13 Warzones of Cthulhu - Ralf Kor - E-Book

13 Warzones of Cthulhu E-Book

Ralf Kor

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Beschreibung

  Der Schleier ist zerrissen. Der träumende Cthulhu ist aus seinem äonenlangen Schlaf erwacht. Sein Erwachen kündet vom Eintreffen der Großen Alten, die sich die Welt untertan machen wollen. Ergibt sich die Menschheit ihrem Schicksal, oder setzt sie sich zur Wehr? Welche Schrecken brechen über uns herein? Was sagen die Anhänger Cthulhus zu seinem Erwachen? Alle erzählen hinter vorgehaltener Hand von dem unsäglichen Grauen, aber wir berichten, was passiert, wenn die Götter von den Sternen auf Erden wandeln.       INHALT     VORWORT – Erik R. Andara     SARAH – Detlef Klewer     DAS IST NICHT TOT, WAS EWIG LIEGT - M. H. Steinmetz     DIE BRUT DES STERNENGÖTZEN – Azrael ap Cwanderay     Die einzig wahre Geschichte über den Tod von Sherlock Holmes – Jürgen Höreth     UNTERWEGS INS KIRSCHTAL – Torsten Scheib     FRANKENSTEIN SQUAD – Thomas Williams     IM PESTHAUCH – Tobias Bachmann     DER MANN MEINER TRÄUME – Florian Krenn     ASCHE ZU ASCHE – Markus Kastenholz     HONIGSÜSSER FLUSS – Vincent Voss     DAS ERWACHEN – Doris E. M. Bulenda     Das ChamÄleon im Fluss der Zeit – Markus Heitkamp     DEVILS OF C-DAY – Ralf Kor    

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Ralf Kor, Azrael ap Cwanderay

13 Warzones of Cthulhu

BookRix GmbH & Co. KG81371 München

Intro

 

 

 

 

  

 

 

13

 

WARZONES

 

of

 

CTHULHU

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Vollständige Ausgabe 2020

Copyright © Hammer Boox, Bad Krozingen

Lektorat:

Hammer Boox, Bad Krozingen

Korrektorat: Doris Gapp

(Fehler sind völlig beabsichtigt und dürfen

ohne Aufpreis behalten werden)

Titelbild: Azrael ap Cwanderay

Satz und Layout: Hammer Boox

 

Copyright © der einzelnen Beiträge bei den Autoren

 

8 / 20 - 21

 

 

 

 

EINE BITTE:

 

Wie ihr vielleicht wisst, ist HAMMER BOOKS noch ein sehr junger Verlag.

Nicht nur deshalb freuen wir uns alle, wenn ihr uns wissen lasst, was ihr von diesem Roman haltet.

Schreibt eine Rezension, redet darüber,

fragt uns, wenn ihr etwas wissen wollt...

 

 

Vorwort - Erik R. Andara

 

 

 

 

Die falschen Sterne

wünsche ich uns

 

 

Mögen die Sterne für euch richtig stehen!

Dieser harmlose Wunsch, diese kleine Aufmerksamkeit, die Glück verheißen soll – in den Geschichten, die in diesem Buch vorliegen, ist das als Fluch zu begreifen!

Die richtige Sternenkonstellation, die den Träumern sonst den Weg in die Seligkeit weist, öffnet hier die Tore bloß ins Grauen, wo auf der anderen Seite der große Cthulhu in R’lyeh ruht.

Denn wenn die Sterne für die Großen Alten richtig stehen, finden sie durch alle Himmel, von Welt zu Welt, und dann finden sie auch zu uns, auf die Erde. Darum sollte wir uns fürs Folgende darauf einigen, dass es immer besser ist, wenn die Sterne falsch stehen – sehr, sehr falsch im Idealfalle; dass es besser ist, wenn wir wach und achtsam bleiben und uns nicht in Träumen ergehen, die nur Chaos und Wahnsinn verheißen.

 Und warum sollte man das auch wollen? Also dass die Sterne richtig stehen?

Warum sollte man wollen, dass dieses riesige fremde Wesen, diese titanische Mischung aus Oktopus, Drache und der Karikatur eines Menschen, das sich sogar noch schlafend in unsere Köpfe zu schleichen vermag, zu uns findet? Was beabsichtigen die hier versammelten Erzählerinnen und Erzähler damit, all diese Seiten mit dem Ruf nach dem großen Schläfer zu füllen?

Iä! Iä! Cthulhu fhtagn!, tönt es über die Zeilen und Absätze hinweg. Sind es Kultmitglieder geheimer Schläferzellen, die so fabulieren? Sind die hier versammelten Schriftsteller und Schriftstellerinnen in Wahrheit verrückte Kirchgänger, die nachts in den vergessenen Ruinen untergegangener Zivilisationen konspirativ danach dürsten, dass die Erde bloß das weitere Schlachtfeld eines Großen Alten wird? Oder sind sie Warnende? Mahnende Stimmen, die uns darauf vorbereiten, was passieren kann, wenn die Sterne dann doch einmal richtig stehen und sich der Große Träumer am Grund des Ozeans rührt.

