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Der Inhalt: Das Handbuch vermittelt nicht nur die rechtlichen Rahmenbedingungen für Absprachen, sondern hilft auch, - Chancen und Risiken vollständig zu überblicken und richtig einzuschätzen, - Mandanten bei der richtigen Strategiewahl optimal zu beraten und - Absprachen richtig anzubahnen und umzusetzen, um bestmögliche Ergebnisse für den Mandanten zu erreichen. Dabei wird auch auf die grundlegende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu den Absprachen im Strafprozess und zahlreiche weitere jüngst hierzu ergangene Entscheidungen eingegangen. Auf typische Fehler und Risiken wird hingewiesen, erprobte Strategien werden vorgestellt, mögliche Szenarien entwickelt. Die oft vom Verteidiger vernachlässigten, für den Mandanten aber vielfach sehr erheblichen berufsrechtlichen (z.B. Beamten- oder Arztrecht) oder zivilrechtlichen Folgen bei Absprachen werden eingehend behandelt. Das Werk ist in erster Auflage unter dem Titel "Konsensuale Verfahrensweisen im Wirtschafts- und Steuerstrafrecht" erschienen; ab der zweiten Auflage wird auch auf die übrigen Strafverfahren eingegangen.
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Absprachen im Strafprozess
von
Dr. Dirk Sauer
Rechtsanwalt in MannheimFachanwalt für Strafrecht
und
Dr. Sebastian Münkel
Rechtsanwalt in Mannheim
2., völlig neu bearbeitete und erweiterte Auflage
eine Marke der Verlagsgruppe Hüthig Jehle Rehm GmbH
www.cfmueller.de
Absprachen im Strafprozess › Herausgeber
Praxis der Strafverteidigung
Band 37
Begründet von
Rechtsanwalt Dr. Josef Augstein (†), Hannover (bis 1984)
Rechtsanwalt Prof. Dr. Werner Beulke, Passau
Prof. Dr. Hans-Ludwig Schreiber, Göttingen (bis 2008)
Herausgegeben von
Rechtsanwalt Prof. Dr. Werner Beulke, Passau
Rechtsanwalt Prof. Dr. Dr. Alexander Ignor, Berlin
Schriftleitung
Rechtsanwalt[1] Dr. Felix Ruhmannseder, Wien
RAK OLG-Bezirk München
Absprachen im Strafprozess › Autoren
Dr. Dirk Sauer ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht in Mannheim.Kontakt: [email protected]
Dr. Sebastian Münkel ist Rechtsanwalt in Mannheim.Kontakt: [email protected]
Impressum
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Vorwort der Herausgeber
Das vorliegende Buch ist eine vollständige Neubearbeitung des im Jahre 2008 in der Reihe Praxis der Strafverteidigung erschienenen Bandes „Konsensuale Verfahrensweisen im Wirtschafts- und Steuerstrafrecht“. Seither hat sich insbesondere im Bereich der Urteilsabsprache viel getan. Eine umfassende Überarbeitung des Werkes tat not und sie kommt nun zur rechten Zeit.
Im Jahre 2009 ist das Gesetz zur Regelung der Verständigung im Strafverfahren in Kraft getreten. Am 19. März 2013 hat das Bundesverfassungsgericht über dessen Verfassungsmäßigkeit entschieden und hierbei eine Vielzahl von Vorgaben für eine verfassungsgemäße Anwendung gemacht. Schon aufgrund des Gesetzes selbst und verstärkt nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts hat der Bundesgerichthof in Strafsachen eine rege Rechtsprechungstätigkeit zu § 257c StPO und wichtigen Begleitvorschriften wie § 243 Abs. 4 und § 273 Abs. 1a StPO entfaltet. Der Praktiker ist gut beraten, diese zu beachten. Für sog. informelle Verständigungen, wie sie jahrelang – zur Empörung des Bundesverfassungsgerichts – gang und gäbe waren, besteht kein Raum mehr.
Die vorliegende Neubearbeitung bietet eine vorzügliche Einführung in die neugeschaffene Rechtslage, auf die sie sich indes nicht beschränkt. Im Teil 2 präsentieren die Verfasser eine instruktive Übersicht über die rechtlichen Möglichkeiten verfahrensbeendigender Verständigungen jenseits der vom Gesetzgeber als „Verständigung“ bezeichneten Urteilsabsprache, von denen in der Praxis häufig Gebrauch gemacht wird.
Im Zentrum des Buches (Teil 3) steht allerdings zu Recht die Erläuterung der Regelungen des Verständigungsgesetzes, insbesondere des § 257c StPO, und der hierzu ergangenen neueren Rechtsprechung. Die besondere Qualität der Darstellung besteht in ihrer Problemorientierung, die dem aufmerksamen Leser hilft, die spezifischen Schwierigkeiten und Gefahren einer Verständigung zu erkennen und damit umzugehen. Von Seiten der Praktiker hört man neuerdings häufiger die Klage, Verständigungen seien so schwierig geworden, dass man besser davon absehe. Das dürfte ein bisschen übertrieben sein. Das vorliegende Buch zeigt, wie es richtig geht.
Eine verantwortungsvolle Verständigung erfordert nicht nur eine gute Kenntnis der verfahrensrechtlichen Vorschriften, sondern insbesondere auch der insoweit relevanten Strafzumessungsregelungen und der häufig damit einhergehenden außerstrafrechtlichen Rechtsfolgen, denen sich die Verfasser im Weiteren zuwenden (Teil 4). Dass konsensuale Verfahrensweisen auch bei einzelnen Maßnahmen und Entscheidungen während des laufenden Strafverfahrens in Betracht kommen, erläutert Teil 5. Erfahrungsbasierte Handlungsempfehlungen für die praktische Durchführung von Verständigungen runden das Werk ab (Teil 6).
Die Verfasser des Bandes, die Rechtsanwälte Dirk Sauer und Sebastian Münkel, sind sowohl erfahrene Praktiker wie auch reflektierte Dogmatiker des Straf- und Strafprozessrechts. Sie haben sich mit ihrem Werk einem der schwierigsten und zugleich bedeutendsten Problemfelder des gegenwärtigen Strafprozessrechts gewidmet und ein Werk geschaffen, das es dem Praktiker ermöglicht, sich darin gut zurecht zu finden. Dafür sei ihnen herzlich gedankt.
Im September 2014
Passau
Werner Beulke
Berlin
Alexander Ignor
Vorwort der Verfasser
Der vorliegende Text ist aus dem in derselben Reihe im Jahr 2008 erschienenen Werk „Konsensuale Verfahrensweisen im Wirtschafts- und Steuerstrafrecht“ hervorgegangen. Schon aus dem neuen Titel ist die erste wesentliche Neuerung ersichtlich: Die Beschränkung auf das Wirtschafts- und Steuerstrafrecht ist aufgegeben. Der zentrale Grund dafür besteht darin, dass bekanntlich die Regelung der Absprache im Strafprozess mittlerweile Eingang in die StPO gefunden hat. Damit erschien es angezeigt, auch die Urteilsabsprache ganz allgemein und nicht mehr nur bereichsweise als gesetzlich geregelte Verfahrensweise im deutschen Strafprozess anzusehen. Da die anderen von uns als „konsensual“ bezeichneten, in der StPO vorgesehenen Arten der Verfahrenserledigung, namentlich § 153a StPO und das Strafbefehlsverfahren, ohnehin seit jeher gerade in der Praxis ein wesentlich breiteres Anwendungsfeld hatten als nur das Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, ist damit jede denkbare Rechtfertigung für die Beschränkung auf dieses spezielle Gebiet des Strafrechts weggefallen.
Mit der Einführung der Urteilsabsprache in die StPO ändert sich naturgemäß auch die Sicht, die jedenfalls der praktisch tätige Strafjurist auf die Rolle des Konsenses im deutschen Strafverfahren hat oder jedenfalls haben sollte. Konnte man früher immerhin noch darüber streiten, ob es so etwas wie eine Urteilsabsprache überhaupt legaler- oder legitimerweise geben darf,[1] so kann man heute die Absprache im Strafprozess in diesem Sinne zwar noch als Indiz für den Verfall der Rechtskultur ansehen und insgesamt zum Teufel wünschen. Das gilt aber für andere Regelungskomplexe der StPO, beispielsweise das Strafbefehlsverfahren oder die §§ 153 ff StPO ebenso. Nicht mehr aufrecht zu erhalten ist indes die Behauptung, die Urteilsabsprache sei mit der StPO in ihrem aktuellen Zustand unvereinbar. Auch ihre durchgehende Verfassungswidrigkeit hat das BVerfG in seiner Entscheidung vom 19. März 2013[2] gerade nicht festgestellt. Also geht es jetzt endgültig nur noch darum, die neu eingeführten Regelungen zu interpretieren und auftretende Auslegungs- und Anwendungsprobleme vertretbaren Lösungen zuzuführen.
