Menetekel des letzten
Tages: Thriller
Roman von Pete Hackett und Alfred Bekker
Nach einem Exposé von Alfred Bekker
Roland Hauser ist geschockt, sein Chef, der Geologe Professor
Bewerungen, wurde ermordet – und mit ihm ein Kollege. Als dann ein
Mordanschlag auf Hauser stattfindet und weitere Kollegen tot
aufgefunden werden, wird er unter Polizeischutz gestellt. In die
Ermittlungen mischt sich dann die Gerichtsreporterin Jessica
Mangold ein, und plötzlich sind noch mehr Menschenleben in
Gefahr.
Copyright
Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books,
Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press,
Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition,
Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints
von
Alfred Bekker
© Roman by Authors
© Exposé Alfred Bekker
© dieser Ausgabe 2022 by AlfredBekker/CassiopeiaPress,
Lengerich/Westfalen
Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich
lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und
nicht beabsichtigt.
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Alles rund um Belletristik!
1
„Guten Morgen!”
Professor Bewerungen betrat das Büro, in dem Roland Hauser vor
seinem Computer saß. Das Bild auf dem Monitor zeigte eine Reihe
geologischer Formeln. „Wie kommen Sie voran, Herr Hauser?“
„Nun…”
„Was soll das heißen?”
„Ich habe die neuesten Erkenntnisse noch nicht völlig
auswerten können, Herr Professor“, antwortete der
einunddreißigjährige Roland Hauser.
„Hört sich nicht so anm, wie ich erhofft hatte!”
„Aber ich werde ranklotzen, sodass ich Ihnen die Ergebnisse
bis zum Feierabend übermitteln kann.“
„Gut.”
„Ich hoffe, das reicht noch.”
Der Professor lächelte. „Es ist nicht so wichtig. Wenn ich die
Ergebnisse heute nicht bekomme, dann eben morgen.“ Er forschte
kurze Zeit in Rolands Gesicht, dann fragte er: „Was ist denn los
mit Ihnen, Herr Hauser? Sie sehen krank aus. Geht es Ihnen nicht
gut?“
„Ich fühle mich in der Tat ziemlich elend, Herr Professor.
Seit dem Mittagessen. Ich möchte fast sagen, mir geht es
hundeelend.“
Rolands Gesicht war in der Tat bleich bis in die Lippen, die
Augenhöhlen schienen tiefer zu sein als sonst, die Augen glänzten
fiebrig.
„Das gefällt mir nicht“, gab der Professor zu verstehen.
„Gehen Sie heim und legen Sie sich nieder, Herr Hauser. Und sollte
sich Ihr Zustand nicht bessern, dann bemühen Sie einen Arzt.
Möglicherweise haben Sie sich eine Lebensmittelvergiftung
zugezogen.“
„Ich halte schon noch durch, Herr Professor. In drei Stunden
ist sowieso Feierabend. Mir liegt viel daran, die Arbeit zu Ende zu
führen. Ich …“
Er verstummte, weil der Professor abwinkte. „Die Arbeit läuft
Ihnen nicht davon, Herr Hauser. Und wenn Sie mir die Ergebnisse
morgen oder übermorgen vorlegen, reicht mir das vollauf. In Ihrem
Zustand zu arbeiten ist eine Tortur, und Sie werden kaum viel
zustande bringen. Also fahren Sie heim, ruhen Sie sich aus, und
gehen Sie zum Arzt, wenn die Übelkeit anhält.“
„Wenn Sie meinen …“
Der Professor nickte. „Ja, das meine ich“, sagte er mit
Nachdruck.
Roland fuhr sein Terminal herunter und tat, was ihm sein Chef
geheißen hatte. Vom „Geologischen Institut“ Professor Bewerungens
bis zu seiner Wohnung im Bezirk Reinickendorf war er eine ganze
Weile unterwegs. Verkehrsmäßig stand Berlin auch außerhalb der
morgendlichen und abendlichen Stoßzeiten dicht vor dem Kollaps.
Stopp and go! Manchmal war Roland regelrecht am Verzweifeln. An
diesem Tag ganz besonders, wo es ihm speiübel zumute war.
Er hatte das Gefühl, an diesem Nachmittag für die Strecke
doppelt so lange zu brauchen wie sonst. Aber er schaffte es,
stellte sein Auto ab, ging mit weichen Knien in seine kleine
Wohnung in der dritten Etage eines Wohnblocks und schaffte es
gerade noch in die Toilette, wo er sich übergab.
Hinterher war das Übelkeitsgefühl nicht mehr ganz so stark,
aber viel besser fühlte er sich auch nicht. Er warf sich einige
Hände kaltes Wasser ins Gesicht, trocknete es ab, zog sich aus und
legte sich ins Bett. Irgendwann schlief er ein.
Als er zum ersten Mal erwachte, war es im Raum finster. Vor
dem Fenster seines Schlafzimmers hing die Nacht wie ein schwarzer
Vorhang. Roland fühlte sich sehr viel besser. Er stand auf, trank
ein Glas Wasser, ging zum Fenster und schaute hinunter. Unter ihm
waren die Lichter der Straßenlaternen und einiger Auslagen. Autos
fuhren vorüber, das Licht der Scheinwerfer huschte vor ihnen her.
Motorengeräusche sickerten durch das geschlossene Fenster an das
Gehör Rolands.
Ja, es ging ihm schon viel besser. Irgendetwas hatte ihm im
Magen gelegen, nachdem er sich jedoch erbrochen hatte, war der
Grund für seine Übelkeit zu einem großen Teil beseitigt. Er dachte
daran, dass er am folgenden Morgen seine Auswertungen abschließen
und dem Professor die Ergebnisse vorlegen würde.
Er war er seit Kurzem im Geologischen Institut des Professors
als Assistent beschäftigt. Die Tätigkeit war auf ein Jahr
befristet. Während dieser Zeit wollte Roland seine Doktorarbeit in
Geologie vorantreiben.
Er legte sich wieder nieder und erwachte erst wieder, als am
Morgen sein Wecker zu lärmen begann. Während er duschte, sich
rasierte und die Zähne putzte, lief der Kaffee ein. Er fühlte sich
wieder fit.
Als er kurz vor acht Uhr beim Geologischen Institut ankam,
glaubte er im falschen Film gelandet zu sein. Vor dem Gebäude
parkten ein halbes Dutzend Einsatzfahrzeuge der Polizei, zwei
Leichenwagen standen vor der Tür, der Bereich vor dem Gebäude war
mit einem Trassenband abgesperrt. Eine ganze Schar Neugieriger
hatte sich ein Stück abseits versammelt. Einige uniformierte
Polizisten achteten darauf, dass niemand den abgesicherten Bereich
betrat.
Roland drängte sich durch die Menschenmenge, erreichte die
Absperrung und wollte darunter hindurchtauchen, als sich auch schon
ein Polizist vor ihm aufbaute und ihn wenig freundlich anfuhr:
„Sind Sie übergeschnappt? Natürlich sind Sie übergeschnappt! Wie
sonst könnten Sie versuchen, durch die Absperrung ins Gebäude zu
gelangen. Wohnen Sie da?“
„Ich arbeite im Institut“, stieß Roland hervor. „Was ist
geschehen? Polizei, Leichenwagen …“
„Sie arbeiten im Geologischen Institut?“, blaffte der
Uniformierte. „Na, dann kommen Sie mal mit.“
„Was ist denn passiert!”