Serienkiller, die es auf hochschwangere Frauen abgesehen haben. Ein Fetter, der die Welt beherrscht. Leichname, die zum Zwecke des Kanonenfutters wieder zusammengeflickt werden. Kunstwerke, die horrende Reliquien bergen. Eine misshandelte Frau, die den Samen des wahnsinnbringenden Königsbruder nach Carcosa trägt.

In jeder Geschichte eine andere Form von unheiliger Anarchie. Mehr Grauen! Und Krieg! Soviel Krieg! Gemetzel, Vernichtung, Verfall und ein wahres Meer aus Blut – diese Geschichten dürsten nach mehr Toten, als man zählen kann.

Iä! Iä! Fhtagn! Nehmt euch in acht, wenn die Sterne richtig stehen, rufen die hier versammelten Stimmen. Jede Geschichte ein anderes Schreckensszenario, ein anderes Kriegsgebiet, ein anderer Albtraum, dem Kopf eines schlafenden Gottes entsprungen, der von physikalischen Gesetzen träumt, die für uns keinen Sinn machen. Der nur darauf wartet, dass die Sterne endlich richtig stehen.

Ein allmächtiges, pervertiertes Wesen, das nicht beschrieben werden kann. Ein stolpernder Berg, die klebrige Ausgeburt der Sterne, mit einem gallertartigen Tentakelkopf, so riesig, dass er die Sonne verdunkelt. Am Rücken zerrissene Schwingen, mit denen er Galaxien auslöscht.

Nehmt euch in acht, sie sind vielleicht schon unter uns, die Anhänger dieser absurden göttlichen Emergenz, die gemeinsam mit ihrer unheiligen Familie vor Äonen aus der Leere zwischen den Sternen gekrochen kam und seitdem im Krieg gegen alle Mächte des Universums gelegen hat. Sie raunen uns ins Ohr, die Priester des Untergangs. Hoffnungslos! Alles hoffnungslos! Warum also dagegen wehren? Nicht einmal die urältesten Götter dieses Universums konnten die Großen Alten endgültig besiegen. Denn wie tötet man etwas, das niemals lebte? Und welche Hoffnung dürfen wir, die wir sterblich sind – aus bloßem Fleisch und Blut – uns dann auf dem Schlachtfeld ausmalen? Am besten ist es, uns einfach hinzugeben, in den schwarzen Chor einzustimmen, uns vom großen Cthulhu zu wünschen, dass er uns ein schnelles und schmerzloses Ende bereite, während er die Häretiker so sehr leiden lässt, wie niemals zuvor Menschen gelitten haben.

Darum noch einmal: Iä! Iä! Fhtagn! Nehmt euch in acht, wenn die Sterne richtig stehen.

Klammert euch an euren gesunden Verstand in den Geschichten voran. Wenn ihr die hier geschilderten Schreckensszenarien zu Gesicht bekommt, die bodenlosen Grotesken, die ein erwachender Cthulhu mit sich bringt, denkt daran, dass es immer klüger ist, sich zu wünschen, die Sterne stehen falsch. Erinnert euch daran, wenn euch das nächste Mal der Spruch als Glücksbotschaft über die Lippen kommt: Der älteste Träumer liegt und schläft und wartet nur darauf, seinen Weg in unsere Welt gezeigt zu bekommen.

Und nun seht euch an, was passieren kann, wenn die Sterne richtig stehen. Lernt, wie viel namenslosen Schrecken das mit sich bringt, bezeugt die abscheulichen Schicksale, die der Menschheit angedeihen, wenn sie sich anmaßt, gegen Cthulhu in den Krieg zu ziehen …

 

Erik R. Andara

Wien, 8. Oktober 2020

 

 

 

 

 

 

 

Inhaltsverzeichnis

 

 

 

Der Schleier ist zerrissen.

Der träumende Cthulhu ist aus seinem äonenlangen Schaf erwacht.

Sein Erwachen kündet vom Eintreffen der Großen Alten, die sich die Welt untertan machen wollen.

Ergibt sich die Menschheit ihrem Schicksal, oder setzt sie sich zur Wehr?

Welche Schrecken brechen über uns herein? Was sagen die Anhänger Cthulhus zu seinem Erwachen?

Alle erzählen hinter vorgehaltener Hand von dem unsäglichen Grauen, aber wir berichten, was passiert, wenn die Götter von den Sternen auf Erden wandeln.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

INHALT

 

 

VORWORT – Erik R. Andara

 

 

SARAH – Detlef Klewer

 

 

DAS IST NICHT TOT, WAS EWIG LIEGT –

H. Steinmetz

 

 

DIE BRUT DES STERNENGÖTZEN –

Azrael ap Cwanderay

 

 

Die einzig wahre Geschichte über den Tod von Sherlock Holmes –

Jürgen Höreth

 

 

UNTERWEGS INS KIRSCHTAL – Torsten Scheib

 

 

FRANKENSTEIN SQUAD – Thomas Williams

 

 

IM PESTHAUCH – Tobias Bachmann

 

 

DER MANN MEINER TRÄUME –

Florian Krenn

 

 

ASCHE ZU ASCHE – Markus Kastenholz

 

 

HONIGSÜSSER FLUSS – Vincent Voss

 

 

DAS ERWACHEN – Doris E. M. Bulenda

 

 

Das ChamÄleon im Fluss der Zeit –

Markus Heitkamp

 

 

DEVILS OF C-DAY –

Ralf Kor

 

 

 

SARAH - Detlef Klewer

 

»Feindkontakt in fünfundvierzig Minuten.« Die blecherne Frauenstimme, die in regelmäßigen Abständen von fünf Minuten den zeitlichen Abstand vom Kampfeinsatz verkündete, sorgte jedes Mal für leichte Unruhe unter den Neulingen. Die kampferfahrenen Veteranen nahmen das mit einer Mischung aus Amüsement und Besorgnis zur Kenntnis.

