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Die bekannten und bewährten Konstruktionshinweise für Kunststoffe anwendungsbezogen unter 10 Grundregeln systematisiert:
Zunächst werden die Umgebungsbedingungen wie Temperatur, Medieneinfluss und einwirkende Spannungen untersucht. Aus den werkstofflichen Potenzialen der Kunststoffe leiten sich die gestalterischen Möglichkeiten beim Kunststoffeinsatz ab. Neben der reinen Erzeugniskonstruktion werden auch die Anlage von Werkzeugen sowie die Funktionsintegration bei der Produktauslegung und die Effizienz von Prozessen bei Massenfertigung behandelt. Aufbauend auf den zehn Grundregeln werden mithilfe einer Art Checkliste einige Anwendungsbeispiele aus vorhandenen Konstruktionen auf eine kunststoffgerechte Konstruktion hin diskutiert.
Man:
- erarbeitet sich ein systematisches Verständnis für die Werkstoffklasse und kann dann sehr schnell vorhandene Konstruktionen überprüfen, deren Fehler erkennen, um dann eigene Konstruktionen kunststoffgerecht auszuführen.
- kann an Metallerzeugnissen gewonnene Konstruktionserfahrungen einfach auf die Werkstoffklasse der Kunststoffe übertragen und erweitern.
- bekommt gezeigt, wie man eigene Erzeugnisse oder Produkte von Wettbewerbern analysieren kann.
- ist in der Lage mit der angeeigneten Methodik, seine eigenen Konstruktionen während des Entwicklungsprozesses stetig zu verbessern.
Die 2. Auflage ist durchgehend aktualisiert.
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Seitenzahl: 340
Veröffentlichungsjahr: 2018
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Torsten Kies
10 Grundregeln zur Konstruktion von Kunststoffprodukten
2., aktualisierte Auflage
Der Autor:
Torsten Kies, Martin-Luther-Universität, Halle-Wittenberg
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© 2018 Carl Hanser Verlag Münchenwww.hanser-fachbuch.de
Lektorat: Vorname Name Herstellung: Jörg Strohbach Coverconcept: Marc Müller-Bremer, www.rebranding.de, München Coverrealisierung: Stephan Rönigk Satz: Kösel Media GmbH, Krugzell Printed in Germany
ISBN 978-3-446-45190-2 E-Book ISBN 978-3-446-45633-4
Verwendete Schriften: SourceSansPro und SourceCodePro (Lizenz) CSS-Version: 1.0
Titelei
Impressum
Inhalt
Vorwort
Vorwort zur 2. Auflage
Vorwort zur 1. Auflage
Der Autor
Prof. Dr.-Ing. Torsten Kies
Zum Inhalt des Buches
Die Zehn Grundregeln
1 Grundregel: Temperatureinsatzbereich
1.1 Phasenübergänge bei Kunststoffen
1.1.1 Der Übergang vom festen in den geschmolzenen Zustand
1.1.2 Die Volumenänderung beim Phasenübergang von der Schmelze zum festen Zustand
1.1.3 Phasenübergänge am starren Körper
1.2 Die Temperaturabhängigkeit der Materialkennwerte von Kunststoffen
1.2.1 Der Vergleich mit anderen Werkstoffgruppen
1.2.2 Die thermische Ausdehnung
1.2.3 Temperaturabhängiges Spannungs-Dehnungs-Verhalten
1.3 Der Einsatztemperaturbereich
1.3.1 Tatsächlich wirkende Temperaturen
1.3.2 Temperaturabhängige Lasteinwirkung
1.3.3 Die Notwendigkeit von einsatznahen Funktionsuntersuchungen
1.4 Der Einfluss der Geometrie auf die Temperaturbeständigkeit
1.4.1 Aussagefähigkeit der Rohstoffkennwerte
1.4.2 Betrachtete Geometrie
1.4.3 Modifikation der Wanddicke
1.4.4 Belastungsdauer und Durchwärmung der Produkte
1.4.5 Bessere Wärmestandfestigkeit durch Faserverstärkung
1.4.6 Werkstoffkombination
1.4.7 Zusätzliche Versteifungen gegen die thermisch bedingte Biegung
1.4.8 Einseitige Kühlung am Erzeugnis
2 Grundregel: Medienangriff
2.1 Die Wirkung von Medien auf Kunststoffe
2.1.1 Begriffserklärung: Medienangriff
2.1.2 Direkter und indirekter Medienangriff
2.1.3 Strahlungs- und stofflich-medialer Angriff
2.1.4 Chemischer und physikalischer Medienangriff
2.2 Voraussetzungen für einen Medienangriff
2.3 Der Schutz vor Medienangriff
2.4 Die Schädigungsmechanismen
2.4.1 Arten der Schädigungsmechanismen
2.4.2 Der oxidative Abbau
2.4.3 Schädigung durch Hydrolyse
2.4.4 Schädigung durch Chemikalien
3 Grundregel: Spannungszustand
3.1 Die Ursache von Spannungen
3.1.1 Krafteinwirkung auf eine Flüssigkeit
3.1.2 Krafteinwirkung auf einen Festkörper
3.1.3 Viskoses und elastisches Verformungsverhalten von Kunststoffen
3.2 Spannungen am Bauteil
3.3 Spannungen und Orientierungen
3.3.1 Die Unterscheidung zwischen Spannungen und Orientierungen
3.3.2 Orientierungen in Kunststoffprodukten
3.3.3 Eigenspannungen
3.4 Die Bildung von Orientierungen und Eigenspannungen
3.4.1 Unterschiede zwischen Spannungen und Orientierungen
3.5 Eigenspannungen und Orientierungen beim Spitzgießen
3.5.1 Orientierungen und Eigenspannungen am Spritzgussteil
3.5.2 Die Ausbildung von Orientierungen
3.5.3 Eigenspannungen beim Spritzgießen
4 Grundregel: Schadensfreie Verformung
4.1 Einleitung
4.2 Differential- und Integralbauweise
4.2.1 Unterscheidung der Kategorien
4.2.2 Die Differentialbauweise
4.2.3 Die Integralbauweise
4.2.4 Die Mischbauweise
4.2.5 Geeignete Bauweisen für Kunststoffprodukte
4.3 Das Verformungsverhalten der Werkstoffe
4.3.1 Begriffe zum Verformungsverhalten
4.3.2 Die Zugfestigkeit
4.3.3 Die Steifigkeit eines Materials
4.3.4 Die Dehnung
4.3.5 Bauteilspezifische Minderung
4.4 Starre und flexible Konstruktionen
5 Grundregel: Entformbarkeit
5.1 Beschreibung der Situation
5.1.1 Die Entwicklung von Werkzeugen
5.1.2 Stückzahlen
5.1.3 Die Verwendung von Normalien im Werkzeugbau
5.2 Teile aus der flachen Trennebene
5.2.1 Die Werkzeuganlage
5.2.2 Auswerfen
5.2.3 Besonderheiten
5.3 Teile aus Werkzeugen mit Trennungssprung
5.3.1 Die Werkzeuganlage
5.3.2 Auswerfen
5.3.3 Besonderheiten
5.4 Teile mit Durchbrüchen und Werkzeuge mit Blockierungen
5.4.1 Die Werkzeuganlage
5.4.2 Auswerfen
5.4.3 Besonderheiten
5.5 Becherförmige Teile
5.5.1 Die Werkzeuganlage
5.5.2 Auswerfen
5.5.3 Besonderheiten
5.6 Schieber- und Backenwerkzeuge mit zusätzlichen Trennebenen
5.6.1 Der Werkzeugaufbau
5.6.2 Auswerfen
5.6.3 Besonderheiten
5.7 Ausdreh-Werkzeuge für innere Gewinde
5.7.1 Die Werkzeuganlage
5.7.2 Auswerfen
5.7.3 Besonderheiten
5.8 Werkzeuge mit inneren Schiebern und Einfallkernen
5.8.1 Das Werkzeugkonzept
5.8.2 Auswerfen
5.8.3 Besonderheiten
5.9 Teile mit extremen Hinterschneidungen
5.9.1 Verfahrenstechnik und Werkzeugaufbau
5.9.2 Auswerfen und Nachbearbeitung
5.9.3 Besonderheiten
5.10 Teile mit Hinterschneidungen, die Zwangsentformung zulassen
5.10.1 Der grundsätzliche Werkzeugaufbau
5.10.2 Auswerfer
5.10.3 Besonderheiten
6 Grundregel: Konstante Wanddicken
6.1 Wanddicken an einem Erzeugnis
6.1.1 Wanddicken und Leichtbau
