5 Colt Western Extraband 5002 - 5 dramatische Wildwestromane eines großen Autors - Pete Hackett - E-Book

5 Colt Western Extraband 5002 - 5 dramatische Wildwestromane eines großen Autors E-Book

Pete Hackett

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Beschreibung

von Pete HackettDas Ebook enthält folgende Western:McLintocks tödlicher SchwurWenn der Teufel Terror machtDer Sohn des GehenktenMcQuade und der Mächtige von BensonTrail des VerderbensU.S. Deputy Marshal Wayne Garfield verhielt auf dem Kamm einer Bodenwelle seinen Braunen und ließ seinen Blick schweifen. Das Land vor ihm lag im Sonnenglast. Kniehohes Gras bewegte sich im heißen Südwind. Der Wind brachte auch den feinen Staub des Llano Estacado mit sich, der alles puderte.Garfield befand sich auf der alten Poststraße, die nach Vega und von dort aus nach Amarillo führte. Die Strapazen eines langen Ritts standen ihm ins eingefallene, stoppelbärtige Gesicht geschrieben. Seine Augen waren entzündet, die Lider gerötet. Staub und Schweiß verklebten seine Poren. Staub war auch unter seiner Kleidung gekrochen und hatte an bestimmten Stellen seine Haut wundgescheuert. Die Hitze setzte Mensch und Tier zu.Von den beiden Banditen, denen Garfield folgte, war weit und breit nichts zu sehen …Das Pferd trat auf der Stelle, schnaubte und peitschte mit dem Schweif. Vor Garfield lag das gewundene Band der von Radspuren zerfurchten und von Pferdehufen aufgewühlten Poststraße. Hier und dort wuchs ein Busch. Der Marshal hakte die Wasserflasche vom Sattel, schraubte sie auf und trank einen Schluck von dem brackigen Wasser. Dann schüttete er etwas von dem Wasser in die Krone seines Hutes und ließ das Pferd saufen.

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Veröffentlichungsjahr: 2022

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Pete Hackett

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Inhaltsverzeichnis

5 Colt Western Extraband 5002 - 5 dramatische Wildwestromane eines großen Autors

Copyright

McLintocks tödlicher Schwur

Wenn der Teufel Terror macht

Der Sohn des Gehenkten

Über den Autor

McQuade und der Mächtige von Benson

Trail des Verderbens

5 Colt Western Extraband 5002 - 5 dramatische Wildwestromane eines großen Autors

Pete Hackett

von Pete Hackett

Das Ebook enthält folgende Western:

McLintocks tödlicher Schwur

Wenn der Teufel Terror macht

Der Sohn des Gehenkten

McQuade und der Mächtige von Benson

Trail des Verderbens

U.S. Deputy Marshal Wayne Garfield verhielt auf dem Kamm einer Bodenwelle seinen Braunen und ließ seinen Blick schweifen. Das Land vor ihm lag im Sonnenglast. Kniehohes Gras bewegte sich im heißen Südwind. Der Wind brachte auch den feinen Staub des Llano Estacado mit sich, der alles puderte.

Garfield befand sich auf der alten Poststraße, die nach Vega und von dort aus nach Amarillo führte. Die Strapazen eines langen Ritts standen ihm ins eingefallene, stoppelbärtige Gesicht geschrieben. Seine Augen waren entzündet, die Lider gerötet. Staub und Schweiß verklebten seine Poren. Staub war auch unter seiner Kleidung gekrochen und hatte an bestimmten Stellen seine Haut wundgescheuert. Die Hitze setzte Mensch und Tier zu.

Von den beiden Banditen, denen Garfield folgte, war weit und breit nichts zu sehen …

Das Pferd trat auf der Stelle, schnaubte und peitschte mit dem Schweif. Vor Garfield lag das gewundene Band der von Radspuren zerfurchten und von Pferdehufen aufgewühlten Poststraße. Hier und dort wuchs ein Busch. Der Marshal hakte die Wasserflasche vom Sattel, schraubte sie auf und trank einen Schluck von dem brackigen Wasser. Dann schüttete er etwas von dem Wasser in die Krone seines Hutes und ließ das Pferd saufen.

Copyright

Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von

Alfred Bekker

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McLintocks tödlicher Schwur

„ Du hast verloren, Mister“, gab Burt Shaugnessy fast gelassen zu verstehen und warf seine Karten mit den Bildern nach oben auf den Tisch. „Full House. Buben und Asse.“ Er klemmte sich sein Zigarillo lässig zwischen die dünnen Lippen und lehnte sich zurück. Rauch hüllte sein kantiges Gesicht ein.

Jed McLintock wurde von einem Schwindel erfasst. Vor seinen Augen verschwamm die Umgebung, sekundenlang schien sich um ihn herum alles zu drehen wie ein Karussell, er hatte das Gefühl, den Boden unter den Füßen zu verlieren. Dann atmete er rasselnd aus, sein Blick wurde wieder klar. Er sah in das feixende Gesicht seines Gegenübers und ahnte, dass er hereingelegt worden war. Mit zitternder Hand griff er nach seinem Glas. Er führte es an die Lippen und trank es mit einem Zug leer. Der scharfe Schnaps trieb ihm die Tränen in die Augen. Dann sagte er rau, mit alkoholschwerer Zunge und belegter Stimme: „Ich habe Schuldscheine für insgesamt zehntausend Dollar unterschrieben, Shaugnessy.“ Er wies mit dem Kinn auf einige Blätter Papier, die vor Burt Shaugnessy auf dem Tisch lagen. „Und jetzt kommen zweitausend Bucks dazu.“ McLintocks Blick wurde unruhig, irrte ab, streifte die Gesichter der Kerle, die sich hinter Burt Shaugnessy aufgebaut hatten und die hämisch grinsten. McLintock holte tief Luft, nahm allen Mut zusammen und stieß hervor: „Ich habe das Geld nicht. Es tut mir leid, aber ich kann meine Schulden nicht bezahlen.“

Das Grinsen um Shaugnessys Mund schien einzugefrieren. Ein brutaler Zug kerbte sich in den Winkeln ein. Die Mienen der Kerle, die zu Shaugnessy gehörten, wurden ernst. Shaugnessy grollte, nachdem er McLintocks Eröffnung verarbeitet hatte: „Das ist bitter für dich, mein Freund. Ich werde dafür nämlich kaum Verständnis aufbringen können. Darum rate ich dir, alles zu unternehmen, um das Geld aufzutreiben und deine Spielschulden zu bezahlen.“ Er starrte McLintock durchdringend an, und nach einer kurzen Pause sprach er weiter: „Du hast heute Fuhrwerke und Gespanne gekauft und wirst von dem Geschäft zurücktreten müssen, McLintock. Du solltest es wirklich tun, Amigo mio, denn ich kann verdammt ungemütlich werden, wenn jemand versucht, mir auf der Nase herumzutanzen.“

McLintock strich sich mit Daumen und Zeigefinger nervös über das Kinn. Fast weinerlich entrang es sich ihm: „Der Kaufvertrag ist unterschrieben, Shaugnessy. Den Kaufpreis habe ich gezahlt. Ich kann von dem Geschäft nicht mehr zurücktreten. Die Mannschaft, die ich für die Überführung der Gespanne und Fuhrwerke angeheuert habe, hat ein Handgeld erhalten. Ich habe gerade noch das Geld, um meine Zeche hier und das Hotel zu bezahlen. Morgen brechen wir auf nach Arizona. Ich...“

Mit einer herrischen, ungeduldigen Geste seiner Rechten schnitt ihm Shaugnessy das Wort ab. „Du machst es dir zu einfach, mein Freund. Denkst du wirklich, ich lasse dich einfach so ziehen und nagle mir die Schuldscheine womöglich als Andenken an dich an die Wand?“

Im Saloon war man aufmerksam geworden. Die Geräusche versickerten. Der Tisch mit Burt Shaugnessy und Jed McLintock rückte mehr und mehr in den Mittelpunkt des Interesses. Und das gefiel Shaugnessy nicht. Er wollte kein Aufsehen erregen. Darum sagte er: „Das hier ist nicht der richtige Platz, um diese leidige Angelegenheit auszudiskutieren. Wie ich die Sache einschätze, werde ich mit Argumenten aufwarten müssen, die mehr bewirken als Drohungen und leere Versprechen. Gehen wir.“ Seine Stimme sank herab zu einem unheilvollen Geflüster, sein Blick, der sich in den von McLintock bohrte, wurde zwingend. „Du kannst es aber auch anders haben, Amigo. Ich werde dir ein Geschäft, vorschlagen. Und wenn du gescheit bist, dann gehst du darauf ein.“

Jed McLintock war ziemlich unbehaglich zumute. Seine Trunkenheit war schlagartig verflogen. Er rutschte nervös auf seinem Stuhl herum, schluckte hart, und sein Kehlkopf rutschte hinauf und hinunter. Die Erkenntnis, dass die Angelegenheit viel ernster war als er es bis zu diesem Zeitpunkt wahrhaben wollte, traf ihn wie ein Faustschlag. Hilfesuchend sah er sich um. Sein Herz schlug einen hämmernden Rhythmus, seine Atmung beschleunigte sich, sein Hals trocknete unvermittelt aus. „Was ist das für ein Geschäft?“ , entrang es sich ihm. Er stemmte beide Arme auf die Tischplatte und drückte sich hoch. Geduckt stand er schließlich da, wie zum Sprung bereit, als wollte er sich im nächsten Moment herumwerfen und fliehen.

