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Mit diesem Buch erhalten Sie ein einmaliges Zeugnis deutscher Zeitgeschichte. Die Briefe und der Fluchtbericht des Soldaten Josef Chervatin machen den Krieg in all seiner Grausamkeit erlebbar. Tausende Kilometer von seiner Frau und seinem Sohn entfernt, versuchte Josef Chervatin mit vielen hundert Briefen dennoch ein guter Ehemann und liebender Vater zu sein. Es gehört zu den emotionalen Highlights dieses Buches, wenn seine Frau für 6 Wochen ins Krankenhaus muss. Ihr 10-jähriger Sohn bleibt allein zu Hause, und Josef Chervatin kann nichts anderes tun, als ihm aus der Ferne schriftlich Mut zuzusprechen. Es ist gerade das Alltägliche, das »500 Briefe Sehnsucht« zu einem einzigartigen Leseerlebnis macht … die aus den Zeilen hervorquellende Sehnsucht … Das zeitgenössische Sinnieren über die Zukunft … Das Hoffen auf eine Zeit, in der die Familie nie wieder getrennt sein muss. Klappentext Josef Chervatin, Soldat in der 329. Infanterie-Division "Hammer", hat während seines Kriegsdienstes zwischen 1942 und 1945 sowie der anschließenden Gefangenschaft mehr als 500 Briefe an seine Frau und seinen Sohn geschrieben. Sie legen auf erschütternde Weise Zeugnis ab von der Gefühlswelt eines Mannes, der in die Hölle der Ostfront geworfen wurde, während ihn die Sorge um seine Familie zerfrisst, die schutzlos dem Bombenkrieg ausgeliefert ist. Josef Chervatin versuchte dabei stets, seine Rolle als Familienvater aus der Ferne auszufüllen. Er schrieb väterliche Ratschläge an seinen Sohn und suchte seine Frau durch tröstende Worte aufzubauen. Dabei lassen seine Zeilen immer wieder erahnen, in welche menschlichen Abgründe er an der Ostfront blickte. Zwischen der Hoffnung auf Frieden, Alltagsproblemen und der ständigen Angst um seine Lieben legt diese Briefsammlung auf bewegende Weise Zeugnis ab vom Grauen des Krieges – für die Soldaten an der Front wie für die Familien daheim. Nach mehr als vier Jahren in Kriegsgefangenschaft, wagte Josef Chervatin schließlich die Flucht. Ein Wiedersehen mit seiner Familie war sein Antrieb. Neben seinen Briefen beinhaltet dieses Buch auch einen Bericht von dieser Flucht, den der Soldat Chervatin nach seiner Heimkehr verfasste.
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Inhaltsverzeichnis
Vorwort
Das Kriegsjahr 1942
Das Kriegsjahr 1943
Das Kriegsjahr 1944
Das Kriegsjahr 1945
Briefe aus der Gefangenschaft
Fluchtbericht
Epilog
Danksagung
Quellenverzeichnis
Dirk Chervatin
500 Briefe Sehnsucht
Ostfront, Gefangenschaft, Flucht – Ein bewegendes Schicksal im 2. Weltkrieg
Konzeptionelle Mitwirkung: Jill Marc Münstermann
EK-2 Militär
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Josef Chervatin in Uniform (1943)
Eines Tages im Mai 2020 – ich war zu Besuch bei meiner Mutter – fragte sie mich, ob ich Verwendung für die alten Cellonoten meines Großvaters hätte. Gemeinsam stöberten wir durch die vergilbten Notenbände, Hefte und Bücher. Ich fühlte mich in die Zeit meiner Jugend zurückversetzt, als mein Großvater mir beinahe täglich Cellounterricht gab. Er wohnte die letzten sechs Jahre seines Lebens mit uns, also meinen Eltern und meinem älteren Bruder, gemeinsam in einem Haus. Während dieser Zeit war er ein wichtiger Bezugspunkt in meinem Leben, auch, weil wir quasi Tür an Tür wohnten. Ich erinnerte mich an die vielen Stunden, die wir gemeinsam mit dem Cello oder Schach spielend in seinem Zimmer verbrachten. Auch die vielen Bücher, die er nach dem Tod seiner geliebten Frau – meiner Großmutter – mit in sein neues Zuhause brachte, gaben mir, einem damals 14- bis 15-jährigen, unsicheren Jungen, Zuflucht in aufregende und unbekannte Welten.
Einerseits war ich fasziniert von den vielen Kriegsromanen und Heldengeschichten. Ich lernte jedoch sehr schnell, wie furchtbar grausam und unmenschlich Krieg ist. Ganz besonders beeindruckten mich damals die Romane von Norman Mailer, Remarque, Herman Wouk, Forsyth oder Joseph Conrad.
Oft versuchte ich, meinen Großvater dazu zu bringen, Geschichten vom Krieg zu erzählen. Ich stellte ihm unter anderem viele Fragen. Wie konnte es sein, dass der Nationalsozialismus 1933 an die Macht kam? Was dachten die Menschen damals über den Holocaust und die Verfolgung der Juden? Warum begehrten sie nicht gegen das Treiben der Nazis auf? Warum glaubten sie die Mär von der bolschewistischen Gefahr? Erst viel später begriff ich, wie einfach es ist, die Massen, egal wo auf der Welt, zu manipulieren …
Mein Großvater Josef Chervatin (rechts) als Musiker in den 1930er Jahren
Mein Großvater wurde 1903 in Labin geboren. Die Stadt gehörte damals noch zum österreichischen Vielvölkerstaat und wurde nach dem Ersten Weltkrieg nach Italien eingegliedert.1 Meine Urgroßeltern zogen noch vor dem Ersten Weltkrieg nach Oberhausen im Westen Deutschlands. Oft erzählte mein Großvater, wie wichtig es ihnen damals gewesen sei, sich in Deutschland zu integrieren und ein akzeptierter Teil der Gesellschaft zu werden. Schnell war es auch innerhalb der Familie verpönt, Italienisch zu sprechen.
Am 15. August 1927 heiratete er meine Großmutter Alma, geborene Pörschke. Die beiden zogen recht bald nach Ahlen, Westfalen, und mein Großvater bestritt seinen Lebensunterhalt als Musiker in verschiedenen Kapellen und Orchestern, und später als Buchhalter in einer Fabrik für Rollläden.
Am 12. Juli 1934 kam ihr einziges Kind, mein Vater Hans, in Ahlen zur Welt.
Im Oktober 1941 meldete sich mein Großvater freiwillig zum Kriegsdienst in der deutschen Wehrmacht und kam zur 329. Division (auch: Hammer-Division), die im Dezember 1941 auf dem Truppenübungsplatz Groß Born aus Truppenteilen im Wehrkreis VI (Münster) aufgestellt wurde. Nach erfolgter Aufstellung (Dezember 1941) wurde die Division der Heeresgruppe Nord unterstellt und im Gebiet von Demjansk eingesetzt.2
Alma und Hans Chervatin im März 1938
Während wir also die alten Noten inspizierten, entdeckten wir eine prall gefüllte Mappe mit der Feldpost meines Großvaters.
Meine Mutter sagte: »Wenn Du willst, kannst Du die Briefe gerne mitnehmen«. In den folgenden Monaten waren die Briefe und die Erlebnisse meiner Großeltern und meines Vaters mein täglicher Begleiter.
In der Zeit zwischen Februar 1942 und August 1949 schrieb er 546 Briefe an seine Frau und seinen Sohn. Er hatte keine Gelegenheit ausgelassen, nach Hause zu schreiben.
In den Jahren seiner Kriegsgefangenschaft in Lettland und Tschechien konnte er lediglich 36 Briefe beziehungsweise Karten nach Hause schreiben.
Den letzten Brief vor der Kapitulation der Division im Mai 19453 in Kurland schrieb er am 15. Februar 1945. Das war zu mindestens der letzte Brief, der vor der Kriegsgefangenschaft zu Hause ankam …
Nach viereinhalb Jahren in Kriegsgefangenschaft – schier endlosen Jahren des Wartens und Hoffens, endlich nach Hause zurückkehren zu dürfen – entschloss sich mein Großvater zur Flucht. Diese letzte und besonders spektakuläre Episode in seinem Leben als deutscher Soldat hielt er später in einem Bericht fest, der ebenfalls in diesem Buch abgedruckt ist.
Meist hatte mein Großvater stabsdienstliche Aufgaben zu erledigen, wurde allerdings auch ein paar Mal zu speziellen Aufgaben im lettischen Hinterland abkommandiert.
Wohl, da die Feldpost zensiert wurde4, schilderte er einige Erlebnisse nur vage oder auch gar nicht. Wahrscheinlich wollte er aber seine Frau und seinen Jungen auch nicht beunruhigen. Speziell Briefe aus dem Jahr 1944 lassen allerdings den Schluss zu, dass er trotz seines Alters immer wieder zu Kampfeinsätzen hinzugezogen wurde.
Meine Großmutter bewahrte alle Briefe sehr sorgfältig auf. Ich bin überzeugt, dass die Briefsammlung vollständig ist.
