satz und sah ihn bedeutungsvoll an.

Alex zog schuldbewusst den Kopf ein und schwieg. Er hätte auch nichts zu sagen gewusst, denn Werner Bacher hatte ausnahmsweise Recht.

Seit Christinas öffentlichen Abgang und seinem neuen – zugegebener Maßen - etwas schwierigen Verhältnis war er wie weggetreten. Er schaffte es nicht einen klaren Gedanken zu fassen.

Gerade war er wieder weggetreten gewesen, denn er hatte nicht einmal bemerkt, dass sein Vorgesetzter in seiner Rede fortgefahren war. Daher hörte Alex nur noch: „….oder nehmen Sie sich eine Auszeit. Eine Woche Urlaub steht ihnen ohnedies noch zu. Fahren Sie weg. Schalten Sie ab. Tun Sie, was immer Sie wollen. Aber kommen Sie endlich wieder in der Realität an.“

Alex nickte. Vielleicht…. war es wirklich am besten eine Woche Urlaub zu nehmen. Seine Wohnung aufzuräumen und Christinas Reste, die immer noch überall herumlagen und ihn ständig an die Geschehnisse erinnerten, wegzuschaffen und … über sein Leben nachzudenken.

„Ja, vielleicht haben Sie Recht. Eine Woche würde mir sicher gut tun“, erklärte er sich daher ohne Widerstand murmelnd einverstanden.

Er registrierte, dass Werner Bacher sichtlich erleichtert über seine Zustimmung reagierte.

Da es nichts mehr zu sagen gab, schob Alex den Sessel unsicher zurück und stand auf. Er wollte nur noch weg. Er ließ die Unterlagen achtlos liegen und griff nach seiner Jacke, die von der Lehne auf den Boden gerutscht war. Er nickte dem Marketingleiter zu und ohne noch seinen Schreibtisch aufzusuchen, oder sich von seinen Kollegen zu verabschieden, verließ er das Büro, wanderte lautlos langsam durch die langen, mit weichen Teppichen ausgelegten Gänge zum Lift und fuhr mit den leise vor sich hin summenden Lift vom fünften Stock ins Erdgeschoss, ohne irgendjemanden, den er kannte, zu treffen. Was ihn nicht weiter betrübte.

Nachdem sich die elektronischen Eingangstüren leise gleitend hinter ihm wieder geschlossen hatten, blieb er stehen, blinzelte in das Sonnenlicht und atmete die angenehme Frühlingsluft tief ein. Dann wandte er sich noch einmal um und sein Blick wanderte über die graue Fassade des Hochhauses in der sich das Büro der Werbeagentur befand. Während er hinaufsah zu den geschlossenen Fenstern seiner Abteilung, hatte er plötzlich das unbestimmte Gefühl, dass er dieses Gebäude, in dem er die letzten fünf Jahre gearbeitet hatte, nicht mehr betreten würde.

„Eine Woche Urlaub.“, murmelte er gedankenverloren vor sich hin. Aber trotzdem empfand er diese unbewusste Abschiedsstimmung

… und eine seltsame Erleichterung.

Als er seine Wohnung in der westlichen Vorstadt erreichte, war es fast achtzehn Uhr. In einer Stunde würde es Dunkel sein. Der Abendverkehr verstopfte die Straßen und hektisches Treiben von unzähligen Stadtbewohnern erschwerte das Fortkommen zusätzlich, da er bei jedem Zebrastreifen stehen bleiben musste.

Seinen Parkplatz vor dem Wohnblock hatte der Freund seiner Nachbarin wieder belegt - (Dieser Trottel wird es nie lernen!) - so dass er sein Auto kurzerhand direkt dahinter abstellte, was, wie er aus Erfahrung bereits wusste, einen unglaublichen Wutausbruch von Seiten des Freundes von Maria Lingard, heraufbeschwören würde.

Er betrat das Treppenhaus und schlich sich leise die Stufen hinauf. Als er jedoch seine Wohnungstür erreichte, öffnete sich einen Stock über ihm hastig eine andere.

Susanne Weichselbaum klapperte mit ihren Pantöffelchen heraus und beugte sich, mit einer Hand die wasserstoffblonden Haare zurückhaltend, über das hölzerne Geländer. Wie so oft in den letzten Wochen hatte sie offensichtlich auf ihn gewartet. Nur mit einem leichten Morgenrock in Pink bekleidet – er reichte kaum aus um ihren üppigen Körper ganz zu umhüllen -, flötete sie einen Gruß zu ihm herunter.

Seit Christinas spektakulärem Auszug hatte sie keine Hemmungen mehr sich ihm ständig aufzudrängen. Sie nützte jede Gelegenheit um sich bei Alex bemerkbar zu machen. Brachte den Müll gerade hinunter, wenn er nach Hause kam. (Als hätte sie den ganzen Tag keine Zeit!) Fragte nach Zucker, Mehl oder Klopapier. (Als wär er ein Kaufhaus mit riesigen Lager!) Flehte um Hilfe, weil sich der Abfluss verstopft hatte (Sah er etwa aus wie ein Klempner?), oder versuchte Alex sonst irgendwie zu angeln.

