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Dieses Buch enthält folgende Western: Pete Hackett: Die dem Tod die Zähne zeigten Pete Hackett: Und dann schlägt dir die Stunde, McQuade Alfred Bekker: Farley und die Rancherin Pete Hackett: Die Entrechteten Max Brand: Dan Barry oder Der Nachtreiter Hinter McQuade lagen die Galiuro Mountains. Der Kopfgeldjäger war auf dem Weg nach Tucson. Er verhielt den Falben am Rande einer staubigen Senke. Sie wurde nach etwa hundertfünfzig Yards von einer Felsenkette begrenzt. Der heiße Südwind trieb Staubspiralen über den Boden. Die Sonne stand hoch im Zenit und brannte das Land aus. Ihr grelles Licht ließ im feinen Sand Myriaden von winzigen Kristallen glitzern. Gray Wolf, der graue Wolfshund, der McQuade vor vielen Monaten unten an der mexikanischen Grenze zugelaufen war, ließ sich nieder und leckte seinen linken Vorderlauf. McQuade atmete tief durch. In weiter Ferne erhoben sich die Santa Catalina Mountains. Jenseits dieser Bergwildnis lag Tucson. Vor dem Texaner lagen noch viele Meilen voller Entbehrungen und Strapazen. Er hakte die Canteen vom Sattel und schraubte sie auf, trank einen Schluck und hängte die Flasche an den Sattel zurück. Das Wasser schmeckte brackig. Aber es spülte den Staub aus der Kehle des Mannes, den die ruhelose Jagd auf Mörder, Räuber und Vergewaltiger kreuz und quer durchs Territorium trieb.
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Seitenzahl: 651
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5 Marshal Western Juni 2023
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Die dem Tod die Zähne zeigten
Und dann schlägt dir die Stunde, McQuade
FARLEY UND DIE RANCHERIN
Die Entrechteten
Dan Barry oder Der Nachtreiter
Dieses Buch enthält folgende Western:
Pete Hackett: Die dem Tod die Zähne zeigten
Pete Hackett: Und dann schlägt dir die Stunde, McQuade
Alfred Bekker: Farley und die Rancherin
Pete Hackett: Die Entrechteten
Max Brand: Dan Barry oder Der Nachtreiter
Hinter McQuade lagen die Galiuro Mountains. Der Kopfgeldjäger war auf dem Weg nach Tucson. Er verhielt den Falben am Rande einer staubigen Senke. Sie wurde nach etwa hundertfünfzig Yards von einer Felsenkette begrenzt. Der heiße Südwind trieb Staubspiralen über den Boden. Die Sonne stand hoch im Zenit und brannte das Land aus. Ihr grelles Licht ließ im feinen Sand Myriaden von winzigen Kristallen glitzern.
Gray Wolf, der graue Wolfshund, der McQuade vor vielen Monaten unten an der mexikanischen Grenze zugelaufen war, ließ sich nieder und leckte seinen linken Vorderlauf.
McQuade atmete tief durch. In weiter Ferne erhoben sich die Santa Catalina Mountains. Jenseits dieser Bergwildnis lag Tucson. Vor dem Texaner lagen noch viele Meilen voller Entbehrungen und Strapazen. Er hakte die Canteen vom Sattel und schraubte sie auf, trank einen Schluck und hängte die Flasche an den Sattel zurück. Das Wasser schmeckte brackig. Aber es spülte den Staub aus der Kehle des Mannes, den die ruhelose Jagd auf Mörder, Räuber und Vergewaltiger kreuz und quer durchs Territorium trieb.
Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von
Alfred Bekker
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© dieser Ausgabe 2023 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen
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Der Kopfgeldjäger
Pete Hackett Western - Deutschlands größte E-Book-Western-Reihe mit Pete Hackett's Stand-Alone-Western sowie den Pete Hackett Serien "Der Kopfgeldjäger", "Weg des Unheils", "Chiricahua" und "U.S. Marshal Bill Logan".
Über den Autor
Unter dem Pseudonym Pete Hackett verbirgt sich der Schriftsteller Peter Haberl. Er schreibt Romane über die Pionierzeit des amerikanischen Westens, denen eine archaische Kraft innewohnt, wie sie sonst nur dem jungen G.F.Unger eigen war – eisenhart und bleihaltig. Seit langem ist es nicht mehr gelungen, diese Epoche in ihrer epischen Breite so mitreißend und authentisch darzustellen.
Mit einer Gesamtauflage von über zwei Millionen Exemplaren ist Pete Hackett (alias Peter Haberl) einer der erfolgreichsten lebenden Western-Autoren. Für den Bastei-Verlag schrieb er unter dem Pseudonym William Scott die Serie "Texas-Marshal" und zahlreiche andere Romane. Ex-Bastei-Cheflektor Peter Thannisch: "Pete Hackett ist ein Phänomen, das ich gern mit dem jungen G.F. Unger vergleiche. Seine Western sind mannhaft und von edler Gesinnung."
Hackett ist auch Verfasser der neuen Serie "Der Kopfgeldjäger". Sie erscheint exklusiv als E-book bei CassiopeiaPress.
Ein CassiopeiaPress E-Book
© by Author www.Haberl-Peter.de
© der Digitalausgabe 2013 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen
www.AlfredBekker.de
Der Klang von Schüssen sickerte an McQuades Gehör und er parierte augenblicklich den Falben. Gray Wolf, der neben dem Pferd hergetrottet war, ließ sich auf die Hinterläufe nieder und kratzte sich mit der linken hinteren Pfote ausgiebig unter dem Kinn.
Das Knattern der Gewehre und das trockene Dröhnen der Revolver wehten heran wie eine Botschaft von Untergang und Verderben.
Der Kopfgeldjäger befand sich mitten in der Ödnis der Galiuro Mountains. Um ihn herum waren schroffe, bizarre Felsen und bewaldete Hügel. Über allem hing ein flirrender Hitzeschleier. Comas, Mesquites und Ocotillos, die zwischen den Felsen und auf den weitläufigen Geröllfeldern neben hartem Büschelgras die einzige Vegetation bildeten, waren mit Staub gepudert.
McQuade entschied sich von einem Augenblick zum anderen und trieb mit einem Schenkeldruck den Falben an. „Go on, Partner“, rief er dem grauen Wolfshund zu, der ihm vor langer Zeit in einem Ort an der mexikanischen Grenze zugelaufen war und der sich als treuer und zuverlässiger Partner entwickelt hatte. Gray Wolf streckte ausgiebig seinen muskulösen Körper, dann gähnt er, und schließlich folgte er dem Reiter.
Der Krachen der Schüsse wies McQuade den Weg. Je näher er kam, umso ohrenbetäubender wurde der Kampflärm. Die Detonationen verschmolzen ineinander, erhoben sich über die Berge und rollten auseinander. Brüllende Echos verstärkten den höllischen Choral.
Vor den Hufen des Falben fiel das Gelände schroff ab. McQuade hatte das Tier angehalten. Er befand sich am Rand eines Canyons, der von Westen nach Osten verlief. Unten, auf der Sohle, sah McQuade einen leichten Armee-Schlutter-Wagen, über dessen Ladefläche eine helle Plane gespannt war und der von zwei Pferden gezogen wurde. Eines der Pferde war tot. Vier gesattelte Pferde liefen erregt hin und her. Zwei weitere Tiere lagen reglos am Boden. Unter dem Fuhrwerk zuckten Mündungsblitze hervor, um den Wagen wogte Pulverdampf.
Von beiden Seiten des Canyons jagten die Wegelagerer ihr Blei in die Tiefe. Sie hatten sich auf den Abhängen und in den Felswänden gut verschanzt und feuerten aus dem Schutz von Felsbrocken und –rissen, was das Zeug hielt.
Es waren Apachen.
McQuade konnte einige von ihnen, die sich auf seiner Seite des Canyons postiert hatten, sehen.
Er selbst war noch nicht bemerkt worden. Der Kopfgeldjäger schwang sich vom Pferd, zerrte das Tier zurück, sodass es von unten nicht mehr zu sehen war, die Henry Rifle flirrte aus dem Scabbard, es knackte metallisch, als der Texaner eine Patrone in die Kammer riegelte.
Vom Rand des Canyons aus feuerte er auf die Apachen, hinter deren Rücken er sich befand. Zwei – drei Krieger brachen zusammen. Jetzt bemerkten die anderen, dass ihnen ein weiterer Gegner erwachsen war. Einige Kugeln pfiffen herauf. Querschläger quarrten durchdringend. Die Geschosse schrammten über das Gestein, Splitter wurden losgemeißelt und spritzten nach allen Seiten auseinander.
Ein vierter Krieger – ein rotes Tuch wand sich um seine Stirn -, taumelte aus seiner Deckung, sackte zusammen und rollte ein Stück hangabwärts, bis er mit ausgebreiteten Armen liegen blieb.
McQuade vermutete, dass es sich um Chiricahuas handelte. Cochise und seine Krieger führten einen erbitterten Guerillakrieg gegen die Armee. Sie machten den Südosten des Arizona-Territoriums und das Grenzland von Mexiko unsicher. Der Kopfgeldjäger konnte ein Lied von der Grausamkeit dieser Auseinandersetzung singen. Es gab keine Gnade und kein Erbarmen. Irgendwann – so sagte er sich -, würde dieser Teil des Territoriums wohl im Blut seiner Bewohner ertrinken. Zu den Bewohnern zählte er auch die Chiricahuas …
Das Feuer der Apachen konzentrierte sich nun auf den Texaner. Ihr Blei zwang ihn in Deckung. Nur hin und wieder zuckte er über den Felsen, der ihm Schutz bot, hinaus und jagte einen Schuss in die Tiefe. Schließlich wechselte er die Stellung, und des gelang ihm, zwei weitere Krieger unschädlich zu machen.
Im Canyon, bei dem Fuhrwerk, tat sich etwas. Ein blauuniformierter Mann kroch unter dem Wagen hervor, kam hoch und lief geduckt zu dem toten Pferd im Gespann. Schnell schnitt er die Leinen durch. Er brüllte etwas nach hinten, und dann krochen vier weitere Männer in der Uniform der Kavallerie unter dem Gefährt hervor. Sie feuerten um sich, rannten zu den Pferden und warfen sich in die Sättel. Der Mann, der das tote Pferd losgeschnitten hatte, kletterte behände auf den Wagenbock und angelte sich die Zügel, mit denen er das Pferd peitschte. Dazu brüllte er und stieß er schrille Schreie aus.
Wütendes Geheul erhob sich.
