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INHALT 11 „Lauf um dein Leben, Agent Burke!“ 12 Ein tödlicher Deal 13 Die Alternative ist der Tod 14 Der Tod führt Regie 15 Wer mit dem Tod handelt...
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Seitenzahl: 257
Veröffentlichungsjahr: 2019
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Special Agent Owen Burke
Sammelband Nr. 3
(Mit den Folgen 11-15)
Action Krimis
von Pete Hackett
Ein CassiopeiaPress E-Book
© by Author www.Haberl-Peter.de
© 2012 der Digitalausgabe 2012 by AlfredBekker/CassiopeiaPress
www.AlfredBekker.de
1. digitale Auflage 2015 Zeilenwert GmbH
ISBN 9783956174780
INHALT
11 „Lauf um dein Leben, Agent Burke!“
12 Ein tödlicher Deal
13 Die Alternative ist der Tod
14 Der Tod führt Regie
15 Wer mit dem Tod handelt …
Cover
Titel
Impressum
Band 11 – „Lauf um dein Leben, Agent Burke!“
Band 12 – Ein tödlicher Deal
Band 13 – Die Alternative ist der Tod
Band 14 – Der Tod führt Regie
Band 15 – Wer mit dem Tod handelt …
Die Agents Burke und Harris betraten ihr gemeinsames Büro. Sie kamen vom Assistant Director. Owen Burke hielt eine dünne Mappe in der linken Hand. Er warf sie auf seinen Schreibtisch und ließ sich auf seinen Drehstuhl fallen. Auch Ron Harris nahm hinter seinem Schreibtisch Platz. Die Blicke der Agents kreuzten sich. Sie drückten Ratlosigkeit aus. Owen Burke ließ seine Stimme erklingen: »Hast du eine Ahnung, wo wir in diesem Fall ansetzen sollen?«
Ron Harris wiegte den Kopf. »Wir haben kaum etwas. Zwei spurlos verschwundene Männer und eine Leiche, die über achtzig Meilen von New York entfernt nahezu verwest und völlig verstümmelt in der Wildnis aufgefunden wurde. Kein DNA-Material, keine sonstigen Spuren – nichts.«
»Vielleicht sollten wir mal mit dem Sheriff's Office in Sundown Verbindung aufnehmen«, schlug Owen Burke vor. »Möglicherweise gibt es Hinweise, von denen nichts in dieser Akte vermerkt ist.«
»Sicher, versuchen können wir es. Ob es zu etwas führt«, streute Ron Harris seine Zweifel aus, »ist die andere Frage.«
Burke schlug die dünne Akte auf. Gleich auf dem Deckblatt war die Telefonnummer des Büros des County Sheriffs vermerkt. Der Agent schnappte sich den Telefonhörer, hob ihn vor sein Gesicht, tippte die Nummer und wartete. Zweimal tutete das Freizeichen, dann meldete sich eine sonore Stimme: »Deputy Sheriff Matt Carson. Was kann ich für Sie tun?«
Auch Burke stellte sich vor und erklärte dann den Grund seines Anrufs. Nachdem er geendet hatte, erklang wieder die Stimme des Deputy Sheriffs. Er sagte: »Ich weiß Bescheid. Es gibt in der Tat keine Hinweise auf denjenigen, der Will Sullivan derart zugerichtet hat. Der Coroner meint, dass es mehrere Hunde gewesen sein könnten, die den Mann regelrecht zerfleischt haben. Es kommen auch wilde Tiere in Frage. Allerdings war der Verwesungsprozess bei dem Leichnam schon ziemlich weit fortgeschritten. Er war zum Teil skelettiert, so dass der Todeszeitpunkt sowie die Todesursache nicht mehr mit letzter Sicherheit feststellbar sind.«
»Verschwunden ist Sullivan am 15. Juni«, murmelte Owen Burke.
»Ja, vor über drei Monaten. Es ist wohl so, dass er schon bald nach seinem Verschwinden ums Leben kam.«
»Seitdem sind zwei weitere Männer spurlos verschwunden«, murmelte Burke.
»Nicht in unserem Zuständigkeitsbereich, Agent. Ich weiß, bei allen drei –hm, Entführungen soll ein dunkelgrüner Chevy eine Rolle spielen, aber wie ich schon sagte, keiner der entführten Männer hatte einen Wohnsitz im Ulster County.«
»So ist es. Vielen Dank.« Burke verabschiedete sich und legte auf. »Wir fahren nach Sundown!«, erklärte er nach kurzer Überlegung mit Entschiedenheit im Tonfall. »Alles deutet darauf hin, dass John Clark, Steve Wayne und Will Sullivan von ein und demselben Täter entführt wurden. Nun ist Sullivan aufgetaucht – tot, gestorben unter nicht mehr nachvollziehbaren Umständen, möglicherweise von Hunden zerfleischt. Ich will der Sache auf den Grund gehen. Und das können wir nur vor Ort.«
»Ich bin ganz deiner Meinung, Partner«, murmelte Ron Harris. »Allerdings werden wir wohl die Sache nicht an einem Tag abwickeln können. Das heißt, wir brauchen Hotelzimmer in Sundown, und wir müssen ein paar Dinge einpacken, die wir für einen längeren Aufenthalt in den Catskill Mountains benötigen.«
»Die Zimmer wird Amalie für uns buchen«, antwortete Owen Burke. »Um unsere Zahnbürste, den Rasierapparat und ein paar andere Dinge zusammenzupacken haben wir am Abend nach Feierabend Zeit. Ich denke, wir fahren morgen in der Früh los.«
»Wenn uns der Chef grünes Licht gibt«, wandte Harris ein.