„ Du wirst es erfahren.“ Mit diesen Worten drückte Shaugnessy das Zigarillo im Aschenbecher aus und erhob sich. Er gab seinen Männern einen Wink. Sie umringten McLintock und drängten ihn zur Tür. Shaugnessy raffte alles Geld und die Schuldscheine zusammen, steckte alles in die Jackentasche, warf eine Zehndollarnote auf den Tisch und folgte seinen Männern zum Ausgang.

Hinter ihm pendelten knarrend die Türflügel aus. Tief atmete Shaugnessy durch. Die fünf Kerle, die McLintock zwischen sich hatten, erwarteten ihn auf dem Vorbau. McLintock war jetzt vollkommen ernüchtert. Die Angst kam bei ihm kalt und stürmisch wie ein Blizzard.

„ Gehen wir zu den Corrals“, sagte Shaugnessy. „Dort werden wir um diese Zeit ungestört sein.“

Sie bugsierten McLintock den Vorbau hinunter, schräg über die Straße und in eine enge Gasse hinein, in der die Finsternis wie ein schwarzer Vorhang anmutete. Die Geräusche des Saloons folgten ihnen noch einige Zeit, ebbten aber ab und waren schließlich nicht mehr zu vernehmen.

Die Gasse endete, fahles Mondlicht lichtete die Dunkelheit, die Gatter einer Vielzahl von Corrals waren auszumachen, dazwischen einige Scheunen und Schuppen.

Bei Jed McLintock gesellte sich der Angst die Verzweiflung hinzu, sein fieberndes Gehirn suchte nach einem Weg aus dieser aussichtslos anmutenden Situation. Das drohende Schweigen der sechs Kerle zerrte an seinen Nerven.

Sie erreichten einen der Schuppen. Brutal drückten sie McLintock gegen die raue Bretterwand. Shaugnessy baute sich vor ihm auf. Der große Mann stand mit dem Rücken zum Mond und so lag sein Gesicht im Schatten. Wie Glasstücke glitzerten seine Augen. Seine metallische Stimme erklang: „Okay, McLintock, wir werden uns jetzt in aller Ruhe unterhalten. Du schuldest mir zwölftausend Bucks. In Maricopa Well bist du Teilhaber an einer Frachtwagenlinie. Du bist also kein armer Mann. Und weil das so ist, bestehe ich darauf, dass du deine Schulden bei mir begleichst.“

„ Ich habe das Geld nicht, bei Gott, ich habe es nicht.“

„ Dennoch hast du dich an den Spieltisch gesetzt. Ein geradezu tödlicher Leichtsinn, Hombre.“

„ Lass mich gehen, Shaugnessy. Du hast die Schuldscheine. Gib mir Zeit - sagen wir ein Jahr - und ich...“

Shaugnessy packte ihn am Hemd, mit einem erschreckten Keuchton brach McLintock ab. Shaugnessy zog ihn zu sich heran, sein Atem prallte in McLintocks Gesicht, als er sagte: „Ich biete dir eine Chance, McLintock. Hör zu: Dein Anteil an der Frachtwagenlinie ist gewiss höher als zwölftausend Dollar. In Höhe der Schulden, die du bei mir hast, wirst du deinen Anteil an mich abtreten. Es bedarf nur einer Unterschrift unter einen entsprechenden Vertrag. Was meinst du?“

Jed McLintock schnappte nach Luft wie ein Erstickender. „Das - das kann ich nicht. Mein Partner wird es niemals akzeptieren, dass...“

Shaugnessy ließ ihn nicht ausreden. Er hämmerte ihm ohne jede Warnung die Faust in den Magen, McLintock wurde die Luft aus den Lungen gedrückt, er krümmte sich nach vorn und beugte sich genau in Shaugnessys nächsten Schlag hinein. Er bekam die Faust von der Seite gegen das Kinn, sein Kopf wurde auf die linke Schulter gedrückt, er verlor das Gleichgewicht und fiel auf die Knie.

„ Was interessiert mich dein Partner!“ , giftete Shaugnessy. „Und dich sollte es in dieser Stunde auch nicht interessieren, wie er über eine Teilhaberschaft meinerseits denken wird. Du solltest endlich begreifen, dass wir nicht spaßen. Du stehst sozusagen mit einem Bein im Grab. Darum entscheide dich jetzt. Wirst du mir...“

McLintock wurde von der Panik überwältigt. Es war der Mut der Verzweiflung, der ihn plötzlich beflügelte. Er kam unvermittelt hoch, ohne von einem bewussten Willen geleitet zu werden rammte er seine Faust in Shaugnessys Gesicht, und ehe sich die Kerle von ihrer Bestürzung erholt hatten, rannte McLintock davon. Wie ein gehetztes Tier lief er zwischen den Corrals hindurch zurück in die Stadt, nur noch getrieben von der Angst und dem Selbsterhaltungstrieb.

*

McLintock verschwand zwischen den Häusern. Ziemlich außer Atem duckte er sich an einer mannhohen Mauer. Sein Herz raste, seine Bronchien pfiffen, seine Lungen pumpten. Er konnte hier die Hand nicht vor den Augen sehen, so finster war es. Die Welt schien drei Schritte vor ihm in einem schwarzen, endlosen Nichts zu enden. Die hastenden Schritte seiner Verfolger näherten sich.

„ Ich brauche den verdammten Hundesohn lebend!“ , hörte er Shaugnessy außer sich vor Wut ganz in seiner Nähe knirschen. McLintock schluckte würgend.

„ Er muss zwischen den Häusern stecken!“ , keuchte einer der Kerle. „Andernfalls würden wir seine Schritte hören.“

McLintock bemerkte einen Schemen, der keine fünf Schritte von ihm entfernt durch die Nacht glitt. Die Dunkelheit verschluckte den Burschen.

„ Kreist ihn ein!“ , schnappte Shaugnessy. „Jesse, John, lauft vor zur Straße. Tex, Paco, Lance - wir verteilen uns und treiben ihn Jesse und John zu.“

Sie spritzten auseinander und verschwanden in den Passagen und Lücken zwischen den Gebäuden. Feinkörniger Sand knirschte unter harten Ledersohlen, Stiefelleder knarrte. McLintock war wieder einigermaßen zu Atem gekommen. Er nahm den Colt in die Hand. Sie waren sich ihrer Überlegenheit zu sicher gewesen und hatten ihm den Sechsschüsser nicht abgenommen. Er fühlte den kühlen, glatten Griff, Sicherheit aber wollte sich nicht einstellen.

Schritt für Schritt zog er sich zurück. Und nach und nach wurde ihm klar, dass er eigentlich keine Chance hatte. Ohne die Gespanne und Fuhrwerke, die er eingekauft hatte, konnte er Santa Fe nicht verlassen. Selbst wenn er sich in dieser Nacht dem Zugriff Shaugnessys und seiner Kumpane entziehen konnte, am kommenden Tag, wenn er die Gespanne abholen musste, hatten sie ihn. Er hatte sich mit seiner panischen Flucht also lediglich einen Aufschub - eine Galgenfrist - verschafft. Das Problem jedoch, das er am Halse hatte, war nicht gelöst. Die Erkenntnis legte sich tonnenschwer auf ihn.

Er erreichte eine Gassenmündung, schmiegte sich eng an eine Hauswand, lauschte und witterte. Das Blut wollte ihm in den Adern gefrieren, als am Ende der Gasse mahlende Schritte zu vernehmen waren. Es handelte sich um mindestens zwei Kerle. Sofort hielt McLintock inne und drückte sich noch härter an die Hauswand.

Das Geräusch riss ab. Die Kerle waren stehen geblieben. Jetzt konnte McLintock sie flüstern hören, und er fand heraus, dass es sich tatsächlich um zwei Männer handelte. Schließlich verstummte auch das Geraune ihrer Stimmen.

McLintock schaute sich die Augen aus, aber er konnte die beiden nicht sehen. Er saß in der Falle. Die Sinnlosigkeit seiner Flucht wurde ihm immer mehr bewusst. Aber die Angst war stärker. Und da war plötzlich noch etwas - etwas, das er nicht zu analysieren vermochte, das aus den Tiefen seines Unterbewusstseins an die Oberfläche spülte und ihm gebot, sich auf keinen Fall dem Willen Shaugnessys zu unterwerfen und ihm seinen Geschäftsanteil in Höhe von zwölftausend Dollar abzutreten.

Er dachte an seinen Partner Ben Hamilton und an dessen Tochter Maureen. Könnte er den beiden jemals wieder in die Augen sehen?

O verdammt, McLintock, was bist du nur für eine miese kleine Ratte? , durchfuhr es ihn siedend. Alles , was Ben und dein Vater aufgebaut haben, setzt du aufs Spiel. Gütiger Gott! Ben und Maureen werden mich verachten und ich werde vor Selbstmitleid zerfließen und mich wieder einmal in den Suff flüchten. Du bist ein gottverdammter Schwächling, McLintock! Ein Feigling! Du bist die Luft nicht wert, die du atmest ...

Er zuckte zusammen, als wieder schleichende Schritte erklangen. Er zwang sich dazu, ruhig und besonnen zu bleiben. Mit ihm ging eine Veränderung vor. Zeig es ihnen, McLintock!, hämmerte es durch sein Bewusstsein. Sei endlich einmal ein Mann, einer, der sich durchsetzt und Rückgrat beweist.

Das Unabänderliche seiner Lage wurde ihm voll und ganz bewusst, und diese Erkenntnis nahm die Furcht von ihm. Sein Widerstandsgeist flackerte auf. Er war bereit, seine Haut so teuer wie möglich zu verkaufen und die Suppe, die er sich eingebrockt hatte, auszulöffeln. Mit allen Konsequenzen.

Angespannt lauschte er. Da kam nur einer. Das fand er sogleich heraus. Der andere war am Ende der Gasse zurückgeblieben.

