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Totenschädel und Dämonenzauber: Gruselroman Großband 3 Romane 4/2022 von Pete Hackett Über diesen Band: Dieser Band enthält folgende Romane von Pete Hackett: Im Wald der Verfluchten Dämonen des Blutes Die Festung der Schädel Ein Mann war auf bestialische Weise getötet worden. Der Tote wurde im Keller des Hauses gefunden, in dem er wohnte. Der Name des Toten war Jim Spacey. Er war 36 Jahre alt geworden. Von Beruf war er Reporter beim Daily Mirror. Der Leichnam war bleich. In dem toten Körper war kein Tropfen Blut mehr. Der Hals des Getöteten war zerfleischt, als hätte ihn ein wildes Tier mit seinem Fang aufgefetzt. Scotland Yard stand vor einem Rätsel.
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Seitenzahl: 399
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Totenschädel und Dämonenzauber: Gruselroman Großband 3 Romane 4/2022 | von Pete Hackett
Copyright
Im Wald der Verdammnis | von Pete Hackett | nach Ideen von Steve Salomo
Dämonen des Blutes
Pete Hackett | Dämonen des Blutes
Horrorroman von Pete Hackett
Festung der Schädel | von Pete Hackett nach Ideen von Steve Salomo
Über diesen Band:
Dieser Band enthält folgende Romane von Pete Hackett:
Im Wald der Verfluchten
Dämonen des Blutes
Die Festung der Schädel
––––––––
Ein Mann war auf bestialische Weise getötet worden. Der Tote wurde im Keller des Hauses gefunden, in dem er wohnte. Der Name des Toten war Jim Spacey. Er war 36 Jahre alt geworden. Von Beruf war er Reporter beim Daily Mirror.
Der Leichnam war bleich. In dem toten Körper war kein Tropfen Blut mehr. Der Hals des Getöteten war zerfleischt, als hätte ihn ein wildes Tier mit seinem Fang aufgefetzt. Scotland Yard stand vor einem Rätsel.
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Alles rund um Belletristik!
Reverend Pain: Im Wald der Verdammnis
––––––––
Ich ermahne euch, liebe Brüder,
durch die Barmherzigkeit GOTTES,
dass ihr eure Leiber begebet zum Opfer,
das da lebendig, heilig und GOTT wohlgefällig sei,
welches sei euer vernünftiger Gottesdienst.
Röm. 12,1
––––––––
Es ging auf Mitternacht zu. Das Dorf lag in Finsternis. Wie ein mahnend erhobener Zeigefinder überragte der spitze Kirchturm die Häuser. Nur aus der Kneipe drang verworrener Lärm. Aus den kleinen Fenstern fiel Licht. Die Dunkelheit zwischen den Häusern war dicht, sie mutete fast stofflich und greifbar an, und sie schien Unheil zu verkünden.
Leises Säuseln erfüllte die Nacht. Auf den Wiesen rund um den Ort zirpten die Grillen. Fledermäuse zogen ihre lautlosen Bahnen durch die Finsternis auf der Jagd nach Beute.
John Fordham war auf dem Nachhauseweg. Er verspürte Beklemmung und hatte das Gefühl, beobachtet zu werden. Der Mann war leicht angetrunken und torkelte manchmal. Unser seinen Ledersohlen knirschte der feinkörnige Sand, der die Dorfstraße bedeckte.
Fordham täuschte sich nicht. Glühende Augen bohrten sich durch die Dunkelheit und starrten ihn an. Das Wesen, zu dem sie gehörten, erinnerte an eine große Echse, hatte jedoch die Gestalt eines Menschen. Ein leises Grollen stieg aus der Kehle der Kreatur. Sie war ausgeschickt worden, um Leid über das Dorf zu bringen.
Jetzt bewegte sie sich; lautlos und schattenhaft glitt der Dämon durch die Finsternis. Die klauenartigen Finger waren gekrümmt. Vom Maul tropfte Geifer.
Aus den Augenwinkeln glaubte John Fordham in der Dunkelheit eine flüchtige Bewegung wahrzunehmen. Sein Kopf zuckte herum. Zwei Glutpunkte in der Nacht. Eine Katze? Nein! Was sich ihm näherte war viel, viel größer. Fordham hielt an. Eine unsichtbare Hand schien ihn zu würgen. Er sah den Schemen. Fordhams Atem ging plötzlich stoßweise. Schlagartig wurde er nüchtern. Er wich zurück und hob beide Hände. »Nein«, flüsterte er erstickend. »Nein!« Dieses zweite nein stieg wie ein Aufschrei aus seiner Kehle.
Und dann wurde Fordham gepackt. Er wand sich in dem brutalen Griff, hatte ihm aber nichts entgegenzusetzen. Sein gellender Hilfeschrei hallte durch das Dorf und ließ den Menschen, die ihn hörten, das Blut in den Adern gefrieren. Sie bekreuzigten sich und sprachen Gebete. Das Maul der menschlichen Echse klaffte auf. Matt blinkten die gefährlichen Zähne. Fordham wimmerte nur noch und zitterte wie Espenlaub. »Herrgott, hilf ...«
In seiner Not wandte er sich an GOTT, den er seit Jahren vernachlässigt und zuletzt völlig vergessen hatte. Aber der HERR erhörte sein Flehen nicht. Das Stoßgebet verhallte ungehört.
Die Kreatur zermalmte mit einem einzigen Biss Fordhams Schädel. Es krachte und knirschte. Dann warf sie sich den Toten über die Schulter und stapfte davon.
Die Kirchturmuhr schlug zwölfmal. Der letzte Glockenschlag verhallte mit geisterhaftem Geraune.
Hundert Meter hinter dem Dorf begann dichter Wald. Zwischen den Bäumen war es finster wie im Schlund der Hölle. Mit schlafwandlerischer Sicherheit schritt die Kreatur zwischen den alten Stämmen dahin.
Nach etwa einer Stunde erreichte sie eine große Lichtung. Es roch brenzlig. Ein großer Haufen Erde, aus dem Rauch stieg, befand sich in der Mitte des baumfreien Platzes, der vom Mondlicht erhellt war. Am Waldrand war eine Hütte errichtet. Durch die Ritzen in der Brettertür fiel Licht.
Es handelte sich um Robert Shermans Köhlerei. Sherman saß in der Hütte am Tisch. Die kleine Flamme des Talglichts warf düstere Schatten in sein runzliges Gesicht und spiegelte sich in seinen Augen wider.
Draußen begann ein Hund zu bellen. Die Kette, die ihn festhielt, rasselte. Sherman erhob sich, ging zur Tür und stieß sie auf. Sie knarrte in den Angeln und quietschte leise. Sherman trat nach draußen. »Still!«, fauchte er. Der Hund verstummte und winselte nur noch leise.
Die schemenhafte Gestalt, die sich näherte, nahm Formen an. Vor dem Köhler ließ der Dämon den Toten zu Boden gleiten. »Du warst also erfolgreich«, sagte Sherman zufrieden. »Prima. Du kannst dich zurückziehen. Und begib dich morgen Nacht wieder in das Dorf.«
Der Echsenmensch grunzte irgendetwas Unverständliches, dann wandte er sich um und lief davon. Im Mondlicht warf seine Gestalt einen langen Schatten. Er verschwand im Wald und verschmolz mit der Finsternis.
Der Köhler packte den Leichnam unter den Achseln und schleifte ihn in die Hütte. Dort legte er ihn auf die Bank. Er nahm das Talglicht und leuchtete in das von den furchtbaren Zähnen des Echsenmenschen entstellte Gesicht. Die Augen des Toten waren weit aufgerissen und drückten das letzte Entsetzen im Leben des Mannes aus.