Keine Antwort.
Der Polizist geleitete Roland in die zweite Etage des
Gebäudes, wo das Geologische Institut untergebracht war. Hier waren
Leute in weißen Schutzanzügen am Werk. Es handelte sich um Beamte
der Spurensicherung. Auch einige Ermittler, die weder Schutzanzug
noch Uniform trugen, waren anwesend. Roland war total perplex.
Tausend Fragen stürmten auf ihn ein, auf keine fand er eine
Antwort. Doch ahnte er, dass etwas Schreckliches geschehen
war.
Etwas Furchtbares.
Zwei der Zivilisten, sie waren beide ungefähr Mitte vierzig,
wandten sich dem Polizisten und Roland zu. „Wen bringen Sie da?“,
fragte einer den Uniformierten.
„Ich habe ihn erwischt, als er durch die Absperrung schlüpfen
wollte“, antwortete der Polizist. „Er behauptet, hier zu
arbeiten.“
Der Mann in Zivil heftete den Blick auf Roland. „Ich bin
Polizeioberrat Mühlmann. Wie heißen Sie?“
„Hauser – Roland Hauser. Professor Bewerungen beschäftigt mich
seit anderthalb Monaten als Assistent in seinem Institut. Was ist
denn geschehen? Wurde hier eingebrochen? Weshalb stehen unten zwei
Leichenwagen?“
„Weil in diesen Räumen zwei Männer ermordet wurden. Einer
davon ist Professor Bewerungen, der andere muss noch identifiziert
werden. Vielleicht können Sie uns helfen, ihn zu
identifizieren.“
Rolands Herz raste. Er verspürte Schwindelgefühl und für
einige Augenblicke schien sich alles um ihn herum zu drehen. Der
Professor – tot! Ein weiterer Mitarbeiter ebenfalls. Er war
fassungslos und entsetzt, es überstieg sein Begriffsvermögen.
„Wann – ist – das geschehen?“, stammelte Roland, dem es kaum
möglich war, einen zusammenhängenden Gedanken zu fassen.
„Dem ersten Augenschein nach, am Zustand der Leichen gemessen,
gestern am späten Nachmittag oder am frühen Abend“, antwortete der
Polizeioberrat. „Die Büros wurden regelrecht durchwühlt. Können Sie
sich denken, was die Mörder gesucht haben könnten?“
Roland dachte kurz nach. „Keine Ahnung“, murmelte er dann.
„Wir haben geologische Messungen ausgewertet. Erkenntnisse, den
Vulkanismus auf den Kanarischen Inseln betreffend“, präzisierte er,
„aber auch Erkenntnisse über Bodenschätze in iranischen
Wüstengebieten.“
„Auf die Kaffeekasse werden es die Halunken ja wohl kaum
abgesehen haben“, knurrte der andere der beiden Beamten in
Zivil.
Schwarz gekleidete Männer trugen zwei Leichensäcke vorbei und
verschwanden damit im Treppenhaus.
„Ich denke, wir sind hier fürs Erste fertig“, gab
Polizeioberrat Mühlmann zu verstehen. „Die Kollegen von der
Spurensicherung brauchen uns nicht. Ihren Bericht erhalten wir,
sobald sämtliche Spuren ausgewertet sind. Sie, Herr Hauser, bitte
ich, mit uns zu kommen. Zum einen brauchen wir Sie, damit Sie den
zweiten Getöteten identifizieren, zum anderen habe ich einige
Fragen an Sie.“
„Das – das alles kommt mir vor wie ein böser Traum“, entrang
es sich Roland. „Wer – wer hat die Getöteten entdeckt? Wenn die
Morde gestern schon geschehen sind – hat denn in dem Gebäude
niemand etwas bemerkt? Warum? Ich – ich kann das alles gar nicht
glauben.“
„Ich kann Sie ja mal kneifen“, knurrte Mühlmann. „Wenn ich
mich nicht irre, dann habe ich es versäumt, Ihnen meinen Kollegen
vorzustellen. Das ist Hauptkommissar Dellinger, wie ich Angehöriger
der Mordkommission.“ Er nickte dem Hauptkommissar zu. „Überlassen
wir das Feld der Spurensicherung. Kommen Sie, Herr Hauser. Für den
heutigen Tag, und auch in den nächsten Tagen, dürfte die Arbeit in
diesen Räumen ausfallen.“
Roland schluckte würgend. Der Kloß, der sich in seinem Hals
gebildet hatte, blieb.
2
Man hatte Roland Hauser im Polizeipräsidium in einen kahlen
Raum gebracht, der mit zwei Schreibtischen, vier Stühlen, einem
Computer und einem Aufzeichnungsgerät ausgestattet war. Der Vorhang
zu dem Fenster zu einem anderen Raum war zugezogen.
Während sich Polizeioberrat Mühlmann und Roland auf Stühlen
niederließen, setzte sich Hauptkommissar Dellinger lediglich auf
die Kante eines der Schreibtische.
„Wir werden mit Ihnen nachher zum gerichtsmedizinischen
Institut fahren, Herr Hauser, damit Sie für uns den unbekannten
Toten identifizieren“, sagte Mühlmann. „Haben Sie damit ein
Problem?“
„Sie sind gut, Herr Mühlmann. Mein Arbeitgeber und ein Kollege
sind ermordet worden, die Büroräume wurden von den Verbrechern auf
den Kopf gestellt, und Sie fragen mich, ob ich ein Problem damit
habe. Ich habe ein gewaltiges Problem.“
„Wie es scheint, wurde gestern am späten Nachmittag in dem
Geologischen Institut noch gearbeitet“, sagte Mühlmann. „Natürlich
wissen wir noch nicht, wie viele Ihrer Kollegen bei dem Überfall
noch anwesend waren. Sie haben wohl schon früher Feierabend
gemacht, Herr Hauser?“
Die durchdringenden Blick Mühlmanns und Dellingers
verursachten bei Roland geradezu körperliches Unbehagen. War das
ein Verhör?
„Der Professor hat mich so gegen vierzehn Uhr nach Hause
geschickt, weil mir nach dem Mittagessen hundeelend war. Ich habe
seinen Rat befolgt und mich niedergelegt. Tatsächlich ist es mir
heute Morgen wieder gut gegangen.“ Roland griff sich an die Stirn.
„Wenn ich mir vorstelle, dass ich an diesem Morgen auch tot in
meinen Büro liegen hätte können …“
Seine Stimme brach, eine unsichtbare Hand schien ihn zu
würgen. Allein der Gedanke daran jagte seine Pulsfrequenz enorm in
die Höhe.
„Hatte Ihr Chef irgendwelche Feinde? Ober hatte er
Verbindungen zu rechtsextremistischen Kreisen? Gab es Drohungen?“
Dellinger war es, der die drei Fragen stellte.