»Ich rufe ihn an«, erklärte Owen Burke. »Und du kannst Amalie Bescheid sagen. Sie wird sich diebisch freuen, deine Stimme zu hören.«
Während Owen Burke wie ein Lausbub grinste, machte Ron Harris ein Gesicht, als hätte ihn sein Kollege mit einer Zitrone gefüttert. »Willst du mir tatsächlich den Rest des Tages vermiesen?«, fragte er mit geradezu kläglicher Stimme. »Du weißt genau, wie Mutter Courage auf mich reagiert. Wäre es nicht besser, wenn du …«
Owen Burke grinste breiter. »Das ist Feigheit vor dem Feind, mein Freund. Nun ja, ich will mich deiner erbarmen. Ruf du den Chef an.«
»Du bist so gut zu mir«, knurrte Ron Harris. »Ich könnte weinen vor Rührung.«
»Ha, ha.«
*
Gegen 11 Uhr des darauffolgenden Tages – es war regnerisch und viel zu kalt für die Jahreszeit -, parkte Ron Harris den Dodge Avenger vor dem Sheriff's Office in Sundown. Die Agents stiegen aus und betraten das große Gebäude. Es gab eine Rezeption, die mit zwei Beamten besetzt war. Owen Burke zeigte seinen Dienstausweis, nannte seinen Namen und sagte: »Wir sind mit Deputy Sheriff Matt Carson verabredet. Wo finden wir ihn?«
»Matt hat uns schon instruiert«, erklärte der Uniformierte, an den sich Owen Burke gewandt hatte. »Gehen Sie in die obere Etage, Zimmer zwölf. Sie können auch den Aufzug nehmen.« Der Mann wies mit dem Kinn auf die Edelstahltür in der der Rezeption gegenüberliegenden Wand.
»Sehen wir so unsportlich aus?«, fragte Ron Harris.
Die beiden Agents nahmen die Treppe. Wenig später standen sie vor dem Büro des Deputy Sheriffs. Ron Harris klopfte, die Aufforderung, einzutreten, erklang, Harris klinkte die Tür auf.
Hinter einem Schreibtisch saß ein Mann von ungefähr vierzig Jahren. Seine Haare waren brünett, sein Gesicht war breitflächig und wirkte irgendwie bulldoggenhaft, seine braunen Augen waren fragend auf die Eintretenden gerichtet, und plötzlich spielte ein freundliches Grinsen um seine schmalen Lippen. »Aaah«, machte er, »die beiden Kollegen aus dem Big Apple.« Er erhob sich und streckte Ron Harris, der vor Burke das Büro betreten hatte, die Hand hin.
Nachdem sie sich begrüßt hatten, bot Carson den Agents Sitzplätze an dem kleinen, viereckigen Tisch an der Wand an, bei dem auch zwei Stühle standen. Dann fragte er: »Haben Sie schon Zimmer?«
»Alles erledigt«, erklärte Owen Burke. »Wir wollen keine Zeit verlieren, Deputy. Darum wäre uns viel daran gelegen, wenn Sie uns zu dem Platz führen könnten, an dem die Leiche aufgefunden wurde.«
»Das ist kein Problem. Ich sage nur dem Sheriff Bescheid, dass Sie angekommen sind. Und dann können wir sofort aufbrechen.«
Zehn Minuten später waren sie auf dem Weg. Sie fuhren mit einem Wagen aus dem Fuhrpark des Sheriff's Office. Als sie die Stadt verlassen hatten, nahm sie bewaldetes, hügeliges Land auf. Eine Gegend wie im Bilderbuch. Die Straße, auf der sie fuhren, war schmal. Nur selten kamen ihnen Fahrzeuge entgegen. Irgendwann bog Carson auf einen holprigen Waldweg ab, und nach etwa einer halben Meile bremste er. »Wir sind da«, erklärte er und stellte den Motor ab.
Sie stiegen aus. Carson zeigte den beiden Agents den konkreten Fundort der Leiche. Es war eine Mulde etwa fünfzig Yards von dem Waldweg entfernt. Der Deputy Sheriff sagte: »Wir nehmen nicht an, dass der Tote hierher gebracht und abgelegt wurde. Die Spuren, die wir gefunden haben, lassen nur den Schluss zu, dass er sich mit letzter Kraft hierher geschleppt hat und dann gestorben ist. Ein Spaziergänger, der mit seinem Hund unterwegs war, hat ihn gefunden.«
Owen Burke ging um die Mulde herum, den Blick auf den Boden geheftet, nachdenklich an seiner Unterlippe nagend. Schließlich gesellte er sich wieder zu Carson und Ron Harris und sagte: »Der Coroner hat nicht ausgeschlossen, dass es Hunde waren, die den Mann angefallen und so tödlich verletzt haben. Gab es in den vergangenen Wochen Hinweise auf irgendwelche streunenden Hunde in der Gegend?«
»Nein.« Es klang kategorisch.
