5 Fälle für Agent Burke - Sammelband Nr. 7 (FBI Special Agent) - Pete Hackett - E-Book

5 Fälle für Agent Burke - Sammelband Nr. 7 (FBI Special Agent) E-Book

Pete Hackett

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Beschreibung

5 Fälle des knochenharten New Yorker Ermittlers mit der untrüglichen Spürnase in einem Band! Action Krimis vom Feinsten! Dieses ebook enthält folgende Krimis: Band 31 Wer will den Kopf von Donald Glencer? Band 32 Im Fadenkreuz des Killers Band 33 Hass und Anthrax – Eine tödliche Mischung Band 34 Die kein Gewissen haben Teil 1 Band 35 Die kein Gewissen haben Teil 2 Cover: Steve Mayer

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Seitenzahl: 281

Veröffentlichungsjahr: 2019

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Special Agent Owen Burke Sammelband (31-35)

5 Fälle für Agent Burke

Action Krimis

von Pete Hackett

Ein CassiopeiaPress E-Book

© by Author www.Haberl-Peter.de

© 2014 der Digitalausgabe by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen

www.AlfredBekker.de

[email protected]

1. digitale Auflage 2014 Zeilenwert GmbH

ISBN 9783956171055

Dieses ebook enthält folgende Krimis:

Band 31 Wer will den Kopf von Donald Glencer?

Band 32 Im Fadenkreuz des Killers

Band 33 Hass und Anthrax– Eine tödliche Mischung

Band 34 Die kein Gewissen haben Teil 1

Band 35

Inhalt

Cover

Titel

Impressum

Band 31 Wer will den Kopf von Donald Glencer?

Band 32 Im Fadenkreuz des Killers

Band 33 Hass und Anthrax– eine tödliche Mischung

Band 34 Die kein Gewissen haben (Band 1)

Band 35

Band 31 Wer will den Kopf von Donald Glencer?

Als die Special Agents Owen Burke und Ron Harris morgens zum Dienst erschienen, lag eine handgeschriebene Nachricht auf Burkes Schreibtisch: Die Agents sollten sich unverzüglich beim Direktor des FBI New York melden.

Owen Burke ahnte bereits den Grund. In den Morgennachrichten hatte er vernehmen können, dass in der Nacht die Leiche eines Mannes namens John Hayes bei den Piers von Greenwich Village gefunden worden war. Hayes war erschossen worden, und zwar aus nächster Nähe. Dorothy Stewart, die dreiundzwanzigjährige Tochter des bekannten Senators Gordon Stewart, die mit John Hayes unterwegs gewesen war, war spurlos verschwunden. Die Entführer– und von einer Entführung ging die Polizei aus–, hatten sich noch nicht gemeldet.

Die Agents sprachen unverzüglich beim Assistant Director vor. In seinen aristokratischen Gesichtszügen war ein tiefer Ernst zu lesen, der Ausdruck in seinen grauen Augen unterstrich diesen Eindruck. Er forderte Burke und Harris auf, nachdem er sie begrüßt hatte, am Konferenztisch Platz zu nehmen.

„Wahrscheinlich haben Sie es schon aus den Nachrichten vernommen, Agents“, begann der SAC. „Senator Gordon Stewarts Tochter ist in der vergangenen Nacht entführt worden. Der Mann, mit dem sie unterwegs war, sein Name ist John Hayes, wurde kaltblütig ermordet.“

Owen Burke nickte. „Ja, Sir, das haben wir gehört. Nach meinem Kenntnisstand haben die Kidnapper weder einen Hinweis hinterlassen, noch haben Sie sich bisher mit einer Lösegeldforderung gemeldet.“

„Richtig.“ Der AD kniff die Lippen zusammen, so dass sie nur noch einen dünnen, blutleeren Strich bildeten. Nach einer kurzen Pause, in der er seine weiteren Worte gedanklich zu formulieren schien, hub er erneut zu sprechen an: „Die Mordkommission hat von Dorothys Mutter erfahren, dass John Hayes und die junge Frau in einem Lokal am Times Square zu Abend gegessen haben. Von da aus müssen sie zu den Piers von Greenwich Village gefahren sein. Dort geschah schließlich das Verbrechen.“

Der SAC beugte sich etwas weiter über den Schreibtisch. Mit besonderer Betonung fuhr er fort:

„Es ist davon auszugehen, dass die Tochter des Senators gezielt als Opfer von den Kidnappern ausgewählt wurde. Wahrscheinlich wurden Hayes und sie schon beobachtet, seit sie die Wohnung in der Bedford Street verließen.“

„Irgendwann werden sich die Kidnapper melden und eine Lösegeldforderung geltend machen“, mutmaßte Ron Harris. „Die Frage für mich ist jedoch, weshalb John Hayes erschossen wurde. Sieht aus, als hätte man ihn aus dem Weg geräumt. Die Verbrecher brauchten ihn nicht.– Geht es vielleicht gar nicht um Lösegeld? Soll eventuell Druck auf den Senator ausgeübt werden– Druck, irgendein politisches Programm betreffend? Vielleicht steckt irgendeine Interessengemeinschaft dahinter.“

„Wir können es nicht ausschließen“, murmelte der AD. „Dahingehend wurde der Senator zwar befragt, ob seine Antwort der Wahrheit entspricht, wissen wir nicht. Er behauptet, dass niemand versucht habe, ihn in irgendeiner Weise zu beeinflussen, und schon gar nicht habe man ihn bedroht, für den Fall, dass er im Senat nicht die Interessen irgendeiner Lobby vertritt.“

„Das würde der Senator sicher nicht behaupten, wenn es nicht so wäre“, knurrte Ron Harris. „Schließlich geht es um seine Tochter.“

„Wahrscheinlich ist es dem so“, pflichtete der AD bei.