„Mir ist nichts bekannt“, antwortete Roland. „Selbst wenn es
so gewesen wäre, ich glaube nicht, dass mich der Professor
eingeweiht hätte. Ich war neu in dem Institut.“
„Sie haben uns am Tatort erzählt, dass Sie an Auswertungen
über den Vulkanismus auf den Kanaren und eventuelle Bodenschätze im
Iran arbeiten. Stand Professor Bewerungen in einem engen Kontakt zu
iranischen Behörden? Dem iranischen Innenministerium vielleicht?
Oder zu einer radikalen islamistischen Gruppierung?“
Roland zuckte mit den Schultern. „Ich weiß es nicht!“, stieß
er geradezu verzweifelt hervor. „Ja, unsere Studien galten dem
Vulkanismus auf den Kanaren. Forschungsschwerpunkt war die
Entstehung von Tsunamis. Wie man weiß, sind die kanarischen Inseln
vor Jahrmillionen durch Vulkanismus entstanden. Diese
unterirdischen Kräfte sind nach wie vor am Werk. Ich spreche von
Magma-Strömen. Sie sind in der Lage, gewaltige Erdbeben oder
untermeerische Erdrutsche an den Küsten zu verursachen, die
wiederum alles vernichtende Tsunamis auslösen, die stark genug
sind, sogar die Ostküste der Vereinigten Staaten sowie die Karibik
samt ihren Inseln und möglicherweise sogar Mittelamerika zu
überschwemmen.“
„Hat es eine derartige Katastrophe überhaupt schon mal
gegeben?“, erkundigte sich Mühlmann.
„Ja, vor etwa siebzigtausend Jahren“, antwortete Roland.
„Erwartet man eine solche Katastrophe?“
„Diese Frage ist der Grund für unsere Forschungen“, erklärte
Roland. „Wir wollen eine ungefähre Prognose erstellen, wann wieder
mit einem solchen Ereignis zu rechnen ist.“
„Wer hat die Forschungen Professor Bewerungens finanziert?“,
fragte Mühlmann.
„Auch das kann ich Ihnen nicht genau sagen“, war Rolands
Antwort. „Ich hab mal einer Andeutung entnommen, dass der spanische
Geheimdienst den Professor mit den Forschungen beauftragt hat. Ich
glaube, es ging auch darum, herauszufinden, ob man von den Kanaren
aus durch Sprengungen einen Tsunami auslösen kann. Wahrscheinlich
befürchtet man, dass Terroristen auf eine derartige Idee kommen
könnten.“
„Sie glauben?“
„Ich kann Ihnen nichts Genaues sagen. Im Endeffekt weiß ich
nichts.“
„Das ist nicht viel“, knurrte der Polizeioberrat.
„Ich kann Ihnen nur sagen, woran ich gearbeitet habe. Das
wissen Sie jetzt. Ich war viel zu kurz im Institut beschäftigt, als
dass ich mir irgendwelche Insiderkenntnisse verschaffen hätte
können. Tut mir leid, wenn ich Ihnen nicht helfen kann.“
„Dann brechen wir hier ab“, sagte Mühlmann und schaute seinen
Kollegen an. „Wir fahren in die Gerichtsmedizin.“
Roland fühlte sich ganz und gar nicht wohl in seiner
Haut.
Als er einige Zeit später vor der Bahre mit dem Leichnam
stand, verspürte er Gänsehaut. Er war regelrecht schockiert und
sein Hals war wie zugeschnürt, als er ächzte: „Sven Fechner … Sein
Name ist Sven Fechner. Geologe wie ich. Großer Gott …“
Er musste sich abwenden, denn er konnte den Anblick des im
Tode erstarrten Gesichts mit den halboffenen, gebrochenen Augen
nicht länger ertragen.
Mühlmann notierte sich den Namen, dann durfte Roland nach
Hause gehen.
Er fühlte sich beobachtet. Vielleicht, sagte er sich, leidest
du schon an Paranoia, denn du bist mit den Nerven ziemlich am Ende.
Wie werden es wohl die anderen Mitarbeiter aufgenommen haben? Ihnen
wird es gegangen sein wie dir, als sie den Dienst antreten wollten
und von der Polizei in Empfang genommen wurden.
Er ging davon aus, dass nach ihm weitere Angestellte des
Instituts die Arbeit antreten hatten wollen, aber von der Polizei
abgewiesen wurden.
Er schlug den Tag damit tot, dass er zu Hause herumsaß und
grübelte. Eine unruhige Nacht folgte. Hin und wieder übermannte ihn
die Müdigkeit, aber sogleich stellte sich ein Alptraum ein und er
schreckte wieder hoch. Als er wieder einmal aufwachte, war es kein
Alptraum, der ihn geweckt hatte, sondern das Läuten der Glocke bei
der Korridortür. Er schaute auf die Uhr. Es war kurz vor sechs Uhr
morgens.
Das Herz schlug ihm hinauf bis zum Hals.
Er stand auf, ging in den Flur und nahm den Hörer der
Gegensprechanlage. „Ja, wer ist da?“
„Polizei. Ich habe noch einige Fragen.“
„Sind Sie‘s, Herr Mühlmann?“
„Mein Name ist Degenhard. Ich gehöre zum Team von
Mühlmann.“
Roland, vollkommen durch den Wind, drückte den Knopf, der den
automatischen Haustüröffner aktivierte. Im nächsten Moment öffnete
er die Korridortür einen Spaltbreit. Unten waren Geräusche zu
vernehmen – schnelle Schritte. Warum machte Degenhard nicht das
Treppenhauslicht an? Roland dachte sich noch immer nichts. Er fand
den Lichtschalter blind, das Licht flammte auf, und es wurde hell.
In dem Moment bog Degenhard um den letzten Treppenabsatz vor der
dritten Etage. Das erste, was Rolands Blick erfasste, war die
Pistole mit dem aufgeschraubten Schalldämpfer, die der angebliche
Polizist in der Hand hielt. Sein zweiter Blick galt dem Gesicht des
Burschen. Er wirkte vom Typ her wie ein Osteuropäer.
Für einen Sekundenbruchteil schaute Roland in die Mündung des
Schalldämpfers, als die Pistole auf ihn gerichtet wurde. Das ist
alles andere als ein Polizist!, durchzuckte es ihn und er begriff,
dass sein Leben an einem seidenen Faden hing. Diesem jähen Impuls,
den die Todesangst in ihm auslöste, folgend sprang er zurück und
warf die Tür zu, wirbelte herum und rannte in sein Schlafzimmer.
Dort schnappte er sich sein Handy, das auf dem Nachttischchen lag,
schlüpfte voll fiebriger Hast in den Bademantel, der an einem Haken
an der Tür hing, und floh hinaus auf die Feuerleiter, die an der
Rückseite des Wohnblocks angebracht war.
Er konnte hinterher selber nicht mehr sagen, wie es ihm
gelungen war, so schnell unten anzukommen. Ziemlich außer Atem
stand er am Boden. Oben, auf dem Rettungssteg, der unterhalb seines
Schlafzimmerfensters verlief, erschien die schemenhafte Gestalt des
angeblichen Polizisten.