Das Kriegsschiff, in früheren Zeiten eine waffenstarrende Machtdemonstration, durchpflügte langsam, nahezu träge die schäumenden Wellenberge. Welche Überlegungen auch immer die Erbauer dieses gigantischen Schlachtschiffs einst angestellt haben mochten, im Angesicht dieser nicht menschlichen Bedrohung stellten sie reine Makulatur dar. Dieser Gegner ließ sich nicht einschüchtern. Vermutlich wusste er nicht einmal um die Bedeutung dieses Terminus.

Brian Dyer beobachtete Svetlana Gladkov, deren Pausbacken der vorausgegangene Drill nicht hatte schwinden lassen. Die junge Frau aus Minsk zuckte jedes Mal zusammen, wenn die Ansage ertönte.

Hart stieß Lucio, der Spanier mit dem italienischen Namen, den Ellbogen in Brians Seite, der nur mittels rascher Rückwärtsbewegung einem Milzriss entging, und drückte ihm einen zerkratzten Flachmann in die Hand.

»Hier. Los, trink«, brummte der Veteran mit jener rauen Stimme, die ein Leben mit reichlichem Alkoholgenuss dokumentierte.

»Hilft nervöses Augenzucken zu unterdrücken, das beim Zielen stört.«

Dankbar nickte Brian und nahm einen tiefen Schluck. Das Zeug brannte unangenehm in seiner Kehle, und er hegte Zweifel, ob der Fusel, den das Organisationstalent Lucio kurz vor dem Auslaufen irgendwo auf dem Stützpunkt aufgetrieben hatte, legal destilliert worden war. Gott allein mochte wissen, welche Zutaten sich in diesem Teufelsgebräu befanden – möglicherweise nicht einmal Gott.

Aber sobald die ätzende Flüssigkeit seine Speiseröhre passiert hatte, durchflutete sie sein Inneres mit wohltuender Wärme, beruhigte seinen vor Anspannung zitternden Körper und sorgte außerdem dafür, dass die blutigen Fantasien seines Kopfkinos über die bevorstehende Schlacht erträglicher wurden. Die verschwommenen Bilder ihrer Gegner, die man ihnen während der Einsatzbesprechung gezeigt hatte – eine Art weichgezeichneter Wahnsinn – gaben nicht eben Anlass zu Optimismus.

»Danke«, raunte er Lucio zu und reichte die Flasche zurück. Leichte Euphorie erfasste ihn, während er schuldbewusst einen vorsichtigen Seitenblick auf Gunsergeant McTaylor warf. Bei seiner ersten Begegnung mit ihm hatte Brian unweigerlich nach einer Narbe auf dem kahlgeschorenen Schädel des Ausbilders gesucht, denn es erschien ihm offensichtlich, dass McTaylor sich jeglichen Sinn für Humor chirurgisch hatte entfernen lassen. Aber der stets bärbeißige und schlecht gelaunte Sergeant, der Brian und dessen Leidensgefährten während der letzten Woche durch ihre persönliche Hölle geschickt hatte, wusste anscheinend nur zu genau um die derzeitige Befindlichkeit seiner Kämpfer. Zum ersten Mal sah er nun über die Vorschriften hinweg, die striktes Alkoholverbot vor Kampfeinsätzen forderten. Stattdessen richtete er nun mit fester Stimme das Wort an seine Einsatztruppe: »Soldaten, wir sind die letzte Verteidigungslinie. Das einzig verbliebene Bollwerk, das den Feind daran hindern kann, sich unseren Planeten einzuverleiben und alles menschliche Leben auszulöschen.«

Brian fragte sich, von welchem menschlichen Leben McTaylor da sprach. Dem lächerlich wenigen noch übriggebliebenen? Erdbeben hatten nahezu alle Monumente menschlicher Architektur zum Einsturz gebracht, während Flutwellen die Küsten bis weit ins Landesinnere verwüsteten und ganze Städte mitsamt ihren Bewohnern verschluckten. Seitdem ihr jetziger Zielort – diese Insel, genannt R´lyeh – unvermittelt aus den Fluten emporstieg, war nichts mehr wie zuvor. Die Menschheit stand am … nein, hing über dem Abgrund.

»Feindkontakt in vierzig Minuten.« Gladkov zuckte wieder zusammen.

 

 

Tiefe Narben des vorangegangenen Bombardements der Schiffsartillerie überzogen die unter dem dichten Nebeldach sichtbare Landschaft des Eilandes. Aufgerissen durch zahllose Granateneinschläge, durchpflügt von über sie hinwegrasenden gepanzerten Landungsfahrzeugen – und getränkt von dem Blut so vieler Gefallener.