McLintock sah sich um. Wo das Haus endete, herrschte tiefe Finsternis. Kurzentschlossen schob er sich darauf zu. Die Nische entpuppte sich als enge Passage zwischen zwei Häusern. Kniehohes Unkraut wucherte hier. Am Ende des Pfades sah er einen schwachen Lichtschein, der wahrscheinlich von einer Straße stammte, die parallel zu der Gasse verlief, die er soeben verlassen hatte.

Vorsichtig pirschte McLintock über den Pfad. Das Unkraut dämpfte das Geräusch seiner Schritte. Beim Klang von Stiefelsohlen auf dem harten Boden in der Seitenstraße, die sein Ziel war, drückte sich McLintock flach an die Hauswand und wartete, bis die Schritte verklungen waren. Dann schlich er weiter.

Nach ein paar Metern hielt er abrupt an, denn plötzlich tauchte ein Mann in der Mündung des Pfades in die Seitenstraße auf und kam auf ihn zu. Und auch hinter ihm erklangen leise Geräusche, die ihm verrieten, dass der Bursche, der sich in der Gasse angeschlichen hatte, ebenfalls den schmalen Fußpfad betreten hatte.

Unsicherheit und Angst wollten sich wieder bei ihm einstellen, aber er verbannte diese aufkommenden Empfindungen aus seinem Verstand und konzentrierte sich auf den Burschen vor sich.

Gegen den helleren Hintergrund der Seitenstraße sah er eine hochgewachsene, breitschultrige Gestalt auf sich zukommen. Er konnte schon den keuchenden, rasselnden Atem des Mannes hören. McLintock kauerte nieder. Von hinten tastete sich der andere heran. Dann befand sich jener, der von vorne kam, dicht vor McLintock. Dieser schnellte in die Höhe, seine Faust mit dem Sechsschüsser schwang hoch und zuckte blitzschnell auf den Kopf des Mannes herunter. Ein trockener Schlag, ein zerrinnendes Röcheln, und dann der Aufprall, als der Bursche bewusstlos zu Boden stürzte.

Nur wenige Schritte hinter McLintock blitzte es auf, ein Schuss dröhnte, der Krach staute sich zwischen den Wänden, und für den Bruchteil einer Sekunde wurde der Schütze aus der Finsternis gerissen. McLintock spürte den sengenden Hauch des Geschosses auf seiner Wange und warf sich herum. Sein Colt brüllte auf, einmal, zweimal, und es hörte sich zwischen den Hauswänden an wie ein Donnerschlag. McLintocks Trommelfelle schmerzten, der Krach war ohrenbetäubend und lähmte für die Spanne einiger Herzschläge lang McLintocks Gehör. Die schattenhafte Gestalt sackte zusammen. McLintock schleuderte sich herum und hetzte geduckt auf die Seitenstraße zu.

Er verließ den Fußweg und mattes Licht hüllte ihn ein. Ein Schuss peitschte, und mit dem Brechen der Detonation hechtete McLintock nach vorn, rollte über die Schulter ab und kam sofort wieder hoch. Er begriff, dass die Kerle nicht mehr daran dachten, ihn lebend zu schnappen. Sie waren wie wilde Tiere, die Blut gerochen hatten.

McLintock warf sich auf der anderen Straßenseite gegen eine Haustür, drehte gleichzeitig den Knopf, und er hatte Glück. Die Tür flog auf, er befand sich in einem Flur, sah am hinteren Ende ein Fenster, warf die Tür zu und lief durch den Korridor. Das Fenster ließ sich mühelos hochschieben, er schwang sich hinaus und befand sich in einem Garten. Hier gab es hüfthohes Unkraut und Büsche.

McLintock durchquerte das Grundstück, flankte über den yardhohen Bretterzaun und lief an einigen windschiefen Scheunen und Schuppen vorbei. Hinter ihm, zwischen den Häusern, erklangen die Stimmen seiner Jäger, als sie sich untereinander verständigten.

Als säße ihm der Leibhaftige im Nacken rannte McLintock stadteinwärts. Bald kam er zu der Erkenntnis, dass sie die Jagd abgebrochen hatten. Für heute zumindest. Doch McLintock konnte sich an fünf Fingern abzählen, was der nächste Tag für ihn bringen würde ...

*

Es war Burt Shaugnessy selbst, der eine von McLintocks Kugeln eingefangen hatte. Er saß am Boden. Das Stück Blei steckte in seiner Schulter. Der Schmerz tobte bis unter seine Schädeldecke und ließ ihn stöhnen.

Seine Kumpane versammelten sich bei ihm. John Murphy massierte die schmerzende Beule an seinem Kopf, die von McLintocks Schlag mit dem Colt herrührte. Shaugnessy röchelte: „Dieser elende Bastard. Wir kriegen ihn. Persönlich werde ich ihm die Haut abziehen. Für heute ist Schluss. Das Loch in meiner Schulter verschafft ihm eine Gnadenfrist. Er läuft uns nicht davon. Denn wir wissen, wo wir ihn zu suchen haben. Bringt mich jetzt zum Arzt. Wenn ich genesen bin, reiten wir nach Arizona. Es geht nicht mehr um die zwölftausend Bucks. Ich will McLintock vernichten, ich will den Bastard tot vor mir im Staub liegen sehen. Er soll diese Stunde in Santa Fe noch verfluchen.“

Im Tonfall seiner Stimme schwangen Hass und Besessenheit mit.

*

Ungeschoren verließen Jed McLintock und die Mannschaft, die er für den Transport nach Maricopa Well angeworben hatte, mit den Gespannen und Fuhrwerken am darauffolgenden Tag Santa Fe. Die Fuhrwerker wussten nichts von McLintocks Problemen. Als sie die Stadt verließen, standen am Straßenrand Jesse Harris und Tex Calligan, zwei Burschen aus Shaugnessys Verein. McLintock spürte unvermittelt einen dicken Knoten im Hals. Ein Stück weiter traten Paco Monterra und ‚Snake‘ Lance Bellows aus einer Gasse. McLintock sah ihre herausfordernden Haltungen, die düsteren Mienen, und ihm blieb die böse Verheißung, die sie verströmten , und das tödliche Versprechen, das sich in ihren Mimiken widerspiegelte, nicht verborgen.

McLintocks Rechte legte sich unwillkürlich auf den Knauf des 45ers an seiner Hüfte. Dem eisigen Wind seiner Gedanken ausgesetzt bemühte er sich, die fünf Kerle zu ignorieren. Ihre Blicke hatten sich regelrecht an ihm festgesaugt. Und Jed McLintock wusste, dass er mit der Bande rechnen musste. Die Unsicherheit kam zurück, und mit ihr die bohrende Angst vor der Zukunft.

*

„ Du bist ein nichtsnutziger, erbärmlicher und haltloser Schwächling, Jed!“ , stieg es grollend und unversöhnlich aus der Kehle Ben Hamiltons. „Als dein Vater starb, hätte ich dich abfinden und zum Teufel jagen sollen. So aber...“

Ben Hamilton verstummte bitter. Er schoss seiner Tochter Maureen einen fast verzweifelten Blick zu. Maureens Haare waren brünett und schulterlang, ihr schmales Gesicht wurde beherrscht von einem grünlichen Augenpaar. Maureen war dreiundzwanzig Jahre alt, mittelgroß und gertenschlank. Sie schaute ernst drein. Gefühl und Verstand lagen bei ihr in zäher Zwietracht, fochten einen heftigen Kampf in ihrem Innersten aus. Gefühlsmäßig hatte sie Mitleid mit Jed, verstandesmäßig konnte sie ihn nur noch verachten, vielleicht verabscheute sie ihn sogar.

Jed knetete seine Hände. Er spürte einen quälenden Druck in der Magengegend, versuchte zu lächeln, aber es wurde nur eine klägliche Grimasse. Mit schwankender Stimme sagte er:

„ Ich wollte nur ehrlich sein, Ben. Ich hätte dich auch im Unklaren lassen können. Es wäre wahrscheinlich besser gewesen. Denn ich kann mir nicht vorstellen, dass diese sechs Halunken den weiten Weg von Santa Fe herüber auf sich nehmen, nur um ...“

„ Um sich zu holen, was diesem Shaugnessy zusteht!“ , schnaubte Hamilton. Seine Hände öffneten und schlossen sich. Groß, wuchtig und auf besondere Art ehrfurchtgebietend stand er vor Jed. Die Zornesader an seiner Schläfe war dick angeschwollen. Sie befanden sich in der Wohnstube. Im selben Gebäude waren die Wohnungen und das Büro untergebracht. „Und nicht nur das!“, peitschte Ben Hamiltons raues Organ. „Deiner Erzählung nach hast du einen der Kerle niedergeschlagen, einen zweiten sogar niedergeschossen. Diese Sorte, mit der du dich angelegt hast, ist nachtragend und rachsüchtig. Wenn sie aufkreuzen, werden sie uns - mich und Maureen und das ganze Unternehmen - mit hineinziehen. O verdammt, Jed, dein Leichtsinn, deine Liederlichkeit und Verantwortungslosigkeit werden uns noch höllischen Verdruss bescheren. Wenn ich könnte, würde ich dich auszahlen und davonjagen. So aber haben wir fast unser gesamtes Kapital in die Gespanne gesteckt. Und ich muss dich weiterhin ertragen.“

Jed trat einen Schritt zurück. Schweiß rann ihm über das Gesicht. Er fürchtete sich vor Ben Hamilton. Das war deutlich. Es sah aus, als wollte er aus dessen Reichweite gelangen. Heiser, mit belegter Stimme versuchte er sich zu verteidigen: „Ich hatte Pech, Ben, verdammtes Pech. Ebenso gut hätte ich auch gewinnen können. Die Gespanne und Fuhrwerke wären uns dann sozusagen in den Schoß gefallen. Wir...“

