3 in 1: Bibione, Das Flüsterzimmer, Zerbrochene Sommer - Lothar Schenk - E-Book

3 in 1: Bibione, Das Flüsterzimmer, Zerbrochene Sommer E-Book

Lothar Schenk

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Beschreibung

3 in 1! 3 satirische Erzählungen. 3 Mal satirischer Wahnsinn in einem Buch vereint: Bibione, Das Flüsterzimmer und Zerbrochene Sommer.

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Lothar Schenk wurde 1954 in Borken, im westlichen Münsterland, geboren. Heute lebt der Autor in Südthüringen.

Inhaltsverzeichnis

Bibione

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Kapitel 34

Kapitel 35

Kapitel 36

Kapitel 37

Kapitel 38

Kapitel 39

Kapitel 40

Kapitel 41

Kapitel 42

Kapitel 43

Epilog

Über das Buch

Das Flüsterzimmer

1 Wahnsinn und Spuk

2 Tod im Wohnheim

3 Walter

4 Der Dirk, die Yu, der Emil

5 Exorzismus

6 Dirk

7 Spuk

8 Und noch mal Tod im Wohnheim…

9 Conny

10 Pflege

11 Das Flüsterzimmer

12 Bibione

13 Psychiaterliebe, Bibione, Mord und Totschlag…

14 Ruf an!

15 Der Mörder sitzt immer im Garten…

16 Das Kloster

17 …

18 Der Brief

19 Klinik

20 Der Brief und der Verdacht…

21 Hunderückkehr nach Bibione…

22 Also doch: Der Mörder sitzt immer im Garten…

Zerbrochene Sommer

Prolog

1 Knochenschnee

2 Ecce homo…

3 Kommissar Sanin

4 Ein Knochen kommt selten allein

5 Marlinger Waalweg

6 Bletterbachschlucht

7 Für Silke

8 Knochenalarm

9 Der Mörder ist immer der…

10 Zweiter Hauptsatz

11 Der Anton, der Friedhof, der Joe

12 Es lebe der Zentralfriedhof Teil 1…

13 Es lebe der Zentralfriedhof Teil 2…

14 Geisterstunde…

15 Und schon wieder Knochen…

17 Die Jagd hat begonnen…

18 Bibione und Venedig

19 …

20 Phantom

Epilog

Lothar Schenk

Bibione

Books on Demand

1

In diesem Jahr steht der Urlaub unter keinem guten Stern, und jetzt überleg mal, was schon vorher alles bei denen passiert ist, und du sagst das ist kein Problem, klar, du sagst wie oft ist wichtig, und der Emil, der ist ja mindestens schon dreißig Mal in Bibione gewesen, nicht nur ein paar Tage, denn das bringt nämlich gar nichts, sagt der Emil, und jetzt pass auf, es ist immer die Galle und die Fettleber beim Emil, also nicht die Leber, sagt der Arzt, und der Emil sagt, dass er kein Mädchen ist, und das Italien ja EU ist, und dass Norditalien noch näher ist, also fast schon Südtirol, also am Meer, und was soll denn da die Galle und die Fettleber für Probleme machen. Einige Risiken gibt es schon, jetzt denk mal im Sommer, da ist es schön heiß und der Sand glüht, also die Füße, wenn du zwischen den Liegen rumläufst, aber da gibt es Rettung: Die Schirme und das Wasser, und immer schön einschmieren.

Die dicke Jenny ist seit einer Woche arbeitslos, also die mit dem schwulen Pikinesen, Joschi heißt der, und die Jane, also die Schwester von der Jenny, die ist schon länger arbeitslos, Hartz 4, aber da gibt es ja die Kurse, und die Jane macht gerade einen, schon seit über drei Monaten bei der Volkshochschule, damit sie danach den Computer besser anschalten kann, aber viel lernen meint sie: ich weiß nicht, und die Jenny kriegt ja voll, also das Arbeitslosengeld 1, was dann in dem Jahr gut reicht, weil sie zusammenwohnen, die Jenny und die Jane, nur der Zeitpunkt ist ungünstig, also wegen dem Urlaub, wegen dem verflixten Kurs, sagt die Jane, aber da hat die Hausärztin schon gemeint: krankschreiben für drei Wochen, das Auto vielleicht noch, aber da können sie ja mit dem Flugzeug fliegen oder mit dem Zug fahren, also nicht extra herrichten und neuen TÜV.

Und der Hubert? Na ja, in diesem Jahr ist die Schule total anders, also die Ferien, und die Daisy ist ja die Frau vom Hubert, und die war früher Biologielehrerin, und die Daisy ist Frührentnerin weil der Schulbus die Daisy mit voller Wucht erwischt hat, also von vorne, und das hat lange gedauert, aber jetzt geht´ s wieder, na ja, das Gesicht. Heute hat die Daisy den Jacko aus der Klinik geholt, Englische Dogge, unkastriert, weil die Daisy und der Hubert sind totale Pazifisten, also kastrieren ist Gewalt, und das hat viel gekostet, aber jetzt geht´ s wieder, ach so: und dass der Jacko immer so viel kotzen musste ist noch wichtig, dass sie in der Klinik schon meinten Gift, aber war nicht, die haben dem Jacko da schon oft geholfen, denk mal damals, als der große Hund den Jacko, aber der war gar keine läufige Hündin, und das hat bestimmt ganz schön weh getan und hat ordentlich geblutet. Aber jetzt zum Urlaub. Das ist ja ganz schön blöd, hat die Daisy gemeint, also das mit den Ferien in diesem Jahr, aber da hat der Hubert einen Trick, denn mit der Fortbildung und den Ferien geht´ s doch mit dem Urlaub.

