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9 Harte Western September 2022 (899) von Pete Hackett Dieser Band enthält folgende Western von Pete Hackett: Die Rache des Jonathan Randall Apachenhass Die Spur führt nach Mexico Die Saat des Hasses Mit Blut geschrieben In tödlicher Mission Ausgestoßen und gehetzt Die Gejagten der Sierra Madre Die Fährte der Hoffnungslosen Jonathan reagierte instinktiv. Er tauchte ab und die Faust Links pfiff über seinen Kopf hinweg. Sie fegte ihm den Hut vom Kopf. Er landete im Staub. Link wurde von der Wucht seines Schlages halb herumgerissen und geriet ins Taumeln, bekam seinen Körper jedoch sofort wieder unter Kontrolle. Er warf sich herum. Seine Arme umklammerten Jonathan. Ein Rammstoß mit seiner Stirn sollte Jonathans Gesicht treffen. Jonathan warf den Kopf zurück und sprengte Links Umklammerung. Dann hämmerte er ihm die rechte Faust in den Leib und ließ sofort die geballte Linke folgen, die gegen den Kinnwinkel seines Bruders knallte. Ein Haken in den Leib ließ Link in der Mitte einknicken, ein Schwinger gegen das Kinn ließ ihn zur Seite wanken. "Ich werde dich in Stücke schlagen, Jonathan!", knirschte Link.
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Seitenzahl: 1344
Veröffentlichungsjahr: 2022
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9 Harte Western September 2022
Pete Hackett
Published by BEKKERpublishing, 2022.
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Alfred Bekker
© Roman by Author
COVER EDWARD MARTIN
© dieser Ausgabe 2022 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen
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9 Harte Western September 2022 | von Pete Hackett
Die Rache des Jonathan Randall | Western von Pete Hackett
Chiricahua Sammelband | Band 1 – 8 | Western von Pete Hackett | Über den Autor
Band 1 | Apachenhass
Band 2 | Die Spur führt nach Mexiko
Band 3 | Die Saat des Hasses
Band 4 | Mit Blut geschrieben
Band 5 | In tödlicher Mission
Band 6 | Ausgestoßen und gehetzt
Band 7 | Die Gejagten der Sierra Madre
Band 8 | Die Fährte der Hoffnungslosen
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About the Publisher
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Dieser Band enthält folgende Western-Autorenvon Pete Hackett:
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Die Rache des Jonathan Randall
Apachenhass
Die Spur führt nach Mexico
Die Saat des Hasses
Mit Blut geschrieben
In tödlicher Mission
Ausgestoßen und gehetzt
Die Gejagten der Sierra Madre
Die Fährte der Hoffnungslosen
Jonathan reagierte instinktiv. Er tauchte ab und die Faust Links pfiff über seinen Kopf hinweg. Sie fegte ihm den Hut vom Kopf. Er landete im Staub. Link wurde von der Wucht seines Schlages halb herumgerissen und geriet ins Taumeln, bekam seinen Körper jedoch sofort wieder unter Kontrolle.
Er warf sich herum. Seine Arme umklammerten Jonathan. Ein Rammstoß mit seiner Stirn sollte Jonathans Gesicht treffen. Jonathan warf den Kopf zurück und sprengte Links Umklammerung. Dann hämmerte er ihm die rechte Faust in den Leib und ließ sofort die geballte Linke folgen, die gegen den Kinnwinkel seines Bruders knallte. Ein Haken in den Leib ließ Link in der Mitte einknicken, ein Schwinger gegen das Kinn ließ ihn zur Seite wanken.
"Ich werde dich in Stücke schlagen, Jonathan!", knirschte Link.
Unter dem Pseudonym Pete Hackett verbirgt sich der Schriftsteller Peter Haberl. Er schreibt Romane über die Pionierzeit des amerikanischen Westens, denen eine archaische Kraft innewohnt, wie sie sonst nur dem jungen G.F.Unger eigen war – eisenhart und bleihaltig. Seit langem ist es nicht mehr gelungen, diese Epoche in ihrer epischen Breite so mitreißend und authentisch darzustellen.
Mit einer Gesamtauflage von über zwei Millionen Exemplaren ist Pete Hackett (alias Peter Haberl) einer der erfolgreichsten lebenden Western-Autoren. Für den Bastei-Verlag schrieb er unter dem Pseudonym William Scott die Serie „Texas-Marshal“ und zahlreiche andere Romane. Ex-Bastei-Cheflektor Peter Thannisch: „Pete Hackett ist ein Phänomen, das ich gern mit dem jungen G.F. Unger vergleiche. Seine Western sind mannhaft und von edler Gesinnung.“
Hackett ist auch Verfasser der neuen Serie „Der Kopfgeldjäger“. Sie erscheint exklusiv als E-book bei CassiopeiaPress.
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Ein CassiopeiaPress E-Book
© by Author www.Haberl-Peter.de
© der Digitalausgabe 2013 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen
www.AlfredBekker.de
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Jonathan Randall zügelte sein Pferd und starrte auf die Ansammlung von Häusern, Hütten und Schuppen in der Senke, die sich am Fuß des Hügels erstreckte, auf dem er verhielt. Ein heißer Südwind wehte den feinen Staub Über die Dächer, die Hitze ballte sich auf der breiten Main Street.
"Sterling City", murmelte er. "Heiliger Rauch, der Ort sieht noch genauso aus wie vor fünf Jahren."
Das Pferd trat auf der Stelle und schnaubte. Jonathan Randall hatte die Hände über dem Sattelhorn verschränkt und ließ das Bild, das sich ihm bot, auf sich wirken. Es war ein verschlafenes Nest am North Concho River, ruhig und beschaulich, ein Ort, den er vor etwas mehr als fünf Jahren verlassen musste...
Er war fortgejagt worden. Wie einen tollwütigen Hund hatte ihn sein Vater aus dem Land gejagt. Jetzt war er zurückgekommen. Und er hatte den Vorsatz gefasst, sich seinen Platz hier zurück zu erobern...
Jonathan Randall trieb das Pferd an. Er lenkte es den Hügel hinunter. Die Hufe stampften. Das Tier peitschte mit dem Schweif. Pferd und Reiter waren verschwitzt. Die Luft schien zu kochen.
Dann passierte Jonathan die ersten Häuser der Stadt. Breit und staubig lag vor ihm die Main Street. Winzige Kristalle glitzerten im Staub. Kinder spielten am Straßenrand. Einige Hunde lagen in den Schatten und dösten. Auf den Gehsteigen zu beiden Seiten waren nur wenige Passanten zu sehen.
Es war Mittagszeit und die Stadt hielt Siesta. Die meisten Menschen hatten sich in ihren Behausungen verkrochen, wo sie nicht der sengenden Mittagssonne ausgesetzt waren.
Jonathan Randall ritt bis zum Saloon und saß ab. Er führte sein Pferd zu einem Tränketrog. Sofort tauchte das Tier seine Nüstern in das Wasser und soff. Als es seinen Durst gelöscht hatte, führte es der Mann zum Holm und schlang den langen Zügel lose um den Querbalken. Dann ging er in den Saloon. Der Schankraum war leer. Mitch Henders, der kahlköpfige Salooner, fegte den Boden. Jetzt hielt er in seiner Arbeit inne, wischte sich über die Stirn und knurrte: "Verdammte Hitze. - Guten Tag, Fremder."
Jonathan erwiderte den Gruß und ging zum Tresen. Er stemmte beide Ellenbogen darauf. Mitch Henders ging hinter die Theke, lehnte den Besen weg und fragte: "Was möchten Sie trinken? Bier oder Brandy?"
"Erkennst du mich nicht wieder, Mitch?"
Der Salooner kniff die Augen eng. Er fixierte den Mann. Dann lief der Schimmer des Begreifens über sein gerötetes Gesicht. "Ich werd verrückt", entrang es sich ihm. "Jonathan Randall!"
Jonathan nickte und grinste. "Sehr richtig, Mitch. Ich habe den Weg auf die Heimatweide zurückgefunden. Was denkst du? Ist Old Amos immer noch sauer auf mich?"
Das Gesicht des Salooners verschloss sich. "Das kann ich dir nicht sagen, Jonathan. Old Amos ist tot. Er starb vor zwei Jahren..."
Jonathan prallte zurück. "Old Amos ist tot?", wiederholte er und dehnte die Worte in die Länge. "Mein Gott. Er war doch noch keine 60. Woran ist er gestorben?"
"An einer Unze Blei. Calem Gibson hat ihn erschossen."
"Mein Stiefbruder?"
"Ja. Calem hatte Spielschulden. Etwas über 500 Dollar. Er wollte das Geld von Old Amos. Der weigerte sich, es ihm zu geben. Gibson bedrohte deinen Vater mit dem Revolver. Es kam zu einem Handgemenge. Ein Schuss löste sich..."
"Großer Gott."
"Die Ranch bewirtschaftet seitdem dein Bruder Link. Du wirst dich wundern, wie sehr alles verkommen und heruntergewirtschaftet ist. Link ist eben kein Rancher. Wovon er seinen Lebensunterhalt bestreitet, weiß niemand genau. Manchmal ist er zusammen mit seinen Freunden, die mit ihm auf der Ranch hausen, wochenlang verschwunden. Ich denke, Old Amos hat damals den falschen Mann zum Teufel gejagt." Der Salooner hob die Hände und ließ sie wieder sinken. Es mutete an wie eine Geste des Bedauerns. Henders endete: "Sicher, du warst ein wilder Bursche und du hast das Vieh deines Vaters verkauft, aber du wärst der richtige Mann für die Ranch gewesen."