Maureen mischte sich ein. „Du wirst niemals begreifen, was einen Mann ausmacht, Jed. Du solltest mal in dich gehen und über dich nachdenken. Vielleicht kommst du dann selbst zu dem Schluss, dass einem nichts geschenkt wird im Leben und dass du dein Leben von Grund auf ändern musst, wenn du nicht willst, dass eines Tages nicht mal mehr die Straßenköter von dir ein Stück Brot annehmen.“

„ Wenn er zu denken anfängt und die Sinnlosigkeit seines Daseins begreift schießt er sich wahrscheinlich eine Kugel in den Kopf!“ , schnappte Ben Hamilton gehässig. „Gut dass sein Vater - Gott habe ihn selig - nicht erleben musste, welch ein windiger Versager...“

McLintocks Gesicht verwandelte sich sekundenlang in eine bleiche Grimasse der jähen Wut, und es sah aus, als wollte er sich auf Hamilton stürzen. Ein Ruck durchfuhr ihn. „Lass meinen Vater aus dem Spiel, Ben, verdammt, lass ihn aus dem Spiel.“

„ Dein Vater war ein guter Mann, Jed“, sagte Ben Hamilton zwischen den Zähnen. „Er hatte nur einen Fehler - den Fehler, dir zu viel dahingehen zu lassen. Er hätte dir öfter mal den Hosenboden stramm ziehen sollen. Nun, ich denke, die Gelegenheit, nachzuholen, was er versäumt hat, ist günstig. Ich werde dich also verprügeln, Jed, ich werde dir mit den Fäusten etwas Verstand und Verantwortungsbewusstsein in dein vom Alkohol aufgeweichtes Hirn hämmern.“

Er trat auf Jed zu, dieser glitt einen weiteren Schritt zurück und schnaubte: „Lang mich nicht an, Ben, ich warne dich! Ich bin kein Halbwüchsiger mehr, den man züchtigen darf. Ich...“

Etwas spülte in Ben Hamilton hoch, etwas, das ihm die klare Überlegung raubte. Seine Rechte zuckte hoch und landete klatschend auf Jeds Wange.

„ Dad!“ , Maureens entsetzter und erschreckter Aufschrei erreichte nur den Rand seines Unterbewusstseins. Er war außer sich vor Zorn, und er war nur noch von dem Gedanken beseelt, Jed wegen seiner vielen Fehltritte in den vergangenen Wochen und Monaten zurechtzustutzen.

Als Jed nach ihm schlug, gelang es ihm, den Schlag abzuwehren. Er knallte seine Faust mitten in Jeds Gesicht, schickte die Linke hinterher und hämmerte sie in Jeds Leib. Jed keuchte irgendetwas, stieß Hamilton zur Seite und floh zur Tür, aber der Ältere griff nach und erwischte ihn am Hemd. Krachend zerriss der Hemdenstoff, Jed wirbelte herum, schlug mit beiden Fäusten unkontrolliert nach Ben, streifte dessen Kinn mit der Rechten, und bekam einen Heumacher vor die Brust, der ihn gegen die Tür warf.

„ Aufhören! Dad, bitte...“

Maureens beschwörende, fast flehende Worte stießen bei Ben Hamilton auf taube Ohren.

Jed begriff, dass der überschäumende Zorn Ben Hamilton in einen Zustand versetzt hatte, in dem er nicht mehr der Herr seiner Sinne war. Er bekam es mit der Angst zu tun. Er fürchtete körperlichen Schmerz, und er fürchtete darüber hinaus, eine demütigende Tracht Prügel zu beziehen. Also wandte er sich wieder zur Flucht. Er riss die Tür auf und rannte in den düsteren Korridor. Ben folgte ihm. Draußen im Hof holte er ihn ein. Er warf sich auf Jed und riss ihn zu Boden.

Ein Schrei quälte sich in Jeds Brust hoch und platzte über seine Lippen. Hamilton kniete über Jed, dieser wand sich, versuchte sich unter dem Älteren zu drehen und stemmte sich gegen den Druck des Körpers, der ihn gnadenlos auf den Boden presste.

Mit verzerrtem Gesicht hockte Ben Hamilton auf Jed, der Kraftakt ließ ihn die Zähne zusammenbeißen, die Anstrengung ließ die Schlagader an seinem Hals dick unter der Haut hervortreten. Der Wille, aus Jed all die schlechten Eigenschaften, die er so sehr an ihm hasste, herauszuprügeln, glitzerte in seinen Irides.

Seine Fäuste trafen. Links, rechts, wieder links... Jed gelang es, sich unter ihm hervorzuwinden. Er taumelte hoch. Im Hof hatten sich zwischenzeitlich eine ganze Gruppe Fuhrwerker versammelt. Ohne jede Regung und mitleidlos beobachteten sie ihn, er sah ihre versteinert anmutenden Mienen nur wie durch dichten Nebel, und das Begreifen, dass sie ihm diese Abreibung gönnten, war wie eine bittere Pille, die er schlucken musste.

Er blutete bereits aus einigen kleinen Platzwunden. Er spürte den Schmerz von den Schlägen in seinem Gesicht. In der Haustür stand Maureen. Sie hatte eine Hand auf den Halsansatz gepresst, als wollte sie so ihren fliegenden Atem beruhigen.

Jed wankte einige Schritte zur Seite. In seinem Magen formte sich der Ball der Übelkeit. Schweiß rann ihm über das Gesicht und vermischte sich mit dem Staub, der seine Poren verschloss. Er sah Ben Hamilton hochkommen. „Es reicht, Ben“, krächzte er, „Himmel, hör auf!“

„ O nein. So billig kommst du nicht weg. Es ist an der Zeit, dir endlich aufzuzeigen, dass es im Leben eines Mannes mehr gibt als nur billiges Vergnügen und Verantwortungslosigkeit. Entweder lernst du es heute begreifen, oder du zerbrichst an der Lektion, die ich dir erteilen werde.“

Jed erbebte angesichts der kompromisslosen Unmissverständlichkeit, mit der Ben Hamiltons Worte gefallen waren.

*

Ein Taumel erfasste Jed - jenes Schwindelgefühl, das den klaren Verstand ausschaltete und jeglichen Gedanken zunichtemachte. Die Panik wollte sich einstellen. Aber dann flackerte der letzte Funke von Ehrgefühl auf, der noch in ihm steckte. Er keuchte: „Ich werde mich zur Wehr setzen, Ben. Denk nur nicht, dass ich mich von dir einfach so verprügeln lasse. Überlege es dir gut, ob du weitermachst.“

„ Es gibt nichts für mich zu überlegen“, versetzte Ben Hamilton kalt und unerbittlich. Und dann marschierte er mit schwingenden Armen auf Jed zu. Aber da vertrat ihm Maureen den Weg. Hastig sagte sie: „Du machst alles nur noch schlimmer, Dad. Also lass die Fäuste aus dem Spiel. Jed weiß jetzt, dass du nicht länger gewillt bist, seine Eskapaden zu dulden. Er wird darüber nachdenken und sich entscheiden, welchen Weg er künftig beschreiten will. Es gibt für ihn nur zwei Wege. Der eine ist der in den Untergang, der andere ist jener, den vor Jahren sein Vater an deiner Seite beschritten hat.“

Ben Hamilton ließ die Fäuste sinken. Das Feuer des Zorns in seinen Augen erlosch. Er wirkte plötzlich alt und verbraucht, wie ein Mann, der mit einer großen Enttäuschung fertig werden muss .

Jed wankte zur Tränke vor der Schmiede, kniete davor nieder und steckte seinen Kopf in das klare, frische Wasser. Es belebte ihn. Prustend kam er hoch. Das Wasser hatte Blut und Schweiß abgewaschen. Er setzte sich auf den Rand der Tränke.

„ Ich werde zu denken anfangen, Ben“, knirschte er. „Und eines Tages werde ich es euch allen beweisen.“

Hamilton setzte zu einer scharfen Erwiderung an. Aber etwas an Jed irritierte ihn plötzlich. Und so schwieg er, lediglich seine Mundwinkel bogen sich etwas nach unten. Die Blicke der beiden Männer verkrallten sich ineinander. Es war ein stummes Duell, in dem keiner unterliegen wollte.

Maureen setzte dem ein Ende, indem sie sagte: „Wir lassen uns gerne überraschen, Jed. Beweise es uns! Zeig uns, dass in dir mehr steckt, als bisher zu erkennen war, dass du ein Mann bist, den man respektieren und achten muss.“

„ Das werde ich - bei Gott, das werde ich!“ , Jed nickte Maureen zu.

Ben murmelte geringschätzig: „Ich gebe ihm eine Woche, dann übermannt ihn wieder sein Hang zur Lasterhaftigkeit, und er wird sich betrinken und an den Spieltisch setzen. Dafür verwette ich ein komplettes Gespann gegen ein altes verlaustes Hemd.“

„ Wir werden es sehen, Dad“, versetzte Maureen. „Noch ist er nicht ganz verloren, denke ich. Er wird sich hüten, seine letzte Chance bei dir zu verspielen. Vielleicht haben ihn das Erlebnis in Santa Fe und die Aussicht auf eine Tracht Prügel eben wachgerüttelt. Denn bei allem, was man Jed auch immer zum Vorwurf machen kann - er besitzt keinen schlechten Kern.“

Grimmig winkte Ben ab. „Du bist zwiegespalten, Tochter. Einerseits verabscheust du ihn, widert dich seine Liederlichkeit an, verachtest du ihn, auf der anderen Seite versuchst du immer wieder, ihn bei mir ins rechte Licht zu rücken und mir einzureden, dass bei diesem Armleuchter noch nicht Hopfen und Malz verloren sind. Sieh den Tatsachen endlich ins Auge, Maureen: Er ist ein Versager, er ist der geborene Verlierer.“

Darauf antwortete Maureen nichts. Sie wandte sich ab und ging versonnen zurück ins Haus. Sie spürte selbst ihre innere Zerrissenheit, was Jed McLintock anbetraf.

