5 Fälle für Agent Burke - Sammelband Nr. 4 (FBI Special Agent) - Pete Hackett - E-Book

5 Fälle für Agent Burke - Sammelband Nr. 4 (FBI Special Agent) E-Book

Pete Hackett

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Beschreibung

Fünf Fälle für Agent Burke – Sammelband 4 (Special Agent Owen Burke Folge 16-20) Action Krimis von Pete Hackett Ein CassiopeiaPress E-Book INHALT 16 Der Moloch von der Eastside 17 Abgezockt 18 Die Tote und der Stadtverordnete 19 Der Pate ist tot – es lebe der Pate 20 Satan war ihr Gott

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Seitenzahl: 257

Veröffentlichungsjahr: 2019

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Special Agent Owen Burke

Sammelband Nr. 4

(enthält Band 16-20)

Action Krimis

von Pete Hackett

Ein CassiopeiaPress E-Book

© by Author www.Haberl-Peter.de

© 2012 der Digitalausgabe 2012 by AlfredBekker/CassiopeiaPress

www.AlfredBekker.de

1. digitale Auflage 2015 Zeilenwert GmbH

ISBN 9783956174797

INHALT

16 Der Moloch von der Eastside

17 Abgezockt

18 Die Tote und der Stadtverordnete

19 Der Pate ist tot – es lebe der Pate

20 Satan war ihr Gott

Inhalt

Cover

Titel

Impressum

Band 16 – Der Moloch von der Eastside

Band 17 – Abgezockt

Band 18 – Die Tote und der Stadtverordnete

Band 19 – Der Pate ist tot – es lebe der Pate

Band 20 – Satan war ihr Gott

Band 16 Der Moloch von der Eastside

Herb Matthew hatte die Kugel mitten ins Herz bekommen. Verbrennungs- und Schmauchspuren an seinem Hemd verrieten, dass der Schuss aus allernächster Nähe abgegeben worden war. Der Leichnam lag in seiner Wohnung, die sich in einem der großen Mietshäuser in Stuyvesant Town befand.

Die beiden Special Agents Owen Burke und Ron Harris waren vor zwei Minuten angekommen. Man hatte sie informiert, weil in der Wohnung des Toten Heroin und Kokain gefunden wurde. Wenn Drogen im Spiel waren, war das FBI zuständig. Die Beamten von der Spurensicherung waren bei der Arbeit. Überall im Wohnzimmer standen kleine Schilder mit Nummern, mit denen verschiedenen Spuren und Beweismittel gekennzeichnet wurden. Neben dem Coroner und dessen Gehilfen war auch ein Vertreter der Staatsanwaltschaft anwesend.

»Dem ersten Augenschein nach dürfte der Tod vor etwa zwölf Stunden eingetreten sein«, gab der Coroner zu verstehen.

Owen Burke schaute auf die Uhr. »Also gestern Abend gegen 9 Uhr«, murmelte er und wandte sich an den Leiter des Teams von der SRD. »Gibt es irgendwelche Hinweise, dass jemand mit Gewalt in die Wohnung eingedrungen ist?«

Der Beamte schüttelte den Kopf. »Nein. Matthew muss seinen Mörder in die Wohnung gelassen haben.« Der Kollege von der Spurensicherung zuckte mit den Schultern. »Nun, wir haben eine ganze Reihe von Fingerabdrücken sichergestellt. Wenn wir Glück haben …«

Der Mann verstummte viel sagend.

Der Vertreter der Staatsanwaltschaft mischte sich ein, indem er sagte: »Herb Matthew ist sechsundzwanzig Jahre alt. Vor vier Jahren wurde er wegen vorsätzlicher Körperverletzung verurteilt, vor zwei Jahren wegen eines Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz. Er wurde vor vier Wochen aus der Haft entlassen. Seine Eltern, Carl und Moira Matthew, wohnen in Queens.«

»Konnte die Kugel sichergestellt werden?«, fragte Ron Harris.

»Ja. Sie hat den Körper durchschlagen und steckte in der Wand«, antwortete der Teamleiter von der SRD und fügte sogleich hinzu: »Die ballistische Auswertung liegt sicherlich bis heute Nachmittag vor. Ebenso die Auswertung der Prints. Eventuelle DNA-Analysen dauern allerdings länger.«

»Schon klar«, murmelte Owen Burke und heftete den Blick auf den Vertreter von der Staatsanwaltschaft. »Haben Sie die genaue Anschrift der Eltern von Matthew?«

»78th Street Nummer 144. Ich habe Mr. Matthew telefonisch in Kenntnis gesetzt.«

»Wie reagierte er?«

»Es war, als hätte er erwartet, dass sein Sohn irgendwann mal auf derart schreckliche Art und Weise endet«, murmelte der Mann von der Staatsanwaltschaft.

