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Dieser Band enthält folge Krimis: Trevellian und das tödliche System (Pete Hackett) Trevellian und der Deal mit dem Satan (Pete Hackett) James Sanders ist bereit, seinen Lottogewinn an die Erpresser abzugeben, wenn er dafür seine Frau wiederbekommt, aber die Geldübergabe geht schief. James ist entsetzt. Noch mehr entsetzt ihn, dass die Erpresser in der eigenen Familie zu suchen sind. Es gibt Tote und Verletzte, aber seine Frau hat James dadurch auch nicht wieder. Im Gegenteil. Offenbar wurde seine Frau weitergereicht und das FBI fürchtet, dass es sich bei den Unbekannten um wirkliche Schwerverbrecher handelt.
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Krimi Doppelband 183
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Trevellian und das tödliche System: Action Krimi
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Trevellian und der Deal mit dem Satan
Dieser Band enthält folge Krimis:
Trevellian und das tödliche System (Pete Hackett)
Trevellian und der Deal mit dem Satan (Pete Hackett)
James Sanders ist bereit, seinen Lottogewinn an die Erpresser abzugeben, wenn er dafür seine Frau wiederbekommt, aber die Geldübergabe geht schief. James ist entsetzt. Noch mehr entsetzt ihn, dass die Erpresser in der eigenen Familie zu suchen sind. Es gibt Tote und Verletzte, aber seine Frau hat James dadurch auch nicht wieder. Im Gegenteil. Offenbar wurde seine Frau weitergereicht und das FBI fürchtet, dass es sich bei den Unbekannten um wirkliche Schwerverbrecher handelt.
Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von
Alfred Bekker
© Roman by Author / COVER TONY MASERO
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Alles rund um Belletristik!
Krimi von Pete Hackett
Der Umfang dieses Buchs entspricht 113 Taschenbuchseiten.
Betriebsspionage! Rich Gardner verkauft eine Erfindung seiner Firma für zehn Millionen und setzt sich ins Ausland ab. Aber der Käufer, Dennis Mason, hat nicht vor, ihn einfach davonkommen zu lassen. Als sich die FBI-Agents Trevellian und Tucker in den Fall einschalten, ist auch ihr Leben keinen Pfifferling mehr wert.
Richard Gardner wartete ungeduldig vor dem Eingang des Madison Square Gardens. Es ging auf Mitternacht zu, und es war windig und kühl. Gardner trug einen schwarzen Aktenkoffer bei sich. Hin und wieder fuhr ein Auto vorbei. Gardner achtete darauf, dass er niemals ins Scheinwerferlicht geriet.
Er hatte keine Ahnung, ob es richtig war, was er tat. Sicher, für ihn sprangen zehn Millionen heraus. Zehn Millionen Dollar – ein unvorstellbarer Betrag, der die Habgier schürte. Das war die eine Seite. Andererseits aber konnten auch viele, viele Jahre Gefängnis die Quittung sein.
Dass am Ende der Tod stehen konnte, daran verschwendete Gardner nicht einen Gedanken. Das Dunkle, Unheilvolle, das er heraufbeschwor, war ihm nicht bewusst.
Ein Chevrolet der gehobenen Klasse näherte sich. Der Wagen wurde abgebremst und rollte langsam aus. Die Lichthupe wurde zweimal betätigt. Es war das vereinbarte Zeichen.
Richard Gardner tat aus dem Schlagschatten einer etwa drei Meter hohen Hecke und ging auf den Wagen zu, der am Straßenrand angehalten hatte. Er sah einen Mann in dem Fahrzeug sitzen. Das Fenster auf der Fahrerseite senkte sich.
„Die Nacht ist sternenklar“, sagte der Mann im Wagen.
„Und es ist höllisch kalt“, erwiderte Rich Gardner. Seine Stimme zitterte leicht. Er war nervös.
Es war der Code, der vereinbart worden war. Gardner kannte den Burschen im Chevy nicht. Die Tür des Fahrzeugs ging auf. Der Mann kämpfte sich ins Freie. Er richtete sich zu seiner vollen Größe auf. „Haben Sie die Pläne?“
„Wo ist Mason?“
Der Bursche aus dem Chevy ignorierte diese Frage. „Haben Sie die Pläne?“, wiederholte er seine Frage. In seiner Stimme lag ein ungeduldiger Unterton.
Richard Gardner nickte. „Ja. Haben Sie das Geld?“
„Lassen Sie sehen“, sagte der Mann, ohne auf Richard Gardners Frage nach dem Geld einzugehen.
Gardner legte den Koffer auf die Motorhaube des Chevy und öffnete ihn. Er entnahm ihm einen Schnellhefter, in dem wohl an die zwei Zentimeter Papier abgelegt waren, hielt ihn hoch und erklärte: „Es ist alles in dem Ordner. Bis ins letzte Detail. Mason muss jetzt nur schneller sein als SoftTec. Wenn SoftTec das Patent vor Dragon Systems anmeldet, war alles umsonst.“ Er warf den Schnellhefter wieder in den Koffer.
„Mason wird schneller sein“, sagte der andere.
Richard Gardner klappte den Koffer zu und nahm ihn beim Griff.
„Steigen Sie ein, Gardner“, forderte der Mann, der mit dem Chevy gekommen war.
