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**Es wird romantisch und sexy: vier gratis Leseproben mitreißender Fantasy-Liebesromane – inklusive Belial aus den Izara-Chroniken von Erfolgsautorin Julia Dippel**
In Belial dreht sich alles um den gleichnamigen Dämon, der im Alten Rom um die Seele der Tempeldienerin Cassia wetteifert.
Zwischen Flame und Dark sprühen im Reihenauftakt von Henriette Dzeiks Flame nur so die Funken, wäre da nicht das gefährliche Turnier, das die Götter zur Jahrtausendwende veranstalten …
Magdalena Gammel bringt die Leserherzen in Juniper Moon zum Stolpern. Denn der Teufel höchstpersönlich scheint in Arcanum – der Stadt der Hexen und Dämonen – das Interesse an der Hexe June gefunden zu haben.
Und in Obsidian Castle von Cristina Haslinger begibt sich Bay in unterschiedlichen Welten auf die Suche nach einem verlorenen Kristall, um ebendiese zu retten!
4 Liebesgeschichten-Häppchen zum Dahinschmelzen in einem packenden Bundle, worauf wartest du?
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Julia Dippel
Belial – GötterkriegAus den Izara-Chroniken
Staub tanzte in den Sonnenstrahlen, die durch das kleine Fenster fielen. Ein Bett, ein Tisch, ein Stuhl … sonst nichts. Mir wurde die Kehle eng. Man hatte Daphnes Habseligkeiten bereits weggebracht und trotzdem schwebte die Erinnerung an die junge Priesterin noch immer in diesen vier Wänden.
»Glückwunsch!« Lorentin klopfte mir unbeschwert auf die Schulter. »Schaff deine Sachen bis zum Mittag hier rauf, dann können wir die Kammer im Keller endlich wieder als Lager nutzen.«
Ich ballte die Hände zu Fäusten. Feingefühl hatte der junge Hexer noch nie besessen, aber jetzt tat er gerade so, als wäre Daphnes Tod ein Glücksfall für alle Beteiligten. Sah er nicht, wie sehr mir das zu schaffen machte?
Nein, seufzte ich innerlich. Er sah es natürlich nicht. Lorentin war nicht der Erste, der an meiner Verschlossenheit scheiterte, und würde auch nicht der Letzte sein. Ich legte keinen besonderen Wert darauf, meine Gefühle mit aller Welt zu teilen – zumal dort draußen unzählige Dämonen nur danach gierten, sie mir zu stehlen.
»Ihr wusstet, was geschehen würde, und habt sie trotzdem zu diesem Monster geschickt …«
Meine Worte klangen zu nüchtern, als dass man den Vorwurf dahinter hätte erkennen können.
Lorentin zuckte mit den Schultern.
»Die Götter bekommen immer, was sie wollen.«
»Die Götter?«, schnaubte ich. »Wieso nennen wir sie nicht bei ihrem richtigen Namen? Sie sind Primus – Dämonen, die sich an unseren Emotionen vergreifen und unsere Seelen verzehren. Was gibt ihnen das Recht dazu? Ihre Macht? Ihre Unsterblichkeit?«
Alarmiert sah Lorentin zur offenen Tür. »Du solltest vorsichtiger sein«, warnte er mich. »Immerhin nennst du den Tempel einer dieser Dämoninnen dein Zuhause.«
Er schien Dankbarkeit von mir zu erwarten, aber damit konnte ich nicht dienen. Ja, die Hohepriesterin hatte mich nach dem Tod meiner Mutter von der Straße aufgelesen. Sie hatte mir Essen, Kleidung und einen Platz zum Schlafen gegeben. Doch das machte diesen Ort noch lange nicht zu meinem Zuhause. Mir war nämlich sehr wohl bewusst, dass Nächstenliebe bei all dem eine untergeordnete Rolle gespielt hatte. Die Hohepriesterin brauchte mich. Deswegen gab sie mir auch Daphnes Zimmer, obwohl ein solcher Raum eigentlich nur einer Priesterin zustand und keiner einfachen Dienerin.