„Die Killer müssen Dorothy und ihren Freund minutiös beobachtet haben“, murmelte Owen Burke und wiederholte damit nur, was der AD schon angedeutet hatte. Er dachte sozusagen laut, befeuchtete sich mit der Zungenspitze die Lippen und verlieh seinen eigenen Gedanken Ausdruck: „Du hast vielleicht gar nicht so Unrecht, Ron. Wenn es die Entführer ausschließlich auf die Tochter des Senators abgesehen hatten– worauf die Tatumstände schließen lassen–, dann wird mit der Entführung möglicherweise ein anderes Ziel verfolgt als die Erpressung von Lösegeld.“

„Die Brutalität, mit der die Kidnapper vorgegangen sind, untermauert die Vermutung, dass es sich nicht um irgendwelche Gangster handelt, die es auf Lösegeld abgesehen haben“, gab der AD zu verstehen. „Hinter der Entführung steckt System. Die Verbrecher wollten ausschließlich Dorothy Stewart. John Hayes war lediglich ein lästiger Zeuge. Darum wurde er kaltblütig ermordet.“

„Dann wird es sicher nicht mehr lange dauern, bis erste Forderungen eintrudeln“, knurrte Ron Harris. „Und sie werden sich möglicherweise nicht auf Geld beschränken.“

„Ich übertrage Ihnen beiden den Fall, Agents“, erklärte der AD. „Die Mordkommission ist zwar auch dran an der Sache, aber Entführung fällt in das Ressort des FBI. Und bei Ihnen weiß ich die Angelegenheit in den besten Händen.“

„Wir werden unser Bestes geben, Sir“, versprach Owen Burke und erhob sich.

„Dahingehend haben Sie unser Wort, Sir“, knurrte Ron Harris und stemmte sich ebenfalls in die Höhe.

„Davon bin ich überzeugt.“ Der SAC lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. „Sie halten mich auf dem Laufenden.“

„Sicher, Sir“, kam es beinahe in Stereo von den beiden Agents.

Sie ließen ihren Vorgesetzten allein.

Als erstes rief Owen Burke, nachdem sie in ihrem gemeinsamen Büro angelangt waren, Detective Lieutenant James Howard vom Police Department an. Mit Details konnte dieser nicht aufwarten. Aber er sagte zu, die Agents zu informieren, wenn die Ermittlungen seiner Leute etwas Neues ergeben sollten. „Im Übrigen werden wir wohl abwarten müssen“, meinte Howard, „bis die Forderungen der Kidnapper bekannt werden. Wir haben im Haus des Senators eine Fangschaltung eingerichtet. Ob wir Erfolg haben, kann ich natürlich nicht sagen.“

„Was hatten dieser John Hayes und Dorothy wohl bei den Piers zu suchen?“, sinnierte Owen Burke laut.

Howard schmunzelte. „Dreimal darfst du raten, Kollege. Im Vertrauen, Owen, in Hayes’ Ford lag auf dem Boden der Rock der Kleinen. Was sagt das dem erfahrenen Ermittler?“

Owen Burke musste grinsen. „Dass die junge und gewiss noch ausgesprochen knusprige Lady den Rock ausgezogen hatte.“

„Sehr scharfsinnig“, kommentierte Howard. „Jetzt ist mir auch klar, weshalb man dir und Ron den Fall übertragen hat.– Noch was, Owen: Die Sache mit dem Rock darf nicht an die große Glocke gehängt werden. Du verstehst?“

„Sicher. Der Ruf des Senators und seiner Familie…“

Howard verabschiedete sich und legte auf.

Da Burke den Lautsprecher eingeschaltet hatte, brauchte er Ron Harris nichts weiter erklären.

Owen Burke rief Cody Short, einen V-Mann des FBI, an. Cody meldete sich. Er wusste bereits von dem Mord und der Entführung. Burke bat ihn, sich umzuhören, und falls er irgendwelche Hinweise aufschnappte, sollte er ihn sofort informieren.

„Ich tue, was in meiner Macht steht“, versicherte Cody, und Owen Burke war davon überzeugt, dass dies kein leeres Versprechen war. Auf Cody war absolut Verlass.

„Wir fahren zu Senator Stewart“, sagte Owen Burke zu seinem Kollegen, nachdem er das Gespräch beendet hatte. „Schätzungsweise lassen die Kidnapper nicht allzu lange mit einer Forderung auf sich warten.“

Mit dieser Annahme täuschte sich der Special Agent allerdings. Sie befanden sich in der Wohnung Gordon Stewarts und warteten. Das Telefon schellte gewiss fünfzig Mal an diesem Tag, und jedes Mal waren die Agents wie elektrisiert, jedes Mal wurde die Fangschaltung aktiviert, doch es waren immer nur Bekannte und Verwandte, die über den Sachstand unterrichtet werden oder ganz einfach nur ihr Mitgefühl zum Ausdruck bringen wollten.

Gordon Stewart und seine Frau waren nervlich am Ende. Das Warten auf ein Lebenszeichen ihrer Tochter zermürbte sie. Hin und her gerissen zwischen banger Hoffnung und in Erwartung des Schlimmsten waren sie kaum ansprechbar. Die Augen der Frau waren gerötet vom Weinen. Sie war bleich und total verstört. Die Unsicherheit über das Schicksal ihrer Tochter setzte dem Ehepaar zu wie sonst nichts auf der Welt. Die Agents und die beiden Techniker vom Police Departement konnten den beiden verzweifelten Leuten nicht helfen.