Auch für die Familie daheim waren die Zeiten schwer und ungewiss. Täglicher Fliegeralarm, gekürzte Essensrationen sowie die Sorge um die Ehemänner, Väter, Brüder, Onkel und eine ungewisse Zukunft waren die täglichen Begleiter von Frauen und Kindern. Als meine Großmutter mit einer schweren Entzündung des Zwölffingerdarms ins Krankenhaus nach Hamm eingewiesen wurde, blieb mein damals 10 Jahre alter Vater allein zurück. Zwar kochten die Nachbarn für ihn, den Rest der Zeit aber war er auf sich gestellt. Er ist fast täglich in das 14 Kilometer entfernte Hamm zu seiner Mutter ins Krankenhaus gefahren. Da die Güterzüge auf dieser Strecke sehr häufig von englischen Kampffliegern angegriffen wurden, fuhr die Furcht bei diesen Fahrten immer mit. Oft hat er uns davon erzählt und wir konnten uns nur schwer vorstellen, was ein 10-jähriger Junge auf dem Weg zu seiner Mutter für Ängste ausgestanden haben musste.
Die Sorge meines Großvaters um seine Familie bei den vielen Fliegerangriffen ist in den Briefen allgegenwärtig. Seine Ohnmacht, aber auch seine Wut auf die englischen und amerikanischen Piloten, die nun beinahe täglich Ahlen und Umgebung in Alarmbereitschaft versetzten5, ist immer wieder Thema in den Briefen nach Hause.
Aber auch die Sehnsucht nach seiner Familie und nach einem Zusammenleben daheim in Frieden ist ein zentrales Thema in seinen Briefen. Der starke Wunsch, seinen Jungen aufwachsen zu sehen und einen normalen Alltag zu führen, dringt aus seinen Zeilen.
Es war sicher außergewöhnlich, dass meine Großeltern wohl eine absolut gleichberechtigte Beziehung führten. Meine Großmutter ging während des Krieges arbeiten und traf selbstständig viele Entscheidungen in den Bereichen Erziehung, Finanzen, Wohnungsrenovierung etc. Mein Großvater begrüßte und unterstützte dies und ließ ihr stets freie Hand. Das war in den patriarchalisch geprägten 1940er Jahren, trotz Krieg, wohl eine Ausnahme.6
Die meisten Briefe fanden nur in Auszügen ihren Weg in dieses Buch; es hätte ansonsten jeden Rahmen gesprengt. Viele in den Briefen angesprochene Themen wiederholen sich und ziehen sich wie ein roter Faden durch die gesamte Korrespondenz. Deshalb wurden immer wiederkehrende Äußerungen im weiteren Verlauf gekürzt beziehungsweise weggelassen. Auch haben wir für die Allgemeinheit allzu Nebensächliches gestrichen, so zum Beispiel ausschweifende Grüße an Bekannte und Verwandte und Zeilen, die zu persönlich sind.
Der geneigte Leser möge dies nachsehen.
Mein Großvater schrieb, wie er sprach. Die Texte wurden lediglich an die aktuellen Konventionen der deutschen Rechtschreibung angepasst. Es handelt sich somit um die Originaltexte, die in dieser Form ein wahrhaftiges Zeitzeugnis darstellen. Der Fluchtbericht wurde zur besseren Lesbarkeit sprachlich leicht bearbeitet. Inhaltlich ist er selbstredend unangetastet geblieben.
Ganz sicher ist dieses Buch keine typische Kriegsgeschichte. Es erzählt vielmehr von Liebe und Verbundenheit, von Familienzusammengehörigkeit und vom Wunsch nach Alltag. Es berichtet aber auch in leisen Tönen von Hoffnung und Sehnsucht, von Ängsten und Sorgen und von dem großen Wunsch nach einem gemeinsamen Leben in Frieden.
Dieses Buch ist dem Andenken an meine Großeltern und meinem Vater gewidmet.
Mülheim an der Ruhr, den 08. April 2021
Dirk Chervatin
Josef und Alma Chervatin; die Fotos datieren auf den September 1940
Vgl. Zeitung der Arbeit (2021)↩
Vgl. Kurland-Kessel (undatiert)↩
Vgl. Molter, M. (undatiert)↩
Vgl. Edition zur Geschichte (undatiert)↩
Vgl. Stadt Ahlen (undatiert)↩
Vgl. Schulte von Drach, M. (2016)↩
№ 1 vom 27.02.1942
Meine liebe Frau und mein lieber Hansi!
Heute komme ich endlich dazu, von mir hören zu lassen. (…) Zuerst wünsche ich Dir von ganzem Herzen viel Glück zu Deinem Geburtstage, ich nehme an, dass der Brief bis zum 11. in Deinen Händen ist. Hoffentlich verleben wir den nächsten zusammen zu Hause. (…)
Wir sind am 20.2. von Arys (Polen; der Verfasser) abgefahren und haben die ganze Strecke im Kraftwagen abgemacht. An dem Ort, wo wir ursprünglich hinsollten, sind wir nicht hingekommen, sondern noch ca. 200 km östlich. Wir liegen südöstlich vom Ilmensee. Was soll ich Dir sonst über alles schreiben? Ich fasse es in einem Wort zusammen, nämlich grauenhaft. Adolf Hitler hat gesagt, »Meine Soldaten werden und haben es gesehen, was der Kommunismus aus Russland gemacht hat.« Wir haben es gesehen auf der Fahrt von der Grenze aus und wir stecken jetzt mittendrin. Ich will es Dir lieber erst gar nicht beschreiben. In Arys hatten wir die schlimmste Kälte hinter uns, hier sind wir wieder mitten in den schlimmsten Winter hineingeraten. Tagsüber 15-20° Minus, nachts sind -35° gemessen worden. Wir sehen gar nicht nach deutschen Soldaten aus, eher wie die Russen. Pelzmützen auf dem Kopf und Filzstiefel, russische Beuteware an den Füßen. Aber es schützt vor der Kälte, überhaupt nachts. Wir haben hier viel Wachen zu stehen und da wird alles herangezogen, je 2 x in der Nacht 2 Stunden. Jede Abteilung hat ihr Dorf zu bewachen. In den Häusern ist es interessant. Die ganze Familie, neun Personen, schläft über dem Ofen. Wir liegen dahinter in der guten Stube, 4 Offiziere und 5 Mannschaften. Tagsüber ist es Geschäftszimmer und nachts liegt der ganze Haufen auf dem Fußboden. Geheizt wird hier, dass einem das Wasser am Körper so herunterläuft. Mit den Leuten kann ich mich schon ganz gut verständigen. Ich treibe fleißig Sprachstudien. Es sind gute Leute, sie tun alles für uns, was wir nur wünschen. Der Iwan, das ist der Hausherr, geht vor Freude in die Luft, wenn man ihm ein wenig Tabak gibt, er dreht ihn sofort in ein Zeitungspapier und raucht, dass vorn die Flamme herausschlägt. Gestern Abend sind hier in der Nähe in der Zeit von 21.00-22.00 Uhr vier russische Flugzeuge von der Flak abgeschossen worden. Eins nach dem anderen kam herunter. Die Front ist ca. 30km von uns entfernt, man kann die Artillerie sehr gut hören, besonders nachts. Die Infanterieregimenter unserer Division haben sich vom ersten Tag des Einsatzes gut bewährt und sind lobend erwähnt worden. Der Schnee liegt hier 1-1,5 m hoch, der Winter soll dieses Jahr selbst für russische Verhältnisse äußerst streng sein. Die Kameraden, die von vorn nach hier kommen, sagen, wenn das Frühjahr kommt und der Schnee fort ist, dann bekommen die Sowjets Schläge, wie die Welt es noch nicht erlebt hat. Sie meinen auch, dass die Sowjets dieses Jahr erledigt werden. Man darf hier an nichts denken, sonst würde man es hier nicht aushalten. Macht Euch um mich keine Sorgen, aber Du und Hansi, betet jeden Tag etwas für mich, dass ich gesund aus diesem Lande komme und eines Tages Dich, Du meine liebe Frau, und Dich, Du mein lieber Junge, und unsere schöne Heimat wiedersehen darf. Zum Schluss seid beide vielmals recht herzlich gegrüßt und geküsst von Eurem Euch so liebenden
Mann und Vater
Viele Grüße an Fam. Budt, Herrn Michel und alle Bekannten
Auf Wiedersehen
Zur Anschauung ein Scan des vierseitigen Originalbriefs
№ 2 vom 07.03.1942
Meine liebe Frau und mein lieber Hansi!
Gestern Abend habe ich hier in Russland den ersten Brief, und zwar Deinen Brief № 19, geschrieben am 17.2., erhalten. Er war also gute 14 Tage unterwegs. Du glaubst nicht, wie ich mich gefreut habe, von Euch, meine beiden Lieben, ein Lebenszeichen zu erhalten. Gott sei Dank, dass es Euch beiden noch gut geht. Von mir kann ich, den Verhältnissen entsprechend, dasselbe berichten. Dass wir in der Gegend des Ilmensees liegen, habe ich Dir in Brief № 1 schon mitgeteilt. Gott sei Dank, dass es zum Frühling nicht mehr allzu weit ist, einen ganzen russischen Winter hier auszuhalten, dazu gehört fast Übermenschliches. Ist das hier eine Kälte, aber wie die Eingeborenen hier sagen, soll es bis zum Frühling nicht mehr allzu weit sein. Die Kameraden, mit denen ich zusammen aus Soest ausgerückt bin, sind schon vorne in der Front eingesetzt.
