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Wer lernt, anders zu denken, kann sein Leben neu erfinden. Du weißt mit deinem Leben nicht so recht etwas anzufangen? Dich lassen Ängste und Zweifel nicht los? Es fällt dir schwer, Entscheidungen zu treffen? Deine Wünsche bleiben unerfüllt? Der Weg zu einem glücklichen Leben verläuft selten geradeaus. Aber die Herausforderungen, denen du begegnest, sind Chancen, deine Denkweise zu verändern und an dir selbst zu wachsen. Die 101 lebensverändernden Essays von Brianna Wiest durchbrechen schädliche Denkmuster und öffnen dir die Augen. Mit großer Menschenkenntnis und psychologischem Feingefühl offenbart sie dir, was du hören musst, aber nicht willst. Was du eigentlich schon weißt, aber unterdrückst. Egal, ob du mit Beziehungen, deiner eigenen Lebenseinstellung oder der Kommunikation mit deinen Liebsten zu kämpfen hast, dieses Buch hat die Antwort. Es wird dir auf der Suche nach dir selbst, nach Neubeginn und Glück ein wertvoller Begleiter sein.
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Aus dem amerikanischen Englisch von Ursula Pesch und Anja Lerz
Die Originalausgabe erschien 2018 unter dem Titel 101 Essays That Will Change The Way You Think bei Thought Catalog Books, a division of The Thought & Expression Co., Williamsburg, Brooklyn
© Brianna Wiest, 2016
Für die deutsche Ausgabe:
© Piper Verlag GmbH, München 2022
Covergestaltung: Büro Jorge Schmidt, München, nach einem Entwurf von KJ Parish
Konvertierung auf Grundlage eines CSS-Layouts von digital publishing competence (München) mit abavo vlow (Buchloe)
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Cover & Impressum
Einleitung
1 Unbewusste Verhaltensweisen, die dich daran hindern, das Leben zu führen, das du dir wünschst
2 Die Psychologie der Alltagsroutine
3 10 Dinge, die emotional intelligente Menschen nicht tun
4 Wie Menschen, die wir einst geliebt haben, wieder zu Fremden werden
5 16 Kennzeichen einer sozial intelligenten Person
6 Unangenehme Gefühle, die in Wirklichkeit darauf hinweisen, dass du auf dem richtigen Weg bist
7 Was die Gefühle, die du am stärksten unterdrückst, dir zu sagen versuchen
8 Die Teile von dir, die nicht dein »Ich« ausmachen
9 20 Anzeichen dafür, dass du dich besser schlägst, als du glaubst
10 Die »Obergrenze« durchbrechen – und wie Menschen sich selbst daran hindern, wirklich glücklich zu sein
11 Das Glück durch hervorragende Leistung
12 Die Lücke zwischen Wissen und Handeln: Warum wir es vermeiden, das zu tun, was am besten für uns ist, und wie wir unseren Widerstand endgültig überwinden können
13 101 Dinge, über die es sich mehr nachzudenken lohnt als über das, was dich zermürbt
14 Erwartungen, von denen du dich in deinen Zwanzigern frei machen musst
15 Lies das, wenn du nicht weißt, was du aus deinem Leben machen sollst
16 8 kognitive Verzerrungen, die bestimmen, wie du dein Leben empfindest
Projektion
Extrapolation
Ankereffekt
Negativität
Konservativismus
Die Clustering-Illusion
Bestätigungsfehler
Nachträgliche Begründungstendenz
17 Was emotional gefestigte Menschen nicht tun
18 10 wissenswerte Dinge über unsere Gefühle
19 Die kleinen Dinge, die einen unmerklichen Einfluss darauf haben, wie du über deinen Körper denkst
20 Zielsetzungen, bei denen es mehr darum geht, das zu genießen, was du hast, als dem nachzujagen, was du nicht hast
21 102 Arten, dein Leben nicht von irrationalen Gedanken ruinieren zu lassen
22 Das Zen der Kreativität
23 Alles ist da, um dir zu helfen: Wie intrinsisch motivierte Menschen zur besten Version ihrer selbst werden
24 Wie du erkennst, dass das Einzige, das deinem Glück im Weg steht, du selbst bist
25 Wie man den Stillstand überwindet und die drei Phasen, Abläufe zu automatisieren
Kognitive Phase
Assoziative Phase
Autonome/automatische Phase
26 Die entscheidende Frage, die du dir stellen musst, wenn du es leid bist, um jemandes Liebe zu kämpfen
27 Sei da, wo deine Füße sind: Mantras, die dich daran erinnern werden, dass dein Leben in diesem Moment stattfindet
28 16 Fragen, die dir zeigen werden, wer du bist (und was du tun solltest)
29 Was dir verrät, dass du dich stärker entwickelt hast, als du es dir eingestehst
30 Anzeichen dafür, dass deine Einstellung zu deinem Leben dein einziges Problem ist
31 Streitest du intelligent? Von der Abwehr bis zum Widerlegen – die sieben Hauptarten des Argumentierens
Beschimpfung
Ad hominem
Kritik des Tons
Widerspruch
Gegenargument
Widerlegung
Widerlegung des zentralen Punkts
32 Anzeichen dafür, dass dein mentaler Zusammenbruch in Wirklichkeit ein emotionaler Durchbruch ist
33 Wie du dir keine Gedanken mehr machst, wie dein Leben aussieht, und dich endlich darauf konzentrierst, wie es sich anfühlt
34 Warum du nicht nach Wohlbehagen streben solltest
35 Die sechs Säulen des Selbstwertgefühls: Warum es nicht darum geht, was du fühlst, sondern wozu du deiner Ansicht nach in der Lage bist
Bewusst leben
Sich selbst annehmen
Eigenverantwortlich leben
Sich selbstsicher behaupten
Zielgerichtet leben
Persönliche Integrität
36 Warum du den Menschen, die dich im Leben am meisten verletzt haben, danken solltest
37 Der Versuch, den Sinn deines Lebens zu verstehen, ist das, was dich in Wirklichkeit ausbremst
38 Wie du deinen Geist entgiften kannst (ohne dich völlig ausklinken zu müssen)
39 12 Anzeichen dafür, dass das einzige Problem mit deinem Leben darin besteht, dass du mehr über es nachdenkst, als es zu leben
40 Warum logische Menschen ein besseres Leben führen (in einer Generation, in der »Leidenschaft« hoch im Kurs steht)
41 Dinge, die du über dich selbst wissen musst, bevor du das Leben haben wirst, das du dir wünschst
42 Was emotional gesunde Menschen zu tun verstehen
43 Woran sich ein gutes Leben messen lässt
44 Es gibt eine Stimme, die sich keiner Worte bedient – und so kannst du ihr zuhören
45 Erfahrungen, für die wir in unserer Sprache noch keine Wörter haben
46 Wie du unbemerkt selbst zu deinem ärgsten Feind wirst
47 Wenn wir Seelen statt Körper sehen könnten
48 16 Gründe, warum du nach wie vor nicht die Liebe hast, die du dir wünschst