*

Der Anruf ging nicht bei Gordon Stewart ein, sondern beim Direktor des FBI. Eine verstellte Stimme sagte: „Wir wissen, dass das FBI in Sachen Dorothy Steward ermittelt. Wenn Sie nicht möchten, Assistant Director, dass wir Ihnen die Tochter des Senators in einigen Tagen tot vor das Bundesgebäude legen, dann hören Sie jetzt gut zu: Wir fordern die Freilassung von Donald Glencer. Die weiteren Bedingungen werden zu einem späteren Zeitpunkt mitgeteilt. Seien Sie versichert, Direktor, dass wir des verdammt ernst meinen mit unserer Drohung. Die Kleine gegen Donald Glencer. Das ist der Deal, das ist es, was wir wollen.“

Der anonyme Anrufer legte auf, ehe der AD irgendetwas von sich geben konnte.

Eine halbe Stunde später, in der der Assistant Director NCIC 2000 bemüht hatte, das ist das National Crime Information Center des FBI, dessen umfangreiche Datenbanken sämtliche jemals gespeicherten Kriminalakten mit Namen, Fingerabdrücken, Polizeifotos und weiteren Angaben zur Person enthalten, rief er Owen Burke und Ron Harris zu sich. Nun saßen sie an dem runden Konferenztisch im Büro ihres Chefs. Der AD berichtete von der Forderung der Entführer, dann fügte er sogleich hinzu: „Ich habe mich kundig gemacht. Donald Glencer hat vor zehn Monaten Giovanni Montinari ermordet. Der Montinari-Clan hat Rache geschworen. Glencer wurde vor nicht ganz zwei Wochen zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Das Gericht ist davon ausgegangen, dass er als Auftragsmörder tätig war. Allerdings hat Glencer, was seine möglichen Auftraggeber betrifft, geschwiegen wie ein Grab. Man geht von einem Bandenkrieg aus. Sie wissen schon, Agents: Drogenhandel, Prostitution, Schutzgelderpressung– die ganze Palette eben.“

Owen Burke fuhr sich nachdenklich mit der Zungenspitze über die Lippen, dann meinte er: „Wer kann Interesse daran haben, dass Glencer frei kommt?“ Eine Antwort schien er nicht zu erwarten, denn er sprach sofort weiter: „Da ist zum einen der Montinari-Clan, der den Mörder seines Paten rächen möchte. Zum anderen kommt aber auch der mögliche Auftraggeber Glencers in Frage. So lange Glencer lebt, kann er sich nicht sicher sein, dass er schweigt.“

„Es gibt eine dritte Möglichkeit“, mischte sich Ron Harris ein. „Und die ist sehr nahe liegend. Kann es nicht sein, dass Glencer Freunde hat, die ihn frei haben möchten?“

Sekundenlang herrschte Schweigen.

„Wir sprechen mit Glencer!“, stieß Owen Burke einem jähen Entschluss folgend hervor.

„Hast du schon mal einen Blick auf die Uhr geworfen?“, fragte Ron Harris etwas griesgrämig.

„Es ist 17 Uhr vorbei“, versetzte Burke und schaute seinen Chef an. „Würden Sie ein Treffen mit Glencer in Rikers Island arrangieren, Sir?“

Der AD lächelte. „Sicher, ich rufe im Gefängnis an. Für das FBI und seine Agents gelten die Besuchszeiten nicht.“

Bald waren die Agents unterwegs. Der Feierabendverkehr in Manhattan war wie jeden anderen Tag auch chaotisch. Aber die Agents waren daran gewöhnt, und so brachten sie die nötige Geduld auf. Sie erreichten schließlich die Rikers Island Bridge.

Es war Ende November und die Nacht begann den Tag zu verdrängen. Der Himmel war bewölkt, tagsüber hatte es einige Male geregnet. Rechterhand, ein ganzes Stück entfernt, konnten die Agents die unzähligen Lichter des La Guardia Airports sehen. Harris lenkte den Dienstwagen auf den Parkplatz des Gefängnisses. In der Haftanstalt erfuhren die G-men, dass Donald Glencer, dessen Freilassung gefordert worden war, zwischenzeitlich in den Hochsicherheitstrakt verlegt wurde. Es dauerte eine ganze Weile, bis sie dem verurteilten Mörder gegenüber saßen. Glencer war einunddreißig Jahre alt und sah sehr gut aus. Hoch gewachsen, schlank, schmales Gesicht, dunkle Haare, blaue Augen. Der Gefangene trug Handschellen und Fußfesseln, die ihm nur kleine Schritte ermöglichten. Ohne besondere Regung starrte der Mörder die beiden Polizisten an.

„Haben Sie die Sache mit der Tochter des Senators vom Gefängnis aus gelenkt, Glencer?“, fiel Owen Burke sofort mit der Tür ins Haus. „Oder haben Ihre Freunde von sich aus beschlossen, Sie freizupressen?"

