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Owen Burke ist Special Agent des FBI - und Bestseller-Autor Pete Hackett (Gesamtauflage 2 Millionen) schildert in dieser Serie seine Fälle. 5 brandneue, abgeschlossene Stories! Special Agent Owen Burke Band 6-10 in einem Band! Dieses E-Book enthält folgende Krimis: 6 Blutiges Falschgeld 7 Ein Toter im Kofferraum 8 Mordmotiv Hass 9 Eine blutige Rechnung 10 Skrupellos
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Seitenzahl: 256
Veröffentlichungsjahr: 2019
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Special Agent Owen Burke
Sammelband 2
(enthält Band 6-10)
Action Krimis
von Pete Hackett
Ein CassiopeiaPress E-Book
© by Author
© 2012 der Digitalausgabe 2012 by AlfredBekker/CassiopeiaPress
www.AlfredBekker.de
1. digitale Auflage 2015 Zeilenwert GmbH
ISBN 9783956174773
INHALT
6 Blutiges Falschgeld
7 Ein Toter im Kofferraum
8 Mordmotiv Hass
9 Eine blutige Rechnung
10 Skrupellos
Cover
Titel
Impressum
Band 6 – Blutiges Falschgeld
Band 7 – Ein Toter im Kofferraum
Band 8 – Mordmotiv Hass
Band 9 – Eine blutige Rechnung
Band 10 – Skrupellos
Ein großer Teil des Parkplatzes war mit einem gelben Trassenband der City Police abgesperrt worden. Vor Ort waren Detective Lieutenant James Howard von der Mordkommission, ein Team von der Spurensicherung, der Coroner und ein Vertreter der Staatsanwalt. Einige uniformierte Cops sicherten die Absperrung, denn es hatten sich Neugierige angesammelt, und diese Leute mussten zurückgehalten werden.
Die Special Agents Owen Burke und Ron Harris stiegen außerhalb der Absperrung aus dem Dodge, der ihnen von ihrer Dienststelle als fahrbarer Untersatz zur Verfügung gestellt worden war. Man schrieb Freitag, den 10. August, und es war 9.35 Uhr.
Die beiden Agents bahnten sich einen Weg durch die Meute der Gaffer, mussten immer wieder ihre Dienstmarke in die Höhe halten und sich mit lauter Stimme als Angehörige des FBI New York zu erkennen geben, und dennoch ernteten sie einige unflätige Beschimpfungen und Anfeindungen, weil sie den einen oder anderen mehr oder weniger aus dem Weg schieben mussten. Schließlich wiesen sie sich auch einem der Cops von der City Police gegenüber aus, tauchten unter dem Trassenband hindurch und gingen zu der Gruppe von Männern, bei der auch James Howard vom Police Department stand.
»Guten Morgen, Agents«, begrüßte der Detective Lieutenant Burke und seinen Partner.
Owen Burke gab dem Kollegen die Hand, begrüßte auch den Vertreter der Staatsanwaltschaft und die anderen beiden Männer, bei denen es sich ebenfalls um Beamte der Mordkommission handelte, dann wandte er sich wieder an Howard: »Der Mann saß in dem Ford?«
Er wies mit dem Kinn auf einen Ford Explorer Sport Trac, einen orangefarbenen Pickup, der an der Seite des Parkplatzes abgestellt war und an dem und um den herum sich die Männer von der Spurensicherung zu schaffen machten.
Howard nickte. »Ja. Sein Name ist Warren Desmond. Der Ford ist in Washington D.C. zugelassen. Desmond ist dreiundvierzig Jahre alt. Sein Mörder hat ihm die Kugel in die rechte Schläfe geschossen. Sie hat ihm auf der linken Seite den halben Kopf weggerissen.«
»Wann ist er ermordet worden?«
»Der Coroner meint, dass der Tod zwischen 2 Uhr und 3 Uhr in der vergangenen Nacht eingetreten ist. – Ein Bediensteter des Wildlife Conversations Centers wurde heute Morgen, als er zur Arbeit kam, auf den Pickup aufmerksam. Ihm fiel das blutbespritzte Seitenfenster auf. Er verständigte sofort die Polizei.«
»Was weißt du über diesen Warren Desmond?«, fragte Burke. »Wie ich dich kenne, hast du dich doch sofort, als seine Identität bekannt war, über ihn informiert.«
»Du scheinst mich gut zu kennen«, knurrte der Detective Lieutenant mit dem Anflug eines freudlosen Grinsens um die Lippen. »Ja, ich hab den Namen sofort in den Suchlauf des Computers tippen lassen. Desmond war alles andere als ein unbescholtenes Blatt. Sein Strafregister weist eine ganze Latte von Verurteilungen auf. Zuletzt saß er bis 2009 im Gefängnis in Washington. Man hatte ihn auch im Verdacht, im Auftrag eines gewissen Jack Coburne, der die Finger im Rauschgiftgeschäft haben soll, einen Mann ermordet zu haben. Aber das konnte man ihm nicht nachweisen.«
»Sind die Kollegen in Washington D.C. schon eingeschaltet?«, fragte Ron Harris, der bisher schweigend dabeigestanden hatte.