Sherman hielt die Hände über den Toten und begann, Beschwörungsformeln zu murmeln. Blitze zuckten aus seinen Händen und trafen den reglosen Körper. Grünliches Licht zeichnete die Gestalt nach. Der Kopf begann sich zu verformen, die Knochen knackten und knirschten, es bildete sich eine Schnauze, die Haut überzog sich mit grünlichen Schuppen – dann war der Echsenkopf fertig. Die Lider zuckten. John Fordham war zu höllischem Leben erweckt worden. Das grüne Licht, das seinen Körper umfloss, erlosch.
»Geh zu den anderen«, stieß Sherman hervor und übertrug seine Gedanken auf den Dämon, der sich erhob, zur Tür ging und die Hütte verließ. »Du weißt, was du zu tun hast«, rief ihm Sherman hinterher.
Die Kreatur verließ die Hütte, überquerte die Lichtung und betrat den Wald. Zielsicher schritt sie voran – gelenkt von den Gedanken Shermans. Sie erreichte eine Höhle und betrat sie ...
*
Reverend Pain bremste das Motorrad am Portal der Mauer ab, die den Kirchhof samt Gottesacker umgab. Er stellte die Harley auf den Ständer und reckte die breiten Schultern. Etwas schien gegen ihn zu prallen. Er spürte die bösen Impulse, die den Ort beherrschten. Wie unter einem unsichtbaren Joch schien er sich zu ducken. Es war der Hauch der Hölle, der ihn durchströmte.
Gekleidet war Pain in schwarzes Leder, sein langer, schwarzer Ledermantel fiel hinab bis zu den schweren Motocross-Stiefeln. Die Lederhose war abgewetzt und schmutzig. Er trug ein schwarzes Hemd mit einem weißen Kragen, vor seiner Brust hing ein silbernes Kruzifix.
Das Gesicht war hart und stoppelbärtig und von einem tiefen Ernst geprägt, seine Augen lagen in tiefen Höhlen. Der Blick des Reverends war stechend und bedrohlich. Die Haare waren blond und militärisch kurz geschnitten. Quer über der Brust trug er eine Art Waffengurt, angespitzte Eichenpflöcke waren in Lederschlaufen aufgereiht.
Das Lasergewehr hing auf seinem Rücken. Mit der gleißenden Energie konzentrierten Lichts konnte man Vampire töten, man konnte aber auch ein Magazin mit Explosivgeschossen einlegen.
Pain war ein Wanderer, ein Gesandter der Priesterschaft. Er fuhr auf seinem Motorrad in die Dörfer und Städte im Kampf gegen höllische Mächte, um den Hoffnungslosen die ersehnte Hoffnung zu bringen, den Ungläubigen den Glauben zurückzugeben, den Gläubigen Erbauung zu schenken, um das Wort GOTTES zu verbreiten und in den Köpfen zu manifestieren.
Die Gottlosigkeit der Menschen hatte der Macht des Satans einstmals den Weg geebnet. Die Menschen waren vom Glauben an GOTT abgefallen und jeder war sich nur noch selbst der Nächste. Es war nur noch um Geld, um Reichtum, um irdische Güter und um Macht gegangen.
Der Glaube an GOTT und seine Heerscharen, an die Dreifaltigkeit und das ewige Leben war auf der Strecke geblieben.
Satan hatte die Gunst der Stunde genutzt und mit seinen Dämonen die Herrschaft auf der Erde übernommen. Die Menschen wurden unterjocht, die Schreckensherrschaft der Hölle hatte begonnen. Die Menschheit hatte gelitten, mit den Ausgeburten der Hölle war die Armut gekommen, das Dasein war nur noch ein einziger Überlebenskampf gewesen.
Es hatte so ausgesehen, als wäre der satanischen Herrschaft nichts entgegenzusetzen. Wer Satan nicht diente, den ereilte ein schreckliches Schicksal. Werwölfe, Vampire, Zombies und die Seelen der Verdammten, die als Dämonen auf der Erde wandelten – sie straften die Menschen im Auftrag Luzifers – und die Strafen waren drakonisch.
Die Priesterschaft hatte der Herrschaft Satans ein Ende gesetzt. Doch überall auf der Welt gab es noch Dämonennester, in denen die Vasallen Satans im Verborgenen lebten, und wenn sich ihnen die Chance bot - wenn das Böse irgendwo auf dem Vormarsch war, dort, wo sich die Menschen nicht an die Gebote GOTTES hielten -, dann schlugen sie zu; brutal, unbarmherzig und unerbittlich.
Männer wie Pain hatten den Schrecken der Hölle den Todesstoß versetzt. Ihre stärkste Waffe waren ihr Glaube und das Wort des HERRN. Aber der Widerstand der Höllischen flackerte immer wieder auf und der Kampf war noch lange nicht zu Ende.
Aber die Reverends waren unermüdlich in ihrem Bemühen, die Macht der Hölle zu brechen ...
Der Gottesmann durchschritt das Portal und schaute sich um. Der Hof war staubig. Auf dem Friedhof waren eingefasste Grabhügel zu sehen. Kreuze und Gedenksteine erinnerten an diejenigen, die dort ihre letzte Ruhe gefunden hatten. Eine alte Frau, ganz in schwarz gekleidet, stand vor einem der Gräber und hielt die Hände gefaltet.
Unter Pains Motorradstiefeln mahlte der Staub. Er ging in die Kirche. Im Kirchenschiff war es kühl. Beim Altar brannte rot das ewige Licht. Pain bekreuzigte sich. Zwei Menschen saßen in den Bänken. Ein Mann und eine Frau. Der Mann war jung, die Frau mochte um die fünfzig sein. Ihr Gesicht wirkte verhärmt. Der Reverend kniete vor dem Altar ab und bekreuzigte sich. »Im Namen des Vaters, und des Sohnes, und des Heiligen Geistes ...«
Pain machte kehrt, verließ die Kirche und schritt zum Pfarrhaus. Am verstaubten Fenster sah er einen hellen Klecks – ein Gesicht. Er schlug mit der Faust gegen die Tür. Dumpf hallten die Schläge ins Innere. Gleich darauf ging die Tür auf. Ein alter, gebeugter Priester stand vor Pain. Sein Gesicht war faltig, die Augen waren wasserhell, die Haare lang und weiß. In den Mundwinkeln des Priesters zuckte es. In seinen Mundwinkeln hatte sich ein verhärmter Ausdruck festgesetzt.
Pain sagte: »Ich bin auf der Durchreise und müde. Kann ich mich ein paar Stunden bei Euch ausruhen, Priester?«
»Ihr seid ein Reverend«, konstatierte der Priester.
Pain nickte. »Ich bin auf der Suche nach dem Bösen, dem Gottlosen. Der HERR ist mein Schild, das Wort des HERRN mein Schwert. Meiner Feinde sind viele.«
»Kommt herein, Reverend. Natürlich könnt Ihr einige Stunden bei mir ausruhen.«
Pain folgte dem Priester ins Haus. Es roch nach Bohnerwachs und Weihrauch. In der Wohnstube hing ein großes Kruzifix an der Wand, darunter war ein Bord befestigt, auf dem eine kleine Marienstatue stand.