»Hat man die Hundebesitzer der Umgebung überprüft?«, hakte Burke nach. »Wenn Sullivan derart schwer verletzt wurde, dass er diesen Verletzungen erlag, dann musste die Attacke der Hunde – vielleicht auch nur eines einzelnen Hundes -, ganz in der Nähe erfolgt sein. Hat man die Umgebung nach derartigen Hinweisen abgesucht?«
Der Deputy verzog den Mund. »Wir haben nichts außer Acht gelassen, Agent«, murmelte er. »Es gibt im Umkreis von zwanzig Meilen einige Farmen. Und fast auf jeder wird ein Hund gehalten. Die Catskill Mountains werden im Übrigen stark von Besuchern – auch aus New York City – frequentiert. Was meinen Sie, wie viele ihre Hunde mitbringen?«
Jetzt ergriff Ron Harris das Wort, indem er sagte: »Sullivan ist tot. Das ist Fakt. Fakt dürfte auch sein, dass er gewaltsam ums Leben kam. Mir erscheint es vor allen Dingen wichtig, herauszufinden, was er in dieser Gegend zu suchen hatte. Er wurde in Yonkers entführt, wenn man es so nennen will. Augenzeugenaussagen zufolge ist er freiwillig in den Chevy gestiegen. Allerdings gibt es seitdem kein Lebenszeichen mehr von ihm. Wir wissen nichts Genaues. Jetzt, nachdem er tot aufgefunden wurde, stellt sich alles wieder in einem anderen Licht dar. - Hat man ihn in den Catskill Mountains ausgesetzt? Wenn ja, warum? Wenn man von Entführung ausgeht – ergibt sie einen Sinn? Kidnapper wollen Geld sehen. Sie erpressen die Angehörigen der Entführten. Sullivan war – abgesehen von einigen entfernten Verwandten - allein stehend. Er hielt sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser. Aus welchem Grund also hat man ihn gegebenenfalls entführt? Wie gelangte er in die Catskill Mountains? Wie und unter welchen Umständen kam er zu Tode?«
»Ich muss Ihnen die Antwort auf Ihre Fragen schuldig bleiben«, erklärte der Deputy Sheriff achselzuckend.
»Ist der Leichnam schon freigegeben worden?«, fragte Owen Burke.
»Er befindet sich noch in der Gerichtsmedizin«, versetzte Carson. Der Deputy zuckte ein weiteres Mal mit den Schultern. »Ich sagte es Ihnen bereits: Der Leichnam gibt nichts her. Aufgrund der Spuren an den Knochen und an dem wenigen Fleisch, das noch nicht so stark verwest war, ist der Coroner zu der Erkenntnis gelangt, dass Hunde oder andere Tiere am Werk waren.« Carson hatte mit Nachdruck gesprochen.
»Ich werde dennoch veranlassen, dass die Leiche in die Gerichtsmedizin in New York City überführt und dort noch einmal untersucht wird.«
»Das wird Dr. Snyder nicht besonders erfreuen«, knurrte Carson. »Sie zweifeln seine Kompetenz an, wenn Sie einen zweiten forensischen Gutachter einschalten.«
»Es muss irgendwelche Spuren geben«, stieß Burke hervor. »Können wir eine Aufstellung bekommen, die sämtliche Farmen der Umgebung beinhaltet, auf der ein Hund oder mehrere Hunde gehalten werden?«
»Wollen Sie die alle abklappern?«
»Wenn es sein muss – ja.«
»Da haben Sie sich ganz schön was vorgenommen«, gab Matt Carson mit einem starren Grinsen um die Lippen zu verstehen.
*
Am nächsten Tag, es war kurz vor 8 Uhr, fuhren Owen Burke und Ron Harris zu der Farm, die zuoberst auf der Liste stand, die ihnen am Vorabend noch Matt Carson überlassen hatte. Der Name des Besitzers war Moss Slater. Das Anwesen war über zehn Meilen von Sundown entfernt und lag mitten in der Bergwildnis.
Als die Agents in Sundown wegfuhren, regnete es. Als sie auf der Farm ankamen, hatte es aufgehört. Aber die Wolken hingen tief und ließen keinen Sonnenstrahl durch. Es war nasskalt. Der Boden des Farmhofes war aufgeweicht. Große Pfützen hatten sich gebildet. Die beiden Agents stiegen aus und schauten sich um. Das Farmhaus verfügte über eine große, überdachte Veranda. Es gab einige Schuppen, einen großen Stall und eine Scheune, zwei verwaiste Corrals und eine Doppelgarage. An diese war ein Zwinger angebaut, in dem ein großer Schäferhund eingeschlossen war. Er stand am Gitter und beobachtete die beiden Agents.