Eilig floh Roland in den Schutz eines Schlagschattens, schob
sich dicht an der Hauswand entlang und ließ die Feuerleiter nicht
aus den Augen.
Der Kerl mit der Pistole kletterte durch das Fenster zurück in
die Wohnung. Jetzt rannte Roland zu der Durchfahrt, durch die man
von der Straße aus in den Hinterhof gelangte, sicherte nach allen
Seiten, überquerte die Fahrbahn und verschwand in einer schmalen
Seitenstraße.
Er sollte getötet werden. Wie mit zentnerschweren Gewichten
legte sich diese Erkenntnis auf ihn, und das Blut drohte ihm in den
Adern zu gefrieren. Seine rechte Hand umklammerte nach wie vor das
Smartphone. Als er sie hob, spürte er, dass sie zitterte. Nur nach
und nach nahmen bei ihm Herzschlag und Atmung wieder den normalen
Rhythmus an, und er versuchte, den Aufruhr in seinem Innern unter
Kontrolle zu bringen sowie Ordnung in sein Denken zu zwingen.
Er wählte die Nummer des Polizeinotrufs. Als sich jemand
meldete, stieß er hastig hervor: „Mein Name ist Roland Hauser. Ich
bin … war Mitarbeiter im Geologischen Institut des Professor
Bewerungen, der vorgestern Abend ermordet worden ist. Soeben hat
man versucht, mich auch zu ermorden. Ein Kerl mit einer Pistole gab
sich als Polizist aus.“ Die Stimme Rolands wurde brüchig. Seine
Gefühle wollten ihn überwältigen. „Ich – ich bin ihm mit Mühe und
Not entkommen.“
„Wo hat der Anschlag stattgefunden?“, fragte der Beamte.
Roland nannte die Adresse. „Ich befinde mich ein paar Straßen
weiter.“ Er nannte den Straßennamen und fügte hinzu: „Ich vermute,
dass sich der Killer gerade absetzt.“
Der Mann am anderen Ende der Leitung stieß hervor: „Bleiben
Sie, wo Sie sind, Herr Hauser. Ich alarmierte sofort die
Bereitschaft. Wir sind so schnell möglich bei Ihnen.“
Roland kehrte, die gebotene Vorsicht nicht außer Acht lassend,
in die Straße zurück, in der seine Wohnung lag, und beobachtete –
mit dem Schatten in einer Nische verschmelzend –, das Gebäude, in
dem an diesem Morgen seine letzte Stunde hätte schlagen sollen.
Nach etwa zehn Minuten fuhr ein Streifenwagen vor, aus dem zwei
Polizisten stiegen.
Jetzt wagte sich Roland aus seiner Deckung und lief, auf den
fließenden Verkehr achtend, auf die andere Seite. Die beiden
Polizisten sahen ihn kommen. Er fiel auf im Bademantel. „Mein Name
ist Hauser. Ich habe Sie alarmiert. Sind Sie die Bereitschaft, die
der Mann vom Notruf angekündigt hatte?“
„Natürlich nicht“, erwiderte einer der Polizisten. „Wir sind
in der Nähe Streife gefahren, und als die Durchsage kam, haben wir
uns sofort hierher begeben.“
„Kommen noch Kollegen von Ihnen?“, fragte Roland.
„Ja. – In welcher Etage liegt Ihre Wohnung?
„Dritte.”
„Okay.”
„Mir ist die Flucht über die Feuerleiter in den Hof gelungen.
Ich denke, ein Einsatzteam ist nicht mehr vonnöten, denn der Kerl
ist längst über alle Berge.“
„Führt die Durchfahrt dort in den Hof?“ Der Beamte wies mit
dem Kinn auf den tunnelartigen Zugang zum Hinterhof.
„Ja.“
„Bleib du hier, Freddy“, wandte sich der Polizist an seinen
Kollegen, „und behalte die Haustür im Auge. Ich sichere die
Zufahrt.“
Der Polizist setzte sich in Bewegung.
Der mit dem Namen Freddy sagte: „Es ist besser, wenn Sie sich
in den Fond des Einsatzwagens setzen, Herr Hauser. Sie erregen
nämlich Aufsehen.“
In der Tat musterten sowohl Passanten als auch langsam
vorbeifahrende Autoinsassen den Mann im Morgenmantel ziemlich
unverhohlen und zum Teil sogar amüsiert. Vielleicht legte sich der
eine oder andere eine wilde Bettgeschichte in seinem Kopf zurecht,
die für den Burschen im Morgenmantel anscheinend ziemlich
unglücklich geendet hatte.
„Am Ende verkeilen sich hier noch ein paar Fahrzeuge
ineinander“, fügte der Polizist hinzu, „weil Ihretwegen niemand
mehr auf den Verkehr achtet.“
Roland, der sich langsam von seinem Schock erholte, tat wie
ihm gesagt worden war.
3
Es waren acht Beamte eines mobilen Einsatzkommandos, die sich
in zwei Gruppen aufteilten und von zwei Seiten in das Gebäude
eindrangen. Die eine Gruppe nahm die Treppe, die andere stieg die
Feuerleiter hinauf. Die Polizisten waren mit schusssicheren Westen
und Helmen ausgerüstet sowie mit Maschinenpistolen bewaffnet.
Pistolen steckten obendrein in den Holstern an ihren Hüften.
Wie Roland es bereits vorausgesehen hatte – der Killer hatte
das Weite gesucht.
Die Wohnungstür war aufgebrochen und wies zwei Schusslöcher
auf. Wahrscheinlich hatte der Killer blindlings gefeuert, in der
Hoffnung, dass Roland hinter der Tür stehengeblieben war oder sich
noch im Flur befand. Wegen des Schalldämpfers und aufgrund der
Tatsache, dass er unter einer vehementen Anspannung stand, hatte
Roland die Schüsse nicht gehört.
Der Leiter des Einsatzkommandos forderte die Spurensicherung
an. Zu Roland sagte er: „Sie sollten die Wohnung nicht betreten, um
keine Spuren zu vernichten. Ich habe vorhin mit der Mordkommission
telefoniert. Oberrat Mühlmann kommt selbst her. Bis die
Spurensicherung erscheint, bleiben die Streifenpolizisten bei
Ihnen.“
Das Einsatzkommando zog ab. Es war mit einem
Mannschaftstransporter gekommen, der sich jetzt in den fließenden
Verkehr einfädelte und bald im morgendlichen Verkehrschaos
verschwand.
Sie mussten eine halbe Stunde warten.
„Da haben Sie, scheint mir, verdammtes Glück gehabt“, sagte
Mühlmann, als er aus seinem Dienstwagen gestiegen war und sich zu
Roland in den Streifenwagen setzte.