Burke und Harris verließen die Wohnung. Es gab auf dieser Etage eine Reihe weiterer Apartments. Burke läutete an der Tür der Nachbarwohnung. Eine junge Frau öffnete. Verstört blickte sie den Agent an. Burke stellte sich vor und zeigte der jungen Lady seine Dienstmarke, dann sagte er: »Es ist Ihnen sicher nicht entgangen, Ma'am, dass …«

»Ich – ich kann Ihnen nichts sagen!«, stieß die junge Frau gehetzt hervor. »Matthew ist vor ungefähr drei Wochen hier eingezogen, ich habe lediglich einmal kurz mit ihm gesprochen, aber …«

»Nur eine Frage, Ma'am«, unterbrach Owen Burke ihren Redefluss. »Können Sie mir sagen, ob Herb Matthew gestern Abend Besuch hatte?«

»Nein«, murmelte die junge Frau. »Kann ich nicht. Mein kleiner Sohn und ich haben gestern Abend gegen 19.30 Uhr die Wohnung verlassen, weil ich bei meinen Eltern eingeladen war. Nach Mitternacht, als ich nach Hause kam, war in Matthews Wohnung nichts zu hören.«

»Sind Sie verheiratet?«

»Ja. Mein Mann ist um 19.30 Uhr zur Arbeit gefahren. Er ist im Gastronomiebereich tätig.«

»Ist Matthew einer Arbeit nachgegangen?«

»Ich glaube nicht«, erklärte die junge Frau. »Meistens verließ er erst am Abend seine Wohnung. Vielleicht arbeitete er nachts. Ich weiß es nicht.«

»Kannten Sie Matthew, bevor er hier einzog?«

Die Frau schüttelte den Kopf. »Nein. Mir erzählte er, dass er früher in Queens bei seinen Eltern lebte.«

»Dann hat ihn vermutlich Ihr Mann auch nicht näher gekannt«, konstatierte Owen Burke.

Die Frau bestätigte es. Owen Burkes Frage, ob Matthew in den zurückliegenden Wochen, in denen er hier wohnte, hin und wieder oder auch des Öfteren Besuch erhielt, konnte sie nicht beantworten. Sie erklärte, dass sie mit ihren Nachbarn kaum Kontakt pflege und sich nicht sonderlich für sie interessiere. Das galt auch für Herb Matthew.

»Würden Sie mir noch Ihren Namen nennen, Ma'am?«, fragte Burke.

»Hughes – Rachel Hughes.«

Obwohl die junge Lady versuchte, gleichmütig zu klingen und Ruhe zu verströmen, entging dem Agent nicht ihre Nervosität.

Als er und sein Kollege Ron Harris im Dodge Avenger saßen, um nach Queens zu den Eltern des Ermordeten zu fahren, verlieh er dem auch Ausdruck. »Rachel Hughes war ausgesprochen nervös«, knurrte er. »Lag es daran, weil es auf dem Flur, auf dem sie wohnt, nur so von Polizei wimmelte, oder war der Grund ein anderer?«

»Das kann ich dir auch nicht sagen«, versetzte Ron Harris, der den Dodge lenkte und sich auf den Verkehr konzentrierte. Das war notwendig, denn Manhattan glich wieder einmal einem verkehrsmäßigen Tollhaus. Jede Unachtsamkeit konnte ins Auge gehen. Und jeder noch so kleine Unfall bedeutete für die Agents Zeitverlust, den sie sich nicht leisten wollten.

*

Carl Matthew war ein Mann von vierundfünfzig Jahren. Er besaß eine Halbglatze und er hatte sich seit mindestens drei Tagen nicht mehr rasiert. Bekleidet war er mit einer ausgewaschenen Jeans und einem weißen Reklame-T-Shirt, auf das der Name eines Football-Vereins gedruckt war: New York Giants!

In der Wohnung roch es nach Zigarettenrauch und kochenden Kartoffeln. Matthew bat die Agents ins Wohnzimmer und forderte sie auf, sich zu setzen. Auf dem Tisch stand ein Aschenbecher voller Kippen, da stand aber auch eine geöffnete Dose Budweiser.

Als die Agents saßen, betrat auch Mrs. Matthew den Raum. Sie war um die fünfzig, grauhaarig, unter eins sechzig groß, besaß ein fleischiges Gesicht und es hatte den Anschein, als säße der Kopf halslos auf den Schultern. Den Agents blieb der herbe Zug, der sich um ihren Mund festgesetzt hatte, nicht verborgen. Und Burke sagte sich, dass das Leben dieser Frau wohl alles andere als ein Zuckerschlecken war. Er stellte sich und seinen Partner vor. Mrs. Matthew ließ sich nieder. »Irgendwann hat es mal so kommen müssen mit Herb«, gab sie zu verstehen. »Nachdem er aus dem Gefängnis entlassen worden war, bekniete ich ihn, dass er bei uns wohnt, sich eine Arbeit sucht, und dass er vor allem die Finger von den Leuten lässt, mit denen er schon vor seiner Inhaftierung ständig verkehrte. Das waren Gangster. Sein Umgang brachte ihn ins Gefängnis.« Die Frau schlug die Hände vor das Gesicht, schluchzte und stieß hervor: »Ja, ich sah es kommen.«

Owen Burke und Ron Harris wechselten einen schnellen Blick, dann ließ Ron Harris seine Stimme erklingen. »Was sind das für Leute, Ma'am? Können Sie uns Namen nennen?«