Richard Gardner wich einen halben Schritt zurück. „Weshalb einsteigen? Geben Sie mir das Geld, und ich verschwinde. So war es abgemacht.“
„Ehe Mason einen Cent bezahlt, will er sicher sein, dass die Unterlagen vollständig sind. Also stellen Sie sich nicht an. Wir prüfen das Zeug in Ihrer Gegenwart, Gardner, und wenn alles seine Ordnung hat, können Sie mit zehn Millionen im Koffer in die nächste Maschine steigen und in ein Land Ihrer Wahl fliegen.“
„Ich habe ein Ticket für Argentinien“, murmelte Gardner. „Die Maschine fliegt morgen früh …“
„Bis dahin ist der Deal längst über die Bühne. Sie werden Ihre Maschine erreichen. Kommen Sie, steigen Sie ein.“
„Das ist gegen die Abmachung. Ich sollte die vereinbarte Summe erhalten, sobald ich Ihnen die Papiere übergeben habe. Dennis Mason hat …“
„Dennis Mason kauft nicht die Katze im Sack. Das hätten Sie wissen müssen. Außerdem sollten Sie den Namen Mason schnell vergessen.“
Richard Gardners Zahnschmelz knirschte. „Ich habe alles aufgegeben hier in New York. Das Ticket für den Flug nach Bueno Aires steckt in meiner Tasche. Ich …“
„Dann sollten Sie nicht riskieren, dass wir aussteigen, Gardner. Nicht nur, dass Sie von zehn Millionen nur noch träumen könnten. Sie würden auch Ihren gut dotierten Job los sein und wahrscheinlich sogar im Gefängnis landen. Denn es kostet uns ein müdes Lächeln, bei SoftTec anzurufen und denen glaubhaft zu machen, dass Sie mit einem Angebot an uns herangetreten sind. Sie sehen, wir haben Sie in der Hand.“
„O verdammt! Ich hätte nie mit euch was anfangen dürfen.“ Rich Gardner wusste, dass er einen Fehler begangen hatte. Zurück aber konnte er nicht mehr. Jetzt hatte er nur noch Angst. Sie ließ seinen Puls rasen und wütete in seinen Eingeweiden.
„Noch haben Sie Zeit, es sich zu überlegen, Gardner. Wenn ich mich in den Wagen setze und wegfahre, ist es zu spät für Sie. Wovor fürchten Sie sich? Wir spielen ehrlich. Aber wir wollen uns davon überzeugen, dass auch Sie nicht mit gezinkten Karten spielen.“
Scharf stieß Richard Gardner die Luft durch die Nase aus. „Na schön. Ich komme mit.“
Sie setzten sich in das Auto. Gardner nahm im Fond Platz. Der Chevy rollte an.
Die Fahrt ging nach Osten, führte durch den Queens-Midtown Tunnel und endete im Stadtteil Corona in der Nähe des Flushing Meadows Corona Parks. Gardner wurde von seinem Chauffeur in einen luxuriösen Bungalow dirigiert und stand bald darauf einem grauhaarigen Mann gegenüber, der sie im Livingroom erwartet hatte.
„Hallo, Gardner“, begrüßte ihn der Grauhaarige. Er hatte sich aus dem Sessel, in dem er gesessen hatte, erhoben und hielt Richard Gardner die Rechte hin.
Gardner ergriff die Hand. „Was soll das, Mason?“
Dennis Mason ging nicht darauf ein. „Haben Sie die Pläne?“
„Ja.“ Gardner reichte Mason den Koffer. „Sie sind komplett“, versicherte er. „Sie brauchen Sie nur abzeichnen zu lassen und damit zum Patentamt zu gehen. Allerdings müssen Sie schneller sein als SoftTec. Wenn die vor Ihnen das Patent anmelden, haben Sie zehn Millionen in den Sand gesetzt.“
Dennis Mason legte den Koffer auf einen niedrigen Couchtisch, ließ die Verschlüsse aufspringen, und nahm den roten Schnellhefter heraus. Er blätterte darin herum, nagte nachdenklich an seiner Unterlippe, nickte einige Male und schloss schließlich die Mappe. „Ich denke, Sie sind ehrlich, Gardner.“
„Sicher. Also geben Sie mir das Geld und lassen Sie mich von hier aus am Besten gleich zum Kennedy Airport bringen. Den Rest der Nacht schlage ich mir schon irgendwie um die Ohren.“
„Sicher, Sie kriegen Ihr Geld, Gardner.“
Mason verließ den Livingroom. Als er gleich darauf zurückkehrte, trug er einen Koffer, der allerdings etwas größer war als jener, der Gardner gehörte, und in dem sich der Schnellhefter mit den Plänen befand. Er setzte ihn auf dem Tisch ab und öffnete ihn. Er war voll mit sauber gebündelten Banknoten. „Möchten Sie nachzählen, Gardner?“
Richard Gardner griff hinein und nahm eines der Bündel heraus, blätterte es wie beiläufig durch und legte es zufrieden zurück. „Nicht nötig. Sieht aus, als würden auch Sie ehrlich spielen. Wie gesagt: Sie müssen nur schneller sein als SoftTec.“
„Das werden wir“, erwiderte Dennis Mason. Dann setzte er hinzu: „Melden Sie sich in Buenos Aires bei Manuel Ortega. Plaza de Mayo, Nummer zweihundertfünfundvierzig. Ortega wird Ihnen weiterhelfen. Ich werde mit ihm Verbindung aufnehmen. Was unseren Deal anbetrifft, bewahren wir ihm gegenüber natürlich Stillschweigen.“ In Masons Miene deutete sich ein vielsagendes Grinsen an.