McQuade hatte ein weiteres Mal die Stellung gewechselt. Auf den Abhängen flohen die Apachen, denn sie begriffen, dass der Schütze auf dem Rand des Canyons sämtliche Vorteile auf seiner Seite hatte. Nur noch vereinzelte Schüsse peitschten auf Seiten der Indianer. Das Fuhrwerk holperte und schlingerte auf dem Grund des Canyons in Richtung Osten, die vier berittenen Soldaten feuerten hinter sich und gaben dem Mann auf dem Wagenbock gewissermaßen Feuerschutz. Der leichte Schoner polterte und rumpelte über die Bodenunebenheiten hinweg, dorniges Strauchwerk wurde niedergewalzt, kleine Steine wurden unter den eisenumreiften Rädern zermalmt wie von einem Mörser. Staub wogte und vermischte sich mit dem Pulverdampf.
McQuade hatte das Gewehr gesenkt. Er feuerte nicht mehr auf die huschenden Gestalten. Er hatte mit seinen Kugeln genug Apachenblut vergossen. Doch eine andere Wahl hatte er nicht. Wenn er nicht eingegriffen hätte, wären die Soldaten innerhalb der nächsten halben Stunde im Kugelhagel der Chiricahuas gestorben. Das durfte er nicht zulassen.
Die Krieger gestalteten ihren Rückzug jetzt lautlos. Sie huschten von Deckung zu Deckung, Hass in den Gemütern, Enttäuschung in den Herzen, weil ihnen eine Wagenladung voll Gewehre und Munition entgangen war. Über ein halbes Dutzend ihrer Brüder und Vettern waren tot. Es schürte die tödliche Leidenschaft, und es würde weitere brutale Gewalt nach sich ziehen.
McQuade schwang sich in den Sattel und ritt am Rand des Canyons entlang nach Osten. Nach etwa einer halben Meile fand er einen Abstieg. Es war ein natürlicher Pfad, voller Geröll, gesäumt von übermannshohen Felsen und dornigem Gestrüpp, den der Regen ausgewaschen hatte. Er musste das Pferd größtenteils führen. Steine polterten in die Tiefe und zerschellten. Der Falbe scheute des Öfteren. Dem Kopfgeldjäger bereiteten die hochhackigen Stiefel Probleme. Die Sohlen waren glatt und er fand auf den oftmals von der Erosion geglätteten Felsplatten, die den Untergrund bildeten, kaum Halt.
Sie schafften es. Unten saß der Kopfgeldjäger wieder auf und folgte dem Schlutter Wagon, der hinter einer Hügelflanke, die sich weit in den Canyon hineinschob, aus seinem Blickfeld verschwunden war.
Schließlich endete der Canyon. Die Soldaten hatten auf der Ebene, in die er mündete und die im Norden, Osten und Süden von Felsen und Hügeln begrenze wurde, angehalten. Der Staub, den die Räder und die Hufe aufgewirbelt hatten, legte sich. Wie eine glühende Scheibe stand die Sonne senkrecht über dem Plateau.
McQuade näherte sich dem Fuhrwerk. Die vier berittenen Soldaten blickten ihm entgegen. Einer blutete am Oberarm, über die Wange eines anderen zog sich eine blutige Schramme. Staub und Schweiß hatten in den Gesichtern eine dünne Schicht gebildet, die Augen der Männer waren entzündet und wiesen einen fiebrigen Glanz auf. Jeder Zug wurde von der Anspannung und dem Schrecken der vergangenen Viertelstunde geprägt.
Zwei Pferdelängen vor den Soldaten zerrte McQuade den Falben in den Stand. Die Gebisskette klirrte, das Leder des alten, gebrochenen Sattels knarrte. „Howdy“, grüßte er mit heiserer Stimme. „Ich schätze, das war knapp.“
Einer der Kavalleristen nickte und antwortete: „Ich bin Lieutenant Hunter. Wir sind auf dem Weg nach Fort Grant.“ Der Lieutenant atmete tief durch, dann fuhr er fort: „Ja, Sir, das war höllisch knapp. Ohne Ihre Hilfe hätten uns diese rothäutigen Teufel schon massakriert.“
*
„Mein Name ist McQuade“, stellte sich der Kopfgeldjäger vor.
„Was verschlägt einen Mann und seinen Hund in diese Wildnis?“, fragte Bill Hunter. „Hat Ihnen denn niemand gesagt, dass in dem Gebiet zwischen Tucson, dem Apache Pass und der mexikanischen Grenze die Chiricahuas ihr Unwesen treiben? Ein Weißer, der ihnen in die Hände fällt, ist ein armes Würstchen und sollte sich am besten gleich selbst eine Kugel in den Kopf schießen.“
„Ich verfolge einen Mann. Sein Name ist Mitchell Bell. Bell hat einige Postkutschen überfallen und bei einem seiner Überfälle den Postkutschenbegleiter erschossen. Auf seinen Kopf ist eine Belohnung von fünfhundert Dollar ausgesetzt.“
„Sie tragen kein Abzeichen“, konstatierte der Offizier. Er mochte um die dreißig Jahre alt sein, hatte blonde Haare und blaue Augen, die in dem sonnengebräunten, schmalen Gesicht einen besonderen Kontrast darstellten. „Ich meine einen Sheriff- oder Marshalstern.“
„Ich bin Kopfgeldjäger.“
Das Gesicht Bill Hunters schien sich etwas zu verschließen.
Jetzt aber ließ ein anderer Mann, er trug die Rangabzeichen eines Corporals am Ärmel, seine Stimme erklingen. Er sagte: „Ich habe von Ihnen gehört, McQuade. Sie genießen einen guten Ruf. Ja, McQuade, der Texaner, und sein Hund. In Fort Grant habe ich Sie sogar schon einmal gesehen.“
„Das mag sein“, versetzte der Kopfgeldjäger. „Ich war schon einige Male dort.“
„Sie haben der Armee der Vereinigten Staaten einen großen Dienst erwiesen, McQuade“, gab der Lieutenant zu verstehen. „Auf dem Fuhrwerk befinden sich hundert Winchestergewehre, Modell 1866, das Neueste, was sich auf dem Markt befindet, außerdem zehntausend Schuss Munition. Wenn das Zeug den Rothäuten in die Hände gefallen wäre …“ Bill Hunter griff sich an den Kopf, auf dem die blaue Feldmütze mit dem Emblem der gekreuzten Säbel saß. „Ich mag gar nicht daran denken.“
„Kommen Sie von Tucson herüber?“, fragte McQuade.
„Ja. Wir haben dort den Transport übernommen. Die Besatzung von Fort Grant soll mit den neuen Waffen ausgestattet werden.“ Der Lieutenant wies auf den Corporal. „Das ist Corporal Tom Robinson. Und das –„ er deutete auf die verstaubten Soldaten, von denen zwei aus kleinen Wunden bluteten, „– sind die Trooper Baker, Rankin und Hodge. Wir hatten verdammtes Glück, dass die Rothäute durch die Unbedachtheit eines Kriegers ihren Hinterhalt in dem Canyon verrieten. Wenn sie uns überrascht hätten, wären wir wohl ihrer ersten Salve zum Opfer gefallen.“
„Kann es sein, dass die Apachen von dem Waffentransport wussten?“, fragte McQuade.
Lieutenant Hunter zuckte mit den Achseln. „Ich weiß es nicht, schließe es aber nicht aus. So weit nördlich treiben sich die Chiricahuas normalerweise nicht herum. Weil bei den Verantwortlichen niemand mit einem Überfall rechnete, hat man es auch für ausreichend befunden, dass nur fünf Mann den Transport durchführen. Es wäre um ein Haar ins Auge gegangen.“
„Auch mein Ziel ist Fort Grant“, erklärte McQuade. „Wenn Sie nichts dagegen habe, begleite ich Sie.“
„Was sollten wir dagegen haben?“, fragte der Lieutenant. „Für uns bedeutet das ein Gewehr mehr. - Ich habe völlig vergessen, mich bei Ihnen zu bedanken, McQuade. Sie haben uns das Leben gerettet.“
Der Kopfgeldjäger winkte ab. „Wenn jemand in Not ist, sollte es eine Selbstverständlichkeit sein, ihm zu helfen. Außerdem sollten wir uns keinen Illusionen hingeben. Die Apachen werden nichts unversucht lassen, sich die Gewehre und die Munition unter den Nagel zu reißen.“
„Davon gehe ich aus“, knurrte der Lieutenant. „Aber wir werden den rothäutigen Mongolen die Zähne zeigen. Die Pest an den Hals desjenigen, der uns gegebenenfalls verraten hat. Er soll verfaulen.“
„Auf der Ebene bewegen wir uns wie auf einem Präsentierteller“, sagte McQuade. „Sehen wir zu, dass wir zwischen die Felsen und Hügel gelangen. Haben Sie etwas dagegen, wenn ich vorausreite, Lieutenant, um den Weg zu erkunden?“
„Wie könnte ich? Sie hat uns der Himmel geschickt, McQuade. Bis heute hatte ich keine allzu hohe Meinung von Leuten, die für Geld andere jagen und auch töten. Das hat sich geändert, nachdem ich Sie kennen gelernt habe, McQuade.“
McQuade zeigte ein kantiges Grinsen, das die dünne Schmutzschicht in seinem hohlwangigen Gesicht zerspringen ließ. „Ich fühlte mich geehrt“, erklärte er etwas sarkastisch, dann zerrann sein Grinsen und er fügte hinzu: „Wir sollten aufbrechen. Jetzt lecken die roten Brüder vielleicht noch ihre Wunden. Aber sie tragen sicherlich einige Dinge in den Herzen, die sie sehr schnell wieder aktiv werden lassen. Und dann müssen wir uns warm anziehen.“
„Okay, McQuade. Reiten Sie voraus.“ Der Lieutenant stellte sich etwas in den Steigbügeln auf und rief: „Trooper Baker!“
„Sir!“, rief der Kavallerist auf dem Wagenbock.
„Wir spannen das Pferd von Trooper Rankin mit vor das Fuhrwerk. Trooper Rankin, Sie steigen mit auf den Wagen. Legen Sie das Gewehr nicht aus den Händen. Corporal!“
„Lieutenant!“
„Sie reiten vor dem Schoner. Reiter Hodge und ich folgen. Ich fordere von jedem von uns hundertprozentige Wachsamkeit. Die Roten können über uns kommen wie ein paar Bussarde über ein paar arme Feldmäuse. Dass McQuade den Weg erkundet ist keine Lebensversicherung für uns. Die Chiricahuas sind hinterhältig, ein Ehrenkodex ist ihnen fremd.“
„Yes, Sir, ich reite vor dem Fuhrwerk“, bestätigte der Corporal den Befehl. „Und ich werde aufpassen wie ein Schießhund.“
McQuade trieb den Falben an.
