75 - Bea Eschen - E-Book + Hörbuch

75 E-Book und Hörbuch

Bea Eschen

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Beschreibung

'75' spielt in einer Welt, in der eine skrupellose Regierung den Tod im Alter von 75 Jahren verhängt hat. Die Geschichte folgt George und Magda, einem Ehepaar, dessen friedliches Leben aus den Fugen gerät, als ihre Kinder sich auf verschiedene Seiten schlagen: Duke arbeitet für die Regierung und Ella schließt sich dem Widerstand an. Als Georges 75. Geburtstag näher rückt, muss die Familie entscheiden, ob sie sich mit ihrem Schicksal abfinden oder alles für die Chance auf ein anderes Leben riskieren will. Auf ihrer Reise entdecken George und Magda eine Welt im Untergrund, die Hoffnung und Heilung jenseits der Herrschaft der Regierung bietet. Das Buch beschäftigt sich mit den möglichen Realitäten, die sich in unserer zukünftigen Welt entfalten können; sowohl die unerbittliche Ausbeutung durch eine korrupte Regierung als auch die verlockende Aussicht auf die Entdeckung einer neuen Welt, sei es als bloßes Wunschdenken oder als greifbare Realität.

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Seitenzahl: 99

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Zeit:2 Std. 31 min

Sprecher:Silke Siegel
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75

BEA ESCHEN

© 2020 Bea Eschen

Alle Rechte vorbehalten.

Kein Teil dieses Buches darf in irgendeiner Form oder mit irgendwelchen elektronischen oder mechanischen Mitteln, einschließlich Informationsspeicher und Abrufsystemen, ohne schriftliche Genehmigung der Autorin vervielfältigt werden, mit Ausnahme der Verwendung kurzer Zitate in einer Buchbesprechung.

Druck und Distribution im Auftrag der Autorin: tredition GmbH, An der Strusbek 10, 22926 Ahrensburg

Inhalt

Cover

Titelblatt

Urheberrechte

VORWORT

KAPITEL EINS

KAPITEL ZWEI

KAPITEL DREI

KAPITEL VIER

KAPITEL FÜNF

BÜCHER VON BEA ESCHEN

KURZGESCHICHTEN VON BEA ESCHEN

75

Cover

Titelblatt

Urheberrechte

VORWORT

KURZGESCHICHTEN VON BEA ESCHEN

75

Cover

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VORWORT

Es handelt sich hierbei um ein fiktives Werk. Namen, Charaktere, Orte, Ereignisse und Vorfälle sind entweder das Ergebnis der Phantasie der Autorin oder werden fiktiv verwendet. Jede Ähnlichkeit mit tatsächlichen Personen, lebendig oder tot, oder tatsächlichen Ereignissen ist rein zufällig.

KAPITEL EINS

Es ist ein schöner, warmer Frühlingstag. Während meines morgendlichen Spaziergangs genieße ich den Gesang der Vögel. Zu dieser Jahreszeit trinken sie von dem Saft der Bäume und flattern aufgeregt umher. Wie jeden Morgen gehe ich an dem Springbrunnen im Park vorbei. Weiche, kühle Wassertropfen sprühen auf mein Gesicht. Ich war schon immer abergläubisch und akzeptiere diesen sonderbaren Moment als ein Zeichen für den Beginn meines Ablebens. Ich bin vierundsiebzig und mein kommender Geburtstag ist gleichzeitig mein Tod. Mein Sohn Duke hat das Gift-Set bereits bestellt, das jeder in meinem Alter fürchtet — Männer und Frauen gleichermaßen.

George und Magda führten ein harmonisches Leben. Magda war erst zweiundsiebzig und durfte noch drei Jahre leben. Der Gedanke, dass ihr Mann nach ihrem fünfzigjährigen Zusammensein bald sterben würde, erfüllte sie mit Angst, Verzweiflung und Traurigkeit.

„Ich will mit dir kommen“, sagte sie zu ihm am Morgen, als George sich hinunterbeugte, um seine Wanderschuhe anzuziehen. Von den vielen Jahren mühsamer Arbeit im Kohlebergwerk hatte er schreckliche Rückenschmerzen. Als er sich aufrichtete, spiegelte sich der Schmerz in seinem Gesicht wider. „Nein, ich gehe allein.“

„Ich meinte, ich möchte dich auf deiner Reise des Sterbens begleiten.“

„Ich ziehe es vor, allein zu sterben.“ Er nahm den Wanderstock aus der Ecke. „Außerdem“ sagte er dann, als er den Türknopf drehte, „Ella braucht dich noch.“

Als sich die Tür zwischen ihnen schloss, fühlte sich Magda schrecklich. Es war, als ob ihm ihre Gefühle egal waren. Sie war doch seine Frau!