„Wer ist Ortega?“
„Er leitet unser Tochterfirma in Buenos Aires. Wenn Sie möchten, können Sie in die Firma einsteigen.“
„Mal sehen. Zunächst erscheint es mir wichtig, unterzutauchen.“
Der Chef rief uns zu sich. Milo und ich ermittelten derzeit gegen einen Barbesitzer, dem Mädchenhandel und Förderung der illegalen Prostitution vorgeworfen wurden. Wir werteten gerade die Personalien einiger der Girls aus, die bei einer Razzia, die die Sitte vor einer Woche durchgeführt hatte, in dem Etablissement festgenommen worden waren.
Wenn der Chef rief, war es meist wichtig genug, um alles liegen und stehen zu lassen und dem Ruf zu folgen.
„Geht nur hinein“, sagte Mandy, seine Sekretärin, lächelnd, als wir antanzten. „Kaffee kommt gleich.“
„Das ist ein Wort“, grunzte Milo zufrieden, dann betraten wir erwartungsvoll das Büro Mr. McKees.
„Guten Morgen, G-men“, begrüßte er uns und wies auf seinen Konferenztisch. „Bitte, nehmen Sie Platz.“
Er erhob sich, um sich zu uns zu setzen.
Dann begann er ernst: „Möglicherweise haben wir es mit einem gravierenden Fall von Betriebsspionage zu tun, Gentlemen.“
„Öfter mal was Neues“, kalauerte Milo. „Hatten wir schon einige Zeit nicht mehr. Eine große Sache?“
„Kann man wohl sagen“, sagte der Chef. „Ich würde es als bahnbrechend bezeichnen. Es geht um Fingerscan-Technik auf dem Waffensektor.“
Der Special Agent in Charge schaute von mir auf Milo, wieder zurück zu mir, und sah wohl nur ratlose Gesichter, denn er lächelte und sprach weiter: „Die Rede ist von einem biometrischen Sicherheitssystem, einer Technologie, die die Personalisierung einer Waffe ermöglicht. Nur ein registrierter Besitzer kann die Waffe, die mit dieser Technik ausgerüstet ist, benutzen.“
Natürlich war mir die Biometrie nicht unbekannt. Mit ihrer Hilfe kann anhand individueller und messbarer Körpermerkmale eine 100-prozentige Personenidentifikation erfolgen. Es gibt charakteristische und physiologische Merkmale, die für jede Person einzigartig und damit unverwechselbar sind. Diese Merkmale werden per Scanner eingelesen und das System reagiert entsprechend. Allerdings haftete biometrischen Sicherheitssystemen noch der Makel einer mangelnden Einsatzfähigkeit unter Alltagsbedingungen an. Die Fehlerquoten waren inakzeptabel, die Stabilität gering, die Produktionskosten unverhältnismäßig hoch. An diesen Fakten scheiterte bisher der Durchbruch dieser Technik.
„Okay, Sir“, ließ Milo vernehmen. „Ich hörte mal, dass daran gearbeitet wird. Aber noch keinem Entwickler ist es bisher gelungen, die hohen Anforderungen zu erfüllen, die an den Fingerscan-Sensor, zum Beispiel in einer Waffe, gestellt werden.“
„Doch“, entgegnete Mr. McKee. „Dragon Systems hat ein entsprechendes Patent angemeldet.“
Mandy kam mir einer Thermoskanne voll Kaffee. Sie schenkte unsere Tassen voll. Milo und ich bedankten uns und bereiteten den Kaffee mit Zucker und Milch auf. Es roch im Büro Mr. McKees wie in einem orientalischen Kaffeehaus.
„Wie schön“, sagte ich. „Ein enormer Fortschritt. Wenn Waffen mit einem biometrischen System versehen werden, schließt das die Nutzung durch Unberechtigte aus.“ Ich schaute Milo an, grinste und fügte hinzu: „Sollte dir mal ein Gauner die SIG wegnehmen, ist sie für ihn wertlos, weil sie auf seine Prints nicht reagiert. Vorausgesetzt, unsere Waffen werden entsprechend ausgerüstet.“
„Ich höre und staune“, knurrte Milo.
Der Chef erhob wieder das Wort. „Das Problem ist, dass Dragon Systems das Patent zwar angemeldet hat, dass die Entwicklung der Fingerscan-Technologie aber durch SoftTec erfolgt sein soll. Als SoftTec das System aber für sich patentieren lassen wollte, erklärte man der Geschäftsleitung, dass Dragon Systems schneller gewesen sei. Bill Pfeiffer, der Geschäftsführer von SoftTec, hat eine vorläufige Anordnung erwirkt, wonach Dragon Systems das patentierte System nicht auf den Markt bringen darf. Und man hat sich an das FBI gewandt, weil man annimmt, dass Betriebsspionage im Spiel ist.“
„Diese Annahme ist, wenn das System tatsächlich von SoftTec entwickelt wurde, nicht von der Hand zu weisen“, sagte ich.