Damit verschiebt sich im Vergleich zu dem früheren Werk die Schwerpunktsetzung der Darstellung in nicht unerheblicher Weise. Der damals ausführlich behandelte „Streit um die Urteilsabsprache“ taucht jetzt nur noch in verkürzter Form als recht knappe Auseinandersetzung mit der seit Inkrafttreten der gesetzlichen Regelung insbesondere von Seiten der Rechtswissenschaft, aber auch von namhaften Vertretern der Justiz weiter geübten Grundsatzkritik auf. Dafür werden diejenigen gesetzlichen Vorschriften, die im Zuge der Regelung der Urteilsabsprache neu in die StPO eingeführt oder in der StPO neu gefasst wurden, ausführlich vorgestellt und erläutert. Dies umfasst auch eine eingehende Befassung mit der seit der Gesetzesnovelle veröffentlichten Literatur und vor allem der bereits heute außerordentlich umfangreichen Judikatur, die zu den neuen Vorschriften mittlerweile (Stand Juli 2014) vorliegt. Die gesetzliche Regelung hat ersichtlich ihrerseits in nicht geringem Maße neuen Klärungsbedarf geschaffen, mit dessen Bewältigung die Revisionsgerichte nun beschäftigt sind.
Mit der thematischen Erweiterung auf das gesamte Strafrecht wie auch dem Einbau einer kommentarartigen Darstellung der neuen Gesetzeslage war ein erheblich gestiegener Bearbeitungsaufwand verbunden. Dem ist vor allem dadurch Rechnung getragen worden, dass der vorliegende, stark überarbeitete Text nunmehr ein Gemeinschaftswerk darstellt. Wir haben die Struktur des Vorgängerwerks überdacht, von uns für erhaltenswert Erachtetes erhalten, und zugleich, wo aus unserer Sicht erforderlich, Kürzungen vorgenommen. Auf der anderen Seite haben wir gänzlich neue Passagen in das Buch eingefügt. Die alte dreiteilige Darstellung ist schon aufgrund des Wegfalls der rechtsdogmatischen Beschäftigung mit der Fundamentalkritik nicht mehr aufrechterhalten worden, stattdessen befassen sich nun, grob skizziert, die ersten drei Teile mit der veränderten strafprozessualen Rechtslage, die Teile vier und fünf mit den stets zu bedenkenden rechtlichen und außerrechtlichen Folgen, die konsensuale Verfahrensweisen, insbesondere Verfahrenserledigungen, im Strafprozess haben können und die mithin in der Beratungspraxis bedacht werden müssen, und als Teil sechs finden sich in komprimierter Form die Praxishinweise, die früher den dritten Teil der Darstellung ausgemacht haben. Schwerpunktmäßig hat sich dabei Sebastian Münkel auf die Neufassung der Teile vier und fünf konzentriert, während Dirk Sauer als Berichterstatter für die ersten drei Teile, also auch die Überarbeitung der Neuregelung in der StPO, fungiert hat.
Unverändert geblieben ist die konsens-freundliche Grundhaltung, die bereits im Vorwort des 2008 erschienen Vorgängers vertreten worden war[3]. Der deutsche Strafprozess ist nicht generell konsensfeindlich und er war es auch nie. Die Urteilsabsprache stellt nur eine, aber bei weitem nicht die einzige und nicht einmal unbedingt die bedeutendste Möglichkeit der konsensualen Verfahrensbeendigung dar. Für den seriösen Praktiker lag schon immer und liegt unzweifelhaft jedenfalls seit Übernahme der Urteilsabsprache in die StPO das eigentliche Problem nicht in der Frage, ob er von Gesetzes wegen berechtigt ist, im Einvernehmen mit allen Verfahrensbeteiligten das Strafverfahren zu gestalten oder zum Abschluss zu bringen. Ihm stellen sich andere Schwierigkeiten. Zum einen muss er in jeder Lage und bei jedem Schritt immer die Folgen bedenken. Ist erst einmal irgendeiner Verfahrenshandlung zugestimmt oder ein Verfahren einvernehmlich beendet, gibt es ab einem bestimmten Punkt zumeist kein Zurück mehr, und der Mandat muss mit den Vorteilen, aber auch mit den Nachteilen leben. Die Aufgabe des Verteidigers besteht in der umfassenden Beratung des Mandanten über alle Chancen und Risiken des Strafverfahrens sowie darin, gemeinsam mit dem Mandanten einen realistischen und für ihn möglichst erträglichen Weg aus seinen Schwierigkeiten zu finden.
Die strikte Bindung an das geltende Recht ist dabei eine pure Selbstverständlichkeit. Sie liegt aber auch und gerade im wohlverstandenen Interesse des Mandanten. Das zweite Hauptproblem, das sich dem Praktiker stellt, ist nämlich nach wie vor die Rechtswirklichkeit. Eines kann sicher schon heute gesagt werden: Die Aktivität des Gesetzgebers hat nicht dazu geführt, dass der Wildwuchs, die Verlotterung der Sitten im deutschen Strafprozess, die von den Kritikern der Absprache im Strafprozess schon immer zurecht beklagt worden war, entscheidend eingedämmt worden wäre. Nach wie vor muss der Mandant davor geschützt werden, sich auf „Deals“ einzulassen, die ihm mehr schaden als nutzen und deren einziger Vorteil in einer Abkürzung des Verfahrens liegt, die aber in der Tat auf Kosten von Transparenz, Sachaufklärung und überzeugender Rechtsanwendung gehen. Der Satz aus dem Vorwort des Vorgängerwerks,[4] auch eine Aktivität des Gesetzgebers würde mutmaßlich an der Praxis nicht viel ändern, hat sich nach unserer Beobachtung bewahrheitet. Der Gesetzgeber hat nicht durchweg, aber in großen Teilen das kodifiziert, was zuvor schon nach der Rechtsprechung des BGH galt. Die Praxis, bedauerlicherweise vor allem Gerichte und Staatsanwaltschaften, scheren sich darum nach wie vor nur sehr bedingt. Damit zeigt sich erneut, dass die vor allem auf Schünemann[5] zurückgehende Fundamentalkritik, die darauf abzielte, das zu verbieten, was nach Schünemanns Auffassung ohnehin schon immer verboten war, den Kern der Sache verfehlte: Das Problem lag nicht darin, dass die vom BGH aufgestellten Grundsätze mit der StPO oder der Verfassung nicht zu vereinbaren gewesen wären, und sie liegen heute nicht in einer entsprechenden Schieflage der gesetzlichen Regelung. Wirklich wünschenswert wäre eine mit dem gleichen Furor, wie er gegen die Theorie der Absprache gerichtet war, vorgebrachte Kritik der früheren und heutigen Praxis: Die dringendste und nach wie vor ungeklärte Frage zum Thema Absprachen im Strafprozess ist diejenige, wie erreicht werden kann, dass deutsche Staatsanwaltschaften und deutsche Gerichte sich an das geltende Recht halten[6]. Hieran fehlt es, und daraus entstehen massive Akzeptanzprobleme: Wie soll ein Mandant, dem wegen der Missachtung des Rechts ein Übel in Form von Strafe zugefügt wird, dieses akzeptieren, wenn er gleichzeitig erlebt, dass die Strafverfolgungsbehörden bis hinein in die öffentliche Hauptverhandlung offen gegen das Strafprozessrecht verstoßen.[7] Das vorliegende Werk wird an mehreren Stellen auf diese Problematik zurückkommen. Es stellt insoweit auch den Versuch dar, nach der Legalisierung auch etwas zur Legitimierung der konsensualen Verfahrensweisen im deutschen Strafprozess beizutragen.
Für die Aufnahme in die Reihe „Praxis der Strafverteidigung“ sind wir erneut den Herausgebern, Herrn Prof. Dr. Werner Beulke und Herrn Prof. Dr. Dr. Alexander Ignor, verbunden. Für ihre Unterstützung danken wir wiederum unseren Sozien Annette Parsch und Dr. Thomas Nuzinger, die die Entstehung des vorliegenden Werks kritisch begleitet und mit zahlreichen, hilfreichen Hinweisen zu ihr beigetragen haben.
Im September 2014
Mannheim
Dirk Sauer
Sebastian Münkel
Vgl. zur jahrzehntelangen Diskussion ausführlich Sauer Konsensuale Verfahrensweisen im Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 1. Aufl. 2008, S. 10 ff.
Vgl. Sauer Konsensuale Verfahrensweisen im Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 1. Aufl. 2008.
Vgl. Sauer Konsensuale Verfahrensweisen im Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 1. Aufl. 2008.
Vgl. Schünemann Gutachten, passim.
Und dass Verteidiger, auch wenn sie vielfach in der schwierigsten Lage sind, nicht bei Rechtsbrüchen auch noch die Hand reichen.
Und bzw. oder sich auch um das materielle Strafrecht allenfalls sehr bedingt scheren.