»Es ist euer Fall«, grinste James Howard. »Darum werdet ab sofort ihr hier übernehmen. Ich fahre zurück ins Department. Dort wartet genug anderer Kram auf mich.«
»Du tust mir ja so leid«, knurrte Owen Burke.
Howard seufzte ergeben. »Lippenbekenntnisse«, murmelte er und winkte wegwerfend ab.
Ron Harris hatte sein Notizbüchlein gezückt und machte einige Eintragungen. Howard verabschiedete sich. Owen Burke ging zu dem Pickup hin. Das Fenster des Wagens war auf der Beifahrerseite rot vom Blut des Opfers. Es wies auch ein Kugelloch auf. Überall standen die kleinen Nummerntafeln der Spurensicherung herum. Die Beamten trugen sterile weiße Anzüge, Überziehschuhe, Schutzhauben und Handschuhe aus Latex. An einen dieser Männer wandte sich Burke. »Die Kugel, nehme ich an, wird man kaum finden.«
»Die liegt irgendwo in einem Umkreis von dreißig bis fünfzig Yards im Central Park«, antwortete der Beamte.
»Wie sieht es mit Fingerabdrücken und DNA-Material aus?«
»Da gibt es einiges. Im Wagen und rund um den Wagen. Sobald wir hier die Spuren gesichert haben, wird das Fahrzeug abgeholt und zur SRD gebracht. Und dort wird es noch einmal gründlich unter die Lupe genommen.«
»Was ist mit dem Mobiltelefon des Toten?«
»Das haben wir sichergestellt. Wir werden uns, wenn wir im Büro sind, sofort an die Arbeit machen und die Spuren so schnell wie möglich auswerten. Sie erhalten sofort Bescheid, wenn wir etwas herausgefunden haben.«
Owen Burke überreichte dem Mann eine von seinen Visitenkarten. Dann begab er sich zu seinem Freund und Partner. Er registrierte, dass Howard schon fort war. »Hast du alles aufgeschrieben, was wir fürs Erste brauchen?«
Ron Harris nickte, klappte sein Notizbüchlein zu und ließ es samt Kugelschreiber in der Innentasche seiner Jacke verschwinden. »Ja. Ich denke, wir sind hier überflüssig, Owen. Wir stehen den Leuten von der Spurensicherung nur im Weg herum.«
»Also verschwinden wir. Man wird uns informieren, wenn es irgendwelche Erkenntnisse gibt.«
Als sie im Dodge Avenger saßen und Ron Harris den Wagen nach Süden in Richtung Federal Plaza steuerte, sagte Owen Burke: »Was hatte Warren Desmond nach Mitternacht auf dem Parkplatz des Wildlife Conversations Centers zu suchen? Ob Drogen im Spiel sind? Howard sprach von einem Burschen namens Coburne. Und dieser Zeitgenosse soll im Rauschgiftgeschäft verstrickt sein.«
»Ich habe keine Ahnung, Kollege«, versetzte Ron Harris und trat auf die Bremse, weil vor ihm Bremslichter aufleuchteten. Weiter vorne stand eine Ampel auf rot. Der Dodge stand. »Wir werden uns im Büro näher mit Desmond und Coburne befassen, und wir werden auch mit dem Field Office in Washington D.C. Verbindung aufnehmen.«
Zurück im Büro fuhr Burke sofort seinen Computer hoch. Gleich darauf hatte er das Datenblatt, das den digitalen Strafakten vorangestellt war, auf dem Bildschirm. Da war auch ein Polizeifoto von dem Ermordeten. Burke begann zu lesen.
Währenddessen hatte Ron Harris Verbindung mit dem Field Office in Washington D.C. aufgenommen.
Owen Burke gab den Namen Jack Coburne in das Dialogfeld ein und klickte den Button mit der Aufschrift 'search' an. Schließlich konnte er nachlesen, was es mit diesem Burschen auf sich hatte.
Ron Harris legte auf und sagte: »Sie werden in Washington D.C. einen richterlichen Beschluss erwirken, mit dem sie in Desmonds Wohnung eindringen und sie durchsuchen dürfen. Dieser Coburne ist bei den Kollegen kein Unbekannter. Soll der Boss einer Drogenmafia sein. Man verdächtigt ihn einiger Morde, bislang aber kam man an den Knaben nicht heran.«
»Was wusste der Kollege über Desmond zu berichten?«
»Ein Handlanger im schmutzigen Geschäft. Er soll einen Mord begangen haben, doch es fehlt an den notwendigen Beweisen. Bei dem Ermordeten handelt es sich um einen Drogenverkäufer, er in die eigene Tasche gewirtschaftet haben soll. Was hast du herausgefunden?«
»Rauschgift und Mord. Zu einer Verurteilung kam es nie. Eine Vorstrafe wegen gefährlicher Körperverletzung. – Was Desmond angeht, so dürfte es sich bei ihm um einen Zeitgenossen handeln, dem ein hohes Maß an krimineller Energie nachzusagen ist. Sein Strafregister reicht von Einbruch, über Raub und Körperverletzung bis hin zum versuchten Totschlag. Er soll ein enger Vertrauter Coburnes gewesen sein.«
»Dann müssen wir das Motiv für den Mord wahrscheinlich im Drogenmilieu suchen.«
»Ja, davon bin ich überzeugt«, pflichtete Owen Burke bei.