"Gib mir ein Glas Wasser, Mitch", verlangte Jonathan Randall. "Damit habe ich weiß Gott nicht gerechnet, als ich mich entschloss, nach Hause zurückzukehren." Jonathan ging zu einem der runden Tische und setzte sich. Er bewegte sich sattelsteif und ein wenig linkisch. "Musste sich Calem wegen des Todes meines Vaters vor Gericht verantworten?"
"Er nahm alles Geld, das dein Vater zu Hause aufbewahrte, und verschwand auf Nimmerwiedersehen. Nun, Calem hat nie viel getaugt. Link stand dabei, als es zwischen deinem Vater und Calem zur Handgreiflichkeit kam. Er war nicht stark genug, Calem aufzuhalten. Vielleicht hätte Calem auch ihn getötet..." Mitch Henders zuckte mit den Achseln, schüttete Wasser aus einem Zinnkrug in einen Bierkrug und brachte das Getränk Jonathan. Der bedankte sich und trank einen Schluck. Dann wischte er sich mit dem Handrücken über den Mund und sagte:
"Eigentlich hatte ich vor, hier zu bleiben. Ja, ich wollte Old Amos um Verzeihung bitten und das unstete Leben aufgeben. Er war zwar verdammt streng, er war aber auch gerecht. Er hätte mir sicherlich verziehen."
Henders nickte. "Aus einigen Gesprächen mit deinem Dad weiß ich, wie sehr er es bereute, dich so hart und unnachgiebig behandelt zu haben. Denn eines hat dein Vater sehr schnell einsehen müssen: Weder Calem noch Link hatten das Zeug dazu, einmal die Ranch zu übernehmen. Alles, was Old Amos geschaffen hatte, wäre bei jedem der beiden in die falschen Hände gekommen."
"Beschäftigt die Ranch noch Cowboys?"
"Ein halbes Dutzend. Aber wenn du mich fragst, dann hüten sie keine Kühe, sondern sie bilden zusammen mit deinem kleinen Bruder eine Bande, die von Zeit zu Zeit fortreitet und sich holt, was sie braucht."
"Es sind also die Kumpane Links, von denen du gesprochen hast?"
"So ist es."
"Ich werde auf die Ranch reiten und herausfinden, wovon mein kleiner Bruder seinen Lebensunterhalt bestreitet. Und dann..."
"Was?"
"Ich werde Calem suchen und ihn zur Rechenschaft ziehen. Old Amos war ihm immer ein guter Vater. Er hat ihn groß gezogen wie einen leiblichen Sohn. Mag es auch ein Unfall gewesen sein. Calem hat seinen Tod verschuldet. Dafür muss er bezahlen. Wo wurde Old Amos begraben?"
"Auf der Ranch, neben eurer Mutter."
Jonathan trank noch einen Schluck, dann erhob er sich. "Hat Dad wirklich bereut, dass er mich so ungnädig behandelt hat?"
"Ja. Du warst aus seinem Holz geschnitzt. Er begriff sehr schnell, dass nur du in der Lage gewesen wärst, in seine Fußstapfen zu treten. Allerdings hast du nie was von dir hören lassen. Was hast du getrieben in all den Jahren?"
"Ich war Town Marshal in Altuda. Vorher arbeitete ich als Begleitmann bei der Overland Mail Company. Im vergangenen Jahr ritt ich nur noch durch's Land und verdiente mir meinen Lebensunterhalt mit Gelegenheitsjobs. Keine besondere Karriere..."
"Das kann mal wohl sagen", bestätigte Mitch Henders. "Aber immerhin bist du kein Gesetzloser geworden. Und das ist ja schon ein Erfolg, möchte ich sagen. Dein Vater prophezeite dir, dass du am Galgen enden wirst."
Jonathan Randall zeigte ein freudloses Lächeln. "Ich zeigte alle Ansätze für eine gesetzeswidrige Karriere, Mitch. Als mich Dad zum Teufel jagte, hat mir das zu denken gegeben. Es hat mich sozusagen geläutert. Nein, ich bin kein Gesetzloser geworden. Im Gegenteil..."
"Ich wünsche dir jedenfalls viel Glück hier, Jonathan. Vielleicht bringst du die Randall Ranch wieder zur Blüte. Und eventuell gelingt es dir sogar, deinen kleinen Bruder wieder auf den rechten Weg zurückzuholen. Du solltest damit beginnen, dass du die fünf verkommenen Kerle zum Teufel jagst, mit denen sich dein Bruder umgibt. Es sind Banditen."
"Was muss ich bezahlen, Mitch?"
"Wasser kostet bei mir nichts. Ich freue mich, dass du wieder nach Hause zurückgefunden hast, Jonathan. Du hattest zwar deine Fehler, dennoch mochte dich jeder in der Stadt und im Umland. Viel Glück, Jonathan. Und solltest du wieder in die Stadt kommen, vergiss nicht, bei mir vorbei zu schauen."
"Dann trinken wir einen auf meine Heimkehr", versetzte Jonathan und schwang herum...
*
Jonathan Randall verließ den Saloon. Auf der anderen Seite stand ein Mann im Schatten eines Vorbaudaches. Jonathan achtete nicht besonders auf ihn. Jetzt verließ der Bursche den Schatten. Er kam über die Straße. Nun wurde Jonathan auf ihn aufmerksam. Ihm entging nicht, dass der Mann einen Stern trug. Es war ein Fünfzack – der Lone Star.
Jonathan wandte sich dem Mann zu. "Hello, Jack."
"Ich hab mich also nicht getäuscht, als ich dich am Office vorbei reiten sah. Hello, Jonathan. Lange nicht gesehen."
"Etwas über fünf Jahre. Ja, es war eine lange Zeit."
Der Sheriff schüttelte Jonathan die Hand. Er war ein Mann von etwa 50 Jahren, groß und hager. Graue Fäden zogen sich durch seine ehemals blonden Haare. "Hat dir Mitch schon alles erzählt?"
Jonathan nickte. "Es war nicht viel Gutes darunter, Jack. Ich möchte fast sagen, überhaupt nichts Gutes. Dad ist tot. Mein Stiefbruder hat ihn wegen einiger Dollars erschossen. Was Link macht, weiß keiner so genau..."
"Link befindet sich in schlechter Gesellschaft", versetzte der Sheriff. "Calem haben wir damals bis nach San Angelo verfolgt. Dort verlor sich zunächst seine Spur."
"Zunächst?"
"Ja, es gibt Nachricht von Calem. Er wird steckbrieflich gesucht. Auf seinen Kopf hat die Regierung 1.000 Dollar ausgesetzt. Er hat mehrere Banken und Postkutschen überfallen und bei einem seiner Überfälle einen Mann erschossen. Auf dem Steckbrief steht tot oder lebendig."
"Großer Gott, hören denn die schlechten Nachrichten nicht auf?"
"Der Steckbrief liegt bei mir in der Schublade. Ich habe ihn gar nicht ausgehängt, weil ich davon ausgehe, dass Calem hierher niemals zurückkehrt. Es weiß niemand in der Stadt, dass er ein gesuchter Outlaw ist."
"Wo sah man ihn zuletzt?"
"In Wichita Falls. Sie haben dort die Bank überfallen. Das war vor einer Woche. Man nimmt an, dass Calem sich mit seiner Bande ins Indianer-Territorium abgesetzt hat."
"Ich werde Calem finden", knurrte Jonathan Randall düster.
"Willst du ihn wegen Old Amos' Tod zur Verantwortung ziehen?"
"Ja. Old Amos hat ihn wie einen leiblichen Sohn groß gezogen. Zum Dank dafür hat er ihn erschossen. Das muss gesühnt werden."
"Es war ein Unfall."
"Nein. Calem hatte nicht das Recht, seine Waffe gegen Old Amos zu ziehen. Er wollte von ihm die Herausgabe von 500 Dollar erzwingen, um seine Spielschulden begleichen zu können. Als sich der Schuss löste, war das kein Unfall, Jack. Calem hat es sozusagen herausgefordert."
"Was hast du in all den Jahren getrieben, Jonathan?"
Jonathan erzählte es dem Sheriff.
"Old Amos' Prophezeiung ist also nicht in Erfüllung gegangen", murmelte der Sheriff.
Jonathan Randall zeigte ein finsteres Lächeln. "Sieht nicht so aus. Ich bin nach Hause gekommen, um mit meinem Vater Frieden zu schließen. Wahrscheinlich hätte er mir meine Verfehlungen von damals verziehen. Leider kam ich zwei Jahre zu spät."
"Versuch deinen kleinen Bruder auf den rechten Weg zurückzuholen, Jonathan. Es wäre schade um ihn, wenn er so enden würde wie Calem. Auf den fällt bereits der Schatten des Galgens."
Jonathan leinte sein Pferd los. "Ich werde mein Bestes tun, Jack. Ich hoffe nur, dass es bei Link nicht schon zu spät ist." Mit dem letzten Wort schwang er sich auf's Pferd und hob grüßend die Hand. Dann ritt er an.
Jonathan Randall wandte sich nach Süden und überquerte den North Concho River. Die Stadtbewohner hatten eine Furt aufgeschüttet. Auf ihr reichte das Wasser dem Pferd gerade bis zu den Sprunggelenken. Randall folgte dem Fluss etwa drei Meilen nach Südosten, dann schlug er wieder die Route nach Süden ein. Einige Rudel halbwilder Longhorns kreuzten seinen Weg. Die meisten von ihnen trugen kein Brandzeichen.