Eine dunkle Stimme erklang: »Ausgesprochen selten, dass sich jemand hierher verirrt. Aber Jenny und ich freuen uns über jeden Besuch. Mein Name ist Moss Slater. Mir gehört das alles. Wer sind Sie? Und was führt Sie auf die Slater-Farm?«
Burke und Harris hatten sich dem Sprecher zugewandt. Er stand auf der Veranda, seine Hände lagen auf dem Querbalken des Geländers, an dem Blumenkästen mit verschiedenfarbigen Geranien befestigt waren. Slater mochte etwa fünfzig Jahre alt sein. Er war groß und schwergewichtig, trug derbe Kleidung und zeigte ein freundliches, offenes Grinsen.
»Guten Tag, Mr. Slater«, grüßte Owen Burke und setzte sich in Bewegung. Seine Schuhe versanken fast einen Zoll tief im Morast. »Mein Name ist Burke, ich bin Special Agent beim FBI New York. Das ist mein Kollege Harris …«
»Sie kommen wegen des Toten, der im Wald gelegen hat, nicht wahr?«
»Richtig. Wir betreiben die Ermittlungen in dieser Sache, weil der Mann vor über drei Monaten möglicherweise einer Entführung zum Opfer gefallen war. Bei Kidnapping ist das FBI gefordert.«
»Wieso kommen Sie zu mir?«
»Wir besuchen alle Hundebesitzer in der Umgebung«, erklärte Owen Burke, indes er langsam zur Veranda ging. Sein Partner folgte ihm. Unter ihren Schritten schmatzte der Morast. Der Schäferhund im Zwinger verhielt sich ruhig. Unterhalb der Veranda hielten die Agents an. »Es ist nicht auszuschließen, dass ein Hund den Mann getötet hat, möglicherweise waren es auch mehrere Hunde.«
Moss Slater lachte fast belustigt auf. »Mein Hund ist an seinem Ableben ganz sicher nicht schuld«, erklärte er dann. »Max – so heißt der Bursche dort im Zwinger -, ist absolut harmlos. Gegen ihn ist ein Schaf eine reißende Bestie.«
»Hunde sind unberechenbar«, mischte sich Ron Harris ein. »Kommt es vor, dass Max ab und an mal alleine durch die Gegend streift?«
»Nein. Wenn er die Farm verlässt, dann nur in meiner Begleitung.« Slater hob wie bedauernd die Hände, ließ sie wieder sinken und sagte: »Sie haben den Weg zu mir umsonst gemacht.«
Owen Burke drehte den Kopf und schaute den Schäferhund an. Plötzlich setzte er sich in Bewegung und stapfte zu dem Zwinger hin. Das Tier fing an, mit dem Schweif zu wedeln. Owen Burke streckte die Hand durch den Maschendrahtzaun, mit dem der Zwinger auf zwei Seiten bespannt war. Max fiepte leise, kam näher, beschnupperte die Hand und leckte dann darüber hinweg. Burke strich dem Tier über den Kopf und kehrte dann an die Seite seines Kollegen Harris zurück. »Max scheint in der Tat ein ausgesprochen harmloses Tier zu sein, Mr. Slater.«
Owen Burke holte das Blatt Papier aus der Innentasche seiner Jacke, auf dem der Deputy Sheriff die Farmen der Umgebung aufgelistet hatte, deren Besitzer einen Hund oder mehrere Hunde besaßen.
»Ihr nächster Nachbar heißt Tom Brady«, sagte Burke nach einem Blick auf das Papier. »Kennen Sie seinen Hund?«
»Tom Brady besitzt zwei Dobermänner«, antwortete Slater. »Denen möchte ich allerdings nicht unbedingt alleine auf freier Flur begegnen.«
»Aha.« Nach einem zweiten Blick auf die Liste sagte Burke: »Und was können Sie uns über Buck Sloanes Hund sagen?«
»Buck Sloane hat einen Australian Cattle Dog, und der ist auch nicht ohne. Ob er Menschen anfallen würde, weiß ich nicht. Fremde Rüden sind vor ihm nicht sicher.«
»Was ist mit den beiden Dobermännern?«, fragte Burke. »Gibt es einen Grund, Ihnen besser nicht zu begegnen?«
»Die beiden gebärden sich wie verrückt, wenn man nur in die Nähe der Farm kommt. Tom Brady gehorchen diese Biester aufs Wort. Er ist aber auch der einzige.«
»Wo finden wir Bradys Farm?«
Moss Slater beschrieb den beiden Agents den Weg. Zum Abschied sagte er: »Brady ist ein verdammt reicher Bursche. Ihm gehören an die zweihundert Acres Land. Bei Brady verkehren eine Reihe angesehener Männer. Sheriff Robert Murphy zum Beispiel, Doc McLeary, der Chefarzt der chirurgischen Abteilung des Krankenhauses in Sundown, und Alfred Daniels, der Bankdirektor. Ich habe kaum etwas mit Brady zu tun, obwohl wir Nachbarn sind.«
»Vielen Dank, Mr. Slater«, bedankte sich Burke.