Gleich Gebeinen eines erlegten Dinosauriers ragten schwarz versengte Stahlträger zerstörter Landungsschiffe in einiger Entfernung in den nun schwefelgelben Himmel. Wider Brians Erwarten war es den wenigen Überlebenden in ihrer Verzweiflung gelungen, einen Brückenkopf zu bilden und den zeitweiligen Rückzug der mit tödlichen Tentakeln ausgestatteten riesigen Monstrositäten zu erzwingen. Ein Pyrrhussieg gegen die bizarren Kampftruppen einer mächtigen Wesenheit, die hier auf der Insel vermutet wurde. Irgendwo im Zentrum.

Die erste Kampfhandlung – und er hatte überlebt! Diese Kreaturen waren also nicht unbesiegbar. In Erinnerung an das vorangegangene allgegenwärtige Sterben und die Tatsache, dass die nun eingetretene Atempause nur kurze Zeit währen würde, ließ ein unkontrollierbares Zittern seinen Körper erbeben. Nun übertönte die Stimme des Gunsergeants das Stöhnen der Verwundeten, doch Brian hörte ihn kaum, denn die Detonationen der Granaten beeinträchtigten immer noch sein Hörvermögen.

»Dies ist Krieg. Weder Ruhm, noch Ehre erwarten euch, einzig die Aussicht auf einen schnellen Tod.«

Hatte McTaylor das wirklich gesagt? Vielleicht ja, vielleicht nein. Nur allmählich ebbte das Pfeifen in Brians Ohren ab.

Ein irrsinniges Gemetzel, dachte er. Aber erwartete er tatsächlich etwas anderes seit den Nachrichten über das Auftauchen dieser fremdartigen Tentakelwesen? Nun war er aus eigener Entscheidung Soldat – und seine Pflicht bestand darin, diese Monster zu töten.

Der nächste Angriff stand unmittelbar bevor. Weitere Sturmboote befanden sich in Ufernähe, und sobald neue Kämpfer ihren Trupp verstärkt haben würden, startete eine weitere Offensive.

»Wir sind am Arsch, Dyer.« Der redselige Gonzales, auf dessen zerfurchter Stirn eine lange Narbe von Kampferfahrung zeugte, spuckte aus. »Nach jedem Einsatz kehrt vielleicht nur die Hälfte zurück. Manchmal weniger. Aber diesmal, gegen diese verdammten Biester, sind wir eindeutig am Arsch. Und vielleicht ist das sogar die beste Lösung für uns alle.«

»Halt dein Maul, Gonzales!«, fuhr Drillsergeant Cobaine dazwischen. »Solches Gerede ist Subordination. Wenn ich dich noch einmal so reden höre, dann treffen wir uns vor dem Kriegsgericht wieder. Falls es später noch eines gibt.«

»Vorausgesetzt, du Analfistel überlebst das nächste Gefecht«, brummte Gonzales, für Cobaine unhörbar leise. Dann schwieg er vorsichtshalber – nur für den Fall, dass der Sergeant doch überleben sollte. Und er auch.

Cobaine richtete sich zu voller Größe auf und stemmte die Fäuste in die Hüften.

»Damit das klar ist, Leute – wir sind nicht wegen des guten Wetters oder der schönen Aussicht hier, sondern um zu kämpfen und zu siegen! Oder eben zu sterben. Für unsere Familien und die Zukunft der Erde.«

Brian nickte grimmig und dachte an den Tag, als er gestorben war. Nur ein Kurzurlaub an der Cote d'Azur. Eng umschlungen auf einem winzigen Bett in einer kleinen Pension ohne Klimaanlage trotzten sie beide der Mittagshitze, als plötzlich unter ihnen der Erdboden nachgab. Ohne jegliche Vorwarnung öffnete sich gleich klaffend aufgerissenen Riesenkiefern ein schwarzer Abgrund, ließ ihre Liegestatt rutschen und mit ihr … seine Sarah!

Er achtete weder auf brechendes Holz, noch berstende Ziegel, sondern packte ihre Hand, um sie vor dem gierigen Schlund zu retten … doch ein herabfallender Stein brach seinen Oberarm, löste den Griff seiner Finger und ließ ihn hilflos mit ansehen, wie die Liebe seines Lebens in die Tiefe stürzte.

An diesem Tag endete sein Leben. Mit einem letzten Blick in vor Verzweiflung aufgerissene Augen und Sarahs Körper, der in der Schwärze einer Erdspalte verschwand, ohne eine Spur zu hinterlassen … nur diese schmerzende Brandspur in seinem Herzen.

Brian wischte eine Träne aus dem Augenwinkel und schüttelte benommen den Kopf, um die ihn seitdem unnachgiebig verfolgenden Bilder zu verscheuchen. Wie Vergeltung finden für diesen ihn zerfleischenden, unendlichen Schmerz? Dann senkte er den Blick und strich mit der Hand zärtlich über seinen Rucksack. Vielleicht befand sich darin … die Antwort.

Die Männer wechselten einen letzten Blick. McTaylors Miene blieb unergründlich. Doch er nickte ihm zu.