6.1.2 Wanddicke und Verarbeitungsverfahren
6.2 Grundlagen von technologischen Prozessen bei der Kunststoffverarbeitung
6.2.1 Einordnung
6.2.2 Betrachtungsweise
6.2.3 Erwärmen der Schmelze
6.2.4 Kompression zur Formgebung
6.2.5 Abkühlung unter Druckabbau
6.2.6 Isobare Abkühlung bei atmosphärischem Druck
6.3 Probleme, die durch Wanddickenunterschiede verursacht sind
6.4 Das Kantenproblem bei kastenartigen Strukturen
7 Grundregel: Geometrische Versteifung
7.1 Ausführungen einer geometrischen Versteifung
7.1.1 Erhöhung der Steifigkeit
7.1.2 Varianten der geometrischen Versteifung
7.2 Versteifung mit Rippen
7.2.1 Rippenversteifung an belasteten Flächen
7.2.2 Anordnung der Rippen
7.2.3 Belastungsgerechte Anpassung der Rippen
7.2.4 Anbindung der Rippen an die Grundstruktur
7.2.5 Werkzeugtechnische Umsetzung von Rippenstrukturen
7.2.6 Funktionale Einbindung von Rippen
7.3 Versteifung mit Schalengeometrie
7.3.1 Schalengeometrie als Art des fertigungsgerechten Konstruierens
7.3.2 Zur konstruktiven Umsetzung
7.4 Anwendung des Prinzips „Wellblech“
7.5 Kombination der Möglichkeiten zur geometrischen Versteifung
8 Grundregel: Konstruktive Duktilität
8.1 Duktilität als Konstruktionsforderung
8.2 Rasthaken
8.2.1 Vorteile von Rasthaken
8.2.2 Montagestrategien
8.2.3 Varianten der Rastverbindungen
8.3 Montagebruch an Rasthaken
8.3.1 Grundsätzliche Lösungsansätze
8.3.2 Technologische Maßnahmen gegen den Montagebruch von Rasthaken
8.3.3 Grundsätzliche konstruktive Möglichkeiten zur Vermeidung des Montagebruchs von Rasthaken
8.3.4 Beseitigung der Kerbwirkung
8.3.5 Vergrößerung der Biegelänge
8.3.6 Veränderungen am Querschnitt des Rasthakens
8.3.7 Verminderung der Durchbiegung
8.3.8 Zusätzliche, alternative Verformungsmechanismen
8.3.9 Alternatives Konstruktionsprinzip für die Rastverbindung
8.4 Vermeidung einer unbeabsichtigten Demontage von Rastverbindungen
8.5 Weitere elastische Konstruktionselemente
8.6 Möglichkeiten zur Verbesserung der Elastizität
8.6.1 Überblick
8.6.2 Anspritzen einer weichen Komponente
8.6.3 Schlitze an becherartigen Formteilen
8.6.4 Faltungen an Schalenelementen
8.7 Zur Modifikationen von Gehäusen
9 Grundregel: Veränderliche Geometrie
9.1 Begriffsbestimmung
9.2 Veränderliche Geometrie als Nutzungsmerkmal bei Kunststoffprodukten
9.2.1 Mögliche Mechanismen
9.2.2 Temperatureinfluss
9.2.3 Medienaufnahme und Medienabgabe
9.2.4 Freisetzen von Spannungen
9.2.5 Verformungsverhalten
9.3 Veränderliche Geometrie für unterschiedliche Abschnitte des Produktlebenszyklus
9.3.1 Motivation
9.3.2 Allmähliche Veränderung der Geometrie im Herstellungsprozess und beim Gebrauch
9.3.3 Allmähliche anwendungsbedingte Veränderung der Geometrie
9.4 Diskontinuierliche, schnelle Veränderung der Geometrie im Herstellungsprozess
9.4.1 Begriffserklärung
9.4.2 Spannvorrichtungen
9.4.3 Vorrichtungen zum nachträglichen Kalibrieren
9.4.4 Nachträgliche Bearbeitung eines Bauteils
9.4.5 Einspannen des Bauteils für die Montage
9.4.6 Demontage von Baugruppen vor dem Einsatz
9.4.7 Umbau von Baugruppen nach der ersten Nutzungsphase, um eine weitere Nutzung zu ermöglichen
9.4.8 Endgültiger Rückbau von Baugruppen nach der Nutzung
9.5 Funktionsbedingte veränderliche Geometrie
9.5.1 Erprobte Einsatzgebiete
9.5.2 Gelenklose Anwendungen, die Duktilität nutzen
9.5.3 Lokale Gelenke
9.5.4 Faltbare Anwendungen
9.5.5 Lokale Flexibilität und Hochelastische Anwendungen
9.5.6 Reversibles Beulen
10 Grundregel: Funktionsintegration
10.1 Der Begriff Funktionsintegration
10.2 Die konstruktive Funktionsintegration
10.2.1 Das Wesen der konstruktiven Funktionsintegration
10.2.2 Das Prinzip „Funktionelle Mehrfachnutzung“
10.2.3 Das Prinzip „zusätzliche Geometrie“ zur Gewährleistung einer weiteren Funktion
10.2.4 Vergleich der beiden Prinzipien
10.2.5 Beispiele für eine konstruktive Funktionsintegration
10.3 Die technologische Funktionsintegration
10.3.1 Optimierung der technologischen Abläufe
10.3.2 Funktionsintegration durch Anpassung technologischer Abläufe
10.4 Sonderverfahren als Mittel der technologischen Funktionsintegration
10.4.1 Übersicht
10.4.2 Die Sondertechnologie „Mehrkomponentenspritzgießen“
10.4.3 Einige Gestaltungsregeln zum Mehrkomponentenspritzgießen
10.4.4 Sondertechnologien als Hinterspritzverfahren
11 Checkliste zur Konstruktion von Kunststoffteilen
12 Weiterführende Literatur
Vorwort zur 2. Auflage
Schneller als gedacht kam vom Verlag die Mitteilung, dass sich im Lager kaum noch Bücher befinden und eine zweite Auflage gedruckt werden soll. Weil die Resonanz der Kolleginnen und Kollegen überwiegend positiv ausfiel, wurde die grundlegende Konzeption und der Aufbau des Buches beibehalten. Die vorliegenden Texte wurden verfeinert und eventuelle Fallen für Missverständnisse beseitigt. So wurde die Darstellung der Zusammenhänge verbessert, um hoffentlich dem Leser ein schnelleres Verständnis zu ermöglichen. Bleibt zu wünschen, dass auch die zweite Auflage Verbreitung in den Bücherregalen oder besser noch auf den Schreibtischen der Konstrukteure findet.
Halle im Januar 2018
Vorwort zur 1. Auflage
Dieses Buch konnte entstehen, weil Studentinnen und Studenten Fragen stellten. So suchte ich Wege, angeregt durch die Fragen während und auch nach den Lehrveranstaltungen, meine Vorlesung zur Konstruktion von Kunststoffteilen für den Masterstudiengang Maschinenbau zu verbessern. Auch wenn einige Kollegen im wissenschaftlichen Vortrag auf höchstem Niveau die einzige Möglichkeit sehen, den Studierenden Wissen zu vermitteln, stellte ich meine Vorlesung auf eine didaktisch determinierte Konzeption um. Beim Vergleich des Kenntnisstandes von Prüflingen hatte ich – wenn auch sicherlich subjektiven – Eindruck, dass das Niveau des wiedergegebenen Wissens nach der Umstellung wesentlich höher anzusiedeln war als vor der Änderung. Besonders beeindruckte mich, dass die Kandidaten die konstruktiven Merkmale und Besonderheiten realer Teile, die sie während ihres mündlichen Examens in die Hand bekamen, nun viel besser beschreiben konnten als ihre Vorgänger vergangener Jahre. Vielleicht haben sich die Prüflinge einfach besser vorbereitet, vielleicht gelang ihnen die Aufbereitung der Inhalte besser, weil sie mit der didaktischen Konzeption der zehn Grundregeln einen roten Faden finden konnten. Die Studierenden sprachen auch von ihren "Zehn Geboten". Zu hoffen bleibt, dass ihnen dieser rote Faden ein ganzes Berufsleben von Nutzen sein kann und sie mit ihm weitere Wissensbausteine verknüpfen können.