Als sie wieder im Dodge saßen, schimpfte Ron Harris: »Schau dir diesen Dreck an. Meine Schuhe haben fünfundsiebzig Dollar gekostet. Die kann ich wegwerfen. Und die Fußmatten gleich mit dazu.«
»Sieh an, fünfundsiebzig Dollar«, kam es spöttisch von Burke. »Von Gucci sind die aber nicht.«
»Dafür zahlt mir der Staat zu wenig Sold«, maulte Harris. »Aber wenn ich mir deine Treter so ansehe …«
»Jetzt weine bloß nicht wegen dieser ausgetretenen Pantinen. Lass dir zum Geburtstag ein paar neue schenken.«
»Ich werde ein Rundschreiben an meine Verwandtschaft schicken. Vielleicht erbarmt sicher einer. - Doch Spaß beiseite, Partner. Was hältst du von Slater?«
»Der ist mindestens ebenso harmlos wie sein Hund«, versetzte Burke. »Aber ich bin gespannt auf Tom Brady und seine beiden Dobermänner.«
Von nun an schwiegen die beiden Agents. Harris fand den Weg, der von der Straße abzweigte und an dessen Ende die Brady Farm liegen sollte. Er war geschottert und der Schotter war von den Fahrzeugen, die in der Vergangenheit diesen Weg befahren hatten, verdichtet wie Beton. Zu beiden Seiten schwangen sich bewaldete Abhänge nach oben. An den Waldrändern wuchs dichtes Unterholz.
*
Nach über einer halben Stunde sahen sie die Farm vor sich. Am Rand des geteerten Hofes hielt Harris den Dodge an. Das Farmhaus glich einer Villa und verfügte über ein Stockwerk. Es gab eine Außentreppe, die auf das Dach der großen Veranda führte, das als Balkon diente und von einem kunstvoll geschnitzten Geländer eingefasst wurde. Auch hier gab es Stallungen, Scheunen, Schuppen, eine große Garage mit vier Toren und zwei Corrals, in denen sich einige Pferde tummelten.
Keinem der Agents entging der große Zwinger mit den beiden schwarzen, schlanken Hunden. Sie starrten durch das Drahtgeflecht, mit dem der Zwinger gesichert war, zu dem Dodge her. Und als die Agents ausstiegen, begannen sie wie verrückt zu bellen, stiegen an dem Drahtgeflechtzaun in die Höhe, rannten in dem Zwinger hin und her, fletschten die Zähne und knurrten drohend, um im nächsten Moment wieder wie von Sinnen und voll Aggression zu bellen.
»Gut, dass diese Biester hinter Gittern sind!«, rief Ron Harris und hatte Mühe, mit seiner Stimme den Lärm zu übertönen, den die Hunde verursachten.
Jetzt kam ein Mann aus dem feudalen Wohnhaus, überquerte die Veranda und blieb am Geländer stehen. »Romulus, Remus, aus!« Der Befehl kam scharf, und die beiden Dobermänner schwiegen augenblicklich. Nur noch ihr gefährliches Knurren war zu vernehmen. Der Bursche auf der Veranda richtete den Blick auf die Agents.
Owen Burke und Ron Harris schritten auf ihn zu. Als sie unterhalb der Veranda anhielten, stieß Burke hervor: »Sie haben die beiden Burschen ja gut im Griff, Mister.«
Unfreundlich musterte sie der Mann. Seine Brauen hatten sich zusammengeschoben. Über seiner Nasenwurzel standen zwei senkrechte Falten. Burke schätzte ihn auf fünfzig. Er war mittelgroß und untersetzt. »Was suchen Sie hier? Haben Sie an der Grenze meines Besitzes nicht das Schild gesehen, das darauf hinweist, dass Ungefugte auf meinem Land nichts verloren haben?«
»Vielleicht haben wir das Schild gesehen«, versetzte Ron Harris kühl. »Es hat uns allerdings nicht interessiert.« Er griff in die Jackentasche, holte das Etui mit dem Dienstausweis und der Dienstmarke heraus, klappte es auf, hielt es in die Höhe und zeigte dem Mann die Dienstmarke mit dem Adler, der das Wappen krönt. Harris sagte mit klarer, präziser Stimme: »FBI New York, ich bin Special Agent Harris. Das ist mein Partner Special Agent Burke. Es hat in der Nähe einen Leichenfund gegeben. Deshalb sind wir hier.«
Das Gesicht des Mannes auf der Veranda verschloss sich noch mehr. »Mein Name ist Brady – Tom Brady. Ich habe von dem Toten gehört. Der Wald, in dem er gefunden wurde, gehört zu meinem Besitz.«
»Einiges deutet darauf hin, dass er von einem Hund totgebissen worden ist.«
Brady schürzte die Lippen. »Mag sein. Denken Sie etwa, dass Romulus und Remus …?«
Brady brach ab.