49 Wie du dein Leben dieses Jahr (tatsächlich) ändern kannst
50 Wie wir unseren Verstand an die Götter anderer Menschen verlieren
51 Wie man aufhört, in das Bild von jemandem verliebt zu sein
52 Warum wir es unbewusst lieben, uns Probleme zu schaffen
53 Warum eine Seele sich einen Körper wünscht
54 Die Wichtigkeit der Stille: Warum es unerlässlich ist, sich Zeit fürs Nichtstun zu nehmen
55 Warum du aufgrund deines Bindungsstils in deinen Beziehungen zu kämpfen hast
Sichere Bindung
Unsicher-vermeidende Bindung
Unsicher-ambivalente Bindung
Unsicher-desorganisierte Bindung
56 16 Arten, wie unterdrückte Gefühle in deinem Leben auftauchen
57 50 Menschen über die befreiendste Erkenntnis, die sie je hatten
58 In den Zwanzigern ist es noch nicht zu spät für einen kompletten Neuanfang
59 17 Glaubenssätze über das Leben, die dich nur aufhalten
60 Wie du die Art von Person wirst, die das Leben verdient, das du dir wünschst
61 Dinge, die wir von anderen erwarten (selbst aber nur selten verändern wollen)
62 Man braucht sich nicht selbst »ganz und gar« zu lieben, um der Liebe anderer würdig zu sein
63 30 Fragen, die du dir stellen solltest, falls du die Beziehung, die du dir wünschst, noch nicht gefunden hast
64 Das größte Tabu in unserer Kultur ist radikale Ehrlichkeit. Und genau das ist das Problem
65 7 Gründe, warum Kummer und Leid für die menschliche Entwicklung oft von entscheidender Bedeutung sind
66 Warum wir uns am meisten an Dinge klammern, die gar nicht für uns bestimmt sind
67 Wofür die Jahre zwischen 20 und 30 zu kurz sind
68 Je zufriedener man selbst mit einer Entscheidung ist, desto weniger brauchen es andere zu sein, und 11 andere Geheimnisse von Menschen, die wahrhafte Erfüllung gefunden haben
69 Was Menschen wissen, die eine Liebe verloren haben
70 Einfachheit
71 18 kleine Gedächtnisstützen für alle, denen es so vorkommt, als wüssten sie mit ihrem Leben nicht so recht etwas anzufangen
72 Die Kunst der Bewusstheit, oder: Wie man sich nicht völlig verabscheut
73 10 Fragen, die du dir stellen solltest, wenn du nicht weißt, was als Nächstes in deinem Leben dran ist
74 Loslassen gibt’s nicht – man kann nur akzeptieren, dass etwas bereits fort ist
75 Das Leben ist ein Geschichtenband, kein Roman
76 Alltägliche Anzeichen für einen allgemeinen Bewusstseinswandel
77 Warum legen wir so viel Wert auf unser Leiden?
78 Was man in der Einsamkeit findet
79 Wie man eine Generation erzieht, die keine Angst vor der Angst hat
80 Emotionale Intelligenz für Idioten: Warum wir Schmerz brauchen
81 Jede Beziehung führt man mit sich selbst
82 15 kleine Gesten, die jede Beziehung stärken
83 Erlaube dir, glücklicher zu sein, als du zu verdienen glaubst
84 In 8 Schritten zu eigenständigem Denken
85 Über den ausgesprochen wichtigen Grund,warum wir uns DAFÜR entscheiden,Menschen zu lieben, die unsere Liebe nicht erwidern können
86 Nicht jeder wird dich so lieben, dass du es verstehst
87 Wie man seine inneren Dämonen zähmt
88 Warum wir positives Denken ablehnen
89 Die Philosophie der Widerstandslosigkeit oder die Kunst, das Leben zu nehmen, wie es kommt, ohne zum Fußabtreter zu werden
90 Du musst dann am freundlichsten mit dir umgehen, wenn du meinst, es am wenigsten zu verdienen
91 Die 15 häufigsten Formen verzerrter Wahrnehmung
92 101 Dinge, die viel wichtiger sind als das Aussehen deines Körpers
93 7 Prinzipien des Zen (und wie man sie im modernen Leben anwendet)
94 6 Anzeichen für eine gesunde soziale Sensibilität
95 Das Hier und Jetzt ist alles, was du hast
96 Die Kunst der Unachtsamkeit
97 Über den Unterschied zwischen dem, was du fühlst, und dem, was du zu fühlen glaubst
98 Die Macht des negativen Denkens
99 Was du tun musst, um deine Ängste abzuschütteln
100 Hör auf, dem Glück nachzujagen
101 Metanoia, oder: Was du wissen solltest, wenn du eine Veränderung deines Denkens, Herzens, Selbstoder deiner Lebensweise erlebst
Inhaltsübersicht
Cover
Textanfang
Impressum
In seinem Buch Eine kurze Geschichte der Menschheit erklärt Dr. Yuval Noah Harari, dass zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht nur die Vertreter der Gattung Homo sapiens die Erde bevölkerten,[1] sondern dass es wahrscheinlich sechs verschiedene Gattungen gab: Homo sapiens, Homo neanderthalensis, Homo soloensis, Homo erectus usw.
Es gibt einen Grund dafür, dass der Homo sapiens noch heute existiert und die anderen Gattungen sich nicht weiterentwickelt haben: den präfrontalen Cortex, auf den wir anhand von Skelettstrukturen schließen können. Im Wesentlichen besaßen wir die Fähigkeit, komplexer zu denken, und waren somit in der Lage, zu organisieren, zu kultivieren, zu lehren, zu üben, Gewohnheiten auszubilden und eine für unser Überleben taugliche Welt an die nächsten Generationen weiterzugeben. Mit unserem Vorstellungsvermögen konnten wir die Erde praktisch aus dem Nichts so gestalten, wie sie heute ist.
In gewisser Weise ist die Vorstellung, dass Gedanken die Realität erschaffen, mehr als nur eine nette Idee. Sie ist auch ein Fakt der Evolution. Sprache und Denken ermöglichten es uns, in unseren Köpfen eine Welt zu erschaffen, und letztlich haben die Sprache und das Denken uns den Weg zur Entwicklung unserer heutigen Gesellschaft geebnet … im Guten wie im Schlechten.
Fast alle großen Meister, Künstler, Lehrer, Erfinder und im Allgemeinen zufriedene Menschen konnten ihren Erfolg auf eine ähnliche Erkenntnis zurückführen: Sie hatten verstanden, dass sie ihre Denkweise ändern mussten, um ihr Leben ändern zu können.
Ebendiesen Menschen verdanken wir auch einige der ältesten Weisheiten: dass der Glaube Berge versetzt, dass der Verstand beherrscht werden muss und dass das Hindernis der Weg ist.[2] Oft macht ein großes empfundenes Unbehagen eine neue Denkweise notwendig, die wir uns nie zuvor hätten vorstellen können. Dieses neue Bewusstsein schafft Möglichkeiten, die es nicht geben würde, wären wir nicht gezwungen worden, etwas Neues zu lernen. Warum entwickelten unsere Vorfahren Ackerbau, gesellschaftliche Strukturen, die Medizin und dergleichen? Um zu überleben.