Natürlich möchte ich die Kolleginnen und Kollegen im Rahmen dieser Danksagung erwähnen, die mich einerseits mit Hinweisen und Ideen, andererseits mit Aufgabenstellungen und Problemen der einen oder der anderen Art bei der Umsetzung dieses Projekt unterstützten.
Besonderer Dank gilt meinem persönlichen Umfeld. Meine liebe Frau zeigte großes Verständnis während der Schreibphase und brachte viele Mülleimer weg, deren Entsorgung in unserem Haushalt eigentlich mir zugestanden hätte. Als die Konzeption stand, fand sie die meisten Rechtschreibfehler im Manuskript. Während der Überarbeitung hatte sie viel Geduld und Einfühlungsvermögen und entlastete mich an vielen anderen Stellen.
Eine Entschuldigung möchte ich an meine Kinder richten: Auch Erwachsene wollen mal ein bisschen spielen – und manche Große machen das, indem sie an einem Buch schreiben. Ich gelobe das nächste Projekt viel näher an die Interessenlage meiner Söhne anzulehnen als dieses.
Es möge gelingen.
Halle im Januar 2014
Prof. Dr.-Ing. Torsten Kies
Torsten Kies ist Fachmann für Kunststofftechnik und Spezialist für Spritzgießen. Er ist an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg tätig. An der Hochschule Lausitz im Masterstudiengang Maschinenbau, lehrte er unter anderem die Fachgabiete Kunststoffkonstruktion und Funktionsintegration mit Kunststoffen. Seine wissenschaftlichen Kenntnisse auf dem Gebiet der Kunststofftechnik, die während seiner mehrjährigen Industrietätigkeit als Entwickler von Kunststoffprodukten erworbenen Fertigkeiten und die Erfahrungen aus der fachbezogenen Hochschullehre verarbeitete er zu dem vorliegenden Buch.
Nur wenige technische Erzeugnisse kommen ohne Kunststoffteile aus. Die polymeren Werkstoffe haben sich von billigen Ersatzstoffen zu einzigartigen Hochleistungsmaterialien entwickelt. Das Konstruieren und Gestalten von Erzeugnissen wird derzeit vorwiegend mit dem Einsatz von Metallen als Hauptwerkstoff gelehrt und dem entsprechend angewendet. Bei dieser Herangehensweise können aber bei der Verwendung von Kunststoffen nicht alle Möglichkeiten dieser Materialgruppe genutzt werden und in die Produkte einfließen.
Eine wichtige Sparte der Materialwissenschaft stellt die Kunststofftechnik dar. Auf diesem Gebiet wird intensiv geforscht. Gleichberechtigt zum werkstofftechnischen Aspekt müssen Regeln für eine kunststoffgerechte Konstruktion aufgestellt, verbreitet und angewendet werden. Eine ganze Reihe von Empfehlungen zur Gestaltung von Kunststoffprodukten ist bereits vorhanden. Der praktisch tätige Konstrukteur, der Einsteiger und der "Metall-Umsteiger" benötigen jedoch eine Systematisierung dieser Lösungsvorschläge, Tipps und Hinweise. Mit diesem Buch wird eine Methodik zur Konstruktion mit Kunststoffen vorgestellt, welche die bekannten Ansätze zu zehn Grundregeln zusammenfasst. Der Anspruch soll nicht sein, diese in aller Vollständigkeit und Tiefe darzustellen. Vielmehr wird ein System eröffnet, mit dem es gelingen sollte, die Besonderheiten der Konstruktion mit Kunststoffen zu erfassen und zu verinnerlichen. Neben dem Aufgreifen und der Diskussion vieler bereits bekannter Lösungsansätze stellt das Buch auch einige neue Lösungen vor und eröffnet alternative Sichtweisen für bestimmte Zusammenhänge.
Das Bestreben der vorliegenden Darstellungsweise ist es, die Sachverhalte in einer einfachen, verständlichen Form wiederzugeben. Vielleicht hat die Entscheidung für eine unkomplizierte Sprache die Konsequenz, dem wissenschaftlichen Anspruch des einen und anderen Kollegen nicht voll und ganz gerecht zu werden. Als Techniker kennen wir aber auch die Aussage, dass einfache Systeme meist zuverlässig und sicher funktionieren. Vielleicht ist der Versuch, das Wissen mit leicht verständlichen Texten darzustellen, auch ein Weg, mehr Personen für das vorliegende Fachgebiet zu gewinnen und damit schon im Ansatz dem nunmehr zur Realität werdenden Fachkräftemangel entgegenzuwirken.
Natürlich wird auf die spezifischen Fachbegriffe zurückgegriffen. Diese werden im Text eingeführt und erklärt.
Für die Übermittlung der inhaltlichen Botschaft spielen die Abbildungen eine wesentliche Rolle. So wird der Leser auch zum Betrachter. Ob ein Bild wirklich mehr als tausend Worte sagen kann, sei dahingestellt. An vielen Stellen unterstützt jedoch die Bebilderung nicht nur das Verständnis der Inhalte, sondern trägt die primären Informationen und soll damit zum schnellen Verständnis der Zusammenhänge beitragen.
Um den Preis des Buches auch für Studentinnen und Studenten attraktiv gestalten zu können, wurde die Print-Ausgabe in Graustufen realisiert. In der E-Book Ausgabe sind die Abbildungen dagegen farbig gestaltet. Welchem Medium man nun den Vorzug gibt, kann man nach eigenen Vorstellungen entscheiden.
Die Zehn Grundregeln
Die zehn Grundregeln sind anwendungsbezogen formuliert worden. Ihnen werden die bekannten und bewährten Konstruktionshinweise zu Kunststoffprodukten zugeordnet.
Zunächst erfolgen materialspezifische Betrachtungen in Bezug auf die Umgebungsbedingungen (Kapitel 1: „Temperatureinsatzbereich“).
Untersucht wird, in welchen Temperaturbereichen die Funktion von Kunststoffteilen gegeben ist. Zum Verständnis der Herstellungsprozesse werden die grundlegenden Vorgänge beim Phasenwechsel, von der hochviskosen Schmelze zum erstarrten Zustand und umgekehrt, beschrieben und auf weitere Phasenübergänge am starren Körper und deren Konsequenzen eingegangen. Dem Leser wird vermittelt, dass die Temperaturabhängigkeit von Werkstoffkennwerten bei Kunststoffen besonders stark ausgeprägt ist und eine genaue Kenntnis über die von außen auf das Erzeugnis einwirkenden Größen die Voraussetzung für die Entwicklung eines hochwertigen Erzeugnisses ist. Letztlich werden einige konstruktive Möglichkeiten vorgestellt, mit denen Kunststofferzeugnisse auch noch bei grenzwertigen Temperaturen ihre Funktion erfüllen.
Das zweite Kapitel („Medienangriff“) behandelt die Wechselwirkungen, die Kunststoffe mit den sie umgebenden Medien eingehen. Zunächst erfolgt eine Systematisierung der angreifenden Stoffe und Strahlungen sowie Erklärungen zu den beim Medienangriff ablaufenden Mechanismen. Aufbauend auf diesen Grundlagen folgen Äußerungen zu den Auswirkungen angreifender Medien auf die Funktionserfüllung von Kunststoffteilen.