Inhaltsverzeichnis
Vorwort der Herausgeber
Vorwort der Verfasser
Abkürzungsverzeichnis
Teil 1Grundlagen: Für den Konsens, gegen den „Deal“
A.Ausgangspunkt: Urteilsabsprachen nicht als Umwälzung, sondern als Ergänzung der StPO
B.Möglichkeiten konsensualer Verfahrenserledigungen im deutschen Strafprozessrecht
I.Das Strafbefehlsverfahren und §§ 153 ff. als hergebrachte Möglichkeiten konsensualer Verfahrenserledigungen
1.Hintergründe und Problematik der Vorschriften
2.Faktische Existenz konsensualer Verfahrensbeendigungen als zwingende Folge
II.Das Gesetz zur Regelung der Verständigung im Strafverfahren im Überblick
1.Entstehungsgeschichte
2.Die „großen Linien“ der Reform
C.Einordnung der Entwicklung
I.Positionsbestimmung
1.Rechtspolitik, Rechtsdogmatik, Rechtsanwendung
2.Gegenkritik
a)Vermischung von Rechtspolitik und Rechtsdogmatik
b)Rechtsdogmatik contra legem
aa)Rechtsdogmatik de lege lata!
bb)Keine höheren Anforderungen als an nicht abgesprochene Urteile
cc)Widerspruch zur Anerkennung des Strafbefehlsverfahrens
dd)Begrenzt sinnvolle Suche nach einer „Rechtsnatur“
3.Terminologie und Gang der Darstellung
II.Mutmaßliche Ursachen der Stärkung konsensualer Elemente im Strafprozess
1.Von der Vergeltung zur Prävention
2.Das „Opfer“ als Prozesssubjekt
3.Problematische Ausweitungen von Strafbarkeitsbereichen
4.Vom Strafprozess zum Meta-Verfahren
5.Zwischenfazit
III.Erste praktische Konsequenzen der Bindung an das geltende Recht
1.Kein grundsätzlicher Gegensatz zwischen Prozessrecht und Mandanteninteresse
2.Weder Wunderwaffe noch Bankrotterklärung der Verteidigung
3.Kein durchgängiger Widerspruch zwischen Konflikt und Konsens
Teil 2Verfahrensbeendigende Verständigungen jenseits der Urteilsabsprache
A.Vorbemerkungen zur Stärkung des dialogischen Elements in der StPO: §§ 160b, 202a, 212, 257b
I.Übersicht
II.Einzelheiten
1.Verfahrensbeteiligte
2.„Aktenkundig zu machen“
3.Voraussetzungen und Folgen
B.Die Ausgestaltung des Opportunitätsprinzips in der StPO im Einzelnen: §§ 153 ff.
I.Übersicht
II.Einstellung wegen Geringfügigkeit oder nach Erfüllung von Auflagen, §§ 153, 153a
1.Voraussetzungen und Mitwirkungsmöglichkeiten
a)Anwendungsbereich
b)Schuldschwere und öffentliches Interesse an der Strafverfolgung
c)Zustimmungserfordernisse
2.Hinweise zum Verfahren bei § 153a
a)Vorläufige Einstellung, Auflage und Auflagenerfüllung
b)Endgültige Einstellung
c)§ 153a und Geständnis
III.Absehen von Verfolgung und Beschränkung der Strafverfolgung nach §§ 154, 154a
IV.Exkurs: Entschädigung für erlittene Strafverfolgungsmaßnahmen nach den Bestimmungen des StrEG bei Einstellung des Verfahrens nach § 153 ff
V.Fristsetzung nach § 154d
C.Diversion im Jugendstrafrecht
I.Überblick
II.Unterschiede zwischen §§ 153, 153a und §§ 45, 47 JGG
III.Zu den einzelnen Einstellungsmöglichkeiten nach §§ 45, 47 JGG
1.Übersicht
2.Einstellung wegen Geringfügigkeit, §§ 45 Abs. 1; 47 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 JGG
3.Einstellung mit Blick auf erzieherische Maßnahmen §§ 45 Abs. 2; 47 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 JGG
4.Formloses jugendrichterliches Erziehungsverfahren §§ 45 Abs. 3, 47 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 JGG
5.Zur Rechtswirkung der Einstellung nach §§ 45, 47 JGG
IV.Konkurrenz der §§ 45, 47 JGG zu §§ 153, 153a
D.Einstellungsmöglichkeiten im Betäubungsmittelstrafrecht
I.Überblick
II.§ 31a Abs. 2 BtMG
III.§ 37 BtMG
E.Das Strafbefehlsverfahren, §§ 407 ff
I.Vorbemerkungen zu Strafbefehl und Verständigung im Strafprozess
II.Einzelfragen des Strafbefehlsverfahrens
F.Konsensuale Elemente im Recht der Ordnungswidrigkeiten
I.Überblick
II.Entscheidung über die Einspruchserhebung
III.Einstellung aus Opportunitätsgründen
1.Voraussetzungen der Einstellung nach § 47 OWiG
2.Folgen der Einstellung nach § 47 OWiG
3.Wechselwirkungen zwischen Straf- und Ordnungswidrigkeitenverfahren
G.Konsensuale Elemente im Bereich des Privatklageverfahrens
Teil 3Die Urteilsabsprache nach der Reform der StPO
A.Vorbemerkungen
B.Rückblick: Die Urteilsabsprachen in der früheren Rechtsprechung des BGH
I.Ausgangsüberlegungen
II.Formale Vorgaben
III.Inhaltliche Vorgaben
IV.Fehlerfolgen, insbesondere Revisibilität von Regelverstößen
V.Die frühere Rechtsprechung des BGH zur informellen (oder auch: gescheiterten oder einseitigen) Verständigung
VI.Die Entscheidung BGHSt 50, 40 ff. als Ausgangspunkt der Gesetzesreform
C.Das Gesetz zur Regelung der Verständigung im Strafverfahren
I.Vorbemerkungen
II.Regelungsinhalt des § 257c
1.Übersicht
2.Grundsätzliche Zulässigkeit der Verständigung, § 257c Abs. 1 Satz 1
3.Keine Einschränkung der Aufklärungspflicht, § 257c Abs. 1 Satz 2
4.Mögliche Gegenstände einer Verständigung, § 257c Abs. 2
5.Bekanntgabe des Inhalts der Verständigung, § 257c Abs. 3 Satz 1, 2
6.Einbeziehung von Staatsanwaltschaft und Angeklagtem, § 257c Abs. 3 Satz 3, Satz 4
7.Voraussetzungen und Folgen der Abweichung vom Inhalt der Verständigung, § 257c Abs. 4
8.Belehrungspflicht, § 257c Abs. 5
III.Flankierende Vorschriften
1.Vorbemerkung
2.Absicherung der Öffentlichkeit der Verständigungsgespräche: §§ 243 Abs. 4, 267 Abs. 3, Abs. 4
3.Verständigung und Protokollierungspflichten, § 273 n.F. StPO, § 78 Abs. 2 OWiG n.F
4.Verständigung und Rechtsmittel: §§ 35a, 44 Satz 2, 302 n.F
D.Die Entscheidung des BVerfG vom 19.3.2013
I.Information
1.Übersicht
2.Verfassungsrechtliche Einordnung des VerstG
3.Folgerungen im konkreten Fall
II.Interpretation
III.Eigene Position
E.Gelöste, ungelöste und neu geschaffene Rechtsprobleme der Urteilsabsprache
I.Vorüberlegungen
1.Ausgangspunkt
2.Grobsichtung: Problemschwerpunkte
II.Probleme mit dem Inhalt der Verständigung
1.Eignung des Falles, § 257c Abs. 1 Satz 1
2.Gegenstände und Inhalt der Verständigung des § 257c Abs. 2
a)Übersicht
b)Seite des Gerichts: Rechtsfolgen als Urteils- oder Beschlussgegenstand
aa)Keine Vereinbarung einer Punktstrafe
bb)Strafaussetzung zur Bewährung
cc)Weitere Einzelfragen
c)Seite des Angeklagten
aa)Einleitung
bb)„Sonstiges Prozessverhalten“
cc)Verhalten der Verteidigung als Absprachegegenstand
d)Insbesondere: Qualität des Geständnisses
e)Seite der Staatsanwaltschaft und der Nebenklage
aa)Seite der Staatsanwaltschaft
bb)Seite der Nebenklage
f)Ausdrückliche Verbote, § 257c Abs. 2 Satz 3
aa)Keine Absprache über den Schuldspruch
bb)Keine Absprache über Maßregeln der Besserung und Sicherung
III.Probleme mit dem Verfahren der Verständigung
1.Übersicht
2.Vorgaben des BVerfG zum Verfahren bei Verständigungen nach § 257c im Einzelnen
a)Übersicht
b)Verfahrensöffentlichkeit und Transparenz
c)Insbesondere: Protokollierungspflicht
d)So genannte Bindungswirkung und Belehrungspflicht
e)Verfahrensverstöße und Revision
f)Zwischenfazit
3.Das Verständigungsverfahren in der Rechtsprechung der Revisionsgerichte
a)Übersicht
b)Verfahrensöffentlichkeit und Transparenz
aa)Mitteilungspflicht des § 243 Abs. 4
bb)Insbesondere: Angabe der Strafober- und -untergrenze
c)So genannte Bindungswirkung und ihr Entfallen, § 257c Abs. 4
aa)Vorbemerkung: Irreführende Terminologie
bb)Wegfall der „Bindungswirkung“
cc)Probleme des Beweisverwertungsverbots
dd)Bindung der Staatsanwaltschaft an die Verständigung?