In den Augen des Verurteilten zeigte sich ein hintergründiges Funkeln. „Ich hab keine Ahnung, wovon Sie reden, G-man“, kam es kalt und ohne besonderen Unterton aus seinem Mund. „Ich weiß nur, dass ich plötzlich unter verschärften Bedingungen inhaftiert bin und man mir jeglichen Kontakt zur Außenwelt untersagt hat– abgesehen von dem Kontakt jetzt mit Ihnen. Darauf aber lege ich keinen Wert.“

„Aber Sie wissen, dass die Tochter eines angesehenen Mannes gekidnappt wurde und dass man ausschließlich Ihre Freilassung fordert.“

„Ja, das hat man mir angedeutet. Aber ich habe nichts damit zu tun. Sie wissen sicher, dass mein Fall in der Revision ist. Und es bestehen gute Aussichten…“

„Glencer!“, stieß Ron Harris zwischen den Zähnen hervor und schnitt dem verurteilten Verbrecher damit schroff das Wort ab. „Eines garantiere ich Ihnen…“ Ron Harris’ Stimme sank herab zu einem unheilvollen, drohenden Geflüster. „Wenn der jungen Frau auch nur ein einziges Haar gekrümmt wird, sorgen wir dafür, dass Sie und Ihre Komplizen an die Nadel angeschlossen und eingeschläfert werden.“

Der Agent erntete von dem verurteilten Mörder nur einen mitleidigen Blick. Dann schnappte Glencer: „Soll ich das als Drohung auffassen, G-men?“

„Ja“, antwortete Ron Harris eisig. „Und als Versprechen.“

„In New York ist die Todesstrafe abgeschafft!“, blaffte Glencer.

„Nach dem Gesetz des Staates New York– ja. Aber Sie wird man nach Bundesgesetz verurteilen. Man wird Sie nach Ihrer Verurteilung in einen Staat überführen, in dem noch hingerichtet wird. Und dort schnallt man Sie dann, nachdem man Sie einige Jahre in der Todeszelle zappeln ließ, auf die Bahre.“

„Dann sehen Sie nur zu, dass Sie alt genug werden, um Ihr Versprechen einlösen zu können, G-men“, kam es ungerührt von Donald Glencer. „Ich habe die besten Anwälte, und die werden…“

„Vielleicht gibt der Gouverneur dem Erpressungsbegehren statt“, sagte Owen Burke, unterbrach damit den Gangster, und ein süffisantes Grinsen umspielte seine Lippen. „Dann werden sich für Sie die Gefängnistore öffnen, Glencer. Doch stellen Sie sich vor, es sind nicht Ihre Freunde, die Sie draußen erwarten, sondern die Killer des Montinari-Clans.“

Donald Glencer zeigte keine Reaktion.

„Oder es ist Ihr Auftraggeber“, fuhr Owen Burke fort, „der fürchten muss, dass Sie irgendwann doch noch den Mund aufmachen und seinen Namen verraten. Sein Bestreben wird es sein, Sie zum Schweigen zu bringen. Und das schafft man am besten mit einer Pistole und einer Kugel vom Kaliber 9 Millimeter Luger. Doch wem sage ich das?“

Glencer stieß scharf die Luft durch die Nase aus. „Noch was, G-men?“, fragte er.

„Sprechen Sie mit uns, Glencer“, knurrte Owen Burke. „Wenn es Ihre Freunde waren, die Dorothy Stewart entführt haben, dann sagen Sie es uns, und erzählen Sie uns auch, wo wir die junge Lady finden.“

„Ich habe keine Freunde“, murmelte der Verbrecher. Er räusperte sich, dann sprach er weiter: „Der Montinari-Clan hat Rache geschworen. Wahrscheinlich hat Luigi Montinari den Plan ausgeheckt.“

„Oder Ihr damaliger Auftraggeber“, hakte Ron Harris nach.

Clencer schoss ihm einen vernichtenden Blick zu. „Wer zum Teufel sagt Ihnen denn, dass ich mit dem Mord beauftragt wurde, Agent?“

„Warum sonst sollten Sie den Mafioso umgelegt haben?“, kam es von Owen Burke. „Es war ein Mord im Bandenmilieu. Sie gehören nicht dazu, Glencer. Warum sollte ein Einzelgänger wie Sie einen Mafiaboss zu seinen Ahnen versammeln? Nein, Glencer, Sie persönlich hatten nicht das geringste Motiv für den Mord. Sie waren nur ein williges und sicher gut bezahltes Werkzeug.“

„Sie saugen sich etwas aus den Fingern, G-man.“

„Wenn Sie meinen…“ Owen Burke gab dem Wärter einen Wink. Donald Glencer wurde abgeführt.

Die Agents verließen ohne Resultat die Gefängnisinsel. Es war Nacht, als Ron Harris den Dodge Avenger über die Brücke aufs Festland steuerte.

*

Am folgenden Morgen statten die Agents Luigi Montinari einen Besuch ab. Der Italiener besaß in Chelsea, genau gesagt in der 26th Street, ein teures Apartment in der vierzehnten Etage eines Hochhauses. Burke und Harris hatten sich telefonisch angemeldet. Eine Frau um die dreißig, sehr attraktiv, bat sie in die Wohnung. Im Wohnzimmer trafen sie auf Montinari, die Frau verschwand in einem angrenzenden Raum.

„Die Tochter Senator Miles’ wurde entführt“, begann Owen Burke, nachdem sie Platz genommen hatten.

„Ich habe es vernommen“, erklärte Montinari. Er war Mitte dreißig, dunkelhaarig, durchtrainiert und sicher aalglatt. „Ziemlich dramatisch, das Ganze.“ Sein fragender Blick hing an den Lippen Owen Burkes.

„Die Entführer fordern die Freilassung Donald Glencers.“ Burke hielt, während er sprach, dem Blick des Italieners stand und ihm entging nicht die geringste Reaktion in dessen Zügen. In Montinaris Augen blitzte es auf, dann schien ein Schatten über sein Gesicht zu huschen.

„Man will den Mörder meines Vaters freipressen?“, entfuhr es ihm schließlich.

Burke nickte. „Sie haben geschworen, den Mord an Ihrem Vater zu rächen.“

Montinaris Brauchen schoben sich zusammen wie dunkle Raupen, über seiner Nasenwurzel bildeten sich zwei senkrechte Falten. „Ich begreife, Agent. Sie glauben, dass ich Glencer in die Hände bekommen will und die Tochter des Senators als Druckmittel einsetze.“

„Wir schließen es jedenfalls nicht aus“, antwortete Owen Burke.