Anders gesagt: Wenn du die »Probleme« in deinem Leben als Möglichkeiten betrachtest, um ein tieferes Verständnis zu erlangen und eine bessere Lebensweise zu entwickeln, wirst du den Weg aus dem Labyrinth des Leids finden und erfahren, was es heißt, gut und erfolgreich zu leben.
Ich glaube, dass es für uns Menschen grundlegend ist, zu lernen, wie man denkt. Basierend darauf lernen wir, zu lieben, zu teilen, zusammenzuleben, zu tolerieren, zu geben, zu erschaffen usw. Ich glaube, unsere oberste und wichtigste Pflicht besteht darin, das Potenzial, mit dem wir geboren wurden, zu verwirklichen – uns selbst, aber auch der Welt zuliebe.
Allem, was ich schreibe, liegt unausgesprochen zugrunde: »Diese Idee hat mein Leben verändert.« Denn es sind Ideen, die das Leben verändern – und genau das war die erste Idee, die meines veränderte.
Brianna Wiest
Die erfolgreichsten Menschen in der Geschichte – diejenigen, die viele als »Genies«, als Meister ihres Fachs bezeichnen – hatten außer ihrem Talent eines gemeinsam: Die meisten von ihnen hielten sich an strenge (und genaue) Routinen.
Feste Gewohnheiten scheinen langweilig und das Gegenteil dessen zu sein, was angeblich ein »gutes Leben« ausmacht. Glück, so schließen wir daraus, entsteht aus dem ständigen Streben nach »mehr«, egal, was dieses »Mehr« beinhaltet. Wir begreifen jedoch nicht, dass feste Gewohnheiten nicht bedeuten, jeden Tag dieselbe Anzahl an Stunden im selben Büro zu sitzen. Deine Routine könnte die sein, jeden Monat in ein anderes Land zu reisen. Sie könnte darin bestehen, dich routinemäßig nicht an eine bestimmte Routine zu halten. Der Punkt ist nicht, worin die Gewohnheit besteht, sondern wie stabil und sicher dein Unterbewusstsein durch wiederholte Abläufe und erwartete Ergebnisse wird.
Es spielt keine Rolle, wie du dein Alltagsleben gestalten möchtest, maßgeblich ist, dass du eine Entscheidung triffst und dich dann an sie hältst. Kurz gesagt: Gewohnheiten sind wichtig, weil sie einen bestimmten Gemütszustand erzeugen und der Gemütszustand entscheidend für dein Wohlbefinden ist. Abgesehen davon: Wenn du dich von Impulsivität leiten lässt, ist dies ein Nährboden für alles, was du im Grunde nicht willst.
Bei den meisten Dingen, die uns wahrhaft glücklich machen, handelt es sich nicht einfach um temporäre, unmittelbare Belohnungen, sie sind auch mit Widerständen verbunden und erfordern Opfer. Doch du kannst das Gefühl, »Opfer« bringen zu müssen, auflösen, wenn du deine Aufgaben als »etwas Normales« betrachtest oder Widerstände mithilfe von Regeln überwindest. All dies zeigt, warum feste Gewohnheiten so wichtig sind (und glückliche Menschen sich in der Regel eher an sie alten).
1 Deine Gewohnheiten bestimmen deine Gefühlslage, und deine Gefühlslage ist ein Filter, durch den du dein Leben erfährst.
Du denkst vielleicht, dass deine Gefühlslage durch Gedanken oder Stressoren erzeugt wird, durch Dinge, die im Lauf des Tages auftreten und dich aus dem Gleichgewicht bringen. Dies ist jedoch nicht der Fall. Der Psychologe Robert Thayer behauptet, dass Stimmungen durch unsere Gewohnheiten erzeugt werden: dadurch, wie viel wir schlafen, wie oft wir uns bewegen, was wir denken, wie oft wir es denken usw. Der Punkt ist: Nicht der einzelne Gedanke sorgt dafür, dass wir völlig durch den Wind sind, sondern es ist die ständige Wiederholung dieses Gedankens, die dessen Wirkung verstärkt und seinen Inhalt wahr erscheinen lässt.
2 Du musst lernen, den Tag von deinen bewussten Entscheidungen bestimmen zu lassen – nicht von deinen Ängsten oder Impulsen.
Ein ungezähmter Geist ist ein Minenfeld. Ohne Regeln, Fokus, eine solide Basis oder Selbstkontrolle kann dich alles dazu verleiten, zu glauben, dass du etwas willst, was du in Wirklichkeit gar nicht willst. »Ich möchte heute Abend einen trinken gehen und mich nicht auf die morgige Präsentation vorbereiten« scheint auf kurze Sicht ein zulässiger Wunsch zu sein, ist auf lange Sicht jedoch verhängnisvoll. Ein superwichtiges Meeting in den Sand zu setzen, nur weil du einen trinken gehen willst, lohnt sich vermutlich nicht. Wenn du lernst, feste Gewohnheiten zu entwickeln, lernst du, dich von deinen bewussten Entscheidungen, wie dein Tag aussehen sollte, leiten zu lassen und den ganzen anderen zeitweiligen Mist zu ignorieren.
3 Glück erwächst nicht daraus, wie viel du tust, sondern daraus, wie gut du es tust.
Mehr ist nicht besser. Glück heißt nicht, etwas anderes zu erleben, sondern das, was man bereits hat, ständig auf neue und andersartige Weise zu erleben. Da man uns lehrt, dass jeder unserer Gedanken und Schritte, jede unserer Entscheidungen von Leidenschaft getragen werden sollte, werden wir im Grunde von der Angst beherrscht, dass wir unglücklich sind, weil wir nicht »genug« tun.
4 Wenn du dein tägliches Handeln in ordentliche Bahnen lenkst, deaktivierst du deine »Kampf oder Flucht«-Instinkte, weil du nicht länger dem Unbekannten gegenüberstehst.
Warum haben wir so große Schwierigkeiten mit Veränderungen, und warum erleben Menschen mit festen Gewohnheiten so viel Freude? Weil ihre Angstinstinkte lange genug ausgeschaltet sind, um etwas tatsächlich genießen zu können.
5 Kindern vermittelt Routine ein Gefühl der Sicherheit, Erwachsenen ein Gefühl der Sinnhaftigkeit.
Interessanterweise sind sich diese beiden Gefühle ähnlicher, als man denken würde (zumindest haben sie denselben Ursprung). Beide haben mit der Angst vor dem Unbekannten zu tun: Als Kinder wissen wir nicht, wo es nach links geht, geschweige denn warum wir leben und ob etwas, was wir noch nie zuvor getan haben, beängstigend oder schädlich sein wird oder nicht. Wenn Dinge im Erwachsenenalter zur Routine geworden sind, können wir uns mit der einfachen Vorstellung trösten: »Ich weiß, wie ich es tun muss. Ich habe es schon einmal getan.«
6 Du bist zufrieden, weil Gewohnheiten Entscheidungen, die du bereits getroffen hast, immer wieder bestätigen.
Wenn du entschieden hast, dass du ein Buch schreiben möchtest – und du verpflichtest dich, jeden Abend drei Seiten zu schreiben, egal, wie lange es dauert –, bekräftigst du nicht nur deine Entscheidung, damit zu beginnen, sondern auch deine Fähigkeit, es zu tun. Es ist ungelogen die gesündeste Art, sich bestätigt zu fühlen.