Die Morgana, also ich glaube die stellt sich die ganze Sache viel zu einfach vor, ist doch klar: zum aller ersten Mal in Bibione und dann mit dem Twingo, gut, der hat das Schiebedach, aber sonst. Früher war sie ja mit dem Hans-Dieter zusammen, und der ist bestimmt auch unten, aber mit dem ist sie ja nicht mehr zusammen, also seit fünf Monaten, und der Hans-Dieter ist ja früher sowieso immer alleine gefahren, und deswegen war die Morgana ja noch nie in Bibione, aber dafür in diesem Jahr, und ohne den Hans-Dieter.

Und jetzt wird´ s spannend! Die Zwillinge aus Essen haben schon gebucht, hat der Hertenhubert am Telefon gesagt, also die blonde Ellen und die blonde Marianne, also der Willi und der Hubert sind die Zwillinge aus Herten, und der Hertenhubert ist nicht der Lehrer.

Der Emil ist ja bei der Zeitung, und der soll jetzt plötzlich diese Reportage schreiben, und nicht nur das Wasser ist verdächtig, aber das ganz besonders, deshalb soll der Emil Urlaub in Bibione machen, und dort soll er dann immer auf der Lauer liegen und der Frage nachgehen: hat sich was mit der Strömung verändert, oder sind es nur die Algen?, aber irgendetwas wissen die bei der Zeitung doch mehr, denkt der Emil, und der ahnt schon, das könnte wieder wie in dem italienischen Bergdorf werden, ich sag nur: die rechten Hände, aber der Emil hat sie ja nicht gesehen, also dass die denen fehlen, das weiß er alles nur von der Judy, aber die ist ja seit Jahren verschwunden, aber der Emil hat ja damals kräftig mitrecherchiert, nicht nur die Judy, bloß gesehen hat er sie nicht, und natürlich die Hunde.

Die Daisy und der Hubert, eigentlich ja zuerst der Vater von der Daisy, und dann der Emil, der glaubt das auch: Die Hunde können sprechen! Der Jacko: Englisch, Deutsch und Italienisch. Der Marc-Aurel: sieben Sprachen, italienischer Bergdorfhund, Mastino, also der Freund vom Jacko und vom Joschi. Wie war das denn beim letzten Mal, genau: Nordamerika und der Gemüsebomber, und der alte Schotte, also der Trapperspieler, und zurück ging´ s mit dem Fischbomber, und der Joschi war bei den beiden schwulen Indianern, und die haben ihn Daisy genannt, aber nicht lange: Flucht im Flugzeug, und jetzt heißt der Joschi wieder Joschi und ist wieder bei der Jenny.

„Also noch mal Emil. Du glaubst wirklich dass der schwule Miniflokati von der Jenny und der sabbernde. Na wie heißt der? Genau! Der Jacko! Der von der Daisy und dem Hubert. Also die waren ja immer schon. Aber du? Du glaubst im Ernst. Also die Hunde. Dass die sprechen können. Übrigens. Noch was. War eigentlich die Daisy schon wieder beim Gesichtschirurgen? Ich meine der Schulbus und dann Frührente. Die sieht doch verboten aus. Also lachen. Das geht doch gar nicht. Wie der Joker. Also der Jack Nicholson im Batman“, meint der Henry am Telefon. Und jetzt kann´ s losgehen!

2

Der Kaftanfreddy ist schon unten, aber vorher fährt er immer nach Marokko, und der Ingo 1, also nicht der mit dem Zementwerk, der mit dem Lastwagen, ist auch schon unten, der Ingo 2, also der mit dem Zementwerk, kommt nämlich erst nächste Woche.

Aber jetzt pass auf, die Pizza, der Ingo 1 hat die große Staggione bestellt, und unterm Tisch liegt der Hund vom Kaftan, Analphabet, Zwergpudel, und der Kaftan hat die Margarita bestellt, auch die große, du weißt schon, die mit der vielen Wurst, und die ganze Promenade ist voll, Bibione im Hochsommer, abends, aber es ist noch nicht dunkel. Und dann fällt der Kaftanfreddy vom Stuhl. Tot! Also: Der Ingo 1 und der Wirt rufen die Rettung, und bis die kommt dauert natürlich zu lange, und der Pudel ist weg, macht aber nichts, und dann kommen die Carabinieri, und die Leute gaffen, und dann kommt der Leichenwagen, und danach ist wieder Ruhe: denkste, am nächsten Tag geht´ s weiter. Zuerst kommt der Emil, dann kommen die Zwillinge aus Essen, dann kommen die Zwillinge aus Herten, und die Daisy und der Hubert mit Hund, und die Jenny und die Jane mit Hund, und dann kommt die Morgana mit dem kaputten Twingo, rechte Tür und vorne, die Autobahn, und zuletzt kommt der Henry, und Hotel und Camping sind super, und dann nimmt jeder sein Handy: Wir sind da!, Wir auch!, Ich auch!, also alle, und abends treffen sie sich in Bibione auf der Promenade, und dann essen einige ein Eis, und später treffen sich alle beim Italiener, also da, wo gestern der Kaftanfreddy tot vom Stuhl gefallen ist, alter Schwede, nach der großen Margarita!, und alle sind total schockiert, und beim Emil geht die Story los.

