5 Fälle für Agent Burke - Sammelband Nr. 5 (FBI Special Agent) - Pete Hackett - E-Book

5 Fälle für Agent Burke - Sammelband Nr. 5 (FBI Special Agent) E-Book

Pete Hackett

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Beschreibung

Special Agent Owen Burke Sammelband (21-25) Action Krimis von Pete Hackett INHALT 21 Der Tod stellt keine Fragen 22 Rockersterben in der Bronx 23 Wer New York in Atem hält... 24 Jagdzeit im Big Apple 25 Im Angesicht des Todes

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Seitenzahl: 258

Veröffentlichungsjahr: 2019

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Special Agent Owen Burke

Sammelband (21-25)

Action Krimis

Ein CassiopeiaPress E-Book

© by Author www.Haberl-Peter.de

© 2012 der Digitalausgabe 2012 by AlfredBekker/CassiopeiaPress

www.AlfredBekker.de

1. digitale Auflage 2015 Zeilenwert GmbH

ISBN 9783956174803

INHALT

21 Der Tod stellt keine Fragen

22 Rockersterben in der Bronx

23 Wer New York in Atem hält …

24 Jagdzeit im Big Apple

25 Im Angesicht des Todes

Inhalt

Cover

Titel

Impressum

Band 21 – Der Tod stellt keine Fragen

Band 22 – Rockersterben in der Bronx

Band 23 – Wer New York in Atem hält …

Band 24 – Jagdzeit im Big Apple

Band 25 – Im Angesicht des Todes

Band 21 Der Tod stellt keine Fragen

Special Agent Owen Burke lehnte sich zurück, verschränkte die Arme vor der Brust und sagte: »Fassen wir zusammen: Am 10. September gegen 9 Uhr vormittags marschiert ein bärtiger Mann, dessen Alter zwischen dreißig und fünfunddreißig Jahren liegt, in der 42nd Street in das Büro des Direktors der Citibank und erklärt ihm, dass sich dessen Frau in der Gewalt seines Partners befinde und dass dieser sie töten werde, wenn man sich weigere, ihm eine Million Dollar auszuhändigen. Er erhält das Geld und verschwindet spurlos.«

Burke machte eine kurze Pause, als wollte er sich seine nächsten Worte erst im Kopf zurechtlegen. Schließlich sprach er weiter: »Derselbe Bursche besucht genau fünf Wochen später, am 15. Oktober, ebenfalls gegen 9 Uhr, die Wells Fargo Bank in der 7th Avenue und erpresst erneut eine Million, und zwar mit derselben Methode, die er auch am 10. September anwandte: Eine Million, oder die Frau des Bankdirektors stirbt. – Und nun, am 10. Dezember, suchte er die Citibank in der Canal Street auf. Und er erzwingt wieder die Herausgabe einer Million …«

»Und obwohl er die geforderte Summe erhält, ermordet sein Komplize die Frau des Bankdirektors«, vollendete Ron Harris das Resümee seines Kollegen. »Während Mrs. Emerick und Mrs. Herald mit dem Schrecken davongekommen sind, schneidet der Geiselnehmer Mrs. Pickett mit einer Brutalität sondergleichen die Kehle durch. - Warum?«

»Das ist die Frage, die sich uns stellt«, murmelte Owen Burke und schaute versonnen auf einen unbestimmten Punkt. »Weshalb musste sie sterben? - Eine Möglichkeit wäre, dass sie den Kerl erkannt hat, der in ihr Haus eingedrungen ist.«

Ron Harris wiegte den Kopf und brachte auf diese Art seine Zweifel zum Ausdruck. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Bekannter der Familie in die Wohnung eindringt und das Risiko eingeht, erkannt zu werden. Mord ist nicht jedermanns Sache. Wenn sich jemand auf räuberische Erpressung und Geiselnahme spezialisiert, dann sicher nicht in seinem Umfeld, wenn es – wie hier in New York -, zig andere Möglichkeiten gibt.«

»Wir haben die Beschreibung von beiden Tätern«, murmelte Burke. »Beide um die dreißig bis fünfunddreißig, dunkelhaarig, links gescheitelte, nackenlange Haare. Beide trugen einen Bart, und beide waren mit Sonnenbrillen getarnt. Sie sind etwa eins achtzig groß, schlank und vermitteln einen sportlichen Eindruck. Es könnte sich um Brüder handeln.«

»Die Bärte können angeklebt gewesen sein«, gab Ron Harris zu bedenken. »Was die gleichen Frisuren anbetrifft, so nehme ich an, dass die Kerle Perücken getragen haben. Ich denke, aufgrund der Phantombilder, die von ihnen gefertigt wurden, finden wir sie niemals. Da sie Handschuhe trugen, haben sie auch keine Fingerabdrücke hinterlassen, und es gibt kein DNA-Material, das uns auf ihre Spur führen könnte.«

»Das perfekte Verbrechen«, knurrte Owen Burke. »Wir sollten uns vielleicht mal mit den Bankdirektoren unterhalten. Eventuell auch mit Mrs. Emerick und Mrs. Herald. Die drei Direktoren und die beiden Ladies haben die Bankräuber schließlich hautnah erlebt.«