Nun war die Verstärkung gelandet. Die nächste Attacke stand somit unmittelbar bevor. Keine Zeit mehr zu grübeln, sondern Zeit zu handeln – und möglichst zu überleben. Bis er seine Mission erfüllen konnte. Brian atmete tief durch, griff nach seinem Gewehr, schulterte den Rucksack und setzte den Helm auf.

Rechts neben ihm erschien ein fremdes Gesicht, umrahmt von rotem Haar, vermutlich eine der Neuankömmlinge. Die Neue hielt ihre Waffe wie einen Fremdkörper. Brian schaute sie an und hob grüßend die Hand.

»He, ich bin Brian«, flüsterte er ihr zu. Sie schien gleichsam aus einer Trance zu erwachen und blickte ihn verwirrt an. Dann lächelte sie. Brian erschien es wie das unheilvolle Grinsen eines Totenschädels.

»Asenath.«

Brian nickte ihr zu und hielt sein Gewehr im Anschlag. Gonzales zu seiner Linken strich über seine Narbe, grinste ihn an und hob den Daumen.

»Halt dich aus meiner Reichweite, Dyer. Du bringst mir Unglück.«

Granaten zischten über ihre Stellung hinweg. In einiger Entfernung ließen Detonationen den Boden erbeben. Orangerote Explosionsfeuer entflammten den Horizont. Brian hoffte, dass die Kanoniere diesmal besser zielten und dafür sorgten, dass die mit Fangarmen bewehrten Kreaturen ihre Alienschädel zumindest zu Beginn der ersten Angriffswelle unten hielten – andernfalls würde auch diese Offensive in einem Fiasko enden.

»Okay, geht wohl gleich los …«, erklärte Brian und hob fragend eine Augenbraue.

Ehe Gonzales etwas erwidern konnte, ertönte bereits das Angriffssignal. Überzeugt, dass nichts sie aufzuhalten vermochte, stürzten die Soldaten aus ihren Stellungen, die Waffen im Anschlag. Voranstürmend feuerten sie die Magazine leer, warfen sich zu Boden, schoben Ersatzmagazine ein – sprangen auf und rannten weiter. Wie im Training.

Um dem Feind möglichst wenig Angriffsfläche zu bieten, hastete Brian permanent feuernd leicht gebückt voran. Neben ihm fluchte Gonzales ununterbrochen. Im nächsten Augenblick riss ihm ein plötzlich auftauchender Tentakel den halben Schädel weg. Seine Beine trugen ihn noch einige Meter weiter, bis das fehlende Gehirn sie nicht mehr mit Bewegungsimpulsen versorgte. Schlagartig stellten Gonzales‘ Gliedmaßen ihren Dienst ein, sein Körper stürzte schwer zu Boden. Das Sterben begann.

Schmetternde Explosionen … gellende Schreie … schmerzerfülltes Stöhnen.

Brians olfaktorischer Sinn schien derartig geschärft, dass er den allgegenwärtigen metallischen Blutgeruch, sowie die ausgeschwitzte Angst überdeutlich wahrnahm. Das grauenvolle Geräusch eines aufbrechenden Körpers drang an sein Ohr, so laut, dass sein Trommelfell vibrierte.

Ohne seine Geschwindigkeit zu drosseln, eilte er weiter und feuerte dabei ununterbrochen. Ein blauer Blitz blendete ihn. Vor ihm wurde ein Soldat gleich einer zerbrochenen Gliederpuppe in die Luft geworfen – ein unmissverständliches Zeichen für den Beginn der Gegenoffensive des Sternengezüchts.

Der Getroffene – eine stöhnende Masse zerfetzten Fleisches – war noch nicht tot. Asenath war stehengeblieben und blickte wie erstarrt auf den Sterbenden mit den hervorquellenden Eingeweiden.

»Weiter, Asenath!«, brüllte Brian. »Stehend bist du ein sicheres Ziel!«

Bis sich die Neue wieder taumelnd vorwärts bewegte, verlangsamte sich sein Schritt. Sekunden später starrte er in das entsetzte Gesicht von Svetlana Gladkov, als ihr abgetrennter Kopf wie in Zeitlupe an ihm vorüber flog.

Auch diese Offensive wird scheitern, schoss es ihm durch den Kopf. Die Stadt erwies sich einfach als uneinnehmbar.

Brian warf sich hinter die nächstbeste Deckung, die das flache Gelände bot – eine Anhäufung von Steinen, die auf Dauer wenig Schutz bieten würde. Erleichtert registrierte er, dass Asenath es ihm gleichtat. Zeit, sich einen Überblick zu verschaffen. Dazu musste er sich allerdings aus dem Schutz der Gesteinsbrocken erheben.

»Asenath«, zischte er gepresst. »Feuerschutz!«

Die Rothaarige nickte, brachte ihr Gewehr in Stellung und begann zu feuern. Brian hob seinen behelmten Kopf vorsichtig über seine Deckung. Abrupt verstummte das Geräusch der Garben neben ihm.

»Deckung!«, brüllte Asenath und schlug wild gegen ihre Waffe. »Ladehemmung!«

Doch es war schon zu spät, um zu reagieren. Direkt neben Brian schlug ein gewaltiger Greifarm zu und pulverisierte den Stein. Etwas stürzte auf ihn und riss ihn um. Hart prallte er auf den Boden. Eine Schrecksekunde lang erwartete er die Schmerzen des nahenden Todes, die Agonie des Versagens – doch sie kamen nicht. Er war nicht verletzt, nur atemlos durch den Aufprall.