„Es liegt irgendwie auf der Hand“, fügte Ron Harris hinzu.

„Sicher. Meine damalige Drohung könnte man als Indiz für Ihre Annahme heranziehen.“ Montinari lehnte sich im Sessel zurück und reckte die Schultern. „Aber Sie irren sich. Ich habe damit nichts zu tun.“

„Wir haben nicht erwartet, dass Sie es zugeben“, knurrte Ron Harris.

„Diese Aussage lässt mich vermuten, dass Sie mehr von meiner Schuld als von meiner Unschuld in dieser Sache überzeugt sind, G-men.“

Ron Harris beugte sich etwas nach vorn, legte die Ellenbogen auf seine Oberschenkel und ließ die Hände zwischen seinen Knien baumeln. „Machen wir uns nichts vor, Montinari: Ihr Vater wurde Opfer einer Auseinandersetzung im Bandenmilieu. Glencer hat nicht verraten, wer ihn für den Mord bezahlt hat. Doch ist sicher, dass er nicht aus eigenem Antrieb gehandelt hat. Haben Sie schon herausgefunden, wer den Montinari-Clan aus dem Geschäft drängen möchte?“

Luigi Montinari schürzte die Lippen. „Ich weiß, dass man in Polizeikreisen der Meinung ist, dass mein Vater ein skrupelloser Mafioso war. Einen schlüssigen Beweis für diese Behauptung gibt es jedoch nicht. Also sollten Sie vorsichtig mit Ihren Ӓußerungen sein. Ich lasse von Ihnen den Namen Montinari nicht in den Schmutz ziehen.“

„Wie auch immer“, so brachte sich Owen Burke wieder in das Gespräch ein, „der Gouverneur wird das Ansinnen der Erpresser ablehnen. Der Staat und die Justiz sind nicht erpressbar.“

„Warum sagen Sie mir das?“, blaffte der Italiener.

„Um Ihnen die Sinnlosigkeit der Entführung aufzuzeigen.“

Montinari zeigte Burke nur die Zähne. Es erinnerte an das Zähnefletschen einer wütenden Dogge.

Burke fuhr fort: „Selbst wenn die Kidnapper Dorothy Stewart ermorden, wie sie es angedroht haben: Der Tod der jungen Frau wird sinnlos sein. Und sollten die Entführer ein zweites Mal zuschlagen, wird auch das erfolglos bleiben. Doch irgendwann werden sie einen Fehler begehen. Und dann…“

„Sie wollen damit zum Ausdruck bringen, dass ich die junge Frau laufen lassen soll.“

„Wenn Sie sie entführt haben– ja.“

Montinaris Blick wurde stechend. „Ich will Ihnen etwas sagen, Agent: Wenn ich vor hätte, Glencer den Mord an meinem Vater zu vergelten, dann wäre er schon tot.“

„Sicher!“, schnarrte Ron Harris. „Ihre Verbindungen und Beziehungen reichen bis hinter die Mauern von Rikers Island. Aber vielleicht möchten Sie dem Mörder Ihres Vaters in die Augen schauen, wenn Sie ihn kalt machen. Ein schneller Tod hinter Zuchthausmauern ist aus Ihrer Sicht möglicherweise zu gnädig für den Mann, der Ihren Vater kaltblütig und für Geld ermordet hat.“

„Ich werde mich nicht weiter dazu äußern, Agents“, murmelte der Italiener. „Mit der Entführung habe ich nichts zu tun. Und nun…“

Owen Burke drückte sich hoch. „Wir gehen schon, Mr Montinari.“

Auch Ron Harris erhob sich. „Aber wir kommen vielleicht wieder“, versprach er.

Als sie wieder im Dodge saßen, sagte Harris: „Er ist jetzt das Oberhaupt des Clans. Wenn er sich den Respekt der übrigen Familie sichern will, muss er seinen Vater rächen. Er ist in Zugzwang. Darum bin ich fast davon überzeugt, dass er der Kidnapper ist.“

Er fuhr an.

„Deine Überzeugung bringt uns allerdings nicht weiter, Kollege“, knurrte Owen Burke ziemlich missgestimmt. „Vor Gericht zählen nur Beweise.– Ich will mal hören, ob Cody etwas herausgefunden hat.“

Während Ron Harris das Gesicht verzog, er mochte Cody Short nicht, nahm Owen Burke sein Handy und stellte eine Verbindung mit dem Informanten her. Der Bursche meldete sich, und auf Owen Burkes Frage, ob er etwas zu berichten habe, sagte er: „Es ist nur sehr vage, Owen. Aber man munkelt, dass der Bursche, der in Midtown ins Geschäft drängt, ein gewisser Stephen Mortimer sein soll. Midtown wird im Moment noch vom Montinari-Clan beherrscht. Nach dem Mord an Giovanni Montinari, und nachdem dessen Killer geschnappt wurde, soll im Untergrund Ruhe eingekehrt sein. Möglicherweise die Ruhe vor dem Sturm.“

„Stephen Mortimer sagtest du, nicht wahr?“

„Richtig. Mehr kann ich dir im Augenblick nicht sagen. Aber ich bleibe dran, und wenn ich etwas erfahre, melde ich mich.– He, Owen, ich denke, der Tipp, den ich dir eben gab, ist schon einen Zwanziger wert. Meinst du nicht?“

„Du bist gierig, Cody. Habgier ist eine Sünde.“

„Ha, ha. Was heißt Habgier? Ich muss leben. Das musst du doch verstehen. Und du willst doch…“

„Erpresser! Na schön. Zwanzig Bucks. Du kriegst das Geld bei der nächstbesten Gelegenheit. Ist das in Ordnung?“

„Roger, Owen. Vielleicht besuche ich euch mal im Federal Building.“

Burke beendete das Gespräch.