*

Sechs Wochen später. Vier Fuhrwerke von Hamilton & McLintock waren zum Waterman Wash unterwegs. Jeder der schweren Wagen wurde von vier wuchtigen Kaltblütern gezogen. Vor etwas über zwei Stunden hatten sie Maricopa Well verlassen. Etwa acht Meilen lagen hinter ihnen. Wie ausgestorben lag das breite Band der Überlandstraße vor den Männern auf den Böcken. Die Gefährte rumpelten und ächzten, die Räder quietschten in den Naben. Die Straße war von zahllosen, tiefen Spurrinnen zerfurcht. Hin und wieder knallten die Peitschen. Ab und zu ertönte der raue, staubheisere Ruf eines der Fuhrwerker, mit dem er die Zugtiere anfeuerte.

Vor wenigen Wochen waren Neusiedler am Waterman Wash angekommen, nachdem die Regierung das Land zu beiden Seiten des Flusses für die Besiedlung freigegeben hatte. Ein Dutzend Familien, die den weiten, strapaziösen und auch gefährlichen Weg von Georgia an der Ostküste auf sich genommen hatten, um in Arizona Fuß zu fassen, eine Existenz zu gründen und sich eine neue Heimat zu schaffen. Die vier Wagenladungen waren für sie bestimmt. Sie enthielten alles, von der Nähnadel bis zum Pflug, vom Hufnagel bis zum Ochsenjoch, eben alles, was die Heimstätter benötigten, um sich das Leben in der neuen Heimat einzurichten.

Hügel und Felsen dehnten sich zu beiden Seiten der Straße. Es gab dichtes Buschwerk, das hier und dort von einem Baum überragt wurde. Fünfzehn Meilen hatten die Fuhrwerke noch vor sich. Eine Tortur für die Pferde und Männer. Es war jetzt schon heiß wie in der Hölle. Die Sonne stand im Südosten. Die heißeste Zeit des Tages stand ihnen noch bevor.

Zwischen den Hügeln blitzte es auf. Im selben Moment peitschte der Schuss. Der Mann auf dem Bock des vordersten Wagens wurde in die Höhe getrieben, er ließ die Leinen sausen, verkrampfte die Hände vor der Brust, krümmte sich nach vorn und stürzte Hals über Kopf zwischen die Sielen.

In die verrollende Detonation hinein schmetterten weitere Schüsse. Von verschiedenen Seiten pfiff heißes Blei heran. Aber die anderen drei Fuhrwerker waren bereits schockiert abgesprungen, und griffen nach den Gewehren, die in den Halterungen neben den harten, unbequemen Sitzbänken steckten. Es schnappte hart und trocken, als sie durchluden. Ihre erregten Stimmen erklangen.

Wieder dröhnte ein Schuss. Eines der Gespannpferde brach wiehernd zusammen, schlegelte noch einige Male mit den Hufen, dann lag es still. Unruhe erfasste die anderen Tiere. Sie schoben und drängten, schnaubten mit geblähten Nüstern und rollten entsetzt mit den Augen.

Die Fuhrleute duckten sich neben ihren Fuhrwerken oder knieten ab und beobachteten zwischen engen Lidschlitzen hervor die Kämme der Anhöhen vor ihnen und zu beiden Seiten, auf denen sich die Heckenschützen postiert hatten. Tom Patty, einer der Kutscher, rief abgehackt und nervös: „Bei Gott, es hat Fred erwischt. Wer mag da auf der Lauer liegen, und was um alles in der Welt haben die Kerle für einen Grund, uns aus dem Hinterhalt ihr Blei um die Ohren zu knallen?“

Wieder brüllten die Gewehre zwischen den Hügeln auf. Weitere Gespannpferde sanken zu Boden. Eines der sterbenden Pferde röchelte. Es hörte sich fast an wie das Röcheln eines tödlich getroffenen Mannes.

„ Allmächtiger!“ , schrie Jack McSwain entsetzt auf. „Was sind das für niederträchtige Bastarde, die uns der Reihe nach die Gäule abknallen. Was bezwecken sie? Warum versuchen wir nicht, sie uns zu schnappen?“

Diese letzte Frage kam grimmig. McSwain schnaubte zornig durch die Nase. Wild schüttelte er das Gewehr mit beiden Händen, die sich so sehr um Schaft und Kolbenhals verkrampften, dass die Knöchel weiß unter der Haut hervortraten.

„ Weil diese Hundesöhne in sicherer Deckung hocken und uns abknallen wie bei einem Preisschießen, wenn wir nicht mehr von den Büschen am Straßenrand gedeckt sind“, versetzte Barney Horn rau und trocken. Nach kurzem, gedankenvollem Schweigen fügte er hinzu: „Dieser Überfall gilt wahrscheinlich weniger uns als den Siedlern. Jemand will verhindern, dass die vier Wagen den Waterman Wash erreichen. Jemand, der großes Interesse daran hat, dass die Squatter wieder verschwinden.“

„ Und wer sollte deiner Meinung nach der Drahtzieher dieser Schweinerei sein?“ , fragte Jack McSwain und schaute zweifelnd. „Es gibt da draußen weder einen Rancher, der befürchten muss, von den Heimstättern eingeengt zu werden, noch hat sonst jemand Interesse an dem Regierungsland.“

„ Das weiß der Teufel“, murmelte Barney Horn und bewegte sich unbehaglich.

Keiner von ihnen fühlte sich wohl in seiner Haut. Zwischen den Hügeln hatten sich ein paar eiskalte, skrupellose Killer verschanzt. Ohne mit der Wimper zu zucken hatte einer von ihnen Fred Simson vom Wagenbock geknallt. Jetzt lag Fred zwischen dem Pferdegespann und dem Fuhrwerk reglos auf dem Rücken, seine glasigen Augen starrten zum wolkenlosen Firmament hinauf, das Hemd über seiner Brust hatte sich voll Blut gesaugt, und der süßliche Blutgeruch hatte eine dunkle Wolke winziger Stechmücken angelockt.

„ Was tun wir?“ , kam es drängend und irgendwie verzweifelt von Tom Patty. Sie konnten mit Pferden und Wagen umgehen, waren waghalsig und verstanden es, ein Fuhrwerk über halsbrecherische Wege sicher zum Ziel zu bringen, aber sie waren keine erprobten und erfahrenen Kämpfer, und sie waren erst recht keine Helden. Der Anblick ihres toten Kameraden ließ sie erschaudern und erfüllte sie mit Grauen.

Die heimtückischen Schützen hielten sich zurück. Jack McSwain, der noch den meisten Mut von ihnen aufbrachte, rief: „Sieht aus, als wären es vier oder fünf. Wir könnten uns trennen und versuchen, sie uns einzeln zu schnappen...“

„ Soll ich mich für dreißig Dollar im Monat erschießen lassen?“ , fuhr ihm Barney Horn schrill dazwischen. „Bei aller Loyalität - aber so weit geht meine Treue zu Ben Hamilton und Jed McLintock nicht.“

„ Wenn wir jetzt kneifen , sind wir unseren Job los“, wandte Tom Patty kleinlaut ein. „Hamilton und McLintock werden kein Verständnis aufbringen, wenn wir die Wagen verlieren.“

„ Lieber arbeitslos als tot“, knurrte Barney Horn. „Ich ziehe mich zurück. Das Strauchwerk liefert genügend Schutz. Ich pfeife auf Hamilton und McLintock, auf die Siedler und auf die Wagenladungen. Sollen sie von mir aus zum Teufel gehen.“

Er stieß sich ab und war mit zwei Sprüngen am Straßenrand. Sofort warf er sich auf den Bauch, zog den Kopf ein, wartete sekundenlang mit angehaltenem Atem, und robbte schließlich am Rand des Buschgürtels davon. Barney Horn kroch in die Richtung, aus der sie gekommen waren. Jack McSwain und Tom Patty wechselten einen schnellen Blick. Tom zuckte mit den Achseln, als wollte er damit ausdrücken, dass auch er nicht aus seiner Haut konnte, dann folgte er dem Beispiel Barneys.

Jack McSwain konnte sich nicht entschließen. Hart schlug das Herz gegen seine Rippen. Er atmete gepresst. In ihm keimte die würgende Angst. Mit flackernden Augen starrte er seinen Kameraden hinterher. Barney Horn war schon an die fünfzig Yards weit gekrochen. Jetzt richtete er sich auf und rannte, als säße ihm der Leibhaftige im Nacken, geduckt am Straßenrand entlang.

Schweren Herzens, voll fiebriger Erregung, entschloss sich Jack, bei den Fuhrwerken zu bleiben. Seine Mundhöhle war trocken wie Wüstensand. Das Schlucken bereitete ihm Mühe. Dennoch bemühte er sich, so etwas wie Verachtung für Barney und Tom empfinden zu können. „Feiglinge“, knirschte er, doch seine Stimme klang brüchig, ihr fehlte die Kraft der inneren Überzeugung, richtig zu handeln. Gefühl und Verstand fochten in Jack McSwain einen heftigen Zweikampf aus. Die innerliche Zerrissenheit setzte ihm zu, das Drängen seines Verstandes, der Angst vor den gnadenlosen Killern nachzugeben und ebenfalls sein Heil in der Flucht zu suchen, ließ sich nicht unterdrücken. Sie zerfraß sein Bewusstsein wie ätzende Säure. Doch Jack war stark genug, sich nicht von dieser in schnellen Schüben auf ihn einstürmenden, panikartigen Empfindung überwältigen zu lassen. Er rollte unter das Fuhrwerk und postierte sich hinter einem der hohen Räder. Seine schweißnassen Hände saugten sich regelrecht am Gewehr fest.