»Sie wurden befragt«, versetzte Ron Harris. »Auf ihre Aussagen hin wurden die Phantombilder erstellt.«

»Sicher, sie wurden befragt«, bestätigte Burke. »Aber nicht durch uns. Der Fall wurde uns erst nach dem dritten Bankraub und dem Mord übertragen. Wir sind genau drei Tage damit befasst und es gibt keinen Hebel, an dem wir ansetzen können. Darum will ich mir ein Bild von den Beteiligten machen. Vielleicht gibt es doch noch den einen oder anderen Hinweis, mit dem wir etwas anfangen können.«

»Wie du meinst«, gab Ron Harris achselzuckend zu verstehen. »Mit wem sprechen wir zuerst?«

»Fangen wir mit Clarence Herald an. Und dann besuchen wir Emerick.«

Die Agents fuhren ihre Computer herunter, schlüpften in ihre Jacken und verließen ihr gemeinsames Büro in der dreiundzwanzigsten Etage des Bundesgebäudes an der Federal Plaza. Minuten später steuerte Ron Harris den Dodge Avenger aus der Tiefgarage, lenkte ihn zum Broadway, fuhr hinauf bis zur 14th Street und wechselte hinüber auf die Seventh Avenue. Drei Seitenstraßen weiter befand sich die Wells Fargo Bank, die Clarence Herald als Direktor leitete.

Harris fand in der 17th Street einen Parkplatz. Wenig später betraten sie die Bank. Sie fragten sich durch bis zum Sekretariat des Bankdirektors. Bei einer resoluten Lady, an der kein Weg zu Clarence Herald vorbeizuführen schien, wiesen sie sich aus und Owen Burke äußerte ihr Anliegen. Eine Minute später bat sie die Sekretärin ins Büro des Direktors.

Clarence Herald kam um seinen wuchtigen Schreibtisch herum, schüttelte jedem der Agents die Hand und forderte sie auf, an dem Besuchertisch in der Ecke neben der Tür Platz zu nehmen. Er fragte, ob er ihnen Kaffee oder etwas anderes zu trinken anbieten dürfe, aber sie lehnten dankend ab.

»Es geht um die Sache vom 15. Oktober«, begann Owen Burke. »Vor drei Tagen beraubten die beiden Kerle nun die Citibank in der Canal Street. Und sie ermordeten Muriel Pickett.«

»Ich habe in der Times davon gelesen«, murmelte Herald. Sekundenlang zuckten seine Mundwinkel, als ihn die Erinnerung zu überwältigen drohte. »Shirley, meine Gattin, befand sich ebenfalls über eine Stunde in der Gewalt dieses skrupellosen Kerls. Ich darf gar nicht daran denken, dass er auch sie …«

Die Stimme des Bankdirektors brach. Er fuhr sich mit der linken Hand über die Augen, als wollte er die Bilder, die sich aus seiner Erinnerung in den Vordergrund seines Bewusstseins schoben, verscheuchen. Nachdem er würgend geschluckt hatte, fuhr er fort: »Meine Frau befindet sich seit dem traumatischen Erlebnis in psychiatrischer Behandlung. Sie wird wohl so schnell nicht darüber hinwegkommen.«

»Wie lief die Sache ab, Mr. Herald?«, fragte Owen Burke.

»Ich habe das alles Ihren Kollegen vom Detective Bureau bereits geschildert, Agents. Sie haben meine Aussage protokolliert. Man hat Ihnen doch sicherlich die Akte überlassen, als man Sie mit den Ermittlungen beauftragte.«

Burke nickte. »Ihre damalige Aussage gibt nichts her. Wir haben nichts, wo wir ansetzen können. Darum möchten wir noch einmal aus Ihrem Mund hören, wie der Raub ablief. Vielleicht ergibt sich für uns ein Hinweis.«

Herald zog die Unterlippe zwischen die Zähne, kaute kurz darauf herum, dann begann er zu sprechen: »Der Mann sprach gegen 9 Uhr bei meiner Sekretärin vor und erklärte, dass er mich in einer wichtigen Angelegenheit zu sprechen wünsche. Die Dringlichkeit unterstrich er damit, indem er zu verstehen, dass es um Leben oder Tod gehe. – Was ja auch so war.« Zuletzt klang die Stimme wieder ausgesprochen brüchig.

»Aufgrund dieses Hinweises erklärten Sie sich bereit, mit ihm zu sprechen«, konstatierte Ron Harris.