»Wir kennen keine Namen!«, erklärte Carl Matthew und starrte dabei seine Frau zwingend an, die jetzt die Hände wieder sinken ließ und schniefte. »Herb hat nie irgendwelche Namen genannt«, fügte er sogleich eindringlich hinzu. Dann heftete er den Blick auf Owen Burke. »Herb hatte einige Freunde. Junge Leute, die den Tag mit Müßiggang verbrachten. Es war kein guter Umgang. Aber es waren auch keine Gangster. Meine Frau übertreibt wieder mal. Und dass es mit unserem Sohn mal so ein Ende nimmt – nun ja … Sicher, er hatte vor zwei Jahren Heroin und Kokain bei sich, als man ihn kontrollierte. Herb hat immer bestritten, damit gehandelt zu haben. Trotzdem hat man ihn als Dealer verurteilt …«

»Ich denke schon, dass Sie die Namen der Freunde Ihres Sohnes kennen, Mr. Matthew«, erklärte Ron Harris unverblümt und übte mit seinem zwingenden Blick regelrecht Druck auf Carl Matthew aus. »Es ist vielmehr so, dass Sie uns die Namen nicht nennen möchten – aus welchem Grund auch immer.«

Matthews Blick irrte ab. Er begann seine Hände zu kneten. Plötzlich griff er nach der Bierdose und trank einen Schluck.

»Sagen Sie uns die Namen der Freunde Ihres Sohnes, Mrs. Matthew«, forderte Owen Burke an die Frau gewandt.

»Wir kriegen Ärger!«, entfuhr es Carl Matthew. »Ich habe immer die Augen verschlossen hinsichtlich der Machenschaften Herbs. Jetzt ist er tot. Ich denke, er hat es herausgefordert, dass sie ihn umbringen. Wir aber – Moira und ich – wollen mit den Leuten, mit denen Herb umgegangen ist, nichts zu tun haben.«

»Wollen Sie denn nicht, dass wir den Mörder Ihres Sohnes überführen und seiner Bestrafung zuführen?«, fragte Owen Burke.

»Vor seiner Verurteilung hörte ich mal einen Namen, den Herb nannte«, stieß nun die Frau hervor, den warnenden Blick ihres Mannes ignorierend. »Er meinte, dieser Mann könnte ihm gefährlich werden.«

»Nennen Sie mir den Namen, Ma'am«, kam es fordernd von Burke.

»Sei still, Moira!«, herrschte Carl Matthew seine Gattin an. »Es sind Mörder, die vor nichts zurückschrecken. Du …«

»Du kannst sagen, was du willst, Carl!«, entgegnete die Frau scharf und schaute Owen Burke an. »Der Mann heißt Jacob Weller. Er soll einige Bars in Manhattan betreiben. Früher arbeitete Herb für ihn.« Moira Matthew machte eine kurze Pause. Carl Matthew atmete stoßweise. Wenn Blicke töten könnten, wäre seine Frau tot umgefallen. Er hatte die Lippen zusammengepresst, so dass sie nur noch eine dünne, blutleere Linie in seinem Gesicht bildeten. Sein ganzes Gesicht mutete verkniffen an. Schließlich fuhr Moira Matthew fort: »Es ist eine Mafia, Agent. Es geht um Drogenhandel, Prostitution, Schutzgelderpressung und wahrscheinlich noch eine Reihe weiterer Verbrechen.«

»Und Jacob Weller soll der Kopf dieser Mafia sein?«, resümierte Ron Harris.

»Ich weiß es nicht«, murmelte Moira Matthew. »Aber Herb erwähnte einmal den Namen, und er meinte, dass er diesen Mann fürchten müsse. Er sprach nicht mit mir darüber, aber ich belauschte ein Gespräch zwischen ihm und seinem besten Freund Warren, das sie in Herbs Zimmer führten.«

»Also ist dieser Warren eingeweiht gewesen, zumindest insoweit, als er wusste, dass Jacob Weller eine Gefahr für Ihren Sohn darstellte. Hat Warren auch einen Familiennamen?«

»Hughes«, antwortete die Frau. »Die Freundschaft zwischen Herb und Warren war allerdings vorbei, als Warren meinem Sohn während dessen Haft die Verlobte ausspannte. Herb und Rachel hatten sogar ein Kind miteinander. Rachel und Warren haben geheiratet.«

»Das haut mich ja glatt um!«, entrang es sich Ron Harris.

»Ja!«, stieß Owen Burke hervor. »Auch ich bin zugegebenermaßen total überrascht. – Wussten Sie, dass Rachel Hughes und ihr Mann im selben Haus, sogar im selben Flur wie Ihr Sohn in Stuyvesant Town leben?«

»Nein«, murmelte Moira Matthew. »Das ist mir neu.«

»Ich denke, wir sollten uns noch einmal mit der jungen Lady und auch ihrem Mann unterhalten«, erklärte Ron Harris an seinen Partner gewandt.

»Ja, das sollten wir wohl.«

*

Es war später Nachmittag, als die Agents an der Tür zu Rachel und Warren Hughes' Wohnung klingelten. Das Apartment, in dem Herb Matthew ermordet worden war, hatten die Beamten von der SRD versiegelt. Es war wieder die junge Frau, die öffnete. In der Wohnung weinte ein Kind. Fast erschreckt musterte Rachel Hughes die beiden Beamten. In ihren Mundwinkeln zuckte es.