Gray Wolf, der sich hingelegt hatte, erhob sich und folgte seinem Herrn.
*
Sie folgten den Windungen zwischen den Felsen und Hügeln. McQuade bewegte sich immer zwei- bis dreihundert Yards vor dem Fuhrwerk. Jeder seiner Sinne war aktiviert, seine Augen waren in ständiger Bewegung, er war angespannt bis in die letzte Faser seines Körpers. Der Kopfgeldjäger hielt die Henrygun in der rechten Hand, die Waffe lag quer über dem Mähnenkamm des Pferdes, eine Patrone befand sich im Lauf. McQuade war darauf eingestellt, blitzschnell zu reagieren.
Diese Bereitschaft war ihm zum zweiten Naturell geworden. Das Leben hier im Arizona-Territorium hatte ihm genügend Lektionen erteilt. Wer in diesem wilden Land seine Lektionen nicht schnell genug lernte, hatte kaum eine Chance. Seine Knochen bleichten irgendwann in der Sonne.
Es gab keinen Weg. Mit dem Fuhrwerk waren sie nicht besonders beweglich. Sie mussten Umwege in Kauf nehmen, da das Gelände über weite Abschnitte hinweg für den Schoner unpassierbar war. Es ging über windige Plateaus hinweg, durch staubige Senken, durch Schluchten und steinige Arroyos. Die Pferde mussten sich mit aller zur Verfügung stehenden Kraft ins Geschirr legen. Blutsaugende Bremsen quälten sie, die Hitze höhlte sie aus, und der Durst tat ein Übriges, um sie an den Rand ihrer Leistungsfähigkeit zu bringen.
Nicht viel besser erging es den Reitpferden und den Soldaten. Die Luft um sie herum schien zu kochen. Die Uniformhemden waren nass vom Schweiß und klebten wie eine zweite Haut an den Körpern der Kavalleristen. Der Schweiß brannte in ihren Augen und hinterließ helle Spuren in der grauen Staubschicht, die sich in ihren Gesichtern gebildet hatte. Staub verklebte ihre Poren und knirschte zwischen ihren Zähnen.
Und dann sah McQuade ein Rauchsignal. Es war eine dunkle Rauchsäule, die sich hinter einem Hügel im Süden erhob, unterbrochen wurde, aufs Neue hochstieg und wieder endete. Am seidenblauen, ungetrübten Himmel ballten sich kleine Rauchwolken, die träge nach Osten zogen.
Der Kopfgeldjäger brachte den Falben zum Stehen und starrte zwischen engen Lidschlitzen hervor nach Süden. Jetzt schickten die Krieger dort unten wieder Rauch zum Firmament. Im Gesicht McQuades arbeitete es, seine Backenknochen mahlten. Er richtete den Blick nach Osten und sah dort ebenfalls Rauchsignale zum Himmel steigen. Wie mechanisch zog er das Pferd herum und ritt zurück.
Die Soldaten saßen nach vorne gekrümmt in den Sätteln. Der Corporal, der vor dem Fuhrwerk ritt, hielt an, zog das gelbe Halstuch in die Höhe und wischte sich damit den Schweiß aus den Augenhöhlen. Das Rumpeln, Knarren und Poltern sowie das Quietschen der Achsen in den Naben endeten, als der Schlutter Wagen zum Stehen kam. Der Lieutenant ritt nach vorn. Sein stoppelbärtiges Gesicht wies Spuren der Erschöpfung auf. Steigbügel an Steigbügel mit dem Corporal wartete er auf McQuade.
Der Kopfgeldjäger deutete mit dem Kinn nach Süden. „Das Kommunikationssystem der Apachen funktioniert wieder einmal vorzüglich, Lieutenant. Die Burschen hinter dem Hügel dort unten melden unser Kommen, und die Jungs weiter östlich signalisieren, dass sie schon auf uns warten.“
Der Lieutenant nickte wiederholt. „Ich habe die Rauchzeichen schon gesehen, McQuade“, stieß er grimmig hervor. „Es ist so, wie Sie sagen. Die Hurensöhne werden versuchen, uns in die Zange zu nehmen. Nun, viele Hunde sind des Hasen Tod. Aber wir werden unsere Haut so teuer wie möglich verkaufen.“ Er hob die linke Hand und ballte sie zur Faust. „Sollten wir vor die Hunde gehen“, knirschte er, „werden einige dieser roten Parasiten in der Hölle zur Stelle sein, die uns die Stiefel putzen. Dafür garantiere ich.“
Minutenlang erhoben sich die Rauchzeichen. Dann schienen sich die Chiricahua-Gruppen alles Wichtige signalisiert zu haben. Die letzten Rauchwolken wurden am Himmel vom lauen Wind zerfasert und waren schließlich nicht mehr zu sehen.
McQuade und die Soldaten befanden sich am Rand einer Ebene. Kniehoch wuchs auf ihr Kreosot, dazwischen erhoben sich Kakteen. Rechterhand schwangen sich Abhänge nach oben, über die zum Teil gleißender Sand floss oder die von Geröll übersät waren, zwischen dem Gras und Comas wuchsen. Dem Stand der Sonne nach zu schließen war die Mitte des Nachmittags überschritten. Weit hinter ihnen waren dunkle Punkte am Himmel zu sehen, die lautlose Kreise zogen. Es waren die Aasgeier, die über der Stelle schwebten, an der McQuade unter den Apachen aufgeräumt hatte, die dem Waffentransport einen Hinterhalt gelegt hatten. Sicher hatten die Chiricahuas ihre Toten weggebracht. Aber auf dem Grund des Canyons lagen tote Pferde …
„Schätzungsweise erwarten sie uns direkt im Osten“, gab McQuade zu verstehen. „Ich bin dafür, dass wir einige Meilen nach Norden ausweichen und uns dann wieder ostwärts wenden. Was meinen Sie, Lieutenant?“
„So reiten wir ihnen sicherlich nicht direkt in die Arme“, antwortete Bill Hunter. Er nahm die Canteen vom Sattel, entkorkte sie und trank einen Schluck. „Allerdings wird es nur eine Frage der Zeit sein, bis sie unsere Absicht durchschauen. Und dann …“
Der Lieutenant verstummte viel sagend.
Der Corporal spuckte zur Seite aus. „Wie viele es wohl noch sind?“, fragte er mit einem grüblerischen Ausdruck in den entzündeten Augen. „Allzu viele wohl nicht mehr, nachdem Sie mindestens einem halben Dutzend von ihnen ein Ticket in die Hölle verschafft haben, McQuade.“
„Die Anzahl spielt keine Rolle“, versetzte der Kopfgeldjäger. „Ihr Vorteil ist es, dass sie Ort und Zeitpunkt bestimmen dürfen.“ McQuade nagte kurz an seiner Unterlippe. „Es sei denn, wir kommen ihnen zuvor“, schränkte er schließlich ein.
Die Brauen des Lieutenants schoben sich düster zusammen, über seiner Nasenwurzel bildeten sich zwei steile Falten. „Ich glaube, ich verstehe, McQuade. Allerdings habe ich keine Ahnung, was ich von Ihrem Vorschlag halten soll. Während wir in diesem Irrgarten aus Felsen und Schluchten Jagd auf sie machen, reißen sie sich in aller Seelenruhe das Fuhrwerk unter den Nagel und fahren es in ihr Versteck.“
„Der Corporal und die drei Kavalleristen bleiben beim Wagen und bewachen ihn. Wir beide, Lieutenant, machen den Weg frei. Was halten Sie jetzt von meinem Vorschlag?“
Bill Hunter begann, mit Daumen und Zeigefinger seinen Nasenrücken zu massieren. Seine Begeisterung hielt sich ausgesprochen in Grenzen. Er vermied es, McQuade anzusehen. Doch er fühlte die Blicke aller auf sich gerichtet, und sie übten eine Art Druck auf ihn aus. Er nickte. „Gut, McQuade. Ich reite mit Ihnen voraus. - Corporal, Sie folgen uns langsam mit dem Fuhrwerk. Und denken Sie daran: Die Waffen dürfen den Chiricahuas auf keinen Fall in die Hände fallen. Sie wissen, was zu tun ist, wenn Sie das Fuhrwerk nicht mehr halten können.“
„Sicher, Lieutenant, sicher. Ich werde den Kanister voll Kerosin über dem Wagen ausgießen und ein brennendes Streichholz hineinwerfen.“
„Reiten wir“, schlug McQuade vor.
„Haltet die Ohren steif, Männer!“, knurrte Bill Hunter, tippte mit dem Zeigefinger seiner Rechten gegen das Schild der Mütze, dann ritt er an.
McQuade folgte dem Offizier. Sie wandten sich nach Norden, schwenkten nach etwa einer halben Meile aber wieder auf die Ostroute ein und ritten hintereinander. Jeder von ihnen war angespannt bis in die letzte Faser seines Körpers. Gray Wolf glitt neben dem Falben her, den der Kopfgeldjäger ritt. Vielleicht nahm der Wolfshund die Witterung der Apachen auf und warnte den Texaner.
*
McQuade hatte den Falben abgestellt und einen der Gesteinsriesen erklommen, von dem aus er einen weiten Ausblick nach Osten und Nordosten hatte.
Stille umgab ihn. Die Hitze schien sogar die Natur zu lähmen. Selbst das Gezwitscher der Vögel war verstummt. Das Terrain, das vor McQuades Blick lag, war wie ausgestorben. Der Schlutter Wagen befand sich etwa eine Viertelmeile hinter ihnen zwischen den Felsen. Der Kopfgeldjäger konnte das ferne Rumoren vernehmen, das das Fuhrwerk verursachte. Er verfluchte diese Geräusche, die ihre Annäherung auf viele hundert Yards ankündigten, musste sie aber akzeptieren.
Von den Apachen war nichts zu sehen.
McQuade kehrte zu seinem Pferd zurück. Bill Hunter war abgesessen und hatte sich auf einen Felsblock gesetzt. Er rauchte. Jetzt erhob er sich. Gray Wolf, der zu Füßen des Lieutenants gelegen hatte, kam ebenfalls hoch.
Sie ritten weiter. Nach einiger Zeit hielt Gray Wolf an, hob den Kopf, witterte sekundenlang und begann plötzlich zu laufen. McQuade zügelte, der Lieutenant parierte sein Pferd ebenfalls. Es dauerte etwa zwei Minuten, dann kam der Wolfshund zurück. Nachdem er einmal kurz und fordernd gebellt hatte, machte er kehrt und lief wieder zwischen die Felsen.
„Wir folgen ihm zu Fuß“, stieß McQuade hervor und ließ sich auch schon aus dem Sattel gleiten. Er nahm aus der Satteltasche ein schweres Bowieknife und schob es in den Stiefelschaft.