„Wetten, dass der heute noch bei uns auf dem Teppich steht, um sich die zwanzig Bucks zu krallen!“, stieß Ron Harris grimmig hervor. „Cody würde für einen Fünfer die Seele seiner Großmutter dem Satan verkaufen.“

„Sein Charakter ist für mich unmaßgeblich“, versetzte Owen Burke und fuhr den Bordcomputer hoch. Er war vollkommen auf das Gerät in der Mittelkonsole des Dodge konzentriert. Harris schwieg. Burke tippte den Namen Stephen Mortimer in den Suchlauf bei NCIC 2000, und er wurde fündig. Er las, dann sagte er: „Stephen Mortimer, 47 Jahre alt, letzte bekannte Anschrift 224 East 23rd Street. Vorbestraft wegen Körperverletzung, Urkundenfälschung, Betrug und Unterschlagung. Saß insgesamt fünf Jahre im Gefängnis, davon zwei Jahre im Attica Correctional Facility.“

„Das ist nur für die ganz besonders harten und gefährlichen Jungs“, bemerkte Ron Harris.

„Kann man wohl sagen. Ob er wohl noch in der 23rd wohnt?“

„Sehen wir einfach mal nach.“

Die Agents waren auf dem Weg nach Süden, zur Federal Plaza. Ron Harris steuerte den Dodge auf die East Side, und er fand in der 23rd Street vor dem Gebäude mit der Nummer 224 einen Parkplatz. Vom Doorman in der Halle des Gebäudes erfuhren sie, dass Stephen Mortimer ein Apartment in der siebten Etage bewohnte. Der Mann stellte keine weiteren Fragen.

*

Sie nahmen den Aufzug. Wenig später klingelte Ron Harris an der Tür zur Wohnung Mortimers. Es dauerte nur wenige Augenblicke, bis aus dem Lautsprecher der Freisprechanlage eine tiefe Stimme erklang: „Wer ist da?“

„Die Special Agents Burke und Harris vom FBI New York.”

Es knackte im Lautsprecher, dann wurde die Tür einen Spaltbreit aufgezogen. Die linke Hälfte eines breitflächigen Gesichts wurde sichtbar, und wieder erklang die dunkle Stimme: „Was will das FBI von mir? Können Sie sich überhaupt ausweisen?“

Owen Burke holte das Etui mit der ID-Card aus der Tasche, klappte es auf und hielt es Mortimer hin. Dessen linke Braue zuckte in die Höhe, er las, dann drückte er die Tür zu, klinkte die Sicherungskette aus und zeigte sich. Der Blick, mit dem er die Agents musterte, war erwartungsvoll, trotzig und irgendwie herausfordernd. „Womit kann ich dienen?“ Es klang ein wenig spöttisch.

„Sie müssen uns nicht dienen“, versetzte Ron Harris, der sich auf die Schnelle ein Bild von Mortimer gemacht hatte. Was er sah, gefiel ihm nicht. Vielleicht war er auf Grund des Strafregisters auch voreingenommen. „Wir haben lediglich einige Fragen an Sie. Und da es sich zwischen Tür und Angel nicht so gut spricht, sollten Sie uns in Ihre Wohnung bitten.“

Während Ron Harris sprach, hatte sich Mortimers Gesicht regelrecht verschlossen. Der brutale Zug, der sich in seinen Mundwinkeln festgesetzt hatte, war nicht zu übersehen. „Was wollen Sie?“, fragte er grollend, und es klang ganz und gar nicht mehr freundlich, die Stimme Mortimers wies aber auch nicht mehr den höhnischen Unterton von eben auf.

„Es wird gemunkelt, dass Sie dem Montinari-Clan vor einiger Zeit den Krieg erklärt haben“, gab Owen Burke zu verstehen.

„Wie kommen Sie darauf?“

„Man munkelt es.“

„Ich habe niemand den Krieg erklärt. Von dem Clan habe ich noch nie etwas gehört.“

„Giovanni Montinari“, sagte Owen Burke, „ein Mann namens Donald Glencer hat ihn vor zehn Monaten ermordet. Ein Auftragsmord. Pech für Glencer und seinen Auftraggeber, dass Glencer geschnappt wurde.“

„Ich kenne auch niemand, der Glencer heißt.“

„Die Zeitungen waren voll von dem Prozess, der vor zwei Wochen endete, New York One berichtete laufend, und auch die lokalen Radiosender hielten die Bevölkerung bezüglich des Prozessverlaufes auf dem Laufenden. Giovanni Montinari war eine lokale Größe, man konnte ihn der New Yorker Prominenz hinzu rechnen. Die Namen Montinari und Glencer waren in aller Munde. Nur Ihnen scheinen sie unbekannt zu sein, Mortimer.“

„Ich interessiere mich nicht für lokale Ereignisse.“

„Dann ist Ihrer geschätzten Aufmerksamkeit sicher auch entgangen, dass die Tochter Senator Stewarts entführt wurde.“

„Ganz richtig.“ Mortimer verriet mit keinem Wimpernschlag, was hinter seiner Stirn vorging. „Auch davon weiß ich nichts. Noch etwas, Agents?“

„Aber wieso bringt man in gewissen Kreisen Ihren Namen mit dem der Montinaris in Verbindung?“, meldete sich Ron Harris zu Wort.