Nach etwa fünf Meilen lag vor ihm die Ranch. Jonathan parierte das Pferd. Alles wirkte grau in grau. Das Dach eines Schuppens war teilweise eingebrochen. In einem Corral befanden sich ein halbes Dutzend Pferde. Das Windrad beim Brunnen drehte sich im heißen Wind. Das Tor einer Scheune stand offen und hing schief in den Angeln. Wahrscheinlich ließ es sich gar nicht mehr schließen.
Ja, die Ranch machte einen verwahrlosten, herunter gewirtschafteten Eindruck.
Jonathan Randall ritt weiter. Er gelangte hinter das Haupthaus. Hier gab es zwei Gräber mit Holzkreuzen. Auf einem der Schilder war mit schwarzer Farbe gepinselt: Kath Randall, geborene Gibson, gestorben 1869. Das andere Kreuz erinnerte daran, dass unter dem Grabhügel Amos Randall seine letzte Ruhe gefunden hatte.
Jonathan stieg vom Pferd und verharrte minutenlang vor den beiden Gräbern. Er hielt stumme Zwiesprache mit Old Amos, den er vor Jahren total enttäuscht hatte und den er um Verzeihung bitten hatte wollen. Schließlich nahm er das Pferd am Kopfgeschirr und führte es in den Ranchhof. Vor dem Haupthaus warf er den Zügel über den Querbalken des Holms.
Sein Blick schweifte in die Runde.
Was er sah, gefiel ihm nicht.
Ein Mann kam aus dem Haupthaus. Er war blond. Sein Gesicht wirkte ein wenig aufgedunsen. Wahrscheinlich trank er zuviel. Fragend und misstrauisch zugleich musterte er den Ankömmling.
Aus dem Bunkhouse trat ebenfalls ein Mann. Er war stoppelbärtig, ein unsteter Lebenswandel hatte tiefe Spuren in seinem Gesicht hinterlassen, er mutete hart gesotten und verwegen an. Um seine Hüfte schlang sich ein Revolvergurt. Das Holster mit dem Eisen hing tief an seinem rechten Oberschenkel.
Jonathan wandte sich dem Burschen zu, der aus dem Ranchhaus gekommen war. "Hello, Link."
In den wässrigen, blauen Augen Link Randalls blitzte es auf. "Mich laust der Affe", stieß er heiser hervor. "Bist du es wirklich, Jonathan?"
"Ja, Link, ich bin nach Hause zurückgekehrt. Aber nach allem, was ich in Sterling City hörte, steht meine Heimkehr unter keinem besonders guten Stern. Mitch Henders und Jack McBrian haben mir alles erzählt."
"Ich habe Dad hinter dem Haus neben Mutter begraben", erklärte Link Randall. "Es war tragisch. Calem ist seitdem spurlos verschwunden..."
Dem Burschen, der aus der Mannschaftsunterkunft getreten war, hatte sich ein weiterer Mann hinzu gesellt. Zwischen engen Lidschlitzen hervor fixierte er Jonathan Randall. Die beiden schlenderten näher. Sie hatten die Daumen in die Revolvergurte gehakt. Jonathan spürte den Anprall einer mitleidlosen Strömung. Sie ging von den beiden Kerlen aus wie etwas Animalisches. Jonathan wurde klar, dass es sich bei den beiden um Schnellschießer handelte. Sie hielten fünf Schritte ihm an.
"Wer ist das?", fragte einer der beiden.
"Mein großer Bruder", erwiderte Link Randall, ohne seinen Blick von Jonathan zu nehmen. "Der verlorene Sohn ist heimgekehrt, nachdem es fünf Jahre lang kein Lebenszeichen von ihm gab. - Was willst du hier, Jonathan?"
"Ich wollte mit Dad Frieden schließen, ihn um Verzeihung bitten, und meinen Platz auf der Ranch wieder einnehmen."
"Es gibt hier keinen Platz mehr für dich, Jonathan. Vater hat dich damals enterbt. Die Ranch hat er mir vermacht. Nun, du brauchst dich deswegen nicht zu wundern. Du hast immerhin Vaters Vieh gestohlen und auf eigene Rechnung verkauft. Verzeihen, sagte Dad immer, ist Sache des Himmels, nicht seine. Er hat dir nie verziehen, Jonathan."
"Mag sein, Link. Jetzt bin ich jedenfalls wieder hier. Ob es dir passt oder nicht. Old Amos hat uns Burschen immer ziemlich kurz gehalten. Wir bekamen fast kein Geld von ihm. Darum habe ich einige Rinder gestohlen und verkauft. Mein Verhalten war unentschuldbar. Old Amos hatte recht, als er mich seine ganze Härte spüren ließ. Aber gewiss hätte er mir nach all den Jahren, die verstrichen sind, verziehen."
"Wir werden es wohl nie erfahren, Jonathan. Es gibt jedenfalls hier keinen Platz für dich. Also reite wieder dorthin, wo du hergekommen bist. Ich brauche dich nicht. Und ich will dich hier nicht haben."
"Man erzählte mir, dass du schlechten Umgang pflegst, Bruder. Du hast die Ranch verkommen lassen. Was treibt ihr, wenn ihr wochenlang unterwegs seid? Machst du es wie Calem? Überfällst du Banken und Postkutschen?"
Im Gesicht Link Randalls zuckten plötzlich die Nerven. Verlegen schaute er zur Seite. Dann stieß er fast wütend hervor: "Das geht dich nichts an, Jonathan. Und jetzt steig auf dein Pferd und verschwinde."
"Das werde ich nicht", knurrte Jonathan.
"Es wäre aber ratsam", sagte einer der beiden Kerle halblaut, die ihn anstarrten und einzuschätzen schienen. "Wir können dir aber auch Beine machen, Randall, wenn du nicht freiwillig verschwindest."
Jonathan wandte sich den beiden zu. Er nickte, dann sagte er: "Wie mir scheint, pflegt mein kleiner Bruder tatsächlich schlechten Umgang. Ich gebe euch und euren Kumpanen eine Stunde Zeit, euer Zeug zu packen und von der Randall Ranch zu verschwinden. Wenn ich nach Ablauf dieser Stunde noch da sein solltet, mache ich euch Beine."
Seine letzten Worte waren wie Hammerschläge gefallen. Die Atmosphäre im Ranchhof war plötzlich angespannt und gefährlich.
Die Hände der beiden Revolverschwinger tasteten sich in die Nähe der Revolver. Sie vermittelten plötzlich einen sprungbereiten Eindruck und belauerten Jonathan wie Raubtiere, die sich jeden Moment auf ihr Opfer stürzen.
"Dein Bruder hat ein ziemlich großes Mundwerk", stieß einer der Kerle hervor. "Was hältst du davon, wenn wir ihn ein wenig auf seine richtige Größe zurecht stutzen?"
Zwei weitere Kerle kamen aus der Mannschaftsunterkunft. Sie waren von der selben Sorte wie die beiden, die sich bereits im Hof befanden. Und ein fünfter Mann zeigte sich an einem der Fenster der Unterkunft. Er hielt die Arme vor der Brust verschränkt.
"Lasst ihn", sagte Link Randall. "In einem hast du allerdings recht, Jesse. Er hat ein großes Mundwerk. – Ich denke, dein Selbstbewusstsein ist krankhaft übersteigert, Jonathan. Vielleicht aber bist du wirklich so ein harter Brocken geworden, wie du dich gibst. Ich weiß es nicht, und ich will es auch gar nicht wissen. Hau ab und lass mich in Ruhe. Das ist ein gut gemeinter Rat. Du solltest ihn dir zu Herzen nehmen."
Die Feindschaft, die von Link Randall ausging, war wie ein heißer Atem, der Jonathan streifte. Er spürte Enttäuschung in sich. Er war nach Hause zurückgekehrt, um mit seinem Vater ins Reine zu kommen. Aber Old Amos lebte nicht mehr. Und sein Bruder ließ keinen Zweifel daran offen, wie wenig willkommen er auf der Ranch war. Mit der Enttäuschung kam die Verbitterung, kam aber auch eine Art Zorn, der Jonathan grollend sagen ließ: "Du kannst mich nicht fortjagen, kleiner Bruder. Wenn Old Amos mich enterbt hätte, müsste es ein entsprechendes Schriftstück geben. Hat er ein Testament gemacht, mit dem er dich als seinen Alleinerben eingesetzt hat?"
"Er hat es mir gesagt, und das muss dir genügen, Jonathan. Du hast ihn bestohlen und betrogen..."
"Es gibt also kein Testament", knurrte Jonathan. "Und weil das so ist, bleibe ich. Das ist mein gutes Recht, Link. Du wirst es schlucken müssen."
"Nein, ich werde es nicht schlucken. Ich werde dich von der Ranch prügeln, Jonathan." Link sprang vom Vorbau und stapfte auf Jonathan zu. Sein Gesicht spiegelte wilde Entschlossenheit wider. Er war fest entschlossen, seine Worte in die Tat umzusetzen.
Als er auf zwei Schritte an Jonathan heran war, stieß er sich ab, um sich auf diesen zu werfen und ihn zu Boden zu reißen...
*
Jonathan steppte einen halben Schritt zur Seite. Die Hände Links griffen ins Leere. Link wurde von der Wucht seines Angriffs halb herumgerissen, er geriet ins Taumeln und hatte Mühe, sein Gleichgewicht zu bewahren.
Sofort machte Jonathan einen halben Schritt auf ihn zu, knallte ihm einen Haken auf die kurzen Rippen und ließ sofort die linke Faust fliegen, mit der er seinen Bruder am Kinnwinkel erwischte.