»Nun, Service wird bei unserer Bank ganz groß geschrieben. Außerdem war ich davon überzeugt, dass der Besucher maßlos übertrieb, um nicht von meiner Sekretärin abgewimmelt zu werden. - Wir gehen auf die Belange unserer Kundschaft ein. Die Konkurrenz ist groß …«

»Sie baten den Burschen also in Ihr Büro«, murmelte Owen Burke. »Wenn ich mich richtig erinnere, nannte er sich Richard Harris.«

»So ist es. Er saß auf dem Stuhl, auf dem Sie sitzen, Agent. Ich fragte ihn nach dem konkreten Grund seiner Vorsprache bei mir. Er grinste mich an und sagte, dass ich ihm sicherlich innerhalb der nächsten Viertelstunde eine Million Dollar aushändigen würde. Wenn nicht, werde sein Freund meiner Frau die Kehle durchschneiden. Dann nahm er sein Handy, tippte eine Nummer und reichte mir das Telefon. Ein Mann meldete sich. Nachdem ich meinen Namen genannt hatte, bat er mich, einen Augenblick zu warten, gleich darauf hatte ich meine Frau an der Strippe. Sie weinte und stammelte, dass der Kerl in die Wohnung eingedrungen sei und dass es von mir abhinge, ob sie noch in dieser Stunde sterben würde. Shirley war außer sich. Sie – sie konnte kaum sprechen vor Panik und Verzweiflung.«

Clarence Herald räusperte sich.

»Wie ging es weiter?«, fragte Burke.

»Der Kerl nahm mir das Handy weg und unterbrach die Verbindung. Dann sagte er, dass ich jemand beauftragen solle, der die Million in einen Aktenkoffer packt und diesen in mein Büro bringt. Wenn er nach Ablauf von 15 Minuten seinen Freund nicht anrufen und diesem berichten würde, dass die Sache planmäßig abgelaufen sei, werde meine Frau sterben.«

»Und Sie taten, was der Kerl forderte«, murmelte Ron Harris.

»Natürlich! Ich konnte doch nicht das Leben meiner Frau in die Waagschale werfen. Also verständigte ich meinen Vertreter. Die Polizei konnten wir natürlich noch nicht alarmieren, denn Shirley war dem Komplizen des Kerls, der die Million abholte, auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Nelson brachte den Koffer mit dem Geld und der Verbrecher verschwand. Ich rief sofort bei mir zu Hause an, aber der Geiselnehmer befand sich noch in meiner Wohnung. Einige Minuten später aber rief mich Shirley zurück und berichtete, dass er die Wohnung verlassen habe. Meine Frau war fix und fertig, sie war ein nervliches Wrack. Ich wies Nelson an, sofort das Police Department zu verständigen, dann fuhr ich nach Hause.«

»Nelson ist Ihr Vertreter, wie?«

»Ja. - Shirley war einem Nervenkollaps nahe.«

»Das kann ich mir vorstellen«, erklärte Owen Burke. »Gab es an dem Burschen, der sich die Million aushändigen ließ, nichts Auffälliges? Versuchen Sie sich zu erinnern, Mr. Herald. Eine Narbe vielleicht, oder irgendeine Eigenart beim Sprechen.«

»Mir ist nichts aufgefallen«, murmelte Herald nach kurzer Überlegung. »Aber Sie können sich denken, dass ich in dieser Situation ausgesprochen nervös war. Ich konnte kaum einen klaren Gedanken fassen. Die Angst um Shirley brachte mich fast um. Alles lief ab wie ein Alptraum.«

»Wir werden uns auch noch einmal mit Ihrer Gattin unterhalten müssen«, erklärte Owen Burke.

Clarence Herald schaute betrübt drein. »Es wird Shirley sicher sehr aufwühlen, wenn Sie mit Ihr über die Ereignisse vom 15. Oktober sprechen. Vielleicht sollten Sie vorher mit ihrem Arzt Rücksprache nehmen und ihn fragen, ob sie einem derartigen Gespräch psychisch gewachsen sein wird.«

»Sagen Sie mir den Namen des Arztes«, bat Owen Burke.

Herald nannte ihm den Namen und die Telefonnummer.

*

»Das war nicht viel, was wir von Herald Neues erfahren haben«, knurrte Ron Harris, als sie auf dem Weg in die 42nd Street zur Citibank waren, der David Emerick als Direktor verstand.

»Das war gar nichts«, korrigierte Owen Burke seinen Kollegen und Teampartner. »Den Weg hätten wir uns sparen können.«

Auch in der Bank mussten sich die Agents im Sekretariat anmelden und ausweisen, eine der Sekretärinnen telefonierte mit Emerick, und dann geleitete sie die beiden G-men zum Büro des Direktors.

Als sie ihn zwanzig Minuten später wieder verließen, waren sie kein Stück schlauer als vorher. Emerick beschrieb ihnen den Mann, der am 10. September zu ihm unter dem Vorwand einer besonderen Dringlichkeit ins Büro gekommen war, und den Agents wurde bestätigt, was schon im Vernehmungsprotokoll der Kollegen vom NYPD stand: Es handelte sich um denselben Burschen, der auch bei Clarence Herald aufgetreten war.

Während Ron Harris den Dodge in Richtung Canal Street steuerte, sagte Owen Burke: »Meiner Meinung nach steht Emerick noch jetzt, über zwei Monate nach dem Raub, vollkommen unter dem Eindruck der damaligen Ereignisse.«

»Es gibt Menschen, die an so etwas zerbrechen«, erklärte Ron Harris. »Sicherlich wurde er fast verrückt vor Angst um seine Frau. Ich denke, das ist nachvollziehbar.«

»Wahrscheinlich treffen wir Pickett gar nicht an seinem Arbeitsplatz an«, wechselte Owen Burke das Thema. »Der Mord an seiner Frau geschah vor drei Tagen. Ich denke, der arme Mann ist psychisch am Ende und wurde vom Arzt krankgeschrieben.«

»Wir hätten uns telefonisch versichern können, ob er in der Bank erreichbar ist«, meinte Ron Harris.