7 Während dein Körper sich selbst reguliert, wird Routine der Weg zum »Flow«.[4]
»Flow« ist im Grunde das, was passiert, wenn wir in unserem Tun so aufgehen, dass sich alle Gedanken oder Sorgen auflösen und wir einfach vollkommen auf unsere Aufgabe konzentriert sind. Je mehr du deinen Körper auf bestimmte Gewohnheiten trainierst – 7 Uhr aufwachen, 14 Uhr mit dem Schreiben beginnen usw. –, desto leichter kommst du auf ganz natürliche Weise in den Flow.
8 Wenn wir keine festen Gewohnheiten haben, bringen wir uns selbst bei, »Angst« als Indikator für unser falsches Verhalten zu sehen statt dafür, dass uns das Ergebnis sehr wichtig ist.
Ein Mangel an Routine ist einfach ein Nährboden für ständiges Zögern. Er verschafft unserem Unterbewusstsein Raum, zu sagen: »Du kannst jetzt eine Pause einlegen«, wenn wir in Wirklichkeit eine Deadline haben. Doch wenn wir daran gewöhnt sind, zu einem bestimmten Zeitpunkt eine Pause zu machen, lassen wir dies schlicht deswegen zu, weil »wir es immer tun«.
Emotionale Intelligenz ist vielleicht die machtvollste, aber in unserer Gesellschaft am meisten unterschätzte Fähigkeit.
Wir glauben, dass unser Alltagshandeln von Logik und Vernunft bestimmt werden sollte, doch egal, ob wir lange nachdenken oder nur ganz kurz, wir gelangen immer zu denselben Schlüssen.[5] Unsere politischen Entscheidungsträger übersehen völlig das menschliche Element unserer soziopolitischen Probleme, und ich brauche nicht die Scheidungsrate anzuführen, um deutlich zu machen, dass wir nicht die richtigen Partner wählen (und auch nicht die Fähigkeit besitzen, enge Beziehungen über längere Zeiträume aufrechtzuerhalten).
Wir Menschen scheinen zu glauben, dass es das Intelligenteste sei, überhaupt keine Gefühle zu haben. Und dass effektiv sein bedeute, eine Maschine zu sein, ein Produkt dieses Zeitalters. Ein gut geölter, konsumdienlicher, digital versierter, äußerst ahnungsloser, aber offenkundig funktionsfähiger Roboter. Und so leiden wir.
Schauen wir einmal die Gewohnheiten der Menschen an, die fähig sind, sich ihrer Gefühle bewusst zu sein. Die wissen, wie sie ihre Erfahrungen ausdrücken, verarbeiten, auseinandernehmen und korrigieren können, da sie selbst die Kontrolle darüber haben. Sie sind die wahren Leader und leben ein sehr erfülltes und authentisches Leben. Und eben sie sollten wir uns zum Vorbild nehmen. Emotional intelligente Menschen tun Folgendes nicht:
1 Sie gehen nicht davon aus, dass ihre Art, über eine Situation nachzudenken und sie zu empfinden, der Realität entspricht.
Sie erkennen, dass ihre Emotionen Reaktionen sind und keine exakten Gradmesser dessen, was vor sich geht. Sie akzeptieren, dass diese Reaktionen möglicherweise mit ihren eigenen Problemen zusammenhängen und nicht mit der objektiven Situation.
2 Sie wissen, dass sie die Verantwortung für ihre Emotionen tragen.
Nicht andere sind für ihre Emotionen und damit für die Lösung ihrer Probleme verantwortlich. Die Erkenntnis, dass sie letzten Endes selbst verantwortlich für das sind, was sie erleben, bewahrt sie davor, in die Falle der zornigen Passivität zu tappen: dem Glauben zu verfallen, dass das Universum einen Fehler gemacht hat und es diesen letztlich auch korrigieren muss.
3 Sie nehmen nicht an, dass sie wissen, was sie wirklich glücklich machen wird.
Da unser einziger Bezugsrahmen vergangenes Geschehen ist, vermögen wir nicht zu sagen, was uns wirklich glücklich machen würde. Wir können uns nur von dem, was uns an der vergangenen Erfahrung missfallen hat, »befreit« fühlen. Da emotional intelligente Menschen dies verstehen, öffnen sie sich für jede Erfahrung, die das Leben für sie bereithält, in dem Wissen, dass alles seine guten und seine schlechten Seiten hat.
4 Sie glauben nicht, dass ihre Ängste ein Zeichen dafür sind, dass sie sich auf dem falschen Weg befinden.
Gleichgültigkeit ist ein Zeichen dafür, dass wir uns auf dem falschen Weg befinden. Angst bedeutet, dass wir versuchen, uns auf etwas zuzubewegen, was wir lieben, wobei uns jedoch unsere alten Überzeugungen oder nicht verarbeiteten Erfahrungen im Weg stehen (oder sich wieder melden, um verarbeitet zu werden).
5 Sie wissen, dass Glücklichsein eine Wahl ist, verspüren jedoch nicht das Bedürfnis, sie ständig zu treffen.
Sie geben sich nicht der Illusion hin, dass »Glück« ein andauernder Zustand der Freude ist. Sie lassen sich Zeit, alles, was sie erleben, zu verarbeiten. Sie erlauben es sich, so zu sein, wie sie sind. Diese Widerstandslosigkeit verleiht ihnen Zufriedenheit.
6 Sie lassen nicht zu, dass andere über ihr Denken entscheiden.
Sie erkennen, dass sie aufgrund der sozialen Konditionierung und des ewigen menschlichen Gedankenkarussells oft von Gedanken, Überzeugungen und Denkweisen beeinflusst werden können, die eigentlich nie ihre waren. Um dem entgegenzuwirken, machen sie eine Bestandsaufnahme ihrer Überzeugungen, denken über deren Ursprung nach und entscheiden, ob ihnen dieser Bezugsrahmen wirklich weiterhilft oder nicht.
7 Sie begreifen, dass unfehlbare Gelassenheit nicht gleichbedeutend ist mit emotionaler Intelligenz.
Sie halten ihre Gefühle nicht zurück und versuchen auch nicht, sie so zu mäßigen, dass sie beinahe verschwunden sind. Sie sind jedoch in der Lage, ihre emotionalen Reaktionen zurückzuhalten, bis sie sich in einer Umgebung befinden, in der sie ihre Gefühle ohne Weiteres zum Ausdruck bringen können. Sie unterdrücken sie nicht, sondern managen sie effektiv.