Aber Link schüttelte sich nur, ihm entrang sich ein abgerissenes Grunzen, und dann warf er sich mit ausgebreiteten Armen Jonathan entgegen, als wollte er ihn umschlingen und zerquetschen. Jonathan sprang zurück und entging der Umklammerung. Er hatte die Arme angewinkelt und die Fäuste gehoben. Wild mit den Armen schwingend folgte ihm Link.
Völlig überraschend stieß Link sich ab. Mit einem fürchterlichen Schwinger wollte er Jonathan von den Beinen fegen.
Jonathan reagierte instinktiv. Er tauchte ab und die Faust Links pfiff über seinen Kopf hinweg. Sie fegte ihm den Hut vom Kopf. Er landete im Staub. Link wurde von der Wucht seines Schlages halb herumgerissen und geriet ins Taumeln, bekam seinen Körper jedoch sofort wieder unter Kontrolle.
Er warf sich herum. Seine Arme umklammerten Jonathan. Ein Rammstoß mit seiner Stirn sollte Jonathans Gesicht treffen. Jonathan warf den Kopf zurück und sprengte Links Umklammerung. Dann hämmerte er ihm die rechte Faust in den Leib und ließ sofort die geballte Linke folgen, die gegen den Kinnwinkel seines Bruders knallte. Ein Haken in den Leib ließ Link in der Mitte einknicken, ein Schwinger gegen das Kinn ließ ihn zur Seite wanken.
"Ich werde dich in Stücke schlagen, Jonathan!", knirschte Link. Dann kam er wieder mit wild schwingenden Fäusten. Sie pfiffen auf Jonathan zu. Dieser konnte zwei der Schläge ausweichen, den dritten parierte er mit dem Unterarm und schlug mit der linken Faust zu. Er traf Link auf das Brustbein und sah ihn nach Luft japsen. Link taumelte einen Schritt zurück. Sein Gesicht lief dunkel an, seine Augen traten aus den Höhlen.
Der Schlag hatte ihm die Luft aus den Lungen gepresst.
Mit erhobenen Fäusten stand Jonathan da und wartete.
Als Link wieder angriff, knallte er ihm einen Haken auf die kurzen Rippen und ließ sofort die Linke folgen, mit der er Link am Ohr erwischte. Einen Herzschlag lang hatte Jonathan Randall das Gefühl, seine Handknochen zersplitterten unter der Wucht des Treffers. Aber Link schluckte auch diesen Schwinger. Er war unheimlich hart im Nehmen. Und wieder griff er an...
Er warf sich mit ausgebreiteten Armen Jonathan entgegen, als wollte er ihn umschlingen und zerquetschen. Jonathan sprang zurück und entging der Umklammerung. Er hatte die Arme angewinkelt und die Fäuste gehoben. Link folgte ihm. Seine Fäuste wirbelten durch die Luft. Ein einziger Treffer hätte ein Rind umgeworfen. Es war die blinde Wut, die ihn trieb. Er zwang Jonathan immer weiter zurückzuweichen.
Link zwang sich zu klarem Verstand, begann Jonathan zu umrunden, belauerte ihn und suchte nach einer Blöße bei seinem Bruder.
Jonathan drehte sich auf der Stelle. Und unvermittelt unternahm er einen Ausfallschritt. Seine linke Faust zuckte nach Links Kopf, und Link riss unwillkürlich beide Fäuste zur Deckung hoch. Da bohrte sich ihm Jonathans Rechte in die Magengrube. In diesem Schlag lagen alle Empfindungen, die Jonathan beherrschten.
Ein wilder Schrei brach aus Links Mund. Sein Oberkörper pendelte nach vorn, genau in Jonathan Randalls hochgezogenen Schwinger hinein. Dieser knallharte Uppercut ließ den Schädel Links wieder hochsausen, und Jonathan schoss eine kerzengerade Rechte mitten in das Gesicht seines Bruders ab.
Link ächzte. Blut rann aus seiner Nase und aus einer Platzwunde auf seiner Unterlippe. Die Benommenheit nach den unerbittlichen Treffern ließ seinen Kopf von einer Seite auf die andere pendeln. Er war angeschlagen. Das war deutlich. Und er hatte Mühe, die Fäuste oben zu halten.
Doch Jonathan ließ ihm Zeit. Und Link erholte sich schnell.
Er stürzte sich Jonathan entgegen. Seine Fäuste flogen. Link kämpfte mit Kraft und Verbissenheit. Seine Zähne waren fest aufeinandergepresst. Hart traten seine Backenknochen hervor. Er schien die Umwelt vergessen zu haben.
Sein Angriff kam wie eine Explosion. Doch Jonathan blieb in den Knien elastisch. Er federte zurück, steppte zur Seite, duckte sich ab, tauchte unter Links Heumachern hinweg, und bald spürte Link, wie seine Arme ermüdeten. Der Rhythmus seiner Schwinger kam längst nicht mehr so schnell, und die Erkenntnis, dass er Jonathan noch kein einziges Mal ernstlich getroffen hatte, fraß sich in sein Gemüt wie ätzende Säure.
Link hielt inne und japste nach Luft. Jonathan war zwei Schritte auf Distanz gegangen. Und jetzt begann Jonathan, seinen Bruder zu umrunden. Er bewegte sich leichtfüßig und pantherhaft. Plötzlich schnellte er auf Link zu, warf sich mit der linken Schulter gegen dessen Leib und feuerte ihm gleichzeitig die geballte Faust ins Gesicht. Link stolperte rückwärts, ein Gurgeln quoll aus seinem Mund, mit letzter Willenskraft schickte er seine Rechte noch einmal auf die Reise, im nächsten Moment die Linke.
Und sie traf.
Jonathan, der dem ersten Schwinger ausweichen wollte, beugte sich genau in den zweiten Haken hinein. Er hatte das Gefühl, der Kopf würde ihm von den Schultern geschlagen. Er flog regelrecht zur Seite, Blitze zuckten vor seinen Augen, und die Welt schien sich um ihn herum zu drehen. Er wankte und spürte, wie seine Beine nachgeben wollten.
Link entging Jonathans momentane Schwäche nicht. Er wandte sich ihm schnell und wild zu. Wie durch Nebelschleier sah Jonathan ihn vor sich auftauchen. Mit einer einzigen, kraftvollen Bewegung, an der sein ganzer Körper beteiligt zu sein schien, rammte Link ihm das Knie von der Seite her gegen die Rippen.
Jonathan stöhnte mit weitaufgerissenem Mund. Der Atem entwich seinen Lungen wie einem Blasebalg. Er sah nur noch feurige Garben, und dann traf ihn Link mit aller Härte an der Schläfe. Sein Kopf wurde auf die linke Schulter gedrückt, er sank auf die Knie und war in diesem Augenblick vollkommen orientierungslos, wusste nicht mehr, wo hinten oder vorne war.
Auch Link zeigte Anzeichen von Erschöpfung. Die Treffer, die er einstecken musste, zeigten Wirkung.
Jonathan mobilisierte noch einmal alle Energien, die in ihm steckten. Der Wille, diesen Kampf zu gewinnen, gewann die Oberhand. Die Nebelschleier vor seinen Augen rissen. Verschwommen sah er Link einen Schritt vor sich.
Er überwand die Betäubung, die sekundenlang über ihn triumphieren wollte, bot all seinen Willen auf, und dann sah Jonathan Randall wieder klar. Sein Verstand funktionierte wieder. Sein Körper beantwortete wieder die Signale, die sein Gehirn aussandte. Seine Muskeln und Sehnen reagierten wieder.
Aus seiner knienden Haltung warf er sich nach vorn. Seine Hände erwischten Links Beine dicht über den Knöcheln. Mit einem kraftvollen Ruck riss Jonathan die Füße seines Bruder vom Boden weg. Link war total überrumpelt. Seine Arme ruderten haltsuchend, aber da war nichts, woran er sich klammern konnte. Der Länge nach krachte er auf den Rücken.
Jonathan kämpfte sich hoch. Er wischte sich mit dem Hemdärmel Staub und Schweiß aus den Augen. Steifbeinig setzte er sich in Bewegung.
Link vernahm das Knirschen von Sand und Kies unter den harten Ledersohlen, das leise, melodische Klirren der Sporen, und er beeilte sich, hochzukommen. Schließlich lag er auf allen Vieren. Sein unterlaufener Blick tastete sich an Jonathan in die Höhe. Aus seiner liegenden Perspektive kam ihm Jonathan riesengroß und gewaltig vor. Links Zahnschmelz knirschte. Er stieß sich mit den Händen ab. Aber ehe er die Knie durchdrücken und sich zu seiner vollen Größe aufrichten konnte, landete Jonathan eine knochentrockene Doublette an seinem Kinn. Links Kopf flog in den Nacken. Er sank auf die Knie zurück, ein ersterbender Laut quoll über seine Lippen. Und als ihn Jonathans weit aus der Hüfte gezogener Schwinger genau auf den Punkt traf, kippte er hinüber und blieb verkrümmt liegen.
Link war fertig. Er hob den Kopf, versuchte, sich noch einmal hochzurappeln, fiel aber kraftlos zurück.
Jonathans Arme schmerzten bis in die Schultergelenke. Er spürte schmerzhafte Verspannungen in seinen Händen. Seine Atmung beruhigte sich, das Herz fand wieder zu seiner regulären Schlagfolge zurück.
Einer der Kerle, die dem Kampf zugeschaut hatten, begann Applaus zu klatschen. Er grinste hämisch. Die anderen klatschten gleichfalls in die Hände. Einer von ihnen rief: "Mit den Fäusten kannst du umgehen, Randall. Wie aber sieht es mit dem Revolver aus? Bist du da auch so eine gefährliche Nummer?"