Barney Horn hetzte schon ein ganzes Stück entfernt um eine Biegung und verschwand hinter einer Anhöhe, die bis an die Straße heranreichte. Tom Patty rannte wie von Furien gehetzt hinter ihm her. Jack McSwain fühlte sich unvermittelt sehr einsam und allein gelassen. Er empfand es und die eisige Hand der Angst griff wieder nach ihm und ließ ihn gepresst atmen.

„ Kommt endlich, ihr Hundesöhne!“ , knirschte er für sich, denn die Stille, die sich nach dem letzten Schuss zwischen die Hügel gesenkt hatte, zermürbte seine Nerven, und er wartete voll Ungeduld darauf, dass irgendetwas geschah - etwas, das die zittrige Anspannung von ihm nahm.

Zehn Minuten verstrichen in zäher Langsamkeit. Von Barney Horn und Tom Patty war nichts mehr zu sehen. Jacks Zahnschmelz knirschte. Hart traten seine Backenknochen unter der bleichen Haut hervor. Und er fuhr zusammen wie unter einem Peitschenhieb, als östlich von ihm Schüsse erklangen. Das ineinander verschmelzende Krachen prallte heran wie ein Vorbote von Untergang und Tod. Jack staute den Atem, eine unsichtbare Faust schien ihn zu packen und zu würgen.

Es war eine ganze Serie von Schüssen, und ebenso jäh, wie es begonnen hatte, brach das infernalische Krachen wieder ab. Der Stau aus Angst und Schrecken brach sich in einem dumpfen Laut Bahn aus Jacks Mund, wie der Überdruck aus einem Dampfkessel entwich die verbrauchte Atemluft seinen schmerzenden Lungen. Sein Verstand blockierte. Er verspürte Gänsehaut, als streifte ihn der Eishauch des Todes.

Jack ahnte die Tragödie, die sich hinter den Anhöhen im Osten abgespielt hatte. Die trügerische Stille, die nach den Schüssen eingetreten war, drohte ihn mit tonnenschweren Gewichten zu erdrücken.

Es stürmte mit schwindelerregender Wucht auf Jack McSwain ein und das Begreifen, dass er nun an der Reihe war, ließ ihm das Blut in den Adern gefrieren. Bäche von Schweiß rannen ihm über das Gesicht. Seine Augen brannten. Das Hemd klebte ihm wie eine zweite Haut am Körper.

Und dann vernahm er den pochenden Hufschlag. Er veränderte seine Position und kroch zum Ende des Wagenzuges. Das Pferd näherte sich auf der Straße. Flach lag Jack am Boden, er zog das Gewehr an die Schulter und war entschlossen, auf alles, was sich bewegte, zu feuern. Die Angst brachte ihn fast um den Verstand.

Dann kam das Pferd um den Hügel herum, hinter dem die Straße verschwand. Es war reiterlos. Jacks Herz drohte zu zerspringen. Das Pferd trottete langsam heran. Es war ein Pinto. Jack war wie gebannt. Er hatte plötzlich das Empfinden, von einer knöchernen Klaue berührt zu werden. Stoßweise und rasselnd ging sein Atem. Zwanzig Schritte von ihm entfernt blieb das Tier stehen, warf den Kopf in den Nacken und wieherte hell.

Es war ein Ablenkungsmanöver. Jack begriff es mit schmerzhafter Schärfe, und vernahm auch schon hinter sich das Peitschen von Zweigen und das Rascheln von Blattwerk. Er schleuderte sich regelrecht herum, nahm den Mann am Rand des Buschgürtels wahr - und blickte in die Mündung der Winchester, die der Fremde im Hüftanschlag hielt.

Jacks Mut verrauchte schlagartig. Lähmung befiel ihn. Das Gewehr entglitt seinen Händen. Da war nur noch die schrille Todesangst, die jeden anderen Gedanken unmöglich machte und ihn geißelte.

Der Killer hatte sich den Hut weit in die Stirn gezogen. Um seine Hüften lag ein schwarzer Büffelledergurt, an seinem rechten Oberschenkel war das Holster festgebunden, aus dem der Holzgriff eines schweren 44ers ragte. Die wasserhellen Augen des Banditen glitzerten eisig und in ihnen war nicht die Spur von Mitleid oder einer anderen menschlichen Regung zu lesen.

„ Bitte, Mister...“ Es war nur ein kaum verständliches Krächzen, das sich Jack entrang. Seine Stimmbänder versagten ganz einfach. Seine Lippen bewegten sich, aber er brachte keinen Ton mehr über sie.

Der Fremde sagte mit hohl klingender Stimme: „Das war erst der Anfang, Hombre. Kehre nach Maricopa Well zurück und bestelle McLintock, dass Burt Shaugnessy gekommen ist, um Schulden einzutreiben und ihm eine blutige Rechnung zu präsentieren. Vergiss den Namen nicht, mein Freund: Shaugnessy - Burt Shaugnessy.“

Jack McSwain war kaum fähig, verstandesmäßig zu verarbeiten, was der Fremde gesprochen hatte. Er war zu gar keiner Reaktion imstande. Jack lag nur da und zitterte wie Espenlaub.

„ Ich hoffe, du hast alles verstanden, Hombre“, ließ wieder der Mörder seine metallische Stimme erklingen. „Und jetzt verschwinde.“

Diese letzten drei Worte sickerten in Jacks Verstand wie flüssiges Blei. Wie von Schnüren gezogen kroch er unter dem Fuhrwerk hervor. Er richtete sich auf, jeglichen Willens, jeglichen Gedankens beraubt, und stand schließlich auf butterweichen Beinen vor dem Wagen.

„ Ich wiederhole mich selten“, stieß der Maskierte hervor und hob das Gewehr etwas an. Die Mündung deutete jetzt auf Jacks Brust.

Und jetzt fiel bei dem Fuhrwerker der Bann. Er taumelte davon, stolperte, und hatte Mühe, das Gleichgewicht zu bewahren. Schließlich begriff er. Mit schwindelerregender Intensität kam der Überlebenswille, seine Schritte wurden sicherer, ausholender. In seinem Kopf aber herrschte ein chaotisches Durcheinander. Er war nicht in der Lage, auch nur einen einzigen Gedanken festzuhalten. Schließlich begann er zu laufen. Er schaute sich nicht um. Mechanisch setzte er einen Fuß vor den anderen. Er war wie betäubt.

Er wusste nicht, wie lange er gelaufen war, er spürte nur, dass er nicht mehr konnte. Sein Atem ging nur noch röchelnd, seine Lungen stachen, sein Hals schmerzte, seine Beine waren schwer wie Bleiklumpen, seine Augen tränten vom Schweiß, der sie entzündet hatte. Er torkelte nur noch dahin, und dann verließ ihn die Kraft und er brach neben einem schroffen Felsen in die Knie, kippte vornüber auf das Gesicht und schluchzte trocken.

Er sah nicht die dunklen Rauchwolken, die weit hinter ihm aufstiegen und vom heißen Südwind zerpflückt und nach Norden getrieben wurden.

*

Jack McSwain lag fast eine halbe Stunde im Schatten des Felsens. Die unmittelbare, exzessive Todesangst flaute ab. An ihre Stelle traten Erschütterung und Fassungslosigkeit. McSwain bekam nur langsam den Aufruhr seiner Gefühle in den Griff. Er hatte die brutale, tödliche Gewalt hautnah erlebt, und er hielt es für ein Wunder oder eine Laune des Schicksals, dass er der einzige war, der noch lebte. Seine Rolle war es, den Boten des Grauens und des Schreckens zu spielen.

Immer wieder durchfluteten die Worte des Banditen sein Bewusstsein. Er wusste nicht, was dahinter steckte. Er begriff nur, dass McLintock eine Rolle spielte. Tausend Gedanken stürmten auf ihn ein - Fragen, die ihn Vermutungen anstellen ließen, die in ihm böse Ahnungen wachriefen, auf die er aber im Endeffekt keine Antwort fand.

Er musste nach Maricopa Well. Acht Meilen Fußmarsch unter der sengenden Sonne lagen vor ihm. Und da waren immer noch die Banditen, die es sich vielleicht anders überlegten und auch den letzten Augenzeugen ihres brutalen Überfalles auszuschalten versuchten. Acht Meilen, auf denen die Gefahr allgegenwärtig war und der Tod hinter jedem Hügel lauern konnte. Bitter sagte sich der Fuhrwerker, dass er waffenlos und im Falle des Falles ohne den Hauch einer Chance war.

Er marschierte los. Jack schlug sich in die Wildnis. Er trug klobiges, schweres Schuhwerk. Schon nach zwei Meilen brannten Blasen an seinen Fersen und Fußsohlen. Nach drei Meilen platzten diese Blasen auf und die Haut schälte sich ab. Es kostete Jack Überwindung, seinen Weg fortzusetzen. Jeder Schritt war eine Qual. Die Gluthitze füllte beim Atmen seine Lungen wie mit Feuer. Feiner Staub, den der schrale Wind aufwirbelte, knirschte zwischen seinen Zähnen und scheuerte unter seiner durchschwitzten Kleidung die Haut wund. Durst begann in Jacks Eingeweiden zu wüten. Trotz allem - er ließ in seiner Wachsamkeit nicht nach. Unablässig sicherte er hinter sich, nach links, nach rechts, nach vorne. Doch nichts deutete darauf hin, dass die Banditen den Entschluss, ihn am Leben zu lassen, rückgängig gemacht hatten.