»Guten Tag, Mrs. Hughes«, grüßte Owen Burke. »Wir haben mit Herb Matthews Eltern gesprochen. Wie mir scheint, haben Sie uns heute Vormittag einige wichtige Details verschwiegen.«

»Die Sache mit Herb ist für mich Vergangenheit«, murmelte die junge Frau mit lahmer Stimme. Ihr Blick schien sich nach innen verkehrt zu haben. »Ich will nicht mehr drüber reden.«

»Darauf können wir leider keine Rücksicht nehmen«, versetzte Owen Burke. »Es geht darum, einen Mord aufzuklären. Da wir jetzt wissen, dass Sie die Verlobte Herb Matthews waren und dass das Verhältnis zwischen ihm und Ihrem Mann nicht das Beste war, ist es notwendig, dass Sie uns einige Fragen beantworten. Ist Ihr Mann zu Hause?«

»Ja, Warren ist da. Was sind das für Fragen?«

»Hier auf dem Flur spricht es sich nicht so gut«, gab Burke zu verstehen. »Dürfen wir in die Wohnung kommen, oder möchten Sie lieber morgen Nachmittag im Federal Building erscheinen?«

Plötzlich erschien ein Mann. Düster fixierte er die Agents, jeder seiner Gesichtszüge war von Unfreundlichkeit geprägt, und seine Stimme klang ungeduldig und aggressiv, als er blaffte: »Was wollt ihr von meiner Frau? Sie hatte mit Matthew nichts mehr am Hut. Leider konnte ich nicht verhindern, dass er hier einzog. Ich habe ihm gleich nach seinem Einzug geraten, uns in Ruhe zu lassen. Andernfalls …«

Warren Hughes brach ab.

»Was haben Sie ihm angedroht für den Fall, dass er Sie nicht in Ruhe lässt?«, hakte Ron Harris sofort nach.

»Eine Tracht Prügel!«, kam es wie aus der Pistole geschossen von Warren Hughes.

»Und?«

Hughes schien zu wissen, was Owen Burke meinte, denn er sagte: »Es war nicht notwendig, ihn zu verprügeln. Er ließ uns in Ruhe.«

»Okay. Kommen Sie und Ihre Frau morgen Nachmittag, 15 Uhr, ins Federal Building, 23. Etage. Ich rate Ihnen, zu erscheinen. Wenn Sie nicht kommen, können wir sie vorführen lassen.«

Im Gesicht des Burschen arbeitete es. Unschlüssig schaute er von Burke auf Harris und dann wieder auf Burke. Schließlich knurrte er genervt: »All right, kommt herein. Wir werden, soweit wir dazu in der Lage sind, Ihre Fragen beantworten.«

Rachel Hughes trat zur Seite. Owen Burke und Ron Harris betraten das Wohnzimmer, Warren Hughes schloss die Tür und bot den Agents sogar Sitzplätze an. »Kümmere dich um Benny«, gebot Warren Hughes seiner Frau. Sie verschwand in dem Raum, aus dem das Kreischen des Säuglings zu hören war.

»Das ist Herb Matthews Kind, nicht wahr?«, fragte Ron Harris.

Hughes nickte. »Er war ein schlechter Vater. Nun kümmere ich mich um den Kleinen.«

»Als sie noch mit Herb Matthew befreundet waren, unterhielten Sie sich mit ihm über einen Mann namens Jacob Weller«, sagte Owen Burke.

Hughes' Brauen schoben sich zusammen. »Das kann sein. Wir arbeiteten für Weller – um keinen Zweifel aufkommen zu lassen: Ich arbeite nach wie vor für ihn.«

»Welche Art von Job ist es, den Sie verrichten?«, erkundigte sich Ron Harris.

»Ich bin Geschäftsführer im Casablanca, das ist eine Bar in der Stanton Street.«

»Und was war Matthews Job?«

»Er war Geschäftsführer im Albatros. Aber er schmiss den Job hin. Herb war der Meinung, dass er als Drogendealer schnell reich werden könnte. Die Quittung war, dass er fast zwei Jahre in Rikers Island hinter dicken Mauern und Stacheldraht saß.«

»Er fürchtete Weller«, gab Owen Burke zu verstehen.

»Wieso sollte er ihn fürchten?«

»Sagte er nicht zu Ihnen, dass der Weller fürchten müsse?«

Warren Hughes prallte regelrecht zurück. Er tippte sich mit dem Daumen gegen die Brust. »Zu mir soll er das gesagt haben?«

»Das ist definitiv.«

Hughes schürzte die Lippen. »Daran kann ich mich nicht erinnern. Ich wüsste auch nicht, weshalb er Weller fürchten sollte.«

»Vielleicht, weil er plötzlich als Konkurrent von Jacob Weller auftrat!«, gab Ron Harris mit klarer, präziser Stimme zu verstehen.

»Konkurrenz in welcher Hinsicht?«, blaffte Warren Hughes.

Im Nebenzimmer hatte sich das Kind beruhigt. Und jetzt kam Rachel zurück. Owen Burke sagte sich, dass sie ausgesprochen hübsch war. Sie setzte sich neben ihren Mann auf die Couch.