Jonathan ging zum Tränketrog. Auch er war angeschlagen und verspürte Erschöpfung. In diesem Zustand war er nur halbwertig und sicherlich keinem der fünf verwegenen Burschen gewachsen. Also forderte er nichts heraus. Er tauchte seinen Kopf in das Wasser. Prustend kam er wieder hoch. Jonathan schaute sich um, sah seinen Stetson und holte ihn sich. Er stülpte ihn sich auf den Kopf. Dann ging er zu seinem Pferd, nahm den Zügel vom Holm und saß auf. Er zog das Pferd um die linke Hand.
"Ich bleibe in Sterling City", sagte er laut. "Bestellt meinem Bruder, wenn er wieder klar denken kann, dass ich aus der Randall Ranch wieder das machen werde, was sie einmal war, als Old Amos noch lebte. Die Ranch gehört mir zu gleichen Anteilen wie Link. Er hat zwei Möglichkeiten. Entweder er schwenkt auf meinen Kurs ein, oder er verschwindet."
Mit dem letzten Wort ritt Jonathan an.
Die fünf Kerle ließen ihn ziehen. Jesse Dalton ging zu Link hin und half ihm auf die Beine...
*
Jonathan ritt zum North Concho River und folgte dem Fluss nach Südosten. Er musste fast zwei Stunden reiten, dann sah er vor sich die Gebäude der Water Valley Ranch. Jonathan hielt sein Pferd an und nagte an seiner Unterlippe. Er schien unschlüssig zu sein.
Schließlich ritt er weiter. Das Pferd trug ihn zwischen die Gebäude. Hier war alles sauber und gepflegt. Zwei Cowboys befanden sich bei einem der Corrals und sattelten ein Pferd. Ein Ranchhelfer schob eine Schubkarre voll Pferdemist aus einem Stall.
Die Sonne befand sich weit im Westen. Der Tag neigte sich seinem Ende zu. Jonathan ritt bis vor das Ranchhaus. Die beiden Cowboys und der Helfer beobachteten ihn. John Watson, der Rancher sah den Mann durch das Fenster des Ranchbüros. Und er erkannte Jonathan auf Anhieb wieder. Er presste die Lippen aufeinander und ging hinaus.
Die beiden Männer begegneten sich auf der Veranda. "Jonathan Randall", sagte der Rancher mit dunklem Bass. "Du bist nach Hause gekommen. Aber wie siehst du aus? Bist du unter einen Heuwagen geraten?"
Er reichte Jonathan die Hand. Dieser ergriff sie und schüttelte sie. "Ich hatte einen Kampf mit meinem Bruder", gab Jonathan mit galliger Stimme zu verstehen. "Der Bursche hat einen Weg beschritten, der mir ganz und gar nicht gefällt. Ich habe ihn vor die Alternative gestellt - entweder er baut mit mir die Ranch wieder auf, oder er schert sich mit seinen Kumpanen zum Teufel."
"Harte Worte für einen, der fünf lange Jahre nichts von sich hören ließ", knurrte John Watson. "Sicher war dein Bruder alles andere als erfreut, dich wieder zu sehen. Du weißt, wie euer Vater ums Leben kam?"
"Ja. Ich werde Calem dafür zur Rechenschaft ziehen."
"Er ist über alle Berge."
"Ich finde ihn. Vorher aber..." Jonathan zuckte mit den Schultern. "Wie geht es Lesley?"
Das Gesicht John Watson verschloss sich. "Wie soll es ihr schon gehen? Gut, denke ich mal. Sie hat fast ein Jahr gebraucht, um zu verarbeiten, dass du das Land verlassen hast. Sie war tief enttäuscht von dir. Nur einer, der nichts taugt, klaut das Vieh seines Vaters und verkauft es. Lesley ist darüber hinweg gekommen. Sie ist mit Ringo Hagan verlobt."
"Mit Ringo..." echote Jonathan.
"Du wirst es akzeptieren müssen, Jonathan. Im nächsten Monat wollen die beiden heiraten." John Watson machte eine kurze Pause. "Lesleys wegen bin ich nicht begeistert darüber, dass du wieder den Weg nach Hause gefunden hast, Jonathan", fuhr er schließlich fort. "Deine Heimkehr könnte alte Erinnerungen in ihr wecken. Ringo meint es ehrlich mit ihr. Du solltest dich von Lesley fernhalten, Jonathan."
"Natürlich. Wie konnte ich glauben, dass sie jahrelang auf mich wartet. Es war vermessen von mir. Ich werde mich nicht zwischen Lesley und Ringo schieben. Keine Sorge, John."
"Es gab mehr als fünf Jahre nicht das geringste Lebenszeichen von dir." Es klang fast entschuldigend. John Watson musterte Jonathan mit einer Mischung aus Bedauern und Härte. "Genauso gut hättest du zehn oder zwanzig Jahre wegbleiben können. Du kannst nicht verlangen, dass eine Frau so lange auf dich wartet."
"Ich verlange es nicht, John. Ich wollte dir und Lesley nur guten Tag sagen. Aber es wird wohl besser sein, wenn ich Lesley aus dem Weg gehe."
"Das denke ich auch", murmelte John Watson.
Da erklang ein heller Schrei. "Jonathan!"
Lesley stand in der Haustür. In ihren Augen blitzte die Wiedersehensfreude. Sie trat hinaus auf die Veranda.
Lesley war etwa einssiebzig groß, schlank und rothaarig. Ihre Augen waren grünlich und beherrschten das schmale, rassige Gesicht. Die Nase war klein, der Mund gut geschnitten. Ihr Hals war weiß und schlank, die Linie des feingeformten Kinns makellos. Sie lächelte, und dieses Lächeln ließ ihre weichen Lippen noch verlockender erscheinen.
"Lesley!", entfuhr es Jonathan.
Sie kam auf ihn zu und nahm ihn bei den Händen. "Fünf Jahre", murmelte das Mädchen. "Warum hast du nie was von dir hören lassen? Du bist ein Mann geworden, Jonathan."
"Ich schämte mich für meine Verfehlungen", sagte Jonathan und entwand ihr seine Hände. "Ich schämte mich so sehr, dass ich keinem mehr unter die Augen treten wollte, der davon wusste. Fünf Jahre habe ich gebraucht, um mit mir ins Reine zu kommen. Und ich bin nach Hause geritten, um auch mit Old Amos Frieden zu schließen..."
Sekundenlang herrschte betretenes Schweigen.
"Wirst du bleiben?", fragte Lesley Watson schließlich.
"Ja. Ich will die Ranch wieder auf Vordermann bringen. Und ich will Calem suchen, um ihn für den Tod von Old Amos zur Rechenschaft zu ziehen."
"Es wird deinem kleinen Bruder nicht gefallen", gab Lesley Watson zu verstehen.
Jonathan presste kurz die Lippen aufeinander. "Mit ihm habe ich bereits gesprochen. Du hast Recht, Lesley. Es hat ihm in der Tat nicht gefallen, dass ich zurückgekehrt bin. Sieht du die Blessuren in meinem Gesicht? Sie stammen von Link."
"Haben sich etwa die Kerle eingemischt, die mit ihm auf der Ranch hausen?", wollte John Watson wissen.
Jonathan schüttelte den Kopf. "Nein. Aber ich darf sie nicht außer Acht lassen. Link empfahl mir, wieder zu verschwinden. Ich gehe davon aus, dass seine Kumpane dieser Forderung irgendwann Nachdruck zu verleihen versuchen."
Lesley schaute ernst in Jonathans Gesicht. "Ich weiß nicht, ob es dir Dad schon gesagt hat, Jonathan. Nachdem du nichts mehr von dir hören hast lassen, habe ich mich mit Ringo verlobt. Wir wollen im nächsten Monat heiraten."
Jonathan verzog schmerzlich das Gesicht. "Dein Vater hat es mir gesagt, Lesley. Es ist in Ordnung. Du hast das einzig Richtige getan. Ich bin dir nicht gram deswegen. Es wäre vermessen von mir gewesen, von dir zu verlangen, auf mich zu warten. Ich habe mich treiben lassen in den fünf Jahren, habe von der Hand in den Mund gelebt. Alles, was ich gelernt habe, ist schießen. Ich war Town Marshal und Postkutschenbegleiter. Ich habe nichts aus mir gemacht, Lesley. Zu deiner Entscheidung, Ringo zu heiraten, kann ich dir nur gratulieren."
Er wandte sich um und sprang von der Veranda. Gleich darauf saß er auf seinem Pferd. "Auf eine gute, nachbarschaftliche Beziehung, John", sagte er und hob die Hand zum Gruß. Dann ritt er weg...
*
Es war finster, als Jonathan nach Sterling City zurückkehrte. Er brachte sein Pferd in den Mietstall. Der Stallmann übernahm das Tier und sagte: "Ich habe es schon gehört, dass du wieder nach Hause zurückgekehrt bist, Jonathan. Die Verhältnisse, die du hier vorgefunden hast, waren sicher nicht besonders erfreulich. Wirst du bleiben?"
"Ja, ich bleibe", versetzte Jonathan und schnallte seine Satteltaschen ab. Er legte sie sich über die Schulter, dann zog er die Winchester aus dem Scabbard. "Was sind das für Kerle, die mit meinem Bruder auf der Ranch hausen. Ich habe sie heute gesehen. Cowboys sind das auf keinen Fall."