Ein unmenschlicher Durchhaltewille peitschte Jack vorwärts. Seine Energien und Kräfte schwanden, in immer kürzeren Abständen musste er Pausen einlegen, zuletzt wurden seine Schritte lediglich noch vom Unterbewusstsein gesteuert. Jack McSwain schleppte sich nur noch dahin, aber nach über vier Stunden erreichte er Maricopa Well.

Die Stadt hatte sich aus einer Pferdewechselstation entwickelt. Die Bewohner hatten ihre Häuser einfach zu beiden Seiten der Straße, die von El Paso bis nach Yuma führte, errichtet. Im Laufe der Zeit waren eine zweite und dritte Häuserreihe entstanden, dazwischen gab es Seitenstraßen und Gassen.

Jack wankte mitten auf der Straße dahin. Seine Beine wollten ihn kaum noch tragen. Die Strapazen hatten tiefe Linien und Furchen in sein Gesicht gegraben. Er war völlig ausgepumpt und am Ende. Natürlich erregte er Aufmerksamkeit. Neugierige begannen ihn zu umringen, Fragen über Fragen prasselten auf ihn ein, aber Jack nahm sie nicht zur Kenntnis. Er taumelte zu dem Tränketrog vor dem Corral der Overland Mail Company, fiel davor auf die Knie und tauchte seinen Kopf in das Wasser. Er spülte sich den Staub und die Trockenheit aus dem Mund, und spürte, wie seine Lebensgeister wieder entfacht wurden.

Ein Ring von Gaffern umstand ihn. Ihr Gemurmel hing in der Luft. Jack erhob sich, stemmte sich mit beiden Armen noch kurze Zeit auf den Rand des Tränketrogs, als wollte er noch einmal Kraft schöpfen für die letzten Meter, schließlich richtete er sich auf und setzte sich wieder in Bewegung. „Platz!“ , krächzte er, und seine Stimme klang heiser. „Macht Platz.“

Aber da bildete sich bereits eine Gasse, ein etwa dreißigjähriger, hagerer Mann mit dunklen Haaren und einem gleichfarbenen Schnurrbart trat in den Kreis. An seiner braunen Stoffweste funkelte der Sheriffstern.

„ Jack, gütiger Gott, was ist geschehen?“ , fragte Cole Burton, der Sheriff von Maricopa Well, bestürzt.

„ Wir wurden überfallen“, japste Jack. „Barney, Tom und Fred sind tot. Mich schickte einer der mörderischen Bastarde mit einer Botschaft für McLintock zurück...“

Plötzlich waren da wieder die Schwäche, diese entsetzliche Kraftlosigkeit, die grenzenlose, betäubende Erschöpfung, der pulsierende Schmerz und der Taumel, der Jack zwang, sich auf den Rand des Tränketrogs zu setzen. Sein Kinn sank nach unten, sein Kopf baumelte vor der Brust.

Ringsum herrschte Atemlosigkeit.

„ Was beinhaltet diese Botschaft?“ , fragte der Sheriff, und der erwartungsvolle Blick seiner steingrauen Augen hatte sich an Jacks Gesicht festgesaugt, als versuchte er die Antwort, noch ehe Jack etwas erwidern konnte, von dessen Zügen abzulesen.

„ Ich soll McLintock bestellen, dass Burt Shaugnessy gekommen ist, um Schulden einzutreiben und ihm eine blutige Rechnung zu präsentieren“, antwortete Jack McSwain lahm.

Scharf stieß der Sheriff die Luft durch die Nase aus. Er wandte den Kopf und starrte nach Westen, wo sich das Band der Straße in der flirrenden Luft verlor. Sein Blick schien sich ebenfalls im Sonnenglast zu verlieren. Sein Gesicht war wie versteinert. Plötzlich sagte er: „Gütiger Gott, es will mir nicht in den Kopf. - Komm, Jack. Ich helfe dir. Bis zum Wagenhof sind es nur noch ein paar Schritte.“

„ Werden Sie hinausreiten, Sheriff?“ , fragte jemand im Pulk der Gaffer.

„ Natürlich. Und jeder von euch, der bereit ist, sich einem Aufgebot anzuschließen, soll sich beritten und bewaffnet in einer halben Stunde vor meinem Office einfinden.“

Cole Burton half Jack hoch, Jack legte ihm den Arm über die Schultern und stützte sich schwer auf den Sheriff. So schlugen sie den Weg zur Frachtwagengesellschaft Hamilton & McLintock ein. Jack hatte das Empfinden, seine Füße stünden in hellen Flammen.

*

Sheriff Cole Burton und eine Handvoll Männer erreichten den Ort des Überfalls. Ben Hamilton und Jed McLintock hatten es sich nicht nehmen lassen, mit der Posse zu reiten.

Hamilton war außer sich vor Zorn. Er und Ernest McLintock waren ziemlich groß geworden mit dem Fuhrgeschäft. Ernest war vor drei Jahren gestorben. An seine Stelle war sein Sohn Jed getreten. Sie hatten bei der Regierung die Konzession beantragt, die Frachtwagenlinie auszubauen, um ihre Fuhrwerke mit Waren und Gütern in alle Teile des Territoriums rollen lassen zu können. Und sie hatten Anspruch auf das Monopol erhoben, als einzige Gesellschaft in Arizona ein derartiges Handelsnetz aufzubauen.

Bisher lief alles ihren Wünschen und Plänen gemäß. Nun aber ...

Er wusste genau, wer hinter dem blutigen Überfall steckte. Und darum richtete sich sein Zorn nicht nur gegen die Mörder, sondern auch gegen Jed, der den Schneeball geworfen hatte, der diese Lawine von brutaler Gewalt und Skrupellosigkeit auslöste. Der Sinn dieses blutigen Dramas konnte nur darin zu suchen sein, dass Shaugnessy dokumentieren wollte, dass er da war und dass er vor nichts zurückschrecken werde, um seine Rache zu verwirklichen.

Sicher, Jed hatte Wort gehalten und seit seiner Heimkehr aus Santa Fe hart gearbeitet. Er hatte die Finger vom Brandy gelassen und einen weiten Bogen um jeden Saloon gemacht. Er war auf dem besten Wege, sich den Respekt und die Achtung Bens, Maureens und der Mannschaft zu erwerben. Doch nun dies. Es war der Fluch der bösen Tat. Und McLintock musste ihn sich an seine Fahne heften.

Zu dieser erdrückenden Erkenntnis war Jed selbst auch gekommen. Es raubte ihm fast den Verstand, den Tod der drei Fuhrwerker verschuldet zu haben. Die Ereignisse in Santa Fe, die viele Wochen zurücklagen, hatte er längst in den Hintergrund seines Bewusstseins verbannt. Er rechnete nicht mehr mit Shaugnessy und dessen Anhang. Doch jetzt war das Verhängnis über sie hereingebrochen wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Das stumme Versprechen, das die Männer Shaugnessys am Fahrbahnrand in Santa Fe verströmten, war alptraumhafte Wirklichkeit geworden ...

Die Fuhrwerke waren ausgebrannt. Die Banditen hatten die Leinen der Zugtiere zerschnitten. Die schweren Kaltblüter waren vor dem Feuer geflohen. Sie fanden Fred Simson. So mancher der Männer spürte ein Würgen im Hals. Der Sheriff schickte einige Reiter zwischen die Hügel. Sie sollten nach Barney Horn und Tom Patty suchen. Dann trieb er sein Pferd zu Jed und sagte zwischen den Zähnen: „Die Halunken haben ganze Arbeit geleistet, McLintock. Es wird Zeit, mir klaren Wein einzuschenken. Es ist nie so richtig bis zu mir durchgedrungen, was damals in Santa Fe geschehen ist. Du und Ben habt euch in Stillschweigen gehüllt. Es sickerte zwar einiges durch, aber alles davon basiert auf Vermutungen und wilden Fantasien. Willst du mir angesichts dieses Werkes der brutalen Gewalt nicht endlich verraten, was es mit diesem Burt Shaugnessy auf sich hat?

Die Nasen ihrer Pferde berührten sich fast. Jed konnte seinen flackernden Blick nicht von dem Bild der sinnlosen Vernichtung loseisen. Seine Gedanken wirbelten, doch es gelang ihm nicht, einen einzigen festzuhalten. Nur langsam sickerte das, was der Sheriff gesprochen hatte, in seinen aufgewühlten Verstand. Er hob die Hände, die die Zügel hielten, ließ sie kraftlos zurück auf den Sattelknauf fallen. Abgehackt gab er zu verstehen: „Es ist meine Sache, Cole. Es - es ist furchtbar. Drei Männer mussten sterben. Männer, die nur ihren Job ausübten. Sie wurden kaltblütig ermordet. Mein Gott! Wie verworfen und gewissenlos muss ein Mensch sein, um das zu vollbringen?“

„ Oder voll Hass und Rachsucht!“ Ben Hamilton parierte bei ihnen sein Pferd. Er wies mit dem Kinn auf Jed. „Die Bande haben wir seiner Leichtfertigkeit zu verdanken, Sheriff. Er...“

Ein Blick in Jeds Gesicht ließ ihn verstummen. In jedem von Jeds Zügen lag eine ganze Gefühlswelt. Da waren Erschütterung und Fassungslosigkeit, Ratlosigkeit und hilflose Ohnmacht, da waren aber auch der tödliche Hass und die flammende Leidenschaft. Ben Hamilton begann auf seiner Unterlippe herumzukauen. Sein Zorn verrauchte. Er bereute plötzlich seine emotionalen Worte von eben. Denn er erkannte, wie schwer Jed an der Last trug, die ihm die Vorsehung aufgebürdet hatte. Jed fühlte sich schuldig am Tod der drei Fuhrwerker und am Verlust der vier Fuhrwerke samt Ladungen.