„Dazu kommt, dass der Projektleiter von SoftTec, ein gewisser Richard Gardner, seit zwei Monaten spurlos verschwunden ist. Bei SoftTec nimmt man an, dass er Kopien der entwickelten Pläne Dragon Systems überlassen und sich mit dem Geld, das er dafür kassierte, nach Mexiko oder Südamerika abgesetzt hat.“
„Ein biometrisches Sicherheitssystem in der Waffentechnik käme einer Revolution auf diesem Sektor gleich“, murmelte Milo. „Es wäre eine entscheidende Verbesserung der Sicherheit. Die Registrierung von Waffen würde erleichtert werden. Anhand einer Registrierung per Fingerabdruck könnte ein Schütze eindeutig zugeordnet werden.“
„So ist es“, pflichtete der Chef Milo bei.
Milo hatte natürlich Recht. Wenn Waffen nur noch nach Abgleich einer biometrischen Identifikation funktionierten, würde auch der illegale Erwerb von Waffen erschwert werden. Allerdings lag das in ferner Zukunft. Denn es würden auch in den kommenden Jahren herkömmliche Waffen in Umlauf sein, die jeder benutzen konnte. Möglicherweise würde die Einführung biometrischer Codes auf Waffen den illegalen Handel mit herkömmlichen Waffen noch ankurbeln.
„Richard Gardner, sagten Sie“, so wandte ich mich an den SAC.
„Ja, Gardner“, sagte Mr. McKee. „Der Vorstandsvorsitzende bei SoftTec heißt Bill Pfeiffer. Chef von Dragon Systems ist Dennis Mason. – Jesse, Milo, ich möchte, dass Sie sich der Angelegenheit annehmen. In welcher Sache ermitteln Sie gerade?“
„In der Sache Gordon McGrady; Mädchenhandel und Förderung der illegalen Prostitution“, antwortete Milo.
„Bringen Sie die beiden Sachen unter einen Hut?“
„Ich denke schon“, sagte ich.
„Gut.“ Der Chef griff nach seiner Kaffeetasse und nippte dran. „Den Vorteil der biometrischen Identifikation gegenüber den gängigen Methoden brauche ich Ihnen ja nicht zu erklären“, hub er dann noch einmal an. „Die Fingerscan-Technologie auf dem Waffenmarkt wäre bahnbrechend für den gesamten Sektor. Wir bräuchten keine Schlüssel mehr, keine Chipkarten, PIN-Nummern oder irgendwelche Codes, die man unter Umständen vergisst. Der Fingerabdruck ist unverwechselbar, kopier- und manipulationssicher und stets verfügbar. Verlust, Vergessen oder Diebstahl kann ausgeschlossen werden.“
„Basierend auf der Wissenschaft der Daktyloskopie“, gab Milo zum Besten und schaute mich triumphierend an. „Jetzt staunst du, was?“
„Das ist das Verfahren zur Identifizierung eines Menschen durch den Fingerabdruck“, sagte ich grinsend und sah den staunenden Blick Milos. „Auf der Basis der Einmaligkeit und Unveränderlichkeit des Prints hat sich die Daktyloskopie zum bewährtesten Verfahren bei der Personenerkennung entwickelt. Was sagst du jetzt, Milo?“
„Ich staune Bauklötze“, kam es anerkennend von Milo. „Deine Allgemeinbildung haut mich glatt um.“
Wir lachten. Schließlich tranken wir unsere Tassen leer, dann verabschiedeten wir uns von Mr. McKee.
Wir meldeten uns bei Bill Pfeiffer, dem Vorstandvorsitzenden von SoftTec, an. Sitz der Firma war in Südmanhattan. Wir saßen Pfeiffer in seinem Büro gegenüber. Es war ein luxuriös eingerichtetes Büro mit Blick auf Liberty Island. Pfeiffer selbst war ein hagerer Mittfünfziger mit graumelierten Haaren und kantigem Gesicht. Dieser Mann verströmte ein hohes Maß an natürlicher Autorität, wirkte aber nicht unsympathisch.
„Wir nehmen an, dass Richard Gardner Kopien von der Plänen des Scanners anfertigte und Dragon Systems zum Kauf anbot. Richard Gardner war Leiter der Entwicklungsabteilung. Wir haben ihn gut bezahlt – sehr gut sogar. Aber das war ihm scheinbar zu wenig. Er verschwand über Nacht, kam einfach nicht mehr zu Arbeit, nachdem der Scanner entwickelt war. Jetzt glauben wir auch zu wissen, was der Grund dafür war.“
„War Gardner verheiratet?“, fragte ich.
„Nein. Er hat eine Verlobte. Ihr Name ist Jennifer Patton. Nachdem Gardner nicht mehr zu Arbeit kam, fragten wir bei ihr nach. Sie behauptete, keine Ahnung zu haben, wo Gardner sich aufhält.“
„Sie glauben ihr nicht?“, fragte ich.
„Ich weiß nicht“, dehnte Pfeiffer und zuckte mit den Achseln. „Vielleicht hat sie wirklich keine Ahnung, wohin sich ihr Verlobter abgesetzt hat.“
„Wo wohnt diese Frau?“
„Das kann ich Ihnen auch nicht sagen. Aber ich habe Ihre Telefonnummer. Einen Augenblick …“ Pfeiffer suchte in seinem Terminkalender herum, dann stieß er hervor: „Da ist sie ja. Haben Sie was zum Notieren?“
Milo zückte seinen Taschenkalender und einen Kugelschreiber. Pfeiffer sagte ihm die Nummer. Milo schrieb sie auf.