Du schreibst, ob ich was brauche? Esswaren zu senden, hat keinen Zweck, außerdem bekommen wir hier überreichlich, da mangelt es nicht dran. In Lettland habe ich an einem Ort zwei Pfund Butter für ein Päckchen Tabak bekommen, ich habe die Butter zum Zusetzen. (…)
Hat Dein Bruder Hans immer noch nicht geschrieben? Er wird auch bestimmt irgendwo in dieser Gegend stecken. Dass man längere Zeit nichts von einem Angehörigen hört, hat meistens nichts zu bedeuten, wenn es auch meistens nicht an Zeit mangelt, so fehlt es an Gelegenheiten zu schreiben. (…)
Das ist hier so, eine ganze Formation liegt in einem Dorf, dreiviertel der Häuser sind von den Bolschewisten in Brand gesteckt worden und bis zum Boden abgebrannt. In dem Rest der Häuser liegen dann die Leute, 10-15 Mann in einem Raum wie unsere Küche. Du kannst Dir denken, dass einer dem anderen im Wege liegt. Ich habe den ganzen Tag zu tun. Schreibmaschine, Meldungen überbringen, wenn’s weiter weg ist, mit dem Wagen hinfahren. An diesem Brief schreibe ich zwei Tage, weil ich zwischendurch immer abgerufen werde. Wenn die Offensive beginnt, wird man noch weniger Zeit haben. Mache Dir aber keine Sorgen, ich werde jede Gelegenheit zum Schreiben benutzen. (…)
Was gibt’s sonst Neues bei Euch? Schreibe mir, ob Du Brief № 1 und diesen erhalten hast und wie lange sie unterwegs waren. Hoffentlich ist es, wenn’s im Frühling hier losgeht, sehr bald zu Ende.
Zum Schluss, meine liebe Frau und mein lieber Hansi seid beide herzlich gegrüßt und geküsst von Eurem Euch so liebenden
Mann und Vater
Viele Grüße an alle Bekannte, vor allem Fam. Budt und Herrn Michel
Schreibe bald wieder
Auf Wiedersehen
№ 3 vom 08.03.1942
(…) Meine liebe Frau, ich glaube es Dir gerne, dass gerade die Sonntage Dir am schwersten fallen. Ich bitte Dich, sei tapfer und setze Dich über alles Trübe hinweg. Sieh mal, auch dieses alles wird einmal vorüber gehen, einmal wird auch wieder der Tag kommen, der uns der Schönste sein wird. Wir müssen noch eine Zeit auf Vieles verzichten, aber alle diese Opfer werden nicht umsonst sein. Du schreibst, ob Du mir etwas Geld schicken sollst? Sag mal bloß, was soll ich hier in Russland mit Geld anfangen? Hier gibt es überhaupt keinen Laden, keine Wirtschaft, aber auch nichts. Das, was wir von unserer Marketenderei kaufen können, kann ich dicke mit meiner Löhnung bestreiten. Im Gegenteil, ich werde bei der erstbesten Gelegenheit alles Geld, was ich in der Tasche habe, an Dich überweisen lassen. Ihr könnt Euch überhaupt kein Bild machen, wie so ein russisches Dorf beschaffen ist und beschreiben würde zu viel Zeit in Anspruch nehmen. Ich werde es Euch später mal erzählen. Wir sagen uns alle immer wieder, dass wir »Gott sein Dank« sagen werden, wenn es hier einmal zu Ende ist und wir wieder deutsches Land betreten werden. (…)
№ 4 vom 09.03.1942
Meine liebe Frau und mein lieber Hansi!
Heute, an meinem Geburtstage, muss ich Dir schnell noch ein paar Zeilen schreiben. (…)
Wir stehen durchschnittlich jede dritte bis vierte Nacht Wache, aber nur zwei Stunden, dann haben wir vier Stunden Ruhe. Aber diese zwei Stunden bei der Kälte, da werde ich auch immer dran denken. Was meinst Du, was wir uns alle freuen werden, wenn die Kälte und der Schnee hier mal fort sind. Einem Kameraden, der aus Soest mit ausgerückt ist, sind beide Füße erfroren, wie ich gestern hörte, als ich hier einen Kameraden aus der Kompanie getroffen habe. Wir nehmen hier alle an, dass, wenn die Offensive beginnt, es nicht mehr lange dauern wird. Ich habe nur den einen Wunsch, den Tag des Waffenstillstands hier im Osten zu erleben und dann wieder zur Heimat zu kommen. Ich werde, wenn ich wieder deutschen Boden betrete, die Erde küssen. (…)
Meine liebe Frau, ich bitte Dich, sei tapfer und halte auch durch, alles wird schon einmal ein Ende nehmen. So wird schon einmal der Tag kommen, der uns wieder zusammenführen wird, der schönste Tag meines Lebens wird das werden. Betet, wie ich schon schreib, jeden Tag etwas, dass wir diesen Tag erleben. Ich habe Euch beide doch so lieb. (…)
№ 5 vom 13.03.1942
Meine liebe Frau und mein lieber Hansi!
Vorgestern, an Deinem Geburtstage, habe ich Deinen lieben Brief № 25 erhalten. Ich habe mich so gefreut, dass es Euch beiden noch gut geht und dass Ihr beide noch gesund seid. Bei mir ist auch noch alles in bester Ordnung. Da wir inzwischen unseren Standort wieder um ca. 20 km verlegt haben, kann ich Deinen Brief erst heute beantworten. Ich nehme jede Gelegenheit wahr, um an Dich zu schreiben, manchmal geht’s aber beim besten Willen nicht. (…)
Vorige Tage war es hier schon ganz angenehm draußen, tagsüber schon einige Grad Wärme, aber in der letzten Nacht waren es schon wieder mindestens -30°. Du glaubst nicht, wie man diese Kälte und den Schnee leid ist, aber es hat jetzt die längste Zeit gedauert. Heute Morgen um ½ 8 ging ich mit einer Meldung ins nächste Dorf, ungefähr 3 km weit. Unterwegs hielt mich eine russische Frau an und zeigte auf meine Nase. Darauf griff sie eine Handvoll Schnee und hat wohl 10 Minuten meine Nase gerieben. Es war der Frau wohl aufgefallen, dass ich eine ganz weiße Nase hatte. Wenn sie es mir nicht gesagt hätte, wäre sie mir wohl erfroren. (…)
15.03.1942
Meine liebe Frau und mein lieber Hansi!
Gestern Abend habe ich Deinen lieben Brief Nr. 26 vom 28.02. erhalten nebst einliegendem Foto. Meinen allerbesten Dank für beides. Das Foto ist wunderschön ausgefallen, richtig natürlich, so wie ich Euch beide Lieben immer mir vorstelle. Der Chef ist im Moment gerade nicht hier, ich schreibe den Brief schnell mit der Maschine. Für die Geburtstagsgrüße meinen allerbesten Dank, sie sind ein paar Tage zu spät gekommen, aber ich habe sie trotzdem mit vielem Dank angenommen, hoffentlich verleben wir unsere Geburtstage im nächsten Jahr zusammen.
Ich bin froh, dass es Euch beiden noch gut geht und dass Ihr beide noch gesund und munter seid, von mir kann ich dasselbe berichten. Man sagt, dass der Mensch ein Gewohnheitstier ist, man kann es hier in Russland auch wieder feststellen. Man hat sich so langsam an die Verhältnisse hier gewohnt.
In normalen Zeiten würde man es in einem Haus wie hier nicht aushalten, aber heute, wo man drauf angewiesen ist, ist man mit so einem Quartier noch sehr zufrieden. Man hat ein Dach über dem Kopf und angenehm warm ist es hier auch in den Häusern. Wir trösten uns mit dem Gedanken, dass es eines guten Tages anders wird. Wir haben in den letzten Tagen wieder Temperaturen von -40 - -45° gehabt, man muss sich selbst wundern, dass man das aushält. Aber noch einige Tage, dann wird es wohl endlich aufhören, mit dem vielen Schnee und dieser unsinnigen Kälte, Gott sei Dank.