*
Es war kurz nach 14 Uhr, als ein Beamter von der SRD bei Owen Burke anrief. Er sagte: »Also, Kollege, mit irgendwelchen DNA-Analysen und entsprechenden Profilen kann ich noch nicht dienen, ebenso wenig mit ausgewerteten Fingerprints. Aber Sie sollten wissen, dass wir im Handschuhfach des Pickup eine Pistole gefunden haben. Sie befindet sich bei der Ballistik. Und wir haben die Telefonnummern der Leute, mit denen Desmond vor seinem Tod noch telefoniert hat. Ich habe sie in einer Datei zusammengefasst, die ich Ihnen vorab per E-Mail schicken werde.«
»Haben Sie vielen Dank.«
Der Beamte verabschiedete sich, Owen Burke legte auf. Er klickte das elektronische Postfach her und wartete. Eine Minute später lag die Mail auf dem Server. Burke rief sie ab, speicherte den Anhang und öffnete ihn.
Es waren zehn Telefonnummern. Mit einem Blick registrierte Burke, dass es sich bei einigen Nummern um Festnetzanschlüsse handelte. Er druckte die Liste zweimal aus und reichte eine Ausfertigung seinem Kollegen. Harris warf einen Blick darauf und knurrte: »Vier der Nummern sind dem Festnetz zuzuordnen. Eine kommt zweimal vor. Aufgrund der Vorwahl muss es sich um eine New Yorker Nummer handeln. Bei den anderen handelt es sich um Handynummern.«
»Die New Yorker Nummer könnte interessant sein«, murmelte Owen Burke. »Mal sehen, wem sie gehört.«
Einige Mausklicks, dann wusste er es. Es war ein Mann namens Carl Otis, wohnhaft 362 West 103rd Street. »Dann werfen wir dem Mister doch mal einen etwas intensiveren Blick unter den Haaransatz«, meinte er.
»Vorher sollten wir uns über den Mann informieren«, bemerkte Ron Harris.
»Natürlich.« Owen Burke legte seine Rechte auf die Computermaus …
Sie nahmen den Broadway, um zur 103rd zu gelangen. Zwischen einem Mitsubishi und einem Chevy fand Ron Harris eine Parklücke, in die er den Dodge gekonnt manövrierte. Carl Otis wohnte in der fünften Etage des Gebäudes, das einen etwas heruntergewirtschafteten Eindruck vermittelte. Es gab einen Aufzug und so blieb es den G-men erspart, die fünf Stockwerke auf Schusters Rappen zu erklimmen.
Es war eine aufgetakelte Blondine, die die Tür öffnete. Ihr rot geschminkter Mund erinnerte an eine frische Wunde, ihr Gesicht wirkte ziemlich maskulin und verlebt. Burke schätzte sie auf dreißig. Sie war groß und schlank. Bekleidet war sie mit Jeans und T-Shirt. »Bitte?« Ihre Stimme klang etwas heiser und eine Nuance zu tief für eine Frau.
Ein Schimmer des Begreifens huschte über Burkes Gesicht. Das war gar keine Frau – das war ein Mann. Ein Transvestit. Der Special Agent überspielte seine Überraschung, indem er sich und seinen Kollegen vorstellte und dem als Frau verkleideten Mann seinen Ausweis hinhielt. Die linke Braue des Transvestiten hob sich, er sagte: »Darf ich mal?« Burke reichte ihm den Ausweis. Die Transe las, gab Burke den Ausweis zurück und fragte: »Was wünschen Sie?«
Burke steckte das Mäppchen mit dem Ausweis ein und sagte: »Wir würden gerne mit Mr. Otis sprechen.«
Die Transe drehte den Kopf und rief: »Carl, da sind zwei FBI-Beamte, die dich sprechen möchten. Kommst du mal?«
Carl Otis erschien. Seine Brauen waren düster zusammengeschoben, über seiner Nasenwurzel standen zwei senkrechte Falten. »Was habe ich mit dem FBI zu tun?«
Burke nannte noch einmal seinen Namen und den seines Gefährten, dann sagte er: »Sie haben gestern Nachmittag und am Abend mit einem Mann namens Warren Desmond telefoniert.« Der Special Agent hatte, während er sprach, Otis nicht aus den Augen gelassen. Doch Otis zeigte nicht die Spur irgendeiner Reaktion.
»Ist das verboten?«, fragte er, und es klang ausgesprochen trotzig.
»Woher kennen Sie Desmond?«
»Wir waren '90/91 zusammen am persischen Golf.«
»Sie sprechen vom zweiten Golfkrieg, nicht wahr?«
»So ist es. Was ist mit Warren? Sie kommen doch nicht, um mich wegen meiner gestrigen Telefonate mit ihm zu befragen.«
»Doch. Warren Desmond wurde nämlich in der Nacht hier im Big Apple, genauer gesagt im Central Park, ermordet.«
Wieder beobachtete Burke den Mann in der Tür. Ihm entging nicht das geringste Muskelzucken in Otis' Gesicht.