»Man hat in seinem Sekretariat den Mann gesehen, der ihn erpresst hat. Wenn wir Pickett nicht antreffen, befragen wir die Leute, die den Kerl hautnah erlebten.«

»Sie wurden befragt«, sagte Ron Harris mit Nachdruck. »Sowohl die Sekretärin in der Wells Fargo Bank als auch die Sekretärinnen in den beiden Filialen der Citibank. Aufgefallen ist allenfalls, dass er im geschlossenen Raum die Sonnenbrille nicht abgenommen hat.«

In der Tat! Walter Pickett war krankgeschrieben worden. Bei der Sekretärin handelte es sich um eine etwa dreißigjährige Frau mit langen, blonden Haaren. Ihr Name war Mona Sawyer. Ihre Augen wiesen einen grünlichen Schimmer auf. Es war eine ausgesprochen schöne Frau, und Owen Burke sagte sich, dass jeder Mann von ihr fasziniert sein musste. Unwillkürlich suchte er nach einem Ehering an ihrer Hand – es gab allerdings keinen.

»Ich weiß nicht, ob Mr. Pickett den Mord an seiner Frau verkraftet«, murmelte die Sekretärin. »Er war fast zwanzig Jahre mit ihr verheiratet, und ich glaube, er hat sie noch genauso geliebt wie am ersten Tag.«

Owen Burke wies auf den zweiten Schreibtisch in dem Büro, der ausgesprochen aufgeräumt aussah. »Sie arbeiten zu zweit hier in Mr. Picketts Sekretariat?«

»Elizabeth ist ebenfalls krankgeschrieben worden. Ihr hat das alles derart zugesetzt …«

Burke erinnerte sich, den Namen in den Unterlagen gelesen zu haben. »Sie sprechen von Elizabeth Burmester, nicht wahr?«

»Richtig. Ich habe mit ihr telefoniert. Sie ist fix und fertig. Während ich mit ihr sprach, hat sie unablässig geweint. Sie gibt sich eine Mitschuld, denn sie war es, die den Verbrecher beim Chef angemeldet hat.«

»Haben Sie den Mann auch gesehen?«

»Ja, aber ich habe nicht besonders auf ihn geachtet, denn ich führte gerade ein Telefongespräch. Er war dunkelhaarig, bärtig, mittelgroß, schlank …« Mona Sawyer dachte kurz nach, dann endete sie: »Und er trug eine Sonnenbrille. Ich fragte mich noch, ob der Kerl wohl was zu verbergen habe. Männer mit Bärten und Sonnenbrillen haben oftmals einen Grund, ihr Gesicht zu verstecken.«

»Haben Sie etwas gegen Bartträger?«, fragte Ron Harris. »Oder ist das nur eine Philosophie?«

»Männer mit Bart und Haaren auf der Brust sind nicht mein Typ«, versetzte die attraktive Frau etwas schnippisch.

»Ist Ihnen sonst nichts Besonderes an dem Gangster aufgefallen?«, erkundigte sich Owen Burke.

»Nein. Wie ich schon sagte – ich habe nicht so sehr auf ihn geachtet.«

»Können Sie uns die Wohnanschrift von Mrs. Burmester verraten?«, fragte Burke.

»Sie wohnt in der Attorney Street, Lower East Side. Die Hausnummer weiß ich leider nicht. Aber ich kann Ihnen die Telefonnummer von Elizabeth geben.«

»Bitte«, sagte Ron Harris, griff in die Innentasche seiner Jacke und holte sein Notizbüchlein sowie einen Kugelschreiber heraus.«

Mona Sawyer klickte einige Male mit der Maus, dann diktierte sie die Telefonnummer. Ron Harris notierte sie.

»Werden Sie Mr. Pickett vernehmen?«, fragte Mona Sawyer.

»Sicher«, erwiderte Owen Burke nickend. »Wir müssen mit ihm sprechen.«

»Er ist ein nervliches Wrack«, murmelte die Frau und ihr Gesichtsausdruck verriet Sorge. »Ich weiß nicht, ob er in der Verfassung ist, noch einmal alles durchzukauen. Er – er ist ausgesprochen sensibel.«

»Wir werden nicht umhin kommen, noch einmal mit ihm zu sprechen«, erklärte Owen Burke. »Sie könnten mir einen Gefallen erweisen, Mrs. Sawyer …«

»Miss Sawyer«, verbesserte ihn die Frau und lächelte etwas starr. »Ich bin nicht verheiratet.«

»Sorry.«

»Was für einen Gefallen soll ich Ihnen erweisen, Agent?«

»Sie könnten bei Ihrem Chef anrufen. Wir wollen nämlich den Weg bis zur 69th Street hinauf nicht umsonst machen.«

»Ich verstehe«, sagte Mona Sawyer und griff zum Telefonhörer.

Es stellte sich heraus, dass sich Walter Pickett in seiner Wohnung aufhielt und bereit war, mit den Agents zu sprechen. Sie bedankten sich bei Mona Sawyer, verabschiedeten sich und verließen wenig später das Bankgebäude.