»Im Zusammenhang mit dem Namen Jacob Weller fiel das Wort Mafia«, antwortete Ron Harris. »Drogenhandel, Prostitution, Schutzgelderpressung. Wie es aussieht, wollte sich Herb Matthew im Drogengeschäft auf eigene Füße stellen.«

Warren Hughes lachte fast belustigt auf. »Das soll wohl ein Witz sein.«

»Warum sonst musste er Jacob Weller fürchten?«, hakte Owen Burke nach.

»Das weiß ich doch nicht.«

»Okay. Wo waren Sie gestern Abend gegen 9 Uhr?«

»Im Casablanca«, kam es wie aus der Pistole geschossen. »Ich habe gegen 20 Uhr den Dienst angetreten. Das können mindestens fünf Leute, die im Casablanca arbeiten, bezeugen.«

In dem Moment klingelte Burkes Handy. »Entschuldigen Sie«, sagte er, stand auf, angelte das Mobiltelefon aus der Jackentasche und ging zum Fenster, nahm das Gespräch an und nannte seinen Namen. Es war der Assistant Director. Er sagte: »Ich erhielt einen Anruf von der SRD, Agent. Es geht um die Sache Herb Matthew. Man hat die Kugel, die ihn tötete, ballistisch ausgewertet. Jetzt halten Sie sich fest. Mit der Waffe wurden bereits drei Männer hier in Manhattan ermordet.«

Burke spürte Betroffenheit. Sie ließ ihn würgend schlucken. »Drei Männer«, echote er. »Das ist in der Tat ein Hammer, Sir.« Es gelang Owen Burke nur schwer, die Hiobsbotschaft zu verarbeiten. Sekundenlang herrschte Schweigen, das aber der AD brach, indem er sagte: »Am 2. Oktober wurde ein Mann namens Jim Basler in seiner Wohnung in der 7th Street erschossen, am 17. Oktober Burt Whitman. Seine Leiche fand man im East River Park. Am 2. November starb Earl Stanford, als er gegen 19 Uhr das Haus verließ, in dem er ein Apartment gemietet hatte; Nummer 324 East 11th Street.«

»Was sind das für Leute?«, fragte Owen Burke.

»Zuhälter, Dealer, Schläger. Alle einschlägig vorbestraft.«

»Gab es irgendwelche Spuren in Matthews Wohnung?«, fragte Burke.

»Verschiedene Fingerprints wurden ausgewertet. Einige Abdrücke stammen von Earl Stanford, der am 2. November in der 11th Street erschossen wurde. Es wurden auch die Fingerabdrücke eines Mannes namens Warren Hughes festgestellt. Hughes ist wegen Förderung der Prostitution vorbestraft.«

»Vielen Dank, Sir«, sagte Owen Burke. »Wir befinden uns bei Mr. Warren Hughes in der Wohnung. Ich halte Sie auf dem Laufenden.«

»Ich bitte darum«, kam vom AD, dann war die Leitung tot. Burke versenkte das Mobiltelefon in der Jackentasche, kehrte zu den anderen zurück und ließ sich wieder auf den Sessel nieder. »In Matthews Wohnung hat man Ihre Fingerabdrücke festgestellt, Mr. Hughes.«

Burke ließ den Mann nicht aus den Augen und registrierte die kleinste Reaktion, die dieser zeigte. Hughes' Backenknochen begannen zu mahlen, dann stieß er unvermittelt hervor: »Ich war in Herbs Apartment, als ich ihm klarmachte, dass er Rachel, mich und den Jungen in Ruhe lassen soll.«

»Besitzen Sie eine Pistole?«

»In meinem Büro im Casablanca liegt eine«, murmelte Hughes. »Die Waffe ist angemeldet.«

»Sie werden sie uns für ein paar Tage überlassen müssen, Mr. Hughes«, erklärte Owen Burke. »Kennen Sie einen Mann namens Earl Stanford?«

Jetzt verrieten Hughes Augen Unruhe. Er fuhr sich mit der Zungenspitze über die Lippen. »Ich bin mir nicht sicher«, murmelte er, »aber es kann sein, dass ich den Namen schon mal gehört habe. Was ist mit dem Burschen?«

»Er wurde am 2. November erschossen. Und sein Mörder benutzte dieselbe Waffe, die auch für den Mord an Herb Matthew verwendet wurde. Außerdem wurden zwei weitere Männer mit dieser Pistole getötet. Jim Basler und Burt Whitman. Haben Sie diese Namen auch schon mal gehört?«

»Ich glaube schon. Wenn ich mich nicht täusche, dann arbeiteten sie für Weller.«

»Interessant«, murmelte Ron Harris.