8 Sie wissen, dass ein Gefühl sie nicht umbringen wird.
Sie haben genug Ausdauer und Bewusstsein entwickelt, um zu wissen, dass alle Dinge, selbst die schlimmsten, vorübergehen.
9 Sie schließen nicht einfach mit jedem enge Freundschaften.
Sie verstehen, dass Vertrauen und Intimität etwas ist, das man aufbaut und nicht mit jedem teilen möchte. Sie sind nicht zurückhaltend oder verschlossen, sondern achten nur darauf, wen sie in ihr Leben und ihr Herz lassen. Sie sind freundlich zu allen, aber nur wenigen gegenüber wirklich offen.
10 Sie verwechseln ein schlechtes Gefühl nicht mit einem schlechten Leben.
Sie vermeiden es, vom derzeitigen Moment auf die vorhersehbare Zukunft zu schließen, und glauben nicht, dass der derzeitige Moment repräsentativ für ihr gesamtes Leben ist, sondern vielmehr eine weitere vorübergehende Erfahrung. Emotional intelligente Menschen erlauben sich ihre »schlechten« Tage. Sie erlauben es sich, ganz Mensch zu sein. In dieser Widerstandslosigkeit finden sie den größten Frieden.
Es ist interessant, darüber nachzudenken, wie Menschen, die uns einmal alles bedeutet haben, wieder bedeutungslos für uns werden. Wie wir lernen, sie zu vergessen. Wie wir das Vergessen erzwingen. Wodurch wir sie in der Zwischenzeit ersetzen. Das verrät uns oft mehr als die Beziehung selbst – Leid lehrt uns schneller als Freude. Doch was bedeutet es, wenn wir wieder zu Fremden werden? Wir hören dadurch nie wirklich auf, einander zu kennen. Vielleicht haben wir keine andere Wahl, als den Betreffenden im Geiste zu jemand anderem zu machen, zu jemandem, der nicht unsere täglichen Ängste kannte, nicht wusste, wie wir nackt aussehen, was uns zum Weinen bringt und wie sehr wir ihn liebten.
Wenn unser Leben um einen Menschen kreist, hört dies nicht einfach auf, selbst wenn uns nur noch gewisse Erinnerungen an ihn geblieben sind – Erinnerungen an Orte, die wir besucht, Dinge, die wir gesagt, und Songs, die wir gehört haben.
Wir stehen alle irgendwann in der Schlange vor der Supermarktkasse, hören einen jener Songs und erkennen, dass unsere Gedanken wieder um diesen Menschen kreisen. Vielleicht haben sie auch nie aufgehört, dies zu tun.
Vergisst du wirklich je die Geburtstage deiner Geliebten und alle ersten Male, die intimen und nicht intimen? Werden deine Jahrestage je wieder zu normalen Tagen? Werden die Dinge, die du getan, und die Versprechen, die du gegeben hast, wirklich je bedeutungslos? Werden sie jetzt, nachdem du dich getrennt hast, nichtig, oder ignorierst du sie bewusst, weil du einfach keine andere Wahl hast? Der Verstand hält dich vermutlich dazu an und zwingt das Herz, seinem Beispiel zu folgen.
Ich möchte glauben, dass man jemanden entweder für immer auf eine gewisse Art liebt oder ihn nie wirklich geliebt hat. Dass sich zwei reaktive Chemikalien unweigerlich ändern, wenn sie sich kreuzen. Dass die Wunden, die wir bei Menschen hinterlassen, manchmal zu tief sitzen, um das Risiko einzugehen, sie wieder aufzureißen. Ich möchte nicht glauben, dass wir einander abschreiben, weil wir uns einfach nichts mehr bedeuten. Ich weiß, dass Liebe unentbehrlich ist. Ich frage mich (und hoffe vielleicht), ob es uns je aus der Not heraus gelingen wird, sie entbehrlich zu machen.
Vielleicht ist es einfach so, dass wir alle den Mittelpunkt unseres eigenen kleinen Universums bilden, das sich manchmal mit dem anderer Menschen überschneidet, und dass diese kleine Überschneidung zur Veränderung führt. Der Zusammenprall kann uns zugrunde richten, uns verändern, einen Wandel herbeiführen. Manchmal werden wir eins, zu anderen Zeiten widerrufen wir das, weil das Hinwegtrösten über den Verlust dessen, was wir zu kennen glaubten, letztlich die Oberhand gewinnt.
Wie auch immer, du wirst dich zwangsläufig entwickeln und schließlich sehr viel mehr über die Liebe und das, was sie anrichten kann, wissen, über den Schmerz, den nur das Loch in deinem Herzen, der freie Platz in deinem Bett und der leere Sessel mit sich bringen können. Ich weiß nicht, ob es in diesem Loch je wieder einen Platz für die Person geben wird, die diesen Schmerz verursacht hat. Und auch nicht, ob irgendein anderer je an jemanden heranreichen kann, der so tiefe Spuren bei uns hinterlassen hat.
Zu Beginn sind wir alle Fremde füreinander. Die Entscheidungen, die wir in Bezug auf die Liebe treffen, scheinen in der Regel ohnehin unausweichlich zu sein. Wir finden Menschen gegen jede Vernunft unwiderstehlich. Wir finden Seelenverwandte. Wir finden Klassenkameraden und Partner und Nachbarn und Familienfreunde und Cousins und Schwestern, und unser Leben überschneidet sich manchmal so, dass wir meinen, diese Menschen wären nie von uns getrennt gewesen. Und das ist schön. Doch es sind nicht Leichtigkeit und Vertrautheit, wonach wir uns sehnen. Darüber schreibe ich hier nicht. Nicht sie sind es, worum unsere Gedanken kreisen, wenn diese Menschen nicht mehr da sind. Wir warten alle nur darauf, dass ein anderes Universum mit unserem zusammenstößt und ändert, was wir selbst nicht ändern können. Wenn der Sturm sich wieder gelegt hat, werden wir die Sterne mit anderen Augen sehen. Wir wissen nur nicht und können nicht beeinflussen, wer das für uns bewirken kann.
Zu Beginn sind wir alle Fremde füreinander, doch wir vergessen, dass wir selten entscheiden, wer auch am Ende wieder ein Fremder für uns sein wird.
Auch wenn du vielleicht nicht weißt, was jemanden zu einem sozial intelligenten Menschen macht, so hast du wahrscheinlich schon diese Art von sozialer Unsensibilität erlebt, die einen im besten Fall frustriert und im schlimmsten Fall körperliches Unbehagen hervorruft.
Umgangsformen sind kulturelle soziale Intelligenz. Doch die traditionelle »Höflichkeit« scheint ihren Reiz zu verlieren – viele glauben wohl, dass sie, wenn sie sich höflich verhalten, ihre Persönlichkeit zugunsten eines einheitlichen Verhaltens aufgeben. Einerseits wollen wir auf eine für beide Seiten angenehme Weise miteinander umgehen, andererseits sollten wir unsere Authentizität nicht zugunsten eines höflichen Nickens oder freundlichen Lächelns opfern. Beides schließt sich jedoch nicht gegenseitig aus.