Dann dämmerte ihm die Erkenntnis: Der Tentakel hatte nicht seinen, sondern den Körper durchschlagen, der ihn zuvor zu Boden riss. Mühsam wälzte er sich herum.

»Asenath!«

Die Rekrutin lächelte schwach. »Tritt ihnen in ihre schleimigen Ärsche ...« Dann lag sie still, während ein dünner Blutfaden aus ihrem Mundwinkel rann.

Brian fluchte leise, raffte sich auf und kroch weiter. Die mordlustige Kreatur hatte sich anderen Soldaten zugewandt, die wild feuernd um ihr Leben kämpften.

Vielleicht ist das meine Chance, dachte er und robbte unermüdlich voran. Hinein in den Nebel, der es den Aufklärungsdrohen unmöglich gemacht hatte, präzise Bilder zu schießen. In Bodennähe stellte er sich zwar immer noch als beklemmend, aber bei weitem nicht mehr als so undurchdringlich dar.

Er schauderte bei dem Gedanken, dass diese hell wabernde Masse die Verantwortung dafür trug, dass sämtliche zuvor abgefeuerten Atomraketen ihr Ziel verfehlten und nunmehr als im Meer versunkene, tickende Zeitbomben die Insel umlagerten. Wissenschaftlich unmöglich … und doch ...

In der Felswand vor ihm, deren unsichtbare Spitze eine gewaltige Nebelwand verbarg, wand sich eine mächtige Steintreppe empor. Zunächst steil in die Höhe führend, flachte sie dann ab, zerteilte das massive Gestein und veränderte sich zu einer Art gewundenem Pfad zwischen den Steilhängen. Schließlich schraubten die Stufen sich wieder gen Himmel hinauf.

Je weiter er kam, umso mehr ebbte der Kampflärm hinter ihm ab. Brian vernahm ihn nur noch als dumpfes Hintergrundgeräusch.

Endlose Treppenstufen lagen nun vor ihm. Kein sichtbares Ziel vor Augen, zeigte auch der Blick zurück, nur Fels … und wabernden Nebel. Mit entschlossen zusammengebissenen Zähnen zwang er sich, einen Schritt nach dem anderen auf diesen steilen Weg zu lenken, dabei an nichts anderes zu denken als die jeweils nächste steinerne Stufe.

Und noch eine. Und dann noch eine. Endlos.

Seine Beine zitterten vor Anstrengung und drohten zunehmend, ihm ihren Dienst zu versagen. Immer häufiger sah er sich zu einer Ruhepause gezwungen, um Atem zu schöpfen.

Dann – endlich – teilte sich der Nebel vor ihm, und er erblickte sie – die Stadt.

Atemberaubend, gigantisch, uralt und bizarr.

R’lyeh …

Brian starrte auf ein unendliches Gewirr von Säulen, Kuppeln und Türmen. Treppen, die in ein Nirgendwo zu führen schienen. Riesige Öffnungen, die keinem erkennbaren Zweck dienten. All dies überragt von einer futuristischen Ansammlung schmal und steil in den Himmel wachsender fensterloser Quader, verbunden durch brückenähnliche Zwischengänge. Auf dem höchsten dieser Quader thronte eine Skulptur, ähnlich einem geflügelten Totenschädel mit grotesk verzerrten Proportionen.

Im Zwischenraum zweier durch graugrüne Schlingpflanzen überwucherte Kuppelbauten bot sich seinem Blick etwas, das an eine Art antiker Tempelanlage gemahnte, zu der wiederum ein breiter steinerner Treppenaufgang strebte. Seltsamerweise führten dessen Stufen zu vier kaum mannshohen Eingängen, während über ihnen vier Öffnungen von mindestens dreifacher Größe gähnten.

Auf dem fremdartigen Gebäude befand sich ein ebenso kurioser Aufbau, der wie eine überdimensionale, lang gezogene Schachtel mit quadratischer Öffnung wirkte. Die dort beginnenden Stufen verschwanden in lauernden Schatten.

Obwohl alles verlassen schien, keimte in Brian die höchst beunruhigende Empfindung, als beobachteten ihn unsichtbare Augen aus der undurchdringlichen Finsternis im Inneren des langen Aufbaus. Lauerten dort weitere Ungeheuer, die nur darauf warteten, ihn in Stücke zu reißen?

Riesige Säulen fassten die gesamte Anlage ein. Auf der Stirnseite prangte ein Relief, das entfernt an das Haupt der Medusa erinnerte, ein Kopf umrahmt von unzähligen, sich windenden Tentakeln.

Daneben erhob sich ein massiver Quader, scheinbar ohne jegliche Öffnung oder Eingang. Lediglich eine dort angebrachte und wie aufgesetzt wirkende Steinplatte bot den Anschein einer zwar ähnlich kunstvollen, gleichzeitig aber beängstigenden Bildhauerarbeit.