»Setzt euch, Reverend.« Und als Pain saß, fuhr der Pfarrer fort. »Ihr kommt zur richtigen Zeit. Bei uns geht das Böse um. Menschen verschwinden spurlos. Es ist eine Heimsuchung. Dämonen fallen nachts in den Ort ein und entführen die Bewohner. Was aus den Entführten wird, weiß ich nicht.«
»Ich habe es gleich gespürt, als diesen Ort betrat«, sagte der Reverend. »Das Böse beherrscht ihn. - Woher wisst Ihr, dass es sich um Dämonen handelt?«
»Einige Menschen haben sie gesehen. Sie besitzen die Gestalten von Menschen, ihre Köpfe sind die von Echsen. Die Augen leuchten in der Nacht wie Katzenaugen. Blutspuren führen in den nahen Wald. Einige Männer drangen in ihn ein und kamen nie zurück. Das Dorf ist in Angst erstarrt. Keiner weiß, wer der Nächste ist.«
»Gehen die Menschen hier in die Kirche?« Die Brauen des Reverends hatten sich zusammengeschoben. Über seiner Nasenwurzel hatten sich zwei steile Falten gebildet. Mit seinen Augen übte er Druck auf den Reverend aus.
»Nur wenige besuchen die Gottesdienste«, erwiderte der Priester mit monotoner Stimme. »Wie es mit ihrem Glauben an GOTT steht, weiß ich nicht. Vielleicht beten sie in ihren vier Wänden. Ich habe keine Ahnung.«
Der Reverend erhob sich. »Zeigt mir den Weg zum Wald, Priester.«
»Ich denke, Ihr seid müde.«
»Ich kann nicht schlafen, während das Böse wach ist. Der HERR ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln.«
»Euer Gottvertrauen ist groß, Reverend.«
»Ich werde in dem Ort eine Messe halten. Und jeden, der nicht freiwillig kommt, werde ich aus seiner Behausung holen. Wenn sie nicht von sich aus das Wort GOTTES hören wollen, werde ich sie dazu zwingen. Sie werden ihre Sünden bekennen und bereuen. Mit ihrer Gottlosigkeit ebnen sie dem Bösen den Weg.«
Die beiden Männer verließen das Pfarrhaus. Die alte Frau hatte den Friedhof verlassen. Sie gingen hinaus auf die Straße. Auf ihr ballte sich die Hitze. Die Sonne stand hoch am Himmel und verwandelte das Land in einen Glutofen. Ein heißer Wind wirbelte den Staub auf und trieb ihn vor sich her. Die Straße war wie ausgestorben. Aber an den Fenstern standen Menschen. Pain sah sie, wenn er ihre Häuser passierte. Dann erreichten sie den Ortsrand. Der Priester streckte den Arm aus. »Dort beginnt der Wald, Reverend. Wollt Ihr Euch wirklich hineinwagen?«
»Soll ich vor dem Bösen kneifen?«, kam Pains ungeduldige Gegenfrage.
Der alte Priester zog den Kopf zwischen die Schultern. »Der HERR sei mit euch.«
Pain marschierte los. Furchtlos und unerschrocken schritt er hocherhobenen Hauptes auf die Front des Waldes zu. Zwischen den alten Stämmen wucherte dichtes Unterholz. Kein Vogel zwitscherte, keine Hummel summte, kein Schmetterling flatterte durch die Luft.
»Der Wald ist verdammt!«, rief der Priester hinter Pain her.
Die Worte holten den Reverend ein. Ohne sich umzuwenden gab er laut zurück: »Die Gerechten lässt der HERR bestehen. Ich traue auf den HERRN.«
Der Priester schlug ein Kreuzzeichen. Seine Lippen bewegten sich. Er murmelte ein Gebet.
Pain bahnte sich einen Weg durch das Unterholz. Äste streiften seine Schultern und zerrten an seinem Mantel, Zweige peitschten, unter den Stiefeln des Reverends knackte es trocken. Tiefer im Wald gab es kein Unterholz mehr. Die Bäume standen dicht. Ihre Kronen filterten das Sonnenlicht. Auf dem Boden wechselten Licht und Schatten. Der Reverend schritt über einen braunen Teppich aus abgestorbenen Nadeln. Die Luft schien zu stehen.
Immer tiefer schritt Pain in den Wald hinein. Geheimnisvolles Flüstern und Raunen erfüllte die Luft. Es war, als meldeten sich die alten, längst vergangenen Stimmen dieses Landes. Pain spürte die Gefahr, die ihn erwartete, fast körperlich. Er hatte das Gewehr abgenommen und hielt es mit beiden Händen schräg vor der Brust. Manchmal blieb er stehen, um zu lauschen. Und dann sah er die Gestalt, die hinter einem dicken Baum hervortrat. Es war ein Echsenmann. Das Maul stand halb offen. Ein Fauchen stieg aus der Kehle der Kreatur. Die Kleidung, die sie trug, war zerfetzt. Der Echsenmann setzte sich in Bewegung, eine tödliche Gier in den Augen, die halb von den Lidern verdeckt wurden.
Pain hatte angehalten. Leicht nach vorne gekrümmt stand er da. Langsam nahm er das Gewehr an die Hüfte, sein Zeigefinger legte sich um den Abzug. Und dann zischte der Laserstrahl aus der Mündung. Die Kreatur wurde getroffen und regelrecht zurückgeschleudert. Sie flog gegen einen Baum und rutschte daran zu Boden.
Pain ging, das Gewehr im Anschlag, auf den Dämon zu. Und er konnte sehen, wie sich der Echsenkopf verwandelte. Die Schnauze schrumpfte, ein menschliches Gesicht formte sich, und dann schaute Pain in der Gesicht eines etwa fünfzigjährigen Mannes, das im Tode seltsam gelöst anmutete, als hätte der Mann endlich Erlösung gefunden.
Pain sicherte in die Runde. Es war nicht auszuschließen, dass sich weitere höllische Kreaturen anschlichen. Die Mündung des Gewehrs folgte seiner Blickrichtung. Die Gefahr war allgegenwärtig.
Pain entdeckte nichts. Er hängte sich das Gewehr um, dann wuchtete er sich den Toten auf die Schulter und ging mit ihm den Weg zurück, den er gekommen war. Nach einer halben Stunde erreichte er den Ort. Er legte den Toten vor der Tür des Pfarrhauses ab und ging hinein. Der Geistliche kam ihm schon im Flur entgegen. »Wen bringt Ihr mir, Reverend?«
»Seht Euch den Mann an. Vielleicht stammt er aus dem Dorf.«
Der Priester ging mit hinaus, warf einen Blick in das Gesicht des Toten, und sagte: »Das ist Morgan Olbright. Er ist vor vier Wochen spurlos verschwunden. Habt Ihr ihn getötet?«
»Er war in einen Echsenmann verwandelt«, erklärt der Reverend. »Ich tötete keinen Menschen, sondern einen Dämon. Sie hausen in dem Wald. Lass uns den Mann zu seiner Familie bringen, Priester. Und am Abend wollen wir ihm ein christliches Begräbnis bereiten. Ich will, dass jeder im Ort zu der Beerdigung kommt.«
»Ich werde von Haus zu Haus gehen«, murmelte der Priester.
Pain legte sich den Toten wieder auf die Schulter. Der Priester half ihm. Dann ging er voraus zum Haus des Toten. Es war ein ärmliches Gebäude mit eingesunkenem Dach und Fensterläden, die schief in den Angeln hingen. Der Zustand ließ vermuten, dass hier mittellose Menschen wohnten.