*

»Es waren Gangster«, gab Owen Burke von sich, als sie auf dem Weg zur Federal Plaza waren. In Manhattan brannten schon die Lichter. Die Tage waren kurz, und besonders an Tagen wie diesem, an denen der Himmel wolkenverhangen und grau in grau war, wurde es in den Hochhaus- und Wolkenkratzerschluchten des Stadtteils gar nicht richtig hell. »Zuhälter, Dealer, Schläger. Wenn du mich fragst, Partner, dann sieht das nach einem Bandenkrieg aus.«

»Was besonders auffällig ist«, gab Ron Harris zu verstehen, »ist die Tatsache, dass sich die Wohnungen der Beteiligten und die Schauplätze der Morde allesamt in East Village und in der Lower East Side befinden.«

»Ja, das ist sicherlich kein Zufall. Würde mich nicht wundern, wenn sich das Domizil Mr. Jacob Wellers ebenfalls in East Village oder in der Lower East Side befinden würde.«

»Wir werden es sehen«, meinte Ron Harris. »Was hältst du von Warren Hughes?«

»Wenn Weller Chef einer Mafia ist, dann gehört Hughes dazu. Dass seine Frau mit Matthew verlobt war und mit diesem sogar ein Kind hat, könnte ein Mordmotiv sein, vor allem im Hinblick darauf, dass Herb Matthew nach seiner Haftentlassung die Nähe der Lady und seines Sohnes suchte. Irgendetwas muss er sich ja dabei gedacht, vielleicht sogar ausgerechnet haben – etwas, das Hughes unter Umständen ganz und gar nicht gefiel.«

»In dieses Bild passen allerdings nicht die drei Toten, die mit derselben Waffe wie Herb Matthew erschossen wurden. In Matthews Wohnung wurden Drogen sichergestellt. Ich bin überzeugt, dass Matthew und die drei anderen Männer, die seit dem 2. Oktober ermordet wurden, einem Bandenkrieg zum Opfer gefallen sind.«

*

Jacob Weller bewohnte ein Penthouse in der Bowery, genau gesagt in der Mulberry Street. Burke und Harris hatten den Aufzug benutzt. Als sie das Gebäude betraten, wurden sie von einem Doorman aufgehalten. Erst, nachdem sie sich ausgewiesen hatten, durften sie passieren. Jetzt legte Ron Harris den Daumen auf den Klingelknopf. Im Lautsprecher der Gegensprechanlage knackte es, dann erklang eine helle Frauenstimme: »Wer bitte ist da?«

»Die Special Agents Burke und Harris vom FBI«, so stellte Ron Harris sich und seinen Kollegen vor. »Wir möchten mit Mr. Weller sprechen.«

»Einen Augenblick.«

Es dauerte fast eine Minute, dann wurde die Tür geöffnet. Eine junge Frau, sehr hübsch und ausgesprochen freundlich lächelnd, stand vor den G-men. »Treten Sie näher, Gentlemen«, forderte sie die beiden Beamten auf, in die Wohnung zu gehen. »Der Chef erwartet Sie in seinem Büro.«

Sie ging voraus. Das Wohnzimmer, das sie durchquerten, war im Designerstil eingerichtet. Alles war luxuriös und gewiss sehr teuer. Jacob Weller schien nach dem Motto zu leben, dass das Beste gerade gut genug sei.

Das Arbeitszimmer war geräumig und mindestens ebenso teuer eingerichtet wie das Wohnzimmer. Auch hier wurde für die Einrichtung viel Chrom und Glas verwendet. Auf dem protzigen Schreibtisch stand eine Computeranlage. Hinter dem Möbel saß der Hausherr. Jacob Weller war fünfundvierzig Jahre alt. Die brünetten Haare waren straff zurückgekämmt. Sein Gesicht war schmal und knochig, der Blick seiner braunen Augen stechend und durchdringend. In seinem Gesicht zuckte kein Muskel und er verriet mit keiner Miene, was hinter seiner Stirn vorging. »Welch eine Ehre«, gab er zu verstehen. »Zwei leibhaftige FBI-Agents. Ihre Dienststelle hat einen hervorragenden Ruf im ganzen Land. Womit kann ich Ihnen dienen, Gentlemen?«

Es war eine aufgesetzt Freundlichkeit. Das war Owen Burke schon nach den ersten Worten des aalglatten Mannes klar geworden. Und er ahnte, dass sich hinter der undurchsichtigen Fassade Wellers ein eiskalter, skrupelloser Geschäftemacher verbarg. Im Umgang mit diesem Burschen war Vorsicht geboten.

»In Ihrem Umfeld ist ein Mord geschehen«, erklärte Owen Burke. »Das FBI führt die Ermittlungen.«

»Ist bei Mord nicht der Homicide Squad des Police Department zuständig?«

»Nicht, wenn Drogen im Spiel sind«, antwortete Burke.

Die Brauen Wellers hoben sich. »Es geht also um einen Mord im Drogenmilieu. Wieso bezeichnen sie es als mein Umfeld?«

Weller starrte Burke an wie die Boa das Kaninchen, das sie im nächsten Moment verschlingen würde. Es war, als nähme er Maß.