Du fragst wegen der Anfrage vom Sammlerschalter betreffs der hohen Werte der Führermarken. Ich würde Dir empfehlen, dieselben zu bestellen, die werden bestimmt gut werden. Ich lasse Dir um den 20.3. herum von hier aus 50,- RM überweisen, es ist zurückgelegtes Geld von meinem Wehrsold, man hat es hier in der Tasche und kann es doch nicht verwerten. Schreibe mir sofort Bescheid, wenn Du es erhältst. Zum Schluss, meine liebe Frau und mein lieber Hansi, danke ich Euch nochmals für das Foto, seid beide recht vielmals herzlich gegrüßt und geküsst von Eurem Euch liebenden
Mann und Vater
Auf Wiedersehen
Das im Brief erwähnte Foto
№ 6 vom 21.03.1942
(…) Zum Namenstage habe ich vom Chef eine Flasche Steinhäger und einhundert Zigaretten bekommen, außerdem bekommen wir jeden Tag eine Schachtel Zigaretten bei der Verpflegung. Dann bekommen wir noch eine Rolle Keks und einen Riegel Schokolade, also wir leben wie die Fürsten. (…)
Jetzt sind wir schon über vier Wochen hier in Russland, inzwischen haben wir 4 x unseren Standort gewechselt. Diese Woche sind wir in einem größeren Ort gelandet und sind in einer halbzerstörten größeren Schule untergebracht. Am ersten Tage haben wir in den Räumen ohne Öfen, keine Scheiben in den Fenstern und dabei über 30° Kälte geschlafen. Inzwischen haben wir es uns hier ganz wohnlich eingerichtet, Öfen aufgestellt, Fenster dichtgemacht, Betten gebaut, so dass es den Verhältnissen entsprechend ganz gemütlich ist. Die Schule liegt außerhalb der Ortschaft, wir haben von hier aus einen weiten Überblick über das flache Land. Seit zwei Tagen zerschlagen die Stukas die russische Front vor uns, da geht einem der Hut hoch. Fünfzig bis sechzig Stukas greifen auf einmal an und werfen ihre Bomben ab, von morgens früh bis abends spät und nachts die schwere Artillerie. Es ist jetzt ½ 12 nachts, ich habe in unserer Abteilung Telefon und Feuerwache bis 12 Uhr, dann werde ich abgelöst und kann schlafen bis 8 Uhr. Schön ist hier die Kameradschaft unter den Leuten. Die Offiziere liegen mitten zwischen den Mannschaften, essen wie die Mannschaften aus den Kochgeschirren und teilen mit uns, was sie haben. Vorige Tage, wo wir hier unsere Abteilung eingerichtet haben, haben sie alle feste mitgeholfen. Ein Hauptmann hat die Betten zusammengezimmert, zwei hohe Stabsoffiziere haben Brennholz gesägt und klein gemacht, das macht uns Spaß, wenn man das sieht, es ist bestimmt in Ordnung, es herrscht ein schönes Einvernehmen. Heute ist Frühlingsanfang, die Sonne scheint wunderbar, aber die Kälte ist immer noch stark. Was warten wir alle darauf, dass die Kälte endlich einmal nachlässt und dass der Schnee fortgeht. Ich habe hier eine fabelhafte russische Mütze aus grauem Krimmer (Fell des Karakulschafs; der Verfasser), über den Ohren herunterzuklappen, direkt elegant. Dann ein paar Polarstiefel, die sind aus einem Schafspelz hergestellt, fabelhaft. Wenn alles gut geht, bringe ich sie mit nach Hause. Man ist gegen die Kälte doch gut geschützt. Man muss sagen, die Wehrmacht hat alles Mögliche für die Soldaten im Osten getan. (…)
Dieses alles hier ist ja auch eines guten Tages und zwar in diesem Jahr noch zu Ende und dann kommt einmal auch der Tag, der uns wieder zusammenführen wird und dann haben wir dies alles überstanden. Und dieses alles musste sein, und wir alle mussten dieses auf uns nehmen und durchhalten, damit Deutschland nicht untergeht, sondern leben kann. (…)
№ 7 vom 24.03.1942
(…) Es ist jetzt nachts, 3 Uhr, ich habe von 3-5 Uhr Telefonwache und daher die beste Zeit, schnell an Euch beide Lieben ein paar Zeilen zu schreiben. (…)
Draußen heult der Sturm, aber der Wind ist gar nicht kalt. Seit zwei Tagen ist draußen eine milde Luft und der Frost ist nicht mehr. Der Schnee ist feucht und es taut. Man sagt, dass das Tauwetter hier ganz plötzlich eintritt, demnach hätten wir den Winter überstanden, also das, worauf hier Millionen Soldaten sehnsüchtig gewartet haben. Es sind auf den Tag genau 3 Monate, seitdem wir in Groß-Born ausgeladen worden sind. An diese drei Monate Schnee, Eis und Kälte werde ich denken, solange, wie ich lebe. Über vier Wochen sind wir jetzt in Russland und haben seitdem nicht mehr die Kleidung vom Körper gehabt, außer, wenn wir die Wäsche gewechselt haben. Die wird dann immer sofort gekocht und gewaschen und man hat dann eine frische Garnitur. Seit der Zeit haben wir auch kein elektrisches Licht und was sonst noch alles, was für uns in Deutschland eine Selbstverständlichkeit ist, gesehen. Ja, das russische Paradies. In der Schule, in der wir augenblicklich liegen, haben wir es uns den Verhältnissen entsprechend, ganz gemütlich eingerichtet. Im Moment wird im Raume neben uns, dort ist für die Nacht eine halbe Kompanie Gebirgsschützen untergebracht, geweckt. Die armen Kerls sind nicht wach zu bekommen, ich höre alles durch die dünne Bretterwand. Die müssen jetzt nach vorn, hinter den Russen her, der im Frontabschnitt vor uns immer weiter zurückgedrängt wird.
Ich denke gerade daran, ich wollte es Dir immer schon schreiben, hatte es aber immer vergessen. An dem Morgen, als wir von Arys abfuhren, kamen wir gegen 11 Uhr durch Possessern (Ermland-Masuren, Polen), es heißt heute Großgarten. Auf dem Ortsschild steht oben Großgarten und darunter klein Possessern. Die Hauptstraße zieht sich in einer großen Kurve durch das Dorf und am Ortsausgang steht rechts auf einer Anhöhe eine alte Mühle. Das Städtchen macht einen netten, sauberen Eindruck, es sind dort viele neue Häuser, auch außerhalb Siedlungshäuser gebaut worden. Es war mir beim Durchfahren des Ortes eigenartig zumute, als ich daran dachte, dass Du als Kind dort einige Zeit zugebracht hast. Was gibt’s zu Hause Neues? Habt Ihr immer noch so viel Fliegeralarm? (…)
№ 8 vom 26.03.1942
(…) Ich habe von 2-4 Uhr Telefonwache und daher die beste Zeit, an Euch, meine Lieben, zu schreiben. Wie geht’s Euch noch? Hoffentlich ist alles in bester Ordnung. (…)
Hier hat nun endlich das langersehnte Tauwetter eingesetzt, aber auch gleich so, wie es nur in Russland möglich ist. Gleichzeitig ist ein starker Sturm, der aber das Wasser schnell trocken werden lässt. Wir liegen zurzeit noch immer in der Schule, eigentlich wollten wir vorige Tage schon abrücken, ist aber verschoben worden. Ich bin neugierig, ob sich jetzt, bei dem feuchten Wetter wie im vorigen Jahr, der Rheumatismus wieder einstellen wird, bis jetzt habe ich noch nichts davon gemerkt. In unserem Frontabschnitt sind seit acht Tagen heftige Kämpfe im Gange und es geht trotz der schlechten Witterung immer vorwärts. Wenn es erst einmal trocken ist und die warme Witterung einsetzt, wird es für den Russen wohl bald zu Ende sein. Wie wird das wohl sein, wenn es eines guten Tages heißt, im Osten ist Waffenstillstand? Ich glaube, wir schnappen vor Freude alle über, wenn wir eines guten Tages wieder nach Deutschland befördert werden sollten. Wir haben dann für unser Leben lang von Russland genug. (…)
№ 8 vom 27.03.1942
(…) Ich kann das nicht verstehen, dass Du am 15.3., als Du den Brief № 30 geschrieben hast, noch immer keine Nachricht von mir in Händen hattest. Ich habe den ersten Brief von hier oben am, ich glaube, 27.2. geschrieben. Ein Kamerad aus Elberfeld, der auch zur gleichen Zeit geschrieben hat, sagte mir, dass seine Frau am 9. März schon einen Brief von ihm empfangen hatte. Ich glaube, dass wohl inzwischen einige Briefe eingetroffen sind. Ich bitte Dich, reibe Dich doch nicht so auf und mache Dir doch nicht so viel Sorgen, es wird ja dadurch doch nicht besser. Wir stehen doch alle in Gottes Hand und wen es treffen soll, den trifft’s. Die Nachricht, dass es auch Hans Klosterkamp getroffen hat, ist mir sehr nahe gegangen. Schon als der Brief ankam, hatte ich ein so eigenartiges Gefühl, ich hatte den Brief mit Unlust geöffnet. Der arme Hans, so ein prächtiger Junge, dass es immer die Besten treffen muss. (…)
28.03.1942
(…)
№ 9 vom 29.03.1942
Meine liebe Frau und mein lieber Hansi!