„Der Esel!“

„Was für´ n Esel?“

„Der Pizzaesel!“

„Wie Pizzaesel?“

„Ja der Wurstesel!“

„Wurstesel?“

„Ja! Pizza. Der Kaftan. Große Margarita. Tot! Klar, oder?“

„Ne! Nicht wirklich.“

Also der Emil: Esel.

Die Jenny: Ne! Nicht wirklich.

Und die Daisy: Schwein oder Rind, also kein Esel, aber: Vielleicht doch.

Und jetzt du, also ich glaub an das Schwein, der Speck, darin versteckt sich so viel, also riech doch mal, die Umwelt und das ganze Gift, niemals der Esel, der wohnt doch im Gebirge, und der Strand, also das Meer, nein, völlig falsch, nicht das Meer sondern die Lagune, aber nicht die, also die in Bibione, sondern die, die etwas weiter wegliegt, schreibt die Zeitung, aber nicht genau, sondern nur dass diese alte Eisenröhre schuld sein soll und nicht die Algen, also ich würde denen nicht glauben, und der Emil glaubt denen natürlich auch nicht, da sind nämlich noch die Allergischen, also die Roten, aber die sind nur oben rot, also im Gesicht und die Oberarme usw., nein aufpassen, die Haare auch, weil die nämlich jetzt bei denen auch rot sind, und die Ärzte sagen macht nichts beim Baden, nur nicht zu lange und mehr Schatten, also auf zum Leuchtturm, und da sind ja mehr Pinien, also wenn du nackt badest, dann bist du ja sowieso beim Leuchtturm, und eine Woche die Blauen, sagen die Ärzte, nicht die, die anderen, auch wenn die fast genau so aussehen, also von der Farbe her, einige bekommen auch eine Spritze und Tabletten von den Ärzten, und nur ein kleines Mädchen, das bekommt eine Spritze, eine Infusion und Tabletten von den Ärzten.

Also der Emil, der kennt doch den Jovanni, und der Jovanni ist doch der Apotheker in Bibione, und der hat doch das große Labor, und der macht immer diese Untersuchungen, und der untersucht auch das Wasser, und der Emil und der Jovanni recherchieren schon ganz schön, und die haben schon einen unheimlichen Verdacht, quasi hier geht was nicht mit rechten Dingen zu, quasi Spuk.

Die Hunde haben auch schon einen Verdacht und liegen am Strand kräftig auf der Lauer, und der Joschi, die Peggy, also der Pudel vom toten Kaftan, und der Kopernikus, also der schwarze Dackel vom Jovanni, ergänzen seit heute das Team, und der Marc-Aurel wohnt mit der alten Gräfin in ihrer Villa im Nachbarort.

3

„Kuck mal die Kleine!“ „

„Wo?“

„Ja da! Am Wasser. Der gelbe Badeanzug.“

„Die so hinkt?“

„Ja genau. Die aussieht wie der Pumuckl.“

„Aber kuck mal, der. Wahnsinn! Feuerqualle? Und die Arme.“

„War die nicht gestern noch blond? Vielleicht hat sie sie färben lassen?“

„Nein, das gibt’s ja. Also niemals. Auch kein Frisör schafft das, also das Rot nicht!“

„Und dann?“

„Keine Ahnung. Ich leg mich lieber in den Schatten. Da vorne. Die große Pinie.“

„Ich komm mit.“

Und wer liegt schon unter der großen Pinie und filmt, genau, der Emil mit der Cam, und der hat alles drauf, das Meer, den Strand, die Gespräche, einfach alles, und die Daisy und der Hubert sind im Wasser, und die Anderen liegen am Strand, oder sie gehen Schoppen, und der Jacko und die anderen Hunde, na ja, sagen wir streunen, aber ich bin skeptisch, aber bestimmt machen die ganz was anderes, und plötzlich hat der Emil das Deja-vu, also ich glaube wegen der Kamera und der großen Pinie am Strand, das ist doch genau die gleiche Pinie!, denkt der Emil, damals: der alte Schlucker: Super 8, und die nackte Daisy: und ihr Badetuch, und der nackte Emil: vor der Pinie, neben dem Badetuch, also pass auf, die Daisy und der Emil, da ist noch ganz viel Spannung zwischen denen, ich meine beim Frühstück und so, also zwischenmenschlich negativ zwischen denen, noch von damals, also die Pinien- und Badetuchstory, aber Geduld, die Story kommt noch, jetzt kommt erst einmal der Ingo 2 mit dem Wohnmobil, falsch: Jumbojet, und der Jumbojet passt um keine Kurve, da muss schon die Landebahn direkt zum Strand führen, also: Campingplatz, und beim ersten Parkversuch gleich Volltreffer, und dann geht der Ingo 2 gleich zum Strand, also der Ingo 2 ist ein paar Tage früher gekommen, als er gesagt hat, und hat schon gehört: Der Kaftan!, und abends laufen sie auf der Promenade herum, einige essen Eis, und dann treffen sich alle beim Italiener, und dann guck mal die Daisy: Badeunfall wie die anderen, aber nur oben, der Kopf usw., also: dunkelrotes Joker-Face, dunkelrote Arme, knallrote Haare, aber kein Hut, ich meine sonst sähe die Daisy jetzt ja fast wie der Freddy aus, nein, natürlich nicht wie der Kaftan, wie der Krüger Freddy, klar oder?, und der Hubert starrt entsetzt die Daisy an, also der Blick vom Hubert, der ist wohl deshalb so entsetzt, weil die anderen nicht so aussehen, nur die Daisy, und der Ingo 2 bestellt die große Margarita, also die mit der vielen Wurst, und was dann passiert ist klar, oder, also ich hätte die große Margarita nicht bestellt, aber wahrscheinlich hat ihn niemand gewarnt, quasi einfach vergessen, jedenfalls fällt der Ingo 2 nach genau, weil der Emil hat nämlich vorher rein zufällig auf die Uhr geschaut, also nach genau zwanzig Minuten Margarita fällt der Ingo 2 vom Stuhl: Tot!, und dann: der Ingo 1 und der Wirt rufen die Rettung, und bis die kommen dauert natürlich zu lange, und dann kommen die Carabinieri, und die Leute gaffen, und dann kommt der Leichenwagen, und dann: Entsetzen!, eigentlich schon vorher, und dann verlassen alle die mörderische Pizzeria, und der Emil mit der Cam, der hat natürlich alles aufgenommen, und die Hunde: die haben schon einen Verdacht.