»Sie scheinen meine Aussage missverstanden zu haben, Sir«, wehrte sich Burke. »Ich habe Sie auf keinen Fall mit dem Drogenmilieu in Verbindung gebracht. Sie sind Geschäftsmann. Soweit ich weiß, betreiben Sie hier auf der Eastside zwischen der 14th Street und Two Bridges einige Bars und Clubs.«

»Ja, das ist richtig«, antwortete Weller gedehnt und belauerte Owen Burke. »Ich frage mich nach dem Zusammenhang zwischen meinen Geschäften und dem Mord, von dem Sie sprachen.«

»Der Mann, der ermordet wurde, arbeitete für Sie.«

»Wenn das der Fall wäre, dann wüsste ich es.«

»Sein Name ist Herb Matthew.«

In Wellers Augen blitzte es auf. »Das ist lange her«, erklärte er. »Ich erinnere mich. Matthew arbeitete als Geschäftsführer im Albatros. Wenn ich mich richtig entsinne, kündigte er. Irgendwann mal habe ich gehört, dass er mit dem Gesetz in Konflikt geraten ist.«

»Ja, so kann man es bezeichnen«, mischte sich Ron Harris ein. »Er kündigte den Job bei Ihnen und machte sich als Drogenhändler selbständig. Es ging aber nur ein paar Wochen gut, dann erhielt die DEA einen anonymen Hinweis auf Matthews illegale Geschäfte und er wurde für fast zwei Jahre aus dem Verkehr gezogen.«

»Vor vier Wochen wurde er aus der Haft entlassen«, fügte Owen Burke hinzu. »Wir vermuten, dass er wieder in das Geschäft einsteigen wollte. Dieses Mal aber begnügte sich sein Gegner nicht damit, der DEA einen Tipp zu geben. Dieses Mal schickte er einen Killer.«

Weller nickte wiederholt. »Ja, ja, mir ist einiges zu Ohren gekommen. Im Drogengeschäft wird mit harten Bandagen um die Vormachtstellung und die Kontrolle des Handels gekämpft. Ob hier in New York oder unten in Mexiko – es sind tausende von Menschenleben zu beklagen. Ich frage mich allerdings, Gentlemen, weshalb Sie mit dieser Angelegenheit zu mir kommen. Matthew schied vor mehr als zwei Jahren bei mir aus.«

»Es starben drei weitere Männer«, sagte Owen Burke unbeirrt. »Sie wurden mit derselben Waffe getötet wie Herb Matthew. Auch sie haben möglicherweise versucht, auf der Eastside zwischen 14th Street und Two Bridges im Geschäft mit Drogen und als Zuhälter Fuß zu fassen.«

Weller kniff die Augen zusammen. »Sie grenzen das Gebiet akribisch ein«, murmelte Jacob Weller. »Dieselbe Formulierung gebrauchten Sie, als Sie von meinen Etablissements sprachen. Hat das irgendeine besondere Bewandtnis?«

»Die Männer sollen für Sie gearbeitet haben.«

Weller zuckte mit den Achseln. »Schon möglich. Ich beschäftige über hundert Leute. Wie sind ihre Namen?«

»Jim Basler, Burt Whitman, Earl Stanford.«

»Kann sein, dass ich die Namen schon mal gehört habe. Ich kann Ihnen allerdings nicht sagen, in welchem Zusammenhang. Ich betreibe ein großes Unternehmen. In der Verwaltung sitzen ein Manager, ein Buchhalter und eine Reihe Angestellter.«

»Ihnen kommt mit Sicherheit so einiges zu Ohren«, gab Owen Burke zu verstehen. »Wir denken, dass sich hier im Süden der Eastside ein Gangsterkrieg anbahnt. Sie können uns vielleicht helfen, ihn zu verhindern.«

Wellers Gesicht entkrampfte sich. Er zeigte sogar ein Lächeln und sagte: »Wie kommen Sie auf mich?«

»Wir haben mit einem Ihrer Geschäftsführer gesprochen. Sein Name ist Warren Hughes.«

»Hughes! Ein brauchbarer Bursche. Er leitet für mich das Casablanca.« Das Lächeln Wellers gerann. »Wie kommt er darauf, dass ich Ihnen helfen könnte?«

»Es war nicht seine Idee«, bemerkte Owen Burke. »Nachdem er uns erzählte, dass Sie zwischen der 14th und Two Bridges groß im Geschäft sind, dachten wir …«

Weller winkte ab. »Es gibt in East Village und in der Lower East Side keine Banden, die sich bekämpfen. Weiß der Teufel, warum Matthew und diese drei anderen, von denen Sie sprachen, ermordet wurden. Ich schließe jedoch aus, dass sie sterben mussten, weil sie irgendjemand in die Quere gekommen sind. Wenn es hier irgendwelche derartigen Strömungen gäbe, dann wüsste ich Bescheid.«

»Sie sagen das wie ein Mann, der weiß, wovon er spricht«, sagte Owen Burke.

»Ja, davon können Sie ausgehen.«

»Dann entschuldigen Sie die Störung, Mr. Weller«, murmelte Owen Burke. »Darf ich Ihnen eine von meinen Visitenkarten hier lassen, für den Fall, dass Sie etwas erfahren, was vielleicht für uns von Interesse sein könnte.«

»Das glorreiche FBI möchte mich wohl vor seinen Karren spannen«, sagte Weller und lächelte. »Na schön, geben Sie mir eine Ihrer Visitenkarten. Es kann ja nichts schaden, wenn man sich mit der Polizei gut stellt.«

Burke holte eines der Kärtchen aus seiner Brieftasche und reichte es dem Barbesitzer. Dann verabschiedeten sich die beiden G-men.

Sie hatten sich ein Bild von Jacob Weller machen können. Das war der Grund ihres Besuches.