Jetzt ergriff Owen Burke das Wort: »Wir untersuchen den Tod des Mannes. Er wurde am 15. Juni in Yonkers entführt. Danach verschwanden zwei weitere Männer spurlos und vieles deutet darauf hin, dass auch sie entführt wurden, und zwar von denselben Leuten, die auch Sullivan kidnappten.«
»Richtig! Sullivan ist der Name des Toten. Es gab eine Untersuchung. Sheriff Murphy hat mit mir gesprochen. Der Mann lag schon mehrere Wochen tot im Wald. Ich habe mit seinem Tod nichts zu tun.«
»Romulus und Remus sind ziemlich aggressiv«, bemerkte Ron Harris.
Brady verzog den Mund. »Sie mögen keine Fremden. Fremde haben auf meinem Besitz auch nichts zu suchen. Aber das sagte ich bereits. Sonst noch etwas?«
»Kommen die Dobermänner hin und wieder raus aus dem Zwinger?«, fragte Owen Burke.
»Natürlich. Die beiden brauchen Auslauf. Und ich habe eine Menge Zeit.«
»Bewirtschaften Sie die Farm nicht?«
»Doch.« Brady zeigte ein arrogantes Lächeln. »Aber dafür habe ich meine Leute.«
»Leben Ihre Beschäftigten auf der Farm?«
»Nein. Hier lebe nur ich mit meiner Lebensgefährtin. Wenn ich Menschen um mich haben wollte, hätte ich in der Stadt bleiben können.«
»Sind die Hunde auch mal allein in der Umgebung unterwegs?«
»Nein. Versuchen Sie mir oder den beiden nichts in die Schuhe zu schieben. Dass der Mann auf meinem Grund und Boden ums Leben kam war Zufall. Ich weiß von nichts. Und nun …«
»Wir gehen schon«, unterbrach ihn Owen Burke. Dieser Brady war ihm nicht gerade sympathisch. Spöttisch fügte er hinzu: »Sie waren sehr freundlich, Mr. Brady.«
Bradys Züge verkniffen sich. In seine Augen trat ein böses Glitzern. In seinem Gesicht arbeitete es, als er den beiden Agents hinterher starrte, die zu dem Dodge marschierten. Gleich darauf fuhren sie davon.
»Tom Brady gefällt mir nicht«, murmelte Ron Harris, als sie die Farm hinter sich gelassen hatten und auf dem Weg zu Buck Sloanes Anwesen waren. »Ein ausgesprochen unfreundlicher Zeitgenosse. Und was die beiden Dobermänner anbetrifft, so muss ich Slater zustimmen: den beiden möchte ich auch nicht alleine begegnen.«
»Sie gehorchen Brady aufs Wort«, murmelte Owen Burke gedankenvoll. »Daher gehe ich davon aus, dass sie dressiert sind. Dass sie auf Fremde derart aggressiv reagieren, dürfte ebenfalls anerzogen sein.«
»Davon gehe ich aus«, knurrte Ron Harris.
»Als Brady sagte, dass wir nicht versuchen sollen, ihm und seinen Hunden etwas in die Schuhe zu schieben, war das eine Warnung. Und er betonte ziemlich nachdrücklich, dass er mit Sullivans Tod nichts zu tun habe. Zu nachdrücklich, finde ich.«
»Er ist ein Kotzbrocken«, stieß Harris hervor und brachte auf einen Nenner, was er von Brady hielt.
»Fakt ist, dass Sullivan tot auf seinem Land gefunden wurde, und dass der Leichnam Bisswunden aufwies. Brady hat sicher überall an den Grenzen seines Besitzes Schilder aufgestellt, die Unbefugten das Betreten seines Landes verbieten. Daher denke ich, dass sich kaum jemand auf seinen Grund und Boden begibt. Ich bin der Meinung, dass es nicht von der Hand zu weisen ist, dass die beiden Dobermänner für Sullivans Tod verantwortlich sind. Ich traue Brady zu, dass er Romulus und Remus auf Sullivan hetzte, als sich dieser widerrechtlich auf seinem Farmland herumtrieb.«
»Damit wären wir wieder bei der Frage angelangt, wie Sullivan hierher gekommen ist. Jemand hat ihn in einen dunkelgrünen Chevy steigen sehen. Das war von ihm das letzte Lebenszeichen. Was hatte er hier in den Catskill Mountains zu suchen?«
»Wenn wir auf diese Frage eine Antwort finden«, murmelte Owen Burke, »dann lösen wir vielleicht auch das Rätsel, das seinen Tod umgibt. – Ich denke, wir sollten Bradys Farm einige Zeit beobachten. Vielleicht liefert uns Brady Hinweise, die uns weiterbringen. Was meinst du?«
»Klappern wir erst einmal die Farmen ab, die uns Carson aufgeschrieben hat.«
Owen Burkes Gedanken konnten sich nicht mehr von Tom Brady und den beiden Dobermännern lösen. Romulus und Remus waren ausgesprochen aggressiv und gefährlich. Brady war ein unduldsamer, autoritärer Bursche, der vor Arroganz strotzte, und dem Burke es zutraute, dass er seine Hunde auf jeden hetzte, der sich unbefugterweise auf seinem Grundbesitz herumtrieb.