Mortimer zuckte mit den Achseln. „Fragen Sie mich etwas Leichteres, G-man.“

„Wir werden ganz besonders aufmerksam Ihre Strafakten durchlesen, Mortimer“, versicherte Owen Burke. „Dass Sie einiges auf dem Kerbholz haben, das wissen Sie ja wohl. Und sollten in irgendeinem Verfahren die Namen Montinari oder Glencer auftauchen, dann müssen wir davon ausgehen, dass Sie uns angelogen haben. Und dann unterhalten wir uns noch einmal.“

Jetzt zeigten die Augen des Mannes ein unruhiges Flackern. Er begann an seiner Unterlippe zu nagen und gab sich den Anschein, scharf nachzudenken. Plötzlich schlug er sich mit der flachen Hand leicht gegen die Stirn. „Glencer, Donald Glencer– natürlich. Er hat mal für mich gearbeitet. Das ist aber schon länger als drei Jahre her.“

„Als was war er denn für Sie tätig?“

„Als Keeper. Sie müssen wissen, ich betreibe einige Bars hier in Midtown und in Südmanhattan. Glencer arbeitete im Club Santiago. Irgendwann hat er den Job geschmissen. Er hat diesen Montinari umgelegt? Heiliger Rauch! Das hätte ich dem Burschen gar nicht zugetraut.“

„Denken Sie noch einmal nach, Mortimer“, knurrte Ron Harris. „Vielleicht fällt Ihnen ein, dass Sie auch Giovanni Montinari kannten.“

Mortimers Backenknochen begannen zu mahlen. Seinen Gesichtsausdruck konnte man als verkniffen bezeichnen. „Darüber brauche ich nicht nachzudenken“, knirschte er. „Ich kenne diesen Mann nicht.“

„Wann hatten Sie zum letzten Mal Kontakt mit Glencer?“, fragte Owen Burke.

„So richtigen Kontakt hatte ich mit ihm nie. Er war mein Angestellter. Vor gut drei Jahren kündigte er den Job, und ich habe nie wieder etwas von ihm gehört– zumindest nicht bis heute.“

„Nun ja, wenn Sie es sagen…“ Burke warf Ron Harris einen schnellen Blick zu. „Hast du noch Fragen?“

„Nein.“

„Vielen Dank, Mister Mortimer. Sie waren sehr kooperativ. Auf Wiedersehen.“

Stephen Mortimer knallte die Tür zu.

„Wir werden uns trotzdem die Strafakte von Donald Glencer zu Gemüte führen“, sagte Owen Burke. „Möglich, dass wir Hinweise auf Freunde– oder auch Feinde des Killers finden.“

*

„Interessant“, murmelte Ron Harris. Die beiden Agents befanden sich in ihrem Büro. Jeder saß vor seinem PC. Draußen wurde es schon düster. Weißes Neonlicht erhellte den Raum.

„Was?“, fragte Owen Burke.

„Ich lese gerade den Polizeibericht bezüglich der vor dem Mord von Glencers Handy aus geführten Telefonate. Man hat damals die Nummern ausgewertet, und eine der Nummern– Glencer hat sie insgesamt dreimal angewählt–, wurde einer Patricia Hackley zugeordnet.“

„Na und? Ich nehme an, dass man Patricia Hackley vernommen hat. Was macht sie gegebenenfalls für uns interessant?“

„Sie ist eine geborene Mortimer.“

Jetzt zeichnete Betroffenheit die Miene Owen Burkes. „Mit Stephen Mortimer verwandt oder verschwägert?“, fragte er, als er die Eröffnung verarbeitet hatte.

„Das steht hier nicht. Anlässlich ihrer Vernehmung gab sie an, dass sie mit Glencer gut befreundet sei und dass sie– was die Telefonate anbetrifft–, mit ihm vollkommen belanglose Gespräche geführt habe. Glencer hat das bestätigt.“

„Was weiß man über diese Frau?“

„Sie ist dreiundzwanzig Jahre alt und mit Richard Hackley verheiratet, lebt aber von diesem seit über einem halben Jahr getrennt. Ihre Anschrift lautet– jetzt halt dich fest, Kollege– 224 East 23rd Street.“

„Sie wohnt im selben Haus wie Stephen Mortimer?“

„Ja. Und auf Grund dieser Tatsache gehe ich davon aus, dass es zwischen den beiden irgendwelche verwandtschaftlichen Bande gibt.“ Ron Harris suchte die Telefonnummer Patricia Hackleys her, notierte sie und tippte sie in den Apparat. Den Lautsprecher aktivierte er. Nachdem das Freizeichen dreimal erklungen war, meldete sich eine Frauenstimme: „Hackley.“

„Patricia Hackley?“

„Ja. Wer sind Sie, was möchten Sie von mir?“

„Ich bin Special Agent Ron Harris vom FBI New York. Würden Sie sich uns für einige Fragen zur Verfügung stellen, Mrs Hackley?”

„Fragen Sie.“

„Vielleicht wäre es besser, wenn wir die Sache im Rahmen eines Vier-Augen-Gesprächs klären würden.“

„Welche Sache? Was gibt es zu klären?“

„Es geht um Ihre Freundschaft zu Donald Glencer.“

Sekundenlang herrschte Schweigen am anderen Ende der Leitung. War das ein Zeichen von Überraschung, Betroffenheit, vielleicht sogar Bestürzung oder Fassungslosigkeit? „Aha“, kam es schließlich von Patricia Hackley. Und nach einer weiteren kurzen Verzögerung sagte sie: „Was ihn betrifft habe ich schon alles Ihren Kollegen erzählt. Glencer und ich kennen uns. Mehr war da nicht.“

„Uns sind noch einige Fragen eingefallen“, sagte Ron Harris.