*

Außer den Fingerabdrücken von Warren Hughes und Earl Stanford hatten die Beamten von der Spurensicherung noch die Prints einer Lady namens Sue Pickens und eines Mannes namens Joe Sullivan sichergestellt. Sue Pickens wohnte in der Orchard Street, Ecke Rivington Street, Sullivans Apartment lag in der Montgomery Street.

Es war 10.30 Uhr, als die Agents vor Sue Pickens Tür standen. Die Frau, die ihnen öffnete, war Mitte zwanzig, ihre Haare waren blond gefärbt, sie sah etwas verbraucht aus und ihr haftete auf besondere Art der Hauch des Verruchten an. Bekleidet war sie nur mit einem weißen Seidennachthemd, über das sie einen rosaroten Bademantel geworfen hatte. Die Augen der Frau versprühten ärgerliche Blitze, als sie hervorstieß: »Von welcher Versicherung kommt ihr verdammten Kerle? Ihr seid lästiger als Furunkel. Wisst ihr Dummköpfe, wann ich ins Bett gekommen …«

Owen Burke hob das Etui mit seinem Ausweis und der Dienstmarke in die Höhe. Die Frau brach ab, verschluckte sich, hüstelte und ihre Augen quollen aus den Höhlen, als sie versuchte, den Hustenreiz zu unterdrücken. »FBI!«, keuchte sie schließlich. »Was wollt ihr denn von mir?«

»Wir ermitteln in der Mordsache Herb Matthew«, antwortete Owen Burke und war sich sicher, dass diese Lady einem verbotenen Geschäft nachging – nämlich dem Geschäft mit der käuflichen Liebe.

Sie duckte sich ein wenig und mutete plötzlich sprungbereit an. »Ich habe gehört, dass er tot sein soll«, murmelte sie. »Aber ich habe damit nichts zu tun. Herb hat es sich selber zuzuschreiben. Er …« Sie brach erschreckt ab, wie jemand, der schon viel zu viel von sich gegeben hatte.

»In seiner Wohnung wurden Ihre Fingerabdrücke festgestellt«, erklärte Burke. »Das wirft Fragen auf.«

»Sie verdächtigen doch nicht etwa mich …«

»Dürfen wir reinkommen?«

»Bitte.«

Als sie saßen, ergriff Owen Burke erneut das Wort, indem er sagte: »Dann erzählen Sie uns mal von Ihrer Bekanntschaft mit Herb Matthew, Ma'am. Vor allen Dingen will ich nähere Ausführungen zu Ihrer Aussage, wonach sich Herb es selbst zuzuschreiben habe, dass er so brutal vom Leben zum Tod befördert worden ist.«

Auf dem niedrigen Couchtisch lagen eine angebrochene Schachtel Lucky Strike und ein Feuerzeug. Sue Pickens griff danach. »Haben Sie was dagegen, wenn ich rauche?«

»Es ist Ihre Wohnung«, versetzte Burke.

Sie zündete sich einen der Glimmstängel an und inhalierte tief. Dann murmelte sie: »Ich kannte Herb. Er arbeitete früher mal für Weller. Aber dann ist er ausgestiegen. Es brachte ihm allerdings kein Glück. Er wurde auf frischer Tat ertappt, als er mit Drogen unterwegs war und wanderte in den Knast.«

»Die Wohnung, in der Ihre Fingerabdrücke festgestellt wurden, hat Matthew erst vor drei Wochen bezogen«, kam es von Ron Harris. »Also müssen Sie in jüngster Vergangenheit bei ihm gewesen sein.«

Die Frau nickte. »Er hat mich eingeladen, und ich bin der Einladung gefolgt. Schließlich waren wir mal sehr gut miteinander bekannt.«

»Zählt zu Ihren guten Bekannten auch ein Mann namens Earl Stanford?«, fragte Owen Burke.

Sue Pickens blinzelte unruhig. »Auch Earl arbeitete für Weller. Er war Keeper im Albatros. Er stieg damals mit Herb aus, kam aber nach dessen Verhaftung reumütig zu Weller zurück.«

»Wie auch Basler und Whitman.«

Sue Pickens nickte.

»Arbeiten Sie auch für Jacob Weller?«, fragte Harris.

»Ja. Ich tanze im Albatros.«

»Tanzten Sie schon in dem Laden, als Matthew dort als Geschäftsführer beschäftigt war?«

»Ich arbeite seit fast fünf Jahren für Weller.«

»Ohne Unterbrechung?«

»Nun ja …«

»Sie sind damals also auch ausgestiegen«, schloss Owen Burke aus ihrer zögerlichen Reaktion. »Herb Matthew, Earl Stanford, Jim Basler, Burt Whitman, Sie … Ihr wolltet einen eigenen Verein gründen und seid damit Jacob Weller in den Rücken gefallen. Wer war noch dabei, Ma'am?«

Sue Pickens saugte hastig an der Zigarette. Die Glut war fast zwei Zentimeter lang. Die Frau vermied es, einen der Agents anzusehen. Die Unbehaglichkeit stand ihr ins Gesicht geschrieben. Sie fühlte sich ganz und gar nicht wohl in ihrer Haut.