»Was sagen Sie da?«, entfuhr es Otis. »Warren wurde ermordet! Hier in New York! Grundgütiger!«
Burke fragte sich, ob die Bestürzung, die Fassungslosigkeit und die Erschütterung, die Carl Otis an den Tag legte, echt waren.
»Sie haben gestern zweimal mit ihm telefoniert. Zumindest beim zweiten Telefonat dürfte er schon in New York gewesen sein.«
»Wir haben des Öfteren miteinander telefoniert«, erklärte Otis. »Wir haben uns sogar hin und wieder mal getroffen.«
»Wenn Sie zweimal innerhalb weniger Stunden telefonisch mit ihm verkehrten, muss das doch einen Grund gehabt haben«, meinte Ron Harris.
»Es gab keinen besonderen Grund«, antwortete Carl Otis. »Ich hatte auch keine Ahnung, dass sich Warren im Big Apple aufhält. Er hat kein Sterbenswort dahingehend erwähnt.«
»Haben Sie für vergangene Nacht, für die Zeit zwischen 23 Uhr und 3 Uhr ein Alibi?«
In Carl Otis' Augen blitzte es auf. »Wozu brauche ich das? Ich habe mit der Sache nichts zu tun. Was wollen Sie überhaupt von mir? Verdächtigen Sie mich, Carl umgebracht zu haben?«
»Sie waren einer der Letzten, der mit ihm telefoniert hat. Als er das zweite Gespräch mit Ihnen führte, dürfte er sich bereits in New York aufgehalten haben. Kaum vorstellbar, dass er das Ihnen gegenüber nicht erwähnt haben soll. Im Hinblick darauf brauche ich Ihnen sicherlich nicht detailliert erklären, weshalb wir Sie befragen. Also, Mr. Otis, haben Sie ein Alibi oder nicht?«
»Rosalie kann bezeugen, dass ich die ganze Nacht über in meiner Wohnung war.«
»Wer ist Rosalie?«, fragte Owen Burke, ahnte aber bereits, dass damit die Transe gemeint war.
Und die ließ sogleich ihre Stimme erklingen. »Ich bin Rosalie. Und ich kann bestätigen, dass Carl und ich die Wohnung seit gestern Abend, nachdem wir gegen 18 Uhr nach Hause gekommen sind, nicht mehr verlassen haben.«
»Dann ist es ja gut«, murmelte Owen Burke und richtete den Blick auf den Transvestit, der über Otis' Schulter schaute. »Wie heißen Sie denn wirklich?«
»Newberry – Michael Newberry.«
*
»Ich nehme Otis nicht ab, dass ihm Desmond verschwiegen habe, dass er sich in New York aufhält«, gab Owen Burke zu verstehen, als sie wieder nach Süden fuhren. »Aber das ist im Augenblick zweitrangig. Mir stellt sich die Frage, was Desmond in New York zu erledigen hatte. Dass er etwas zu erledigen hatte, entnehme ich der Tatsache, dass er sich in der Nacht mit jemand auf dem Parkplatz des Wildlife Conversations Centers traf. Und es handelte sich um irgendein Geschäft, das das Licht der Öffentlichkeit zu scheuen hatte.«
»Ich bin mit dir einer Meinung«, erklärte Ron Harris. »Außerdem bin ich überzeugt davon, dass Otis in der Inszenierung irgendeine Rolle spielt. Das Alibi, das ihm Newberry bescheinigt hat, ist meines Erachtens nichts wert.«
»Otis ist vorbestraft«, murmelte Burke. »Man hat ihm einige Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz nachgewiesen. In seiner Wohnung wurden Ecstasy und Amphetamine gefunden, und zwar in Mengen, die einen Eigenbedarf nicht mehr glaubhaft erscheinen ließen, so dass er angezeigt wurde.«
»Wahrscheinlich handelte es sich um einen Deal, der Desmond veranlasste, nach New York zu kommen. Sicherlich eine größere Sache. Und Otis wusste Bescheid. Auch denke ich, dass diese Transe in die Sache involviert ist.«
»Wir müssen abwarten, was die Spurensicherung ergibt«, meinte Owen Burke.
Es dauerte seine Zeit, bis sie die Federal Plaza erreichten. Nachdem der Dodge auf seinem reservierten Platz in der Tiefgarage abgestellt war, fuhren sie mit dem Aufzug in die dreiundzwanzigste Etage und begaben sich in ihr Büro, schalteten die Computer ein und riefen ihre E-Mails ab. Absender einer der elektronischen Nachrichten war die SRD. Burke öffnete den Anhang, studierte ihn kurze Zeit, dann pfiff er zwischen den Zähnen und sagte: »Man hat einige Fingerabdrücke von Carl Otis an der Brieftasche des Opfers festgestellt. Wie mögen die wohl dort hingekommen sein?«
»Das ist hier die Frage«, knurrte Ron Harris. Auch er hatte die E-Mail von der SRD erhalten, geöffnet und gelesen. »Es gibt eine Reihe weiterer Prints, meistens aber stammen sie vom Toten, dem Besitzer des Wagens also. Zwei jedoch sind unbekannt.«
Burke schaute auf die Uhr. Es war 16.45 Uhr. »Wenn wir jetzt noch einmal in die 103rd fahren, brauchen wir wohl zwei Stunden.«
»Ruf Otis einfach an und konfrontiere ihn mit unseren Erkenntnissen«, riet Ron Harris.