Geduckt pirschten die beiden Männer zwischen die Felsen. Jeder von ihnen hielt das Gewehr an der Seite. Die Waffe war entsichert, der Finger krümmte sich um den Abzug.
Und plötzlich sah McQuade den Apachen. Er stand auf einem Felsen und blickte nach Westen. Der Kopfgeldjäger hielt den Lieutenant am Oberarm fest und wies mit dem Kinn in die Richtung des Kriegers. In Bill Hunters Augen blitzte es auf.
Der Krieger drehte sich langsam auf der Stelle. Wenn er eben noch nach Westen schaute, so beobachtete er nun das Terrain in südliche Richtung. Er wandte McQuade und dem Lieutenant den Rücken zu. Von Gray Wolf war nichts zu sehen.
Ehe der Apache sich umdrehte und in ihre Richtung spähte, zog McQuade das Bowieknife aus dem Stiefelschaft und schleuderte es. Das Messer wirbelte blitzend durch die Luft, und in dem Moment, als sich der Krieger in die Richtung der beiden Weißen wandte, bohrte sich die schwere Klinge mit einem dumpfen Schlag in seine Brust. Er bäumte sich auf, sein Mund klaffte auseinander zu einem Schrei, der erstickte jedoch im Ansatz und der Chiricahua stürzte kopfüber in die Tiefe. Ein dumpfer Aufprall war zu vernehmen, dann war es still.
Geduckt glitten McQuade und der Lieutenant weiter.
Bei dem reglos daliegenden Apachen stand Gray Wolf. Er fiepte leise und drängte sich gegen das Bein des Kopfgeldjägers. Dessen Gesicht war maskenhaft starr. In ihm war nichts als Verbitterung. Es war nicht dieser Krieger, es waren auch nicht seine Stammesgenossen, nicht die Soldaten und nicht die Menschen, die diesen Teil des Territoriums bewohnten; es waren die Politiker, die die Indianer grob benachteiligten, und die Indianeragenten, die sie schändlich betrogen, die für solch sinnloses Blutvergießen verantwortlich waren. Schlechte Politik und noch schlechtere Behandlung in den Reservaten brachten die Apachen auf die Barrikaden, ihr Hass richtete sich gegen alles, was eine weiße Hautfarbe hatte, die Weißen aber setzten sich zur Wehr und der Tod dominierte. Er war unersättlich in seiner Gier.
McQuade zog seinen Dolch aus dem leblosen Körper, wischte die Klinge am Hemd des toten Apachen ab und verstaute das Bowieknife wieder im Stiefelschaft. „Vorwärts, Partner, zeig uns den Weg!“
Gray Wolf warf sich herum und lief los.
Vor dem Maul einer Schlucht hielt der Wolfshund an und winselte leise. McQuade erklomm einen Felsen und hatte nun einen sehr guten Einblick in die Schlucht, die eine Felsbarriere vor ihnen spaltete und durch die der Waffentransport musste. Bei einem Felsvorsprung sah McQuade einen der Krieger kauern.
Die Schlucht war der ideale Platz für einen Überfall. Der Armee-Schlutter-Wagen hatte keine Möglichkeit zum Manövrieren.
McQuades wachsame Augen waren ununterbrochen in Bewegung, bohrten sich in die schattigen Risse zwischen den Felsen, tasteten über Vorsprünge und glitten über die zerklüfteten Ränder der rauen Wände hinweg, über die der Wind Staubfahnen trieb.
McQuade hob das Gewehr an die Schulter, zielte sorgfältig und zog durch. Die Kugel fällte den Krieger. Im nächsten Moment begann es an den verschiedenen Stellen zu krachen, an denen die anderen Apachen auf der Lauer lagen. Sie schickten einen wahren Kugelhagel in McQuades Richtung, die Detonationen vermischten sich zu einem anhaltenden Donner und stießen nach allen Seiten auseinander.
McQuade war es gelungen, die Apachen aus der Reserve zu locken und den Corporal sowie die anderen Soldaten zu warnen. Er zog sich zurück, machte sich an den Abstieg und erreichte sein Pferd. Der Lieutenant stellte keine Fragen. Der Kopfgeldjäger saß wortlos auf und wies mit dem Kinn nach Süden. Sie ritten an …
Als sie nach einiger Zeit anhielten, konnten sie die Pferde ihrer Verfolger hören. Wenn die Hufe der Apachenmustangs auch nicht beschlagen waren, so verursachten sie auf dem steinigen Untergrund dennoch ein tackendes Geräusch. Und das holte McQuade und Lieutenant Hunter ein.
McQuades Plan schien aufgegangen zu sein. Es war ihm gelungen, die Apachenbande von dem Waffentransport wegzulocken und auf sich sowie den Lieutenant zu ziehen. Eine Schlucht öffnete sich. „Begeben Sie sich zu Ihren Leuten, Lieutenant“, sagte McQuade, ehe sie zwischen die Felsen ritten. „Der Weg nach Fort Grant dürfte auf den nächsten Meilen frei sein. Ich versuche eine Spur zu legen, der die Apachen folgen. Auf diese Weise kann ich sie euch vielleicht vom Leib halten.“
„Aber …“
„Keine Sorge, Lieutenant, ich weiß mit den roten Brüdern umzugehen.“
„Ja, ich glaube, Sie wissen genau, was Sie tun, McQuade. Ich wünsche Ihnen Hals- und Beinbruch. Sollten wir uns nicht mehr sehen, seien Sie versichert, dass wir Ihnen ein Denkmal setzen.“
In McQuades Züge brach sich ein hartes Grinsen Bahn. „Darauf lege ich nicht den geringsten Wert, Lieutenant. Sollte ich nicht mehr auftauchen, dann setzen Sie alles daran, um sich mit Ihren Leuten durchzuschlagen. Notfalls müssen Sie die Gewehre und die Munition verbrennen. Ihr Leben und das Ihrer Begleiter ist wertvoller als hundert Gewehre und einige tausend Schuss Munition.“
„Das sagen Sie“, erwiderte der Lieutenant und grinste ebenfalls. „Viele der Soldaten in meiner Kompanie sind der Meinung, dass sie nur ein Stück Ausrüstung sind, das zum Pferd gehört. Nun ja …“
Der Lieutenant zuckte mit den Schultern, zerrte das Pferd halb um die rechte Hand und ritt in westliche Richtung davon.
McQuade trieb den Falben in die Schlucht hinein. Der enge Spalt endete bald und hügeliges, mit Felsen durchsetztes Terrain nahm den Texaner auf.
In kurzen Abständen hielt er das Pferd an, um zu lauschen. Schließlich vernahm er hinter sich im Felsgewirr das Poltern von Steinen, die einen Geröllabhang hinunter kollerten. McQuade saß ab und zog den Falben in den Schutz einer Gruppe von Felsen, in der das Tier vor frühzeitiger Entdeckung geschützt war.
Der Kopfgeldjäger verbarg sich. Jetzt erst bemerkte er, dass Gray Wolf verschwunden war. Aber er machte sich wegen des Wolfshundes keine Sorgen.
Das Gepolter endete. Staub trieb um einen Felsvorsprung. Ein schabender Laut wehte heran, dann ein leises Klirren.
Einer der Apachen pirschte näher. So sehr der Krieger auch bemüht war, sich lautlos zu bewegen, es entstanden immer wieder verräterische Geräusche.
McQuade war kalt wie ein Eisblock. Dennoch spürte er den Pulsschlag der tödlichen Gefahr, die ihn umgab, denn er hatte nicht den Hauch einer Ahnung, wie viele Krieger es waren, die wie hungrige Wölfe durch den felsigen Irrgarten schlichen und nur vom Willen zum Töten beseelt waren. McQuade war bereit, sich der Gefahr zu stellen und behielt jene eiserne Ruhe, die den wirklich erstklassigen Kämpfer auszeichnet.
Und dann sah er den Apachen. Der Krieger schob sich um einen Felsblock herum, blieb geduckt im Schatten stehen und sicherte nach vorn und zur Seite. Er hatte eine Henry Rifle in der linken Armbeuge liegen, den Kolben fest zwischen Oberarm und Rippen eingeklemmt, mit dem Zeigefinger seiner Rechten den Abzug umspannend.
In diesem Moment nahm der Chiricahua den Weißen wahr. Er riss das Gewehr herum und schlug die Waffe an. McQuade schoss einen Sekundenbruchteil vor dem Apachen. Dessen Geschoss ging fehl, McQuades Blei hingegen traf. Es warf den Chiricahua um wie einen gefällten Baum.
Die Schüsse klangen wie einer und dröhnten durch die Bergwelt. Die Wände und Hänge schienen die Detonationen festzuhalten und immer wieder antworteten neue Echos. Schließlich versickerte der letzte Widerhall.
McQuade huschte zwischen die Felsen. Die anderen Apachen konnten nicht weit sein. Ein Röcheln erreichte sein Gehör, als er kurz verhielt, um hinter sich zu horchen. McQuade zog sich zurück. Nach mehreren Seiten gleichzeitig konnte er sich nicht verteidigen. Das Schicksal herauszufordern wäre frevelhaft und selbstmörderisch gewesen.
Irgendwo zwischen den Felsen erklang ein schrecklicher Schrei. Es war der Todesschrei eines Menschen. Jäh endete er. Und dann ertönte zweimal – dreimal das triumphierende Bellen Gray Wolfs.
*
McQuade war auf einen Einschnitt zwischen zwei Felsen zugelaufen, als es vor ihm auf einer Felskanzel, auf der sich riesige Gesteinsbrocken türmten, aufblitzte. Er warf sich zur Seite, das Dröhnen der Detonation schlug über ihm zusammen. Die Kugel löste dort, wo sie aufschlug, einen Hagel von Gesteinssplittern aus.
McQuade rollte sich gedankenschnell herum und riss die Henrygun hoch. Ein zweiter Schuss hämmerte. Dort, wo er eben noch gelegen hatte, schrammte Blei über den felsigen Untergrund.
McQuade jagte zwei blitzschnelle Schüsse schräg nach oben, schnellte hoch und rannte in die Deckung eines halbrunden Findlings. Er starrte hinauf zu der Stelle, an der sich der Apache verschanzt haben musste, und McQuade glaubte, eine flüchtige Bewegung wahrzunehmen. Er schoss, vernahm einen erschreckten Aufschrei, sah ein Gewehr durch die Luft wirbeln, am Rand des Abhanges aufschlagen und ein Stück hangabwärts gleiten, bis es sich verfing und zwischen dem Geröll liegen blieb.