„Das kann man wohl sagen“, pflichtete Roland ihm bei. „Ich
frage mich, warum ich auch ermordet werden sollte.“
„Scheinbar wussten Professor Bewerungen und seine engeren
Mitarbeiter etwas, das jemandem – von dem wir keine Ahnung haben,
wer es ist – gefährlich werden kann. Es hat sich übrigens gestern
den ganzen Tag über kein einziger der Geologen, die in dem Institut
beschäftigt sind, an seinem Arbeitsplatz sehen lassen. Wir haben
natürlich sofort die Adressen jedes Einzelnen festgestellt. Keiner
von ihnen war in seiner Wohnung anzutreffen, und niemand weiß, wo
sie abgeblieben sind. Haben sie sich abgesetzt, wurden sie
entführt? Es gibt keinerlei Hinweise.“
„Ich weiß nichts, was jemandem gefährlich werden kann“, brach
es aus Roland heraus.
„Das wissen aber die Leute nicht, für die von Professor
Bewerungen oder seinen Mitarbeiten eine Gefahr ausgeht –
beziehungsweise ausgegangen ist“, wandte Mühlmann ein.
Roland barg sein Gesicht in den Händen. „Ich weiß nicht mehr,
wo mir der Kopf steht. In dieser Wohnung bleibe ich keine fünf
Minuten mehr. Ich muss untertauchen. Hier bin ich meines Lebens
nicht sicher.“
„Man hat mir berichtet, dass Sie den Killer gesehen haben,
Herr Hauser“, wechselte Mühlmann das Thema. „Können Sie ihn
beschreiben?“
„Dieses Gesicht werde ich mein Leben lang nicht vergessen“,
stöhnte Roland. „Der Kerl sah vo Typ her wie ein Osteuropäer aus.
Er hatte schwarze Haare. Er war dunkel gekleidet. Etwa eins-achtzig
groß und hager.“
„Ich nehme Sie mit ins Präsidium, Herr Hauser. Dort setzt sich
unser Zeichner mit Ihnen zusammen. Sie werden gemeinsam eine
Phantomzeichnung anfertigen, mit der wir nach dem Schurken fahnden
können.“
„Darf ich mir vorher etwas Vernünftiges anziehen?“
„Wenn Sie nichts dagegen haben, dass ein Kollege von der
Spurensicherung aufpasst, dass Sie keine Spuren zu
vernichten.“
„Es ist kaum anzunehmen, dass sich der Killer an meinem
Kleiderschrank zu schaffen gemacht hat“, kam es fast ein wenig
ironisch von Roland.
„Es ist aber auch nicht auszuschließen“, versetzte Mühlmann
trocken. Es war deutlich: Er ließ sich nicht beirren. Lieber ein
paar Handgriffe zu viel, als einen Handgriff zu wenig, war sein
Motto.
Unter Aufsicht eines Beamten verrichtete Roland seine
Morgentoilette, danach zog er sich an, dann fuhr er mit Oberrat
Mühlmann ins Präsidium. Er wurde noch einmal befragt und erzählte
detailliert, was sich am Morgen zugetragen hatte.
„Ich habe doch keinen Augenblick daran gedacht, dass es ein
falscher Polizist sein könnte, der an der Haustür stand“, endete
er. „Als er dann mit der Pistole in der Faust die Treppe heraufkam,
wurde mir mein Fehler schlagartig klar.“
„Sie hatten einen sehr umsichtigen Schutzengel“, sagte
Mühlmann.
„Ich hatte ein Reaktionsvermögen, das mich im Nachhinein noch
in Staunen versetzt“, entgegnete Roland. „Der Schutzengel hätte die
Kugeln kaum aufgefangen, wenn ich eine Sekunde länger vor der Tür
stehengeblieben wäre.“
„Egal.“ Mühlmann winkte ab. „Wichtig ist, dass Sie leben. Ich
bin zu dem Schluss gekommen, dass Sie in Ihrer Wohnung wohl
tatsächlich Ihres Lebens nicht mehr sicher sind. Daher werden wir
Sie in einer konspirativen Wohnung unterbringen und Ihnen
Personenschutz gewähren. Ich leite alles in die Wege. Vorher aber
mache ich Sie mit unserem Zeichner bekannt. Geben Sie sich Mühe,
Herr Hauser. Je besser das Bild von dem Killer ist, das unser
Zeichner mit Ihrer Hilfe anfertigt, desto schneller haben wir
vielleicht einen Fahndungserfolg.“
„Ich denke, ich kann mich an so ziemlich jeden Zug in diesem
Gesicht erinnern“, erklärte Roland.
4
Die Fahndung nach dem Mann, der versucht hatte, Roland Hauser
zu töten, lief auf vollen Touren.
Roland wurde von der Staatsanwaltschaft in einer kleinen Stadt
namens Hilchenbach, im Naturpark Sauerland Rothaargebirge gelegen,
untergebracht und erhielt Personenschutz.
Die Spuren im Geologischen Institut und in der Wohnung Rolands
waren ausgewertet. Man hatte auch die Wohnungen Professor
Bewerungens und der anderen Mitarbeiter des Instituts, die spurlos
verschwunden geblieben waren, durchsucht.
Es war an einem Freitag, als zwei Beamte des
Bundeskriminalamts in der konspirativen Wohnung bei Roland
erschienen. Sie stellten sich vor als Hauptkommissar Peters und
Oberkommissar Polster.
„Wieso das BKA?“, fragte Roland, der sich als potentielles
Opfer irgendeiner kriminellen Verbindung sah, die bei ihm
irgendetwas vermutete, das ihr gefährlich werden konnte, dass er
möglicherweise in der Lage war, irgendwelche verbrecherischen Pläne
zu vereiteln. Dass es sich bei dem Killer, den bisher nur er,
Roland, gesehen hatte und nach dem gefahndet wurde, um keinen
Einzeltäter handelte, war inzwischen zur festen Überzeugung aller
geworden.
Die beiden Kommissare gingen nicht auf Rolands Frage ein. Man
befand sich im Wohnzimmer des Appartements, das man Roland zur
Verfügung gestellt hatte. Es lag in einem Mehrfamilienhaus. Roland
lebte dort unter dem Namen Karl Pleier.
„Man hat eine Ihrer ehemaligen Kolleginnen, und zwar Isabell
Hochstetter, gefunden“, sagte Hauptkommissar Peters. „Frau
Hochstetter wurde mit einem Genickschuss regelrecht
hingerichtet.“
Roland war schockiert. So sehr, dass Augenblicke lang seine
Stimmbänder versagten. Als sie wieder funktionierten, entrang es
sich ihm fassungslos. „Isabell Hochstetter – tot – erschossen? Sie
– sie war …“
„Professor Bewerungens Geliebte“, vollendete Oberkommissar
Polster. „Das ist in der Zwischenzeit bekannt. Der Leichnam lag auf
einer Müllkippe in Oranienburg. Da wir ein Bild von Isabell
Hochstetter besaßen, war es nicht schwer, sie zu
identifizieren.“
Diese Hiobsbotschaft musste Roland erst einmal verarbeiten. Er
nahm eine unruhige Wanderung im Raum auf. Drei Schritte hin, drei
zurück.