Sozial intelligente Menschen denken und verhalten sich auf eine Weise, die in jedem Moment über das, was kulturell akzeptabel ist, hinausgeht. Sie schaffen es – ohne sich selbst zu verlieren –, mit anderen so zu kommunizieren, dass diese sich wohlfühlen. Das ist natürlich die Grundlage von Beziehungen, das, was wir als wünschenswert empfinden und was uns aufblühen lässt.
Folgendes sind die Haupteigenschaften sozial intelligenter Menschen:
1 Sie versuchen nicht, jedem, mit dem sie eine Unterhaltung führen, eine starke emotionale Reaktion zu entlocken.
Sie kommunizieren nicht auf eine Weise, die ihre Leistungen herausstellt und bei anderen Ehrfurcht hervorruft, und sie übertreiben auch nicht ihre Nöte, um anderen Mitgefühl zu entlocken. Denn derartige Übertreibungen vermitteln anderen ein Gefühl des Unbehagens, weil sie sich unter Druck gesetzt fühlen, eine emotionale Reaktion zeigen zu müssen.
2 Sie machen keine endgültigen Aussagen über Menschen, Politik oder Ideen.
Der einfachste Weg, unintelligent zu klingen, ist der, zu sagen: »Diese Idee ist falsch.« (Die Idee mag für dich falsch sein, doch sie existiert, weil sie für jemand anderen richtig ist.) Intelligente Menschen sagen: »Ich persönlich verstehe diese Idee nicht oder stimme ihr nicht zu.« Endgültige Aussagen über Ideen oder Personen zu machen, heißt, blind für die Vielzahl an möglichen Perspektiven zu sein. Dies ist die Definition von Engstirnigkeit und Kurzsichtigkeit.
3 Sie weisen nicht sofort jegliche Kritik von sich und zeigen auch keine so starke emotionale Reaktion, dass sie unnahbar werden oder sich jeder Veränderung verschließen.
Es ist äußerst schwierig, Beziehungen mit Menschen zu führen, die sich schon durch den leisesten Hinweis darauf, ihr Verhalten sei verletzend, so bedroht fühlen, dass sie letztlich wütend auf die sich äußernde Person werden und damit das Problem nur noch verstärken. Sozial intelligente Menschen hören sich Kritik an, bevor sie reagieren – unmittelbare, völlig unreflektierte emotionale Reaktionen zeugen nur von Abwehr.
4 Sie verwechseln ihre Meinung über jemanden nicht mit einer Tatsache.
Sozial intelligente Menschen sagen nicht: »Er ist ein Scheißkerl«, als wäre dies eine Tatsache. Vielmehr sagen sie: »Ich hatte ein negatives Erlebnis mit ihm, bei dem ich mich sehr unwohl gefühlt habe.«
5 Sie verallgemeinern das Verhalten anderer nicht zu stark.
Sie sagen nicht: »Du machst immer«, oder: »Du machst nie«, wenn sie einen Punkt verdeutlichen wollen. Und sie leiten ihre Argumente mit »Ich habe das Gefühl« statt mit »Du bist« ein. Sie tun dies, weil sie ihr Gegenüber durch die Wahl einer nicht als bedrohlich empfundenen Sprache am ehesten dazu bringen, sich für ihre Perspektive zu öffnen, und sie so einen Dialog schaffen, der tatsächlich zu der gewünschten Änderung führt.
6 Sie drücken sich präzise aus.
Sie sagen, was sie sagen wollen, ohne drum herumzureden. Sie sprechen ruhig, fassen sich kurz, sind achtsam und wählen eine einfache Sprache. Sie konzentrieren sich darauf, etwas mitzuteilen, und nicht darauf, bloß eine Reaktion von anderen zu erhalten.
7 Sie wissen, wie man sich auf gesunde Art und Weise abgrenzt.
Mit anderen Worten: Sie wissen, dass die Welt sich nicht um sie dreht. Sie sind fähig, jemandem zuzuhören, ohne sich Sorgen darüber zu machen, dass irgendeine Aussage des anderen einen Affront gegen sie darstellt. Sie sind in der Lage, sich von ihren eigenen Projektionen zu lösen, und versuchen zumindest, die Perspektive anderer zu verstehen, ohne davon auszugehen, dass sie mit ihrer eigenen übereinstimmen muss.
8 Sie versuchen nicht, anderen ihr Nichtwissen vorzuhalten.
Wenn du jemandem vorwirfst, dass er sich irrt, verstärkst du seine Abwehrhaltung und verhinderst, dass er sich mit einer anderen Perspektive befasst. Stattdessen könntest du zuerst seinen Standpunkt anerkennen (»Das ist interessant. So habe ich das nie gesehen …«), dann deine eigene Meinung präsentieren (»Etwas, was ich kürzlich gelernt habe, ist …«) und den anderen anschließend wissen lassen, dass er nach wie vor etwas zur Unterhaltung beitragen kann, indem du ihn nach seiner Meinung fragst (»Was hältst du davon?«). So bringst du dein Gegenüber dazu, eine Unterhaltung zu führen, bei der ihr beide etwas lernen könnt, statt einfach nur eure Ansichten zu verteidigen.
9 Sie erkennen die Gefühle anderer Menschen an.
Die Gefühle anderer Menschen anzuerkennen, heißt, sie zu akzeptieren, ohne sie mithilfe einer logischen Argumentation abzutun, sie zu leugnen oder den Versuch zu unternehmen, sein Gegenüber umzustimmen (zum Beispiel: »Ich bin heute traurig.« – »Das solltest du aber nicht, dein Leben ist großartig!«). Der entscheidende Fehler in diesem Zusammenhang ist, dass Gefühle anzuerkennen nicht dasselbe ist, wie Ideen anzuerkennen. Es gibt viele Ideen, die nicht anerkannt werden müssen und die Anerkennung auch nicht verdienen, aber alle Gefühle verdienen es, gesehen, anerkannt und respektiert zu werden. Jemandes Gefühle anzuerkennen, heißt, anzuerkennen, wer er wirklich ist, auch wenn man selbst anders reagieren würde.
10 Sie erkennen, dass ihre »Schattenseiten« jene Eigenschaften, Verhaltensweisen und Muster sind, über die sie sich bei anderen ärgern.
Der Hass, den man gegen einen falsch informierten Politiker empfindet, könnte eine Projektion der eigenen Angst sein, nicht intelligent oder qualifiziert genug zu sein. Das starke Missfallen, das ein besonders passiver Freund bei einem hervorruft, könnte mit der eigenen Neigung zusammenhängen, anderen Macht in seinem Leben einzuräumen. Nicht immer gibt es eine offensichtliche Verbindung, doch sie ist stets vorhanden, wenn eine starke emotionale Reaktion im Spiel ist. Wenn du etwas wirklich ablehnen würdest, würdest du dich einfach davon frei machen.