d)Aufnahme der Verständigung in das Urteil, § 267 Abs. 3 Satz 5
IV.Insbesondere: Verständigung und Rechtsmittel
1.Rechtsmittelverzicht und Rechtsmittelrücknahme
2.Berufung gegen abgesprochene Urteile
3.Revision gegen abgesprochene Urteile
a)Übersicht
b)Revisible Rechtsverstöße jenseits des VerstG
c)Insbesondere: Verstöße gegen Vorschriften des Verständigungsgesetzes
aa)Verstöße gegen § 257c
bb)Verfahrensöffentlichkeit und Transparenz in der Revision
d)Exkurs: Geständniswiderruf und Wiederaufnahme nach Urteilsabsprache
4.Schlussfolgerungen aus der Perspektive der Verteidigung
V.Insbesondere: Problematik der einseitigen Zusage und der informellen Verständigung
1.Problemstellung
2.Antworten der Rechtsprechung
3.Eigene Position
4.„Informelle“ Absprache und Revision
a)Problemstellung
b)Stellungnahmen der Rechtsprechung
VI.Strafbarkeitsrisiken der Beteiligung an rechtswidrigen Absprachen
VII.Probleme im Zusammenhang mit spezifischen Regelungszusammenhängen
1.Ordnungswidrigkeitenverfahren
2.Jugendstrafrecht
Teil 4Die Folgen der Verfahrensbeendigung
A.Ausgewählte Vorschriften des Strafzumessungsrechts mit Relevanz für verfahrensbeendende Absprachen im Strafprozess
I.Vorbemerkungen
II.Einzelfragen
1.Strafaussetzung zur Bewährung, § 56 StGB
2.Geldstrafe, §§ 40 ff. StGB
3.Kombination von Geldstrafe und Freiheitsstrafe, §§ 41, 53 Abs. 2 Satz 2 StGB
4.Verwarnung mit Strafvorbehalt, § 59 StGB
5.Täter-Opfer-Ausgleich, § 46a StGB
6.Berufsverbot und Verfall, §§ 70, 73 StGB
7.Aufklärungs- bzw. Präventionshilfe (§ 46b StGB)
8.Besonderheiten im Betäubungsmittelstrafrecht
9.Fahrverbot, § 44 StGB
B.Außerstrafrechtliche Folgen von Strafverfahren
I.Übersicht
II.Folgen von Strafverfahren für die Berufsausübung
1.Wirtschaftsrecht
a)Gewerbeuntersagung nach § 35 GewO
b)Ungeeignetheit für Organstellungen, § 6 Abs. 2 Satz 2 GmbHG, § 76 Abs. 3 Satz 2 AktG
2.Insbesondere: Bankrecht
3.Recht der freien Berufe
4.Insbesondere: Arztrecht
a)Übersicht
b)Drohendes Einschreiten der Kassenärztlichen Vereinigungen
c)Drohendes Einschreiten der Approbationsbehörden
d)Drohen des berufsgerichtlichen Verfahrens
e)Fazit
5.Beamtenrecht
III.Folgen von Strafverfahren außerhalb der Berufsausübung
1.Überblick
2.Waffenrecht
a)Überblick
b)Zwingende Unzuverlässigkeit (§ 5 Abs. 1 WaffG)
c)Regel-Unzuverlässigkeit
3.Jagdrecht
4.Aufenthaltsrecht
a)Überblick
b)Vorab: Sonderregelung für EU-Ausländer: Freizügigkeitsgesetz/EU
c)Die zwingende Ausweisung (§ 53 AufenthG)
d)Die Regelausweisung (§ 54 AufenthG)
e)Die Ermessensausweisung (§ 55 AufenthG)
f)Besonderer Ausweisungsschutz (§ 56 AufenthG)
IV.Gesetzliche Regelungen zum Umgang mit Informationen aus dem Strafverfahren
1.Vorbemerkungen
2.Einzelfragen
V.Steuerstrafverfahren und Besteuerungsverfahren
1.Vorbemerkung: Zusätzliche steuerliche Belastungen in Folge von Steuerstraftaten
2.Steuer- und steuerstrafrechtliche Schätzungen
a)Ausgangspunkt: Fehlende oder unzureichende Mitwirkung an der Besteuerung
b)Konsequenz: Durchführung steuerlicher Schätzungen
c)Rückwirkungen auf das Strafverfahren?
3.Strafprozessuale und tatsächliche Verständigung
VI.Zusammenfassung
Teil 5Konsensuale Verfahrensweisen bei einzelnen Maßnahmen und Entscheidungen während des laufenden Strafverfahrens
A.Stoffsammlung
B.Normativer Rahmen
I.Weitgehendes Fehlen normativer Vorgaben
II.Grundsätzliche Zulässigkeit
III.Bindungswirkung?
C.Beispiele für konsensuale Verfahrensweisen im Ermittlungsverfahren
I.Akteneinsichtsrechte der Verteidigung und des „Verletzten“
1.Akteneinsichtsrechte der Verteidigung
a)Gesetzliche Vorgaben
b)Verständigungspotential
2.Akteneinsichtsrechte vermeintlich Geschädigter
a)Gesetzliche Vorgaben
b)Verständigungspotential
II.Exkurs: Informationsweitergabe an die Presse
1.Vorbemerkung
2.Fallbeispiele aus der Rechtsprechung
3.Verständigungspotential
III.Beweisantragsrechte sowie Anwesenheitsrechte der Verteidigung bei Vernehmungen
1.Gesetzliche Vorgaben
2.Verständigungspotential
D.Insbesondere: Eingriffsmaßnahmen im Ermittlungsverfahren
I.Vorbemerkung
II.Gesetzliche Vorgaben
III.Verständigungspotential
E.Sonstiges
F.Fazit
Teil 6Was man tun kann (oder lassen sollte): Praxishinweise
A.Möglichkeiten und Vorgehen bei einvernehmlicher Verfahrensbeendigung
I.Frühzeitige Klärung der Eignung des konkreten Falles
1.Problemstellung
2.Kriterien
3.Spezifische Risiken
a)Problemschwerpunkt: Folgen verfahrensbeendender Verständigungen
b)Immanente Gefahren der Verständigung im Strafverfahren
II.Insbesondere: Frühzeitige Klärung möglicher Folgen
1.Strafrechtliche Entscheidungsmöglichkeiten und ihre Folgen
a)§§ 153 ff
b)Strafbefehl
c)Verurteilung
2.Außerstrafrechtliche Folgen
3.Risikominimierung durch Hinzuziehung weiterer Berater
4.Risikominimierung durch Einbeziehung aller Entscheidungsträger
III.Vorgehen im konkreten Fall
B.Konsensuale Gestaltung des Verfahrensverlaufs und einzelner Verfahrensschritte
I.Konfrontation und Kooperation als begrenzte Verhaltensalternativen für Ermittlungsbehörden und Verteidigung während des Verfahrens
1.Übersicht
2.Insbesondere: Umgang mit Informationen aus dem und über das Verfahren
a)Informationsweitergabe an öffentliche Stellen
b)Verständigung über Akteneinsicht der Verteidigung
aa)Abstimmung der Handhabung
bb)Echte Verständigung?
b)Verständigung und Akteneinsichtsrecht „Geschädigter“ oder Dritter
c)Verständigung über das Verhalten gegenüber der Presse
d)Zusammenfassung
3.Insbesondere: Konsens und prozessuale Zwangsmaßnahme
a)Spezifische Risiken
b)Spezifische Chancen
c)Einzelfragen
aa)Durchsuchungsmaßnahmen
bb)Vermögensbeschlagnahmen nach §§ 111b ff
cc)Konsens und Untersuchungshaft
4.Insbesondere: Absprachen mit Bezug auf Vollzug und Vollstreckung
C.Praktische Konsequenzen der strikten Bindung an das geltende Recht: Grundlinien eines Verhaltenskodex
1.Vorbemerkung
2.Achtung des Selbstbestimmungsrechts des Mandanten
3.Keine Mitwirkung an Verurteilungen auf unzureichender oder unzutreffender Tatsachengrundlage
4.Keine Beliebigkeit hinsichtlich der Gegenstände von Verständigungen
5.Wahrung der Formen; Transparenz, Fairness, Stil
6.Kein „Strafverfahren light“
7.Fazit: Verteidigung ist Verteidigung ist Verteidigung
D.Schlussbetrachtung
Literaturverzeichnis
Stichwortverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
a.A.
anderer Ansicht
aaO.
am angegebenen Ort
abl.
ablehnend
Abs.
Absatz
Abschn.
Abschnitt
abw.
abweichend
a.E.
am Ende
a.F.
alte Fassung
AG
Amtsgericht
AktG
Aktiengesetz
allg. M.
Allgemeine Meinung
Alt.
Alternative
a.M.
anderer Meinung
amtl.
amtlich
Anh.
Anhang
Anm.
Anmerkung
AnwBl.
Anwaltsblatt (Zeitschrift)
ApoG
Gesetz über das Apothekenwesen
AO
Abgabenordnung
Art.
Artikel
Aufl.
Auflage
ausf.
ausführlich
Az.
Aktenzeichen
BÄO
Bundesärzteordnung
BAnz
Bundesanzeiger
BaFin
Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht
BAFöG
Bundesgesetz über individuelle Förderung der Ausbildung
BAPO
Bundes-Apothekerordnung
BayObLG
Bayerisches Oberstes Landesgericht
BayObLGSt
Entscheidungen des Bayerischen Obersten Landesgerichtes in Strafsachen (amtliche Sammlung)
BBG
Bundesbeamtengesetz
Bd.
Band
BDG
Bundesdisziplinargesetz
Bearb.
Bearbeiter
Begr.
Begründung
Bek.
Bekanntmachung
Beschl.
Beschluss
betr.
betreffend
BFH
Bundesfinanzhof
BFH BStBl
Entscheidung des Bundesfinanzhofs, abgedruckt Bundessteuerblatt Teil III (bis 1967) bzw. Teil II
BFHE
Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (amtliche Sammlung)
BFH/NV
Sammlung amtlicher nicht veröffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (Zeitschrift)
BGB
Bürgerliches Gesetzbuch
BGBl.
Bundesgesetzblatt
BGH
Bundesgerichtshof
BGHR
BGH-Rechtsprechung
BGHSt
Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Strafsachen (amtliche Sammlung)
BMJ
Bundesministerium der Justiz
BRAK
Bundesrechtsanwaltskammer
BRAK-Mitt.