Wie wird Magda ohne mich fertig werden? Ich muss ihr dabei helfen, innere Kraft zu finden, während ich noch da bin. Und Ella? Mit neunzehn ist Ella fast noch ein Kind. Ohne Magda würde sie von einem dieser satanischen Monster vergewaltigt und mit nichts als Leid zurückgelassen. Ich liebe sie sehr. Als Magda sie mit dreiundfünfzig Jahren bekam, wusste ich, dass Gott sie geschickt hatte. Ella ist ein Engel Gottes, den wir beschützen müssen, solange sie lebt. Aber wenn ich tot bin, wird sich die Situation für Magda und Ella ändern. Sie werden leicht verletzbar sein. Auf Duke kann ich mich nicht mehr verlassen. Er ist völlig hirngewaschen von der Politik der Regierung der Neuen Ordnung Kein Wunder, dass er so geworden ist — er ist jetzt in einer der Top-Positionen und macht ständig neue Gesetze. Pah! Nutzlose neue Gesetze, die unsere Bevölkerung verjüngen und die Wirtschaft ankurbeln sollen. Pah!

George lachte freudlos auf.

Aber was ist mit unserem Wissen? Dem Wissen, das wir Alten über Jahrzehnte unseres Lebens erworbenhaben? Unsere Erfahrungen und Weisheiten? Gott hat sich etwas dabei gedacht, Menschen alt werden zu lassen! Vielleicht hat unser Herr uns deswegen Ella geschickt? Einen Engel, um unsere Geselschaft von der Hässlichkeit des Geldes und von der ständig wachsenden Unmoral zu heilen? Wie kann diese sogenannte Neue Ordnung funktionieren, wenn die Verantwortlichen versuchen, unsere Überzeugungen auszulöschen? Ich war schon immer ein Christ und meine religiöse Einstellung ist Privatsache. Warum sollte ich mich zu dieser Unsinns-Religion bekennen, die sie die Allgegenwärtige Wahrheit nennen, bei der sie alle Religionen der Welt in einen Topf werfen?

Nachdem George gegangen war, erschien Ella, um ihre Mutter zu trösten. Sie hatte das kurze Gespräch der Eltern mit angehört. Ella wusste, dass ihr Vater sich darauf vorbereitete, das Gift zu nehmen. Sie nahm ihre Mutter in die Arme und streichelte ihren Rücken. Bei der Berührung entspannte sich Magda sofort.

„Ich verstehe nicht, warum George sich Sorgen um dich macht, Ella. Du bist die Stärkere von uns, nicht ich.“

„Mami, solange ich da bin, wird dir nichts passieren.“

„Wie meinst du das, Ella?“

„Glaub mir, Papa und du werdet nicht mit fünfundsiebzig sterben.“

„Aber Ella, wie kannst du so etwas sagen?“

Sie hörten das zweimalige Drehen des Hausschlüssels im Schloss der Wohnungstür. Ella gab ihrer Mutter einen warnenden Blick.

„Schhh…“ Sie legte einen Finger an ihre Lippen.

Duke kam nach Hause und warf seine Schlüssel auf den Tisch. „Hallo ihr zwei, ich komme zum Mittagessen. Mutter, hast du etwas für mich vorbereitet?“

„Ja, mein Sohn, heute gibt es dein Lieblingsessen.“

„Gebratenes Huhn mit gebackenen Kartoffeln und grünem Gemüse?“, fragte er und machte zwei Schritte, um in die Küche zu kommen. Er war ein großer Mann in den Dreißigern — mit einem unversöhnlichen Blick und kalter Ausstrahlung. Seine Halbglatze trug dazu bei, seine strengen Gesichtszüge besonders hervorzubringen. Eine lange spitze Nase trennte seine Augen, deren einst verträumter Blick einem drohenden gewichen war. Seitdem er Regierungsbeamter war, verbarg er seine Gefühle. Das Träumen gehörte der Vergangenheit an.

Er setzte sich an den rechteckigen Tisch und legte die Füße auf den Stuhl gegenüber. Langsam lief der Dreck an der Sohle seiner Lederstiefel hinab und tropfte auf das alte Holz.

Seine Mutter eilte in die Küche, um ihm die köstlich riechende Mahlzeit zu servieren. Duke begann ohne weitere Worte zu essen. Im Regierungsbüro arbeitete er hart; dieses Jahr gab es einen Boom von Fünfundsiebzigjährigen. Alle diese Senioren und Seniorinnen mussten verarbeitet werden. Ihren Familien musste das Gift-Set ausgehändigt und sie mussten über das gesetzliche Verfahren zur Beseitigung ihrer Eltern und Großeltern informiert werden. Zumindest war die Wahl zwischen Körperbeerdigung und Einäscherung abgeschafft worden. In diesen Tagen wurden die Körper alle verbrannt und die Asche als Dünger auf dem Ackerland verstreut.

Duke lachte leise vor sich hin, während er sich einen Berg Gemüse in den Mund schaufelte.