11 Sie debattieren nicht mit Menschen, die nichts lernen, sondern nur gewinnen wollen.
Du kannst erkennen, dass dies der Fall ist, wenn Leute anfangen, Streitpunkte zu suchen, oder sich auf schäbige Logik verlegen, nur um den Eindruck zu erwecken, dass sie die Oberhand haben. Sozial intelligente Menschen wissen, dass nicht jeder kommunizieren, lernen, wachsen oder Kontakte herstellen will – und versuchen dementsprechend nicht, andere dazu zu zwingen.
12 Sie hören zu, um zu hören, nicht um zu reagieren.
Während sie anderen zuhören, konzentrieren sie sich auf das Gesagte, nicht darauf, wie sie reagieren werden, was auch die Metapraktik des »Raumgebens« genannt wird.
13 Sie posten nichts online, was sie nicht, ohne dass es ihnen peinlich wäre, einem Elternteil zeigen oder einem Kind erklären würden. Und auch nichts, von dem sie nicht wollen würden, dass ihr Arbeitgeber es liest.
Abgesehen davon, dass es früher oder später zu einem dieser Dinge, wenn nicht gar zu allen, kommen wird: Etwas zu posten, wohinter du nicht voll und ganz stehst, heißt, dass du nicht ehrlich zu dir selbst bist (du handelst im Namen des Teils von dir, der möchte, dass andere Menschen ihn anerkennen).
14 Sie richten nicht darüber, was wahr ist.
Sie sagen nicht: »Du irrst dich.« Sie sagen: »Ich glaube, dass du dich irrst.«
15 Sie »vergiften den Brunnen« nicht und greifen auch nicht zu Scheinargumenten, um einen Standpunkt zu widerlegen.
»Den Brunnen vergiften« bedeutet, dass man den Charakter einer Person angreift, um die Aufmerksamkeit von einem (möglicherweise sehr stichhaltigen) Argument abzulenken. Wenn zum Beispiel jemand, der drei Schokoriegel pro Tag isst, sagt: »Ich glaube nicht, dass es für Kinder gesund ist, jeden Tag zu viele Schokoriegel zu essen«, würde ein sozial intelligenter Mensch nicht erwidern: »Du solltest dich an die eigene Nase fassen.« Er wäre vielmehr in der Lage, die Aussage des Betreffenden objektiv zu betrachten. In der Regel sind die Menschen, die besonders von einem Problem betroffen sind, am ehesten in der Lage, sich freimütig dazu zu äußern (selbst wenn das oberflächlich betrachtet scheinheilig wirken kann).
16 Die engste Beziehung haben sie zu sich selbst, und daran arbeiten sie unermüdlich.
Sozial intelligente Menschen verstehen, dass ihre Beziehung zu allen anderen eine Erweiterung ihrer Beziehung zu sich selbst darstellt.
Unbehagen ist das, was wir häufig empfinden, wenn uns eine Veränderung bevorsteht. Leider verwechseln wir das oft mit Unglücklichsein und versuchen, mit Letzterem fertigzuwerden, während wir vor Ersterem davonlaufen. Es ruft normalerweise ein gewisses Unbehagen hervor, wenn wir zu einem neuen Verständnis gelangen, eine einschränkende Überzeugung loslassen und uns dazu motivieren wollen, eine echte Veränderung herbeizuführen. Unbehagen ist ein Signal, das oft sehr hilfreich sein kann. Hier sind ein paar (wenig wünschenswerte) Gefühle, die möglicherweise darauf hindeuten, dass du letzten Endes auf dem richtigen Weg bist.
1 Du hast das Gefühl, als würdest du deine Kindheitskämpfe neu erleben.
Du stellst fest, dass Probleme, mit denen du in deiner Kindheit zu kämpfen hattest, in deinem Erwachsenenleben wieder auftauchen. Und obwohl es oberflächlich betrachtet so scheinen mag, als hättest du diese Probleme nicht überwunden, bedeutet es in Wirklichkeit, dass du dir bewusst wirst, warum du etwas denkst und fühlst, damit du es ändern kannst.
2 Du fühlst dich »verloren« oder richtungslos.
Sich verloren zu fühlen, ist in Wirklichkeit ein Zeichen dafür, dass du bewusster lebst – du lebst weniger entsprechend vorgegebener Narrative und Vorstellungen und mehr im jeweiligen Moment. Bis du dich daran gewöhnt hast, wird es sich anfühlen, als wärst du neben der Spur (aber das bist du nicht).
3 In der linken Gehirnhälfte herrscht Nebel.
Wenn du die rechte Gehirnhälfte öfter benutzt (du wirst intuitiver, kümmerst dich um deine Gefühle, bist kreativ), kann es dir manchmal so vorkommen, als würde in der linken Gehirnhälfte Nebel herrschen. Plötzlich wird es zum Beispiel schwierig, sich zu konzentrieren, zu organisieren und sich an kleine Details zu erinnern.
4 Du empfindest willkürlich irrationale Wut oder Traurigkeit, die immer intensiver wird, bis du sie nicht mehr ignorieren kannst.
Wenn Emotionen hervorbrechen, tun sie dies gewöhnlich, um erkannt zu werden. Unsere Aufgabe besteht nun darin, zu lernen, dass wir nicht länger mit ihnen kämpfen und uns gegen sie wehren dürfen, sondern uns ihrer vielmehr voll und ganz bewusst werden sollten (anschließend haben wir die Kontrolle über sie, nicht umgekehrt).
5 Du hast mit unvorhersehbaren, diffusen Schlafmustern zu kämpfen.
Du schläfst zu viel oder zu wenig, du wachst mitten in der Nacht auf, weil du nicht aufhören kannst, über etwas nachzudenken, du bist voller Energie oder völlig erschöpft – dazwischen gibt es wenig.
6 Ein lebensveränderndes Ereignis findet statt oder hat gerade stattgefunden.
Du musst plötzlich umziehen, wirst geschieden, verlierst deinen Job, hast einen Autounfall usw.
7 Du hast das starke Bedürfnis, allein zu sein.
Du hast plötzlich keine Lust mehr, jedes Wochenende unter Leute zu gehen, und die Probleme anderer Menschen erschöpfen dich mehr, als dass sie dich faszinieren. Das heißt, dass du dabei bist, dich neu auszurichten.
8 Du hast intensive, lebhafte Träume, an die du dich fast immer im Detail erinnerst.
Wenn dein Unbewusstes durch Träume mit dir kommuniziert (oder ein Bild von deinen Erlebnissen entwirft), dann versucht deine Psyche definitiv, dir etwas zu sagen. Deine Träume sind so intensiv, wie du es selten zuvor erlebt hast.
9 Du verkleinerst deinen Freundeskreis und fühlst dich in der Gegenwart negativer Menschen zunehmend unwohl.
Das Problem mit negativen Menschen ist: Sie merken selten, dass sie negativ sind. Und da es dir unangenehm ist, etwas zu sagen (und es dir noch unangenehmer ist, diese Negativität in deinem Leben zu behalten), brichst du den Kontakt zu ein paar alten Freunden ab.
10 Du hast das Gefühl, dass die Träume, die du für dein Leben hattest, zerbrechen.
Du erkennst in diesem Moment nicht, dass einer Realität Platz gemacht wird, die besser ist, als du es dir hättest vorstellen können. Einer Realität, die stärker mit deinem wahren Ich als einem vorgestellten Ich im Einklang steht.