»Fahren wir erst in die Lower East Side, oder statten wir gleich Walter Pickett einen Besuch ab?«, fragte Ron Harris, als sie zum Dienstwagen marschierten.

»Wir machen den kleinen Umweg über die Attorney Street«, bestimmte Owen Burke und holte sein Handy aus der Tasche. »Diktiere mir mal die Nummer der Frau«, bat er seinen Kollegen. Eine halbe Minute später hatte er Elizabeth Burmester an der Strippe. »Guten Tag, Mrs. Burmester«, grüßte er. »Hier spricht Special Agent Burke vom FBI New York. Ist es möglich, Ihnen ein paar Fragen zu stellen.«

»Es geht um den Mord an Muriel Pickett, nicht wahr?« Die Stimme der Frau klang irgendwie dünn und zittrig.

»So ist es. Das FBI hat die Ermittlungen in dieser Angelegenheit übernommen.«

»Ich habe bereits alles gesagt, was ich weiß.«

»Ja. Wir haben Ihre Aussage gelesen, Mrs. Burmester. Dennoch würden wir Sie gerne noch einmal persönlich sprechen.«

»Wenn es sein muss.«

»Sagen Sie mir Ihre Hausnummer.«

»57 Attorney Street.«

Von der Canal Street zur Attorney Street war es in der Tat nur ein Katzensprung. Elizabeth Burmester wohnte in der fünften Etage eines Mietshauses. Es gab weder einen Doorman noch einen Aufzug in dem alten, aber Instand gesetzten, sauberen Gebäude, so dass die G-men die Treppe benutzen mussten und ein wenig atemlos oben ankamen. Ron Harris läutete an der Wohnungstür. Gleich darauf saßen sie im Wohnzimmer der Vierzigjährigen in etwas mitgenommen wirkenden Sesseln, während Elizabeth Burmester auf der Couch Platz nahm.

Die Frau war blass. Ihre braunen Augen waren verschwollen, die Lider waren gerötet. Scheinbar hatte sie viel geweint. »Es – es will mir einfach nicht in den Kopf«, stammelte sie. »Ich habe Mrs. Pickett sehr gut gekannt. Sie kam oft ins Büro und besuchte ihren Mann. Es – es ist für mich unvorstellbar, dass sie tot sein soll, ermordet, mit einer Brutalität sondergleichen umgebracht …«

Die Augen der Frau füllten sich mit Tränen. Ihre Mundwinkel zuckten, ihre Nasenflügel vibrierten. Die Hand, die sie hob, um sich mit dem Handrücken die Tränen abzuwischen, zitterte.

»Sie haben mit dem Mann gesprochen, der am 10. Dezember gegen 9 Uhr in der Bank vorsprach und zu Walter Pickett wollte.«

Elizabeth Burmester schniefte. »Er war um die dreißig …«

Sie beschrieb den Gangster. Ein neuer Hinweis ergab sich für die Agents nicht. »Ich mache mir solche Vorwürfe, weil ich den Schuft beim Chef angemeldet und ihn sogar ins Mr. Picketts Büro brachte.«

»Dieser Vorwurf ist unangebracht, Mrs. Burmester«, versuchte Owen Burke die Frau zu beruhigen. »Selbst wenn sie ihn abgewimmelt hätten – es hätte sicherlich nichts geändert. Sie dürfen nicht vergessen, dass der Komplize des Mannes, der in der Bank aufgetreten ist, in Muriel Picketts Wohnung eingedrungen ist und die Frau als Druckmittel in seiner Gewalt hatte. Sie haben sich nicht das Geringste vorzuwerfen, Mrs. Burmester.«

»Ich finde keinen Schlaf mehr«, murmelte die Frau. »Sobald ich die Augen schließe, sehe ich Muriel Picketts Gesicht und den stummen Vorwurf in ihren Augen.«

»Sie müssen sich davon befreien«, murmelte Ron Harris. »Gegebenenfalls müssen Sie professionelle Hilfe in Anspruch nehmen.«

Sekundenlang herrschte lastendes Schweigen. Dann ergriff wieder Owen Burke das Wort:

»Bereits im September und Oktober wurden in Manhattan Banken auf dieselbe Art und Weise um jeweils eine Million Dollar beraubt. Hat Mr. Pickett mit Ihnen darüber gesprochen? Äußerte er, dass er befürchte, dass auch seine Bank beziehungsweise er Opfer der Verbrecher werden könnte?«

»Natürlich sprachen wir darüber. Die Times und das lokale Fernsehen berichteten ja ausführlich. Ja, der Chef äußerte, dass uns das auch passieren könne. Die Wahrscheinlichkeit sei aber nicht sehr groß, schränkte er ein. Er meinte damit die Vielzahl der Banken, die es in New York gibt. Es wurden auch keinerlei vorbeugende Maßnahmen getroffen.«

»Ihre Kollegin scheint die ganze Sache besser weggesteckt zu haben als Sie, Mrs. Burmester«, fasste Burke den Eindruck, der sich bei ihm verfestigt hatte, in Worte.