»Ich fürchte mich nicht davor, die Wahrheit zu sagen«, stellte ich klar. »Was soll denn passieren? Wird deine Göttin hier auftauchen und mich bestrafen? Soll sie ruhig! Ich habe eine Menge Fragen an sie. Zum Beispiel, warum es sie einen Dreck schert, dass inzwischen schon sieben ihrer Priesterinnen einen grausamen Tod sterben mussten.«
Mein schärfer werdender Tonfall traf wohl genau ins Schwarze. Der hübsche Hexer nestelte am Gürtel seiner Tunika herum und senkte die Stimme. »Auch die Götter haben ihre Last zu tragen«, antwortete er ausweichend, bevor er schließlich seufzte und mich mit seinen zimtbraunen Augen fixierte. »Es gibt Dinge, die wir ändern können, und Dinge, die wir akzeptieren müssen. Das wusste auch Daphne.« Unvermittelt schob er mich zum Bett und drängte mich dazu, mich zu setzen. »Konzentriere dich auf das, was du ändern kannst«, fuhr Lorentin fort und kippte mich hintenüber, bis mein Kopf auf dem Kissen landete. Sein ausgestreckter Zeigefinger deutete zur Decke. »So hat es Daphne auch gemacht.«
Nur am Rande bekam ich mit, wie er das Zimmer verließ und die Tür ins Schloss zog, denn etwas anderes forderte meine Aufmerksamkeit: Jemand hatte mit Kreide einen Spruch an die Decke geschrieben. Die Buchstaben waren schon verblasst, aber mit einiger Mühe konnte ich sie dennoch lesen.
Trotz der sommerlichen Temperaturen lief mir ein kalter Schauer über den Rücken. Es war, als würde mir Daphne eine Nachricht aus der Unterwelt schicken. Ein paar ehrfürchtige Augenblicke verstrichen, bevor ich kapierte, dass diese Botschaft nicht mir galt. Niemand hätte voraussehen können, dass ausgerechnet ich in diesem Zimmer untergebracht werden würde. Daphne musste die Worte für sich geschrieben haben – an einen Ort, an dem sie sie jeden Tag beim Aufwachen und Einschlafen lesen konnte.
Ich lächelte. Offenbar hatte meine Freundin einen ganz eigenen Weg gefunden, mit ihrer Sterblichkeit umzugehen.
Meine Freundin …
Im Grunde genommen hatte ich Daphne nicht gut genug gekannt, um sie so zu nennen. Trotzdem war sie für mich das gewesen, was einer Freundin am nächsten kam. Sie hatte sich von meiner Unnahbarkeit nicht abschrecken lassen und mich immer nett behandelt, obwohl ich nicht – wie alle anderen hier im Tempel – über Hexenkräfte verfügte.
Ich stemmte mich aus den Kissen hoch und versuchte, mit der unablässigen Wut klarzukommen, die von innen an meinen Mauern kratzte. Eigentlich schützte ich durch diese mentale Abwehr meine Gefühle vor anderen, doch manchmal – wie jetzt – schützte ich auch mich vor meinen Gefühlen. Ohne sie kam ich mir nackt vor, ohne sie wäre ich längst an der himmelschreienden Ungerechtigkeit verzweifelt.
Warum hatte Daphne sterben müssen? Wieso hatte sie diese Einladung angenommen und war nicht einfach geflohen? Aus Loyalität? Pflichtgefühl? Überzeugung? Egal, wie oft und wie lange ich darüber nachdachte, ich konnte es nicht verstehen. Meine Gedanken kreisten, befeuerten meinen Zorn und kehrten wieder zu ihrem Ausgangspunkt zurück: Dämonen, Primus, Götter, wie auch immer sie sich nannten – sie waren schuld an allem, was in meinem Leben schieflief.
Ich gehörte ganz sicher nicht zu den militanten Primus-Gegnern. Jede Daseinsform hatte ihre Berechtigung. Es ging mir nur tierisch auf die Nerven, dass diese Unsterblichen glaubten, alles beherrschen zu dürfen.