11 Du hast das Gefühl, dass deine Gedanken deine ärgsten Feinde sind.
Dir wird langsam klar, dass deine Gedanken dein Erleben erschaffen. Oft versuchen wir erst in dem Moment, in dem wir mit unserem Latein am Ende sind, die Kontrolle über unsere Gedanken zu übernehmen – und erkennen dann, dass wir schon die ganze Zeit die Kontrolle hatten.
12 Du bist dir unsicher, wer du wirklich bist.
Deine vergangenen falschen Vorstellungen davon, wer du sein »solltest«, lösen sich auf. Du fühlst dich unsicher, weil alles ungewiss ist! Du bist dabei, dich zu entwickeln, und wenn wir uns zum Schlechteren hin verändern, werden wir nicht unsicher, sondern wütend und verschlossen. Mit anderen Worten: Wenn sich Gefühle der Unsicherheit oder Ungewissheit eingestellt haben, führt dies gewöhnlich zu etwas Besserem.
13 Du erkennst, welch weiten Weg du noch vor dir hast.
Du hast diese Erkenntnis, weil du auch sehen kannst, wohin du unterwegs bist. Das bedeutet, dass du endlich weißt, wo und wer du sein möchtest.
14 Du »weißt« Dinge, die du nicht wissen willst, zum Beispiel, was jemand wirklich fühlt, dass eine Beziehung in die Brüche gehen wird oder dass du deinen Job nicht mehr lange behalten wirst.
Ein Großteil unserer »irrationalen« Angst rührt daher, dass wir unbewusst etwas spüren, es aber nicht ernst nehmen, weil es nicht logisch ist.
15 Du hast das starke Bedürfnis, für dich selbst einzutreten.
Wütend darüber zu werden, wie sehr du dich von anderen hast manipulieren lassen oder wie sehr du auf die Meinung anderer Menschen gehört hast, ist ein Zeichen dafür, dass du endlich bereit bist, damit aufzuhören, und dich selbst zu lieben, indem du dir zunächst selbst Respekt entgegenbringst.
16 Du erkennst, dass du die einzige Person bist, die für dein Leben und dein Glück verantwortlich ist.
Diese Art der emotionalen Autonomie ist Furcht einflößend, weil sie bedeutet, dass es allein deine Schuld ist, wenn du etwas vermasselst. Gleichzeitig ist diese Erkenntnis die einzige Möglichkeit, wirklich frei zu sein. Und die Belohnung ist das Risiko in jedem Fall wert.
Emotionale Intelligenz hat nichts damit zu tun, wie selten du etwas als »schlecht« empfindest, weil du die Disziplin und die Weisheit entwickelt hast, dies »nicht zu tun«. Es geht nicht darum, wie leicht es dir fällt, darüber zu entscheiden, was du denkst, wie du dich durch dein Denken beeinflussen lässt oder wie ruhig du auf jede gegebene Situation reagierst. Wirkliche emotionale Reife zeigt sich in der Gefühlsintensität, die du dir gestattest – was immer auch kommen mag. Sie bedeutet einfach, zu wissen, dass das Schlimmste, was je passieren könnte, letzten Endes nur ein Gefühl ist.
Das ist es! Ein Gefühl. Stelle dir das Allerschlimmste vor: Das einzig Schlimme daran ist, welche Gefühle es bei dir auslösen würde. Wie du es einordnen würdest, welche Bedeutung die Auswirkungen deiner Meinung nach haben und wie diese Auswirkungen letztlich beeinflussen würden, wie du dich fühlst.
Ein Gefühl der Angst, ein Zwicken, ein Pochen oder ein brennender Schmerz. Eine Heißhungerattacke oder ein Ego-Kick. Das Gefühl der Wertlosigkeit, der Gedanke, nicht dazuzugehören. (Interessanterweise sind körperliche Gefühle immer kurzlebig, während unsere Vorstellungen von Schmerz immer zu bleiben scheinen.)
Doch wir vermeiden es, irgendetwas zu fühlen, weil man uns mehr oder weniger beigebracht hat, dass unsere Gefühle ein Eigenleben haben. Dass sie für immer bleiben werden, wenn wir ihnen auch nur die geringste Beachtung schenken.
Hast du jemals länger als ein paar Minuten Freude empfunden? Oder Wut? Nein? Wie sieht es mit Anspannung, Niedergeschlagenheit und Traurigkeit aus? Die haben länger angehalten, nicht wahr? Über Wochen, Monate, ja sogar über Jahre hinweg, richtig?
Das liegt daran, dass wir es hier nicht mit Gefühlen zu tun haben, sondern mit Symptomen. Doch wir werden gleich auf ihre Ursachen zu sprechen kommen.
Eines ist wichtig zu wissen: Leid stellt nur die Weigerung dar, zu akzeptieren, was ist. Mehr nicht. Etymologisch betrachtet stammt dieses Wort aus dem Lateinischen und bedeutet »aushalten, ertragen, betäuben«.
Heilung bedeutet also eigentlich nur, Gefühle zuzulassen.
Es heißt, Traumata und Peinlichkeiten und Verluste zutage zu fördern und die Emotionen zuzulassen, die du in dem Moment, in dem du die jeweilige Erfahrung gemacht hast, nicht empfinden konntest. Es bedeutet, das zu filtern und zu verarbeiten, was du damals unterdrücken musstest, um weitermachen, vielleicht sogar überleben zu können.
Wir haben Angst davor, dass unsere Gefühle zu mächtig sind, vor allem in dem Moment, in dem wir sie tatsächlich haben. Man hat uns beigebracht, nicht zu liebevoll zu sein, weil wir sonst verletzt werden könnten, nicht zu clever, weil wir sonst gemobbt werden könnten, und nicht zu ängstlich, weil wir dann verletzlich wären. Wir haben gelernt, uns in Bezug auf unsere Gefühle an die Wünsche anderer Menschen zu halten. Als Kinder wurden wir dafür bestraft, wenn wir laut aufschrien, weil unsere Eltern unsere emotionale Reaktion nicht für angemessen hielten. (Kein Wunder, dass unser Umgang mit Gefühlen so ist, wie er ist.)
Der Punkt ist, dass nicht du derjenige bist, der Angst vor zu starken Gefühlen hat. Es sind die Menschen, die dein Verhalten als verrückt und dramatisch und unecht bezeichnen. Die Leute, die nicht wissen, wie sie mit solchen Gefühlsäußerungen umgehen sollen. Diese Menschen sind es, die wollen, dass du weiterhin nichts fühlst, und nicht du selbst. Weißt du, woher ich das weiß?
Weil deine Gefühllosigkeit nicht bedeutet, dass du nichts fühlst. Sie bedeutet, dass du alles fühlst und nie gelernt hast, irgendetwas zu verarbeiten. Gefühllosigkeit ist nicht nichts; Gleichgültigkeit ist nichts. Gefühllosigkeit ist alles auf einmal.