4

Der Ausflug ist jedes Jahr der gleiche, und dann nach dem Urlaub werden die Videos in Essen, Herten, usw., natürlich mit Beamer, gezeigt, und dazu gibt es Bier und belegte Brötchen, ach so: Schnaps auch, also: Bibione, Grado, Aquileia, Cividale, Dolomiten, bis nach San Daniele: der Schinken!, also: Altstädte, Bauernhöfe, Wurstfabriken, Weingüter, Destillen, viel essen, viel trinken, wandern, eintägige Busreise, ohne Hunde.

Die Camper haben Stress, die Nacht ist keine Gaudi, die Carabinieri wollen nämlich den Jumbo vom Ingo 2 abschleppen, also einmal über den ganzen Campingplatz, weil fahren zu schwierig ist, also abschleppen und anstoßen, die ganze Nacht, und die Daisy ist nicht mehr rot, auch nicht die Haare, dass der Hubert staunt, wie schnell, und die Jenny ist jetzt mit dem Ingo 1 zusammen, ich glaube die Jane auch, obwohl, und der Emil: viel recherchieren, kaum schlafen, klar oder?, und der Willi und der Hubert, also der Hertenhubert, die haben mit dem Jovanni gesprochen, also mit dem Apotheker, und der meint: schwierige Sache, das mit dem Wasser und so, und die Zwillinge aus Essen, also die blonde Ellen und die blonde Marianne, die glauben seit dem Kaftan an gar nichts mehr, haben sie gesagt, und die Morgana ist jetzt mit dem Ringo zusammen: frisch rasierte Glatze, Rostock, Fußball., und der Rostockringo hat den Henry schon zweimal bedroht, weil der Bremenfan ist, aber der Henry ist Gerüstbauer, und da hat der Rostock überhaupt keine Chance.

Dass die Hunde schon unterwegs sind denkt niemand, schwarzfahren, der Kopernikus kennt sich aus, also Lastwagenladefläche ab Bibione mit dem großen Lebensmittellaster, natürlich unbemerkt, dann mit dem Zug bis ins Gebirge, auch unbemerkt, und die Hunde sind sogar früher in San Daniele als die Anderen, auch unbemerkt, aber vorher besuchen sie noch: die geheimnisvolle Wurstfabrik! Die kleine Peggy und der schwule Joschi lenken den Pförtner ab, und die Anderen schleichen vorbei, und dann entdecken sie die Schweine, und ein rostiges Rohr Richtung Fluss, und der Fluss fließt Richtung Lagune, und jetzt kommt´ s, die Schweine sprechen einen Dialekt, und der Marc-Aurel und der Jacko verstehen das Meiste, aber einige Schweine sprechen etwas anders, wie im Osten, Balkan, Rumänien, usw., und dann kommt die Schweinemetamorphose: italienische Salami, San Daniele Schinken, usw., also mein erster Gedanke wäre: die Maffia!, aber warum sprechen einige Schweine den Dialekt?, und andere sprechen östliche Sprachen, und die Hunde beschließen: volle Deckung, nur beobachten, also keine Kontaktaufnahme mit suspekten Dialektschweinen, belauschen, das Fabrikgelände erkunden und zwar unbemerkt.

Das Rostrohr mündet unter Wasser, äußerlich unauffällig, also das Flusswasser, kleine Schiffe tuckern vorbei, und dann kommt ein Kampfhund angerannt und der Pförtner, und der Pförtner hält die polierte Doppellaufflinte, und die glänzt in der Sonne, und dann feuert der Pförtner auf die Hunde, und dann strecken die kleine Peggy und der Kopernikus ihre Zungen raus und rufen ganz laut ätsch daneben, und verschwinden im Gebüsch, und dann schnell über den Fluss, die anderen sind schon drüben.

