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"Ab heute fremd"? Einige werden sich fragen: Wer, wie, was, warum? Doch Ahne ist angekommen im 21. Jahrhundert, und er möchte so schnell wie möglich weiter ins 22. Jahrhundert. Das aber geht (noch) nicht, denn die Technik ist da noch nicht so weit. Schade eigentlich. Ist es deshalb nun ein technikkritisches Buch geworden? Jein! Es ist überhaupt ein kritisches Buch geworden. Es kritisiert alles und jeden und gibt ganz nebenbei auch Antworten. Dazu benötigt es allerdings weit über hundert Seiten gefüllt mit Kurzgeschichten, Zwiegesprächen mit Gott und Strichzeichnungen.
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Seitenzahl: 176
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Verlag Voland & Quist GmbH, Dresden und Leipzig, 2016
© by Verlag Voland & Quist GmbH
Korrektorat: Annegret Schenkel
Illustrationen: Ahne
Umschlaggestaltung: HawaiiF3
Satz: Fred Uhde
E-Book: eScriptum, Berlin
ISBN: 978-3-86391-140-9
www.voland-quist.de
Sie kennen mich vielleicht noch aus den Standardwerken Was war eigentlich morgen und Wieder kein Roman. Schlüppi, mein Name. Oder auch Prof. Stefan Passner. Ich schreibe Vorwörter, also als Hobby. Normalerweise bin ich ja Astrophysiker an der Universität Zella-Mehlis, derzeit aber freigestellt, im Sabbat-Jahr, weil ich mich nicht so fühle, Ziegenpeter vielleicht. Für Ahne schreibe ich dieses Vorwort, weil ich ihn kenne, bereits seit … zig Jahren. Wir haben gemeinsam Kondome aufgepustet und damit gegen die Umweltzerstörung in der DDR protestiert, was damals ziemlich heikel war, ihr erinnert euch. Nun hat er also wieder ein Buch geschrieben, sein drittes bereits, also jedenfalls habe ich drei gelesen, also angefangen zu lesen. Lesen ist ja eigentlich nicht so mein Ding, ich gucke lieber aus dem Fenster oder Filme, deshalb weiß ich jetzt auch nicht so richtig, was hier überhaupt drinsteht. Ist aber bestimmt gut.
Wenn ich mal was anderes sagen darf, der neue Star-Wars-Film, ja, der hat mich voll vom Sessel geboxt. Alter! Der Hammer!!! Besonders die eine Stelle, wo der mit der Fellfresse diesem Gnom da so dermaßen eine reinzwirbelt, dass der durch den gesamten Saloon fliegt. Bretter! Direkt in die Vitrine! Eine Referenz an Bud Spencer und Terence Hill, klar. Davon wimmelt es ja in dem Film. Ich hab mal zu meinem anderen Freund, Andreas Dresen, ja, zu dem hab ich mal gesagt: »Dresen, mach doch mal so einen Film!« Aber kann er nicht, hat er gesagt. Kein Geld. Deutschland hat kein Geld. Deswegen müssen in den deutschen Filmen immer alle so traurig gucken und Krebs haben oder mit einer Flasche Schnaps am Tisch sitzen, aber niemals fliegt jemand in die Glasvitrine; oder Raumschiffe, ja, kennt jemand einen deutschen Film, wo mal ein Raumschiff landet? Also ein richtiges Raumschiff, nicht so ein Spaßraumschiff. Gibt es nicht. Wenn mal in einem deutschen Film ein Raumschiff landet, ist das immer ein Spaßraumschiff, und Udo Lindenberg steigt aus. Ha, ha, ha! Selten so gelacht. Den deutschen Film kann man einfach nicht ernst nehmen. Gut. Musste mal gesagt werden. Viel Spaß mit dem Buch hier. Ab heute fremd. Na, hoffentlich wird der nicht auch so’n trübsinniger Onkel jetzt. Tschüss.
Ihr Stefan »Schlüppi« Passner
Mit der Erinnerung ist es ja immer so eine Sache. Oft denkt man, man würde sich genau an etwas erinnern, dabei sind es nur die Erzählungen der anderen, die einem in den Sinn kommen.