(…) Mir geht’s noch immer gut, und gesund und munter bin ich auch noch, was ich von Euch auch noch hoffe. Nach dem Tauwetter in den vorigen Tagen haben wir jetzt wieder Frost, ist aber nicht mehr so schlimm. Tagsüber in der Sonne ist es sogar schön warm. Zu Hause wird der Frühling jetzt wohl schon eingekehrt sein. Du schreibst, dass Samstag ist und Du einen kleinen Kuchen gebacken hast. Wenn ich an unsere schönen Samstagnachmittage denke, bekomme ich immer Heimweh und Sehnsucht nach Euch beiden Lieben. Wir kennen hier keinen Werktag und keinen Sonntag, ein Tag wie der andere. Man weiß hier manchmal nicht, was für ein Datum oder Wochentag ist. Deshalb die Ansagen im Radio: »Heute ist der und der Wochentag und der soundsovielte.« Einige Male hatten wir abends Gelegenheit gehabt, Radio zu hören, einen Batteriekofferempfänger. Mir wurde ganz anders, als man etwas Musik hörte. Aber auch das alles wird einmal wiederkommen.
(…) Herr Budt (ein Nachbar; der Verfasser) tut mir leid, dass er seinen geliebten Tabak nicht mehr bekommen kann. Wir bekommen hier ganz selten mal Tabak, sonst würde ich ihm etwas schicken. Zigaretten bekommen wir einigermaßen so, dass man eben auskommt. Ich muss jetzt aufhören, meine Wache ist gleich herum.
Zum Schluss, meine liebe Frau und mein lieber Hansi, seid beide vielmals recht herzlich gegrüßt und geküsst von Eurem Euch liebenden und immer an Euch denkenden
Mann und Vater
Auf Wiedersehen
№ 10 vom 31.03.1942
Meine liebe Frau und mein lieber Hansi!
(…) Ich sehe, dass es Euch beiden Lieben auch gut geht und dass Ihr beide noch so weit gesund seid. Mir geht es auch noch gut und ich bin immer noch gesund und munter.
Ich bin so froh, dass Du nun endlich Post von mir bekommst und dass die Verbindung zwischen uns wiederhergestellt ist. Es kann ja manchmal immer noch einige Tage zwischen den Briefen dauern, wo Du nichts hörst, aber mache Dir darum keine Sorgen.
Ich kann Dir das nachfühlen, dass Du die vier Wochen sehr in Unruhe warst. Es ist schlimm, wenn man auf etwas tagtäglich wartet und es kommt nicht. Deine Briefe kommen regelmäßig ein wenig durcheinander, nicht der Reihe nach, wie Du sie schreibst, aber das macht nichts. Hauptsache sie kommen und man hört etwas voneinander. Ich denke auch immer daran, wie schön das werden wird, wenn wir einmal wieder zusammen sind. Du schreibst, dass bei Euch schon der Frühling eingekehrt ist und morgens die Amsel so schön singt. Ich kann mir das vorstellen, wie schön das ist. Hier liegt immer noch hoher Schnee und kalt ist es auch noch immer, aber nicht mehr so, wie es gewesen ist. Ich glaube, dass wir das Schlimmste überstanden haben. An Urlaub ist die erste Zeit wohl nicht dran zu denken. Du hast schon recht, wenn erstmal die Kämpfe hier im Osten aufgehört haben, dann ist es in Ordnung. Ich glaube, dass das nicht mehr allzu lange dauern wird. Meine liebe Frau, Du schreibst, dass Du in der letzten Zeit sehr viel durchgehalten und mitgemacht hast. Ich kann Dir das nachfühlen. Aber ich bitte Dich, mach Dir doch auch nicht so viel Sorgen, sonst habe ich hier keine Ruhe. Sieh mal, ich bin ja nicht allein in diesem Land, sondern mit mir sind Millionen Kameraden hier und wozu wir hier sind, wissen wir alle. Nach diesem Kriege bekommen wir es alle noch einmal besser. (…)
Seid beide vielmals recht herzlich gegrüßt und geküsst, meine beiden Lieben, von Eurem Euch immer liebenden und immer an Euch denkenden
Mann und Vater
(…)
Ich wünsche Euch zu Ostern sehr frohe und glückliche Festtage
Auf Wiedersehen
№ 11 vom 02.04.1942
Meine liebe Frau und mein lieber Hansi!
(…) Wir haben inzwischen wieder Stellungswechsel gemacht. Aus der (unleserlich; der Verfasser) wo wir zuletzt lagen, sind wir ungefähr 50 km ostwärts vorverlegt worden. Wir liegen jetzt in einem Kiefernwald, da waren vor ein paar Tagen noch die Russen drin. Die Unterkunftsräume sind Erdbunker und runde, spitzzulaufende Holzzelte von ungefähr 5 m Durchmesser. In der Mitte steht ein Ofen, wir haben es ganz schön warm hier drin. Es ist ja jetzt auch nicht mehr so kalt, heute haben wir tagsüber 5° Wärme gehabt, es geht aufwärts, Gott sei Dank. Seit 140 Jahren soll dies der kälteste Winter in Russland gewesen sein. Stellenweise sind in diesem Winter 52° Kälte gewesen, 45° Kälte haben wir auch einmal nachts auf der Wache gemessen. Was sind wir alle froh, dass diese Kälte hinter uns liegt. Eigentlich wohnen wir hier ganz schön, so mitten im Walde. Wenn wir noch einige Zeit hier liegen bleiben sollen und der Schnee fort ist und es tagsüber tüchtig warm wird, haben wir hier die schönste Sommerfrische. Zu Hause wird jetzt bald wieder die schönste Zeit des Jahres sein, wo alles in Blüte steht. Hoffentlich sind wir nächstes Jahr um diese Zeit alle wieder zu Hause und haben den Krieg hinter uns. Das wird der schönste Frühling unseres Lebens. (…) Ihr müsst Euch, so gut wie es geht, durch den Krieg durchschlagen, wenn‘s gar nicht anders geht, wie Du schon schreibst, etwas Heeresaufträge dazunehmen. (…)
№ 12 vom 06.04.1942
Meine liebe Frau und mein lieber Hansi
Heute am 2. Ostertag muss ich mich hinsetzen, um wieder etwas von mir hören zu lassen. Seit einigen Tagen habe ich keine Post mehr von Euch bekommen, aber es ist möglich, dass heute Abend noch Post herangebracht wird. (…) Liebe Frau, kannst Du dort in der Apotheke nicht ein gutes Mittel gegen Läuse bekommen? Wir haben hier alle welche in der Schule, in der wir zuletzt lagen, erwischt. Wir sehen morgens schon immer die Hemden nach, 2-3 Stück hatte ich die letzten Tage immer gefunden. Ich habe mich schonmal von oben bis unten mit Dieselöl eingerieben, aber das hilft auch nicht. Vielleicht kannst Du da etwas bekommen. Sobald wir hier aus dem Wald heraus sind, und kommen wieder in ein Dorf, wo eine Sauna, das ist ein Dampfbad, ist, sind wir sie schnell wieder los. Die ganze Sache ist halb so schlimm, nur etwas unangenehm. (…)
Was gibt’s bei Euch noch Neues? Habt Ihr die Ostertage gut verlebt?
Hier ist es immer noch etwas kalt und der Schnee liegt auch noch immer. Aber trotzdem rückt die Front immer weiter vor. Die Russen haben hier an unserem Frontabschnitt furchtbare Verluste, hauptsächlich durch die Stukas, erlitten. Wenn hier Frühling wird, dann wird er wohl nichts mehr machen können und dann wird er wohl bald restlos erledigt sein. (…)
№ 13 vom 08.04.1942
Meine liebe Frau und mein lieber Hansi!
(…) Dass Hans das Eiserne Kreuz bekommen hat, freut mich auch sehr. Wenn er’s bekommen hat, dann hat er auch bestimmt etwas dafür geleistet. Ganz umsonst bekommt es keiner.
Sein Standpunkt ist schon richtig, er ist auch ein richtiger Soldat. Ich glaube bestimmt, dass er sich durchsetzen wird, gerade für ihn freut es mich ganz besonders. Ja, mit meiner Nase habe ich wirklich Glück gehabt, die Spitze ist heute noch etwas braun, aber das geht vorüber. Die Frau war eine alte (unleserlich; der Verfasser), aber trotzdem nett, weil sie meine Nase gerettet hat. Junge, hübsche sieht man hier fast gar nicht. Ich werde, wie Du schreibst, an die Eltern von Hans Klosterkamp schreiben. Mir ist es mit Hans auch furchtbar nah gegangen. (…)
Hier ist der Winter jetzt auch vorbei, mächtiges Tauwetter hat eingesetzt, augenblicklich regnet es. Gott sei Dank, dass dieser Winter herum ist. Wir haben schon manchmal gedacht, dass er nie mehr aufhören wird, es kam einem manchmal so vor. Wir waren ja in Kleidung gut gegen die Kälte geschützt. Die Russen aber noch besser, lauter wattierte gesteppte Kleidung, wie man an den Gefangenen und Toten feststellen kann. (…)
08.04.1942
Mein lieber Hansi!
Deinen lieben Brief habe ich erhalten und mich sehr gefreut, dass Du, mein lieber Junge, immer an mich denkst. Es freut mich sehr, dass es Dir gut geht, mir geht’s ebenfalls gut. Der Schnee geht hier jetzt feste fort, und wenn Du diesen Brief liest, dann wird er wohl ganz weg sein und hier wird wohl Frühling sein. Dass Onkel Hans das Eiserne Kreuz bekommen hat, da kann er stolz drauf sein. Schreibpapier brauche ich nicht, ich habe hier sehr reichlich. Also der Film »Quax, der Bruchpilot« war sehr schön. Wenn Du zu Mutti immer artig bist, und auch in der Schule immer fleißig bist, wird Mutti Dich wohl öfter ins Kino gehen lassen. Hat der Osterhase Dir auch etwas gebracht?