Das Gesicht Elizabeth Burmesters schien sich einen Augenblick lang zu verhärten. Die Frau presste die Lippen zusammen, so dass sie nur noch eine dünne, blutleere Linie in ihrem bleichen Gesicht bildeten.

»Was ist, Mrs. Burmester?«, stieß Ron Harris hervor, dem diese seltsame Reaktion nicht entgangen war, nachdem sein Kollege Burke Mona Sawyer erwähnt hatte. Er nannte zwar nicht den Namen, aber jeder wusste, dass von ihr die Rede gewesen war. »Verstehen Sie sich nicht so gut mit Miss Sawyer?«, hakte Harris nach, als Liz Burmester verbissen schwieg.

»Es ist nichts«, murmelte die Frau schließlich. »Wirklich, es ist nichts.«

»Sind Sie sich sicher?«

»Absolut. Ich habe nichts gegen Mona.«

*

Als die Agents im Dodge nach Norden rollten, brach es aus Ron Harris heraus: »Irgendetwas stimmt nicht! Elizabeth Burmester ist ihrer Kollegin nicht besonders grün. Ihre Reaktion brachte mehr zum Ausdruck als alle Worte. Ich habe der Lady in die Augen geschaut, nachdem du ihre Kollegin Sawyer ins Spiel brachtest. Und ich verwette meinen linken Arm, dass sich darin Hass spiegelte.«

»Ja, ihr Gesichtsausdruck war ziemlich vielsagend«, bestätigte Owen Burke. »Groß scheint die Freundschaft zwischen den Sekretärinnen Picketts nicht zu sein. Furchtbar! Stell dir vor, du musst tagtäglich – zumindest fünfmal in der Woche – acht Stunden mit jemand das Büro teilen, den du nicht ausstehen kannst. Für mich wäre das ein Grund, mir eine andere Arbeit zu suchen.«

»Dass du noch beim FBI bist sagt mir, dass du mich magst.« Ron Harris sprach es, grinste bubenhaft und schielte zu Owen Burke hinüber.

»Wie eine Mutter.«

»Wie ergreifend. Ich könnte weinen vor Rührung.«

»Tu dir keinen Zwang an. – Aber Spaß beiseite, Kollege. Etwas stimmt nicht. Insofern muss ich dir recht geben. Aber ich glaube nicht, dass wir weitere Gedanken über das Verhältnis der beiden Ladies zueinander verschwenden müssen. Mit dem Mord an Muriel Pickett dürfte es nämlich nicht das Geringste zu tun haben.«

»Natürlich. Die zwischenmenschliche Beziehung unter Frauen ist oft viel, viel komplizierter als bei Männern. Konzentrieren wir uns auf das Treffen mit Walter Pickett. Wir werden vorsichtig zu Werke gehen müssen. Er soll recht sensibel sein und die Wunden, die die Geschehnisse vom 10. Dezember bei ihm hinterlassen haben, sind noch ausgesprochen frisch.«

Picketts Apartment lag in der zwölften Etage eines Hochhauses. Die Agents wiesen sich an der Rezeption in der Eingangshalle aus, dann trug sie der Lift nach oben.

Walter Pickett war ein hoch gewachsener, drahtiger Mann von achtundvierzig Jahren. Seine Haare waren dunkel und leicht gewellt, die Augen von rauchgrauer Farbe, die einen auffallenden Kontrast zur Farbe seiner Haare bildeten und die das schmale, markante Gesicht beherrschten.

Ein Frauentyp, wie er im Buch steht!, durchfuhr es Owen Burke. Er sieht verdammt gut aus und hat gewiss einiges auf dem Konto. Er braucht wahrscheinlich nur mit den Fingern zu schnippen …

Wenn die beiden Agents vermutet hatten, einen gebrochenen Mann vorzufinden, so sahen sie sich getäuscht. Picketts Auftreten war sicher, er verströmte ein hohes Maß an Selbstbewusstsein und er brachte sogar ein freundliches Lächeln zustande, als er die Agents bat, in die Wohnung zu treten und sich einen Platz zum Sitzen zu suchen.

»Seien Sie unserer Anteilnahme versichert, den Tod Ihrer Frau betreffend«, murmelte Owen Burke und wusste selbst, wie banal und nichts sagend diese Worte klangen. Er verspürte Betretenheit und schoss Ron Harris einen hilfeheischenden Blick zu, aber der Kollege schaute ihn nur ausdruckslos an.

»Es ist grausam«, murmelte Walter Pickett, »und es ist sicher nicht gerecht. Muriel war eine herzensgute Frau und ihr brutaler Tod konnte nicht gottgewollt sein. Aber das Schicksal ist ungnädig, und der Tod stellt keine Fragen. Doch wenn ich daran denke, was sie durchmachen musste …«

»Wir werden alles Erdenkliche daransetzen, um die Mörder Ihrer Frau zur Strecke zu bringen«, versicherte Owen Burke.

»Gibt es schon einen Hinweis, wer die beiden Verbrecher sein könnten?«, fragte Pickett. Erwartungsvoll musterte er den G-man.