Mitteilungen der Bundesrechtsanwaltskammer (Zeitschrift)
BRAO
Bundesrechtsanwaltsordnung
BR-Drucks.
Bundesratsdrucksache
BSG
Bundessozialgericht
BSGE
Entscheidungen des Bundessozialgerichts (amtliche Sammlung)
Bsp.
Beispiel
bspw.
beispielsweise
BStBl.
Bundessteuerblatt
BT-Drucks.
Bundestagsdrucksache
BtMG
Betäubungsmittelgesetz
Buchst.
Buchstabe
BVerfG
Bundesverfassungsgericht
BVerfGE
Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (amtliche Sammlung)
BVerwG
Bundesverwaltungsgericht
BVerwGE
Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts (amtliche Sammlung)
bzgl.
bezüglich
BZRG
Bundeszentralregistergesetz
bzw.
beziehungsweise
ca.
circa
ders.
derselbe
d.h.
das heißt
dies.
dieselbe
DRiZ
Deutsche Richterzeitung (Zeitschrift)
E BMJ
Referentenentwurf des Bundsjustizministeriums zur Regelung der Verständigung im Strafverfahren, Stand: 18.5.2006
E BRAK
Vorschlag einer gesetzlichen Regelung der Urteilsabsprache im Strafverfahren, vorgelegt vom Strafrechtsausschuss der Bundesrechtsanwaltskammer, September 2005, BRAK-Stellungnahme Nr. 25/2005
E BRAT
Gesetzentwurf des Bundesrates: Entwurf eines Gesetzes zur Regelung von Absprachen im Strafprozess, BT-Drucks. 16/4197, 31.1.2007
EfbV
Verordnung über Entsorgungsfachbetriebe vom 10.9.1996, in der Fassung vom 5.12.2013
EGGVG
Einführungsgesetz zum Gerichtsverfassungsgesetz
EGMR
Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte
Einf.
Einführung
Einl.
Einleitung
EG
Europäische Gemeinschaft, Einführungsgesetz
EMRK
Europäische Menschenrechtskonvention
entspr.
entsprechend
erg.
ergänzend
etc.
et cetera
EuGH
Gerichtshof der Europäischen Union
evtl.
eventuell
f., ff.
folgende
Fn.
Fußnote
FoR
Forum Recht (Zeitschrift)
FS
Festschrift
GA
Goltdammer‘s Archiv für Strafrecht
GastG
Gaststättengesetz
gem.
gemäß
GewArch
Gewerbearchiv (Zeitschrift)
GewO
Gewerbeordnung
GG
Grundgesetz
ggf.
gegebenenfalls
GmbHG
Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung
grds.
grundsätzlich
HeilBerG
Heilberufsgesetz Nordrhein-Westfalen
h.L.
herrschende Lehre
h.M.
herrschende Meinung
Hrsg.
Herausgeber
i.d.F.
in der Fassung
i.d.R.
in der Regel
IRG
Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen
i.S.d.
im Sinne der/des
i.S.v.
im Sinne von
i.Ü.
im Übrigen
i.V.m.
in Verbindung mit
JGG
Jugendgerichtsgesetz
JR
Juristische Rundschau (Zeitschrift)
Justiz
Die Justiz (Zeitschrift)
JVA
Justizvollzugsanstalt
JZ
Juristenzeitung (Zeitschrift)
Kap.
Kapitel
KG
Kammergericht
KÖSDI
Kölner Steuerdialog (Zeitschrift)
Komm.
Kommentar
Kriminalistik
Kriminalistik (Zeitschrift)
KV
Kassenärztliche Vereinigung
KWG
Gesetz über das Kreditwesen
LBG
Landesbeamtengesetz
LG
Landgericht
Lit.
Literatur
LSG
Landessozialgericht
m.a.W.
Mit anderen Worten
MedR
Medizinrecht (Zeitschrift)
MDR
Monatsschrift für Deutsches Recht (Zeitschrift)
m.N.
mit Nachweisen
m.w.N.
mit weiteren Nachweisen
n.F.
neue Fassung
NJOZ
Neue Juristische Online Zeitschrift
NJW
Neue Juristische Wochenschrift (Zeitschrift)
Nr.
Nummer
NStZ
Neue Zeitschrift für Strafrecht (Zeitschrift)
NStZ-RR
Neue Zeitschrift für Strafrecht-Rechtsprechungsreport (Zeitschrift)
NVwZ-RR
Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht-Rechtsprechungsreport (Zeitschrift)
NWVBl
Nordrhein-Westfälische Verwaltungsblätter (Zeitschrift)
o.g.
oben genannt(e)
OLG
Oberlandesgericht
OVG
Oberverwaltungsgericht
OWiG
Gesetz über Ordnungswidrigkeiten
PBefG
Personenbeförderungsgesetz
Prot.
Protokoll
PStr
Praxis des Steuerstrafrechts (Zeitschrift)
rd.
rund
RegE
Regierungsentwurf
RG
Reichsgericht
RGBl.
Reichsgesetzblatt
RiStBV
Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren
Rn.
Randnummer
Rspr.
Rechtsprechung
S., s.
Satz, Seite, siehe
SG
Sozialgericht
SGB
Sozialgesetzbuch
SGG
Sozialgerichtsgesetz
sog.
so genannte
s.o.
siehe oben
StB
Der Steuerberater (Zeitschrift)
StBerG
Steuerberatungsgesetz
StGB
Strafgesetzbuch
StPO
Strafprozessordnung
StraFo
Strafverteidigerforum (Zeitschrift)
StrEG
Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen
StV
Strafverteidiger (Zeitschrift)
StVollstrO
Strafvollstreckungsordnung
StVollzG
Strafvollzugsgesetz
str.
streitig
stRspr.
ständige Rechtsprechung
StW
Information über Steuer und Wirtschaft; ab 1993: Information für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer (Zeitschrift)
s.u.
siehe unten
Tab.
Tabelle
TOA
Täter-Opfer-Ausgleich
u.Ä.
und Ähnliche/s
u.a.
unter anderem, und andere
u.a.m.
und anderes mehr
unstr.
unstreitig
usw.
und so weiter
u.U.
unter Umständen
v.
von, vom
VBlBW
Verwaltungsblätter für Baden-Württemberg (Zeitschrift)
VerstG
Gesetz zur Regelung der Verständigung im Strafverfahren vom 29.07.2009, BGBl. I, 2353
VG
Verwaltungsgericht
VGH
Verwaltungsgerichtshof
vgl.
vergleiche
Vorb.
Vorbemerkung
VO
Verordnung
VwGO
Verwaltungsgerichtsordnung
WaffG
Waffengesetz
wistra
Zeitschrift für Wirtschafts- und Steuerstrafrecht (Zeitschrift)
WpHG
Gesetz über den Wertpapierhandel
WPO
Gesetz über eine Berufsordnung der Wirtschaftsprüfer
z.B.
zum Beispiel
ZHG
Gesetz über die Ausübung der Zahnheilkunde
Ziff.
Ziffer
ZIS
Zeitschrift für internationale Strafrechtsdogmatik
zit.
zitiert
ZMGR
Zeitschrift für das gesamte Medizin- und Gesundheitsrecht
ZPO
Zivilprozessordnung
ZStW
Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft (Zeitschrift)
z.T.
zum Teil
zust.
zustimmend
zutr.
zutreffend
Teil 1 Grundlagen: Für den Konsens, gegen den „Deal“
Teil 1 Grundlagen: Für den Konsens, gegen den „Deal“ › A. Ausgangspunkt: Urteilsabsprachen nicht als Umwälzung, sondern als Ergänzung der StPO
1
Versteht man unter Konsens – entsprechend der Herkunft des Begriffs vom lateinischen consentire – schlicht Übereinstimmung, und sieht man als eine konsensuale[1] Verfahrensbeendigung im Strafprozess eine solche an, bei der nach dem Gesetz der Zustimmung eines oder mehrerer Verfahrensbeteiligter, also dem Vorliegen übereinstimmender Willensäußerungen, eine eigenständige und konstitutive Bedeutung für den Eintritt der Rechtsfolge zukommt, so kennt das deutsche Strafprozessrecht nicht erst seit Einführung der Urteilsabsprache im Jahr 2009, sondern schon seit langer Zeit Formen konsensualer Verfahrensbeendigungen. Das Gesetz zur Regelung der Verständigung im Strafverfahren vom 29.7.2009[2] (im Folgenden VerstG) hat also nicht die Möglichkeit konsensualer Verfahrensbeendigung in die StPO eingeführt, sondern lediglich den bereits bisher bestehenden Handlungsformen eine weitere, nämlich die Urteilsabsprache, hinzugefügt.
2
Die Urteilsabsprache indes hatte ein großer Teil der veröffentlichten Meinung in einschlägigen Fachpublikationen als praeter legem oder vielleicht sogar contra legem entwickeltes Rechtsinstitut grundsätzlich und vielfach in scharfer Form abgelehnt.[3]
3
Bereits im Vorwort ist zum Ausdruck gebracht worden, dass wir die Fundamentalkritik, die Rechtswissenschaft und Teile der Justiz ungefähr ein Vierteljahrhundert lang an dem Rechtsinstitut der Urteilsabsprache – denn auf die Urteilsabsprache ist die weit überwiegende Anzahl der Veröffentlichungen bezogen – geübt haben, für weitgehend, aber nicht vollständig überholt halten. Von vielen Seiten erhielten wir den Ratschlag, uns mit dieser Grundsatzkritik an dieser Stelle nicht mehr zu beschäftigen, sondern die Entwicklung bis zum Jahr 2009, in dem § 257c StPO[4] sowie die anderen einschlägigen Vorschriften zur Absprache im Strafprozess in die StPO eingefügt wurden, als Rechtsgeschichte anzusehen und ihrem auf die Rechtspraxis bezogenen Wert entsprechend nicht mehr zu behandeln.