"Ihre Namen sind Jesse Dalton, Hank Dodson, Price Sherman, Jim Snyder und Steve Dalton. Ein höllisches Quintett. Nein, das sind keine Cowboys. Das sind Coltschwinger der ganz besonders üblen Sorte."
"Mein Bruder ist oft wochenlang mit ihnen verschwunden. Hat man eine Ahnung, wo sie sich in dieser Zeit aufhalten und was sie treiben?"
"Nein. Ich denke, dass sie nach New Mexiko reiten, dort die eine oder andere Bank ausräumen und dann wieder nach Texas zurückkehren. Weiterhin denke ich, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis ein Staatenreiter aus New Mexiko hier auftaucht, um diesen Kerlen das Handwerk zu legen."
Jonathan verließ den Stall. Er mietete sich im Hotel ein Zimmer, brachte das Gewehr und seine Satteltaschen hinauf, dann ging er in den Saloon. Er bestellte sich ein Abendessen, bekam es und trank dazu ein Bier. Als er schon bezahlen wollte, um ins Hotel zu gehen und zu schlafen, tauchte Sheriff Jack McBrian auf. Er setzte sich zu Jonathan an den Tisch. "Du warst auf der Ranch?"
"Und auch bei John Watson."
"Hast du mit Lesley gesprochen?"
"Ja. Sie hat sich mit Ringo Hagan verlobt. Es ist in Ordnung."
"Was sagst du zu den Freunden deines Bruders?"
"Üble Kerle. Banditen, wenn du mich fragst."
McBrian nickte. "In Texas liegt nichts vor gegen sie. - Wer hat dich so zugerichtet?"
"Ich hatte einen Kampf mit meinem Bruder. Er wollte mir mit den Fäusten klar machen, dass ich auf der Randall-Weide nichts mehr zu suchen habe."
"Der schlechte Umgang hat auf Link abgefärbt", murmelte der Sheriff. "Du wirst ein Problem haben, Jonathan. Link gehört die Hälfte der Ranch. Du und er seid die gesetzlichen Erben eures Vaters. Du weiß, was ich zum Ausdruck bringen will?"
"Dass ich Link samt seinen Kumpanen nicht zum Teufel jagen kann. Aber das war mir von vorneherein klar. Auf irgendeine Art und Weise werde ich mich mit meinem Bruder arrangieren müssen."
"Er wird davon nichts wissen wollen."
"Dann muss ich es ihm wohl auf die raue Tour klar machen." Jonathan erhob sich. "Ich bin müde und hau' mich jetzt auf's Ohr, Jack."
"Ja, schlaf nur, Jonathan. Ich denke, die nächsten Tage werden es zeigen, ob es dir gelingt, in diesem Landstrich Fuß zu fassen, oder ob du dich geschlagen geben musst. Ich kann dir nicht helfen, denn wie ich schon sagte, gegen deinen Bruder und seine Freunde liegt nichts vor."
Jonathan bezahlte an der Theke und verließ den Saloon.
Zwischen den Häusern nistete die Finsternis. Sie mutete fast greifbar und stofflich an. Aus einigen Fenstern fiel Licht. Aus einem der Häuser drang die keifende Stimme einer Frau. Dann wurde eine Tür zugeworfen. Irgendwo in der Stadt bellte ein Hund. Der Nachtwind trieb auf der Main Street kleine Staubspiralen vor sich her.
Tief sog Jonathan die würzige Luft in seine Lungen. Dann wandte er sich nach links. Seine Schritte tackten leise auf den Gehsteigbohlen. Seine Sporen klirrten melodisch. Jonathan war tief in Gedanken versunken. Er erschrak, als er aus der Finsternis einer Passage zwischen zwei Häusern angesprochen wurde. "Na endlich, Randall. Wir dachten schon, du kommst überhaupt nicht mehr."
Die Spannfeder eines Colthahns knackte metallisch. Dann versanken sämtliche Geräusche in der Stille, die sich anschloss.
Unwillkürlich hatte Jonathan die Rechte auf den Knauf des Sechsschüssers gelegt. Aber er ließ die Waffe stecken. "Wer ist da?"
"Ein paar Freunde deines kleinen Bruders. Du hast heute eine ziemlich große Lippe riskiert auf der Ranch. Und du hast Link ziemlich zurechtgestutzt. Er liegt zu Hause in seinem Bett und leckt seine Wunden."
"Was wollt ihr?"
"Wir wollen dir klar machen, dass es für dich besser ist, wieder zu verschwinden."
Eine schemenhafte Gestalt schälte sich aus der Finsternis. Eine zweite folgte. Stiefelleder knarrte, Hosenstoff schabte übereinander. Jonathan spürte etwas Hartes an der Seite. Es war die Mündung eines Revolvers, die ihm gegen die Leberpartie gedrückt wurde.
"Vorwärts, wir gehen ein Stück."
Der Druck auf seiner Leber wurde härter. Jemand trat hinter ihn und zog ihm den Revolver aus dem Holster. Ein kalter Hauch schien Jonathan zu streifen. Er spürte Beklemmung.
Sie dirigierten ihn aus der Stadt. Es waren fünf Kerle. Das Mondlicht umriss ihre Gestalten, nachdem sie den Schlagschatten verlassen hatten.
Hinter einer Buschgruppe kam der Pulk zum Stehen. Hier sah Jonathan auch die Pferde der Schufte.
"Das ist weit genug", sagte einer der Kerle.
Jonathan ahnte, was ihm blühte. Etwas in ihm straffte sich. Er spannte seine Muskeln.
Sie holsterten ihre Colts. Er war ihnen sicher. Es waren fünf niederträchtige, skrupellose Kerle, die entschlossen waren, ihn in Stücke zu schlagen und zu zerbrechen.
Jonathan wartete nicht länger. Er explodierte geradezu. Sein Fuß flog hoch und traf den Burschen vor ihm an der empfindlichsten Stelle. Der quittierte den erbarmungslosen Tritt mit einem gellenden Aufschrei und beugte sich genau in Jonathans hochschnellendes Knie hinein.
Jonathan warf sich herum. Seine Fäuste flogen. Er spürte Widerstand, vernahm ein schmerzhaftes Ächzen. Ein Arm legte sich von hinten um seinen Hals. Sein Ellenbogen zuckte nach hinten. Der Bursche gurgelte, als er diese Ramme in die Rippen bekam. Der Druck um Jonathans Hals lockerte sich.
Noch zweimal traf Jonathan. Er legte alles, was sich während der letzten Minuten in ihm aufgestaut hatte, in seine Schläge hinein. Er verkaufte seine Haut so teuer wie möglich. Schließlich aber fielen sie über ihn her. Ihre Fäuste und Tritte trafen ihn überall. Er hatte diesem Strom aus brutaler Gewalt nichts entgegen zu setzen. Bald wusste er nicht mehr, wo hinten und vorne war. Er ging zu Boden. Mit seinen Armen schützte er, so gut es ging, seinen Kopf und sein Gesicht. Mehr konnte er angesichts der Übermacht nicht tun. Sie traten ihn, schlugen auf ihn ein, und hörten erst auf, als sie außer Atem waren.
Jonathan bekam es nicht mehr mit. Eine gnädige Ohnmacht hielt ihn umfangen.
Die Kerle rieben sich die aufgeschlagenen Knöchel, massierten ihre schmerzenden Hände und kamen nur langsam wieder zu Atem.
Einer stieß Jonathan mit der Stiefelspitze an. "Der braucht so schnell nichts mehr. Ich denke, dass ihm diese Tracht Prügel klar gemacht hat, dass er hier nicht erwünscht ist."
Sie gingen zu ihren Pferd, lösten die Zügel und saßen auf. Dann ritten sie davon.
*
Als Jonathan erwachte, lag er in einem Bett. Helligkeit umgab ihn. Über ihm war eine weißgekalkte Zimmerdecke. Eine dunkle Stimme sagte: "Na endlich. Dachte schon, du willst überhaupt nicht mehr wach werden."
Jonathan drehte etwas den Kopf. Er fühlte sich wie gerädert. Es schien keine Stelle an seinem Körper zu geben, die nicht schmerzte. Die Erinnerung stellte sich sein. Die Freunde seines Bruders hatten ihm aufgelauert und ihn übel zusammengeschlagen.
Auf einem Stuhl, den er sich an das Bett herangezogen hatte, saß Sheriff Jack McBrian.
"Wo bin ich?", fragte Jonathan.
"Ich habe dich zu mir nach Hause bringen lassen", erwiderte der Sheriff. "Hier bekommst du die Pflege, die du brauchst. Wer hat dich so brutal zusammengeschlagen?"
"Es waren die Kumpane meines Bruders. Sie wollten mir klar machen, dass die Gegend ziemlich ungesund für mich sei."
"Ich dachte es mir schon. Wie du dich fühlst, brauche ich wohl nicht zu fragen. Nun, da du meinen Verdacht bestätigt hast, werde ich mich wohl drum kümmern müssen. Ich..."
Der Sheriff brach ab, weil die Tür aufging. Eine junge Frau – mehr noch ein Mädchen - betrat das Zimmer. Sie trug ein Tablett, auf dem eine dampfende Schüssel stand. Dunkle, lange Haare rahmten ihr sonnengebräuntes, schmales Gesicht ein.
Jonathan sah sie und war von ihr gebannt. "Ist das Sarah?", fragte er.
Unter seinem Blick errötete das Mädchen. Es gelang Jonathan nicht, sich der Faszination, die sie verströmte, zu entziehen.
"Ja, es ist Sarah", erwiderte der Sheriff lächelnd. "Aus dem Mädchen ist eine Frau geworden, Jonathan."