„Ich kann das alles nicht begreifen“, murmelte er. „Was steckt
dahinter? Warum, um alles in der Welt, sollte ich zum Schweigen
gebracht werden?“
„Das wissen nur die, die Sie tot sehen wollen und die für die
Morde an Ihrem Chef und Ihren Kollegen verantwortlich sind. Wir
kennen im Übrigen den Namen des Killers, der Sie aufgesucht hat. Er
lautet Viktor Kamarov. Kamarov hat mal für die russische Mafia
gearbeitet. Leider wissen wir nicht, wo sich Kamarov verkrochen
hat. Möglicherweise ist er gar nicht mehr in Deutschland. Interpol
ist bereits eingeschaltet.“
„Was hatte der Professor gegebenenfalls mit der Russenmafia zu
tun?“, stöhnte Roland. „Falls es eine Verbindung gegeben hat – ich
habe nicht den Hauch einer Ahnung.“
„Ihr Chef hatte gute Verbindungen in den Iran“, sagte Peters.
„Unsere Feststellungen haben ergeben, dass er des Öfteren nach
Teheran gereist ist.“
„Er hat für die iranische Regierung Gutachten erstellt“, stieß
Roland hervor. „Das Land ist voll mit Bodenschätzen der
verschiedensten Art. Ihr Vorkommen zu beurteilen und den Umfang des
Vorkommens zu erforschen, ist die Aufgabe eines Geologen. Darin
sehe ich nichts Verbotenes.“
„Wäre es auch nicht, wenn sich die Beurteilungen und Gutachten
beispielsweise auf Öl-, Kupfer-, Gold- oder Silbervorkommen
beschränkt hätten.“ Es war wieder Peters, der sprach. „In den
Gutachten, die Ihr Chef erstellt hat, ist es um Uranvorkommen
gegangen. Unter dem Wüstenboden im Iran soll sich sehr viel davon
befinden. Wozu Uran gebraucht wird, brauche ich Ihnen ja wohl nicht
zu erklären, Herr Hauser. Wussten Sie etwas von diesen Aktivitäten
Ihres Chefs im Iran?“
„Er war das letzte Mal – soweit ich informiert bin – im Mai im
Iran“, murmelte Roland. „Da war ich noch gar nicht beim
Geologischen Institut beschäftigt. Dass er einige Male dort war,
ist mir bekannt. Die Rede war immer von den unterschiedlichsten
Bodenschätzen.“
„Dann wissen Sie sicherlich auch nicht, dass Professor
Bewerungen mit einer tschechischen Firma namens Dvòpol enge
Verbindungen unterhielt?“, fragte Oberkommissar Polster. „Diese
Firma stellt den Sprengstoff KMX-7 her. Normalerweise wird er im
Bergbau verwendet. Professor Bewerungen – so unsere Ermittlungen –
hat Unmengen davon aufgekauft.“
Rolands Stirn zog sich in Falten.
„Wie?”
„Ja, Sie haben schon richtig gehört.”
„Das wird ja immer dubioser!“, brach es über Rolands Lippen.
„Wozu brauchte der Professor den Sprengstoff?“
Da glaubt man einen Menschen zu kennen und dann das!, dachte
Roland. Wer weiß, was da noch alles ans Tageslicht kommt!
„Tja, das ist die Frage“, knurrte Peters. „Die Vermutung liegt
nahe, dass er mit der iranischen Regierung zusammenarbeitete und
sie möglicherweise sogar bei der Vorbereitung unterirdischer
Atomtests unterstützte.“
„Deswegen liegen sich doch der Iran und die Vereinigten
Staaten seit Jahren in den Haaren“, murmelte Roland.
„Darum schließen wir beim BKA nicht aus“, versetzte Peters,
„dass hinter der Ermordung die CIA steckt, die dem Professor
gegebenenfalls auf die Schliche gekommen ist.“
„Der amerikanische Geheimdienst?“, stieß Roland bestürzt
hervor. „Arbeitet dieser Viktor Kamarov etwa für die CIA? Gütiger
Gott! Wenn die CIA hinter mir her ist, dann bin ich so gut wie
chancenlos. Dann weiß man wahrscheinlich schon, wo man mich suchen
muss.“
„Fürs Erste sind Sie hier sicher, Herr Hauser“, versuchte
Peters, Roland zu beruhigen. „In der Wohnung auf der
gegenüberliegenden Straßenseite sitzen Tag und Nacht zwei Beamte,
die ein Auge auf Sie haben. Sie wissen genau, wer in dieses Haus
hier gehört und wer nicht. Wenn also jemand dieses Haus betreten
sollte, der auch nur den geringsten Verdacht unserer Kollegen
erregt, sind sie zur Stelle.“
„Warum sollte der amerikanische Geheimdienst den Professor und
seine Mitarbeiter aus dem Weg haben wollen?“, sinnierte Roland
laut.
„Das ist nur Spekulation“, antwortete Polster. „Wenn die CIA
die Hände im Spiel hat, dann aus dem ganz einfachen Grund, um zu
verhindern, dass das Geologische Institut dem Iran in die Hände
arbeitet. Diesen Grund könnte man allerdings auch dem israelischn
Mossad unterstellen stellen. Er gilt als einer der bestinformierten
Geheimdienste der Welt. Wie Sie sicher wissen, sind die Israelis
und der Iran so …“ Polster überkreuzte die beiden Zeigefinger
seiner Hände.
„Möglich ist auch“, mischte sich wieder Peters ein, „dass der
iranische Geheimdienst selbst den Mordauftrag erteilt hat. Hier
wäre der Grund ein ganz profaner, nämlich dass Professor Bewerungen
einfach zu viel über die Aktivitäten des Iran bezüglich der
Atomwaffenproduktion wusste.“
Roland seufzte. „Langsam wird es für mich problematisch, dem
Ganzen verstandesmäßig zu folgen. All diese möglichen
Verstrickungen …
„Das ist nur die Spitze des Eisbergs. Es könnte auch der
Geheimdienst Saudi-Arabiens dahinterstecken. Die sind im Moment der
außenpolitische Hauptgegner des Iran in der Region - abgesehen von
Israel und den USA.”
„Was Sie an Vermutungen anstellen, ist ja geradezu
ungeheuerlich. Derjenige, der zwischen die Mühlräder der
Geheimdienste gerät, ist verloren.”
„Nun mal nicht übertreiben. Wir tun , was wir können.”
„Was in einigen anderen Fällen aber leider nicht genug
war!”
„Dass es Tote gegeben hat, ist bedauerlich.”
„Und ich stehe jetzt mittendrin im Kreuzfeuer!”
„Nun…”
„Verraten Sie mir einen Platz auf dieser Erde, an dem mich
irgendeiner der Geheimdienste nicht aufzustöbern in der Lage ist.
Erzählen Sie mir jetzt bloß noch, dass auch der BND die Hände im
Spiel hat. Vielleicht geben Sie mir Ihre Pistole, damit ich mir
selber eine Kugel in den Kopf schießen kann, bevor es ein Killer
irgendeines Geheimdienstes tut.“
„Von alledem, was wir eben zur Sprache brachten, wollen Sie
keine Ahnung gehabt haben?“, fragte Peters eindringlich. Er
fixierte Roland mit forschendem und zugleich zwingendem Blick.