Burke wiegte den Kopf und blickte skeptisch drein. »Ich weiß nicht, ob das gut ist. Wenn er die Finger im Spiel hat, warnen wir ihn möglicherweise. Ich …«
Er wurde unterbrochen, weil sein Telefon läutete. Er schnappte sich den Hörer und hielt ihn ans Ohr. »Special Agent Burke, FBI New York.«
»Duncan, FBI Washington. Ich habe heute Vormittag mit Ihrem Kollegen Harris telefoniert. Es ist um Warren Desmond gegangen. Er hat mir neben seiner auch Ihre Durchwahlnummer gegeben. Eigentlich wollte ich ihn anrufen. Aber scheinbar habe ich die Nummern durcheinander gebracht.«
»Kein Problem, Kollege. Was gibt es zu berichten?« Owen Burke aktivierte den Lautsprecher des Telefonapparats, so dass Ron Harris hören konnte, was gesprochen wurde.
»Wir haben einen Eilbeschluss erwirkt und waren in Desmonds Wohnung. Unter anderem haben wir seinen Laptop beschlagnahmt. Im Posteingang seines E-Mail Centers stießen wir auf zwei Mails. Absender ist jemand, der sich 'Desert Storm' nennt, wobei in der E-Mail Adresse das Wort zusammengeschrieben ist.«
»Was steht in den E-Mails?«, fragte Burke.
»Das erste stammt vom 29. Juli. Die Nachricht beinhaltet lediglich einen einzigen Satz. Er lautet: Die Ware ist zur Abholung bereit.«
»Und was beinhaltet die zweite Mail?«
»Sie stammt vom 9. August, vormittags 10.34 Uhr. Desert Storm schrieb: Ruf mich an. Näheres telefonisch.«
»Das ist alles?«
»Ja. Aber wenn wir wissen, wer Desert Storm ist, kennen wir vielleicht auch Warren Desmonds Mörder.«
»Es lässt sich doch beim Internetanbieter feststellen, wer hinter der E-Mail Adresse steckt«, sagte Burke.
»Aber dazu benötigen wir einen weiteren Beschluss. Und den kriegen wir heute nicht mehr.«
»Nun ja, besorgen Sie ihn morgen, Kollege. Aber ich glaube, ich weiß, wer Desert Storm ist. Allerdings es ist nur eine Annahme von mir. Darum werde ich abwarten, bis Sie mit einem Ergebnis aufwarten können.«
»Ich rufe Sie unverzüglich an, sobald ich etwas in Erfahrung gebracht habe.«
Burke bedankte sich, legte auf und wandte sich an Ron Harris. »Operation Desert Storm«, sagte er. »So wurde die Luftoffensive während des zweiten Golfkrieges genannt, bei der Kampfflugzeuge der Anti-Irak-Koalition über 1300 Einsätze flogen und Militär- und Industrieanlagen des Irak zerstörten. In diesem Krieg waren Desmond und Otis als Soldaten. Ich denke, dass sich hinter dem Decknamen niemand anderes als Carl Otis verbirgt.«
»Wenn es sich herausstellen sollte, können wir ihn ja fragen, was für eine Art von Ware zur Abholung bereit war. Und dann wird er uns auch erklären müssen, wie seine Fingerabdrücke auf die Brieftasche von Warren Desmond gekommen ist.«
»Das wird er wohl«, bestätigte Owen Burke. »Doch jetzt will ich sehen, ob die schöne Rosalie schon in irgendeiner Weise in Erscheinung getreten ist. Es würde mich nicht wundern, wenn auch der Name Michael Newberry im Zusammenhang mit irgendwelchen Rauschgiftdelikten polizeibekannt wäre.«
Fünfzehn Sekunden, also einige Mausklicks später stieß Burke hervor: »Da haben wir ihn ja. Zweiunddreißig Jahre alt. Vorbestraft. Letzte bekannte Anschrift 298 Morningside Avenue. Du glaubst es nicht, Ron. Das Goldstück hat Banknoten gefälscht. Dafür hat Newberry von 2004 bis 2010 in Rikers Island gesessen. Er ist auf dem Polizeifoto kaum wiederzuerkennen.«
»Das gibt zu denken«, murmelte Harris und zog sogleich einen Schluss: »Vielleicht hat er die Arbeit, die ihn damals hinter Gitter brachte, wieder aufgenommen. Kann es nicht sein, dass mit der Ware, die zur Abholung bereit lag, Blüten gemeint waren?«
Burke zuckte mit den Schultern. »Das herauszufinden gilt es, Partner.« Er dachte kurz nach. Der grüblerische Ausdruck in seinen Augen verriet es. Dann kerbte sich ein entschlossener Zug in seine Mundwinkel ein und er stieß hervor: »Wir fahren trotzdem noch einmal zu Otis. Wenn wir ihn mit dem, was wir wissen, konfrontieren, locken wir ihn – falls er Desmonds Mörder ist -, vielleicht aus der Reserve.«
»Das heißt, ich kann meinen wohlverdienten Feierabend wieder einmal knicken«, knurrte Ron Harris.