Ich hoffe, dass Du in der Schule immer sehr fleißig und artig bist, ebenfalls zu Mutti und ihr viel Freude machst. Zum Schluss sei vielmals gegrüßt und geküsst von Deinem
Vater
Viele Grüße an Mutti und an Deine Lehrerin
09.04.1942
(…)
№ 14 vom 09.04.1942
Meine liebe Frau und mein lieber Hansi!
(…) Bei uns hier im Waldlager ist es direkt herzlich, alles ist draußen vor den Zelten und jeder versucht, sich mit irgendetwas zu beschäftigen. Der eine wäscht, der andere stopft, wieder andere sägen und spalten Holz, wieder andere faulenzen in der Sonne. Die Waldungen hier sind wunderbar, schöne Kiefern- und Fichtenbestände. Gerade fliegt der Eiserne Gustav, das ist ein gepanzertes russisches Flugzeug, über uns weg. Er besucht uns morgens um 6 Uhr, mittags zwischen 2 und 3 Uhr und abends um 7 Uhr noch einmal. Er kriegt dann immer mächtigen Beschuss von allen Seiten. Der macht’s nochmal so lange, bis sie ihn abgeschossen haben, na, ist ja seine eigene Schuld.
Das Gebiet hier steht dauernd unter Schutz von unseren Jagdfliegern, er kommt immer dann, wenn unsere Jäger gerade fort sind. Die Rollbahnen und Straßen außerhalb des Waldes sind jetzt eine einzige Schlammmasse, wenn man mit dem Wagen durch muss, bleibt man unweigerlich ein paar Mal stecken.
Aber bis zum 14. April, dann haben die Russen 28. März und nach Ostern soll hier nach Aussage der Leute alles trocken sein. Man kann es noch gar nicht fassen, dass die unheimliche Kälte zu Ende sein soll und dass der Schnee fortgeht. Wir freuen uns über jeden Flecken Boden, den man schneefrei sieht, Was ist das doch für ein Glück, dass wir endlich diesen Winter überstanden haben. Hoffentlich brauchen wir hier in Russland keinen zweiten mehr mitzumachen, aber das glauben wir alle nicht, dafür wird Adolf Hitler schon sorgen. Wenn auch ein Teil als Besatzungsarmee hier in Russland bleiben muss, die Hauptsache ist, dass nicht mehr gekämpft wird. Die kommenden Monate werden das schon entscheiden.
Zum Schluss, meine liebe Frau und mein lieber Hansi, seid beide vielmals herzlich gegrüßt und geküsst von Eurem, Euch liebenden und immer an Euch denkenden
Mann und Vater
Viele Grüße an alle. Schreibt bald wieder.
Auf Wiedersehen
P.S.: Ich glaube, ich bin meine Biesterchen wieder los. Heute Morgen habe ich nur noch eine tote (Laus) gefunden. Das Dieselöl scheint doch gewirkt zu haben. Auch habe ich dreimal hintereinander frische Wäsche angezogen. Schicke aber trotzdem etwas für spätere Fälle.
№ 15 vom 11.04.1942
(…)
№ 16 vom 13.04.1942
(…) Es freut mich, dass Ihr beide gesund und munter seid, dass meine Briefe und die 50,- RM angekommen sind. (…) Im Betrieb sieht es, wie Du schreibst, nicht besonders gut aus. Es ist doch allerhand, mit welchen Schwierigkeiten Ihr es dort zu tun habt. Ein Glück, dass der Krieg nicht mehr lange dauern wird. Ich glaube, wenn ein Vierteljahr herum ist, werden die Kämpfe hier in Russland wohl erledigt sein. Wir haben augenblicklich hier das schönste Frühlingswetter. Lerche und Stare sind auch schon hier. Aber die Straßen und Wege sind in einem Zustand, davon kannst Du Dir kein Bild machen. So viel Schlamm gibt’s bald gar nicht, wie man hier sieht. Trotzdem klappt unser Nachschub an Munition und Verpflegung. Aber der Schlamm soll in einigen Tagen schon weggetrocknet sein. Unsere Front hier wird immer weiter ostwärts vorverlegt, die Stukas helfen feste. Hoffentlich kommt bald der Tag, wo ich die Heimat und Euch beiden Lieben wiedersehen darf. Man hat doch eine riesengroße Sehnsucht danach. Wenn die Kämpfe hier zu Ende sind, dann wird’s wohl nicht mehr allzu lange dauern. (…)
№ 16 vom 16.04.1942
Meine liebe Frau und mein lieber Hansi!
Seit einigen Tagen habe ich nichts mehr von Euch gehört. Hoffentlich seid Ihr alle noch gesund und munter und ist alles noch in bester Ordnung?
Von mir kann ich noch das Beste mitteilen. Wir haben hier nur Zeit, das herrlichste Frühlingswetter den ganzen Tag, wunderbaren Sonnenschein und so schön warm. Wir werden jetzt für den Winter einigermaßen entschädigt. Wenn die Sache hier nicht so ernst wäre, ist man versucht zu glauben, man wäre hier in einem schönen deutschen Badeort. Es ist hier so ähnlich wie in dem Wald in Freudenstadt, wo wir die Waldbeeren gesucht haben. Die Vögel sind alle schon hier. Gestern sahen wir den ersten Schmetterling, einen großen Zitronenfalter. Vor unserem Holzbunker haben wir uns einen Tisch und Bänke gezimmert und da können wir es schon aushalten. Draußen auf dem freien Lande ist der ganze Schnee schon fort. Hier im Walde liegt er noch stellenweise, aber das stört weiter nicht. Das ist doch jetzt die schönste Zeit des Jahres. Noch einige Wochen, dann kommt die große Hitze und der Staub, wird aber besser zu ertragen sein als die Kälte diesen Winter. Solange wir es noch können, wollen wir es uns gutgehen lassen in unserem Walde. Hier können Kranke gesund werden. Kannst Du dort irgendetwas gegen Mückenstiche bekommen? Demnächst wird diese Plage wohl losgehen. Es wäre dann schön, wenn man irgendetwas hätte, womit man die gestochenen Stellen betupfen könnte. Vielleicht Salmiakgeist oder etwas Ähnliches. (…) Dann fällt mir noch etwas ein. Wenn Du dort eine einfache Badehose oder so eine Art Turnhose aus Stoff bekommen kannst, schicke sie mir bitte. Die wird man hier auch noch gebrauchen können.
Das wäre vorläufig wieder alles, nur die Sehnsucht und das Heimweh nach Euch beide(n) Lieben, das wird man nicht los. Aber da muss man gegen angehen, sonst würde man es nicht aushalten. Aber einmal wird auch das eine Ende nehmen. Was gibt es bei Euch Neues? Schreibt bald und oft alles ausführlich.
Zum Schluss, meine liebe Frau und mein lieber Hansi, seid beide vielmals herzlich gegrüßt und geküsst von Eurem, Euch liebenden und immer an Euch denkenden
Mann und Vater
Viele Grüße an alle Bekannten
Auf Wiedersehen
№ 17 vom 19.04.1942
Meine liebe Frau und mein lieber Hansi!
Es ist Sonntagmorgen, 11 Uhr. Da ich gerade Zeit habe, will ich schnell ein paar Zeilen an Euch, meine beiden Lieben schreiben. ich bin gesund und munter und es ist alles in bester Ordnung. Ich hoffe von Euch dasselbe. Seit gut acht Tagen habe ich jetzt nichts mehr von Euch gehört, aber das hängt mit der augenblicklichen Transportschwierigkeit hier zusammen. Durch die verschlammten Straßen ist kein Durchkommen. Ein LKW von uns hat für eine Strecke von 12 km, das ist eine Strecke von Hamm nach Ahlen, drei Tage gebraucht. Du kannst Dir daran vorstellen, was hier los ist. Unterwegs sah er auch unseren Feldpostwagen stehen und er meinte, es könnte noch einige Tage dauern, bis er hier ist, aber dann werden wir wohl Post in Hülle und Fülle bekommen.
Ich sitze vor unserem Zelt an unserem Tisch. Es ist herrlicher Sonnenschein, man kann es wohl aushalten. Ihr werdet in diesen Tagen wohl verschiedene Sondermeldungen von unserem Frontabschnitt zu hören bekommen, denn heute wird der Anschluss mit dem den ganzen Winter eingeschlossen gewesenen Armee-Korps (10. und 2. Armee Korps) hergestellt. (Es geht um die im Kessel von Demjansk eingeschlossenen Soldaten – Kesselschlacht von Demjansk;der Verfasser.) Es waren dort rund 100.000 Mann, die dort von den Russen eingeschlossen waren. Unsere Division hat dort einen großen hufeisenförmigen Keil in die Russen hineingetrieben und dadurch sind jetzt einige Kessel, wo die Russen drinsitzen, entstanden.