»Nein. Das FBI hat den Fall erst übernommen. Mein Kollege und ich haben mit Clarence Herald von der Wells Fargo Bank und David Emerick von der Citibank in der 42nd Street gesprochen, und wir haben auch Ihren beiden Sekretärinnen einige Fragen gestellt. Es hat sich nichts ergeben, was wir nicht schon den Akten entnehmen hätten können.«

»Wenn es einen gerechten Gott gibt – weshalb hat er das zugelassen? Der Killer hat Muriel die Kehle durchgeschnitten. Sie ist kläglich verblutet. Ich stelle mir ihre Angst vor und – und …« Ein Laut entrang sich ihm, der sich anhörte wie ein schmerzliches Stöhnen. Dann schlug er beide Hände vor das Gesicht. »Wie kann ein Mensch nur so grausam sein?«

»Den gerechten Gott der Liebe, von dem uns der Reverend in der Schule erzählt hat, gibt es nicht«, murmelte Ron Harris. »Wenn es überhaupt einen Gott gibt, dann ist er wahrscheinlich nicht mal halb so gut, wie er von den Priestern und Predigern dargestellt wird. – Der Mensch ist ein Tier, Mr. Pickett. Der Unterschied zum Tier ist allerdings ein sehr gravierender. Ein Tier tötet um zu überleben – Menschen töten aus Habgier und um des Tötens willen.«

Pickett ließ die Hände sinken. »Ich habe bereits Ihren Kollegen vom Homicide Squad alles erzählt, G-men. Es gibt nichts, was ich Ihnen noch sagen könnte.«

»Richtig«, versetzte Owen Burke. »Sie haben uns den Mann beschrieben, der von Ihnen die Million forderte, Sie haben Punkt für Punkt den Ablauf des Raubes zu Protokoll gegeben. Wir werden Ihnen dieselben Fragen stellen, wie auch den beiden anderen Bankdirektoren. Zunächst einmal bitte ich Sie, noch einmal nachzudenken, ob der Mann, der in der Bank auftrat, nicht doch irgendeine Besonderheit aufwies. Eine offensichtliche Narbe, irgendetwas, das nicht jeder aufweist, zum Beispiel eine Tätowierung auf dem Handrücken, ein besonderes Schmuckstück vielleicht …«

Pickett starrte sekundenlang nachdenklich vor sich hin, dann schüttelte er den Kopf, befeuchtete sich mit der Zungenspitze die Lippen und erwiderte: »Da war nur die Sonnenbrille, die den Kerl auffällig machte, denn es schien keine Sonne am 10. Dezember und er hat sie auch im geschlossenen Raum nicht abgenommen. Ansonsten …« Wieder schüttelte der Bankdirektor den Kopf, als wollte er damit zum Ausdruck bringen, dass es keine Besonderheit an dem Gangster gegeben hatte.

»Wir fragen uns«, brachte sich Ron Harris in das Gespräch ein, »weshalb Ihre Frau sterben musste, Mr. Pickett. Den Gattinnen von Clarence Herald und David Emerick wurde kein Haar gekrümmt. Als der Kerl, der sich in der jeweiligen Bank die Million aushändigen ließ, das Geld in Sicherheit gebracht hatte, pfiff er telefonisch seinen Komplizen zurück und der verschwand. Die beiden Überfälle liefen ausgesprochen gewaltlos ab. Auch Sie händigten Ihrem Besucher die Million aus. Es gab keine Komplikationen. Darum stellt sich uns die Frage, warum Ihre Frau ermordet wurde.«

»Auf diese Frage muss ich Ihnen leider die Antwort schuldig bleiben, Agents«, murmelte Walter Pickett. »Ich habe mir diese Frage seit vorgestern wahrscheinlich selbst tausendmal gestellt. Warum Muriel? Ich habe keinen Feind. Niemand hat Grund sich an mir für irgendetwas zu rächen. Der Tod meiner Frau bringt niemand einen Vorteil. Ich finde keine Antwort. Ich kann mir nur denken, dass reine Mordlust dahintersteckt.«

»Wie war Ihre Ehe?«, kam Owen Burkes Frage.

Pickett schaute ihn irritiert an. Er schien die Frage erst einmal verarbeiten zu müssen, denn er antwortete nicht sogleich. »Warum wollen Sie das wissen?«

»Routinefragen, Mr. Pickett.«

»Wir waren glücklich. Im Mai hätten wir unseren zwanzigsten Hochzeitstag gehabt. Ich habe meine Frau auf Händen getragen. Wir hatten finanziell keine Probleme. Alles war bestens, außer, dass wir keine Kinder hatten. Aber damit hatten wir uns abgefunden.«

»Woran hat es gelegen?«, wollte Owen Burke wissen.

Picketts Brauen schoben sich zusammen. »Das sind aber sehr intime – hm, Routinefragen.«

»Okay, vergessen Sie's. Es ist in der Tat nicht wichtig. Wie ist eigentlich das Verhältnis Ihrer beiden Sekretärinnen untereinander?«

»Auch das dürfte nicht viel mit dem Mord an meiner Frau zu tun haben«, grollte Walter Pickett. »Aber ich will Ihnen die Frage beantworten. Soviel ich weiß, vertragen sich Mona Sawyer und Liz Burmester sehr gut. Von Differenzen ist mir zumindest nichts bekannt. Liz ist vierzig und immer noch recht attraktiv. Mona Sawyer ist neunundzwanzig. Sie hat einen dreijährigen Sohn. Alleinerziehende Mutter. Der Kerl, mit dem sie damals zusammen war, entpuppte sich als Filou, und Mona jagte ihn zum Teufel.«

»Sie ist ausgesprochen hübsch!«, erklärte Owen Burke.