„Wie hoch ist der Schaden, der Ihrer Firma zugefügt wird, wenn das Patent auf Dragon Systems angemeldet bleibt?“
„Das geht in die Milliarden, G-men“, stöhnte Pfeiffer. „Das Fingerscan-System wurde ja nicht nur für den Waffensektor entwickelt, sondern für jede Art von Identifikation. Es bedarf keiner Zugangscodes mehr, keiner PINs und Passwörter, das System würde Einzug halten in die gesamte IT-Sicherheit.“
„Das bedeutet, Gardner hat gegebenenfalls genug Geld dafür erhalten, um bis an sein Lebensende ausgesorgt zu haben“, meinte Milo.
Pfeiffer nickte. „SoftTec hat Jahre für die Entwicklung aufgewendet. Für die Firma wäre es ein immenser Verlust, wenn sie die Früchte ihrer Entwicklung nicht ausschöpfen könnte. Dragon Systems steht von jeher in Konkurrenz zu SoftTec. Doch wir waren immer die berühmte Nasenlänge voraus. Vielleicht hat Mason Richard Gardner schon vor längerer Zeit gekauft. Wer weiß das schon. Eines jedoch ist klar. Das Patent des Fingerscan-Systems, das Dragon Systems angemeldet hat, wurde von SoftTec entwickelt. Ich habe eine einstweilige Verfügung erwirkt …“
„Wir wissen“, sagte ich. Und sogleich fügte ich hinzu: „Natürlich werden wir mit Mr. Mason von Dragon Systems sprechen. Allerdings wird er nicht zugeben, dass er Gardner gekauft hat – falls es so ist.“ Ich schaute Milo an. „Hast du den Namen der Frau auch aufgeschrieben?“
„Natürlich.“
„Schön. Dann sollten wir uns zunächst mal mit den Leuten unterhalten, mit denen Gardner eng zusammengearbeitet hat“, gab ich zu verstehen. „Dazu bräuchten wir Namen, Mr. Pfeiffer, und einen Raum, in dem wir ungestört mit den Leuten reden können.“
„Das ist das geringste Problem, G-men …“
Die Ausbeute war kläglich. Niemand konnte uns etwas über Gardners Verbleib sagen. Niemand konnte uns überhaupt etwas sagen. Die Ausbeute war nicht nur kläglich – sie war gleich Null.
Wir kehrten ins Federal Building zurück. Milo holte seinen Notizblock hervor, nahm den Telefonhörer zur Hand und tippte die Nummer, die er von Pfeiffer erhalten hatte. Er hatte den Lautsprecher eingeschaltet. Dreimal ertönte das Freizeichen, dann sagte eine rauchige Stimme: „Patton.“
„Jennifer Patton?“, fragte Milo.
„Ja. Was wünschen Sie?“
„FBI. Mein Name ist Tuck …“ Milo schaute mich verblüfft an. „Aufgelegt“, knurrte er. „Hat wohl was gegen Polizisten, die Gute.“ Er legte den Hörer kurz auf den Apparat, hob ihn erneut vor sein Gesicht und drückte die Wahlwiederholung.
Wieder ertönte einige Male das Freizeichen, dann ertönte es erneut: „Jennifer Patton. Lassen Sie mich in Ruhe. Ich weiß nicht, wohin Rich sich abgesetzt hat. Der Schuft hat mich einfach sitzen lassen. Dabei wollten wir im Sommer heiraten. Die Hölle verschlinge ihn.“
Milo schaute mich an und hob die Brauen. Seine Augen wurden kugelrund. Seine Mundwinkel bogen sich nach unten. Dann aber nahm sein Gesicht den normalen Ausdruck wieder an und er sagte: „Wir würden dennoch gerne ein persönliches Gespräch mit Ihnen führen, Miss Patton. Es liegt an Ihnen, wo das sein wird. Entweder Sie nennen mir Ihre Anschrift, oder Sie kommen ins Field Office.“
„Ich komme“, sagte die Lady nach kurzem Zögern. „Wann passt es Ihnen?“
„Morgen früh?“
„In Ordnung. Gegen neun Uhr bin ich bei Ihnen.“
Jennifer Patton legte auf, und auch Milo drapierte den Hörer auf den Apparat. „Resolute Person“, knurrte er. „Wenn ihre frommen Wünsche in Erfüllung gehen, hat Rich Gardner nicht mehr viel Freude im Leben zu erwarten.“
„Was hältst du davon, wenn wir Interpol einschalten“, fragte ich. „Sicher hat sich Gardner ins Ausland abgesetzt.“
„Das nehme ich auch an. Keine schlechte Idee, Partner. Ja, wir schalten Interpol ein. Im Moment unsere einzige Chance, Gardner irgendwo in der weiten Welt aufzuspüren. Allerdings sollten wir erst mal abklären, ob es überhaupt nötig ist, nach ihm zu fahnden. Wenn er nämlich nicht die wertvollen Pläne an Dragon Systems verkauft hat, brauchen wir auch Interpol nicht zu bemühen. Vielleicht ist er nur auf der Flucht vor der burschikosen Lady, die ihn beim Teufel sehen möchte.“
Milo grinste anzüglich.