Der Priester pochte gegen die Tür. Wenig später wurde sie geöffnet. Eine verhärmte Frau zeigte sich. Ihr Gesicht war bleich, unter ihren Augen lagen dunkle Ringe, einige Strähnen des grauen Haares hingen ihr in die Stirn. »Ihr, Priester?« Jetzt schaute sie an dem Geistlichen vorbei und ihr Blick saugte sich an der schlaffen Gestalt auf Pains Schulter fest. Ihre welken Lippen begannen zu zucken, Entsetzen trat in ihre Augen. »Großer GOTT, das ist Morgan.«
»Ja«, sagte der Priester, »wir bringen dir deinen Mann. Der Reverend traf ihn im Wald der Verdammnis. Er war kein Mensch mehr. Die Mächte der Hölle hatten ihn in einen Echsenmann verwandelt.«
Die Frau bekreuzigte sich.
Der Priester ging an ihr vorbei ins Haus, Pain folgte ihm. Die Frau schloss die Tür. In der Stube roch es würzig. Auf dem Tisch lagen verschiedene Kräuter. Da standen auch einige Gläser, die mit Gewürzen gefüllt waren. Im Raum war es düster. Fliegen tanzten am Fenster auf und ab. Pain legte den Leichnam auf die Bank, die an der Wand stand. »Wir werden ihn am Abend beerdigen«, erklärte der Reverend. Sein finsterer, strenger Blick war auf die Frau gerichtet. »Bist du auch eine von denen, die nicht die heilige Messe besuchen?«
»Sie ist eine der wenigen, die sie besuchen«, nahm der Priester die Frau in Schutz. »Ihr Mann dagegen kam nie.«
»Jetzt steht er vor seinem himmlischen Richter«, murmelte Pain. »GOTT ist gerecht in seinem Zorn. Morgan Olbright wird bekommen, was er verdient hat. Ich werde die Gelegenheit seiner Beerdigung nutzen, um eine Messe zu halten. Die Sünder in diesem Ort müssen aufgerüttelt werden. Die Gottlosen leisten dem Bösen Vorschub.«
Die Augen der Frau schimmerten feucht. »Segnet den Leichnam meines Mannes, Reverend, und gewährt ihm Absolution.«
»Das ist Eure Aufgabe, Priester«, sagte der Reverend. »Sagt auch dem Totengräber Bescheid. Wenn die Turmuhr sechsmal schlägt, beginnen wir.«
*
»Wer fehlt?«, fragte der Reverend. Er ließ seinen Blick über die Menschen schweifen, die sich auf dem Friedhof eingefunden hatten. Die Gesichter waren bleich und ernst. Der Reverend stand vor dem offenen Grab. Zwei Balken waren über die Grube gelegt, auf denen der einfache Sarg aus Fichtenbrettern stand. Ein einfaches Holzkreuz war auf dem Deckel befestigt.
Die Menschen schwiegen bedrückt. Die Angst regierte das Dorf. In den Nächten waren die Mächte der Hölle aktiv. Immer wieder gab es jemand, der sich auf die Straße wagte und Opfer des Schreckens wurde. Betreten schauten die Menschen zur Seite, wenn sie der Blick des Reverends traf. Es war, als würde sein Blick in ihre Köpfe eindringen und ihre geheimsten Gedanken ergründen und analysieren.
»Matt Dexter, Sarah Cameron und Herb Dennison«, nannte der Priester drei Namen.
»Geht mit mir und zeigt mir, wo die drei wohnen«, forderte der Reverend mit grollender Stimme.
In diesem Moment schlug die Turmuhr sechsmal. Die getragenen Klänge verhallten.
»Wollt Ihr sie wirklich zwingen?«, fragte der Priester.
»Wohl dem, der nicht wandelt im Rat der Gottlosen«, knurrte Pain. Seine Stimme hob sich, hörte sich an wie fernes Donnergrollen: »Betet, Brüder und Schwestern, betet für die Seele von Morgan Olbright. Ich bin gleich zurück.«
Er ging mit dem Priester fort. Herb Dennison war der Schmied im Dorf. Helle Hammerschläge verkündeten, dass er noch bei der Arbeit war. Er bearbeitete ein glühendes Eisen. Als er den Priester und den Reverend in den Hof kommen sah, hielt er in seiner Arbeit inne. Wie zwei Raupen schoben sich seine dunklen Brauen zusammen.
»Warum bist du nicht gekommen?«, rief der Priester.
»Olbright war nicht mein Freund. Er war hinter meiner Frau her. Warum sollte ich ihm die letzte Ehre erweisen?«
»Geh zum Friedhof«, stieß Pain ungeduldig hervor. »Du wirst an der Messe teilnehmen, die ich halten werde. Eure Gottlosigkeit ist der Grund, weshalb aus diesem Ort die Hölle ihre Vasallen rekrutiert. Leg den Hammer und das Eisen zur Seite und begib dich zum Friedhof.«
Mit seinem Blick übte Pain Druck auf den Schmied aus. Der schaute betreten zur Seite. Etwas schien gegen ihn anzustürmen, dem er sich nicht verschließen konnte, etwas Zwingendes, etwas, dem er nichts entgegenzusetzen hatte.
Er schob das Eisen in die Esse, in der die Holzkohle glühte. Den Hammer legte er auf den Amboss. »Schon gut«, murmelte er. »Ich gehe schon.«
»Zeigt mir das Haus von Matt Dexter, Priester«, sagte Pain.
Es war ein kleines Haus, das einen heruntergekommenen Eindruck vermittelte. Vor dem Haus badeten Hühner im Staub. Ein Hahn krähte. Im Haus stand Matt Dexter am verstaubten Fenster und sah den Priester und den Reverend kommen. In Dexters Gesicht arbeitete es. Er ging hinaus und blieb unter der Haustü
»Warum bist du nicht auf dem Friedhof, Bruder?«, fragte Pain grollend.
»Ich bin nicht verpflichtet, der Beerdigung beizuwohnen«, versetzte Dexter trotzig. »Niemand kann mich zwingen.«
»Du weigerst dich, an der heiligen Messe teilzunehmen?«, donnerte die Stimme des Reverends. Seine Augen schienen Blitze zu versprühen. »Diene dem HERRN mit Furcht und küsse seine Füße mit Zittern.«
»Gott hat mir die Frau und meine beiden Kinder genommen«, murmelte Matt Dexter. »Es ist kein gerechter Gott. Darum habe ich mich von ihm abgewandt.«
»Du wirst der ewigen Verdammnis anheim fallen«, drohte der Reverend. »Brennen wirst du in den Feuern der Hölle, dort, wo Heulen und Zähneknirschen herrscht. Willst du das?«
»Den GOTT, den Ihr anbetet, gibt es nicht, Reverend. Und wenn, dann ist er nicht einmal halb so gut, wie Ihr ihn hinzustellen versucht.«
»Du lästerst GOTT!«
»Er kann mir gestohlen bleiben.«
»Elender Sünder!« Der Reverend trat an dem Priester vorbei auf den Mann zu, wirbelte ihn herum und packte ihm am Kragen. »Du wirst an der Beerdigung teilnehmen und die Messe hören. Ich werde dir den Glauben an Gott zurückgeben. Nur wenn du glaubst, bist du stark und kannst den Mächten der Hölle widerstehen.«
Der Reverend zerrte den Mann mit sich. Über die Schulter sagte Pain: »Schafft die Frau auf den Friedhof, Priester, diese Sarah Cameron. Sagt ihr, dass ich sie persönlich holen werden, wenn sie sich weigert, mit Euch zu kommen.«
Der Priester schaute ziemlich unglücklich drein.