4
Dies ist teilweise, aber nicht gänzlich möglich. Zum einen hat das BVerfG mittlerweile gesprochen.[5] Es hat die Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Regelung bestätigt und Hinweise für ihre Anwendung gegeben, so dass sich einige Fragen unter Geltung der Vorgaben des Gerichts neu stellen. Hierauf wird in Teil 3 näher eingegangen.[6] Zum anderen, und hierzu sollen bereits an dieser Stelle einige Bemerkungen folgen, hat sich die veröffentlichte Meinung nach Einführung der gesetzlichen Regelung in einer Weise entwickelt, die es erforderlich macht, wenn auch in knapperer Form noch einmal grundsätzlich Stellung zu beziehen. Dies geschieht sogleich unter C.I[7].
5
Vorab werden zur ersten Orientierung die hergebrachten Möglichkeiten der konsensualen Verfahrenserledigung im deutschen Strafprozessrecht sowie die gesetzliche Regelung der Urteilsabsprache, die seit 2009 gilt, in einem knappen Überblick dargestellt (dazu B.I. und II.).
Im Folgenden wird synonym das Wort „einvernehmlich“ verwendet.
BGBl. I S. 2353.
Vgl. zur früheren Diskussion nur Schünemann Gutachten; ders. NJW 1989, 1895 ff; ders. FS Rieß, S. 525 ff.; ders. StraFo 2004, 293; Weigend NStZ 1999, 57 ff.; Meyer-Goßner NStZ 2007, 425 ff.; Harms FS Nehm, S. 289 ff.; Fischer NStZ 2007, 433; Hamm FS Meyer-Goßner, S. 33 ff.; Siolek DRiZ 1989, 321; Saliger JuS 2006, 8 ff.; ausführlich und m. w. N. Sauer Konsensuale Verfahrensweisen im Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 1. Aufl. 2008, Rn. 69 ff., 80 ff.
Paragrafen ohne Gesetzesnennung sind im Folgenden solche der StPO.
Vgl. unten Teil 3 (Rn. 285 ff.).
Rn. 32 ff.
Teil 1 Grundlagen: Für den Konsens, gegen den „Deal“ › B. Möglichkeiten konsensualer Verfahrenserledigungen im deutschen Strafprozessrecht
Teil 1 Grundlagen: Für den Konsens, gegen den „Deal“ › B › I. Das Strafbefehlsverfahren und §§ 153 ff. als hergebrachte Möglichkeiten konsensualer Verfahrenserledigungen
6
Zumindest an zwei Stellen der StPO sind konsensuale Verfahrenserledigungen schon lange vorgesehen oder wenigstens vorausgesetzt. Die Rede ist zum einen von dem schon bei Einführung der StPO existierenden Strafbefehlsverfahren (§§ 407 ff.), das auf das preußische Strafprozessrecht zurückgeht,[1] zum anderen von den Möglichkeiten, Strafverfahren in Anwendung des Opportunitätsgrundsatzes einzustellen (§§ 153 ff.)[2]. Als Ausgangspunkt kann hier der bereits 1924 eingeführte § 153 angesehen werden. In beiden Regelungskomplexen ist jeweils bestimmt, dass unter bestimmten Voraussetzungen, zu denen die Zustimmung der Staatsanwaltschaft sowie – bei den §§ 153a, 407 ff. – auch die ausdrücklich oder zumindest konkludent erklärte Einwilligung des Beschuldigten gehören, das Verfahren ohne vollständige Ermittlung der Verdachtstat beendet werden kann. Im Strafbefehlsverfahren führt das im Ergebnis sogar dazu, dass Strafe verhängt werden kann, ohne dass in einer formalen Beweisaufnahme vor einem Strafgericht der Nachweis der Tat erbracht wurde.
7
Innerhalb der Anwendungsbereiche der genannten Vorschriften kann also nach dem Gesetz unter der Bedingung des Vorliegens eines übereinstimmenden und in irgendeiner Form auch zum Ausdruck gebrachten Willens von Verfahrensbeteiligten auf die Durchführung des sonst von der StPO vorgesehenen Strafverfahrens verzichtet werden. Damit verfügen nicht nur Strafgerichte, sondern auch Staatsanwaltschaften, Verteidiger und Beschuldigte seit jeher über Möglichkeiten, die öffentliche Hauptverhandlung, in der im Strengbeweisverfahren Wahrheits- und Rechtsfindung mit dem Ergebnis eines vom zuständigen Gericht alleine auf der Basis seiner „aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung“ (§ 261) zu fällenden, zu begründenden und zu verantwortenden Urteils betrieben wird, dadurch zu vermeiden, dass man sich auf eine vereinfachte und beschleunigte Verfahrenserledigung einigt oder diese zumindest stillschweigend mit (oder er-)trägt.[3]
8
Das zentrale Motiv des Gesetzgebers dafür, neben der Pflicht zu Verfolgung, Aufklärung und Ausurteilung unter der (verschieden ausgestalteten) Voraussetzung der Zustimmung der Verfahrensbeteiligten auch schnellere und einfachere Wege zur Erledigung von Strafverfahren vorzusehen, war dabei stets das gleiche. Seit jeher ging es um die Schonung der Ressourcen der Justiz respektive ein (vermeintlich) angemessenes Verhältnis zwischen ihrer Beanspruchung auf der einen und der Bedeutung der im konkreten Fall verfahrensgegenständlichen Tatvorwürfe auf der anderen Seite.[4] Das hat sich bis heute nicht geändert. Eher lässt sich sagen, dass der schon früher bedeutsame und wirkungsmächtige Gesichtspunkt der Verfahrensökonomie in jüngerer Zeit rechtspolitisch noch an Bedeutung gewonnen hat. Der Gesetzgeber hat in den letzten Jahrzehnten mehrfach die in der StPO geregelten Möglichkeiten konsensualer Verfahrensbeendigungen in ihren Anwendungsbereichen erweitert sowie neue Varianten geschaffen.[5]
9
Dabei ist ganz offensichtlich, dass die genannten Wege einvernehmlicher Verfahrensbeendigung zumindest in einem Spannungsverhältnis zu wesentlichen, teils Verfassungsrang genießenden Prinzipien des deutschen Strafprozessrechts, wie etwa Unschuldsvermutung, Ermittlungsgrundsatz[6] oder Legalitätsgrundsatz stehen. Die §§ 153 ff. beispielsweise setzen bekanntlich dem Legalitätsprinzip das Opportunitätsprinzip entgegen und schaffen im Ergebnis damit die Möglichkeit, von vollständiger Sachaufklärung abzusehen und trotz weiter bestehenden Tatverdachts das Strafverfahren abzuschließen. Es kann kaum zweifelhaft sein, dass der Verfolgungszwang hier nicht eingeschränkt, sondern durchbrochen wird. Ein Prinzip, das in allen Fällen ein bestimmtes Vorgehen, nämlich vollständige Sachaufklärung, fordert, wird durch ein Gegenprinzip, das just dieses Vorgehen unter bestimmten Voraussetzungen für überflüssig erklärt, im konkreten Anwendungsfall außer Kraft gesetzt.[7]
10
Die soeben angedeuteten Spannungen und Brüche haben wesentlich dazu beigetragen, dass die gesamte Konzeption der § 153 ff. von Anfang an umstritten war; schon die Einführung des § 153 stieß durchaus auf Widerstand.[8] Diese Kritik ist nie wirklich verstummt, und man mag sie als berechtigt ansehen: Das „Mitverfügungsrecht“ Verfahrensbeteiligter[9] über den Verfahrensgegenstand, das die §§ 153 ff. notwendig voraussetzen, ist der StPO ihrer Grundanlage auch nach Einführung des § 257c fremd und dementsprechend problematisch.
11
In jeder Hinsicht als besonders brisant kann dabei die Vorschrift des § 153a gelten. Dieser Norm, die aus den siebziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts stammt,[10] eignet gegenüber dem bis dahin geltenden Rechtszustand insofern eine neue Qualität, als die Anwendung des Opportunitätsprinzips hier von einer Gegenleistung des Beschuldigten abhängig gemacht wird. Das Gesetz fordert also von den Strafverfolgungsbehörden, dass sie die Einstellung des Verfahrens im Rahmen eines Austauschgeschäfts vornehmen. Es ist leicht zu sehen, dass diese gesetzgeberische Entscheidung einen besonders schweren Eingriff in das Gefüge des deutschen Strafprozessrechts darstellte.[11] Sie hatte unter anderem die notwendige Folge, dass in als geeignet angesehenen Fällen gar keine Alternative dazu bestand, zwischen Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigung außerhalb einer mündlichen, öffentlichen Verhandlung und in diesem Sinne informell Gespräche zu führen, die nicht etwa bloß einzelne Verfahrenshandlungen, sondern die Frage zum Gegenstand haben, ob der Beschuldigte bereit ist, eine bestimmte Leistung zu erbringen, wenn im Gegenzug auf Verfolgung der (Verdachts-) Tat verzichtet wird.[12]
12
Der Beschuldigte wird zudem durch diese Möglichkeit der Verfahrensbeendigung häufig in eine Situation gebracht, in der er darüber entscheiden muss, ob ihm der sprichwörtliche Spatz in der Hand lieber ist als die Taube auf dem Dach: Ob er also an der bis zur rechtskräftigen Verurteilung geltenden Vermutung seiner Unschuld und seinem Anspruch auf Freisprechung festhalten oder lieber mit dem Makel der unaufgeklärten Straftat und der schon mit der Führung der Ermittlungen verbundenen, durch das Ausbleiben eines Freispruchs zementierten, wenn auch begrenzten Stigmatisierung dauerhaft leben möchte. Prägnant formuliert: § 153a setzt (häufig tatsächlich, jedenfalls aber kraft Unschuldsvermutung normativ) Unschuldige unter (Entscheidungs-) Druck. Es macht die Sache dabei keineswegs besser, dass die Entscheidung für die Verfahrenseinstellung nach § 153a und damit die Erbringung der Gegenleistung vielfach verfahrensintern und -extern als ganzes oder teilweises Schuldeingeständnis gewertet wird, obwohl für die Betroffenen ebenso oft die Schonung ihrer Nerven, ihrer Geldbeutel[13] und nicht zuletzt auch ihres persönlichen Umfeldes den Ausschlag gibt.