Der jährliche Ausflug im prall gefüllten Bus führt durch Altstädte, dann folgen Weingüter, und zwei Wurstfabriken, und zwei Destillen, und es ist hochsommerlich heiß, und danach legt der Busfahrer die CD mit der italienischen Folklore ein, und die Stimmung steigt noch mehr, und dann grölt der Rostockringo das Horst Wessels Lied, und der Hubert ruft mit dem Handy die Carabinieri, da kennt der Hubert keinen Spaß, und dann zerren die Carabinieri den Rostock raus, und die Morgana schreit hysterisch und wird gleich mitverhaftet, und dann fährt der Bus weiter, und die Stimmung ist auf Null, und dann erreichen sie San Daniele und fast alle essen Schinken, fast, weil der Hubert und die Daisy wandern.

5

Die Ermittlungen sind beendet. Kein Gift in der Salami. Die Margarita war es nicht, sagen die Carabinieri. Vermutlich natürlicher Tod, der Kaftan und der Ingo 2. Auch das Wasser war es nicht, also das Meer, da ist gar nichts nachweisbar, sagt der Jovanni, vielleicht die Algen, aber die sind harmlos.

Der Rostock ist mit der Morgana im Twingo abgereist, und nie wieder Bibione, also wegen der italienischen Polizei und so, hat der Rostock geschimpft, und dann wollen sie erst mal in den bayrischen Wald fahren und dann weiter.

Die Anderen sind den ganzen Tag am Strand, also Baden, und nichts passiert, und abends laufen sie auf der Promenade herum, keiner mag Eis, und dann treffen sich alle gleich beim Italiener, natürlich sitzen sie wieder an dem großen lange Tisch, da wo alle Platz haben, aber diesmal bestellen sie nur die Frutti di, also die große Meerespizza, und einige bestellen die Stagione, und auf gar keinen Fall die Margarita mit der vielen Salami, aber einige Tische weiter sitzen zwei unbekannte Dicke, also eine Dicke und ein Dicker, und beide essen die große Margarita, also ich, und dann fällt der Dicke vom Stuhl, und jetzt du: Tot?, und jetzt kommt´ s: Nein!, total besoffen, also Koma, und die Dicke schreit und ist natürlich total schockiert, also: Der Ingo 1 und der Wirt rufen die Rettung, dauert natürlich zu lange, und dann kommen die Carabinieri, und die Leute gaffen, und dann fährt die Rettung den Dicken ins Krankenhaus, natürlich ist der Dicke am nächsten Tag gleich wieder draußen: Urlaub!, also der dicke Otto aus Wuppertal und die dicke Inge, also die Freundin vom Otto, und dann geht ´s gleich zum Leuchtturm, also zum Nacktstrand und nackt, und der Ingo 1, die Jenny, der Emil und die Jane auch, und der Emil hat die Cam und legt sich wieder unter die Pinie. Klar, oder?

Die Hunde sind seit dem Ausflug verschwunden, und die Daisy und der Hubert sind ganz aufgelöst: Wo ist der Jacko?, und die Jenny und die Jane sind auch total aufgelöst: Der Joschi, meine Güte, wo steckt der bloß?, und die anderen sind auch total aufgelöst, aber etwas weniger, also suchen sie überall und sind beunruhigt, aber der Jovanni hat ja die Karte und das Hausboot, und dann gehen der Hubert, die Daisy, der Jovanni und die Jenny an Bord des Hausbootes und schippern von der Lagune immer weiter flussaufwärts, und der Ingo 1 kommt nicht mit: Neue Freundin!, und die Jane ist jetzt mit dem Emil zusammen, also viel recherchieren und so, und die Anderen fahren auch nicht mit weil Nacktbaden wichtiger ist, also viel Strand und so, und abends bevölkern sie die Promenade, essen erst Eis, bevor sie sich dann alle beim Italiener treffen, und bloß keine Margarita.

6

Also Gegenlicht war noch nie meins, die Augen, ich sag nur Bibione, und da hast du nämlich von allen Seiten nur Gegenlicht, pass auf, da rasiert man sich eine Glatze, und sofort wird man nur noch von Männern angequatscht, sogar beim Eisessen auf der Strandpromenade, also der eine aus Oberhausen, wie hieß der noch?, genau: Hans-Martin, der Hans-Martin Hintermann, und damals die Jenny mit dem fetten Pikinesen, ich weiß noch ganz genau beim Italiener, der Pizzaabend mit Horst, Hans-Werner, Josef Mayerhofer mit der rothaarigen Freundin, beide aus Linz, und die Jenny mit ihrem schwulen Pikinesen, und dann kippte der ganze Tisch um, weil der Pikinese sich nicht beherrschen konnte, und weil der Mastino vom Nebentisch so scharf auf den Pikinesen war, also der Hund vom Giuseppe aus Verona, ich sag ´s dir.

Beim Nacktbaden sehen sie alle gleich aus. Wie die italienischen Bergdörfer. Die haben auch alle so was Gleiches. Die kleinen Autos. Alle älter. Und die alten Frauen. Alle in Schwarz. Und die Männer. Alle vor der Bar. Jeder hat einen Esel. Oder gleich zwei. Oder sogar noch mehr. Und der Hund scheißt auf die Straße und läuft weiter. Und der Mann belädt das Dreirad und fährt. Und die alte Frau lächelt. Ein Traum? Nein. Donnerstag!