Mir kam plötzlich ein ganz anderer Gedanke. Einer, der mich für die Spanne einiger Atemzüge regelrecht erschreckte. „Möglicherweise ist Gardner überhaupt nicht auf der Flucht“, stieß ich hervor. „Vielleicht lebt er gar nicht mehr.“
Milo schaute mich einen Augenblick an, als hätte ich etwas völlig Blödsinniges von mir gegeben. Plötzlich aber schien sich sein Blick nach innen zu kehren, dann sagte er: „Ein Aspekt, der nicht von der Hand gewiesen werden kann. Himmel, Partner, dann haben wir es am Ende nicht nur mit Betriebsspionage zu tun, sondern auch mit Mord.“
Ich winkte ab. „Malen wir den Teufel nicht an die Wand, Milo. Reden wir lieber mal ein paar Takte mit Dennis Mason von Dragon Systems. Ich bin aber fast davon überzeugt, dass er uns einige Techniker oder Ingenieure präsentiert, die Stein und Bein schwören, das Fingerscan-System entwickelt zu haben. Ich denke, in dieser Sache hat SoftTec das Nachsehen, es sei denn, wir erwischen Rich Gardner, und der gesteht, die Pläne der von SoftTec entwickelten Technologie an Dragon Systems verkauft zu haben.“
Ich suchte die Nummer von Dragon Systems heraus und hatte wenig später die Sekretärin Dennis Masons an der Strippe. Ich bekam einen Termin für den kommenden Tag, nachmittags, um 14 Uhr.
Nun, in diesem Fall, so schien es mir, lief uns nichts mehr davon.
Am kommenden Tag erschien kurz vor neun Uhr die Verlobte Richard Gardners. Was für eine Frau! Mir verschlug es glatt die Sprache. Auch Milo bekam große Augen. Ihre Erscheinung schlug uns beide in ihren Bann. Sie war etwa 30 Jahre alt und eins-siebzig groß, gewachsen wie eine Grazie, und sie hatte das Gesicht einer Liz Taylor der 50er Jahre. Jennifer Pattons Haare waren dunkel, die Augen blau. Der Blick dieser Augen schien in den verborgensten Winkel meines Gehirns zu dringen. Ihr Hals war schlank, die Linie des fein geformten Kinns makellos. Sie lächelte. Weiße, regelmäßige Zähne schimmerten zwischen ihren sinnlichen Lippen.
Ein Mann, der diese Frau verließ, musste ein Narr sein.
Ich bot ihr einen Sitzplatz an. Sie ließ sich nieder und schlug die schlanken Beine, die in einer engen Jeans steckten, übereinander. „Wenn ich gestern etwas unhöflich war“, sagte sie, „so möchte ich mich hierfür entschuldigen. Aber als ich hörte, dass Sie vom FBI sind, wusste ich, dass der Anruf wieder Richard betraf. Die ständigen Anrufe seinetwegen gehen mir auf die Nerven. Richard hat mich schmählich sitzen lassen. Er ist ein Schuft. Von Bill Pfeiffer habe ich erfahren, dass er irgendeine Entwicklung an die Konkurrenz von SoftTec verkauft haben soll.“
„Entschuldigung angenommen“, gab Milo zu verstehen. „Ich bin Special Agent Milo Tucker.“ Er wies auf mich. „Special Agent Trevellian. Wer ruft denn so oft an wegen Richard Gardner?“
„Pfeiffer von SoftTec, Kollegen, Bekannte. Und jetzt auch noch das FBI. Ich kann die Frage nach Rich nicht mehr hören. Der Schuft hat sich abgesetzt. Wobei ich davon überzeugt bin, dass er irgendein Betriebsgeheimnis an Dragon Systems verkauft hat. Mittlerweile traue ich ihm jede Schlechtigkeit zu. Richard war nie zufrieden mit dem, was er hatte. Er wollte immer höher hinaus. Rich war habgierig.“
„Hat es seit seinem Verschwinden nie ein Lebenszeichen von Gardner gegeben?“, fragte ich.
„Nein.“ Jennifer schüttelte den Kopf. „Der Schuft hat sämtliche Brücken hinter sich abgebrochen und seine Spur akribisch ausgelöscht. Allerdings hatte er schon immer eine gewisse Vorliebe für die alte Welt. Ich schätze, er treibt sich irgendwo in Paris, Rom oder Madrid herum, und haut das Geld, das man ihm gezahlt hat, auf den Kopf.“
„Sie lassen ja kein gutes Haar an dem Mann, den Sie heiraten wollten“, wandte ich ein.
„Er hat mir Sand in die Augen gestreut. Er hat der ganzen Welt Sand in die Augen gestreut. Mich hat er ausgenutzt. Ich hasse ihn dafür.“
„Ist Ihnen schon einmal in den Sinn gekommen, dass Richard Gardner gar nicht mehr lebt?“, fragte Milo.
Sie schaute ihn entgeistert an. „Warum sollte er tot sein?“
„Nun, vielleicht zahlte man ihn mit einem Stück Blei aus“, erklärte ich.
In ihren ebenmäßigen Zügen arbeitete es. Sie blinzelte. Dann stammelte sie: „Nein, G-men. Das – das ist mir … ist mir noch nicht in den Sinn gekommen.“ Ihre Stimme gewann an Sicherheit. „Daran habe ich überhaupt noch keinen Gedanken verschwendet.“
„Es ist nicht auszuschließen“, knurrte ich. „Wir müssen jede Möglichkeit ins Kalkül ziehen. Unabhängig davon werden wir, wenn sich der Verdacht der Betriebsspionage gegen Gardner erhärtet, Interpol einschalten. Besitzen Sie ein Bild von Gardner?“
Ohne nachzudenken schüttelte Jennifer den Kopf. „Die Bilder habe ich in die Mülltonne geworfen, nachdem ich sicher sein konnte, dass Rich mich schnöde verlassen hat. Die sind längst durch den Schlot der Müllverbrennung.“
„Wir werden eines aus der Personalakte, die es bei SoftTec sicherlich gibt, bekommen“, sagte Milo gleichmütig.