„Ich weiß vom Hörensagen, dass der Professor wegen der
Vorkommen von Bodenschätzen mit der iranischen Regierung
zusammenarbeitete“, erwiderte Roland, und auch er sprach mit
Nachdruck. „Von Uranvorkommen und Atomtests sowie von den
Sprengstofflieferungen an den Chef ist mir nichts bekannt – nicht
so viel.“ Er zeigte einen winzigen Abstand zwischen Daumen und
Zeigefinger.
„Jetzt wissen Sie, weshalb die Ermittlungen an das BKA
abgegeben worden sind“, sagte Peters und erhob sich. Sein Kollege
Polster folgte seinem Beispiel. „Die Federführung liegt bei der
Bundesanwaltschaft. Für Ihre Sicherheit ist gesorgt, Herr Hauser.
Halten Sie aber dennoch die Augen offen. Sollte Ihnen irgendetwas
verdächtig erscheinen, informieren Sie sofort die Beamten in der
anderen Wohnung.“
„Es ist nicht angenehm zu wissen, dass man möglicherweise im
Fadenkreuz irgendeines Geheimdienstes steht“, lamentierte Roland.
„Sicherheitsvorkehrungen hin – Sicherheitsvorkehrungen her. Ich
habe ab jetzt ständig das Gefühl, dass das kalte Auge eines Killers
durch das Zielfernrohr eines Präzisionsgewehres auf mich gerichtet
ist.“
„Wir beschützen Sie“, versicherte Peters, dann verabschiedeten
sich die beiden Kriminalbeamten und ließen Roland mit seinen
Sorgen, Ängsten und Verunsicherungen zurück.
Fraglich, ob ich mich auf diesen Schutz verlassen sollte!,
ging es Roland durch den Kopf.
5
Drei Wochen später. Es war nach Mitternacht. Ein
Sondereinsatzkommando der Kriminalpolizei hatte ein
Mehrparteienhaus in Berlin Marzahn umstellt. Eine Gruppe der
Spezialisten pirschte dicht an der Hauswand entlang zur
Eingangstür. Eine andere Gruppe war in den Hinterhof eingedrungen
und stand nun vor der Hintertür.
„Team eins an Team zwei“, sagte der Einsatzleiter bei der
Haustür mit unterdrückter Stimme in das Mikrophon seines Headsets.
„Seid ihr bereit?“
„Ja, Team eins.“
„Okay. Wenn wir im Haus sind, öffnen wir die Hintertür. Und
dann greifen wir zu. Verstanden, Team zwei?“
„Verstanden.“
Der Einsatzleiter läutete bei einer Wohnung in der untersten
Etage. Gleich darauf tönte eine schlaftrunkene Stimme aus dem
Lautsprecher der Gegensprechanlage. „Was ist denn los? Wer läutet
zu dieser unchristlichen Zeit …“
„Polizei! Sondereinsatzkommando! Bitte, öffnen Sie uns die
Haustür. Damit vermeiden Sie, dass wir Gewalt anwenden.“
Ein erschreckter Laut erklang, gleich darauf summte der
Türöffner. Die Tür wurde aufgedrückt, und die Gruppe Polizisten
stürmte ins Haus. Der Mann, der ihnen die Tür geöffnet hatte, stand
im Rahmen der Korridortür zu seiner Wohnung und starrte fassungslos
den schwerbewaffneten, dunkel gekleideten Pulk an.
„In die Wohnung!“, peitschte eine Stimme. Einer der vermummten
Beamten lief zur Hintertür, während seine Kameraden schon die
Treppe emporhasteten.
Durch die geöffnete Hintertür drang die andere Gruppe in das
Gebäude ein. Drei der Beamten blieben im Erdgeschoss. Der
verschlafene Mann, der dem SEK die Tür geöffnet hatte, war in
seiner Wohnung verschwunden.
In der zweiten Etage besetzten die Beamten die Wand zu beiden
Seiten einer Korridortür. Einer läutete. Es dauerte kurze Zeit,
dann wurde die Tür einen Spaltbreit geöffnet. „Brennt es etwa, oder
was ist …“
Es war eine Frau, die jetzt erschrocken verstummte, weil die
Tür aufgedrückt und sie nicht gerade sanft zur Seite geschoben
wurde. Mit angeschlagenen Waffen besetzten die Spezialisten des SEK
die Wohnung, zwei drangen ins Schlafzimmer ein, in dem Licht
brannte und wo in einem der Betten ein dunkelhaariger Mann mit
nacktem Oberkörper saß.
„Polizei! Nehmen Sie die Hände hoch und rühren Sie sich
nicht!“, wurde er angeschrien. „Zwingen Sie uns nicht, Gewalt
anzuwenden.“
Das starre Gesicht des Mannes mutete an wie eine Maske. Die
kreisrunden schwarzen Mündungslöcher der Waffen starrten ihn an.
Sie vermittelten eine böse Prophezeiung. Seine Arme zuckten in die
Höhe, er hielt die Hände in Schulterhöhe.
„Festnehmen!“, tönte es.
Zwei Beamte drängten ins Schlafzimmer, zerrten den Mann aus
dem Bett und fesselten ihm mit Handschellen die Hände auf den
Rücken.
„Viktor Kamarov, Sie sind verhaftet“, erklärte der
Einsatzleiter. „Hören Sie gut zu, denn ich kläre Sie jetzt über
Ihre Rechte auf. Also …“
Der Beamte leierte den Spruch herunter, der bei jeder
Verhaftung vorgeschrieben war.
„Was wirft man mir vor?“, fragte Kamarov, nachdem er umfassend
über seine Rechte aufgeklärt worden war.
„Versuchten Mord, Herr Kamarov. Eventuell auch Mitgliedschaft
in einer kriminellen Vereinigung. Außerdem stehen Sie in Verdacht,
auch an der Ermordung Professor Bewerungens und zwei seiner
Mitarbeiter beteiligt gewesen zu sein.“
„Kenne ich nicht“, knurrte der Russe. „Hier muss ein Irrtum
vorliegen. Aber er wird sich sicherlich schnell aufklären
lassen.“
„Wir werden es sehen“, sagte der Beamte. Dann: „Abführen. Wir
durchsuchen die Wohnung. Bringt die Wohnungsinhaberin her. Ich will
ihr den Durchsuchungsbeschluss präsentieren.“
Zwei Polizisten führten die junge Frau ins Schlafzimmer. „Frau
Judith Fuhrmann?“, kam es fragend vom Einsatzleiter.
Die Frau, sie war noch keine dreißig, zitterte wie Espenlaub.
Ihr Gesicht war bleich, ihre Lippen bebten, ihre Nasenflügel
vibrierten leicht. Sie war keine Schönheit, aber sie war auch nicht
hässlich. Durchschnitt. Sie nickte und ächzte: „Ja, das ist mein
Name.“
Der Einsatzleiter zog den zusammengefalteten
Durchsuchungsbefehl aus der Tasche, faltete ihn auseinander und
hielt ihn Judith Fuhrmann hin. Vor deren Augen verschwammen die
Wörter. Sie war vollkommen von der Rolle.