*
Am späten Nachmittag des nächsten Tages hatten sie die Liste mit den Farmen abgearbeitet. Sie befanden sich bei Deputy Sheriff Matt Carson im Sheriff's Office. Carson zeigte ein angedeutetes Lächeln. »Haben Sie etwas herausgefunden? War meine Liste hilfreich?«
»Wir haben zehn Farmer und ihre Hunde kennen gelernt«, antwortete Owen Burke. »Mehr oder weniger freundliche Männer, mehr oder weniger friedfertige Hunde. Ganz besonders auffällig war Tom Brady mit seinen Dobermännern. Seine Nachbarn haben keinen Kontakt zu ihm. Brady zeigte sich uns gegenüber ziemlich überheblich. Die beiden Hunde stufe ich als ganz besonders aggressiv und gefährlich ein.«
»Brady ist ein reicher Mann«, erklärte der Deputy. »Er lebte bis vor drei Jahren in New Jersey. Dort besaß er ein Logistikunternehmen. Er hat es verkauft und sich hier, in den Catskill Mountains niedergelassen. Brady hat sich einen Bekanntenkreis aufgebaut. Leute wie der Sheriff und noch ein paar prominente Bürger der Stadt gehören dazu. Er veranstaltet Jagdgesellschaften und diejenigen, die daran teilnehmen, sind gewissermaßen handverlesen.«
»Tatsache ist«, gab Ron Harris zu verstehen, »dass Brady keine Fremden auf seinem Grund und Boden duldet, dass er über zwei ausgesprochen aggressive Hunde verfügt, dass Will Sullivans Leiche auf seinem Besitz gefunden wurde und dass Sullivan möglicherweise von einem Hund oder mehreren Hunden so sehr verletzt wurde, dass er starb.«
»Und an oberster Stelle Ihrer Liste der Verdächtigen steht Tom Brady, wie?«, fragte der Deputy.
»Wir werden uns näher mit ihm befassen«, erklärte Harris.
»Das wird Sheriff Murphy nicht so sehr gefallen«, murmelte Carson. »Er gehört zu Tom Bradys engstem Freundeskreis.«
»Ja, das ist bekannt«, knurrte Owen Burke. »Allerdings werden wir darauf kaum Rücksicht nehmen können.«
Burke und Harris begaben sich ins Hotel, zogen sich um, trugen nun bequeme Freizeitkleidung, und fuhren wenig später, als die Sonne im Untergehen begriffen war, wieder aus der Stadt. Ihr Ziel war Tom Brady Farm. Etwa eine halbe Meile von der Farm entfernt stieg Ron Harris aus und Owen Burke setzte sich ans Steuer. »Wir bleiben über die Handys miteinander in Verbindung«, sagte Owen Burke. »Und um Mitternacht löse ich dich ab. Halt die Ohren steif, Partner.«
»Mach ich. Bis in fünf Stunden also.«
Ron Harris lief in den Wald hinein. Owen Burke schaute ihm hinterher, bis er zwischen den Stämmen nicht mehr zu sehen war. Dann wendete er und kehrte nach Sundown zurück. Im Hotel begab er sich sogleich auf sein Zimmer, zog Schuhe und Jacke aus, legte sein Mobiltelefon auf den Nachttisch, und machte es sich dann auf dem Bett bequem. Es war in der Zwischenzeit dunkel geworden. Burke verschränkte die Hände hinter dem Kopf und schloss die Augen.
Um 9 Uhr läutete sein Handy. Der Agent wurde aus dem Halbschlaf gerissen, schnappte sich das Telefon und stellte eine Verbindung her. »Alles in Ordnung, Partner?«
»Brady ist zu Hause. Er hat Besuch. Ein Mercury und ein Jeep stehen vor dem Haus. Ich hab mir die Zulassungsnummern notiert. Ansonsten gibt es keine besonderen Vorkommnisse. Die beiden Dobermänner verhalten sich ruhig. Und es ist saumäßig kalt. Ich denke, die Temperatur wird bis Mitternacht bis auf den Gefrierpunkt herabsinken.«
»Mach dir warme Gedanken«, riet Burke.
»Die mache ich mir, wenn ich im Bett liege und du hier unter den Büschen hockst«, kam es bissig zurück.
»War nicht so gemeint. Bis in einer Stunde also.«
»Roger.«
Burke unterbrach die Verbindung und legte das Mobiltelefon wieder auf den Nachttisch. Sie hatten vereinbart, stündlich miteinander telefonisch Kontakt aufzunehmen. Burke döste wieder ein. Irgendwann schrak er hoch. Es dauerte einen Augenblick, bis er klar denken konnte. Er musste tief geschlafen haben. Der Agent knipste das Licht an und schaute auf seine Armbanduhr. Es war 20 Minuten nach 11 Uhr. Hatte er so fest geschlafen, dass er das Läuten des Telefons nicht vernommen hatte? Er nahm das Handy und klickte die Liste der unbeantworteten Anrufe her. Ron Harris hatte weder um 10 Uhr, noch um 11 Uhr angerufen. Jäh stellte sich bei Owen Burke die Sorge um den Partner ein. Er holte die Handynummer seines Kollegen auf das Display und rief ihn an. Sogleich stellte er fest, dass Rons Handy ausgeschaltet war.