13
Diese knappen Bemerkungen mögen genügen, um verständlich zu machen, dass gerade § 153a insbesondere in der Variante der Einstellung gegen Geldauflage vielfach Zielscheibe von Kritik nicht nur aus der Rechtswissenschaft,[14] sondern auch und immer wieder von Seiten der Presse und der Öffentlichkeit geworden ist. Vieles, was heute als „Deal“ bezeichnet, als Reichenrecht oder Klassenjustiz gegeißelt und mit dem Etikett der Mauschelei versehen wird, stellt in Wahrheit eine dem Gesetz und auch dem erklärten Willen des Gesetzgebers entsprechende Anwendung dieser Vorschrift dar.[15]
14
Angesichts der verbreiteten Kritik an den §§ 153 ff. und vor allem § 153a verwundert es etwas, dass das Strafbefehlsverfahren gemeinhin auf vergleichsweise hohe Akzeptanz stößt. Immerhin sind die Folgen für den Betroffenen wie auch die Durchbrechung der Grundsätze des Strafprozesses in mehrfacher Hinsicht mindestens ebenso schwerwiegend wie bei den §§ 153 ff. Schließlich wird hier auf bloßen Antrag der Staatsanwaltschaft und schlicht nach Aktenlage unter Verzicht auf vollständige und vor allem unmittelbare Sachaufklärung durch das Gericht die Unschuldsvermutung erledigt, indem Schuld und Strafausspruch in einem schriftlichen Bescheid erfolgen, der außerordentlich knapp gehalten sein kann und dies in der Praxis häufig auch ist, und dessen Beantragung von Seiten der Staatsanwaltschaft nicht einmal die Überzeugung vom Vorliegen der Schuld des Betroffenen, sondern lediglich die Bejahung hinreichenden Tatverdachts, also die Annahme, eine etwaige Beweisaufnahme würde wahrscheinlich mit einer Verurteilung enden, voraussetzt. Nach verbreiteter Auffassung kann sich auch das Gericht bei Erlass des Strafbefehls mit diesem Verdachtsgrad begnügen.[16]
15
Die normative Legitimation der Spannungen und Brüche mit zentralen Verfahrensprinzipien, die mit der Existenz der genannten Verfahrensweisen verbunden sind, sollte und soll bis heute – von Sonderfällen wie etwa § 153d abgesehen – nicht nur aus der Forderung nach Verfahrensökonomie, sondern aus zwei weiteren Überlegungen abgeleitet werden. Zum einen soll, so jedenfalls die ursprüngliche Intention des Gesetzgebers, dem Opportunitätsprinzip Vorrang vor dem Legalitätsprinzip nur in Fällen von Bagatellstraftaten zukommen, wo der Verzicht auf Klärung der Taten wohl eher erträglich erscheinen soll.[17] Dies kommt heute zumindest im Ansatz noch durch die Bezugnahme auf das als „gering“ einzuschätzende oder zumindest nicht wegen seiner Schwere entgegenstehende Maß der Schuld und das Fehlen eines öffentlichen Interesses in den §§ 153 ff. zum Ausdruck. Ganz Ähnliches gilt für das Strafbefehlsverfahren, das (eigentlich) nur relativ einfach gelagerte Sachverhalte mit geringem Unrechtsgehalt zum Gegenstand haben und entsprechend geringe Strafen ermöglichen sollte.[18] Zum anderen soll durch die teilweise voneinander abweichend gestalteten Zustimmungserfordernisse – gegen den Willen der Staatsanwaltschaft kann die Einstellung nie erfolgen, die Zustimmung des Gerichts und des Beschuldigten ist für die gewichtigeren Entscheidungen ebenfalls erforderlich – sichergestellt werden, dass in anderen als ganz geringfügigen Fällen nicht einseitig über den „staatlichen Strafanspruch“ disponiert werden kann. Bei der wichtigsten und heikelsten Vorschrift dieses Regelungskomplexes, nämlich § 153a[19], indes wird die Zustimmung des Beschuldigten auch und vor allem wegen der damit für ihn verbundenen Belastungen, also der verhängten Auflage und auch deswegen benötigt, weil mit der Sachaufklärung sein Anspruch auf Rehabilitierung durch einen Freispruch oder (wenigstens) die Einstellung des Verfahrens nach § 170 Abs. 2 verloren geht. Auch das Strafbefehlsverfahren beruht nicht zuletzt auf dem Gedanken, die Zustimmung des Betroffenen[20] könne die Bestrafung unter Verzicht auf richterliche Sachaufklärung in einer Hauptverhandlung, also auf regelmäßig schwächerer Tatsachengrundlage, rechtfertigen.[21]
16
Ganz gleich, ob diese und andere Begründungsansätze überzeugen oder nicht, ist heute zu konstatieren, dass der Gesetzgeber ungeachtet der insbesondere gegen § 153a vielfach von Seiten der Strafprozesswissenschaft vorgebrachten Einwände auch in den letzten Jahrzehnten sehenden Auges durch weitere Reformen den §§ 153 ff., aber auch dem Strafbefehlsverfahren ständig steigende praktische Bedeutung verliehen hat.[22] Die tatbestandlichen Voraussetzungen etwa der §§ 153 ff. sind vielfach gelockert worden. Die entsprechenden Einstellungsmöglichkeiten reichen heute bis weit in den Bereich der mittleren Kriminalität hinein.[23] Dies geschah regelmäßig sogar mit dem erklärten Ziel, die praktische Bedeutung dieser Arten der Verfahrenserledigung weiter zu erhöhen und die Praxis zu ihrer Durchführung zu animieren.[24]
17
In gewisser Weise ist und war dabei auch in der Vergangenheit ein durchaus ambivalenter Umgang der Politik mit dem Strafrecht und dem Strafprozessrecht zu beobachten. Zum einen besteht seit langem eine Tendenz zur ständigen Erweiterung des materiellen Strafrechts durch Ausweitung bestehender oder Schaffung neuer Strafnormen, zum anderen hält der Gesetzgeber die personelle und materielle Ausstattung der Strafjustiz notorisch für nicht hinreichend, um auch eine gleichmäßige und effektive Ahndung der sich schon aufgrund dieser gesetzgeberischen Aktivitäten ständig vermehrenden Straftaten zu gewährleisten[25]. Es zeigt sich seit langem eine erstaunliche Kontinuität in der Gesetzgebung darin, ständig bis dahin zwar (vielleicht) rechtswidrige, aber nicht strafbare Verhaltensweisen zu kriminalisieren, gleichzeitig den Staatsanwaltschaften und Gerichten aber umfassende Möglichkeiten an die Hand zu geben, von der Verfolgung dieser Taten abzusehen.[26]
18
Für praktisch tätige Strafjuristen resultiert bereits aus den mittlerweile extensiven Anwendungsbereichen des Strafbefehlsverfahrens sowie der §§ 153 ff. mit ihren verschiedenen Zustimmungserfordernissen tagtäglich die Notwendigkeit, konsensuale Verfahrensweisen durchzuführen. Wollen sie nicht offen gegen den Gesetzgeber rebellieren und Rechtspolitik betreiben, wo Rechtsanwendung gefragt ist, haben sie gar keine andere Wahl, als beispielsweise in Fällen, die für die Anwendung des § 153a in Frage kommen, über ein entsprechendes „Austauschgeschäft“ nachzudenken und selbstverständlich auch miteinander zu sprechen.[27] Ganz gleich, in welchen Konstellationen Absprachen letztlich angezeigt sind und wie der Gesprächsprozess im Einzelnen vor sich geht,[28] ist es offensichtlich, dass dies auch und gerade für die Verteidiger gilt. Sie verhalten sich heute nur noch dann pflichtgemäß und arbeiten kunstgerecht, wenn sie in Fällen, in denen eine Einstellung bei Erbringung einer der in § 153a genannten Gegenleistungen oder der Erlass eines Strafbefehls in Betracht kommt, den Mandanten über Verständigungsmöglichkeiten aufklären, ihm, wo es angezeigt ist, zur Absprache raten und diese ggf. sachgerecht in die Tat umsetzen, selbst wenn sie dies der Gefahr aussetzt, anschließend als „Dealer“, Fürsprecher eines Sonderrechts für Gutverdienende oder was auch immer bezeichnet zu werden und entsprechend in Verruf zu geraten.[29] Schon früher konnte sich der Verteidiger wegen der Existenz der §§ 153 und 407 ff. nicht durchweg auf die Strategie beschränken, in der Hauptverhandlung bis zuletzt für die Unschuld seines Mandanten zu kämpfen. Heute ist dies angesichts der im Gesetz angelegten, überragenden praktischen Bedeutung dieser Arten einvernehmlicher Verfahrensbeendigungen erst recht nicht mehr angezeigt, weil man sonst zahlreiche Chancen, die der konsensuale Weg für den Mandanten gerade auch vor der Eröffnung einer Hauptverhandlung mit sich bringen kann,[30] von vorneherein ungenutzt lassen und dem Mandanten so vielfach letztlich vermeidbar Schaden zufügen würde.