McQuade federte hoch, rannte ein Stück und gelangte erneut in Deckung. Und jetzt begann an anderer Stelle ein Gewehr zu peitschen. Der Texaner zog den Kopf ein. In das Verhallen der Detonation mischte sich das Poltern von Geröll. Für den Bruchteil eines Augenblicks nahm McQuade die Gestalt oben wahr, er riss das Gewehr hoch, aber da war der Krieger schon in einem engen Felsspalt verschwunden.
Das Klickern einzelner Steine, die einer der Chiricahuas lostrat, wehte in die Tiefe. McQuade überlegte nicht mehr lange. Er sprang auf und rannte auf die Felsenkanzel zu.
Es war nicht schwer, sie zu erklimmen. Der Kopfgeldjäger rollte über die Kante und blieb im Schutz eines Felsgrates liegen. Überall wucherten aus den Spalten, in denen sich Erdreich gefangen hatte, verkrüppelte, dornige Sträucher. McQuade stemmte sich hoch, spannte Muskeln und Sehnen und aktivierte jeden seiner Sinne, um sich mit dem Brechen eines Schusses sofort abzustoßen. Doch es fiel kein Schuss. Also kroch McQuade davon und schon nach wenigen Sekunden drang er in einen Felsspalt ein. Kühle Luft strömte ihm entgegen. Zwischen den Felsen war es düster. Hoch über sich konnte der Kopfgeldjäger einen schmalen Streifen des blauen Himmels sehen.
Es ging zwischen fast senkrecht hochragenden Felswänden steil bergan, und das Blickfeld war begrenzt, denn die Rinne führte in serpentinenähnlichen Windungen nach oben. Vorsichtig, die durchgeladene Henry Rifle im Hüftanschlag, pirschte McQuade an den ersten Knick heran. Er bewegte sich hart an der Felswand und war ein Bündel angespannter Aufmerksamkeit, erreichte die Biegung und spähte um sie herum. Als keine Gefahr drohte, arbeitete er sich zur nächsten vor. Schon nach weiteren fünfzehn Yards verschwand der natürliche Pfad hinter einem weiteren Knick.
Steil schwang sich vor McQuade der Weg nach oben. McQuade erreichte den Knick, äugte vorsichtig um den Felsvorsprung, und er sah den Krieger. Der Kopfgeldjäger trat hinter dem Felsen hervor und heftete über Kimme und Korn der Henrygun seinen Blick auf den Apachen.
McQuade drückte ab. Der Krieger verschwand mit dem Brechen des Schusses in einem Felsspalt. Es war Zufall, dass er sich im selben Moment bewegte, in dem der Kopfgeldjäger durchzog. Der Texaner repetierte und zog den Kolben wieder an die Schulter. Der Apache feuerte zwei Schüsse in seine Richtung. Der Kopfgeldjäger sprang geistesgegenwärtig in die Deckung des Felsvorsprunges zurück.
McQuade hatte keine Chance, an den Chiricahua heranzukommen. Und er konnte es sich auch gar nicht leisten, hier kostbare Zeit zu verschwenden und seinen anderen Gegnern die Gelegenheit zu verschaffen, ihn zu orten und unten zu erwarten. Er rannte den Weg zurück, den er gekommen war. Ziemlich atemlos erreichte er die Basis des Felsens und verschnaufte.
Der Kopfgeldjäger setzte einen Fuß vor den anderen. Mit dem Rücken hart an die Felswand gepresst schob er sich nach rechts davon …
McQuade erreichte den Falben, stellte den linken Fuß in den Steigbügel, griff nach dem Sattelknauf und riss sich auf den Rücken des Pferdes. Er ruckte im Sattel und schnalzte mit der Zunge. Der Falbe setzte sich in Bewegung.
Und plötzlich war wieder ein schriller Schrei zu hören, der einem sensiblen Menschen eine Gänsehaut über den Rücken jagen und das Blut in den Adern gefrieren lassen konnte. Gray Wolf hatte wieder zugeschlagen. Und nun peitschten Gewehre. Es waren mindestens drei Schützen, die heißes Blei aus dem Lauf jagten. Sorge um den treu ergebenen Partner mit dem grauen Pelz kroch in McQuade hoch.
*
McQuade ritt in die Richtung, in die der Corporal und die anderen Soldaten mit dem Planwagen gezogen waren. Von den Apachen war nichts zu hören oder zu sehen. Der Kopfgeldjäger vermutete, dass Lieutenant Hunter in der Zwischenzeit wieder zu seinen Leuten gestoßen war.
Als McQuade den fernen Klang von Schüssen vernahm, wurde ihm schlagartig klar, dass seine Rechnung einen Fehler beinhaltet hatte. Die Apachen, die in der Schlucht gelauert hatten, waren ihm und dem Lieutenant nicht blindlings gefolgt, sondern hatten nur einige ihrer Krieger hinter ihnen hergeschickt. Und in den Hinterhalt der anderen waren Corporal Robinson und die drei Soldaten geraten.
McQuade spürte, wie sich ihm der Magen zusammenkrampfte.
Er ließ den Falben laufen. Der Kampflärm wurde deutlicher. Und dann konnte der Texaner den Schoner in der Schlucht sehen. Die Apachen schossen aus sicheren Deckungen. Zwei Soldaten, ein gesatteltes Pferd und die beiden Tiere im Gespann lagen reglos am Boden. Unter dem Fuhrwerk hervor wurde das Feuer verbissen erwidert. Sehr schnell war McQuade klar, dass es nur zwei Gewehre waren, die den Apachen Paroli boten.
Wo war der Lieutenant?
Hatten ihn die Chiricahuas abgefangen, ehe er zu seinen Leuten stoßen konnte?
McQuade wandte sich nach rechts. Im Schutz der Felsen und Hügel umritt er halb den Felsen, der von der Schlucht gespalten wurde. Er band den Falben an den Ast eines Strauches, lud die Henrygun nach und machte sich an den Aufstieg. Die Sonne stand jetzt zwar schon weit im Westen über dem Horizont, dennoch war es kaum kühler. Der Aufstieg war beschwerlich. Aber der Felsen war nicht sehr hoch – hundert Fuß vielleicht -, und der Weg, der sich dem Kopfgeldjäger nach oben geboten hatte, war verhältnismäßig gut zu steigen. Ein wenig außer Atem und schwitzend kam McQuade oben an.
Die Anspannung in dem Texaner war fast nicht mehr zu ertragen. Jeden Moment hatte er darauf gewartet, dass die Waffen verstummten. Es hätte bedeutet, dass die Verteidiger des Fuhrwerks ihr Leben ausgehaucht hatten. Die Anspannung brachte die Nerven des Kopfgeldjägers zum Schwingen.
Aber die Gewehre schwiegen nicht. Das höllische Crescendo der Detonationen in den Ohren rannte McQuade zum Rand der Schlucht. Steil und zerklüftet fiel die Felswand vor seinen Stiefelspitzen ab. Und plötzlich sah er auf der anderen Seite des Felsspalts einen Mann in blauer Uniform. Es war Lieutenant Bill Hunter. Bei ihm war Gray Wolf. Blut rann über die linke Gesichtsseite des Lieutenants. Er winkte und McQuade winkte zurück.
Unten krachten nach wie vor die Schüsse.
McQuade richtete seine Aufmerksamkeit nach unten. Die Apachen schossen aus der Deckung von Felsblöcken und –vorsprüngen. Querschläger jaulten Furcht erregend. Die Echos vervielfachten den Lärm.
McQuade begann in die Tiefe zu feuern.
Jenseits der Schlucht jagte der Lieutenant sein Blei hinunter. Apachen wurden getroffen und brachen zusammen. Geschrei mischte sich in das Dröhnen der Waffen. Einige Kugeln pfiffen zu McQuade herauf, wurden ihm aber nicht gefährlich. Schließlich sahen die Chiricahuas ein, dass sie sich den beiden Schützen auf dem Felsen darboten wie auf einem Schießstand, und sie flohen. Als säße ihnen der Leibhaftige im Nacken rannten sie aus der Schlucht, jegliche Deckung vernachlässigend, einfach nur dem ältesten Prinzip des Lebens gehorchend – dem Selbsterhaltungstrieb.
McQuade stellte das Feuer ein. Dabei war ihm klar, dass jeder Krieger, den er am Leben ließ, eine tödliche Gefahr auf dem weiteren Weg nach Fort Grant für ihn und die Soldaten darstellen würde.
Die Skrupel, die den Kopfgeldjäger davon abhielten, die fliehenden Krieger zu erschießen, hatte Bill Hunter nicht. Ein Chiricahua bekam seine Kugel zwischen die Schulterblätter und fiel aufs Gesicht. Ein zweiter brach mit einem Kopfschuss zusammen.
Dann war der Spuk zu Ende.
Die Stille, die sich über alles senkte, war fast noch nervenzerrender als der Kampflärm zuvor. Es war die Stille des Todes. Die Schlucht war ein riesiges, steinernes Grab des Schweigens. Zwei Soldaten und mehr als ein halbes Dutzend Apachen hatten ihr Leben gelassen.
Als McQuade unten ankam, sah er die Trooper Baker und Rankin beim Fuhrwerk knien. Sie sicherten in Richtung Schluchteingang. Ihre Gesichter waren geschwärzt vom Pulverschmauch. Das Weiß ihrer Augen stand in einem scharfen Kontrast dazu. Entsetzen und Angst prägten die Mienen. Die zittrige Anspannung ihrer Nerven ließ ihre Herzen rasen und jagte das Grauen wie fiebrige Schauer durch ihre Blutbahnen.
„Die – die anderen Pferde sind fort“, stammelte James Baker, nur um überhaupt etwas zu sagen.
„Der Corporal und Bruce hatten keine Chance“, kam es heiser von Jesse Rankin. „Diese roten Teufel! Als wir zwischen den Felswänden waren, ging der höllische Tanz los.“
Jetzt bemerkte McQuade, dass Rankin verletzt war. Er blutete an der Schulter. Er hielt sich auch ziemlich schief. Der Kopfgeldjäger beugte sich zuerst über Bruce Hodge, dann über Corporal Tom Robinson. Den beiden konnte keine Macht der Welt mehr helfen. Die Kugeln der Chiricahuas hatten einen blutigen Schlusspunkt unter ihr Leben gesetzt.
McQuade holte Verbandszeug aus der Satteltasche und machte sich daran, die Wunde an der Schulter des Kavalleristen zu versorgen. Plötzlich glitt Gray Wolf heran und rieb seinen Kopf am Bein des Texaners. Dem fiel ein Stein vom Herzen, er unterbrach für einige Augenblicke seine Arbeit und kraulte den Wolfshund zwischen den Ohren.
Hufschläge waren zu hören, die sich näherten. Und dann erschien der Lieutenant. Sein blutverschmiertes Gesicht erinnerte an eine dämonische Maske.