Mit schwankender Stimme, in der eine Reihe der verschiedensten Gemütsbewegungen mitschwang, gab Jed zu verstehen: „Ich habe in Santa Fe gespielt und verloren und Shaugnessy um zwölftausend Dollar betrogen. Es kam zur Schießerei und ich verletzte oder tötete einen der Kerle. Ich weiß es nicht genau. Nun ist Shaugnessy gekommen, um sich zu rächen. Dass er Unschuldige in die Sache hineinzieht , konnte ich nicht ahnen.“ Jed atmete tief durch. Ein mitleidloser Zug bahnte sich in seine Miene. „Er wird für den Tod der drei Männer büßen. Ich werde ihn zur Rechenschaft ziehen und nicht eher ruhen, bis er für dieses Verbrechen gesühnt hat. Das schwöre ich.“

Es hatte etwas vor allem in seinen letzten Worten gelegen, das sowohl dem Sheriff wie auch Ben Hamilton eisige Beklemmung durch die Blutbahnen jagte.

Die Männer, die nicht auf die Suche nach Barney Horn und Tom Patty zwischen die Hügel geritten waren, trieben ihre Pferde hin und her und suchten nach irgendwelchen brauchbaren Spuren. Das Entsetzen bei ihnen ging tief, der stumme Schrei nach Vergeltung prägte die Züge eines jeden.

Eine ganze Weile herrschte bedrücktes Schweigen zwischen den drei Männern. McLintocks Schwur hallte in Hamilton und dem Sheriff nach. Schließlich zog der Sheriff die Unterlippe zwischen die Zähne und nagte daran, dann meinte er: „Die Siedler werden Schadenersatz fordern. Allerdings nicht in Geld, Ben. Geld nützt ihnen dort draußen in der Wildnis nichts. Sie werden auf Lieferung der bestellten Waren und Güter bestehen.“

Es war, als wollte er von McLintocks unheilvoller Drohung - diesem blutigen Schwur, der wie ein Manifest zwischen ihnen stand -, ablenken.

Ben Hamilton fuhr sich mit dem Handrücken über die Augen, als wollte er einen bösen Traum verscheuchen. Er seufzte. „Ich muss zu ihnen reiten und sie informieren. Weiß Gott, sie sind auf die Waren angewiesen. Sie brauchen Werkzeug, Saatgut, Vorräte und was weiß ich sonst noch alles, um sich und ihren Familien das Überleben bis zur ersten Ernte zu sichern. Dieser hundsgemeine Überfall wirft sie um Wochen zurück. Sie werden kaum Verständnis dafür aufbringen.“

„ Du wirst einen schweren Stand haben, Ben“, murmelte der Sheriff irgendwie mitfühlend. „Du hast ihnen wahrscheinlich die rechtzeitige Lieferung garantiert - und nun...“

Der Sheriff kniff die Lippen zusammen und schwieg bedeutungsvoll.

„ Es wäre mir recht, wenn du mit mir zum Waterman Wash kommen würdest, Cole“, gab Hamilton niedergeschlagen, mit unglücklichem Gesichtsausdruck, zu verstehen. „Wenn ich alleine hinreite, fürchte ich, zerreißen mich die Heimstätter in der Luft, wenn ich sie vor die Tatsache stellen muss, dass ich die Wagenladungen verloren habe.“

Der Sheriff wurde abgelenkt, als zwei Reiter herankamen und einer von ihnen meldete: „Nichts, Sheriff. Keine Spur, kein Hinweis, einfach nichts. Bei den Halunken muss es sich um Profikiller gehandelt haben.“

Über die Hügel wehte Hufschlag heran. Der Reiterpulk kam zum Vorschein. Zwei der Reiter hatten vor sich quer über dem Widerrist ihrer Pferde die beiden erschossenen Fuhrleute liegen. Sie ritten heran und verhielten. In den Augen der Männer schwamm das Grauen.

„ Diese Teufel in Menschengestalt“, flüsterte Hamilton erstickend.

„ Und es war wohl erst der Anfang“, erklärte Cole Burton bedrückt. Er nickte mehrere Male, als wollte er seiner düsteren Prophezeiung noch mehr Ausdruck verleihen. „Den Worten Shaugnessys nach zu schließen war das erst der Anfang“, wiederholte er schließlich versonnen. „Es sei denn, wir erwischen die Hundesöhne, ehe sie noch mehr Unheil anrichten können.“

McLintock trieb sein Pferd an und ritt wortlos davon.

„ Er taugt nichts“, murmelte Cole Burton. „Und man sollte ihn den Wölfen zum Fraß vorwerfen, die seinetwegen in diesen Landstrich eingefallen sind. Das wäre - o verdammt, was rede ich für dummes Zeug! Ich bin der Sheriff und darf derartiges nicht einmal denken.“

„ Er ist ein anderer geworden“, murmelte Ben Hamilton nachdenklich, indes er hinter Jed herschaute. „Ich spüre es ganz deutlich“, sprach er nach einiger Zeit des Schweigens weiter. „Jed hat sich gewandelt. Er ist auf dem besten Weg, ein Mann in meinem Sinne zu werden.“

„ Verschreie es nur nicht, Ben“, knurrte der Sheriff. „Ich kenne viele Kerle seiner Art, die irgendwann einmal aus irgendeinem Anlass irgendwem Besserung gelobten und die sich auch eine ganze Zeit alle Mühe gaben. Umso herber und schlimmer war dann der Rückfall.“

„ Wir werden es sehen“, versetzte Ben.

*

Jed war alleine. Ben Hamilton und der Sheriff waren zum Watermann Wash unterwegs, um die Siedler von dem Überfall zu unterrichten. Das Aufgebot war auf dem Weg in die Stadt, um die Toten dem Bestatter zu übergeben. Jed richtete sein Augenmerk auf den Hügeleinschnitt südwestlich, in den sich die Straße bohrte. Dort musste der Schütze auf der Lauer gelegen haben, dessen Kugel Fred Simson tötete. Der Fuhrwerker war in die Brust getroffen worden. Also kam die Kugel von vorne ...

Jed trieb sein Pferd an.

Bei den Hügeln drehte Jed seinen Oberkörper und blickte zurück. Sein Auge erfasste die Position des Wagens, den Simson gelenkt hatte. Jed kam zu dem Schluss, dass der Heckenschütze auf dem Hügel nördlich der Straße Stellung bezogen hatte. Er saß ab und machte sich an den Anstieg.

Hier und dort ragten niedrige Felsblöcke aus dem Boden, rundgeschliffen vom Zahn der Zeit, dazwischen wucherten dornige Comas und Mesquitesträucher. Das rotbraune Gras war staubgepudert. Jeds Blick war auf den Boden gerichtet. Immer wieder schaute er zu der Stelle, an der Fred Simson gestorben war. Auf diese Weise legte er die ungefähre Position des Mörders auf der den Fuhrwerken zugewandten Seite des Hügels fest. Und dann entdeckte Jed im staubigen Gras Fußabdrücke. Der ewig wirbelnde Staub hatte die Spur schon beinahe wieder gelöscht, aber Jeds Auge machte sie dennoch aus. Und schließlich fand er zwei Patronenhülsen. Es war Winchestermunition. Er blies den Staub von den Messinghülsen und sie glitzerten matt, wie neu. Beweis dafür, dass sie noch nicht lange hier lagen.

Jed folgte der Spur. Sie endete auf der rückwärtigen Seite der Erhebung bei einer Gruppe von turmartigen Felsen, wo das Pferd des Banditen gestanden hatte. Hier waren die Abdrücke noch deutlich auszumachen. Die Spur führte hangabwärts. Jed folgte ihr. Schon bald fand er die Fährte mehrerer Pferde, und diese Spur führte steil nach Süden, geradewegs in die Wildnis hinein, wo in rauchiger Ferne die Konturen der zerklüfteten Maricopa Berge auszumachen waren.

Jed holte sein Pferd und folgte der Fährte.

Die Sonne stand weit im Westen, als Jed die Ausläufer des Gebirges erreichte. Die Vegetation hier war nur noch karg. Trockene Felsenwüste umgab den einsamen Reiter, eine wildzerklüftete, wie von Urgewalt zersplitterte Welt. Wispernd strich der Wind an den kahlen Felsen entlang, raschelte in den Zweigen der halbverdorrten Sträucher und wühlte im feinkörnigen Sand, der das ganze Land wie rötlicher Puder überzog. Es war heiß wie in der Hölle. Hier hatten nur Eidechsen, Klapperschlangen und Skorpione eine Überlebenschance.

Immer wieder hatte Jed Hinweise entdeckt, die ihm verrieten, dass er die Spur der Reiter nicht verloren hatte. Irgendwo im Norden lag die Ortschaft Mobile. Jed rechnete sich aus, dass in etwa einer Stunde die Dämmerung einsetzen würde. Unablässig sicherte er um sich. Denn er war mehr und mehr zu dem Schluss gekommen, dass die Reiter, denen er folgte, zu einem verborgenen Camp geritten waren. Was sonst sollte sie in die Felseinöde getrieben haben außer der Tatsache, dass sie allen Grund hatten, das Licht der Öffentlichkeit zu scheuen.

Und er täuschte sich nicht. Von einer Kuppe aus beobachtete ihn ein kaltes Augenpaar. Felsbrocken deckten den Burschen. Er war mit einem Gewehr bewaffnet.