»Ja, sie ist jung und begehrenswert«, versetzte Walter Pickett und ein angedeutetes Lächeln umspielte seine Lippen. »Mir ist sie eine gute Sekretärin. Die schönste Frau für mich war Muriel. Ich war ihr immer treu.«

»Wir konnten uns des Eindrucks nicht erwehren, dass Elizabeth Burmester nicht gerade Mona Sawyers Freundin ist«, gab Ron Harris zu verstehen.

»Ich kann Ihnen dazu nichts sagen.«

»Können Sie uns den Namen des Mannes sagen, der mit Miss Sawyer zusammen war und dem sie den Laufpass gab?«

»Was tut sein Name zur Sache?«

»Nun ja …«

»Er heißt Bill Freemont. Wo er wohnt weiß ich natürlich nicht. Ich habe mich nie sonderlich um die Geschichte gekümmert. Mona Sawyer ist meine Sekretärin. Ihr Privatleben geht mich nichts an. Also habe ich mich auch herausgehalten.«

»Bill Freemont, sagten Sie?«, fragte Ron Harris und zückte sein Notizbuch sowie den Kugelschreiber.

»Richtig.«

Harris vermerkte den Namen in seinem Büchlein.

*

»Du hast dir sicher eine Meinung über Walter Pickett gebildet«, sagte Ron Harris, als sie in Richtung Süden fuhren. Nachdem sie in der 69th Street in den Dodge gestiegen waren, hatte Owen Burke den Computer hochgefahren und das FBI National Crime Information Center 2000 hergeklickt. Bill Freemont war polizeilich registriert. Es gab eine Vorstrafe wegen einer Trunkenheitsfahrt und Widerstandes gegen die Staatsgewalt. Freemont war damals zu achtzehn Monaten Gefängnis auf Bewährung verurteilt worden. Das war über drei Jahre her. Die letzte bekannte Anschrift war Queens, 77th Street Nummer 92.

»Mir hat er nicht das Bild des treu sorgenden Ehegatten vermittelt«, antwortete Owen Burke. »Ein Mann wie er braucht Anerkennung, er braucht jemand, der zu ihm in die Höhe schaut, jemand, für den er ein Gott ist. Die Aussage, dass Muriel für ihn die schönste Frau war und dass er sie niemals betrog, wirkte auf mich ziemlich theatralisch. Ich halte ihn für einen aalglatten Womanizer, der alles bietet, was eine Frau sich wünscht: Gutes Aussehen und eine herausragende, gesellschaftliche Stellung – und natürlich finanzielle Sicherheit. Er ist sich dessen voll und ganz bewusst, nutzt es schamlos aus und lässt nichts anbrennen.«

»Bringt uns diese Erkenntnis in irgendeiner Weise weiter?«, fragte Ron Harris mit einem gewissen Sarkasmus im Tonfall.

»Mir geht das seltsame Verhalten Elizabeth Burmesters nicht aus dem Kopf«, murmelte Owen Burke. »Irgendetwas ist da im Busch.«

»Wie du meinst. Heute kommen wir wohl nicht mehr drauf. Was hältst du davon, wenn wir Feierabend machen?«

Es ging in der Tat auf 18 Uhr zu. Seit fast zwei Stunden war es finster. New York schwamm in einem Meer von Licht.

»Wir sprechen morgen mit Bill Freemont«, erklärte Owen Burke.

In der Tiefgarage des Federal Building gingen die Agents auseinander, um jeder für sich den Nachhauseweg anzutreten. Als sie sich am folgenden Morgen um 8 Uhr wieder in ihrem gemeinsamen Büro trafen, fragte Ron Harris: »Bist du zu einem Ergebnis gekommen?«

»Was meinst du?«

»Wie ich dich kenne, hast du dir doch die halbe Nacht lang den Kopf darüber zerbrochen, was im Vorzimmer Walter Picketts schief laufen könnte. Eine schöne junge Frau, ein gut situierter Lebemann, eine nicht unattraktive Vierzigjährige, die scheinbar keine besonders freundschaftlichen Gefühle für ihre Kollegin empfindet. Du hast dir auf die Situation in der Chefetage der Citibank in der Canal Street doch sicher einen Reim gemacht.«

»Ja, ich habe viel nachgedacht. Vor allem passt der Mord an Walter Picketts Frau nicht ins Bild. Sie wurde nicht grundlos ermordet. Hinter dem Mord steckt System. Der Tod seiner Frau bringe niemand einen Vorteil, bemerkte Pickett beiläufig. Ich denke, der Mord könnte ihm einen Vorteil verschaffen. Nämlich dann, wenn er sie loswerden, sich den Unterhalt für sie sparen und vielleicht auch die Zahlung einer hohen Abfindung vermeiden wollte.«