James Baker wartete, bis Bill Hunter vom Pferd gestiegen war, dann trat er vor ihn hin, legte die Hand an die Felsmütze und schnarrte: „Wir konnten den Apachen nicht ausweichen, Sir. Sie haben uns hier in der Schlucht erwartet. Corporal Tom Robinson und Trooper Hodge sind gefallen, Sir. Trooper Rankin …“
Die Stimme des Kavalleristen brach. Er wurde von seinen Gefühlen übermannt. In seinem Gesicht zuckten die Muskeln, er schluckte würgend.
„Schon gut, Trooper“, murmelte der Lieutenant. „Schon gut. Diese roten Parasiten sind schlauer als wir dachten. Ich musste mir den Weg hierher freikämpfen. Es waren drei …“
„Sie sind verletzt, Sir.“
„Ein harmloser Streifschuss. Daran gehe ich nicht zugrunde. Wie sieht es aus, McQuade? Ist Rankin noch einsatzfähig.“
McQuade, der gerade das letzte Pflaster über die Kompresse klebte, wandte sich, als er fertig war, an den Lieutenant und antwortete: „Es handelt sich ebenfalls nur um einen Streifschuss. Allerdings dürften wir ein anderes Problem haben, Lieutenant. Die Zugtiere sind tot, die anderen Pferde sind durchgegangen. Und wie es aussieht, treiben sich mehr Chiricahuas in der Gegend herum als wir ursprünglich angenommen haben.“
Der Lieutenant leckte sich über die spröden Lippen, dann gab er zu verstehen: „Zwei Pferde haben wir noch. Sie werden das Fuhrwerk ziehen. Zwei von uns werden auf dem Wagenbock sitzen, die anderen beiden auf der Ladefläche. Wir wechseln uns ab. Jetzt verlassen wir diese verdammte Schlucht und suchen uns einen Platz, an dem wir die Nacht verbringen werden.“
„Warum verbrennen wir das Fuhrwerk samt Waffen und Munition nicht?“, fragte James Baker. „Ohne den Wagen haben wir vielleicht eine Chance. So aber …“
„Ich habe einen Auftrag zu erfüllen, Soldat“, knurrte Bill Hunter. „Sollen Corporal Robinson und Trooper Hodge umsonst gestorben sein?“
„Natürlich nicht“, murmelte Baker und wandte sich ab. „Ich spanne die Pferde ein“, erklärte er. „In einer Stunde ist es finster. Bis dahin sollten wir einen Platz gefunden haben. Die Apachen greifen auch in der Dunkelheit an. Sie haben keine Angst, dass ihre Seelen in der Nacht nicht den Weg zum Großen Geist finden.“
„Ich versorge die Wunde des Lieutenants“, rief ihm McQuade hinterher. „Dann helfe ich dir.“
*
Sie fuhren auf eine Ebene, auf deren Mitte sich eine Gruppe von Felsen als Nachtlager anbot. Zwischen den etwa haushohen, bizarren Felsformationen wucherte dorniges Strauchwerk. Der Boden war sandig, hier und dort lag ein Felsbrocken, rund geschliffen von der Erosion der Jahrmillionen.
Die Sonne war hinter dem Horizont versunken, ihr Widerschein tauchte den westlichen Himmel in ein glühendes Rot. Die Schatten hatten sich aufgelöst, blutroter Schein lag auf den Hügelkuppen und Abhängen. Aus Mulden und Felsnischen schlich jedoch schon die amberfarbene Dämmerung. Die tief eingeschnittenen Canyons waren schon dunkel und wirkten wie schwarze Schlünde. Nach wie vor lastete die Hitze zwischen dem kahlen Gestein.
Sie hatten die beiden Pferde ausgeschirrt. Jeder der vier Männer genehmigte sich nur einen kleinen Schluck Wasser, der Rest des Wassers wurde in die Krone von McQuades schwarzem Stetson geschüttet und der Kopfgeldjäger tränkte die Pferde.
James Baker war auf einen der Felsen gestiegen und sicherte in die Runde. Lieutenant Bill Hunter, der einen Verband um den Kopf trug, setzte sich an einen der Findlinge, lehnte sich dagegen, zog die Beine an und bohrte die Absätze seiner Stiefel in den Untergrund. Er schaute um sich, als wollte er noch einmal alles in sich aufnehmen; die Felsen, die kargen Sträucher, die sandigen Abhänge, den endlosen, bleigrauen Abendhimmel …
Auch Trooper Rankin hatte sich niedergelassen und kaute auf einem Stück Dörrfleisch herum.
Die Stimmung war auf dem Nullpunkt. Die Zuversicht der Männer, mit den Waffen Fort Grant zu erreichen, war ebenso flüchtig wie am Nachmittag der Rauch der Signale, der am Himmel verwehte. Die Dunkelheit zwischen den Felsen verstärkte das Gefühl von Unsicherheit, Verlorenheit und Angst. Ihr Schicksal schien sich in einer Sackgasse verfahren zu haben.
McQuade hatte die Pferde getränkt. Die Tiere waren an den Ast eines Strauches gebunden. Zusätzlich hobbelte ihnen der Kopfgeldjäger die Vorderbeine. Ohne die Pferde mussten sie das Fuhrwerk aufgeben, und wahrscheinlich würde der Verlust der Tiere auch das Ende der vier ausgelaugten Männer bedeuten. Gray Wolf lag am Boden und schien zu schlafen. Er hatte den letzten Rest Wasser aus dem Hut des Kopfgeldjägers erhalten.
Der Texaner drehte sich eine Zigarette. Als sie brannte und er den ersten Zug inhaliert hatte, trat er mit dem Gewehr in der linken Hand vor die Felsengruppe und spähte in die Richtung, aus der sie gekommen waren. Die Felskette dort lagen im Dunkeln. Die Büsche vor dieser Kulisse täuschten huschende Gestalten vor. Am Himmel funkelten einzelne Sterne, aber ihr Licht reichte nicht aus, um die Dunkelheit zwischen den Felsen aufzuweichen. Ein feines Säuseln lag in der Luft. Nichts deutete auf Gefahr hin.
Aber die Ruhe, die über allem lag, war trügerisch. McQuade gab sich keinen Illusionen hin. Die Apachen wollten die Gewehre und die Munition auf dem Fuhrwerk. Dass sie auch ihnen, den verhassten Bleichgesichtern das Lebenslicht ausblasen wollten, spielte in diesem Fall nach Meinung des Kopfgeldjägers lediglich eine untergeordnete Rolle. Dass sich so viele Chiricahuas so hoch im Norden herumtrieben, war für den Kopfgeldjäger der Beweis, dass sie von dem Waffentransport gewusst hatten.
Wo saß der Verräter? In Tucson oder in Fort Grant?
McQuade verdrängte diesen Gedanken. Er brachte ihn im Moment nicht weiter. Er musste sich auf die Gegenwart konzentrieren. Der Tod lauerte in Gestalt einer Handvoll Apachen irgendwo zwischen den Felsen. Mit der Intensität eines Mannes, den die knöcherne Klaue bereits berührte, spürte der Kopfgeldjäger, dass irgendwo in der Runde die Hölle für sie vorbereitet wurde.
Der Texaner war ein furchtloser, unerschrockener Mann. Jetzt aber hatte er das Empfinden, von einem eisigen Hauch angeweht zu werden. Er fühlte sich von zig Augen beobachtet. Diesem Fegefeuer seiner Gedanken ausgesetzt wandte er sich um. Neben dem Lieutenant ging er auf die Hacken nieder. „Ich denke, dass sie genau wissen, wo wir uns befinden“, murmelte er.
„Wahrscheinlich schleichen sie schon um uns herum wie ein paar Füchse um den Hühnerstall“, knurrte Bill Hunter. „Und irgendwann in der Nacht oder im Morgengrauen fallen sie über uns her. Na schön! Ich wusste, worauf ich mich einließ, als ich um meine Versetzung nach Fort Grant bat. Es war mein Bestreben, bei der Armee Karriere zu machen. Es fällt einem eben nichts in den Schoß.“
Es hatte irgendwie resignierend geklungen.
„So lange ein Funke Leben in uns ist, haben wir eine Chance“, murmelte McQuade, aber seiner Stimme fehlte die echte Überzeugung. Die Dunkelheit stand zwischen ihnen, hüllte sie ein und machte jedem die Einsamkeit bewusst, in der er sich trotz des engen Zusammenseins mit den Gefährten befand. „Wenn wir uns selbst aufgeben, ist das der erste Schritt in den Untergang.“
Der Lieutenant seufzte. Sein Gesicht war nur als heller Fleck auszumachen. Der weiße Verband hob sich kaum ab. Die Schatten der Nacht ringsum verkündeten Unheil.
McQuade ergriff noch einmal das Wort, indem er sagte: „Wir sollten versuchen zu schlafen. Wir sind ziemlich ausgebrannt, und erschöpfte Männer sind nur halbwertig.“
„Alles in Ordnung, Baker?“, rief der Lieutenant.
„Jawohl, Sir. Bei den Bergen in der Runde ist alles ruhig. Doch sollten wir dem Frieden nicht trauen.“
„Halten Sie die Augen offen, Trooper!“
„Natürlich, Sir. Auch ich möchte meinen Skalp behalten.“
„Diese dreckigen roten Filzläuse!“, flüsterte Jesse Rankin gehässig. „Warum macht man nicht kurzen Prozess mit ihnen? Sie …“
„Sie sind die Herren dieses Landes“, schnitt ihm McQuade kühl das Wort ab. „Man hat sie belogen und betrogen und zu Menschen dritter Klasse degradiert. Sie werden noch weniger geachtet als die Schwarzen, die bis vor einigen Monaten noch auf den Baumwollplantagen als Sklaven schufteten.“
„Du bist ein verdammter Indianerfreund, nicht wahr?“, blaffte Rankin.
„Sie sind mir auf jeden Fall ebenso viel wert wie jeder andere Mensch auch.“
„Es sind keine Menschen – es sind Teufel. – Ich kann sowieso nicht schlafen. Darum werde ich James ablösen.“
Rankin schnappte sich sein Gewehr und schritt zu dem Felsen, auf dem sich James Baker postiert hatte. Wenig später tauchte Baker zwischen den Felsen auf. „Als mich Jesse eben ablöste, kam er mir irgendwie seltsam vor“, murmelte er. „Er hasst die Apachen. Sie haben einen seiner Brüder, der auch bei der Kavallerie diente, massakriert. Aber jetzt kommt die Angst vor ihnen dazu. Und das ist eine gefährliche Mischung.“
„Was kam Ihnen seltsam vor, Trooper?“, fragte der Lieutenant.