Der Emil döst.

Erinnerungen!

Der Strand. Und die große Pinie.

Und jetzt pass auf, die Gebirgsdorfstory!

Dass die den Emil ins Gebirge geschickt haben, das war für den Emil keine Gaudi mehr, denn da hört der Spaß auf, aber wirklich, da war der Emil schon an ganz anderen Storys dran, und dann auch noch die Judy, Almen und Trecking waren noch nie seins, Weißbier schon eher, aber wo gibt´ s das da.

Sie sitzen vor der Bar mit der alten Holztür, also die neben der Dorfstraße, mit dem Blechtisch, mit dem alten Stuhl. Der Mann ist gegangen. Sie setzt sich nicht. Sein Blick! Sie geht weiter. Der Fischhändler hat einen rostigen Lieferwagen, und Plastiktüten, es sind nicht viele Kunden, und sie haben es eilig. Sie stehen auf dem Platz vor der Kirche, und die Bäume sind kahl, neben der Dorfstraße, oben.

„Bist du heute allein?“

„Ach so!“

Wo ist sie? Sie muss irgendwo abgebogen sein. Oder hineingegangen. Und dann: Eine Mundharmonika! Oder Geige? Mit jedem Schritt wird das mehr. Welchen Verrat kann ein Fischhändler begehen? Oder der Mann? Der grauhaarige Mann? Oder ein anderer Mann? Irgendeiner. In der Bar. Oder die Zigarettenfrau? Merkwürdige Gesichter! Als hätten sie sie nur ausgeliehen. Vielleicht aus irgendeinem Bild. Nicht selbst gemalt. Nur angemalt. Aber das vergessen sie bestimmt oft.

„Zigaretten bitte! Und ein Feuerzeug.“

Der Fischhändler hat eingepackt. Keine Plastiktüten mehr. Jetzt sind andere auf dem schmalen Dorfplatz. Einige verlassen die Kirche. Schwarze.

„Mein Vater war im Lager. Das ist lange her. Der war auch Fischhändler.“

„Noch einen Espresso!“

„Ich auch!“

Es nieselt. Aber nur kurz. Nur ganz wenige Tropfen. Einige treffen seine Zigarette. Sie geht nicht aus. Der Fischhändler steht auf. Und dann kommt´ s.

„Ich heiße Judy.“

„Judy?“

„Ja genau.“

„Und? Urlaub?“

„Wieso?“

„Ich hab´ dich hier noch nie gesehen.“

„Doch!“

„Wo oder wann?“

„Beim Brunnen. Im Vorbeigehen.“

Im Vorbeigehen. Gibt´ s denn so was, denkt der Emil.

Also ich persönlich. Nein. Ich hätte sie ja niemals angesprochen, obwohl. Ihre Augen! Nein. Nicht nur. Ihr nachdenklicher. Nein. Ihr trauriger Blick. Als müsste sie jeden Moment losheulen. Und rat mal was dann kommt? Dann kann sie sich schon vorher darüber amüsieren. Ist das nicht irre?

Der Emil meditiert die Dorfstraße, von unten nach oben, quasi bergauf, und dann verfolgt der Emil den Strich auf der Dorfstraße, und der ist kaum zu erkennen, also verwaschen aber genau, und der begrenzt sie, gegenüber, also kein verwaschener Mittelstreifen, weil eine Mitte die gibt´ s in dem Dorf nicht, schon gleich gar nicht auf der Dorfstraße, hier gibt´ s nur rechts und links, und das reicht doch, oder?, und was macht er dann?, einfach Wahnsinn!, er lässt ihn ziehen, also den Strich, in Gedanken, immer weiter bis sie schmaler wird, zur Mitte hin leicht gewölbt, und hinter der Rechtskurve, gleich hinter dem schmalen Dorfplatz, gegenüber der Kirche, biegt der Emil in Gedanken ab in die enge Gasse, und die ist auch mittags finster, auch wenn die Sonne scheint, Haus an Haus, alt, uralt, manche sind ganz schief, sich entgegenbeugend, als wollten sie sich mit ihren Giebeln berühren, und sie bewegt sich, unsichtbar, klar, eine Stille.

Sie hat sich nicht umgedreht, geht hinein, er bleibt stehen, ein Frösteln, undefinierbar, vielleicht zufällig, er weiß es nicht. Die Tür steht offen. Er betritt, zögernd einen Fuß vorsichtig vor den anderen setzend, einen langen Flur.

Hast du das Lächeln mitgebracht? Dein Lächeln. Oder hat es jetzt der Fischhändler? Oder die Tabakfrau? Warum fragt man sich das, denkt der Emil: keine Ahnung, stellt er fest.

Im Ort kursieren Gerüchte. Vielleicht hat jemand etwas herausgefunden. Vielleicht ganz zufällig. Oder etwas gefunden. Wer weiß.

Sie steht hinter der halb geöffneten Tür.

„Komm rein!“

Es klingt seltsam.

Vielleicht nur Einbildung.

„Ja gerne.“

Nebenan hört er Geräusche. Eine Frau geht vorbei. Wortlos.

„Deine Mutter?“

„Nein. Setz dich an den runden Tisch! Ich mache uns Espresso.“

Der Emil betrachtet das Bild. Schwarzweißphoto.