Zwischen diesen titanischen Blöcken und Bauten erkannte Brian einen weiteren Aufgang – nahezu gänzlich von monströsen Pflanzen mit ungesund erscheinender Farbe überwuchert. Offenbar markierte dieser Aufstieg den Weg zu der steinernen Zitadelle, die diese seltsame Stadt überragte.

In diesem Moment fragte sich Brian, was wohl der Professor zu diesem Anblick sagen würde. Dieser hagere Mann mit der Nerdbrille, der während der Einsatzbesprechung mit leicht irre wirkendem Augenausdruck über die Gruppe der Kämpfer in spe geblickt hatte.

 

 

»Mein Name ist Professor Winslow Leach. Ich erzähle Ihnen, was wir in Erfahrung bringen konnten und Sie für ihre Mission wissen müssen.« Er räusperte sich. »Vor vier Wochen … tauchte eine Insel aus dem Meer auf.«

»Atlantis?« Der schwache Versuch eines Scherzbolds. Aber niemand lachte. Der Professor verdrehte genervt die Augen, eine scharfe Erwiderung auf den Lippen. Dann zuckte er lediglich resigniert die Achseln.

»Das wäre sicher besser gewesen. Aber nach unserem bisherigen Kenntnisstand handelt es sich um R’lyeh. Ein mythisches Reich, in dem laut Legende fremdartige Kreaturen leben sollen.«

»Fremdartige Kreaturen … etwa Frauen?« Der Zwischenrufer gab nicht auf, doch der nachdrücklich gezischte Befehl eines ranghöheren Offiziers ließ ihn verstummen.

»Darf ich fortfahren?«, fragte Professor Leach gefährlich leise.

Niemand widersprach.

»Wir konnten nicht herausfinden, welcher Zusammenhang zwischen den eingetretenen Wetterphänomenen und dem Auftauchen dieser Insel besteht. Aber die zeitliche Kongruenz ihres Erscheinens legt nahe, dass er existiert. Der Versuch, Luftaufnahmen dieses Eilands anzufertigen, scheiterte an der Nebelkuppel, die es wie eine Glocke überdacht. Entsandte Kriegsschiffe und U-Boote wurden von einer unbekannten Macht angegriffen und zerstört. Oder der Funkkontakt riss abrupt ab. Lediglich ein paar verschwommene Aufnahmen erreichten uns über die zusammenbrechenden Kommunikationsverbindungen.«

Er wandte sich um. Hinter ihm projizierte ein Beamer unscharfe Ablichtungen auf eine Leinwand.

Was zunächst wie die vage Abbildung eines Oktopoden in Bewegung wirkte – eingefangen von der Linse einer billigen Kamera – erzeugte bei näherer Betrachtung einen unerklärbaren Schauder. Fangarme, eine Art schuppiger Körper … nichts, was sich nicht auch in einem Wasserbecken der Sea World in Orlando oder San Diego finden ließe. Und doch … es war der allgemeine Umriss des Ganzen, der die Kreatur bestürzend scheußlich erscheinen ließ – und gleichzeitig eine unbewusste Urangst weckte … archaisch, unerklärlich, verstörend. Unfassbar, dass eine solche Abbildung mit kaum erkennbaren Details eine derartige Empfindung auszulösen vermochte!

Trotz dieses aufwühlenden Eindrucks versuchte Brian sich möglichst umgehend wieder auf die Worte des Professors zu konzentrieren.

»Bereits aus den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts existieren erste Hinweise auf eine im Meer versunkene Insel. Es gibt Aufzeichnungen eines Professor Angell mit dem Titel Kult des Cthulhu. Was im Übrigen der Name der auf diesem Eiland lebenden Kreatur sein soll. Die genauen Aufzeichnungen finden Sie in den Infodateien, die wir Ihnen zusammengestellt haben.«

Offenbar kannte der Professor die seltsam beängstigende Wirkung des Bildes und schaltete den Beamer aus.

»Wir haben noch weitere Berichte, die Sie ebenfalls in den Unterlagen finden. All diese Erkenntnisse laufen nun darauf hinaus, dass es auf dieser geheimnisvollen Insel tatsächlich etwas gibt, das man als unbekannte Lebensform bezeichnen könnte. Ob außerirdischen oder irdischen Ursprungs spielt dabei keine Rolle. Fest steht, dass es eine immense Bedrohung für die Existenz der Menschheit darstellt und wir diejenigen sind, die diese Bedrohung eliminieren müssen. Ich persönlich vermute, dass wir es tatsächlich mit jenem Wesen namens Cthulhu zu tun haben. Eine kosmische Kreatur, die jahrhundertelang schlafend in den Tiefen des Ozeans ruhte – aber nun erweckt wurde. Beschützt von einer Dienerrasse, die in Überlieferungen Sternengezücht genannt wird. Eben jenen Wesen, die auf dem Foto zu sehen sind, das uns allen bei der Betrachtung erhebliches Unbehagen bereitet.«

 

 

Alle Vermutungen treffen zu, dachte Brian rückblickend, folgte gleichzeitig den Stufen und schritt durch Stadtviertel, deren Bauten wie organisch gewachsen wirkten. Gekrönt von bedrohlichen Verzierungen, die an Klauen oder Krallen erinnerten. Andere Bauten präsentierten sich rund, mit kugeligen Ausbuchtungen statt Fenstern, auf denen sich eingemeißelte Abbilder menschenähnlicher Kreaturen befanden, deren grausige Gesichtszüge sich zu absonderlichen Fratzen verzerrten.