"Yeah", entrang es sich Jonathan, und es klang fast ehrfürchtig. "Das kann man wohl sagen."
"Ich bringe dir eine kräftige Fleischbrühe, Jonathan", sagte Sarah und stellte das Tablett auf den Nachttisch neben dem Bett. "Wirst du selbst essen können, oder soll ich dich füttern?"
Der Sheriff erhob sich und sagte: "Ich reite zu eurer Ranch, Jonathan. Ich kann nicht zulassen, dass diese Schufte unbescholtene Männer brutal zusammenschlagen. Also höre ich mir an, was sie zu sagen haben, und dann werde ich sie zur Anzeige bringen."
Jonathan setzte sich auf. Jede Bewegung bereitete ihm Schmerzen und war eine Überwindung, die all seinen Willen erforderte. Ein Stöhnen entrang sich ihm. "Ich werde alleine essen, Sarah", erklärte er.
Sie stopfte das Kissen zwischen das Kopfende des Bettes und seinen Rücken, dann stellte sie das Tablett auf seine Oberschenkel und sagte: "Du musst aufpassen, die Brühe ist sehr heiß..."
"Vielen Dank", murmelte Jonathan, dann richtete er den Blick auf Jack McBrian. "Du solltest nicht alleine reiten, Jack. Diese Schufte respektieren den Stern, den du trägst, sicherlich nicht. Warte zwei oder drei Tage, bis ich wieder einigermaßen fit bin. Dann begleite ich dich."
"Du wirst in drei Tagen nicht fit sein, Jonathan", antwortete der Sheriff. "Ich denke mal, dass du mindestens eine Woche das Bett hüten musst. So lange kann ich nicht warten."
"Dann nimm wenigstens ein paar Männer mit", sagte Jonathan. "Ein Aufgebot. Zahlenmäßige Überlegenheit werden diese Kerle respektieren."
"Ich werde einige Männer fragen, ob sie mich begleiten", gab McBrian zu verstehen. "Allerdings glaube ich nicht daran, dass sich jemand bereit erklärt."
"Du musst es jedenfalls versuchen, Jack", murmelte Jonathan.
Der Sheriff verließ das Zimmer.
"Du warst, als ich wegging, ungefähr 15 Jahre alt", sagte Jonathan.
"Ich war 16", versetzte Lesley.
Jonathan löffelte seine Suppe. Zwischen ihm und Lesley herrschte Schweigen. Sie beobachtete ihn nur.
Währenddessen betrat der Sheriff die Schmiede. Der Gehilfe des Schmiedes trat auf den Blasebalg. Mehrere Eisen steckten im Feuer. "Was treibt dich zu mir?", fragte der Schmied. Sein Name war Ed Mallory.
"Ich brauche ein paar Freiwillige, die mit mir zur Randall Ranch reiten."
"Warum?"
"Die Kumpane von Link Randall haben Jonathan Randall brutal zusammengeschlagen. Körperverletzung, Ed. Ich kann das den Kerlen nicht dahingehen lassen."
"Willst du sie einsperren?"
"Ich will mir anhören, was sie zu sagen haben. Und dann entscheide ich, ob ich Anzeige erstatte oder nicht."
"Dazu brauchst du mich sicher nicht, Jack", sagte Mallory. "Ich habe ein paar wichtige Aufträge zu erledigen. Tut mir leid, Jack..."
"Schon gut." Jack McBrian machte kehrt und verließ die Schmiede. Er begab sich noch zum Futtermittelhändler, zum Barbier und zum Storebesitzer. Jeder hatte eine andere Ausrede. Der Sheriff gab es auf, ging in den Stall, sattelte sein Pferd, führte es ins Freie, saß auf und ritt aus der Stadt. Er überquerte den North Concho River und ritt nach Süden. McBrian ließ das Pferd traben. Und so erreichte er nach etwas über einer Stunde die Randall Ranch.
Vor dem Haupthaus zügelte der Sheriff das Pferd. Er schaute sich um. Die Pferde im Corral verrieten, dass die Ranch nicht verwaist war. McBrian saß ab. Er schlang den Zügel lose um den Haltebalken. Da trat Link Randall aus dem Ranchhaus. Seine Brauen waren finster zusammengeschoben. Offensichtlich bereitete ihm der Besuch des Sheriff nicht viel Freude. "Sie, McBrian?" Link ging bis zum Geländer und legte seine Hände auf die von Wind, Sonne und Regen glattgeschliffene Querstange. "Was treibt sie her?"
Links Gesicht trug noch deutliche Spuren der Fäuste Jonathans. Der Sheriff sah blauschwarze Blutergüsse und einige kleine Platzwunden, die zwischenzeitlich verschorft waren. Sein linkes Auge war dunkel unterlaufen und fast zugeschwollen.
"Deine Freunde haben Jonathan brutal zusammengeschlagen, Link", sagte der Sheriff grollend. "Ich denke, du weißt Bescheid."
"Ja, ich weiß Bescheid, McBrian. Jonathan hat es sich selber zuzuschreiben. Er kam auf die Ranch und forderte meine Freunde auf, zu verschwinden. Dann schlug er mich zusammen. Jonathan hat nur bekommen, was er verdient hat. Ich hoffe, es war ihm eine Lehre und er verschwindet wieder."
"Ich habe schon seit längerer Zeit ein Auge auf dich und deine Kumpane geworfen, Link", knurrte der Sheriff. "Wovon lebt ihr, nachdem ihr die Ranch nicht bewirtschaftet? Die Rinder haben sich nach und nach auf den benachbarten Weidegründen verlaufen. Einen großen Teil hast du verkauft. Ihr seid oft wochenlang verschwunden. Es gefällt mir nicht, Link."
"Das ist ein freies Land, Sheriff", versetzte Link und grinste schief. "Und wir sind freie Männer, die reiten können, wohin sie wollen."
"Wo sind deine Freunde überhaupt?"
"Wir sind hier", erklang es hinter dem Sheriff.
McBrian drehte sich um. Zwei der Kerle waren aus dem Bunkhouse getreten. Einer stand an einem der Fenster. Von den beiden anderen war nichts zu sehen. "Sie sind Dalton, nicht wahr?", fragte der Sheriff und schaute dabei einen großen, hageren Burschen an.
"Jesse Dalton – sehr richtig. Was gefällt Ihnen denn nicht daran, dass wir hin und wieder mal die Ranch für einige Zeit verlassen?"
"Um Ihnen Rede und Antwort zu stehen, bin ich nicht hier, Dalton. Sie und Ihre vier Freunde haben Jonathan Randall halb tot geschlagen. Das Gesetz sieht darin einen Straftatbestand. Warum sind Sie zu fünft über Randall hergefallen?"
"Wir haben ihn auf seine richtige Größe zurechtgestutzt, Sheriff. Er hatte sich ein Paar Stiefel angezogen, die ihm zu groß waren. Es war so etwas wie die Aufforderung an ihn, sehr schnell wieder aus dem Landstrich zu verschwinden."
Jetzt traten zwei weitere Männer aus der Mannschaftsunterkunft. Ihre Haare standen ein wenig wirr vom Kopf ab. Zeichen dafür, dass sie auf ihren Bunks gelegen hatten. Einer der beiden rief: "Sie wollen uns doch nicht etwa zur Rechenschaft ziehen, weil wir Randall ein wenig in die Mangel genommen haben? Das wäre ziemlich vermessen, Sternschlepper."
Langsam kam der Sprecher auf McBrian zu. Bei jedem seiner Schritte streifte sein Handgelenk den abstehenden Knauf des Revolvers, den er tief am linken Oberschenkel trug.
"Doch", erwiderte McBrian furchtlos, "ihr werdet dafür zur Rechenschaft gezogen. Wir leben zwar in einem freien Land, wie Link schon richtig bemerkte, doch endet die Freiheit des einzelnen dort, wo die Rechte und die Freiheit anderer beschnitten werden. – Link hat gewissermaßen zugegeben, dass ihr zu fünft über Jonathan Randall hergefallen seid. Das ist schwere Körperverletzung. Darauf steht Gefängnis. Ich werde also eine Strafanzeige schreiben und sie dem Friedensrichter vorlegen. Ihr werdet dann eine Vorladung erhalten, die ich euch persönlich vorbeibringen werde."
"Du wirst den Teufel tun, Sheriff", stieß Hank Dodson hervor, ein rothaariger Bursche mit sonnensprossigem, rattenhaften Gesicht. Seine Rechte lag auf dem Griff des Revolvers. In seinen Augen zeigte sich ein heimtückisches Schillern.
"Wollen Sie es verhindern?" Auch die Hand des Sheriffs legte sich auf den Coltknauf.
Die Situation begann sich zuzuspitzen. Hier entwickelte sich etwas, das für den Sheriff gefährlich werden konnte...
*
Der Hauch einer jähen, tödlichen Gefahr sprang ihn an. Ein unsichtbarer Strom von Härte und Brutalität ging von den Kerlen aus. Sie belauerten den Sheriff wie ein Rudel hungriger, blutrünstiger Wölfe.
Niemand sprach ein Wort. Dieses Schweigen konnte nicht über die erwartungsvolle, drohende Spannung hinwegtäuschen, die zwischen den Gebäuden der Ranch hing.
"Du solltest mal in dich gehen und dir ein paar Gedanken machen, Link", knurrte McBrian. "Zusammen mit deinem Bruder könntest du aus der Ranch wieder etwas machen. Jonathan hat das Zeug dazu, er ist aus dem gleichen Holz wie Old Amos geschnitzt. Solange du dich aber mit Kerlen wie denen abgibst..." Der Sheriff zuckte mit den Achseln und griff mit der linken Hand nach dem Sattelhorn, den linken Fuß stellte er in den Steigbügel.