Plötzlich riss mich ein hohes Sirren aus meiner Grübelei. Eine Wolke grüner Funken schoss zum Fenster herein und attackierte mich. Knisternd zerplatzte die Magie auf meiner Haut. Es tat nicht mehr weh als ein paar Insektenstiche, trotzdem sprang ich fluchend auf. Ich hatte die Zeit vergessen und sollte längst im Tempel sein. Panisch raste ich aus dem Zimmer, stolperte die Treppe hinunter und lief hinaus in die Gärten. Hinter dem Heiligtum zauberte die untergehende Sonne ein wunderschönes Farbenspiel auf den Himmel. Wie so oft wünschte ich mir, innehalten und das Abendrot genießen zu können, doch ich hatte eine Aufgabe zu erfüllen. Eine Aufgabe, die ich – trotz allem, was geschehen war – sehr ernst nahm. Zum einen wollte ich mir auf gar keinen Fall Unzuverlässigkeit nachsagen lassen. Das konnte ich mit meinem Stolz nicht vereinbaren. Zum anderen besaß ich genug Pragmatismus, um meinen Platz im Tempel nicht unnötig gefährden zu wollen. Roms Straßen waren nämlich kein sehr gnädiger Ort für alleinstehende junge Mädchen. Es kam ohnehin einem Wunder gleich, dass ich es damals irgendwie geschafft hatte zu überleben, ohne mich für Essen prostituieren zu müssen.
Ein schiefes Grinsen schlich sich auf meine Lippen. Das Schicksal hatte wirklich Humor bewiesen, mich ausgerechnet hierher zu führen. Der Venus-Tempel mochte kein Freudenhaus im eigentlichen Sinne sein, aber streng genommen blieb das Gewerbe dasselbe: Gegen eine angemessene Opfergabe konnte man gemeinsam mit den Priestern und Priesterinnen der Liebesgöttin huldigen.
An der kleinen Seitentür des Tempels angekommen, schob ich hastig den Riegel zur Seite und tauchte in eine altbekannte Flut von Sinneseindrücken ein: Dunkelheit, Öllampen, Ruß, Weihrauch und die zarte Melodie einer Lyra. Als sich meine Augen an das schummrige Licht gewöhnt hatten, unterdrückte ich einen Fluch. Die Tore waren bereits geöffnet und die Besucher eingelassen worden. Normalerweise hatte ich zu diesem Zeitpunkt nichts mehr hier unten zu suchen. So unauffällig ich konnte, flitzte ich an der Wand entlang zur anderen Seite der Haupthalle. Schon nach wenigen Schritten fühlte ich mich benebelt und leicht euphorisch. Mist! Das war die Magie der Hohepriesterin. Die weißhaarige Lucusta sorgte mit ihren allabendlichen Bannsprüchen für eine angenehme Stimmung unter den Besuchern. Bedienstete und Priesterinnen waren davon ausgenommen, da sie selbst allesamt Hexen waren – alle außer mir. Nun blieb mir nichts anderes übrig, als mich behutsam durch das Labyrinth aus Säulen und Vorhängen zu manövrieren, ohne über irgendwelche Paare zu stolpern, die sich bereits gefunden hatten oder noch finden würden. Mein Ziel war eine vergoldete Delfinskulptur. Dahinter führte eine Leiter in das mächtige Kuppeldach. Hastig erklomm ich sie und stellte mit Erleichterung fest, dass sich meine Sinne mit jeder Sprosse ein wenig mehr klärten. Lucustas Zauber wirkte hier oben nicht. Vorsichtig balancierte ich eine schmale Galerie entlang, umrundete einige Statuen und erreichte schließlich meinen Arbeitsplatz: eine unscheinbare Nische neben Amors rechtem Marmor-Zeh. Sie bot eine perfekte Sicht auf die große Halle und alle Besucher, die sich ein wenig Liebe erkaufen wollten.
Heute waren es eine Handvoll Prätorianer, einige Händler, Handwerker und mindestens fünf Gesichter, die ich noch nie zuvor gesehen hatte. Nichts Ungewöhnliches, wenn man bedachte, dass der Tempel an einer viel genutzten Straße am Stadtrand stand. Trotzdem kontrollierte ich jeden einzelnen Besucher nach dämonischen Auffälligkeiten. Das war es nämlich, weswegen Lucusta mich brauchte. Als eine der mächtigsten Hexen Roms mochte sie es mit Dämonen aufnehmen können. Sie vermochte es sogar, sie aus dem Tempel oder ihren Hüllen zu verbannen, doch ihr Geist war nicht gefeit gegen die Manipulationen und Illusionen, mit denen Primus die Menschheit schon seit Jahrtausenden täuschten. Aber ich war es. Ich sah die Dinge, wie sie waren und nicht, wie die Dämonen sie erscheinen ließen. Meine Fähigkeiten machten mich zu einer seltenen Anomalie und zum perfekten Wachhund für Lucusta.