Die Stukateure sind jetzt wieder mächtig am Werk. Es bebt alles von den Bombeneinschlägen. Die Kameraden, die heute aus dem Kessel herauskommen, werden wohl alle sehr glücklich sein. (…) Dann komme ich jetzt mit noch etwas. Du musst aber nicht böse sein und schimpfen. Kannst Du dort einen Fotoapparat auftreiben? Es kommt aber nur eine Kleinbildkamera im Format 2 ½ x 4 cm in Frage. Der Apparat kann ruhig gebraucht sein, muss aber ein einigermaßen gutes Objektiv haben und eine Tasche zu dem Apparat. Würdest Du einmal (…) hören, ob Du so einen Apparat auftreiben kannst? (…)
№ 18 vom 20.04.1942
Meine liebe Frau und mein lieber Hansi!
(…) Durch die Transportschwierigkeiten waren sie einige Tage länger unterwegs. Das ist dadurch verständlich. Du schreibst, dass Hans auch in der Gegend des Ilmensees gelegen hat und dort verwundet worden ist. Das ist schon möglich, dass wir ganz dicht hier zusammengelegen haben. Es ist ja schade, dass man sich nicht getroffen hat. Inzwischen sind wir etwas weiter südlich gekommen. Du kannst einmal auf unserer Karte nachsehen, ob Du dort eine Stadt »Staraja Russa« (250 km südlich von St. Petersburg, Regierungsbezirk Nowgorod). In der Gegend dort sind wir.
Wie Du schreibst, waren das Geld und manche Briefe nur acht Tage unterwegs, das geht ja eigentlich noch sehr schnell. Spare nicht zu viel. Kaufe für Dich und Hansi, was Du kriegen und gebrauchen kannst. Dass Dein Magen wieder in Ordnung ist, freut mich. Kannst Du aufgrund Deines Magenleidens nicht besseres, weißes Brot bekommen, was Du besser vertragen kannst? Unser Kommissbrot ist ja herrlich, es ist ein Genuss, es zu essen, es braucht noch nicht einmal etwas drauf zu sein. Wir können, wenn es darauf ankommt, auf vieles verzichten, nur nicht auf Brot und Zigaretten. Solange wir die beiden Artikel haben, geht’s uns gut. Es war schön, dass Hansi zu Ostern vom Osterhasen etwas gebracht bekommen hat und dass Ihr einen kleinen Kuchen zu Ostern gehabt habt. Schade, dass Ihr kein schönes Wetter hattet, hier ist ein Tag schöner als der andere, aber das können wir gebrauchen, desto eher ist mit dem Russen Schluss. Über Euer Gespräch im Badezimmer habe ich mich gefreut, ich bin froh, dass Hansi so eine gute Meinung von mir hat und so an mir hängt.
Mit Schnee haben wir uns oft genug waschen müssen. Wir haben uns bis jetzt immer mit aufgetautem Schnee gewaschen. Wir halten uns hier auch sauber. Jeden 2. Tag rasieren und alle 8 Tage frische Wäsche, solange es geht. (…)
Meine liebe Frau und mein lieber Hansi, seid beide vielmals herzlich gegrüßt und geküsst von Eurem, Euch liebenden und immer an Euch denkenden
Mann und Vater
Viele Grüße an alle und schreibt bald wieder.
Auf Wiedersehen
№ 19 vom 24.04.1942
Meine liebe Frau und mein lieber Hansi!
(…) Kiemanns wollen also nach dem Krieg zum Osten, wenn ich einmal wieder nach Hause komme, dann brauch‘ in meiner Gegenwart keiner das Wort Russland oder Osten auszusprechen, der ist nämlich dann im nächsten Moment eine Leiche. (…) Zurzeit liegen wir noch in unserem schönen Walde. Uns kann es nicht besser gehen, alles in bester Ordnung, nur Ihr beiden fehlt mir sehr. (…)
№ 19 vom 25.04.1942
(…)
№ 20 vom 26.04.1942
Meine liebe Frau und mein lieber Hansi!
(…) Jeden Sonntag um die Zeit denke ich immer wieder daran zurück, wie schön und gemütlich es dann immer war. Was war das doch ein Glück, dass wir uns seinerzeit unseren schönen Apparat zugelegt haben, er kommt Dir jetzt richtig zugute, sonst hättest Du doch nichts. Ich freue mich schon darauf, wenn ich ihn einmal wieder (unleserlich; der Verfasser) darf. Dann schreibst Du, ob K.d.F. (Kraft durch Freude; der Verfasser) hierhinkommt? Das ist nicht gut möglich, sowas ist nur für Heimatkrieger. Der Frontsoldat kann vorläufig an sowas nicht denken, es ist auch schlecht möglich, das K.d.F. bis hierhin kommt. (…)
№ 21 vom 27.04.1942
Meine liebe Frau und mein lieber Hansi!
(…) Das kann denen, wenn’s an die richtige Stelle kommt, teuer zu stehen kommen. Du hast doch Sonntag auch die Rede vom Führer gehört. Wir hatten hier Gemeinschaftsempfang, er hat doch auch von denen, die in der Heimat sind, deutlich genug gesprochen (Rede von Adolf Hitler im Reichstag am 26.04.1942; der Verfasser). Es ist auch nötig, wo jetzt alles auf dem Spiele steht. Auch die Ankündigung der Wiedervergeltung der englischen Bombenangriffe gegen unsere Städte und Zivilbevölkerung lässt tief blicken und die Engländer werden in nächster Zeit wohl etwas erleben. Ich glaube, dass im nächsten Vierteljahr hier im Osten wohl die Hauptentscheidung fallen wird. (…)
Zum Schluss, meine liebe Frau und mein lieber Hansi, seid beide vielmals herzlich gegrüßt und geküsst von Eurem, Euch liebenden und immer in Gedanken bei Euch weilenden
Mann und Vater
(…)
Auf Wiedersehen
28.04.1942
Meine liebe Frau und mein lieber Hansi!
(…) Du fragst, wie es mir geht? Den Verhältnissen entsprechend, muss ich sagen, sehr gut, aber Ihr beiden fehlt mir so, aber auch das wird einmal überstanden sein, sobald unsere Aufgabe hier beendet ist. Nach all dem, was wir hier gesehen und erlebt haben, werden wir doppelt glücklich sein, wenn wir einmal wieder zur Heimat und unseren Liebsten zurückkommen.
Und wir werden bestimmt nicht schlechter geworden sein, denn die Menschen, die durch so eine harte Schule durchmussten, können dadurch nur besser werden. Nur die erste Zeit werdet Ihr ein wenig Rücksicht auf mich nehmen müssen, bis wir uns in der Heimat und in die alten Gewohnheiten eingelebt haben.
Unserer Ansicht nach, ist jetzt schon die Hauptkampfkraft der Russen gebrochen. Man merkt’s daran, dass man nur Flieger einzeln sieht, denn wenn denn die Flugzeuge zur Verfügung stünden wie (bei) uns, dann würde er sie auch einsetzen. Wenn unsere Stukateure und unsere Bomber angreifen, dann sind es mindestens immer acht bis neun. Wir haben aber auch sechzig Stukas einmal gezählt. Und wir sind dann nachher an die Stellen hingekommen, wo sie gewirkt haben. Ebenfalls ist es so mit der russischen Artillerie, die schießen am Tag zweimal herüber, dann ist es aus, dann müssen sie mit der Munition sparen, weil sie keinen Nachschub haben. Der ist zum größten Teil abgeschnitten. Wir haben hier im Osten die größeren Chancen und dass die im geeigneten Moment richtig ausgenutzt wurden, dass kannst Du Dir denken. (…)
№ 1 vom 01.05.1942
Meine liebe Frau, und mein lieber Hansi!