»Ein echter FBI-Agent ist vierundzwanzig Stunden im Dienst«, versetzte Owen Burke.
Harris verdrehte die Augen und grinste säuerlich.
*
Es war die Zeit der Rush Hour und eine Qual, Manhattan von Süden nach Norden zu durchqueren. Man brauchte Nerven wie Drahtseile, eine Eselsgeduld und ein niedriges Aggressionspotential. Es war gelinde ausgedrückt ein Chaos. Man musste sich wundern, dass überhaupt noch etwas vorwärts ging. Blechkolonnen wälzten sich von Süden nach Norden, von Norden nach Süden, von Westen nach Osten und von Osten nach Westen. Man spricht von zähfließendem oder stehendem Verkehr. Und das traf den Nagel auf den Kopf.
Es ging auf 19 Uhr zu, als die Agents in die 103rd einbogen. Harris hatte Glück und fand eine Parklücke. Kurz darauf standen sie vor Carl Otis' Tür. Owen Burke klingelte vergebens. In der Wohnung rührte sich nichts. »Ausgeflogen«, knurrte der Special Agent. »Was nun. Sollten wir zwei Stunden unserer wertvollen Zeit in den Sand gesetzt haben?« Es klang sarkastisch.
»Bis zur Morningside Avenue ist es von hier aus nur ein Katzensprung«, bemerkte Ron Harris. »Vielleicht finden wir Otis in Rosalies Wohnung.«
»Eigentlich war ich der Meinung, dass die beiden zusammenleben«, murmelte Burke. »So entnahm ich es jedenfalls Rosalies Worten, als sie Otis' Alibi bestätigte. Immerhin verbrachte Rosalie alias Michael Newberry die Nacht vom 9. auf den 10. August bei Otis. Wie sonst hätte er Otis das Alibi bescheinigen können?«
»Ja, das ist seltsam«, bestätigte Ron Harris. »Aber vielleicht hat Newberry seine Wohnung in der Morningside Avenue längst aufgegeben und ist zu Otis gezogen. Sehen wir einfach nach.«
Sie befuhren nicht mehr den Broadway, um weiter nach Norden zu gelangen, sondern benutzten die Amsterdam Avenue, fuhren am Rand der Hochhaussiedlung, die nach Frederick Douglass benannt worden war, hinauf bis zur 106th Street und wechselten dort auf die Manhattan Avenue, die direkt in die Morningside Avenue mündete.
Das Gebäude Nummer 298 war ein Wohnblock mit mindestens zwanzig Wohnungen. Burke läutete an einer Tür im Erdgeschoss. Ein Mann von etwa sechzig Jahren öffnete. Der Special Agent grüßte und sagte: »Wir suchen einen Mann namens Michael Newberry. Er tritt auch unter dem Namen Rosalie und in Frauenkleidern auf. Können Sie uns weiterhelfen?«
Der Mann grinste anzüglich. »Sie meinen die Tunte aus dem dritten Stock? Seltsamer Vogel. Was ist er nun? Ein Mann, eine Frau, ein Es?«
»Er ist ein Mann«, versetzte Burke lakonisch. »Danke für die Hilfe.«
Sie stiegen in die dritte Etage empor und fanden tatsächlich eine Tür mit einem Namensschild aus Messing, auf dem der Name Michael Newberry eingraviert war. Burke klingelte. Der Klingelton war durch die geschlossene Tür zu hören. Es dauerte nicht lange, dann schepperte innen die Sicherungskette, als sie ausgehängt wurde, die Tür ging auf und Rosalie stand vor den Agents. Aber jetzt hatte sie keine langen, blonden Haare, sondern einen Kurzhaarschnitt, und die Haare waren brünett. Das Gesicht war nach wie vor über die Maßen geschminkt.
Irgendwie bot Michael Newberry alias Rosalie einen grotesken Anblick.