Ich hatte einen Moment lang das Gefühl, als wirkte Jennifer Patton irritiert.
„Wovon leben Sie eigentlich?“, fragte ich sie.
„Bis vor zwei Monaten unterstützte mich Richard. Seit er fort ist, bin ich auf meine Eltern angewiesen. Ich suche einen Job – als Modell, aber es sieht schlecht aus. Die Konkurrenz ist jung und unverbraucht.“
Ich wusste, worauf sie anspielte. Als Modell gehört eine Frau um die 30 schon fast zum alten Eisen, wie man so sagt.
„Wo leben Ihre Eltern?“
„Philadelphia. Bitte, G-men, lassen Sie meine Eltern aus dem Spiel. Sie sind alt und hatten ihr Leben lang nichts mit der Polizei zu tun. Meine Mutter würde ganz sicher einen Schock bekommen, wenn …“
Jennifer brach bedeutungsvoll ab.
„Sagen Sie uns trotzdem die Anschrift“, verlangte ich.
Die schöne Frau seufzte. Dann gab sie mir die erbetene Auskunft. Milo notierte fleißig.
Ich versuchte mir ein Bild von Jennifer Patton zu machen. Entweder war sie wirklich sehr emotional veranlagt, oder sie war eine vorzügliche Schauspielerin.
Um 15 Uhr 30 fuhren wir zu Dragon Systems. Die Verwaltung der Firma befand sich in Brooklyn, in der Colonial Road. Wir kamen kurz vor 16 Uhr dort an. Kurz nach 16 Uhr hatten wir endlich das Vergnügen mit Dennis Mason, dem Chef von Dragon Systems.
Er zeigte sich uns gegenüber kühl und reserviert.
„Die Fingerscan-Technologie wurde von unseren Ingenieuren entwickelt und zur Reife gebracht. Ich weiß gar nicht, was Pfeiffer will. Wir waren eben schneller. Wenn sein Entwicklungschef spurlos verschwunden ist, so habe ich nicht den Hauch einer Ahnung, wohin er sich abgesetzt hat. Ich kannte den Mann gar nicht. Was wollen Sie überhaupt von mir?“
Er zeigte sich arrogant, überlegen, abweisend.
„Wir werden Ihre Ingenieure und Techniker einvernehmen müssen, Mr. Mason. Pfeiffer von SoftTec ist nämlich davon überzeugt, dass seine Pläne von Ihren Ingenieuren lediglich abgezeichnet wurden.“
„Pfeiffer ist ein missgünstiger Hundesohn“, fauchte Mason wenig gentlemanlike, „der Dragon Systems den Erfolg nicht gönnt. Er war uns mit seinen Entwicklungen immer eine Nasenlänge voraus. Diesmal aber haben wir ihn geschlagen.“
„Es handelt sich um ein Milliardenprojekt“, flocht Milo ein. „Und wenn Ihre Entwicklung haargenau die selbe Handschrift trägt wie das System, das SoftTec entwickelt hat, so ist das doch sehr seltsam. Finden Sie nicht?“
„Was wollen Sie damit ausdrücken?“, herrschte Mason meinen Freund und Kollegen an. Sein Kopf war zu Milo herumgezuckt wie der Kopf einer zustoßenden Schlange.
„Das ist ja wohl nicht allzu schwer zu verstehen“, gab Milo gelassen zurück. „Dass zu gleicher Zeit zweimal das identische System entwickelt wird, ist kaum vorstellbar. Also muss irgendeiner vom anderen abgeschaut haben. Und da sich weder Sie noch SoftTec in die Karten blicken lassen würden, steckt wohl Betriebsspionage dahinter. Und das kann teuer zu stehen kommen.“
„Vielleicht hat SoftTec bei Dragon Systems spioniert“, gab sich Mason pikiert. „Haben Sie Pfeiffer schon befragt?“
„Er hat sich an uns gewandt, Mr. Mason. Und das lässt schon mal den Schluss zu, dass er sich betrogen fühlt.“
„Und mich macht es in Ihren Augen wohl schuldig, wie?“, keifte der Industrielle.
„Nein“, sagte ich kopfschüttelnd. „Aber wir werden die Sache sicherlich klären können. Und dann wird irgendjemand als derjenige dastehen, der sich unrechtmäßig beim anderen bedient hat. Dass SoftTecs Chefentwickler seit zwei Monaten spurlos verschwunden ist, lässt einen weiteren Schluss zu, Mr. Mason. Und auch dieser Schluss wirft nicht gerade ein helles Licht auf Dragon Systems.“
„Wir beschäftigen die besten Anwälte, die New York zu bieten hat“, blaffte Mason. „Von ihnen werden Sie hören, G-men. Sie verdächtigen mich. Das ist eine Frechheit, und ich werde das nicht auf mir sitzen lassen.“
„Ihre Anwälte einzuschalten bleibt Ihnen unbenommen, Mr. Mason“, erwiderte ich unbeeindruckt. Mir gefiel der Bursche nicht. Irgendwie, davon war ich überzeugt, spielte er mit gezinkten Karten. Die Glaubwürdigkeit Bill Pfeiffers von SoftTec stufte ich um ein Vielfaches höher ein als die Glaubwürdigkeit Dennis Masons. Darum hatte ich es mir auch nicht verkneifen können, dem Burschen meine ganz persönliche Meinung unter die Nase zu reiben.