„Wer ist das? Eine Verwandte?“

„Nein. Ich kenne sie nicht. Es lag in irgendeiner Schublade. Nimm es mit!“

7

Sie verlaufen doch alle gleich. Aber wir meinen, dass sie sich unterscheiden. Wir haben ihnen sogar Namen gegeben. Einer heißt Montag. Einer heißt Dienstag. Und es gibt Sonntage. Und die festlich geschmückten Osterund Weihnachtstage. Und dann gibt es noch ganz viele andere Tage, an denen die Heiden feiern, und die Druiden, und die Buddhisten, und die Anderen, und sie verlaufen alle gleich, jedenfalls glaube ich das.

„Gibst Du mir auch eine? Ich lade Dich dafür zum Espresso ein.“

„Ja gern. Hier nimm!“

„Siehst Du sie? Jetzt kommen sie heraus. Hochzeit. Meine Enkelin.“

„Und?“

„Wie, und?“

„Na ja. Hochzeitsgäste. Eltern. Trauzeugen. Freunde.“

„Die haben niemanden eingeladen. Nur heiraten. In der Kirche. Sonst nichts. Sie ist im sechsten Monat. Er ist Busfahrer. Hat ein Haus geerbt. Von seiner Urgroßtante. Schon weit über Neunzig. Sieht aber wesentlich jünger aus. Adelige. Wohnt etwas außerhalb. Vielleicht zehn Minuten mit dem Auto. Altes Landschloss. Sie war nie verheiratet.“

Die alte Frau steht auf. Sie zahlt in der Bar. Dann geht sie.

Das Hochzeitspaar ist verschwunden. Der schmale Platz vor der Kirche ist leer. Der dunstig graue Himmel platzt auf. Einige Sonnenstrahlen werden freigelassen. Dann verschließt er sich wieder.

Ja, und damit hat wohl keiner gerechnet. Die Judy ist verschwunden. Schon seit mehreren Tagen.

„Noch einen Espresso?“

„Ja!“

Die Zigarettenfrau hat ihren Laden zugesperrt. Sie sitzt in der Bar und liest Zeitung. Das Dreirad steht vor der Bar. Der Mann raucht und liest Zeitung.

„Warst du schon mal in Mexiko?“

„Nein, noch nie. Und du?“

„Vor einigen Jahren haben wir eine Rundreise gemacht. Keine Pauschalreise. Wir haben uns in Florida einen uralten Ford gekauft.“

Der Bus hält. Judy steigt aus. Obwohl. Jetzt, wo sie immer näher kommt. Es ist gar nicht Judy. Sie sieht ihr aber verdammt ähnlich. Und dann das: Sie geht vorbei.

„Hast du das Flüstern gehört?“

„Nein?“

„Der Hund! Er hat eine blutige Schnauze.“

„Er hat bestimmt eine Ratte erwischt.“

„Ja genau! Eine fette Ratte.“

Der Mann lächelt und steigt ein. Auf der Ladefläche liegen Zementsäcke. Und Werkzeuge. Und die Schaufel. Dann knattert er bergauf. Die Zigarettenfrau lächelt und geht zurück zu ihrem Laden. Der Emil folgt ihr. Der Müllfahrer kauft auch Zigaretten.

„Es ist Judy! Hinter einem Dickicht. Feigenbäume und Sträucher. Ihre rechte Hand fehlt.“

„Vielleicht war es der Hund?“

Schweigen.

„Hast du sie gefunden? Nein. Nicht sie. Nur das, was Aasfresser übrig lassen. Fast nichts. Ganz in ihrer Nähe lag ihr völlig zerbissener kleiner Rucksack. Ihr Personalausweis war noch halbwegs lesbar. Die Beamten haben alles mitgenommen. Was halt noch so rumlag.“

Und dann entdeckt der Emil später noch einige etwas ernstere Gesichter. Sonst nichts. Die Zigarettenfrau lächelt. Der Mann lächelt. Andere Frauen und Männer lächeln. Der Fischhändler trinkt mit dem Pfarrer. Sie rauchen. Vor der Bar. Auch der Hund lächelt, jedes Mal, wenn er wieder an der Bar vorbeiläuft. Sonst nichts.

8

Mal ganz von vorne, also diese italienischen Bergdörfer, da passiert nie was, den Mörder musst du von zu Hause mitbringen, und selbst dann, vielleicht mal der Monsignore, dass er mal ein oder zwei Messdiener, du weißt schon, aber das merkt doch sowieso keiner, oder der Esel fällt um. Vor drei Tagen stand in der Zeitung, dass im Nachbarort, auch so ein Bergdorf, eine Einundsiebzigjährige Zwillinge gekriegt hat, Mutter und Kinder wohlauf, Leihmutter, das nenn ich Süden, da hängt die Pomeranze über zwanzig Jahre ununterbrochen am gleichen Baum, da tropft schon der Saft raus bevor die dann endlich runterfällt, und schmeckt ganz süß, stell dir das mal vor, aber darum geht´ s hier ja gar nicht: Die Judy wurde gefressen!, und der Emil spielt den Detektiv, mal sehen.

Der kleine Platz ist fassungslos, und die kahlen Bäume wechseln Schatten, quasi du den, und ich den, das Licht, mal Sonne, dann wieder Bewölkung, manchmal fast schon Dunkelheit.