»Sie!«
»Warum sind Sie denn so erschrocken, Rosalie – ich meine, Mr. Newberry.«
»Ich – ich …« Newberry winkte energisch ab. Er hatte seine Unruhe schnell überwunden. Mit gefestigter Stimme fragte er: »Was kann ich für Sie tun?«
»Wir suchen Mr. Otis«, erklärte Burke. »Und da er nicht zu Hause ist, dachten wir, dass wir ihn bei Ihnen finden.«
»Carl ist nicht hier.«
»Eine Frage, Mr. Newberry: Sind Sie und Otis ein Paar?«
Newberry befeuchtete sich mit der Zungenspitze die Lippen. »Das ist vielleicht nicht der richtige Ausdruck«, murmelte er dann. Schließlich schüttelte er den Kopf. »Ein Paar sind wir nicht. Im Gegensatz zu mir ist Carl nicht schwul. Wir sind gute Freunde.«
»Wieso haben Sie in der Nacht auf den 10. August bei Otis geschlafen, wenn Sie lediglich gute Freunde sind und Sie über eine eigene Wohnung verfügen?«
»Manchmal wird es spät, wenn ich ihn besuche. Hin und wieder trinken wir auch etwas. Dann fahre ich nicht mehr nach Hause, sondern schlafe bei Carl auf der Couch im Wohnzimmer.«
»Und wo ist Otis jetzt?«
»Das weiß ich doch nicht. Ich bin vor einer Stunde in meiner Wohnung angekommen. Seit ich sein Apartment verlassen habe, hatten wir keinen Kontakt mehr. Er äußerte auch nicht, dass er etwas zu erledigen habe. Ich weiß es nicht.«
»Wissen Sie, wie Otis' E-Mail Adresse lautet?«
Jetzt begann Newberry Unruhe zu zeigen. Unter seinem linken Auge begann ein Muskel zu zucken. Er zwinkerte öfter als normal, und in seinen Mundwinkeln zuckte es. »Ich glaube, er hat mehrere E-Mail Accounts.«
»Tritt er auch unter dem Namen Desert Storm auf?«
Der Transvestit holte tief Luft. »Desert Storm?«
»De-sert-storm!« Burke zerhackte das Wort in seine Silben. »Die Adresse ist …« Burke nannte sie. Sein Blick, mit dem er Newberry fast durchbohrte, war zwingend und übte Druck auf den Transvestiten aus.
Doch Newberry schüttelte den Kopf. »Ich kenne die Adresse nicht. Tut mit leid.«
»Themawechsel«, knurrte Ron Harris und brachte sich damit ins Gespräch ein. »Sie sind vorbestraft, weil sie Blüten angefertigt haben. Kann es sein, dass Sie wieder ins Falschgeldgeschäft eingestiegen sind?«
»Sie sind wohl verrückt geworden!«, giftete Newberry, als er verarbeitet hatte, was Harris von sich gegeben hatte. »Ich hatte in Rikers Island genügend Zeit, darüber nachzudenken, welchen Mist ich gebaut habe. Kommen Sie mir bloß nicht damit. Und versuchen Sie nicht, mir etwas in die Schuhe zu schieben?«
»Haben Sie das so aufgefasst?« Harris grinste leicht ironisch. »Das tut mir aber leid.«
»Auf Ihren Zynismus kann ich gerne verzichten!«, erregte sich Newberry.
»Nun ja«, ließ wieder Owen Burke seine Stimme erklingen. »Wir wollen Sie nicht länger aufhalten, Mr. Newberry. Nur eine Frage noch: Erwähnte Ihnen gegenüber Carl Otis den Namen Desmond?«
»Er erzählte mir mal ganz beiläufig von ihm. Es war im Zusammenhang mit seinem Einsatz im Irak.«
»Auf Wiedersehen, Mr. Newberry.«
*
»Wir fahren zurück in die 103rd und warten, bis Otis aufkreuzt«, kam es entschieden von Owen Burke.
»Den Feierabend habe ich sowieso schon abgeschrieben«, antwortete Harris. »Also, was soll's?«
In der 103rd angekommen stellte Harris den Dodge so ab, dass sie das Gebäude, in dem Otis wohnte, im Auge hatten.
Träge verrann die Zeit. Otis ließ sich nicht blicken. Hin und wieder betrat jemand das Haus, manchmal kam auch jemand heraus. Die Viertelstunden reihten sich aneinander und wurden zur Stunde. Zwischen die Gebäude senkten sich die ersten dunstigen Schatten der Abenddämmerung. Der Himmel nahm eine bleigraue Farbe an. In den Wohnungen und Büros wurden die Lichter eingeschaltet.
»Ich denke, es ist sinnlos, länger zu warten«, stieß Ron Harris genervt hervor. »Warten wir, bis wir Morgen eindeutige Ergebnisse haben und versuchen wir es dann noch einmal. Was wir hier treiben nennt man Zeitverschwendung. Ich habe Hunger und Durst und ich möchte unter die Dusche. Wenn du …«
»Sieh mal!«
Mit diesen beiden scharf ausgestoßenen Worten unterbrach Burke seinen Partner. Ein Buick war vorgefahren. Drei Männer sprangen heraus, schritten eilig zu dem Gebäude, das die beiden G-men beobachteten, und verschwanden im Treppenhaus.
»Der Wagen hat ein Washingtoner Kennzeichen!«, entfuhr es Owen Burke. Es durchfuhr ihn wie ein Stromstoß. »Komm, Ron!«
Sie sprangen aus dem Dodge, hetzten über die Fahrbahn und betraten das Gebäude. »Nimm du den Aufzug!«, rief Burke seinem Gefährten zu und rannte zur Treppe. Immer zwei Stufen auf einmal nehmend stürmte er nach oben, riss sich am Geländer regelrecht um den Treppenabsatz und sprang die nächste Treppe empor. Oben vernahm er Stimmen, dann war ein kurzer, trockener Krach zu hören. Burke konnte das Geräusch sofort identifizieren. Einige Stockwerke über ihm war eine Tür aufgerammt worden.