Pain schob Matt Dexter vor sich her durch den Ort. Dexter schimpfte und fluchte. »Hör auf, Gott zu lästern!«, polterte Pain. »Der HERR schlägt die Gottlosen auf die Backe und zerschmettert ihre Zähne.«
Sie erreichten den Friedhof. Pain bugsierte Dexter durch das Portal und ließ ihn los. Dexter stolperte und stürzte. »Stell dich zu den anderen«, gebot der Reverend, »und wage nicht, dich beim gemeinsamen Gebet auszuschließen.«
Dexter rappelte sich auf die Beine und verschwand schnell in der Masse der Menschen, die sich eingefunden hatten.
Nach kurzer Zeit kamen auch der Priester und Sarah Cameron. Sie war eine alte, zahnlose Frau mit weißen Haaren und wässrigen Augen. »GOTT hat uns verlassen!«, keifte sie laut. »Warum beten, wenn er unsere Gebete nicht erhört?«
»Schweig!«, rief Pain. Dann hob sich seine Stimme. »Wolltest du, HERR, der Sünde immer gedenken: Herr, wer könnte bestehen? Aus der Tiefe, o HERR, ruf ich zu dir. Höre o HERR meine Stimme ...
Die Sonne versank hinter den Bergen im Westen. Mit ihrem Widerschein färbte sie den Himmel glutrot. Wolken schoben sich vor den Sonnenuntergang. Ihre Ränder schienen zu glühen. Am Westhimmel trat ein einsamer Stern in den Vordergrund – der Abendstern. Rötlicher Schein lag auf dem Land, die Natur verlor ihre Farben, die Schatten verblassten.
Pain und der Priester befanden sich in der Stube im Pfarrhaus. Von der Straße erklang Poltern. Pain, der am Tisch saß, erhob sich und ging zum Fenster. Der Priester trat neben ihn. Ein großer, breitschultriger Mann mit schulterlangen, dunklen Haaren und einer großen Hakennase, die das Gesicht beherrschte, zog einen schweren Wagen vorbei.
»Das ist Robert Sherman, der Köhler«, erklärte der Priester. »Er haust im Wald. Ich denke, er hat sich mit den Mächten der Hölle verbündet. Ein finsterer, undurchsichtiger Geselle. Er bringt Holzkohle zur Schmiede und verkauft sie an die Haushalte.«
»Ich werde mich morgen Früh wieder in den Wald begeben«, erklärte der Reverend. »Dem Wort GOTTES und meinem Gewehr haben die dunklen Mächte nichts entgegenzusetzen.«
»Wagt nur nicht zu viel, Reverend. Der Köhler ist aus Fleisch und Blut und darf sicher nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Er verkörpert das Böse.«
Die Nacht kam. Wolkenschatten zogen über das Land. Der Wind wisperte in den Bäumen und Büschen. Der Reverend lag in einem Bett, das in einem ärmlich eingerichteten Raum stand. Mond- und Sternenlicht fiel durch das Fenster und lichtete die Dunkelheit im Raum.
Pain konnte nicht einschlafen. Sehnsüchte waren ihn ihm erwacht. Seine Gedanken weilten bei Asmodia. Sie hatte ihn mit einem Liebestrank verzaubert. Dennoch hatte der Reverend den Kampf gegen sie in der Festung der Schädel aufgenommen und sie vertrieben. Aber die Gefühle für sie wurden immer stärker. Und die Gedanken an sie kamen immer öfter. Jetzt raubten sie ihm den Schlaf. Dumpf schlug das Herz in der Brust des Reverends. Vor seinem geistigen Auge erstand ein Bild von Asmodia. Sie war schön – und sie war verführerisch. Pain versuchte, das Bild zu verdrängen. Es gelang ihm nicht. Die Gefühle, die er für Asmodia hegte, drängten mit Macht auf ihn ein. Sein Herz schlug schneller und jagte das Blut durch seine Adern. Und er verspürte etwas, das er nie zuvor im Leben verspürt hatte. Es war ein körperliches Verlangen – und es entsetzte ihn.
Er erhob sich und ging zum Fenster. »HERR sei mir gnädig, denn ich bin schwach; heile mich, HERR ...«
Da erklang ein fürchterlicher Schrei. Der gellte durch den Ort, wurde von den Echos verstärkt, und versank schließlich in der Stille.
Sofort löste sich Pain von allen Gedanken, die ihn im Klammergriff hielten. Das Bild von Asmodia verblasste. Pain zog sich schnell an, schnappte sich das Gewehr und verließ die kleine Kammer, in der ihn der Priester untergebracht hatte. Auf dem Flur stand der Priester in einem langen, weißen Nachthemd. Er hielt eine brennende Kerze in der Hand. »Der HERR sei uns gnädig«, flüsterte er mit bebenden Lippen.
Pain stürmte an ihm vorbei aus dem Haus und rannte in die Richtung des Waldes. Er erreichte den Waldrand und verbarg sich in den Büschen. Jeder seiner Sinne war aktiviert. Seine Nerven waren zum Zerreißen angespannt. Der Reverend ließ etwa eine Minute verstreichen, dann bahnte er sich einen Weg durch das Unterholz. Zweige schlugen ihm ins Gesicht. Das Unterholz endete. Mondlicht sickerte durch das Astgeflecht der Bäume und malte silberne Kringel auf den Waldboden. Aber das Licht war nicht ausreichend, um weiter als drei Schritte sehen zu können. Der schrille Schrei eines Kauzes trieb gespenstisch durch die Dunkelheit. Irgendwo knackte ein trockener Ast. Je tiefer er in den Wald hineinkam, desto finsterer wurde es. Die Bäume standen so eng, dass ihre Kronen kein Licht mehr durchließen. Langsam ging Pain weiter. Mechanisch setzte er einen Fuß vor den anderen. Es war, als würde ihn eine unsichtbare Macht lenken.
Nach etwa einer Stunde erreichte er die Lichtung. Ein Licht schimmerte am Waldrand. Pain ging hin. Die Umrisse einer Hütte schälten sich aus der Dunkelheit. Ein Hund begann zu bellen. Der Reverend erreichte die Hütte. Der Hund verstummte. Nur noch ein gefährliches Grollen stieg aus seiner Brust. Dumpfes Gemurmel drang durch die geschlossene Tür. Plötzlich war ein drohendes Knurren zu vernehmen. Pain wirbelte herum. Eine schattenhafte Gestalt sprang ihn an. Der Reverend handelte ansatzlos und rammte dem Angreifer das Gewehr in den Leib. Heißer Atem schlug in Pains Gesicht. Ein gefährlicher Fang schlug dicht vor seine Kehle zusammen.
Der Reverend sprang zurück und schlug mit dem Gewehr zu. Der Echsenmensch jaulte auf. Pain riss das Gewehr an die Hüfte und feuerte. Der Lichtstrahl zuckte aus dem Lauf und bohrte sich in den Leib des Scheusals. Der Dämon brach zusammen. Blut spritzte, die Gedärme des Ungeheuers quollen aus dem aufgerissenen Leib.
Der Hund begann wieder wie verrückt zu bellen.
Die Tür der Hütte ging auf, düsterer Lichtschein flutete ins Freie und umriss die Gestalt des Köhlers, die den Türrahmen ausfüllte. »Was geht hier vor?«
»Diese Frage könnte ich dir stellen, Bruder«, stieß Pain hervor und ging neben dem Dämon, den er getötet hatte, auf das linke Knie nieder. Im vagen Lichtschein konnte er sehen, wie sich der Echsenkopf des Toten veränderte und wieder menschliche Züge annahm.