Man hört sie. Den Fischhändler. Den dicken Melonenverkäufer. Den Käsehändler. Den Brothändler. Und die Gemüsefrauen.

Ein Kleinbus hält neben der Kirche. Ältere Touristen steigen aus. Sie tragen Baseballmützen.

Der Hund hat gute Laune. Er liegt neben dem Verkaufswagen des Metzgers.

„Noch einen Espresso?“

„Ja gerne!“

Das Dreirad steht vor der Bar. Der Mann liest Zeitung. Raucht.

„Du auch noch einen?“

„Ja!“

Und dann geht´ s los, die beiden Frauen, alter Schwede, beide Ende Zwanzig, beide mit Rucksack, eine blättert im Reiseführer, die andere hat einen Gehfehler, und ihr Blick, und der Pikinese, ich sag nur: Bibione, die Jenny mit ihrem schwulen Pikinesen, und ihre Schwester, die Jane.

Sie stehen weiter weg und fragen den Emil: „Sorry! Is this the church with the doubleheadmummies?“, und der Emil: „Yes, of course.“, und beide antworten fast gleichzeitig: „Thank you.“, und dann lächeln sie gequält und schleppen ihre Rucksäcke Richtung Kirche, und die kennen sich zu diesem Zeitpunkt ja alle noch nicht, also der Emil die Jenny und die Jane und den Pikinese, also den schwulen Joschi, das kommt ja alles erst noch, und ich sag nur: Tauchstation!

„Dein Espresso!“

„Danke!“

Ein außergewöhnlicher Tag: Plastiktüten und Touristen.

Die Mumien liegen unter der Kirche. Man erzählt sich eine Menge Spukgeschichten. Die Mumien sind wohl aus dem frühen Mittelalter.

Der Mann raucht Janus. Und der Fischhändler. Die alte Frau auch. Und der Emil. Die Zigarettenfrau hat sie ihm empfohlen. Is ja ´n Ding, denkt der Emil, stell dir vor du bist Zwei, also ein Janus, und dann stell dir die kahlen Bäume vor, und den Markt, und die Menschen hier, und seine Gedanken springen höher, Fluchtversuche vor dem Unvorstellbaren?: vielleicht, und dann spürt er, wie sie immer wieder in ihn hineinbeißen, wie sie ihn begrabschen, und der Emil spürt diesen Schmerz, und wie der ihn dann mehr und mehr wieder verlässt, wie er jetzt ganz verschwindet, und wie sie Stück für Stück aus ihm herausbeißen, wie sein Blut läuft, wie sie es saugen, wie sie es lecken, wie sie ihm in den Kopf beißen, wie sie ihn ihm abbeißen wollen: Nein!

Das Dreirad knattert vorbei. Der Mann winkt. Der schmale Marktplatz gähnt. Mittagssonne. Der Fischhändler fährt als Letzter. Die alte Frau sitzt neben dem Emil vor der Bar. Sie raucht Janus, trinkt ein Glas Weißwein, Schweigen. Die kahlen Bäume strahlen.

9

Tagträume verschönern manche Orte und auch manche Tage, besonders dann, wenn es in Strömen gießt, es über Nacht fast winterlich kalt geworden ist und der Tag einfach nur Mittwoch heißt, und du bist der einzige Raucher, der vor der Bar mit seinem eiskalten Espresso unter der Markise sitzt, und drinnen sitzt der Emil, und noch Andere, und dann hörst du ein Poltern, der Esel zieht den Holzkarren vorbei, die schmutzige Plane wölbt sich, er blickt mürrisch, vielleicht ein Bauer, oder ein Schäfer aus dem Gebirge. Später stellt sich heraus, dass es der Bestatter ist. Er wohnt nicht im Ort.

Eine schwarze Limousine hält vor der Bar. Zwei schwarz gekleidete Herren steigen aus. Sie tragen Hüte. Die Zigarettenfrau verlässt die Bar. Im Vorbeigehen nickt sie kurz. Sie geht zu ihrem Laden. Sie zieht das schwere Eisengitter herunter. Dann geht sie weiter. Später steht sie mit mehreren Frauen vor der Kirche. Es regnet nicht mehr. Die schwarz gekleideten Herren verlassen die Bar. Sie fahren zum kleinen Platz.

„Eine Messe? Heute?“

„Eine Totenmesse! Sie beerdigen Judy. Ich werde helfen. Beim Schaufeln. Viel zu schaufeln gibt´ s ja nicht. Ein Baby-Sarg. Eine kleine Holzkiste. Weil kaum was von ihr übrig ist. Mal sehen“, und dann knattert der Mann mit dem Dreirad Richtung Marktplatz.

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Der Dreirad schleicht nachts mit einem anderen Mann über den Friedhof.

Der andere Mann: „Hast du die Schaufel?“

Der Dreirad: „Still! Da kommt jemand. Versteck dich!“

Der andere Mann kauert sich neben die Brunnenmauer.

Der Dreirad nach einigen Minuten: „Komm raus! Es war nichts. Vielleicht irgendein Tier. Katze. In letzter Zeit wurden vereinzelt Wölfe gesichtet. Die Schäfer haben sie beobachtet. Wir müssen höllisch aufpassen. Kein Licht! Es muss schnell gehen. Geräuschlos.“

Der andere Mann(in Bezug auf den Emil): „Meinst du, er ahnt etwas?“