Alex blickte genervt zu ihr hoch. Um ihren Aufdringlichkeiten zu entgehen, hatte er in den letzten Wochen angefangen, sich möglichst leise ins Haus zu schleichen, jeden Rhythmus in seinem Tun zu vermeiden und sich auch sonst nicht bemerkbar zu machen. Doch heute – Alex war inzwischen schon überzeugt, dass dieser Tag mit einem bösen Fluch belegt war - hatte sie ihn erwischt.

„Hallo, Alex.“, flötete sie lautstark durchs Treppenhaus. „Mein Kaffee ist alle. Könnest Du mir etwas borgen?“ Während sie das sagte, drückte sie ihren Rücken durch, so dass sich ihre üppigen Brüste einen Weg ins Freie suchten, jedoch zum Glück vom hölzernen Geländer aufgefangen wurden, über welches sie sich beugte. Das stark geschminkte Gesicht und die knallroten aufgeworfenen Lippen gaben Alex den Rest.

Ohne noch ein Wort von sich zu geben, flüchtete er in seine Wohnung und warf die Tür mit einen lauten Knall hinter sich zu.

„Wenn das kein Grund ist um Schwul zu werden, was dann?“, knurrte er in den leeren Vorraum, der vor ihm lag. Für einen Moment erschien es ihm, als würden seine Worte in der großen Leere des Raumes widerhallen.

Christina hatte vor etwas mehr als drei Wochen endlich ihre Schuhe geholt. Seit dieser Stunde war der Vorraum ungewöhnlich kahl und leer. Alex hatte immer noch Probleme damit, dass wenn er den Raum betrat, die weiße Wand ihm entgegen knallte, denn die Regale, in denen die Schuhe gestanden hatten, waren ebenso verschwunden.

Achtlos warf er seine Jacke auf das einzige im Vorraum zurückgebliebene Möbelstück - einen alten wackligen Stuhl, der nicht zur übrigen Vorzimmereinrichtung gepasst hatte - und schlüpfte aus seinen Schuhen, die er, um die Leere etwas auszufüllen, in der Mitte des Zimmers stehen ließ.

Geradeaus lag das Wohnzimmer. Da es ihm jedoch graute dorthin zu gehen – Christina hatte auch hier alles Brauchbare mitgenommen - bog Alex nach links ab, um in die Küche zu gelangen.

Es war der einzige Ort den Christina so belassen hatte, wie er gewesen war. Wahrscheinlich könnte Alex ihren Aufenthalt in diesem Raum an seinen Fingern abzählen, wenn er wollte. Daher hatte sie ihn verschont.

Als Alex Christina kennen lernte – vor etwas mehr als drei Jahren – hatte sie ihm sofort zu verstehen gegeben, dass die Küche sie nicht interessiere. Sie sagte: „Die Küche ist ein Ort der Unterdrückung der Frau. Ich werde nicht für Dich kochen, geschweige denn putzen. Schließlich bin ich emanzipiert und außerdem kostet einer meiner Fingernägel mehr als vierzig Euro.“

Eigentlich hätte Alex sich so seine Gedanken darüber machen müssen, aber Alex war verliebt, und dementsprechend blind, taub und bescheuert. Daher hatte er diese Aussage nicht so wörtlich genommen. Doch nachdem sie einige Wochen später bei ihm eingezogen war, wurde ihm bewusst, dass sie es vollkommen ernst gemeint hatte. Vom ersten Tag an war klar, wer für die Küche zuständig war. Und das war nicht Christina!

Alex hingegen kochte für sein Leben gern. Während er Zwiebeln schnitt, Nudeln abgoss oder Zucchini raspelte – Alex liebte Zucchini-Salat, ganz im Gegensatz zu Christina - hatte er die besten Ideen und letztens - beim Anbraten des Steaks - entwickelte er eine neue Marketingstrategie für ihren Hauptkunden von der seine Vorgesetzten begeistert gewesen waren.

Alex legte das Messer weg und holte einen der Töpfe heraus. „Verdammt noch mal“, durchfuhr es ihn plötzlich, ‘“Letztens… das war…das war…“, Alex stand mit dem Topf in der Hand da und überlegte, „… vor mehr als sechs Monaten. „ Als er den Topf auf die Herdplatte stellte, stieß er erstaunt hervor. „Was, zum Teufel noch einmal, habe ich bloß die letzten sechs Monate getan?“

Er stand da und starrte in den leeren Topf, als würde sich darin die Antwort befinden. Es wurde ihm bewusst, dass er in den letzten Monaten rein gar nichts getan hatte. Er hatte seinen Job vollkommen vernachlässigt, hatte sämtliche Kontakte zu seinen Freunden abgebrochen und seine Wohnung sah - dort wo sie noch bewohnbar war, weil Möbeln vorhanden - aus, wie ein Schweinestall.