Die Vorteile dieser Beseitigungsmethode lagen auf der Hand: Die menschliche Asche musste zuerst behandelt werden, um das hohe Natrium zu verdünnen und den hohen pH-Wert zu senken. Ein Prozess, der einen neuen Industriezweig erzeugt hatte. So waren neue Arbeitsplätze geschaffen worden und diejenigen, die stark in die neue Industrie investierten, teilten sich die Gewinne. Die A.S.H.E.S.-Aktie war in die Höhe geschossen und handelte seit Jahren noch nie dagewesene Werte ein. Das multinationale Unternehmen A.S.H.E.S. unterhielt Niederlassungen auf der ganzen Welt. Es bestand aus Unternehmenszweigen, die sich mit allen Aspekten der Verarbeitung menschlicher Körper befassten.

Experten hatten herausgefunden, dass die Asche verschiedener Bevölkerungsgruppen unterschiedliche Qualität besaß. Insbesondere die Asche von Afrikanern war von höherer Qualität als die vom Rest der Weltbevölkerung. Sie hatte eine feinere Textur und enthielt weniger Salz. Die Wissenschaftler begründeten es damit, dass die Menschheit in Afrika, der Wiege des menschlichen Lebens auf der Erde, entstanden sei. Daher wäre sie frei von ungünstigen genetischen Einflüssen. Infolgedessen wuchs die Nachfrage nach Asche von Afrikanern stetig und somit stand A.S.H.E.S.-Afrika in der globalen Börse ganz oben. Es wurde ein neues Gesetz debattiert, mit dem das vorgeschriebene Sterbealter für Afrikaner von fünfundsiebzig auf siebzig Jahre herabgesetzt werden sollte. Auf internationaler Ebene würden die Staaten damit mehrere Milliarden Dollar an Renten und an Gesundheitsversorgung für ältere Menschen sparen.

Schon jetzt profitierten die Finanzinvestitionen weltweit von dem festgelegten Lebenszyklus, denn durch die Vorhersehbarkeit konnte der Markt ohne große Risiken und ohne Volatilität funktionieren.

Die Profite von A.S.H.E.S. stiegen, und mit dem Wirtschaftswachstum wuchsen die Familiengrößen. Schon jetzt, zehn Jahre nach der Einführung, wurden Babys in doppelter Menge geboren als zuvor.

Duke schob seinen leeren Teller mit einer schroffen Handbewegung von sich. Genervt schüttelte er mit dem Kopf.

Das einzige Dilemma war die Trauer der übrig gebliebenen Ehegatten und Familien. Aber auch das Problem wurde gelöst, obwohl er dem nicht zustimmte. Die Gesetzgeber der Regierung der Neuen Ordnung hatten ein großzügiges Schmerzensgeld vereinbart, das den Schmerz der traurigen Verwandten lindern sollte.

Ich habe Angst, nach Hause zu gehen. Duke wird da sein, um zu Mittag zu essen. Ich kann seine Kälte nicht mehr ertragen. Er hat sich in den vergangenen Jahren stark verändert. Liebt er mich überhaupt noch? Als er aufwuchs, benahm er sich wie ein Sohn. Er respektierte mich und hörte meinen Ratschlägen zu. Zusammen beobachteten wir beim Fischen die tief fliegenden Schwalben, die den Regen ankündigten. Wir lachten, wenn wir große Fore!en aus dem Teich zogen. Mittags stürzten wir uns ausgehungert auf den von Magda frisch zubereiteten Fisch.

Seitdem ich siebzig bin, behandelt er mich wie Dreck. Als ob ich nichts wert wäre oder noch schlimmer, ein Klotz an seinem Bein. Neulich stöhnte er über die Mü!entsorgungsgebühr, die er für unseren Haushalt im Voraus zahlen musste, und musterte mich dabei mit einem vernichtenden Blick. Was ging ihm nur durch den Kopf? Jetzt, da es nur noch einundzwanzig Tage zu meinem fünfundsiebzigsten Geburtstag sind, bemerkt er mich kaum noch.

Bald wird er Magda und Ella anweisen, mir das Gi$ zu geben, um meinen Tod rechtzeitig zu garantieren. Vielleicht plant er es selbst zu tun. In einem Moment, wo ich nicht aufpasse, unerwartet und ohne großes Getue. Das ist seine Art, Dinge zu erledigen. Ohne Aufwand. Ich selbst lehrte es ihn, jedoch inanderen Zusammenhängen. Ich hätte nie erwartet, dass er das Prinzip auf meine eigene Ermordung anwenden würde. Ohne großen Aufwand.

„Ella, du siehst wunderschön aus“, sagte Duke, während er sein Huhn und seine Kartoffeln kaute. Er sah seine viel jüngere Schwester mit Bewunderung und kaltem Stolz an. So, als ob er sie besäße. „Das Kleid steht dir gut!“

„Danke Bruder, ich habe es selbst gemacht.“ Sie senkte den Blick und zupfte an dem Saum des weißen Kleides.

„Ich wusste nicht, dass du dich in eine Expertin für Schneiderei entwickelt hast!“

„Du weißt viele Dinge nicht über mich“, murmelte sie vor sich hin.