Pain drückte sich hoch und wandte sich dem Köhler zu. »Dieser Wald ist ein Dämonennest. Wie kommt es, dass du hier lebst?«
Plötzlich wurde die Dunkelheit in der Runde lebendig. Von allen Seiten glitten Echsenmenschen heran. Unheilvolles Knurren drang aus den Kehlen der Ungeheuer. Der Hund winselte nur noch. Die Dämonen hatten die Hände erhoben und fuhren damit durch die Luft.
»Bist du der Herr über diese Wesen?«, presste Pain hervor und griff nach dem Kreuz, das vor seiner Brust hing. Er nahm es ab und hob es in die Höhe. »Ach HERR, wie sind meiner Feinde so viel und erheben sich so viele gegen mich ...«
Der Köhler war zurückgewichen. Die Echsenmenschen hielten an. Das Kreuz, das in der Dunkelheit matt schimmerte, bannte sie. Der Reverend setzte sich in Bewegung. Ohne im Schritt zu stocken näherte er sich einigen der schemenhaften Gestalten. Sie wichen knurrend auseinander. Pain schritt durch die Gasse, die entstanden war. »Ich werde dich und deine Ausgeburten der Hölle vernichten«, rief Pain über die Schulter.
Immer weiter zog er sich zurück. Die Dämonen verschmolzen mit der Dunkelheit. Pain hängte sich das Kreuz wieder um und gab einige ungezielte Schüsse ab. Die Kreaturen schrien. Der teuflische Köhler brüllte einen Befehl. Die Echsenmenschen glitten durch die Finsternis. Pain feuerte auf die Schemen. Köpfe zerplatzten, Arme flogen durch die Luft, und immer wieder brüllte der Köhler mit sich überschlagender Stimme irgendwelche Befehle.
Dem Reverend war klar, dass er der Übermacht nicht lange standhalten konnte. Er gab noch zwei Schüsse ab und fällte zwei der höllischen Wesen, dann warf er sich herum und floh. Mit langen Sätzen hetzte er durch den Wald. Äste schlugen ihm ins Gesicht. Hinter sich hörte er hechelnden Atem. Als er sich umwandte, sah er die Schemen dicht hinter sich. Er riss das Kreuz hoch. Die Kreaturen hielten an.
»Auf dich, HERR, mein GOTT, traue ich! Hilf mir von allen meinen Verfolgern und rette mich.«
Der Köhler bahnte sich einen Weg durch die Kreaturen und trat vor Pain hin. »Ich fürchte dein Kreuz nicht, Gottesmann.«
»Das Kreuz musst du vielleicht nicht fürchten, jedoch die Rache des HERRN.«
Der Köhler riss Pain das Kreuz aus der Hand. »Mein Herr ist ein anderer. – Packt ihn!«
Fauchend und knurrend warfen sich die Echsenmenschen auf Pain und ergriffen ihn. Ekelerregender Geruch, den die Wesen verströmten, stieg in die Nase des Reverends. Er wand sich im eisenharten Griff der Fäuste, die ihn festhielten.
Der Köhler trat vor Pain hin. »Ich könnte dich töten lassen, Gottesmann. Aber ein schneller Tod wäre zu gnädig. Du sollst langsam sterben – es wird ein Tod auf Raten sein. – Bringt ihn in die Höhle!«
Der Reverend wurde fortgezerrt. Er hatte den Kreaturen nichts entgegenzusetzen. Sie brachten ihn zu einer Höhle, und plötzlich verlor er den Boden unter den Füßen. Er stürzte in eine bodenlose Finsternis – dachte er. Aber schon nach wenigen Metern war sein Fall zu Ende. Hart prallte er am Boden auf. Die Luft wurde ihm aus den Lungen gedrückt, er japste erstickend.
»HERR, errette mich, hilf mir um deiner Güte willen!«
Der befreiende Atemzug stellte sich ein, Pains Lungen füllten sich mit frischer Luft. Das geschah mit einer Vehemenz, die ihn schwindlig werden ließ. Er saß am Boden und versuchte mit dem Blick die Dunkelheit zu durchdringen. Es roch nach Schimmelpilz und Moder. Am Boden raschelte es. Leises Fiepen war zu vernehmen. Er befand sich in der Gesellschaft von Ratten.
»Da unten wirst du einen grausamen Tod sterben, Gottesmann!«, rief der Köhler und seine Stimme hallte von den Höhlenwänden wider. Er lachte schauerlich.
Pain erhob sich und machte einige Schritte, dann stieß er gegen eine Wand. Er ging nach links und nach rechts, und bald war ihm klar, dass das Loch, in das er geworfen worden war, vier mal vier Schritte groß war. Die Tiefe schätzte er auf vier oder fünf Meter. Ohne fremde Hilfe kam er hier nicht hinaus. Das wurde ihm mit erschreckender Schärfe klar.
»Steh auf HERR in deinem Zorn, erhebe dich wider den Grimm meiner Feinde!«
*
Der Morgen graute. Morgennebel wallten, die Natur erwachte zum Leben. Ein heller Streifen am östlichen Horizont kündigte den Sonnenaufgang an. Der Morgendunst war Vorbote der kommenden Hitze. Schließlich schob sich die Sonne über die Hügel und tauchte das Land in gleißendes Licht.
Der Pfarrer von Grand Castle stand am Fenster der Wohnstube und starrte nach draußen. Stunde um Stunde hatte er auf den Reverend gewartet. Er machte sich Sorgen. Und jetzt, da der Tag die Nacht vertrieb und der Reverend noch immer nicht zurückgekommen war, sagte sich der Geistliche, dass Pain den Teuflischen in die Hände gefallen sein musste.
Er verließ die Wohnung und ging hinüber in die Kirche. Vor einem großen Kreuz stand ein Gebetsstuhl, auf den sich der Priester kniete. »HERR, gib mir ein Zeichen!« Der Priester schlug die Hände vor das Gesicht. »HERR, ich bitte dich, gib mir ein Zeichen!«
Hinter dem Priester waren schlurfende Schritte zu hören. Jemand kicherte, dann erklang eine keifende Stimme: »Ich habe ihn gesehen, als er aus dem Dorf lief. Er ist nicht zurückgekehrt und ist Gefangener der Hölle. Er wird sterben.«
Der Priester erkannte die Stimme. Sie gehörte der zahnlosen Sarah Cameron. Der Geistliche drehte den Kopf. Die Alte stand auf einen Stock gestützt zwei Schritte hinter ihm. »Nichts kann ihn retten. Er wird grausam verhungern und verdursten. Die Ratten werden ihn fressen. Seine Gebeine werden in ewiger Finsternis verrotten.«
Wieder kicherte die Alte.
Was das das Zeichen? Der Priester erhob sich. »Du täuscht dich auch nicht, Sarah?«
»Nein!«, kreischte sie. »Er ist des Todes.«
»Ich werde ihn retten«, erklärte der Priester mit fester Stimme.
»Dann wirst auch du sterben!«
»Ich fürchte den Tod nicht.«
»Du wirst einer von ihnen sein«, keuchte die Alte.
Der Priester ging an ihr vorbei aus der Kirche, betrat das Pfarrhaus, ging in die Wohnstube und nahm das große Kruzifix von der Wand. Wenig später trat er wieder ins Freie. Das Kreuz auf der Schulter schritt er in die Richtung des Waldes.