Anschließend werden in Kapitel 3 („Spannungszustand“) die Auswirkungen des auf die Bauteile einwirkenden Kraftfeldes dargelegt. Herausgearbeitet werden die Unterschiede zwischen Orientierungen und Spannungen . Möglichkeiten ihres Nachweises werden aufgezeigt und die Konsequenzen von wirkenden Spannungen und vorhandenen Orientierungen auf ein Kunststofferzeugnis benannt.
Ab dem vierten Kapitel werden die Unterschiede zwischen den beiden Materialklassen Metalle und Kunststoffe dargestellt. Nach notwendigen Erklärungen zu grundlegenden technischen Sachverhalten und Herstellungsverfahren von Kunststofferzeugnissen wird auf die für die Polymere charakteristischen mechanischen Eigenschaften eingegangen und diese mit denen der Metalle verglichen. Auch wenn die Steifigkeit und die Festigkeit der Kunststoffe geringer ist als die der meisten Metalle, erschließt das deutlich bessere Verformungspotenzial von Polymeren Einsatzmöglichkeiten, die mit Metallen so nicht zugänglich sind. Herausgearbeitet wird, dass mit Polymeren große Verformungen schadensfrei realisiert werden können (Kapitel 4: „Schadensfreie Verformung“). Im Gegensatz zur Konstruktion mit Metallen betrachtet man bei Kunststoffen nicht primär die aufnehmbaren Spannungen, sondern die möglichen Verformungen. Mit Kunststoffen können nicht nur starre, sondern auch flexible Konstruktionen realisiert werden. Die unterschiedliche Herangehensweise für diese beiden Varianten wird erklärt.
Ein Schwerpunkt wird im Rahmen von Kapitel 5 („Entformbarkeit“) auf die fertigungsgerechte Konstruktion von Kunststoffteilen gelegt. Während zur Herstellung von Produkten aus Metall mehrere Fertigungsverfahren auch bei der Massenfertigung in Frage kommen, konzentriert sich das Produktionsverfahren bei Kunststoffen bei strang- oder plattenartigen Produkten auf das Extrusionsverfahren, bei dreidimensional ausgeprägten Erzeugnissen vor allem auf das Spritzgießen. Weil das Spritzgießen allein wegen der Vielzahl der Erzeugnisse ein deutlich höheres ingenieurtechnisches Volumen beansprucht, konzentrieren sich hier die Überlegungen zur Entformbarkeit von Kunststoffteilen auf dieses Verfahren. Die fundamentalen Aussagen sind selbstverständlich auf andere Verfahren übertragbar. Dem Leser werden einführende Kenntnisse zum Werkzeugbau vermittelt, damit er in der Lage ist, die Konsequenzen seiner Konstruktion für die Umsetzung der Werkzeugtechnik einzuschätzen. Die Möglichkeiten des Spritzgusswerkzeugbaus werden vom Einfachen zum Komplizierten hin aufgezeigt und einige Anwendungen dargestellt, die mit den besprochenen Werkzeugen hergestellt werden können. Wenn mit diesen Kenntnissen die Konstrukteure Teile auf optimale Entformungsmöglichkeiten hin entwickeln, eröffnen sich neue Impulse für eine hocheffektive Massenfertigung.
Im sechsten Kapitel („Konstante Wanddicken“) wird die Forderung nach gleichmäßigen Wandstärken bei Kunststoffprodukten erhoben, die sich aus der im Vergleich zu Metallen sehr langsamen Abkühlungsgeschwindigkeit polymerer Werkstoffe beim Urformen ableitet. Die Aussagen werden mit der verfahrenstechnischen Beschreibung des Spritzgussprozesses untermauert. So können anschließend Probleme am Erzeugnis erklärt werden, die aufgrund von Wanddickenunterschieden entstehen und Lösungsempfehlungen ausgesprochen werden. Weiterhin folgt die Darstellung von Besonderheiten an Ecken und Kanten am Erzeugnis und Vorschläge für entsprechende Konstruktionsregeln, um verzugsfreie Formteile gestalten zu können.
Nachdem die ersten sechs Grundregeln material- und fertigungstechnische Aspekte behandeln, konzentrieren sich die folgenden drei Kapitel auf die geometrische Ausgestaltung der Produkte.
Aufgrund des geringeren Moduls von Kunststoffen können viele Produkte mit der beim Einsatz von Metall bewährten Geometrie nicht zufriedenstellend umgesetzt werden. Die geringfügige Erhöhung des Moduls durch die Zugabe von Verstärkungsfasern zum Grundpolymer bringt selten hinreichende Ergebnisse. Im siebten Kapitel („Geometrische Versteifung“) werden drei Möglichkeiten aufgezeigt, die Aussteifung der Erzeugnisse mit geometrischen Mitteln zu realisieren, und deren Besonderheiten beim Einsatz in Kunststoffbauteilen erklärt.
Genauso, wie durch eine entsprechende Gestaltung die Versteifung einer Geometrie möglich ist, kann mit geometrischen Mitteln auch eine stärkere Verformung in bestimmten Bereichen eines Teils erreicht werden, ohne dass man Modifikationen am Grundwerkstoff vornimmt. Das Buch stellt dazu in Kapitel 8 („Konstruktive Duktilität“) Methoden vor und zeigt eine Reihe von praktischen Anwendungen auf.
Viele technische Produkte realisieren in der einen oder anderen Form Bewegungen. Bei starren Konstruktionen werden solche Anwendungen durch die Verschiebung von Einzelteilen zueinander realisiert. Das ist fertigungstechnisch aufwendig und wirkt sich stark auf den Preis der Produkte aus. In Folge des ausgeprägten Verformungsverhaltens polymerer Materialien können mit (teil-) flexiblen Konstruktionen aber auch Lösungen realisiert werden, bei denen die funktionelle Bewegung durch ein integrales Teil wahrgenommen wird. Einige solcher Realisierungsmöglichkeiten werden in Kapitel 9 („Veränderliche Geometrie“) vorgestellt und diskutiert. Neben der erwünschten Verformung der Produkte im Rahmen ihres Einsatzes muss bei Kunststoffen auch eine objektiv vorhandene Verformung nach dem Spritzgießen bei Lagerung und Transport sowie eine Veränderung der Geometrie bei nachgelagerten Produktionsprozessen berücksichtigt werden; diese kann vielleicht sogar zweckdienlich ausgenutzt werden. Der Konstrukteur muss das einkalkulieren und die Geometrie der Erzeugnisse für die jeweiligen Zeitpunkte beziehungsweise Zustände beschreiben.
Kapitel 10 („Funktionsintegration“) am Ende des Buches beschreibt die Funktionsintegration beim Einsatz von Kunststoffen. Inhaltlich wird dieses Kapitel aus einer Vorlesung gespeist, die der Autor bis zum Ende ihres Bestehens an der Hochschule Lausitz unter gleichem Titel hielt. Zunächst werden die Aspekte beim Entwurf von Erzeugnissen untersucht. Hier möchte man das Erzeugnis mit Extra-Funktionen ausstatten, um dem Anwender einen zusätzlichen Nutzen zu eröffnen. Aber auch die technologischen Gesichtspunkte der Funktionsintegration werden dargestellt. Dieser herstellungstechnische Aspekt der Funktionsintegration zielt auf die Produktionsprozesse, um diese für die Massenproduktion noch günstiger zu gestalten. Einige der in diesem Zusammenhang stehenden Sonderverfahren des Spritzgießens werden vorgestellt und mit praktischen Beispielen belegt. Auf die Besonderheiten, die diese Sonderverfahren bei der Gestaltung von Formteilen erfordern, wird kurz eingegangen. So wird ein Handwerkszeug geschaffen, das auch die Entwicklung und konkurrenzfähige Produktion von Kunststofferzeugnissen in Ländern mit hohem Lohnniveau ermöglicht.