Seit über zwei Stunden gab es kein Lebenszeichen von Ron Harris. Fragen, auf die er keine Antwort fand, stürmten auf Owen Burke ein. Er stand auf, zog seine Schuhe an und schlüpfte in seine Jacke. Dann verließ er das Hotel. Wenige Minuten später fuhr er in Richtung Brady Farm. Dort, wo er Ron Harris aussteigen ließ, stellte er den Dodge ab und ging zu Fuß weiter. Zehn Minuten später sah er die Farm im Mond- und Sternenlicht vor sich liegen. Nicht ein einziges Fenster war erleuchtet. Das leise Säuseln des Nachtwindes erfüllte die Finsternis. Monotones Rauschen lag in der Luft. Owen Burke befand sich am Waldrand. Hinter ihm, unter dem dichten Dach aus Baumkronen, war es finster wie ein einem Mausloch. Burke beschloss, die Farm einmal zu umrunden. In ihm war eine tiefe, nagende Besorgnis. Ihm war klar, dass Ron Harris zum vereinbarten Zeitpunkt angerufen hätte, wenn er nicht verhindert gewesen wäre.
Im Schutz der Finsternis unter den Bäumen pirschte Owen Burke um die Gebäude herum. Auf dem weichen Waldboden konnte er sich lautlos bewegen. Nur hin und wieder knackte ein dürrer Ast unter seinen Füßen, aber diese Geräusche versanken schon nach wenigen Schritten in der Stille.
Burke hatte die Gebäude einmal umrundet. Er lief zu einem Schuppen, huschte an der Wand entlang, erreichte die Ecke zur Vorderseite und ließ seinen Blick über den Farmhof gleiten. Drei Autos parkten vor dem Wohnhaus. In dem Zwinger war es still. Die Dobermänner schienen zu schlafen. Burke schickte ein Stoßgebet zum Himmel, dass sie ihn nicht bemerkten.
Er konnte nichts Verdächtiges feststellen. Geduckt lief er zu den parkenden Fahrzeugen hin. Da waren der Jeep und der Mercury, von dem Ron Harris gesprochen hatte, als er um 9 Uhr angerufen hatte. Des Weiteren war ein schwerer Bentley Mulsanne hinzugekommen.
Im unwirklichen Licht versuchte Burke das Kennzeichen des Bentley zu entziffern. Er zückte sein Notizbuch und einen Kugelschreiber, um es zu notieren. In diesem Moment rief in der Finsternis zwischen zwei Schuppen eine klirrende Stimme: »Keine falsche Bewegung, Mister! Ich hab dich vor dem Lauf. Wenn ich den Finger krümme, wird dich eine Ladung grobes Blei in Hackfleisch verwandeln!«
Owen Burke war erstarrt. Er drehte den Kopf, sein Blick bohrte sich in die Finsternis, aus der die Stimme geklungen hatte. Sie war dicht und mit den Augen nicht zu durchdringen. Hinter dem G-man war ein leises Geräusch zu vernehmen. Die Alarmglocken in ihm begannen zu läuten. Er wollte sich herumwerfen – da traf ihn ein furchtbarer Schlag am Kopf. Vor seinen Augen schien die Welt zu explodieren. Er spürte noch, wie seine Beine nachgaben. Den Aufprall am Boden nahm er schon nicht mehr wahr. Er schien in einer nicht enden wollenden Schwärze zu versinken.
*
Owen Burke kam zu sich. Finsternis hüllte ihn ein. Absolute Stille umgab ihn. In seinem Kopf hämmerte dumpfer Schmerz. In seinen Ohren rauschte das Blut. Er lag auf hartem Betonboden. Kälte kroch durch seine Kleidung. Vorsichtig richtete er den Oberkörper auf. Stechender Schmerz durchfuhr ihn und die Benommenheit kam wie eine graue, alles verschlingende Flut.
Der G-man überwand dieses Gefühl. Sein Verstand begann zu arbeiten. Er stellte fest, dass man ihm die Pistole, das Handy und die Brieftasche, die Autoschlüssel sowie das Etui mit dem Dienstausweis und der Dienstmarke abgenommen hatte. Beim Gedanken an seinen Freund und Partner Ron Harris durchzuckte ihn elektrisierender Schreck. Was war mit Ron geschehen? Befand er sich vielleicht sogar mit ihm im selben Raum?
»Ron!« Burkes Stimme klang misstönend und mitgenommen.
Der Agent erhielt keine Antwort.
Er kämpfte sich auf die Beine. Schwindelgefühl befiel ihn, um ihn herum schien sich alles zu drehen, eine neue Welle der Benommenheit vernebelte sein Denken, er taumelte gegen eine Wand und stöhnte.