Wir verließen Mason.
„Was hältst du davon?“, fragte ich Milo, als wir wieder in Richtung Manhattan unterwegs waren.
Mein Freund und Teamgefährte zuckte mit den Achseln. „Wir haben Behauptungen. Einen ganzen Sack voll Behauptungen, Partner. Pfeiffer behauptet, Mason habe ihm eine milliardenträchtige Entwicklung gestohlen. Jennifer Patton behauptet, seit zwei Monaten nichts mehr von Rich Gardner gehört zu haben. Mason behauptet, das Fingerscan-System sei in seinem Betrieb entwickelt worden. Richard Gardner kenne er nicht, und alles, was Pfeiffer behauptet, seien niederträchtige Lügen.“
„Das ist nicht viel, wie?“
„Das ist gar nichts. Um wenigstens einen Erfolg an diesem miesen Tag zu haben, sollten wir zu fortgeschrittener Stunde McGradys Etablissement einen Besuch abstatten, um eventuell ein paar illegal arbeitende Girls auf frischer Tat ertappen.“
„Ich bin dabei“, sagte ich. „Als Geschäftsleute getarnt, die auf ein schnelles Abenteuer aus sind, müssten wir beide doch eigentlich ankommen bei den Miezen in McGradys Club.“
„Ja, vor allem du. Dir sehen Sie es schon an der Nasenspitze an, was für ein Lustmolch du bist“, lachte Milo.
Im Federal Building angekommen suchten wir unser gemeinsames Büro auf. Ich fuhr den Computer hoch, und während das Betriebssystem geladen wurde, bat ich Milo, die Kollegen vom Police Department zu verständigen, damit sie uns in der Nacht, wenn wir McGradys Club ein zweites Mal hochnahmen, zur Hand gingen. Wobei zu bemerken ist, dass Milo und ich vor einer Woche nicht dabei waren. Für diese Razzia hatte das Police Department verantwortlich gezeichnet.
Ich wollte mal sehen, was das Internet über Dragon Systems und SoftTec zu bieten hatte. Es war nicht allzu viel. Interessant fand ich, dass Dragon Systems Tochterunternehmen in Buenos Aires und Mexiko City besaß.
Ich hörte Milo sagen: „Gut, um vierundzwanzig Uhr. Ihr kommt also mit zehn Mann von den Narcs und der Sitte sowie einer Einsatzbereitschaft der City Police. Mein Kollege und ich werden euch erwarten. Wir wollen folgendermaßen vorgehen …“
Ich lehnte mich zurück und hörte zu, wie Milo seinem Gesprächspartner unseren Einsatzplan verklickerte. Ich hatte Milos Ausführungen nichts hinzuzufügen.
Dennis Mason griff, als die beiden G-men zur Tür hinaus waren, zum Telefonhörer, tippte eine Nummer und sagte, als sich jemand meldete: „Bei mir waren soeben zwei Schnüffler vom FBI. Es geht um das System. Die beiden haben mir unverblümt ins Gesicht gesagt, dass sie den Ausführungen von Pfeiffer mehr Glauben schenken als den meinen.“
„Na und?“, kam es lakonisch zurück. „Was die Bullen glauben, ist doch uninteressant. Sie müssen es beweisen können. Und wie sollten sie dazu in der Lage sein?“
„Durch Gardner.“
„Der lässt irgendwo in Argentinien den Herrgott einen guten Mann sein.“
„Man wird Interpol einschalten. Außerdem denke ich, dass er in Kontakt mit seiner Verlobten steht. Sie wird genau wissen, was Sache ist und Fakten kennen.“
„Das heißt also, wir sollten versuchen, Gardner ausfindig zu machen und ihn auszuschalten.“
„Ja. Er ist für mich zum Risikofaktor Nummer eins geworden.“
„Es war Ihre Idee, ihn mit den zehn Millionen ziehen zu lassen, Mason. Ich hätte ihm vor zwei Monaten schon den Lufthahn abgedreht. Aber Sie wollten den Anständigen spielen. Sie …“
„Jetzt halten Sie aber die Luft an, Howard. Gardner hat uns in den Besitz der Pläne gebracht, die der Firma einen Milliardenumsatz garantieren, und er hat uns sein Wort gegeben, niemals wieder in die USA zurückzukehren. Ich hatte keine Skrupel, mich in den Besitz der Pläne zu bringen. Aber ich bin kein Mörder …“
„Diese Einstellung scheinen Sie radikal geändert zu haben.“
„Jetzt geht es um Sein oder Nichtsein“, versetzte Dennis Mason ohne jede Gemütsregung. „Sozusagen ums Überleben. Es war mein Fehler. Ich habe nicht damit gerechnet, dass SoftTec aufbegehrt, wenn Dragon Systems das Patent anmeldet, dass die Gesellschaft eine vorläufige Anordnung erwirkt und überdies das FBI einschaltet.“