„Er meinte, dass unsere Strategie die falsche sei. Wir sollten im Schutz der Finsternis das Lager der Apachen suchen und sie niedermachen, ehe sie begreifen, was überhaupt los ist. Vielleicht, so meinte er, sorge er dafür, dass wir heil nach Fort Grant gelangen.“
Baker breitete seine Decke am Boden aus und rollte sich hinein.
McQuade beschloss, die Augen offen zu halten.
Bald legte sich auch Lieutenant Hunter hin. Nach einiger Zeit verkündeten tiefe, regelmäßige Atemzüge, dass sowohl Baker als auch der Lieutenant eingeschlafen waren. Trotz der Gefahr, in der sie sich befanden – der Körper eines jeden forderte sein Recht.
*
Der schrille Schrei einer Eule trieb heran. McQuade war sofort hellwach. Gray Wolf, der neben ihm am Boden lag, erhob sich und knurrte leise. Der Schrei wurde nicht wiederholt und der Kopfgeldjäger sagte sich, dass es wohl tatsächlich eine Eule gewesen war, die geschrien hatte.
Dennoch konnte er die düsteren Ahnungen, die durch sein Bewusstsein kreisten, nicht verdrängen. Er schaute zum Himmel hinauf. Jetzt glitzerten Myriaden von Sternen. Der Mond hing im Süden über den Felsgraten. Manchmal schoben sich Wolken vor ihn und riesige Schatten glitten gespenstisch leise über das Land.
McQuade vernahm ein leises Mahlen und stemmte mit den Ellenbogen seinen Oberkörper ein wenig in die Höhe. In das Mahlen mischten sich das Knarren von Stiefelleder und das Schaben von rauem Hosenstoff. Und dann löste sich ein Schemen aus der Nacht. Er näherte sich den Pferden.
„Rankin!“
Die Gestalt riss es regelrecht herum. Ein gehetzter Laut entfuhr ihr. Geduckt, wie sprungbereit stand sie da.
Das drohende Knurren des Wolfshundes verstärkte sich.
„Was ist los?“, erklang die verschlafene Stimme des Lieutenants. Er richtete sich auf.
„Wir können nicht warten, bis sie kommen“, stieß Jesse Rankin hervor. „Daher …“
Den Lieutenant riss es regelrecht in die Höhe. „Sie haben Ihren Beobachtungsposten verlassen, Trooper!“, fauchte er. „Das ist ein Wachvergehen! – He, vielleicht wollten Sie auch nur abhauen, Rankin. Ja, sie wollten eines der Pferde stehlen und sich absetzen. Das ist Fahnenflucht! Ich könnte Sie auf der Stelle erschießen.“
„Bei meiner Seele, Sir“, keuchte Rankin, „ich hatte nicht vor, zu fliehen und Sie im Stich zu lassen. Ich wollte den Apachen zuvorkommen. Es können nicht mehr viele sein, und ich dachte …“
„Es wäre Selbstmord gewesen, Rankin“, verlieh McQuade seiner Überzeugung Ausdruck. „Keinem ist damit gedient, wenn dich die Chiricahuas abschlachten. Auch sie haben Wachen aufgestellt. An ihnen wärst du nicht vorbeigekommen. Vielleicht hat dir noch niemand gesagt, dass die Apachen Meister des lautlosen Tötens sind. Du wärst sicher nicht einmal mehr zum Denken gekommen.“
Jesse Rankin entspannte sich. „Okay, okay, dann warten wir also hier zwischen den Felsen, dass sie kommen und uns das Fell über die Ohren ziehen.“
„Ich übernehme die Wache“, erklärte McQuade und erhob sich. Niemand widersprach. Mit dem Gewehr auf der Schulter marschierte der Kopfgeldjäger in die Finsternis hinein. Gray Wolf glitt neben ihm her. Kurze Zeit hörte der Kopfgeldjäger noch Stimmen, was im Lager gesprochen wurde konnte der Texaner jedoch nicht verstehen. Dann versickerten die Laute und eine tiefe, erdrückende Stille umgab ihn.
Vom Felsen aus konnte McQuade bis zu den Felsen blicken, die die Ebene nach allen Seiten begrenzten. Sie muteten an wie riesige Grabsteine. In den Spalten, Klüften und Schluchten war die Finsternis dicht und mit den Augen nicht zu durchdringen. Sie mutete fast stofflich und greifbar an. Die Ebene lag im Mond- und Sternenlicht.
Die Apachen waren da. Die Stille war zermürbend. Der Tod war allgegenwärtig. Die Zeit schien stillzustehen. Aber sie stand nicht still. Nichts ist unerbittlicher als sie. Und dann glaubte McQuade am Rande der Felsen im Osten eine huschende Bewegung wahrzunehmen. In ihm schlugen die Alarmsignale an. Er kniff die Augen zusammen und starrte auf diese Stelle. Jetzt bewegte sich auch weiter links etwas. Es entging ihm nicht. Es waren Sträucher, und sie näherten sich. Vier, fünf, sechs zählte der Kopfgeldjäger. Er ließ den Blick nach Süden schweifen. Und auch von dort näherte sich Strauchwerk. Von Norden ebenfalls.
Es waren die Chiricahuas. Gut getarnt krochen und robbten sie auf die Felsengruppe in der Mitte der Ebene zu, die den verhassten Weißaugen Schutz bot. Sie waren kaum auszumachen, denn überall auf der Ebene stand Strauchwerk, und die Krieger waren Experten im Anschleichen.
„Okay, Partner“, murmelte McQuade. „Die Stunde der Wahrheit. Go on.“
Sie stiegen vom Felsen. Gray Wolf verschwand in der Dunkelheit. McQuade eilte zum Lagerplatz und weckte die drei Soldaten. „Sie kommen“, sagte er leise. „Noch schleichen sie sich an. Wahrscheinlich haben sie vor, sobald sie sich auf fünfzehn oder zwanzig Schritte genähert haben, wie kreischende Teufel über uns herzufallen und uns niederzumachen, ehe wir uns aus den Decken geschält haben. Wir müssen uns nach vier Seiten verteidigen. Wenn es ihnen gelingt, uns in einen Kampf Mann gegen Mann zu verwickeln, haben wir das Nachsehen.“
„Wie viele sind es?“, fragte der Lieutenant und repetierte sein Gewehr.
„Schätzungsweise zwölf bis fünfzehn“, antwortete McQuade. „Genau kann ich es nicht sagen. Sie haben sich mit Strauchwerk getarnt. Schießt nur, wenn ihr auch sicher sein könnt, dass ihr euer Blei nicht vergeudet.“
Die Männer verschanzten sich.
Die Atmosphäre war angespannt und gefährlich. Die Luft schien vor Elektrizität zu knistern wie vor einem schweren Gewitter. Töten oder getötet werden. Das war das gnadenlose Gesetz dieses rauen Landes.
Plötzlich erklang ein grässlicher Schrei. Einer der sich langsam heranschiebenden Büsche flog durch die Luft, eine Gestalt sprang auf die Beine. Ein schwarzer Schatten fiel sie an und sie ging zu Boden. Ein zweiter Aufschrei erklang, der aber jäh endete. Ein Schemen glitt davon – Gray Wolf.
Zwei Sekunden lang geschah gar nichts, dann erhob sich ein spitzer Schrei, zehn – zwölf – vierzehn Gestalten schnellten blitzschnell vom Boden hoch und begannen zu laufen. Die Apachen hatten begriffen, dass sie entdeckt worden waren, und nun wollten sie mit einem ihrer gefürchteten Blitzangriffe den Lagerplatz der Weißen überrennen. Sie erinnerten an springende Unholde. Spitzes, abgehacktes Geschrei von heidnischer Grausamkeit stieg zum Himmel. Schüsse krachten, Mündungsfeuer stießen durch die Finsternis, Querschläger quarrten und die Apachen kreischten wie eine Horde Teufel, die die Nacht auszuspucken schien.
Gray Wolf tauchte hinter einem der Krieger auf, stieß sich ab und prallte in seinen Rücken. Der Apache strauchelte und ging zu Boden. Er rollte sich herum, da war der Wolfshund auch schon über ihm. Der schale Atem des Tieres streifte das Gesicht des Kriegers wie ein Wind des Todes, dann spürte er nur noch einen furchtbaren Schmerz, als sich Gray Wolf in seiner Kehle verbiss, und im nächsten Moment starb er.
Nun eröffneten auch die Weißen das Feuer. Ihre Gewehre schleuderten den Chiricahuas ihr rhythmisches Krachen entgegen, heißes Blei bohrte sich in die sehnigen, muskulösen Körper, sie wurden herumgerissen und geschüttelt und sanken tot oder sterbend zu Boden.
Der infernalische Lärm rollte über die Ebene und stieß gegen die Felswände und Hügelflanken. Die Apachen vermittelten einen erschreckenden Eindruck von Unversöhnlichkeit, Vernichtungswillen, Hass und tödlicher Leidenschaft. Nur ein Mann mit stählernen Nerven konnte bei ihrem Anblick die Nerven bewahren. McQuade und die drei Soldaten resignierten nicht. Sie stellten sich mit aller Verbissenheit diesem Strom aus brutaler Gewalt, und es gelang ihnen, einen Teil derjenigen Angreifer, die nicht von ihren Kugeln gefällt worden waren, in die Flucht zu schlagen. Zwei Krieger drangen zwischen die Felsen. McQuade und James Baker schossen sie von den Beinen. Gray Wolf holte noch einen der flüchtenden Krieger ein und riss ihn zu Boden …
*
Der Pulverdampf verzog sich. Von irgendwo her erklang ein Röcheln. Das Echo der letzten Detonation war verhallt. McQuade stieß verbrachte Luft durch die Nase aus und atmete tief durch. Die Anspannung fiel von ihm ab.
„Seid ihr in Ordnung?“, ertönte die heisere Stimme des Lieutenants.
„Bei mir ist alles klar, Sir“, antwortete James Baker und hüstelte, weil sich mit dem Pulverdampf der scharfe, ätzende Geruch verbrannten Pulvers auf seine Bronchien gelegt hatte.
„Auch bei mir“, erklärte Jesse Rankin. Seine eigene Stimme kam dem Kavalleristen fremd vor.
Wieder war das Stöhnen zu hören.
„Ich denke, für den Rest der Nacht haben wir Ruhe vor ihnen“, meinte McQuade. Er ging dem Röcheln und Gurgeln nach und fand einen Krieger, der sich vor Schmerzen am Boden wand. McQuade ging in die Hocke nieder. „Verstehst du meine Sprache?“
Der Krieger stöhnte.