Ich bin kein Gründungsmitglied der Reformbühne Heim & Welt, gegründet wurde die Lesebühne bereits im Januar 1995. Im Februar desselben Jahres sprach mich Falko Hennig an, ob ich nicht mitkommen wolle zu einer Lesereihe, die ein paar Leute jeden Sonntagnachmittag im Berliner Schokoladen veranstalteten. Ich würde doch auch ab und zu mal was schreiben, und er wolle sich da eben beteiligen, wolle es einfach ausprobieren, wie das so sei. Ich war 27 damals, hatte Zeit und machte eigentlich jeden Scheiß mit. Wir lebten in zwei besetzten Häusern nebeneinander, die eng verbunden waren, tranken dort Bier und freuten uns der Möglichkeiten, die man als verantwortungsloser Junggeselle im real existierenden, aber noch nicht voll funktionierenden Kapitalismus der Nachwendezeit besaß. Punk war mein Erweckungserlebnis. Kannst du nicht wirklich singen, kannst du nicht wirklich schreiben, kannst du alles nicht wirklich, was hindert dich daran, es zu tun? Also hakte ich mich unter und wir gingen gemeinsam dorthin. Im Schokoladen wurden wir begeistert aufgenommen. Das heißt, wir sollten uns auf zwei separate Stühle an der Wand setzen, während die Stammmitglieder um einen Tisch herum auf der Bühne Platz nahmen. Wir würden schon aufgerufen werden, wenn wir dran seien, hieß es. Was ich las, weiß ich nicht mehr, sicherlich irgendetwas mit umherschwirrenden Untertassen, die Blut saugten, oder einer Nazi-Oma oder sprechenden Blumen, doch ich trug es voller Inbrunst vor. Als sich der Raum leerte, waren wir beide vollwertige Mitglieder und sollten ab sofort jede Woche mindestens zwei neue Beiträge zustande bringen. Das mussten nicht zwangsläufig Geschichten sein, auch Lieder, Gedichte, Rätsel, Zaubertricks, Agitation und Propaganda waren gefragt sowie Mitmachspielchen. Hauptsache, es langweilte nicht. Natürlich langweilte es doch ab und zu einige, manchmal auch alle, das aber glichen wir geschickt durch exzessiven Konsum von Alkohol und befreundeten Rauschmitteln wieder aus. Wir waren dem Publikum nicht gerade Vorbild, was das Benehmen während des Auftrittes unserer Kollegen anging, riefen oft Dinge dazwischen, quatschten untereinander, kippelten oder warfen Bierflaschen um. Wir waren sehr lustig, und wir waren sehr klug, alles wussten wir besser, wir waren wahnsinnig wichtige Wurstwesen. Wir konnten sie durchschauen, die heuchelnden Politiker, die halbseidenen Lügenmedien, die altbackenen Künstler. »Schafft eins, zwei, viele Reformbühnen«, riefen wir oder lallten es, je nachdem, wie fortgeschritten der Abend war, denn wir hatten die Reformbühne mittlerweile auf den Sonntagabend verlegt, 20.15 Uhr, direkt nach der Tagesschau, welche wir auf einem kleinen Taschenfernseher vorher Revue passieren ließen.
Ich lebte damals von Sonntag zu Sonntag, freute mich wie ein Kind, war ja auch ein Kind, bin ein Kind geblieben, ein Kind, was selber drei Kinder hat, von denen zwei mittlerweile ausgezogen sind. Also nicht nackt, sondern in Wohnungen, andere Wohnungen. Privatangelegenheit. Aber das war und ist es eben auch! Das Private ist politisch und damit relevant für alle!
Alltagskram wurde den Lesebühnen immer wieder vorgeworfen, das sei gar keine richtige Literatur. Stimmt! So, wie Rockmusik keine richtige Musik ist und moderne Maler gar nicht richtig malen können, so machen eben auch wir keine richtige Literatur. Selbst wenn wir mittlerweile zig Bücher geschrieben haben, Theaterstücke und Filme, so ehrt mich dennoch diese als Vorwurf gemeinte Aussage, auch heute noch. Denn etwas Richtiges wollte ich nie machen. Etwas Richtiges tun Menschen, die erwachsen geworden sind, die nicht mehr nach links und rechts gucken, weil sie alles bereits zu kennen glauben. Gute Zensuren und begehrte Preise sollen andere einheimsen, ich bleib auf der Suche.
Meine Mutter meinte, als sie zum ersten Mal zu Gast bei der Reformbühne Heim & Welt war, ob es nicht sein könne, dass die Leute mich alle nur auslachten? Sie will davon heute nichts mehr wissen, glaubt, da würde meine Erinnerung mich trügen, das hätte mir jemand anders erzählt. Kann schon sein, dennoch lasse ich auch in Zukunft lieber mich auslachen, als wenn die Leute nicken und direkt danach einschlafen. Is so!
A: Na Gott.
G: Na.
A: Na, hast du einklich ooch deine Haltung zu die Flüchtlinge übadacht, Gott?
G: Wieso?
A: Na, wejen die Übagriffe, da in Köln und in Hamburg und in weeßick nich, wo noch allit.
G: Grenzen dicht, meinste?
A: Nich icke, Gott, nich icke. Also, na ja, ick find, villeicht sollte man die Sache etwas behutsama anjehn.
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