*
Pain saß am Boden. Ratten rannten über seine Beine und beschnüffelten seine Hände. Über ihm hatte sich die Nacht etwas gelichtet. Durch den Höhleneingang fiel Tageslicht und sickerte einige Fuß in die Tiefe. Pain konnte die Ränder des Schachtes sehen, in dem er sich befand. Jetzt erschien der Köhler. Sein Gesicht war nur als heller Klecks zu erkennen. »Wie geht es dir, Gottesmann? Haben dich die Ratten schon angeknabbert?«
»Du bist ein Verfluchter!«, erwiderte Pain. »GOTT wird dich strafen.«
Der Köhler lachte. Die Echos antworteten. Es war ein schreckliches Lachen, und jedem anderen Mann hätte es wohl einen Schauer über den Rücken gejagt. Nicht jedoch Pain, der der Böse kannte wie kein zweiter.
»Spätestens dann, wenn du vor deinen himmlischen Richter trittst, wird dir das Lachen vergehen.«
Jetzt erstarb das Lachen. Der Köhler rief: »Von meiner Seele hat bereits ein anderer Besitz ergriffen. Ich pfeife auf deinen GOTT.«
Der Köhler verschwand. Eine Ratte lief an Pains Bein in die Höhe. Mit einer Handbewegung fegte er den lästigen Nager zu Boden. Die Ratte quiekte. »Sherman!« Das Wort stieg nach oben und verklang.
Pain ging in die Hocke. Ein Gefühl der Verlorenheit senkte sich in sein Gemüt. Er schloss die Augen. Du darfst dich nicht aufgeben, redete er sich ein. Es gibt immer einen Weg. HERR, lass der Gottlosen Bosheit ein Ende nehmen, aber die Gerechten lass bestehen. Ich danke dir, HERR, um deiner Gerechtigkeit willen und will loben den Namen des HERRN, des Allerhöchsten.«
Die Gedanken des Reverends schweiften ab. In seinem Kopf entstand das Bild von Asmodia. Sie hatte ihm geholfen, als er mit dem Werwolfkeim infiziert war. Damals hatte sie ihn getötet und wieder zum Leben erweckt. Sie war schön und begehrenswert. Ihre sinnlichen Lippen waren leicht geöffnet, dazwischen schimmerten ihre makellosen Zähne. Ihr Kinn war fraulich rund, das Gesicht wurde von einer dunklen Haarpracht eingerahmt. In ihren Augen war ein Feuer, das Pain noch nie in den Augen einer Frau gesehen hatte.
Sie kam auf ihn zu und streckte die Hände nach ihm aus. Er, Pain, wollte fliehen, aber es gelang ihm nicht, fortzulaufen. Sie bannte ihn. Asmodia lächelte hintergründig. Sie stand vor ihm und er nahm sie in die Arme. Sie drängte sich an ihn, er spürte die Wärme ihres Körpers. »Pain« sagte sie, »hast du endlich begriffen, dass du mich liebst, dass du ohne mich nicht mehr leben kannst? Vergiss deinen GOTT und glaube mit mir an Taranis, den GOTT der Götter.«
»Taranis«, flüsterte Pain. »Erzähl mir von ihm. Um meiner Liebe willen zu dir will ich mich zu ihm bekennen. Ich will ihn kennen lernen. Also erzähle mir von ihm.«
Pain erschrak. Er war eingeschlafen. Die Bilder in seinem Kopf erloschen schlagartig. Taranis!, hallte es durch seinen Kopf. Pain knirschte mit den Zähnen. »Führe mich nicht in Versuchung«, flüsterte er.
Ein grässliches Lachen erschallte, und auf dem Rand des Schachtes zeigte sich wieder der Köhler. »Luzifer hat mir Macht verliehen«, rief er, »die Macht, Tote zu verwandeln und wiederzuerwecken, und die Gabe, die Gedanken anderer zu lesen. Du hast geträumt, Gottesmann. Von einer schönen Frau. Ich kenne Sie. Sie wohnt hinter den Bergen im Westen auf dem Schloss des Grafen Erasmus. Ihr Name ist Asmodia.«
»Sie ist eine Hexe!«, rief Pain. »Asmodia steht mit den Mächten der Hölle im Bunde. GOTT wird sie vernichten.«
»Deine Gedanken waren sündiger Natur, Gottesmann. Dein Denken straft deine Worte Lügen. Du begehrst Asmodia. Sie hat dich verzaubert. Du hast den Namen ihres Gottes geflüstert. Dein Glaube gerät ins Wanken.«
»Der HERR verzeih mir!«
»Dein HERR hat dich verlassen, Gottesmann!«
Der Köhler verschwand wieder.
Pains Schultern zuckten. Er schlug die Hände vor das Gesicht. »HERR, bitte, verzeih mir. Ich will stark sein im Glauben.«
*
Der Pfarrer schritt durch den Wald. Laut betete er das Vater unser. Sobald das Gebet zu Ende war, begann er es von vorn. Seine laute Stimme sickerte zwischen die Bäume. Echsenmenschen tauchten auf und beobachteten den alten, weißhaarigen Mann. Lautlos folgten sie ihm. Raunen und Flüstern erfüllte den Wald. Dann erreichte der Geistliche die Lichtung. In der Mitte war der riesige Erdhaufen, aus dem Rauch stieg. Der Köhler war bei der Arbeit. Er schaufelte Erdreich zu Seite, um an die Holzkohle heranzukommen. Die echsenköpfigen Menschen sammelten sich am Waldrand. Sie knurrten, geiferten und zischten.
»Köhler!«, peitschte die Stimme des Priesters.
Sherman stieß die Schaufel in die Erde, wischte sich an der Hose die Hände ab, dann drehte er sich langsam um. »Sieh an.« Ein höhnisches Grinsen spaltete seine Lippen. »Der Pfaffe. Was willst du hier?«
»Hast du diese Kreaturen geschaffen, Sherman?«
»Ja. Luzifer hat mir die Macht dazu gegeben. Du schleppst ein Kreuz mit dir. Mich kannst du damit nicht abschrecken.«
Langsam kam der Köhler näher. Sein Blick hatte sich an dem Priester verkrallt. »Wieso wagst du dich in den Wald? Warst nicht du es, der die Menschen immer davor warnte, ihn zu betreten?«
»Ich suche den Reverend.«
»Der ist so gut wie tot. Dich werde ich auch töten, Pfaffe. Und dann erwecke ich dich wieder – du wirst mit dem Kopf einer Echse ins Leben zurückkehren und einer von uns sein. Eines Tages werden wir die Herrschaft über die Dörfer in der Umgebung übernehmen. Und es wird in diesem Landstrich nur noch Echsenmenschen geben.«
Einen Schritt vor dem Pfarrer hielt der Köhler an. Er war ein finsterer Mann. Ein schwarzer Bart verdeckte die untere Hälfte seines Gesichts. Die Augen waren dunkel und stechend. In ihrer Tiefe glomm das Böse, das in dem Köhler steckte und tief verwurzelt war.
»Wo ist der Reverend?«, fragte der Priester.
»Er befindet sich in einem Loch, aus dem er sich selbst nicht befreien kann. Die Ratten werden ihn ...«
Ohne von einem bewussten Willen geleitet zu werden schlug der Geistliche mit dem Kreuz zu. Damit hatte der Köhler nicht gerechnet. Er konnte dem Schlag nicht mehr ausweichen. Das Kreuz traf ihn am Kopf und er ging auf das linke Knie nieder. Ein gurgelnder Laut kämpfte sich in seiner Brust hoch und brach aus seiner Kehle. Noch einmal schlug der Pfarrer zu. Sherman kippte zur Seite und blieb verkrümmt liegen.