Mir sollte es recht sein, denn zu etwas anderem konnte ich mein zweifelhaftes Talent ohnehin nicht gebrauchen. Menschen glaubten mir nicht, wenn ich sie vor den falschen Göttern warnte, die sie anbeteten. Und ebendiese falschen Götter konnten ziemlich ekelhaft werden, wenn man ihnen die Tour vermasselte. Eine Lektion, die ich fast nicht überlebt hätte – denn zur Verteidigung eignete sich meine Gabe nicht.
Ich boxte mir das Kissen zurecht, das ich vor ein paar Wochen hinaufgeschmuggelt hatte, und zog die Beine im Schneidersitz zusammen. Es gefiel mir, den Tempel durch meine Anwesenheit ein wenig sicherer zu machen, auch wenn mir dieser Kult ein Rätsel blieb. An Lucustas Stelle und mit ihrer Macht hätte ich mich gegen die Dämonen aufgelehnt. Ich würde sie weder Götter nennen noch Tempel zu ihren Ehren bauen. Und schon gar nicht würde ich einem von ihnen meine Seele versprechen. Was hatten die Priesterinnen von dieser Selbstaufopferung? Was hatte Daphne davon gehabt? Wenn das ›Wie‹ wichtiger war als das ›Wie lang‹, warum gingen diese Hexen den Weg des geringsten Widerstands und kuschten vor den Dämonen? Warum schickte Lucusta ihre Mädchen immer wieder schutzlos zu Gelagen außerhalb des Tempels? Ganz besonders in den Kaiserpalast, wo sie doch wusste, wer dort residierte. Die Bürger mochten Kaiser Nero fürchten, aber jene, die die Wahrheit kannten, fürchteten den Dämon an dessen Seite: Ianus.
Oh, wie hatte ich diesen Namen zu hassen gelernt – einen Namen, der immer dann fiel, wenn der Tod seine Klauen wetzte. Dieser Dämon hatte sich in Rom eingenistet wie ein Parasit. Er besaß so viele Gesichter, dass sein Einfluss von der dreckigsten Taverne bis in den Senat reichte, und kaum ein Römer wusste, wie er aussah. Man verehrte ihn als Gott des Anfangs und des Endes, aber sie hatten keine Ahnung, was für ein mordlüsternes Monster sie da anbeteten.
Plötzlich tat sich etwas in der großen Halle unter mir. Gedämpftes Gemurmel. Empörung. Ein Mann betrat die Stufen zum Zentrum des Heiligtums. Niemand außer der Hohepriesterin hatte dort Zutritt. Zielstrebig, aber ohne jede Eile, hielt er auf Lucusta zu. Meine Instinkte schlugen Alarm. Mit einer solchen Selbstverständlichkeit bewegten sich nur wenige Sterbliche – Primus dagegen taten es alle. Ich packte den kleinen Meißel, der hier als Notfallplan deponiert war. Sollte dieser Kerl tatsächlich ein Dämon sein und auch nur das geringste Anzeichen böswilliger Absichten zeigen, würde ich das Siegel an der Wand hinter mir vervollständigen und ihn verbannen – ganz so wie Lucusta es mir gezeigt hatte.
Der schwarze Umhang des Mannes umspielte seine sicheren Schritte. Er trug weder Harnisch noch Waffen. Sein Bart war sauber gestutzt und die kastanienbraunen Haare im Nacken zusammengebunden. Das entsprach nicht der römischen Mode, schien den Mann jedoch nicht weiter zu kümmern. Lucusta trat ihm entgegen. Ich konnte nicht hören, was die beiden sprachen, aber die Hohepriesterin wirkte alles andere als erfreut. Meine Sinne waren bis aufs Äußerste gespannt. Irgendetwas sagte mir, dass dieser Fremde Ärger bedeutete. Vielleicht war er nur ein Hexer, auf den Lucustas Magie nicht wirkte – vielleicht aber auch mehr. Sein Auftreten besaß jedenfalls etwas Schicksalhaftes. Und seine goldbraunen Augen … sahen mich plötzlich direkt an.
Ich erstarrte. Das war unmöglich. Niemand wusste, dass ich hier oben saß. Die Hohepriesterin selbst hatte einen Tarnzauber über diesen Platz gelegt.