Alex fuhr sich durch sein kurzes dunkles Haare und ließ sich erschüttert auf den Barhocker neben dem Herd plumpsen. Verwundert über diese Erkenntnisse der letzten fünf Minuten murmelte er: „Wenn ich mein Chef wäre, ich hätte mich schon längst gefeuert.“

Der Appetit war ihm nun restlos abhandengekommen. Die geschnittenen Zwiebeln blieben am Brett liegen, dass nur wenig Spielraum zwischen dem ungewaschenen Geschirrbergen fand und Alex schlurfte niedergeschlagen ins Schlafzimmer und verkroch sich in seinem Bett, welches momentan aus einer am Boden liegenden Matratze bestand. Das dazugehörende Gestell war gemeinsam mit der Kommode und dem Kleiderkasten - berstend voll mit Christinas Kleidungsstücken – ebenfalls verschwunden.

Alex wunderte sich immer noch, wie schnell Christina beim Ausräumen gewesen war. Sie musste eine ganze Kompanie von Trägern zur Hilfe mitgebracht haben. Nur so konnte er sich erklären, dass sie innerhalb des Zeitraums, zwischen seinem Verlassen der Wohnung am Morgen und seiner Heimkehr abends, so gründlich alles ausräumen konnte.

Als er an jenem Abend, vor zirka zwanzig Tagen, die Wohnung betreten hatte, dachte er im ersten Moment, er hätte sich in der Wohnungstür geirrt und nur durch einen dummen Zufall, sperrte sein Schlüssel auch dieses fremde Schloss auf. Er war zurück auf den Gang getreten und hatte sich, verunsichert durch die Leere des Vorraumes, das Namensschild neben der Tür genauer betrachtet. Aber darauf stand, wie nicht anders zu erwarten: ‚Alexander Wolf und Christina Perner‘. Wobei zugegebenermaßen Christinas Name schwer leserlich war, da er ihn in einem Anfall von Frust und Wut mit schwarzer Farbe übermalt hatte. Trotzdem schimmerte die Goldgravur noch immer durch, als wollte sie darauf hinweisen, dass die letzten drei Jahre nicht auslöschbar wären. Zögernd trat er - nachdem er sich von der Richtigkeit seiner Annahme, dass dies seine Wohnung sei, überzeugt hatte - wieder in den Vorraum, von dem aus alle Türen offen standen und starrte - ohne die einzelnen Räume zu betreten - in jene, die seltsam leer und verwaist vor ihm lagen, hinein.

Er starrte auf leeren Wände, an denen tags zuvor noch dekorative Gemälde und Fotos gehangen hatten, betrachtet eingehend die nackten Glühbirnen, die von der Decke baumelten und schob mit seinen Schuhen die Staubwülste am zerkratzten Parkett hin und her, die nach dem Entfernen der Möbel zurück geblieben waren.

Der Abend und die Nacht nach der Entleerung seiner Wohnung endeten in einer miefigen Bar am anderen Ende der Stadt. Dort wachte er auch am nächsten Morgen auf, als ihn der Wirt äußerst unhöflich, aber dafür umso resoluter, auf die Straße beförderte.

Alex zog die Decke über den Kopf. Er rümpfte die Nase, als er den intensiven Geruch nach sich selbst wahrnahm und fragte sich, wann er sie zuletzt neu überzogen hatte. Doch in diesem Punkt blieb er sich die Antwort schuldig.

Danach fiel er in einen unruhigen Schlaf aus dem er kurz vor dreiundzwanzig Uhr wieder erwachte.

Sein Magen knurrte und die Blase drückte. Daher kroch er unter der Decke hervor und taumelte schlaftrunken ins Bad, wo er sich demonstrativ vor die Toilette stellte, die Klobrille nicht anhob und hinein pinkelte.

Er starrte ins Halbdunkel und lauschte dem Plätschern. Er hasste es zu stehen. Er saß lieber, aber seit Christina weg war, tat er es aus Trotz. Sie hatte sich immer darüber aufgeregt, wenn einer seiner Freunde sich nicht hinsetzte. Und nun tat er es…. und fand es bescheuert.

Als würde dies daran, was geschehen war, etwas ändern.

Nachdem er sich die Hände gewaschen hatte - er war auf dem Weg zum Waschbecken über einen Haufen mit schmutziger Wäsche gestolpert und hatte sich sein Knie an der alten Holztruhe angeschlagen - humpelte er in die Küche und setzte seine Vorbereitungen für das Risotto fort, welches er vor mehreren Stunden begonnen hatte, jedoch in einem Anflug von Trennungsschmerz unvollendet zurückgelassen hatte.

Die Zwiebel war inzwischen ausgeraucht und so entsorgte er sie in den Kompost – der übrigens auch dringend hinausgebracht gehörte – wie Alex unschwer am Geruch erkannte.