„Darf ich mich wenigstens anziehen?“, blaffte Kamarov.
Er durfte. Zwei Beamte ließen ihn dabei nicht aus den Augen.
Während ein Teil des Sondereinsatzkommandos die Wohnung auf den
Kopf stellte, brachte die andere Gruppe den Russen ins
Polizeipräsidium, wo er arretiert wurde. Am folgenden Vormittag
sollte er dem Haftrichter vorgeführt werden.
Es wurde Untersuchungshaft angeordnet. Die Gerichtsreporterin
Jessica Mangold durfte der Eröffnung des Haftbefehls beiwohnen. Sie
erfuhr, dass sich Kamarov zuletzt bei seiner Geliebten Judith
Fuhrmann verkrochen hatte und beschloss, sich mit Judith über den
Verdächtigen zu unterhalten. Von der Staatsanwaltschaft hatte sie
kaum etwas über die Vorwürfe und über den Menschen Kamarov
erfahren. Aus ermittlungstaktischen Gründen hüllte man sich in
Schweigen. Jessica wusste aber, dass Kamarov mit den Morden an
Professor Bewerungen und zweien seiner Mitarbeiter in Zusammenhang
gebracht wurde.
Die Neugier der Dreißigjährigen war geweckt. Schon nach den
Morden im Geologischen Institut hatte sie in der Berliner
Morgenpost, bei der sie angestellt war, berichtet. Schon damals
hatte sie erste Hinweise erhalten, dass ursächlich für die Morde
die Beziehungen des Professors zu iranischen Politikern sein
konnten.
Sie rief Judith an und konnte sie überreden, ihr ein Interview
zu geben. Drei Tage nach der Entscheidung des Haftrichters, Kamarov
in U-Haft zu nehmen, traf sich Jessica mit Judith in deren
Wohnung.
*
„Wie groß sind Viktors Aussichten, nicht verurteilt zu
werden?“, fragte Judith erwartungsvoll und angespannt
zugleich.
„Zumindest wegen des versuchten Mordes an dem Geologen Roland
Hauser wird er sich verantworten müssen. Überdies besitzt die
Polizei von dem Abend, an dem Professor Bewerungen und einer seiner
Mitarbeitet ermordet wurden, einige Aufnahmen der Videoüberwachung
des Gebäudes, in dem das Geologische Institut untergebracht ist.
Einer der Männer, die auf dem Film zu erkennen sind, ist mit großer
Wahrscheinlichkeit Kamarov.“
„Und ich dachte, er hätte sich längst von dem allen
freigeschwommen“, murmelte Judith versonnen. Sie starrte
gedankenverloren vor sich hin, als hätte sie total vergessen, dass
sie Besuch hatte.
Jessica nagte an ihrer Unterlippe. Sie war hellhörig geworden.
„Freigeschwommen? Von was oder wem?“
Judith schaute sie an wie eine Erwachende. „Viktor und ich
lieben uns“, murmelte sie. „Wir haben uns vor über sechs Jahren
kennengelernt. Damals trieb er zusammen mit einem Mann namens
Sergej Tessler Gelder für die Russenmafia ein. Unter anderem auch
hier in Berlin. Nachdem wir uns in einer Diskothek kennengelernt
hatten, gab Viktor aus Liebe zu mir diesen Job auf. Die Russenmafia
ließ ihn in Ruhe, denn er war ja kein Geheimnisträger und konnte
ihr nicht gefährlich werden.“
„Sie sind sich sicher, dass Kamarov nicht mehr für die
Russenmafia arbeitet?“, fragte Jessica.
„Ich habe nichts mehr bemerkt, was darauf hingedeutet hätte.
Viktor hatte nur noch Verbindung mit einem Bekannten. Von ihm kenne
ich leider nur den Vornamen. Alexander! Er lebt in Moskau und soll
dort einer christlichen Sekte vorstehen. Mit ihm hat er hin und
wieder telefoniert. Sie haben allerdings russisch gesprochen,
sodass ich kein Wort verstanden habe.“
„Sie nannten vorhin einen Namen. Sergej …“
„… Tessler. Ja, er und Viktor haben zusammengearbeitet.“
„Ist Tessler nach Russland zurückgekehrt?“, erkundigte sich
Jessica, holte einen Notizblock und einen Kugelschreiber aus der
Handtasche und notierte sich den Namen.
„Nein. Er ist damals ebenfalls ausgestiegen und lebt hier in
Berlin. In der ersten Zeit, in der ich mit Viktor zusammen war, gab
es noch Kontakte. Die sind aber nach und nach eingeschlafen, und
seit etwa drei Jahren haben wir von Sergej nichts mehr
gehört.“
„Dann besteht also die Möglichkeit, dass er sich noch in
Berlin befindet“, konstatierte Jessica.
„Ich habe keine Ahnung“, murmelte Judith.
„Hat Kamarov Ihnen gegenüber irgendwann einmal den Namen
Bewerungen erwähnt? Hat er von großen Sprengstofflieferungen aus
Tschechien gesprochen, oder hat er mal die Bezeichnung KMX-7 in den
Mund genommen?“
Judith starrte auf einen unbestimmten Punkt. Sie schien in
ihrer Erinnerung zu kramen. Dann schüttelte sie den Kopf. „Nein.
Mir sagt das alles nichts, abgesehen von dem Namen Bewerungen. Aber
den habe ich nach Viktors Festnahme zum ersten Mal vernommen.“ Ihre
Augen füllten sich mit Tränen. „Viktor hat nie einer Fliege was
zuleide getan. Wie könnte er mit dieser Einstellung einen Menschen
umbringen?“
„Die einen tun es aus Hass, andere aus Mordlust, wieder andere
aus Überzeugung, und dann gibt es auch noch diejenigen, die es für
Geld tun“, erwiderte Jessica. „Menschen haben oft zwei Gesichter,
und in ihre Köpfe kann man nicht hineinschauen. – Vielen Dank, Frau
Fuhrmann. Sie haben mir schon ein Stück weitergeholfen. Ich glaube
nämlich, dass ich einer großen Sache auf der Spur bin. Der Mord an
Professor Bewerungen und zweien seiner Mitarbeiter sowie der
Mordversuch an Roland Hauser ist meiner Meinung nach nur die Spitze
des Eisbergs. Mit den Morden soll etwas verschleiert werden.
Irgendwem wurde der Professor gefährlich. Oder er hatte seine
Schuldigkeit getan und wurde nicht mehr gebraucht. Seine
Verbindungen reichten in den Iran und nach Tschechien. Ich schließe
nicht aus, dass Ihr Freund von der russischen Mafia reaktiviert
wurde. Große Mengen Sprengstoff, die Professor Bewerungen
aufkaufte, sind unauffindbar. Woher waren die Gelder, mit denen
Bewerungen den Sprengstoff kaufte?“
„Wenn Viktor wieder für die Mafia gearbeitet hätte, wäre mir
das nicht entgangen“, murmelte Judith.