Hinter dem Geistlichen wurde es laut. Die Kreaturen am Waldrand schrien durcheinander. Es waren unartikulierte Laute, die sie ausstießen. Und plötzlich brachen einige Männer aus dem Wald. Sie waren mit Mistgabeln, Rechen und Dreschflegeln bewaffnet. Es waren sieben.
Der Priester erkannte sie. Es waren Männer aus dem Dorf. Er vermutete, dass sie ihm gefolgt waren, um ein für alle mal mit dem Grauen im Wald Schluss zu machen. Sie hatten ihre Angst überwunden.
»Zurück!«, schrie der Priester. »Seid ihr denn von Sinnen!«
Die Männer hörten nicht auf ihn, sondern griffen die Echsenmenschen an. Mit Geschrei stürzten sie sich auf sie. Blut spritzte. Gliedmaßen und abgerissene Köpfe flogen durch die Luft. Tot und sterbend sanken die Männer aus dem Dorf zu Boden. Blut tropfte von den Mäulern der Scheusale. Der Priester hielt das Kreuz mit beiden Händen in die Höhe und ging auf die Kreaturen zu. Sie wichen zurück. Da lagen die Leiber der Getöteten. Ihre Waffen waren zerbrochen.
Der Priester wurde schneller und schließlich lief er. Er schlug mit dem Kruzifix nach einer der Kreaturen. Sie brüllte auf. Ihr Arm fiel ab, wo ihn das Kreuz getroffen hatte. Die Ausgeburten der Hölle warfen sich herum und rannten in alle Richtungen davon.
Der Priester wandte sich um. Der Köhler war wieder zu sich gekommen und lag auf allen vieren. Sein Kopf baumelte nach unten. Der Vasall der Hölle hatte gegen eine große Not anzukämpfen. Der Pfarrer näherte sich ihm schnell. Sherman blickte zu ihm in die Höhe. Seine Augen waren blutunterlaufen. In seinem Gesicht zuckten die Muskeln.
Das Kreuz sauste nach unten. Der Köhler stürzte auf das Gesicht. Schwarzes Blut sickerte aus einer Platzwunde auf seinem Kopf. Seine Finger hatten sich im Boden verkrallt. Seine Beine zuckten unkontrolliert.
»Reverend!«
Das Wort trieb über die Lichtung und sickerte zwischen die alten Stämme.
»Hört Ihr mich, Reverend?«
»Ich bin hier!«, kam es verschwommen zurück. »In der Höhle.«
Der Geistliche folgte dem Klang der Stimme. Er schritt zwischen die Bäume. Wenig später betrat er die Höhle. Echsenköpfige befanden sich in der Nähe und belauerten ihn, aber sie wagten sich nicht an ihn heran. Das geweihte Kreuz schreckte sie ab.
»Wo seid Ihr, Reverend?«
»Vorsicht. Es ist ein Schacht. Passt auf, dass ihr nicht hineinstürzt.«
Der Priester konnte den Rand des Loches sehen, aus dem die Stimme stieg. Er beugte sich darüber. »Ich hole Euch da heraus, Reverend.«
»Besorgt euch ein Seil, Priester.«
»Woher soll ich ein Seil nehmen?«
»Seht in der Hütte nach.«
Der Priester lief davon. Wenig später drang er in die Hütte ein. Der Hund des Köhlers bellte wie von Sinnen und zerrte an der Kette, die ihn hielt. Ein dicker Strick lag in einer Ecke. Auf dem Tisch lagen auch das Kreuz des Reverends und sein Gewehr. Der Priester hängte sich das Kreuz um den Hals und das Gewehr über die Schulter. Dann nahm er das Seil und rannte zurück zu der Höhle. Der Köhler lag noch dort, wo ihn der Geistliche niedergeschlagen hatte. Überall standen die echsenköpfigen Kreaturen und starrten den Geistlichen an.
In der Höhle angekommen band er sich das Seil um die Hüften, dann ließ er das andere Ende in die Finsternis gleiten. Mit aller Kraft stemmte sich der Priester gegen das Gewicht Pains, der an dem Seil in die Höhe kletterte. Dann kroch er über den Rand des Schachtes und blieb keuchend liegen.
»Euer Mut ist bewundernswert, Priester«, entrang es sich Pain.
»Jahrelang fehlte er mir. Aber mit dem geweihten Kreuz ließen sich die Kreaturen in Schach halten«, sagte der Priester. »Nur der Köhler fürchtet das Kreuz nicht. Wahrscheinlich ist er ein Mensch aus Fleisch und Blut und ich habe ihn niedergeschlagen.«
»Er ist ein Dämon«, knurrte Pain. Sie verließen die Höhle. »Gebt mir mein Kreuz und das Gewehr.« Er bekam beide Dinge, hängte sich das Kreuz um den Hals, dann ging er zu dem Köhler hin. Dessen Gesicht hatte sich verwandelt. Sein Kopf glich dem einer Echse. Der Priester trat neben Pain und gab einen verblüfften Laut von sich. Pain sagte: »Ihr habt ihm den Schädel eingeschlagen. Und er hat die Gestalt angenommen, mit der er geboren wurde. Daran könnt Ihr sehen, dass er kein Mensch, sondern eine Ausgeburt der Hölle ist. Den Dörflern, die er entführte, hat er seine ursprüngliche Gestalt gegeben, in der sie ihm dienten.«
Pain packte den toten Köhler am Kragen und schleifte ihn in die Höhle, wo er ihn in den Schacht warf. »Die Ratten werden sich seiner annehmen«, sagte er.
Die Echsenköpfigen waren verschwunden. Pain hatte die Höhle wieder verlassen und schaute sich um. Er ging davon aus, dass sich die Kreaturen im Wald versteckt hatten. »Kommt«, sagte er zu dem Priester. »Gehen wir.«
Pain sah die verstümmelten Leichen der Dörfler und stellte keine Fragen. Er ahnte, was sich zugetragen hatte. Die Gottlosen waren aufgestanden wider das Böse und vernichtet worden. Einige Echsenköpfige stellten sich Pain und dem Priester in den Weg. Sie hatten niemand mehr, der ihnen Befehle erteilte. Pain schlug das Gewehr an und begann zu feuern. Die Laserstrahlen fraßen sich in die Kö
Unbeirrt gingen Pain und der Priester weiter. Dann lag das Dorf vor ihnen. Sie waren gerettet.
*
Pain fuhr nach Westen. Vier Tage lang. In den Nächten träumte er von Asmodia. Ihr Trank hatte ihn verzaubert. Der tiefgläubige Gottesmann war in sich zerrissen. Ein tiefer Zwiespalt war in ihm aufgebrochen. Seine Gebete wurden nicht erhört. Jede Nacht kam der Traum wieder. Er nahm Asmodia in die Arme ...
Vor dem Blick des Reverends türmten sich gewaltige Felsmassive. Die Gipfel der Felsen ragten in ein Meer aus weißen Wolken hinein. Die steinernen Giganten erinnerten an riesige Grabsteine. Bei den dunklen Einschnitten handelte es sich um Schluchten.
Am Fuß des Massivs, das sich von Norden nach Süden zog, lag ein Dorf. Staubfahnen wehten über die Dächer. Das Sonnenlicht brach sich auf den Fensterscheiben. Kästen mit verstaubten Geranien standen auf den Fensterbänken.
Pain fuhr zur Kirche. Aus der schwarzen Satteltasche nahm er eine siebenschwänzige Peitsche. Dann ging er hinein. Er zog seinen Mantel und das Hemd aus und kniete vor dem Altar nieder. »Herr, merk auf mein Schreien! Vernimm mein Gebet von Lippen, die nicht trügen. Sprich du in meiner Sache und läutere mich.«