Ein Laut, der sich anhörte wie genervtes Seufzen, erklang, dann sagte Patricia Hackley: „Ich muss gleich weg. Es handelt sich um eine sehr wichtige Angelegenheit. Aber morgen– sagen wir gegen Mittag–, stelle ich mich Ihnen gerne zur Verfügung.“

„Wie wäre es mit ein Uhr?“

„Einverstanden.“

„Eine Frage, noch Mrs Hackley. Sind Sie mit Stephen Mortimer verwandt?“

„Er ist mein Vater.“

„Danke. Bis morgen also…“

Im selben Augenblick, als Ron Harris auflegte, klingelte Owen Burkes Telefon. Der Agent schnappte sich den Hörer und hob ihn vor sein Gesicht, dann nannte er seinen Namen. Es war der AD, der sagte: „Die Kidnapper haben sich soeben gemeldet. Sie fordern, dass Glencer morgen Vormittag um 10 Uhr das Gefängnis verlässt. Ein Taxi wird ihn abholen. Sobald der Taxifahrer die Gefängnisinsel verlassen hat, will man ihm telefonisch das Ziel mitteilen.“

„Hat der Anrufer wieder gedroht?“, fragte Owen Burke.

„Ja. Dorothy Stewart wird sterben, wenn die Forderung nicht erfüllt wird.“

Burke warf einen Blick auf die Zeitanzeige seines Bildschirms. Es war 16 Uhr 45. „Uns bleiben also nur noch gut siebzehn Stunden“, murmelte er. Etwas lauter fragte er: „Haben Sie schon den Gouverneur oder den Justizminister verständigt, Sir?“

„Die beiden haben schon im Vorfeld zu verstehen gegeben, dass man der Erpressung nicht nachzugeben gedenkt.“

„Dann liegt es an uns, das Leben der jungen Frau zu retten“, knurrte Owen Burke. „Es gibt eine Verbindung zwischen Donald Glencer und Stephen Mortimer, Sir. Man munkelt in Unterweltkreisen, dass Mortimer für den Tod von Giovanni Montinari verantwortlich sein soll. Mit Mortimer haben wir schon gesprochen. Er behauptet, von nichts zu wissen. Aber seine Tochter, ihr Name ist Patricia Hackley, steht in irgendeiner Beziehung zu Glencer. Darum gehen wir davon aus, dass Mortimer uns angelogen hat, als er behauptete, Glencer lediglich flüchtig zu kennen und seit mehr als drei Jahren keinen Kontakt mit ihm gehabt zu haben.“

„Vielleicht schließt sich hier ein Kreis“, murmelte der Assistant Director. „Wie wollen Sie weiter vorgehen?“

„Ich weiß es noch nicht, Sir. Um 13 Uhr haben wir eine Verabredung mit Mrs Hackley. Allerdings läuft um 10 Uhr das Ultimatum ab, das die Kidnapper stellen. In dieser Sache ist guter Rat teuer. Vielleicht sollte man Glencer gehen lassen. Irgendwo hin wird ihn das Taxi bringen. Wir werden uns dem Fahrzeug anhängen. Wer immer es auch ist, der Glencer in Empfang zu nehmen gedenkt– wir würden ihn schnappen.“

„Ich weiß nicht, ob der Gouverneur mitspielt“, gab der AD zu bedenken.

„Vielleicht sollten wir den Justizminister auf unsere Seite ziehen, Sir. Wenn er unseren Plan unterstützt, wird ihn auch der Gouverneur absegnen.“

„Ich werde heute wohl noch einige Gespräche führen müssen“, erklärte der AD.

„Wir warten auf ein Ergebnis“, gab Owen Burke zu verstehen.

„Ich setze Sie unverzüglich in Kenntnis, sobald ich sowohl mit dem Büro des Gouverneurs als auch mit dem des Justizministers gesprochen habe. Man hat einen Krisenstab eingesetzt. Es ist also immer jemand zu erreichen.“

Burke legte auf und vertiefte sich wieder in seine Studien am PC.

„Ich habe mir mal den bisherigen Werdegang von Patricia Hackley und Dorothy angesehen“, sagte Ron Harris nach einer Reihe von Mausklicks und intensiver Konzentration auf seinen Monitor. „Beide Ladies haben in derselben Jahrgangsstufe bis zur 12. Klasse die Beekman High School besucht. Dorothy hat dann ein Medizinstudium begonnen, Patricia ist von der Schule abgegangen.“

„Woher beziehst du deine Weisheiten?“, fragte Owen Burke.

„Die Daten von Dorothy Stewart gibt das Protokoll über die Entführung her, die von Patricia Hackley hat mir Facebook geliefert. Was mich stutzig gemacht hat, ist die Tatsache, dass die beiden jungen Frauen gleich alt sind. Es war wie eine Eingebung. Und nun wissen wir, dass sie sich kennen. Mir scheint, es ist kein Zufall, dass Dorothy entführt wurde.“

„Dir rote Schnur zieht sich von Donald Glencer zu Patricia Hackley und von der zu Dorothy Stewart“, sinnierte Owen Burke. „Möglicherweise sind Luigi Montinari und Stephen Mortimer nur Statisten in der Sache, vielleicht nicht mal das. Ich denke, wir müssen das Gespräch mit Patricia Hackley vorverlegen.“

„Und wir werden uns nicht ankündigen“, fügte Ron Harris hinzu, stand auf, nahm seine Jacke von der Stuhllehne und zog sie an. Ein entschlossener Zug lag um seinen Mund. „Ich denke, wir sind des Rätsels Lösung ein Stück näher gerückt.“