Mechanisch setzte er einen Fuß vor den anderen. Er war gut durchtrainiert, dennoch merkte er, wie ihm nach und nach die Puste ausging. Er wurde langsamer. Vierte Etage … Keuchend stieg er die nächsten Stufen empor, erreichte den Absatz zwischen vierter und fünfter Etage, atmete einige Male tief durch und machte sich daran, die letzte Treppe zu bezwingen, als oben Schritte erklangen. Und dann stürmten auch schon die drei Kerle die Treppe herunter. Owen Burke griff nach der SIG Sauer, seine Hand umklammerte den Griff, er ließ die Waffe aber noch im Holster stecken. »Stehen …«
Er wollte rufen >stehen bleiben!<, aber das zweite Wort blieb ihm regelrecht im Hals stecken, denn der vorderste der Kerle rammte ihn und er wurde gegen die Wand geschleudert, kämpfte fast verzweifelt um sein Gleichgewicht, sah den zweiten der Männer an sich vorbeirennen und warf sich dem dritten entschlossen und ohne groß nachzudenken in den Weg.
»Zur Seite!«, brüllte der Bursche und versuchte Owen Burke zur Seite zu stoßen, aber der G-men klammerte sich an ihn. Und dann stürzten sie beide die Treppe hinunter. Auf dem Treppenabsatz kamen sie zum Liegen. Die beiden Männer, die schon auf der unteren, gegenläufigen Treppe waren, wirbelten herum.
Burke kam halb hoch, seine Hand zuckte zur SIG und riss sie aus dem Holster. Ziehen und entsichern waren ein blitzschneller, glatter Bewegungsablauf. Die Waffe war feuerbereit. Burke drückte sich endgültig in die Höhe, die SIG Sauer richtete er auf die beiden Kerle, die ein Stück unter ihm unschlüssig auf der Treppe standen. »Hände in die Höhe!«
Aber jetzt warf sich der Bursche, der zusammen mit Owen Burke die Treppe hinuntergestürzt war, gegen die Beine des G-man. In dem Moment kam von oben Ron Harris. Auch er hatte die Waffe in der Hand. Owen Burke stürzte. Die beiden Kerle auf der Treppe warfen sich herum und flohen wie von Furien gehetzt nach unten.
»Kümmere dich um sie!«, brüllte Owen Burke und hämmerte dem Burschen, der ihn zu Fall gebracht hatte, die SIG gegen den Kopf. Ron Harris sprang, ohne langsamer zu werden, über seinen Partner und dessen Gegner hinweg und raste die Treppe hinunter. Das Trampeln der Schritte erfüllte das gesamte Treppenhaus.
Der Hieb mit der SIG hatte den Kerl angeschlagen, aber nicht außer Gefecht gesetzt. Er schlug Burke die Faust gegen das Kinn und kam hoch. Owen Burke verdaute den Haken innerhalb eines Augenblicks und richtete die Dienstwaffe auf den Burschen. »Noch eine falsche Bewegung und es kracht!«, drohte er.
In dem Moment knallte unten ein Schuss.
Owen Burkes Gesicht war wie aus Granit gemeißelt. Seine Lippen waren in der Anspannung zusammengepresst. Sorge um Ron Harris spülte in ihm hoch und er spürte, dass sich sein Herzschlag wieder beschleunigte, nachdem er fast wieder den normalen Rhythmus aufgenommen hatte.
Vor ihm stand der Bursche, geduckt, wie sprungbereit, ein rastloses Flackern in den Augen, die Hände halb erhoben und die Finger wie Klauen gekrümmt.
Wieder krachte unten ein Schuss.
»Umdrehen!«, kommandierte Burke und seine Stimme klang wie zerspringendes Eis. Er unterstrich seine Aufforderung mit einer ungeduldigen Bewegung der Hand, in der wie hineingewachsen die SIG lag.
Zögernd, fast gemächlich kam der Mann seinem Befehl nach. In seinem Gesicht arbeitete es. Dann wandte er Burke den Rücken zu. Der holsterte die SIG, holte Handschellen aus der Jackentasche, ergriff den rechten Arm des Burschen, riss ihn nach hinten, und fesselte ihn ans Treppengeländer. Dann suchte er den Mann nach Waffen ab und fand in seinem Hosenbund unter der Jacke eine Glock. »Sieh an«, knurrte Burke und schob die Waffe auf dem Rücken hinter seinen Hosenbund. Dann nahm er wieder die SIG in die Hand und lief nach unten.
Die beiden Kerle und Ron Harris hatten das Gebäude verlassen. Vorsichtig öffnete Burke die Haustür und äugte nach draußen. Sein Partner kauerte hinter einem Jeep.
»Bist du in Ordnung, Ron?«, fragte Owen Burke.
»Ja.« Harris richtete sich auf und stieß die Pistole ins Holster. »Die beiden sind fort«, knurrte er und wandte sich der Tür zu.
»Wer hat geschossen?«, fragte Burke.