Die Lippen des Mannes bewegten sich. Lucusta antwortete mit einem Kopfschütteln und rief zwei Priesterinnen heran. Die Mädchen bemühten sich, das Interesse des Fremden zu wecken, doch er ignorierte sie und hob den Arm in meine Richtung. Mein Herz begann zu rasen. Ich packte den Meißel fester und wartete auf Lucustas Befehl. Oder darauf, dass dieser seltsame Kerl sich als Dämon entpuppte. Irgendetwas …
Die Hohepriesterin wurde zornig. Grünes Feuer sammelte sich um ihre Hände. Spätestens jetzt hätte jeder normale Mensch die Flucht ergriffen – nur nicht der goldäugige Fremde. Er reagierte weder schockiert noch wich er zurück. Zwei Atemzüge. Drei Atemzüge. Dann sagte er etwas. Ein Wort. Nur ein einziges Wort, aber Lucusta erbleichte so schlagartig, als würde sie dem Tod höchstpersönlich gegenüberstehen. Ihr Hexenfeuer erstarb.
WAS geschah hier gerade?
Langsam drehte sie sich zu mir um. Ihre erfahrenen Gesichtszüge schienen plötzlich die einer zerbrechlichen Greisin zu sein. Sie hob eine Hand und winkte mich zu sich.
Nein! Nein, nein, nein. Lucusta hatte es mir versprochen! Sie hatte mir versprochen, dass sie mich niemals gegen meinen Willen zu so etwas zwingen würde. Dieser Mann musste ein Dämon sein, der sie manipulierte. Aber wieso erkannte ich es dann nicht? Waren meine Fähigkeiten kaputt?
Es gab nur eine Möglichkeit, das herauszufinden. Ich drehte mich zu dem Siegel an der Wand um und setzte den Meißel an.
»Das würde ich an deiner Stelle nicht tun.«
Ich erschrak so heftig, dass ich beinahe aus meiner Nische in die Tiefe gefallen wäre. Neben mir stand jemand auf der Galerie. Ein Mann mit dunklen Locken und grünen Augen. Seine Gestalt war durchscheinend, seine Umrisse verschwommen. Eindeutig ein Dämon, der eine Illusion über sich gelegt hatte. Meine Gedanken überschlugen sich. An Flucht war nicht zu denken, da er mir den Weg zur Leiter versperrte. Ganz abgesehen davon hätte er mich in kürzester Zeit eingeholt. Das Siegel! Nur ein kleines Symbol fehlte noch. Ich hob meine Hand, doch bevor das Metall des Meißels die Wand berührte, wurde ich gepackt. Ich spürte eine Macht nach meinem Verstand greifen, die nach Regen, Sonne und einer wilden See roch. Sie befahl mir zu schlafen. Vergeblich. Mein Geist war immun gegen derartige Angriffe. Ich nutzte das Überraschungsmoment und schlug, kratzte und trat, um mich von seinem Griff zu befreien. Mir war klar, dass ich keine Chance hatte, aber ich musste auch nur so lange durchhalten, bis Lucusta mir zu Hilfe kam. Ich hörte den Dämon fluchen. Ein Arm schlang sich um meinen Hals und schnürte mir die Luft ab. Durchhalten! Ich rechnete jeden Moment damit, dass mich grünes Feuer befreite. Schwärze kroch in mein Sichtfeld. Alles verschwamm. Das Letzte, was ich sah, war Lucusta, die tatenlos beobachtete, wie ich das Bewusstsein verlor.
Ich konnte nicht lange ohnmächtig gewesen sein. Das wusste ich, auch ohne meine Augen zu öffnen. Noch immer hingen Weihrauch und Musik in der Luft – nur etwas dezenter. Kombiniert mit den weichen Kissen, die ich unter meinem Gesicht spürte, bedeutete das wohl, dass ich mich in einer der vielen Liebeskammern an den Längsseiten des großen Saals befand. Wilde Panik flammte in mir auf. Ich drängte sie mit eiserner Hand zurück und verstärkte die Mauern um meinen Geist. Ich durfte auf gar keinen Fall riskieren, dass meine Abwehr zu bröckeln begann.
»Du bist wirklich gut darin, deine Gefühle abzuschirmen«, sagte eine unbekannte Männerstimme.