Wieder andere der Gebilde bestanden lediglich aus überdachten Säulen, durch die schaurig heulend ein stetiger Wind blies. Insgesamt erweckte es den Eindruck einer kosmopolitischen Metropole, in der sich scheinbar sämtliche Schreckensgestalten des Universums versammelten. Überall herrschte die bedrückende Atmosphäre sichtbaren Verfalls.

All diese Gebäude oder fremdartige Konstrukte, die er jetzt wie betäubt durchwanderte, schienen unbewohnt. Ein Umstand, für den er äußerst dankbar war, denn nur unter dieser Voraussetzung gab es überhaupt auch nur den Hauch einer Chance zur Erfüllung seiner Mission.

Endlich erreichte er einen riesigen Platz, offenbar das Zentrum dieser Kumulation höchst seltsamer Architektur, und sah nun, dass diese riesige und majestätisch über der Stadt thronende Zitadelle tatsächlich aus einem einzigen Steinquader bestand. So makellos glatt, als sei er von den Göttern des Windes geschliffen und poliert worden. Steil wuchsen unendlich lange, schlanke Türme aus diesem gewaltigen Block empor. Ihre Spitzen verschwanden inmitten der Nebelwolken des düsteren Himmels, so als stünden sie dort, im Unsichtbaren, in unheilvoller Verbindung zu einem noch höher gelegenen Ort.

Vor Brian befand sich die einzige Öffnung zum Inneren dieses Bauwerks: ein mindestens zehn Meter hohes Portal, dessen Außenfläche ebenso ein grausiges Medusenhaupt mit einem einzigen blinden Auge zierte. Langsam näherte er sich dem riesigen, massiven Tor und entdeckte, dass es einen schmalen Spalt offen stand – gerade breit genug, um hineinzuschlüpfen.

Höchst vorsichtig und mit wild schlagendem Herzen wagte er sich in das Innere.

Der Quader entpuppte sich innen als gewaltiges Gewölbe, dessen Türme gleich hohlen Hörnern aus der Hallendecke in unendliche Höhen strebten. Ohne jeglichen erkennbaren Sinn – stumme Zeugen einer gänzlich fremdartigen Architektur.

Der Boden des weiten Raumes verjüngte sich allmählich zu einer Plattform mit einer Art Felsenthron an deren Ende. Über den Rand der Plattform hinaus erblickte Brian eine spiegelglatte Wasserfläche.

Doch trotz der trügerischen Stille wusste er instinktiv: diese friedlich erscheinende Oberfläche täuschte – unter ihr verborgen lauerte namenlos Schreckliches, das jeden Moment hervorbrechen konnte.

Und tatsächlich! Die bislang so ruhige Wasserfläche begann zu brodeln.

Was auch immer es sein mochte, das dort jetzt seinen Weg aus dem trüben Gewässer an die Oberfläche suchte – Brian wollte ihm ganz bestimmt nicht begegnen! Doch vor Grauen wie paralysiert, starrte er, gleich dem Kaninchen auf die Schlange, auf das monströse Gebilde, das dort allmählich auftauchte.

Es ähnelte gleichsam einer gigantischen Kreuzung zwischen Krake und Qualle. Zahllose Tentakel schossen aus dem Gebilde hervor, das ihn – den Eindringling – aus zahlreichen gelben oder roten Augen fixierte, während seine Furcht nun eine neue Dimension erreichte.

Dann streckten sich mehrere Exemplare der schlangenartigen Gliedmaßen blitzschnell gezielt in Brians Richtung, umschlangen seinen Körper – und rissen ihn von der Plattform. Eine Kralle an einem grotesk verformten Arm packte ihn fest, während sich ein schleimiger Tentakel in seinen zum Entsetzensschrei geöffneten Mund schob.

Gegen dieses riesige Wasserwesen bestand keine Chance zur Gegenwehr.

Etwas riss in seinem Inneren.

Dieses Monstrum aus den Alpträumen eines Wahnsinnigen tötete ihn … Cthulhu …

Er fiel.

Schwer schlug er auf dem Boden auf, wälzte sich schmerzgepeinigt mühsam auf die Seite. Der Rucksack drückte hart gegen seinen Rücken. Schwerfällig zog er mit zitternder Hand einen kleinen Kasten aus seiner Tasche und drückte einen Knopf. Leises Summen signalisierte ihm, dass der Countdown begonnen hatte.

Brian schaute zu den unendlichen Höhen der Türme empor. Er würde sterben. Das war alles, was ihm blieb. Seine Eingeweide ließen sich nicht mehr zurückstopfen. Das Atmen fiel ihm zunehmend schwerer.

Ob er die Menschheit gerettet hatte? Oder nicht? Er würde es nie erfahren.

Dafür aber: Stille. Dunkelheit. Frieden.

Und wenn die Gläubigen dieser Welt recht behalten sollten … würde er seine Sarah wiedersehen. Brian lächelte.

Es werde Licht, dachte er.

Dann zündete die Bombe.