In unserer Vorstellung verbinden wir einen Phasenübergang von fest nach flüssig oder umgekehrt, mit dem Abschmelzen von Eis oder dem Erstarren von Wasser. Herabfallende Tropfen verziehen einen festen Eisblock oder ein spiegelglatte Wasseroberfläche bildet eine Haut aus Eis. Bei vielen anderen Materialien erfolgt die Eigenschaftsveränderung aufgrund des Phasenübergangs ähnlich plötzlich an einem gut definierten Temperaturpunkt, wie am Gefrierpukt des Wassers. So erfolgt das Aufschmelzen oder die Erstarrung für chemisch reine Metalle plötzlich bei einer definierten Temperatur.
Werden Kunststoffe betrachtet, kann kein plötzlicher Phasenübergang beobachtet werden. In der uns aus dem Alltag vertrauten, festen Phase erscheinen uns Gegenstände aus Kunststoff relativ weich und mehr oder weniger biegsam, also weniger steif als Metalle.
Werden Kunststofferzeugnisse hohen Temperaturen ausgesetzt, versagen sie in der Regel. Viele kennen die Erfahrung einer geschmolzenen Vorratsdose, die unbedacht in den heißen Backofen gestellt wurde.Einige Kuststoffe versagen bereits bei Temperaturen unter einhundert Grad Celsius. Aus anderen polymeren Materialien können Erzeugnisse hergestellt werden, die auch noch bei zweihundert oder dreihundert Grad Celsius ihre Funktion erfüllen. Duroplastische Kunststoffe und Gummi widerstehen tendenziell höheren Temperaturen als Thermoplaste, werden aber noch im festen Zustand chemisch zersetzt. Thermoplaste können geschmolzen werden.
Kunststoffschmelzen sind extrem zähe Flüssigkeiten, die einen sehr großen Fließwiderstand haben. Der Übergang von „fest“ nach „flüssig“ erfolgt bei den thermoplastischen Kunststoffen nicht bei einer klar bestimmbaren Temperatur, sondern über einen mehr oder weniger breit ausgeprägten Temperaturbereich. Anders als bei reinen Metallen verliert so ein Körper, der kurzzeitig knapp über die untere Grenze des Schmelztemperaturbereichs erwärmt wurde, nicht sofort seine Gestalt, wie wir es von einem schmelzenden Eiszapfen kennen. Bei einem Gegenstand aus Thermoplast bleibt die geometrische Gestalt zunächst erhalten. Es kommt lediglich zu einem mehr oder weniger stark ausgeprägten Verziehen des Gegenstands.
Produkte aus Thermoplasten sind je nach Kunststofftyp bis zu Temperaturen von 80 bis 250 °C formstabil.
Die hochtemperaturfesten Polymere sind um ein mehrfaches teurer als die Massenplaste, die schon unter 100 °C ihre Formstabilität verlieren. In Bild 1.1 ist der Zusammenhang zwischen Wärmebeständigkeit und Preis in einem quantitativen Diagramm dargestellt. Allgemein gilt, dass eine erwünschte Formstabilität auch bei erhöhten Temperaturen den Einsatz von preisintensiveren Thermoplasten erfordert.
Bild 1.1Qualitativer Zusammenhang zwischen Temperaturformbeständigkeit und Materialpreis einiger Kunststoffe
Im Gegensatz zu Kunststoffprodukten sind Erzeugnisse aus Metall widerstandsfähig gegen mehrere hundert Grad Celsius. Allerdings gibt es auch hier Gegenbeispiele wie Quecksilber, Zinn oder Blei.
Nicht nur in Bezug auf die Schmelztemperatur gibt es einige Metalle, die den hier zugrunde gelegten Modellvorstellungen nicht entsprechen.
Für reine Metalle erfolgt der Phasenwechsel fest/flüssig analog zu schmelzendem Eis/Wasser an einem klar zu bestimmenden Schmelzpunkt. Die meisten Metalllegierungen verändern ihren Phasenzustand über einen Temperaturbereich. Ab der Überschreitung eines bestimmten Temperaturwerts beginnt ein Wechsel in eine zunächst breiige Struktur. Mit zunehmender Temperatur vermindert sich die Viskosität des Breis. Ab einer bestimmten Temperatur sind beide Komponenten verflüssigt und es liegt nun eine Metallschmelze mit den Eigenschaften einer Flüssigkeit und der charakteristischen geringen Viskosität vor.
Zum klassischen Metallgießen sind solche Stoffgemische weniger geeignet. Ein sehr modernes Urformverfahren für einige solcher Metalllegierungen stellt das Thixothropiespritzgießen dar.
Eine bekannte Anwendung, bei der eine breiartige Struktur der Masse wichtig ist, kennen wir vom Löten bei Elektronikteilen. Bei dieser Technologie ist die Viskosität neben der Oberflächenspannung des Lots ein wichtiger Prozessparameter.
Bei diesen Metalllegierungen ist der unterschiedliche Schmelzpunkt der einzelnen Komponenten Ursache für den breiten Phasenübergangsbereich. Im Gegensatz zu Kunststoffen vermindert sich bei diesen Metallgemischen mit zunehmender Temperatur die Viskosität zunächst enorm. Sind beide Komponenten erschmolzen, bleibt die Viskosität auf einem konstant geringen Wert.
Bei Kunststoffschmelzen vermindert sich die Viskosität bei zunehmender Temperatur nur moderat, sie bleibt aber insgesamt auf einem hohen Niveau.
Bei länger einwirkenden hohen Temperaturen oberhalb des Erweichungsbereiches schmelzen Thermoplaste und verlieren ihre Form. Wird die Schmelze überhitzt, zersetzen sich die Polymere. Bei Elastomeren und Duromeren erfolgt die chemische Veränderung des Materials bei starker Wärmeeinwirkung, ohne dass vorher ein Zustandswechsel von fest nach flüssig erfolgte.
Der für Kunststoffe relativ niedrige Temperaturbereich, bei dem der Phasenübergang erfolgt, kann nicht allein auf Beschränkungen beim Einsatz der Produkte reduziert werden. Dadurch, dass man sich bei der Herstellung der Produkte auf moderate Temperaturen beschränken kann, ist die zur Produktformung notwendige Energie überschaubar. Zur Formübertragung kann man Werkzeuge aus gebräuchlichen Metallen verwenden. Die hervorragenden Abformeigenschaften von Kunststoffen schon bei relativ geringen Temperaturen machen die Polymerwerkstoffe so zu einem Material, mit dem die Erzeugung von unschlagbar preisgünstigen, komplex geformten und multifunktionalen Produkten mit einem überschaubaren Energieeinsatz möglich ist.
Dass die Temperaturen, bei denen der Phasenübergang von fest nach flüssig stattfindet, bei Kunststoffen viel geringer sind als bei Metallen, bringt einerseits gewisse Nachteile beim Einsatz in einer heißen Umgebung mit sich. Bedeutet aber andererseits auch deutliche Vorteile bei der Herstellung der Produkte und ermöglicht so ein unschlagbar attraktives Preis-Leistungs-Verhältnis der Produkte.
Um eine genaue Aussage zu bekommen, welche Temperaturen eine bestimmteBaugruppe im Einsatz aushält, sind genaue Untersuchungen nötig. Das verwendete Material ist ein wichtiger Parameter, daneben müssen aber auch die Dauer der Temperatureinwirkung und die geometrischen Einflüsse berücksichtigt werden.
Vikat-Erweichungstemperatur
Innerhalb des Temperaturbereiches, bei dem die Geometrie des Erzeugnisses stabil erhalten bleibt und nicht durch Schmelzvorgänge verändert wird, ist die Gestaltfestigkeit der Produkte gegeben. Weil für technische Produkte die Erhaltung der Gestalt die Voraussetzung für die Funktionserfüllung ist, ist dieser Bereich von höchstem Interesse und wird durch den Temperatureinsatzbereich charakterisiert. Sollen die Eigenschaften von unterschiedlichen Thermoplasten miteinander verglichen werden, liefert die Vikat-Erweichungstemperatur (DIN EN ISO 306) einen ersten Anhaltspunkt. Diese gibt an, ab welcher Temperatur ein Körper in den Prüfling aus Kunststoff ohne nennenswerten Widerstand eindringen kann. Die in der Norm vorgegebene Heizrate und die Prüflast blenden ganz bewusst die geometrischen Einflüsse aus. Gut geeignet sind die mit der Norm ermittelten Werte, um Materialvergleiche für einen konkreten Anwendungsfall anzustellen. Formteile aus einem Werkstoff, für die eine höhere Vikat-Erweichungstemperatur ermittelt wurde, dürften auch im konkreten Einsatz bei höheren Temperaturen formstabil bleiben, im Unterschied zu Erzeugnissen aus einem Kunststoff mit geringeren Werten der Vikat-Erweichungstemperatur.