(…) Heute ist nun schon der erste Mai, wir haben hier herrliches Wetter, ein Tag ist schöner als der andere, aber man sieht bis jetzt keinen Baum oder Strauch, der schon anfängt, grün zu werden. Aus dem Wald heraus sind große, unübersehbare Felder, aber alles unbestellt, der Krieg ist drüber weggegangen. Zu Hause wird jetzt wohl schon alles grün sein und es wird bald alles blühen. Wie geht’s Euch noch? Hoffentlich seid Ihr noch gesund und munter. Hier ist alles noch in bester Ordnung. Vom Divisionsstab kann jetzt jede Woche ein Mann in Urlaub fahren, zuerst diejenigen, die sehr dringenden Gründe angeben können, z. B. Todesfälle in der Familie, Bombenschäden usw., sowie diejenigen, die vier und mehr Kinder haben und länger als ein Jahr nicht mehr zu Hause waren. Wenn die durch sind, dann kommen die anderen. Eines guten Tages wird wohl auch mit mir klappen. (…)
Zum Schluss, meine liebe Frau und mein lieber Hansi, seid beide vielmals recht herzlich gegrüßt und geküsst von Eurem Euch liebenden und immer an Euch denkenden
Mann und Vater
(…)
Auf Wiedersehen
№ 2 vom 02.05.1942
(…) Gestern Abend haben wir alle tüchtig 1. Mai gefeiert, wir hatten reichlich Stoff da, sogar französischen Kognak und Likör. (…)
№ 3 vom 05.05.1942
(…) Am Sonntag, den 3.5., habe ich ein Päckchen an Dich abgesandt mit etwas Zahnpasta, Bonbons und Drops für Hansi und Dich. Aber ich glaube, in den nächsten vier Wochen braucht ihr nicht mit der Ankunft zu rechnen. Die Briefe von Zuhause nach hier sind in sieben Tagen hier, das ist sehr schnell. Ich bin froh, dass Ihr, meine beiden Lieben, gesund und munter seid, das ist doch das Wichtigste für mich. Ich bin auch gesund und munter und alles ist in bester Ordnung. Dass wir hier tüchtig den ersten Mai gefeiert haben, schrieb ich Dir schon. Stoff dazu hatten wir reichlich hier, sogar die besten Sachen französischen Kognak und Likör. Gestern Abend haben wir mit vier Kameraden zwei Flaschen französischen Sekt getrunken, wir können den hier an einer Stelle für 3,50 RM die Flasche bekommen. In der Heimat kostet der, wenn er überhaupt einmal zu bekommen ist, 30,00 RM die Flasche. (…)
Gott sein Dank, dass unserem Zuhause bei dem Bombenangriff nichts passiert ist. Sie ist ja dicht genug gefallen. (…) Hier ist es seit gestern sehr kalt geworden, ob das schon die Eisheiligen sind? (…)
06.05.1942
Mein lieber Junge!
Deinen lieben Brief vom 26.4. habe ich erhalten und mich sehr über Deine lieben Zeilen gefreut. Es freut mich, dass es Dir gut geht, von mir kann ich Dir dasselbe mitteilen. Die Reichstagsrede haben wir uns hier auch gemeinschaftlich angehört.
Das glaube ich, dass Till Eulenspiegel bei K.d.F. in Ordnung war.
Mit dem Badesalz, was Mutti gekauft hat, möchte ich mich auch gerne einmal baden. Wir sind hier manchmal ganz dreckig, aber wenn wir dann Zeit haben, dann waschen wir uns tüchtig und bringen alles in Ordnung, dann sehen wir aber aus wie geleckt. Wenn Du den französischen General, der da ausgebrochen ist, fangen könntest, dann bekämst Du 100.000,- RM. Dann hättest Du viel Geld. (Gemeint ist dieFlucht von General Henry Giraud am 17. April 1942 von der Festung Königstein; der Verfasser.)
Die Stukas hier müsstest Du mal sehen und heulen hören, wenn sie Bomben werfen, da wächst kein Gras mehr. Am Sonntag habe ich für Dich und Mutti ein kleines Päckchen abgeschickt, hoffentlich bekommt Ihr es bald. Hast Du das Soldatenbuch noch, was ich Dir von (unleserlich; der Verfasser) geschickt habe und liest Du noch darin?
Zum Schluss, mein lieber Junge, sei herzlichst gegrüßt und geküsst von Deinem
Vater
Viele Grüße an Mutti. Schreibe bald wieder
Auf Wiedersehen
№ 4 vom 06.05.1942
(…) Heute will ich, wie in Brief 3 versprochen, Deinen lieben Brief № 45 beantworten. Hier ist noch alles in bester Ordnung, ich bin gesund und munter, was ich auch von Euch hoffe. Es tut mir leid, dass Du zeitweise noch immer mit Deinem Magen zu tun hast, sei vorsichtig damit. Hoffentlich bekommst Du anderes Brot, es ist doch so, wenn einer magenkrank ist, steht ihm das doch zu. (…)
Die Firmen brauchen nicht zu glauben, dass sie nach dem Kriege nur zu pfeifen brauchen und sie haben Leute in Hülle und Fülle, soviel sie wollen. Der Leutemangel wird noch lange nach dem Kriege so sein wie heute, sie sollen sich ja keinen Illusionen hingeben, wie gesagt, wir reden auch noch ein Wörtchen mit. (…)
№ 7 vom 14.05.1942
(…) Ich las, dass Du Last mit Deinem Magen hast. Du glaubst nicht, wie mir das Leid tut. Gott sei Dank hast Du ja wenigstens das Weißbrot bewilligt bekommen. Vielleicht kannst Du das besser vertragen. Dass Hansi wohlauf ist, freut mich. Die Zähnchen werden schon wiederkommen. Er braucht sich doch deswegen nicht zu schämen. Mit mir ist auch alles in bester Ordnung. (…)
№ 9 vom 17.05.1942
Meine liebe Frau und mein lieber Hansi!
(…) Du schreibst, dass die Lampe in unserem Apparat nicht mehr brennt. Entweder ist sie lose und man braucht sie nur etwas anzudrehen, oder sie ist kaputt, dann muss eine Neue hinein. (…)
Das ist doch allerhand, dass die englischen Flieger die Bomben sogar auf die Friedhöfe abwerfen, aber das alles wird noch einmal wiedervergolten. Du schreibst, dass Du den ersten Spargel gekocht hast. Da hätte ich auch gerne mitgemacht, kommt aber auch noch einmal. Unsere Verpflegung ist hier ganz ausgezeichnet, wir bekommen augenblicklich viel Apfelsinen. Dieser Tage haben wir das erste Bier bekommen, das war ein Genuss. Sprudel gibt’s jeden Tag. Die Hitze ist hier schon ganz schön anständig, aber in den Wäldern stehen wir stellenweise bis an die Knie im Wasser, alles versumpft. Hier solle es vor Juli-August nicht richtig trocken werden, aber die Stellungen werden gehalten.
Zum Schluss meine liebe Frau und mein lieber Hansi viele herzliche Grüße und Küsse von Eurem, Euch liebenden und in Gedanken immer bei Euch weilenden
Mann und Vater
Viele Grüße an alle Bekannten. Schreibe recht bald wieder
Auf Wiedersehen
№ 10 vom 19.05.1942
(…) Da ich gerade Zeit habe, will ich Euch schnell ein paar Zeilen schreiben. Wie geht es Euch noch, hoffentlich ist noch alles in bester Ordnung. Ich bin gesund und wohlauf. Hier ist augenblicklich ein Wechselwetter. Ein Tag Regen, am anderen Tag scheint die Sonne wie verrückt. In den Wäldern hier, ersäuft man bald. Das soll hier mit dem Wetter ungefähr drei Wochen anhalten und dann soll die Hitzeperiode kommen. Uns bleibt hier in Russland in Bezug auf Witterung auch nichts erspart, alles, was es auf diesem Gebiet gibt, machen wir hier oben durch. Aber dadurch leidet unsere Stimmung nicht im Geringsten, man lässt sich von all diesem nicht unterkriegen, denn eines guten Tages haben wir dies alles geschafft und dann heißt es »Richtung Heimat«. (…)
Heute habe ich hier die ersten grünen Blättchen an Sträuchern und Büschen gesehen, die bei uns schon Anfang April so weit sind. Demnach scheint hier oben alles vier-sechs Wochen später in der Natur so weit zu sein wie zu Hause. (…)
№ 11 vom 21.05.1942
Meine liebe Frau und mein lieber Hansi!
(…) Wie ich lese, bist Du ja gesund, was ist denn mit Hansi? Hoffentlich ist er wieder ganz in Ordnung. (…)
Hoffentlich ist der Krieg bald zu Ende, damit das aufhört, dass Du bis in die Nächte hineinarbeiten musst. (…) Hansi ist doch auch feinfühlig. Wenn er merkt, dass man ihm etwas will, dann ist es aus, aber es kommen einmal andere Zeiten. (…) Du schreibst, ob sich die kleinen Viecher noch bemerkbar machen? Augenblicklich geht’s, es ist zum Aushalten, man sieht jeden Tag das Hemd nach und wenn man etwas findet, wird sofort ein Mord begangen. Heute Nachmittag sind wir schon zwei Mal jedes Mal von zwei russischen Fliegern angegriffen worden. In 20 Metern Höhe über uns weg und mit Maschinengewehren in uns hinein. Wir lagen sofort mit der Nase im Dreck und (es) hat alles gutgegangen. Beim zweiten Mal bekam der eine eine Ladung MG in den Bauch, da ist er heruntergefallen und mit ihm war es aus, seine eigene Schuld. (…)
Zum Schluss, meine liebe Frau und mein lieber Hansi, seid beide recht vielmals recht herzlich gegrüßt von Eurem Euch liebenden und immer in Gedanken bei Euch weilenden
Mann und Vater.
Viele Grüße an alle. Schreibt recht bald wieder
Auf Wiedersehen
№ 12 vom 23.05.1942
(…) Zuerst, Du schreibst am Schluss von dem Brief »Jetzt habe ich Dir mal wieder alles erzählt, vielleicht interessiert Dich das gar nicht.« Meine liebe Frau, ich bin doch dafür da, dass Du mir alles schreibst, was Dich bedrückt. Du sollst doch sowas nicht für Dich behalten und in Dich hineinfressen. Also, schreibe Dir auch in Zukunft alles frei vom Herzen. (…) Aber lass‘ sie alle nur. Einmal hört der Krieg schon auf und dann können sie uns alle. (…)
25.05.1942