"Stopp!", fauchte Jesse Dalton. "Habe ich Sie richtig verstanden, Sheriff? Sie halten uns für Abschaum, für Gesindel..."
"Ihr habt zumindest keinen guten Einfluss auf Link." Mit dem letzten Wort zog sich McBrian in den Sattel. Er angelte sich die Zügel.
"Wir lassen uns nicht beleidigen", knirschte Dalton. "Auch nicht von einem, der einen Stern mit sich herumschleppt. Steig ab, Sheriff, oder müssen wir dich vom Pferd holen? Wir werden..."
Plötzlich ging alles blitzschnell. Der Sheriff zog seinen Colt. Er fühlte sich bedroht und wollte sich mit dem Sechsschüsser in der Faust durchsetzen. Das missverstanden jedoch der rattenhafte Hank Dodson, Price Sherman und Jim Snyder. Auch sie rissen die Revolver heraus. Die Waffen brüllten auf. Der Oberkörper des Sheriffs pendelte zurück, das Pferd machte einen erschreckten Satz zur Seite, McBrian stürzte aus dem Sattel und krachte auf den Boden. Staub schlug unter seinem Körper auseinander. Seine Finger verkrallten sich im Boden. Er versuchte noch einmal, den Kopf zu heben, doch ihm fehlte die Kraft dazu. Sein Gesicht fiel in den Staub.
Die Schüsse waren verklungen. Pulverdampf wölkte. Aus den Revolvern der drei Kerle kräuselen dünne Rauchfäden. Ohne die Spur einer Gemütsregung starrten sie auf den reglosen Körper des Sheriffs.
"O verdammt!", murmelte Link Randall. "Musste das sein?" Er tauchte unter dem Verandageländer hindurch und sprang in den Hof. Dann drehte er den Sheriff auf den Rücken und beugte sich über ihn.
Dodson, Sherman und Snyder stießen ihre Revolver in die Holster. Langsam schlenderten sie näher.
"Er lebt noch", murmelte Link. "Er hat eine Kugel in der Brust und eine in der Schulter. Wir müssen ihn in die Stadt bringen, sonst verblutet er."
"Du bist wohl verrückt", sagte Jesse Dalton. "Ein Sheriff, der zwei oder drei Kugeln im Leib hat, wirft Fragen auf. Wahrscheinlich überlebt er den Weg in die Stadt überhaupt nicht. Wir legen ihn auf seinen Gaul. Das Tier wird ihn schon in die Stadt bringen. Wir aber sollten verschwinden. Wegen dieses alten Narren will ich nicht am Galgen baumeln."
"Jesse hat Recht", pflichtete Jim Snyder seinem Kumpan bei. "Ein toter Sheriff bringt wahrscheinlich einen US-Marshal auf den Plan. Mit diesen Kerlen aber ist nicht gut Kirschen essen. Verschwinden wir."
"Ich bringe McBrian in die Stadt", murmelte Link Randall. "Ich kann ihn nicht einfach seinem Schicksal überlassen. Wenn er zum Doc gebracht wird, hat er eine Chance. Wenn wir ihn einfach auf sein Pferd legen und es dem Tier überlassen, ob es ihn die Stadt bringt, stirbt er."
"Weißt du, was los ist, wenn der Mob in der Stadt verrückt spielt?", schnappte Steve Dalton.
"Das ist mir egal. Ich bringe McBrian in die Stadt."
"Dann geh zur Hölle, Link. Hoffentlich bereust du es nicht." Jesse Dalton sprach es, schwang herum und ging zum Corral. Dodson, Sherman, Snyder und sein Bruder Steve folgten ihm.
Link Randall schien einen Augenblick lang unschlüssig zu sein. Dann gab er sich einen Ruck. Er ging zu einem der Schuppen, öffnete ihn und zog gleich drauf einen leichten Ranchwagen ins Freie. Dann ging er ins Haus und holte ein paar Decken, die er auf der Ladefläche des Fuhrwerks auseinanderbreitete. Es kostete ihm Mühe, die schlaffe Gestalt des Sheriffs hochzuheben und auf den Wagen zu legen. Aber Link schaffte es. Er holte sein Pferd und spannte es vor das Fuhrwerk. Das Pferd des Sheriffs band er hinten an den Wagen. Dann stieg er auf den Wagenbock und angelte sich die Zügel.
Seine Kumpane hatten ihre Pferde gesattelt und gezäumt. Jesse Dalton saß auf und ritt zu Link hin, der ihn abwartend fixierte. Dalton sagte: "Wir reiten nach Westen, um bei El Paso über die Grenze nach Mexiko zu gehen. Wenn du willst, warten wir in El Paso auf dich."
Link Randall nickte. "Ja, wartet auf mich. Ich komme nach. Es kann nicht schaden, für einige Zeit nach Mexiko zu verschwinden."
"Wir warten aber nicht länger als drei Tage", erklärte Dalton.
Dann ritten sie davon. Link blickte ihnen hinterher, bis sie über einer Bodenwelle aus seinem Blickfeld verschwanden. Dann ließ er die Zügel auf den Rücken des Pferdes klatschen. Das Tier zog an. Die Räder des Fuhrwerks begannen sich mahlend zu drehen...
*
Es ging auf Mittag zu, als Link Randall die Stadt erreichte. Er hielt vor dem Sheriff's Office an. Einige Menschen kamen näher. Sie sahen den Sheriff auf der Ladefläche liegen und ihnen entging nicht das Blut, das das Hemd McBrians dunkel gefärbt hatte. Jemand holte den Arzt. Er bat Link, den Verwundeten zu seinem Haus zu fahren.
"Ich muss operieren", gab der Doc zu verstehen. "Großer Gott, Jack ist dem Tod näher als dem Leben."
Es ging wie ein Lauffeuer durch Sterling City, dass der Sheriff niedergeschossen worden war. Und die Nachricht wurde auch Betty McBrian und Sarah überbracht. Mutter und Tochter begaben sich sofort ins Haus des Arztes.
Jonathan hielt nichts mehr im Bett. Er erhob sich und kleidete sich an. Jede Bewegung, die er machte, war mir bohrenden und ziehenden Schmerzen verbunden. Aber er biss die Zähne zusammen und versuchte den Schmerz zu überwinden. Dennoch konnte er nicht verhindern, dass sich ihm hin und wieder ein gequälter Laut entrang.
Zuletzt legte er sich den Revolvergurt um die Hüften und schloss ihn. Dann verließ er das Haus.
Jeder Schritt, jeder Atemzug war eine Qual. Der Schmerz wehte wie ein heißer Wind durch sein Bewusstsein. Er bewegte sich steifbeinig. Doch er erreichte das Haus des Arztes. Dort erfuhr er, dass sein Bruder Link den Sheriff in die Stadt gebracht hatte und dass sich Link in den Saloon begeben habe...
Link lehnte am Tresen. Er trank ein Bier. Etwa ein Dutzend Männer hielten sich im Schankraum auf. Dumpfes Stimmengemurmel hing in der Luft. Niemand wusste etwas genaues. Keiner wagte es, Link zu fragen, was sich zugetragen hatte.
Schlagartig wurde es ruhig, als Jonathan den Saloon betrat. Knarrend und quietschend schlugen die Türpendel hinter ihm aus. Er machte zwei Schritte und blieb dann stehen.
Link wandte sich langsam um. Er maß seinen Bruder von oben bis unten, dann sagte er mit klarer, präziser Stimme: "Es waren Dodson, Sherman und Snyder. Sie haben McBrian niedergeschossen. Ich wollte das nicht. Aber ich konnte es auch nicht verhindern. McBrian griff zuerst zum Revolver."
"Wo sind deine Freunde jetzt?", fragte Jonathan.
"Sie haben die Gegend verlassen."
"Was ist mit dir, Bruder?"
"Ich werde ihnen folgen. Es sind – wie du schon sagtest - meine Freunde."
"Es sind skrupellose Schläger und Schießer. Wenn der Sheriff stirbt, sind Dodson, Sherman und Snyder reif für den Galgen. Wohin sind sie geritten?"
"Das verrate ich dir nicht."
"Du bist nicht der kaltschnäuzige, unverfrorene Bursche, als den du dich ausgibst, kleiner Bruder. In dir steckt noch ein guter Kern. Ich sehe es daran, dass du McBrian in die Stadt gebracht hast. Du stehst sozusagen an einem Scheideweg. Entscheide dich nicht für deine Freunde. Es sind Banditen, die eines Tages am Strick oder durch eine Kugel enden. Bau mit mir die Ranch wieder auf, Link. Ich denke, dass wir beide gut miteinander auskommen werden."
"Keine Chance, Jonathan. Ich folge meinen Freunden. Wir gehen nach Mexiko. Du kannst die Ranch haben, Jonathan. Werde glücklich mit ihr."
"Ehe ich beginne, die Ranch wieder auf Vordermann zu bringen, will ich Calem suchen. Der Tod unseres Vaters darf nicht ungesühnt bleiben."
"Es war ein Unfall."
"Nein. Als Calem den Revolver in die Hand nahm und ihn auf Vater richtete, war er entschlossen, zu schießen. Er wollte Geld. Dad wehrte sich. Es war Mord, Link. Raubmord!"
"Denk, was du willst, Jonathan. Calem treibt sich sonstwo herum. Wie willst du ihn jemals finden? Es ist die Suche nach der Stecknadel im Heuhaufen." Link grinste herablassend.