Unzulässig ist aber die Annahme, dass für jeden Anwendungsfall die nach DIN EN ISO 306 bestimmten Werte die Temperatur repräsentieren, bis zu der die Formstabilität der Baugruppe gegeben ist.
Um Rückschlüsse auf die Formstabilität physikalisch begründen zu können, müssen funktionale Abhängigkeiten untersucht werden.
E-Modul
Eine Größe, welche die Zustandsänderungen sehr deutlich anzeigt, ist die Steifigkeit des Materials, die durch den Zug-E-Modul ausgedrückt wird. Das Bild 1.2 zeigt eine typische E-Modul-Temperatur-Kurve eines teilkristallinen Thermoplasts.
Bild 1.2Veränderung des E-Moduls bei der Überschreitung des Phasenumwandlungs-Temperaturbereiches von Thermoplasten
Mit zunehmender Temperatur reduziert sich bei Kunststoffen der E-Modul. Ein plötzlicher Zusammenbruch wie bei reinen Metallen beim Aufschmelzen kommt nicht vor. Bei Thermoplasten ist der Phasenübergang von einer stetigen Abnahme des E-Moduls gekennzeichnet. Wenn der Phasenübergang vollzogen ist und eine zähflüssige Schmelze vorliegt, kann für diese noch ein gewisser Restwert für den E-Modul ermittelt werden.
Der E-Modul des reinen Metalls bricht dagegen bei der Überschreitung des Schmelzpunktes auf nicht mehr bestimmbare Werte zusammen. Bei Metalllegierungen außerhalb eines Eutektikums erfolgt die Zustandsänderung über einen Temperaturbereich. Der E-Modul vermindert sich beim Schmelzen von Legierungen allmählich, bis eine vollständige Metallschmelze vorliegt, die einer idealen Flüssigkeit sehr ähnlich ist. In der Schmelze können keine statischen Spannungen übertragen werden.
Dass eine Reststeifigkeit ebenfalls noch im geschmolzenen Zustand erkennbar ist, kann auch mit der molekularen Struktur erklärt werden. Die einzelnen fadenförmigen Makromoleküle unterscheiden sich voneinander in ihrer Länge, ihren Seitenkettenverzweigungen, an den copolymerisierten Anteilen etc.. Auch der für alle Kunststoffe beobachtete Phasenübergang in einem mehr oder weniger breiten Temperaturbereich ist in der molekularen Struktur begründet. Im Gegensatz zu Schmelzen reiner Metalle weist eine Polymerschmelze aufgrund ihrer makromolekularen Struktur starke Unterschiede zu einer idealen Flüssigkeit auf. Daraus erklären sich die besonderen Fließeigenschaften der Kunststoffschmelzen.
Bei teilkristallinen Thermoplasten wird beim Phasenübergang von flüssig nach fest eine deutliche Reduzierung des spezifischen Volumens beobachtet (Bild 1.3).
Bild 1.3Spezifisches Volumen in Abhängigkeit von der Temperatur für einen teilkristallinen Thermoplast
Hysterese
Der in Bild 1.3 sichtbare unterschiedliche Kurvenverlauf beim Aufheizen und Abkühlen wird als Hysterese bezeichnet und erklärt sich durch die makromolekularen Struktur der Thermoplaste. Die Umlagerung der fadenförmigen Molekülketten erfordert eine längere Zeit, als die Platzwechselvorgänge bei mehr oder weniger kompakten Molekülen von Metallen.
Wie aus Bild 1.3 weiter zu erkennen ist, zeigt ein teilkristalliner Kunststoff, wie das bei der Ermittlung der gezeigten Daten verwendete Polypropylen, im Bereich des Phasenübergangs eine deutliche Reduktion des spezifischen Volumens. Die Makromoleküle ordnen sich hier zu lokalen Kristalliten und vermindern dabei das freie Volumen des Werkstoffs um fast zehn Prozent. Insgesamt kann sich bei der Abkühlung von Verarbeitungstemperatur (ca. 240 °C) auf Raumtemperatur das spezifische Volumen teilkristalliner Polyolefine um bis zu 20 % vermindern.
Die Kombination von Kunststoff und Metall in einem Bauteil führt wegen der hohen Schwindung der Polymere zu Problemen. So entscheidet man sich beispielsweise bei der Auslegung eines Stecker-Gehäuses für einen amorphen Kunststoff wie Polystyrol, der mit 7 bis 8 % nur eine relativ geringe Schwindung des spezifischen Volumens bei der Abkühlung von Verarbeitungs- auf Raumtemperatur zeigt.
In vielen Fällen werden die, vor dem Füllen der Kavität des Spritzgießwerkzeuges mit Kunststoff, in das Werkzeug eingelegten Stecker-Kontakte erwärmt; um geringere Unterschiede der Schwindung der beiden Materialien bei der Abkühlung zu erreichen
Die Voraussetzung für die Übertragung von Spannungen und somit der Aufnahme und Weiterleitung von Kräften durch das Material ist die Erstarrung des Werkstoffes. Das heißt alle hier angestellten Überlegungen zu den Eigenschaften der Thermoplastschmelzen und den Zusammenhängen beim Übergangs zwischen Erstarrtem und Schmelzezustand haben eine Bedeutung für die Verarbeitung der Kunststoffe, müssen aber beim Einsatz der Erzeugnisse ausgeschlossen werden.
Anders als bei den gebräuchlichen Metallen, wie Stahl oder Aluminium muss man bei Kunststoffen den gesamten Temperatureinsatzbereich für die jeweilige Anwendung unbedingt hinterfragen.
Das bezieht sich nicht nur auf die obere Grenze des Temperatureinsatzbereiches, um ein ungewolltes Anschmelzen von Produkten zu vermeiden. Vor allem Elastomere werden bei sehr tiefen Temperaturen extrem spröde. Bei großer Kälte zerbrechen Formteile aus Gummi spröde, wie Glas, wenn sie schlagartig belastet werden.
Bei einem bekannten Schauexperiment wird ein Gummiformteil in flüssigen Stickstoff plötzlich abgekühlt und anschließend schlagartig belastet. Bei diesem Experiment kommt es immer wieder zu erstaunten Reaktionen der Beobachter, wenn der ehemals weiche Gummi nach dem Aussetzen in den niedrigen Temperaturen wie Glas zersplittert.
Die physikalische Ursache für diese Erscheinung sind Änderungen der mikroskopischen Struktur des Werkstoffs. Die Versprödung setzt dann ein, wenn die Kettensegmente der Makromoleküle zwischen den Fixierungspunkten oder -abschnitten sich nicht mehr bewegen können. Der Werkstoff kann nur noch geringe Deformationen aufnehmen. Man bezeichnet die Versprödung auch als Verglasung und die Temperatur, bei der diese einsetzt, als Glasübergangstemperatur.
Durch die Auswahl einer geeigneten Gummimischung muss sichergestellt werden, dass die Glasübergangstemperatur unterhalb der minimalen Einsatztemperatur liegt.
Nicht ganz so dramatisch kann dieser Effekt auch bei dem teilkristallinen Werkstoff Polypropylen beobachtet werden, wenn Temperaturen unter ca. 0 °C vorherrschen. Auch hier kommt es zu einem Unterschreiten der Glasübergangstemperatur. Die Versprödung ist erkennbar, aber nicht so drastisch ausgeprägt wie bei Elastomeren. Beim Polypropylen muss die Funktion der Bauteile an der unteren Einsatztemperaturgrenze genau untersucht werden.
Bei Stoßfängern von Kraftfahrzeugen aus Polypropylen gibt es aufgrund der Versprödung Probleme im Wintereinsatz. Mit einer Modifizierung des Grundmaterials wird dem entgegengewirkt.