Hinter McQuade sagte Jesse Rankin mit hassverzerrter Stimme: „Geh zur Seite, McQuade. Ich schieße dem Bastard eine Kugel in den Kopf.“
„Das wirst du nicht tun, Rankin!“, stieg es grollend aus der Kehle des Texaners. „Nicht, so lange ich es verhindern kann. Außerdem wäre es dumm. Der Apache kann uns vielleicht ein paar Dinge verraten, die für uns jetzt noch Rätsel darstellen.“
Rankin knirschte mit den Zähnen, schwieg aber.
„Verstehst du mich?“, fragte McQuade und rüttelte den Apachen an der Schulter. „Sprichst du englisch?“
„Ich – Mantu. Ich sterben. Mantu tapfer. Großer Geist wird ihm gnädig gesonnen sein.“
Der Apache sprach holpriges Englisch, es war ein kaum verständliches Gestammel, aber McQuade hatte die Worte verstehen können und sagte: „Sicher, Mantu. Du hast tapfer gekämpft, und das Tor zum Himmelreich der Apachen steht dir offen. Doch sag mir noch eines, ehe du zum Großen Geist gehst: Wer hat den Chiricahuas den Waffentransport verraten?“
„Ein Nantan - Tucson, er heißt McAll…“
Der Apache bäumte sich auf, ein Keuchen brach über seine Lippen, dann fiel er zurück und seine Gestalt erschlaffte.
McQuade richtete sich auf und drehte sich um. Hinter ihm standen Rankin und der Lieutenant. „Ein Offizier hat den Transport an die Apachen verraten“, knurrte der Kopfgeldjäger. „Sein Name beginnt mit ‚McAll’, und er dürfte in Tucson stationiert sein.“
„Captain McAllister!“, presste Lieutenant Hunter zwischen den Zähnen hervor. „Es kann sich nur um ihn handeln. Er wusste von dem Transport. Die Hölle verschlinge ihn! Warum verrät er seine eigene Rasse?“
„Das wird ihn sicher auch der Ankläger vor dem Militärgericht fragen“, erklärte McQuade. „Und wenn er keine plausible Antwort geben kann, wird man ihm die Rangabzeichen herunterreißen, seinen Säbel zerbrechen und ihm einen Strick um den Hals legen.“
„Dafür garantiere ich“, blaffte Lieutenant Bill Hunter und es klang wie ein Schwur.
*
Am Abend des übernächsten Tages kamen sie in Fort Grant an. Die Apachen waren verschwunden geblieben, als hätte sie die Erde verschluckt. Sie fuhren bis vor die Kommandantur und hielten dort an. Auf dem Wagenbock saß James Baker, er lenkte die Pferde, neben ihm hockte der Lieutenant.
Als der Lieutenant abstieg, sprangen auch McQuade und Jesse Rankin von der Ladefläche.
Man sah den vier Männern die Strapazen an, die hinter ihnen lagen. Sie hatten unübersehbare Spuren in den eingefallenen Gesichtern hinterlassen. Ihre Augen lagen in dunklen Höhlen, die Lider waren rot gerändert, in den tagealten Bartstoppeln klebten Staub und Schweiß. Sie hatten auf geradem Weg die Hölle durchquert – sie hatten allen Unbilden und Gefahren getrotzt und dem Tod die Zähne gezeigt.
Der Fortkommandant trat durch die Tür, ging bis zum Vorbaugeländer und legte die Hände auf die Querstange. Sein prüfender, forschender Blick sprang von einem der Männer zum anderen. Lieutenant Hunter trat zwei Schritte vor, nahm Haltung an und legte die Hand an die Felsmütze. „Mission erfolgreich beendet, Sir. Wir haben die Gewehre und die Munition durchgebracht. Allerdings haben wir einen Verlust von zwei Männern zu verzeichnen. Corporal Robinson und der Trooper Bruce Hodge hatten nicht so viel Glück.“
„Gute Arbeit, Lieutenant. Um Robinson und Hodge tut es mir leid. Wir werden ihnen ein ehrendes Gedenken bewahren.“ Der Kommandant machte eine kurze Pause. Dann sprach er weiter: „Unsere Rechnung ist also nicht aufgegangen. Wie es scheint, haben die Rothäute Wind von dem Transport bekommen.“
„Der Transport wurde verraten, Sir“, rief der Lieutenant. „Ein sterbender Apache nannte uns den Namen des Verräters. Es ist Captain McAllister. Er sitzt im Hauptquartier in Tucson.“
Die Stirn des Fortkommandanten runzelte sich. „Ich erwarte Ihren ausführlichen Bericht, Lieutenant. Wann kann ich damit rechnen?“
„Ich werde ein Bad nehmen, Sir, mich rasieren und mir frische Kleidung anziehen. Und dann melde ich mich bei Ihnen.“
„Sagen wir eine Stunde, Lieutenant. – Hallo, McQuade.“ Der Major hatte den Blick auf den Kopfgeldjäger geheftet. „Lange nicht gesehen. Was hat Sie in diese Einöde verschlagen?“
„Die Jagd auf einen Mann namens Mitchell Bell, Major. Ein Postkutschenräuber und Mörder.“
„Führt seine Spur nach Fort Grant?“, fragte der Kommandant.
„Möglich.“
„Ohne McQuade hätten wir die Waffen und die Munition nicht durchgebracht“, sagte Lieutenant Hunter. Dann salutierte er und schritt davon.
In der Zwischenzeit hatten sich Soldaten um das Fuhrwerk geschart. Einer rief: „Als ich vorgestern Torwache hatte, kam ein Mann ins Fort, McQuade. Er ist ungefähr dreißig Jahre alt und dunkelhaarig. Seine Größe schätze ich auf etwas über sechs Fuß. Kann das der Kerl sein, den du suchst?“
Der Kopfgeldjäger holte den zusammengefalteten Steckbrief aus der Manteltasche, legte ihn auseinander und ging zu dem Soldaten hin. Dieser nahm das Fahndungsblatt, studierte eingehend das Bild, nickte und sagte: „Das ist er. Der Hombre befindet sich noch im Fort. Er war ziemlich am Ende und wollte einige Tage Rast machen. Wenn es dunkel ist, kommt er jeden Abend in die Mannschaftskantine, um zu essen.“
„Vielen Dank“, murmelte der Kopfgeldjäger, nahm den Steckbrief, faltete ihn zusammen und schob ihn wieder in die Tasche. Dann bat er James Baker, ihm beim Ausschirren seines Pferdes behilflich zu sein. Wenig später führte er das Tier am Zaumzeug davon. Gray Wolf trottete hinterher.
„Bringt das Fuhrwerk zur Waffenkammer!“, hörte McQuade den Befehl des Majors. „Sergeant Brown, Sie sorgen dafür, dass die Gewehre und die Munition noch in dieser Stunde abgeladen und ordnungsgemäß deponiert werden.“
„Jawohl, Sir!“
Der Kopfgeldjäger erreichte den Stall und zerrte den Falben über die Lichtgrenze unter dem Tor …
*
McQuade stand an der Theke in der Mannschaftskantine. Er wandte der Eingangstür den Rücken zu. Bei ihm befanden sich einige Soldaten. Gray Wolf hatte sich auf den Fußboden gelegt und seinen Kopf zwischen die Vorderläufe gebettet.
Vor den Fenstern hing die Dunkelheit.
Der Kopfgeldjäger hatte ein Bad genommen und sich rasiert. Er fühlte sich wie neu geboren.
Einer der Soldaten stieß ihn leicht an. „Bell kommt.“
McQuade nickte, drehte sich aber nicht um, denn er konnte den Banditen in dem halbblinden Spiegel sehen, der zwischen den Regalen mit den Flaschen und Gläsern an der Wand aufgehängt war.
Bell war nur mit dem Revolver bewaffnet. Er schwenkte seinen Blick durch den Schankraum, dann steuerte er einen freien Tisch an und setzte sich.
McQuade drehte sich um und schlug den Mantelschoß über dem Holster mit dem langläufigen Coltrevolver zurück.
„Bell!“
Der Bandit, der dem Kopfgeldjäger die linke Seite zuwandte, zuckte halb herum. Seine Augen zeigten ein unruhiges Flackern. Langsam stemmte er sich am Tisch in die Höhe. „Was willst du? Wer bist du?“
„Dein Trail ist hier zu Ende, Bell. In Tucson wartet auf dich der Galgen.“
Der Bandit stand jetzt aufrecht, ein tückisches Lauern in den dunklen Augen. Seine Rechte hing locker neben dem Coltknauf, er bewegte die Finger, als wollte er sie geschmeidig machen.
McQuade ahnte, dass Mitchell Bell kämpfen würde.
Der Bandit rief grollend: „Ich weiß nicht, wer du bist, Hombre. Aber sicherlich verwechselst du mich. In Tucson war ich noch nie. Und ich wüsste nicht, weshalb auf mich dort der Galgen warten sollte.“
„Weil du Postkutschen überfallen und einen Mann erschossen hast, Bell. Ich bin McQuade. Vielleicht hast du schon von mir gehört. Was deine Person angeht, so glaube ich nicht, dass ich dich verwechsle. Heb die Hände und dreh dich um, Bell. Wenn du zum Schießeisen greifst, stirbst du. Sie zahlen die fünfhundert auch für einen toten Mitchell Bell.“
Der Bandit mahlte mit den Zähnen. „Na schön“, murmelte er und machte Anstalten, die Arme zu heben. Aber es war nur eine Finte. Als sich seine Rechte etwas über dem Revolverkolben befand, explodierte der Bandit geradezu. Die Hand stieß wie der Kopf einer Klapperschlange nach dem Knauf, das Eisen schwang hoch, der Bandit spannte den Hahn.
McQuade, der auf diese Reaktion vorbereitet gewesen war, schoss in dem Moment, als sich die Trommel des Banditencolts klickend um eine Kammer weiterdrehte. Der trockene Knall staute sich in der Kantine. Mitchell Bells Augen weiteten sich im ungläubigen Staunen, seine Lippen formten tonlose Worte, er ließ den Revolver fallen, seine Hände verkrampften sich vor der Brust, er machte einen unbeholfenen Schritt vom Tisch weg, dann brach er auf die Knie nieder und kippte schließlich nach vorn auf das Gesicht.
Aus der Mündung des Revolvers in der Faust des Kopfgeldjägers kräuselte ein dünner Rauchfaden. Vor dem Gesicht des Texaner wölkte Pulverdampf. Langsam ließ McQuade die Hand mit dem Colt sinken. In seinem Gesicht zuckte kein Muskel. Er spürte nichts. Mitchell Bell war ein Mörder gewesen. Und er – McQuade - hatte dem Gesetz wieder einmal Geltung verschafft. Der Steckbrief in seiner Manteltasche hatte ihn legitimiert …
E N D E