Der technische Einsatz von Kunststoffen erfolgt bei fast allen Anwendungen in der festen Phase (Bild 1.4) unterhalb der Schmelztemperatur.
Bild 1.4Polymere bei unterschiedlichen Temperaturen
Die physikalischen Materialzustände, bei denen das polymere Material technisch eingesetzt werden kann, werden mit dem Gebrauchstemperaturbereich beschrieben. Er gilt für atmosphärische Bedingungen – ohne Medienangriff. Der Gebrauchstemperaturbereich charakterisiert das Material.
Bei einer technischen Anwendung muss der Ingenieur sich davon überzeugen, dass der geforderte Einsatztemperaturbereich innerhalb des Gebrauchstemperaturbereichs eines potenziellen Materials liegt. Sonst ist das betrachtete Material für den beabsichtigten Einsatzzweck nicht geeignet und es muss ein alternativer Werkstoff verwendet werden oder das betreffende Bauteil vor der Einwirkung der kritischen Temperatur geschützt werden.
Aber auch innerhalb des Gebrauchstemperaturbereiches haben die Werkstoffkonstanten von Polymeren eine ungewöhnlich große Abhängigkeit von der jeweils herrschenden Temperatur. Die Eigenschaften des verwendeten Polymers sind viel stärker von der Temperatur abhängig als bei gebräuchlichen Metallen. So müssen unterschiedliche Temperaturen auch während des Einsatzes von Kunststoffteilen berücksichtigt werden.
Ein Kraftfahrzeug muss im Winter bei strengem Frost ebenso gut funktionieren, wie im Sommer bei starker Hitze.
Eine wichtige physikalische Größe zur Charakterisierung der geometrischen Eigenschaften in Abhängigkeit von der Temperatur ist die thermische Ausdehnung, die für Festkörper durch den linearen thermischen Ausdehnungskoeffizienten charakterisiert wird.
Bild 1.5Wärmeausdehnungskoeffizienten unterschiedlicher Materialen
Legt man die Werte aus Bild 1.5 zugrunde, erhält man für ein ein Meter langes Bauteil aus Beton bei einem Zustandswechsel von 20 auf 30 °C eine Zunahme der Länge von ungefähr 0,1 mm. Polymeres Material dehnt sich jedoch etwa um das Zehnfache aus. Auch wenn dieser eine Millimeter auf den ersten Blick ein recht geringer Wert zu sein scheint, führt in vielen Fällen eine nicht beachtete unterschiedliche Längenausdehnung von miteinander kombinierten Bauteilen zu einer Beeinträchtigung der Funktion der Baugruppe.
In Bild 1.6 ist eine ausgetriebene Abdeckung für die Ablaufrinne rund um ein Schwimmbecken zu sehen. Die Längenanpassung der Kunststoffabdeckung erfolgte sicher bei normaler Raumtemperatur von 15 bis 20 °C. Im Badebetrieb wird der Raum aber auf über 30 °C aufgeheizt. In der Folge kommt es zu der gezeigten Verwerfung.
Bild 1.6Ausgetriebene Abdeckung aus Kunststoff über der umlaufenden Ablaufrinne in einem Schwimmbad
Um den in Bild 1.6 gezeigten Deformationen zu begegnen, muss beim Einpassen der Abdeckung bei kalten Temperaturen ein gewisses Dehnungsspiel berücksichtigt werden.
Bei der handwerklichen Verlegetechnik der Elemente ist dies nicht immer in der beabsichtigten Qualität zu realisieren. Hier ist der Anbieter der Abdeckung gefragt. Im einfachsten Fall könnten Distanzstücke zur Verfügung gestellt werden, die bei der Montage definierte Dehnungsfugen sicherstellen. Nach der Montage müssen die Distanzstücke natürlich wieder entfernt werden. Noch besser wäre es, wenn durch eine entsprechende konstruktive Auslegung der Abdeckung die Dehnung im Bauteil beachtet werden würde und damit die Verwerfungen erst gar nicht entstehen würden.
Besonders kritisch wird die Problematik unterschiedlicher Längenausdehnungskoeffizienten im Fahrzeugbau. Hier müssen bei extremer Kälte bis − 40 °C und im Hochsommer bei extremer Hitze von + 80 °C und mehr die Funktionen uneingeschränkt gegeben sein. Bei Metall-Kunststoffkombinationen an Ein- oder Anbauteilen kommen Längenunterschiede von etwa 10 mm vor, die konstruktiv aufgenommen werden müssen. Bei der Realisierung der Spaltmaße von aneinander anschließenden Karosserieteilen gibt es wegen der unterschiedlichen thermischen Längenausdehnungskoeffizienten bei Hybridkonstruktionen Probleme.
Weil die Spaltmaße von den Kunden als ein wichtiges Kriterium für die Verarbeitungsqualität der Fahrzeuge betrachtet werden, muss hier bei der Entwicklung besonderes viel Sorgfalt aufgewendet werden.
Grundsätzliche konstruktive Varianten mit unterschiedlichen thermischen Längenausdehnungskoeffizienten zeigt Bild 1.7.
Bild 1.7Konstruktive Möglichkeiten zum Ausgleich unterschiedlicher Längenausdehnung bei einer Kunststoff-Metall-Kombination
Eine Möglichkeit besteht darin, einzelne Karosserieelemente stufenförmig überlappen zu lassen. Die thermische Ausdehnung äußert sich dann in einem äußerlich nicht erkennbaren unterschiedlich ausgeprägten Überstand der Elemente. Die Fixierung der Kunststoffelemente an den Stahlbauteilen muss dem entsprechend einen thermischen Ausgleich zulassen.
Wenn die Dehnung durch eine stärkere Wölbung aufgenommen wird, dann kann an den Rändern eine Fixierung des Kunststoffbauteils erfolgen. So stellt man konstante Spaltmaße sicher, muss aber unterschiedlich ausgeprägte Wölbungen beim Design berücksichtigen Bei der Anwendung einer Gemischtbauweise aus Metall und Kunststoffelementen müssen so resultierend aus den technischen Erfordernissen auch neue Designelemente am Markt platziert werden.
Fahrzeuge mit großflächigen Kunststoffbauteilen im Karosseriebereich sollten rundlicher angelegt sein. Dies wäre eine neue Formensprache, die die Erfordernisse des Werkstoffs Kunststoff erfüllt und gleichzeitig auch die Potenziale dieser Werkstoffgruppe in Bezug auf die Gestaltungsmöglichkeiten abbildet. Mit dem bisher eingesetzten Metall-Blech können bei der üblichen Kaltverformung nur eingeschränkt Wölbungen gepresst werden.
Bei der Umstellung der Technologie auf neue Werkstoffe ist neben den reinen funktionalen Erfordernissen immer auch noch ein erfolgreiches Marketing erforderlich. Dabei können sich beide Aspekte durchaus beflügeln, wenn es gelingt, mit der neuartigen Gestaltung auch ein modernes Design des Gesamtprodukts zu unterstreichen.
Die qualitative Wirkung unterschiedlicher thermischer Längenausdehnung ist eindeutig. Problematisch ist die Quantifizierung. Aufbauend auf die Volumentheorie kann man über die Volumenkontraktion recht zuverlässige Aussagen treffen. Schwierig ist aber die Inhomogenität über die Raumrichtungen. Das Bild 1.8 zeigt ein extremes Beispiel, bei dem fast die gesamte Volumenschwindung in einer Raumrichtung erfolgt.
Bild 1.8Inhomogene Längenänderung (Werte nach Polymer Wiki Merseburg)
Die im Bild 1.8 zum Ausdruck kommenden deutlichen Abhängigkeiten auch im stetigen Bereich der Material-„Konstanten“ von der vorherrschenden Temperatur erschweren die Berechnung von Bauteilen aus Kunststoff.
Es ist nicht ausreichend, allein mit Berechnungen oder Untersuchungen bei Raumtemperatur die Funktionsfähigkeit einer Baugruppe nachweisen zu wollen. Es ist zusätzlich nötig bei extremen Temperaturen zu testen.
Auch die Fähigkeit von Kunststoffen, Spannungen aufzunehmen, ist stark temperaturabhängig (Bild 1.9). Die klassischen Methoden des Konstruierens sind somit wenig geeignet, das Werkstoffpotenzial der Kunststoffe voll auszuschöpfen, weil in einer kalten Umgebung ein Bauteil deutlich größere Spannungen aufnehmen kann als bei warmen Temperaturen. Andererseits kann sich ein Bauteil in einer warmen Umgebung stärker schadensfrei verformen.
Bild 1.9Spannungs-Dehnungs-Kurven eines schlagzähen Polystyrols bei unterschiedlichen Temperaturen
Nicht nur die Festigkeiten, auch der Zug-E-Modul eines Kunststoffs ist deutlich temperaturabhängig, ohne dass ein Phasenwechsel zu beobachten ist.
Der Konstrukteur muss diese Tatsache besonders beachten, wenn es um Knicken oder Beulen geht. Für diese Lastfälle muss in den Berechnungsformeln der E-Modul des Materials berücksichtigt werden.
Vor allem bei Behältern und Verpackungen muss die Temperaturabhängigkeit des E-Moduls unbedingt berücksichtigt werden; beispielsweise, wenn Eimer mit Farbe übereinander gestapelt werden sollen. So können im Sommer unter der Plane eines LKW so hohe Temperaturen vorkommen, dass Verpackungsgefäße der Stapellast oder dem Innendruck nicht mehr standhalten und ein- oder ausbeulen.
Eine Konstruktionsmethodik für Kunststoffe verfolgt deshalb den Ansatz, dass für Kunststoffe eine kritische Dehnung nicht überschritten werden darf. Die Werte für die Dehnung zeigen eine geringere Temperaturabhängigkeit, als die für die Spannungen (Abschnitt 4.3.4).
Die Verbesserung der Stabilität gegenüber Beulen und Knicken erreicht man mit Hilfe von geometrischen Versteifungen (Kapitel 7), die dem speziellen Lastfall am jeweiligen Erzeugnis entsprechend angepasst werden können.
Die Informationen zum Gebrauchstemperaturbereich eines bestimmten Materials können vom Rohstoffhersteller abgerufen werden. Mit ihnen sind die einzelnen Kunststoffe untereinander vergleichbar. So ist man in einer frühen Phase des Entwicklungsprozesses in der Lage, das für den Einsatzzweck geeignete Material auszuwählen.
Damit das Versagen der Bauteile ausgeschlossen wird, muss der Gebrauchstemperaturbereich des Werkstoffs immer größer sein als der Einsatztemperaturbereich der Baugruppe.
Mit der Entscheidung, welchen Temperaturen im konkreten Einsatzfall der Konstruktionswerkstoff widerstehen muss, bleibt der Entwickler jedoch allein.
Beispiel Wasserkocher:
Studenten des Maschinenbaus sollen im Seminar die Temperatureinsatzgrenzen für einen Wasserkocher festlegen. Die obere Grenztemperatur wird nach kurzer Abstimmung mit 100 °C definiert. Bei der Festlegung der unteren Grenztemperatur gehen die Meinungen aber auseinander. Die erste Gruppe legt Werte um 15 °C fest und begründet dies mit der Annahme, dass am Einsatzort „Küche“ Raumtemperatur vorherrscht. Die zweite Gruppe bestimmt den Gefrierpunkt des Wassers als untere Grenztemperatur. Die Begründung lautet hier, das Wasser im flüssigen Aggregatzustand eingefüllt werden muss. Schließlich wird noch eine dritte Meinung diskutiert, die bis − 25 °C als Tiefpunkt diskutiert, mit der Begründung, dass der Wasserkocher auch noch funktionieren soll, wenn an einem Winterwochenende die ungeheizte Datsche (Wochenendhaus) aufgesucht wird und ein heißer Tee bereitet werden soll.
Welche der drei Meinungen der Realität entspricht, kann so schnell nicht entschieden werden und wird sicherlich auch von der beabsichtigten Qualität des Erzeugnisses abhängen. Für die allermeisten Anwendungen wird sicher die Annahme „Raumtemperatur“ richtig sein.
Es wäre wünschenswert, wenn der Endkunde über den für die Entwicklung zugrunde gelegten Einsatztemperaturbereich informiert würde.
Wird der Einsatztemperaturbereich zu eng ausgelegt, ist ein Versagen des Erzeugnisses bei Extremtemperaturen wahrscheinlich. Wenn man den Einsatztemperaturbereich zu weit festlegt, muss man in vielen Fällen auf preisintensive Kunststoffe zurückgreifen (Bild 1.1).
Wie das Beispiel des Wasserkochers zeigt, ist die Festlegung der konkreten Grenzen des Einsatztemperaturbereiches in der Praxis oft komplizierter als gedacht. Aber selbst wenn man eine Temperaturgrenze benennen kann, haben die von Rohstoffherstellern angegebenen Gebrauchstemperaturen nur den Charakter von Empfehlungen.
Die Unsicherheiten bereits bei der Festlegung der Einsatzgrenzen in Bezug auf die Temperatur sind charakteristisch für viele Anwendungen. Um hier klare Aussagen zu treffen, muss man die Funktionsanforderungen der Anwendung genau definieren.
Beispiel Wasserkocher:
Für die Anwendung eines Wasserkochers verlangt man sicherlich nur von sehr hochwertigen Geräten, dass auch im tiefsten Winter sofort ein Heißgetränk zubereitet werden kann. Diese Qualtität wird dem Endkunden beispielsweise durch Einsatz von Edelstahl vermittelt, so dass in diesem Fall bei der Erzeugnisgestaltung die Werkstoffauswahl sich aus dem ästhetischen Aspekts begründet.
Bei diesem Beispiel deutet sich an, dass für die einzelnen Funktionen, die ein Erzeugnis erfüllen muss, mitunter auch unterschiedliche Temperaturbereiche für ein und denselben Einsatzzweck angenommen werden.
Die Funktion „Wasser kochen“ kann bei dem atmosphärischen Druck rein physikalisch bedingt lediglich im Temperaturbereich von 0 bis 100 °C erfolgen. Für die Funktionen „Transportieren“ oder „Lagerung“ kann für die jeweilige Umgebung das entsprechende Temperaturfenster angesetzt werden, welches auch die Qualität des Produktes zum Ausdruck bringt. Schließlich kann die „Qualität“ im Sinne von Wertigkeit auch als Funktion angesehen werden.
Nicht nur die Einsatztemperatur, auch die Lasteinwirkungen auf das Produkt sind bei den einzelnen Funktionen eines Bauteils in der Regel vollkommen unterschiedlich.
So wird beim Transport zum Kunden mit einer entsprechenden Verpackung eine schlagartige Belastung des Erzeugnisses ausgeschlossen.
Auch bei der Lagerung in einem unbeheizten Raum ist kaum von einer Dauerbenutzung auszugehen.
Für den Betrieb eines Erzeugnisses ist ein bestimmtes Lastverhalten typisch.
Beim Beispiel Wasserkocher sind dies die statische Last des flüssigen Wassers und ein mehr oder weniger ausgeprägter Druckaufbau beim Verdampfen des Mediums. Beim Transport zum Kunden wird ein Wasserkocher dagegen niemals gefüllt und in Betrieb sein. Aufgrund der stoßsicheren Verpackung werden die statischen Lasten auf ein Minimum reduziert. Wegen der unterschiedlichen Belastungen gelten für beide Einsatzfälle unterschiedliche Funktionstemperaturbereiche.
Die Voraussetzung, zur Herstellung von preiswerten und trotzdem qualitativ hochwertigen Erzeugnissen ist eine sauber ausgeführte Funktionsanalyse und die Festlegung beziehungsweise die Annahme von realistischen Lasteinwirkungen. Das gilt für die jeweiligen funktionalen Anwendungen einschließlich der Vorgabe von realistischen Temperatureinsatzbereichen für die jeweiligen Funktionen.