19
Schon aus diesen Gründen ist die Fähigkeit, Strafverteidigungnicht nur als Kampf,[31]sondern auch als Kooperation zu begreifen und zu betreiben, heute für den Verteidiger unverzichtbar. Dies gilt dabei nicht nur im von der breiten Öffentlichkeit insofern besonders stark wahrgenommenen Bereich des Wirtschafts- und Steuerstrafrechts. Man mag das als Aufweichung eines alten Ideals von einem ausschließlich Wahrheit und Gerechtigkeit verpflichteten Strafprozess empfinden und deswegen beklagen. Der Gesetzgeber hat es aber so gewollt,[32] und solange sich der seit Generationen zu beobachtende Trend zu stetiger Vereinfachung und Verbilligung der Verfahren bei gleichzeitig ständig steigenden Erwartungen an das Strafrecht nicht ändert, ist die Praxis gezwungen, sich danach zu richten. Ein Königsweg steht den handelnden Strafjuristen im konkreten Fall nicht offen: So entscheidet man sich entweder dafür, dem Legalitätsprinzip Vorrang vor dem Opportunitätsprinzip zu geben oder umgekehrt. Ein bisschen einstellen kann man ein Strafverfahren nicht.[33]
20
Die im Schrifttum vielfach, teils scharf kritisierte[34] und zuweilen alleine der Praxis (und inzwischen gerade im Hinblick auf dessen Rechtsprechung zu den Urteilsabsprachen auch dem BGH) angelastete, vermeintliche Abkehr von hergebrachten Grundsätzen des deutschen Strafprozessrechts war also schon früher an mehreren Stellen in der StPO selbst angelegt. Einführung und Ausbau konsensualer Verfahrensweisen beruhen seit langem in weiten Bereichen auf gezielten gesetzgeberischen Entscheidungen[35]. Aus dieser Perspektive stellt sich die von vielen und sicherlich auch zutreffend diagnostizierte Entwicklung hin zu noch weiter gehenden Verständigungen, insbesondere die nunmehr ebenfalls ausdrücklich in § 257c normierten Urteilsabsprachen in der Hauptverhandlung – ob man sie nun begrüßt oder nicht – in gewisser Weise als vor dem Hintergrund der über Jahrzehnte zu beobachtenden Tendenz der Eingriffe des Gesetzgebers in die StPO folgerichtig dar: Letztlich wurde – so viel schon an dieser Stelle – versucht, die Kluft zwischen § 153a und §§ 407 ff. auf der einen und der scharf davon abzugrenzenden, ganz auf Wahrheitsfindung ausgerichteten Hauptverhandlung auf der anderen Seite, zu überbrücken.
21
Festzuhalten ist bereits an dieser Stelle schließlich auch: Nicht die Urteilsabsprache, sondern die außerordentlich weiten Anwendungsbereiche der in der StPO selbst seit langem verankerten Wege konsensualer Verfahrensbeendigungen haben zwangsläufig ein verändertes Bild des Verteidigers entstehen lassen, der sich heute vielfach zwar nach wie vor in der Rolle des engagierten Streiters, zugleich aber derjenigen eines Diplomaten und Organisators des Konsenses wieder findet.[36] Die Entwicklung im Bereich der Urteilsabsprache wird dies weiter befördern. Damit verbunden sind unweigerlich mannigfaltige neue Schwierigkeiten und Aufgaben, auf die im weiteren Text, insbesondere im zweiten und dritten Teil der Darstellung, ausführlich zurückzukommen sein wird.
Teil 1 Grundlagen: Für den Konsens, gegen den „Deal“ › B › II. Das Gesetz zur Regelung der Verständigung im Strafverfahren im Überblick
22
Dem „Gesetz zur Regelung der Verständigung im Strafverfahren“ vom 29.7.2009[37], mit dem die §§ 35a, 44, 160b, 202a, 212, 243, 257b, 257c, 267, 273 und 302 sowie § 78 OWiG mit Wirkung zum 4.8.2009 neu eingeführt bzw. geändert wurden, ging nicht nur eine intensiv und teilweise geradezu die Dimension eines Glaubenskriegs annehmende Diskussion in der Fachöffentlichkeit voraus. Vielmehr war, wie bereits oben ausgeführt worden ist, bereits in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts mit der Einführung des § 153a die Möglichkeit geschaffen worden, sich im Einvernehmen aller Verfahrensbeteiligten in jedem Verfahrensstadium darauf zu verständigen, auf eine endgültige Klärung der erhobenen Vorwürfe zu verzichten, bestimmte Auflagen und Weisungen als Ausgleich für (möglicherweise) bestehende Schuld festzulegen und auf diese Weise das Strafverfahren mit (beschränkter) Rechtskraftwirkung zu beenden ohne dass damit allerdings ein Schuldspruch verbunden wäre. In vielen Fällen konnte die Praxis seit jeher zudem, ebenfalls das Einverständnis aller Beteiligten vorausgesetzt, auch einen abgekürzten Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen lassen, indem die Staatsanwaltschaft beim Amtsgericht den Erlass eines Strafbefehls, §§ 407 ff., beantragte und der Betroffene sich gegen diesen sodann nicht wehrte. Die Praxis hatte parallel – wann damit begonnen wurde, soll hier offen bleiben[38] – diese Möglichkeiten der vom Konsens getragenen Verfahrensverkürzung durch Verzicht auf umfassende Sachaufklärung auch in das strafprozessuale Hauptverfahren hineingetragen. Aus der hier gebotenen Perspektive ist das alles andere als verwunderlich: Wenn ein rechtskräftiger Schuldspruch ganz ohne mündliche Verhandlung im Strafbefehlsweg und ein rechtskräftiger Verfahrensabschluss ganz ohne Klärung der Unrechts- und Schuldfrage möglich ist, und wenn zugleich anerkannt ist, dass eine geständige Einlassung des Beschuldigten strafmildernd berücksichtigt werden kann, dann liegt es nahe, sich die Frage zu stellen, warum nach den strengen Maßstäben des § 244 Abs. 2 in der Hauptverhandlung buchstäblich jeder Stein noch einmal herumgedreht werden soll, auch wenn keiner der Beteiligten irgendein Interesse daran hat. Die Einführung der Urteilsabsprache in die StPO folgte also einem evidenten praktischen Bedürfnis.
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Der BGH, der in Revisionsverfahren insbesondere über verschiedene Verfahrensrügen[39] mit der Frage nach der Zulässigkeit von Urteilsabsprachen befasst war, hatte davor bereits im Jahr 1997[40] die Aufgabe übernommen, ein zumindest grobes Raster zu entwickeln, innerhalb dessen sich die Urteilsabsprachen bewegen sollten. Die übrigen Strafsenate waren dem seinerzeit unter Vorsitz von Meyer-Goßner entscheidenden 4. Strafsenat in seiner grundsätzlichen, die Urteilsabsprache nicht generell verwerfenden, ihr aber einen normativen Rahmen gebenden Linie gefolgt.[41] Der 4. Strafsenat des BGH war dabei im Kern davon ausgegangen, dass es dem Gericht nicht verwehrt sein könne, den Beschuldigten, aber auch die Staatsanwaltschaft zu irgendeinem Zeitpunkt, vor allem während der Hauptverhandlung, auf eine vorläufige Einschätzung des Verfahrensstandes und auch ein denkbares Verfahrensergebnis, jeweils aus aktueller Sicht, hinzuweisen und sich dabei auch dazu zu äußern, wie sich ein glaubhaftes und substantiiertes Geständnis des Angeklagten auf das Strafmaß konkret auswirken könne.
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Dem 4. Strafsenat des BGH waren sodann, vergröbert gesprochen, zwei Aspekte wichtig: Zum einen sollte derartiges nicht im Hinterzimmer unter Ausschluss der Öffentlichkeit und womöglich sogar unter Ausschluss anderer Verfahrensbeteiligter stattfinden. Zum anderen sollte der Angeklagte, der sich auf solche Äußerungen des Gerichts einrichtete, davor geschützt werden, dass man ihn im Anschluss trotz des abgelegten Geständnisses schärfer bestraft, als man vorher angekündigt hatte. Ersteres wurde auch im Schrifttum vielfach akzeptiert: Dagegen, dass solche Gespräche, wenn überhaupt, jedenfalls öffentlich und unter Mitwirkung aller Beteiligter stattfinden (und sich sinnvollerweise auch im Protokoll der Hauptverhandlung wiederfinden), konnte man nicht sehr viel sagen. Der Zorn der Wissenschaft entzündete sich vor allem an dem zuletzt genannten Gesichtspunkt: Eine sogenannte „Bindungswirkung“ einer Urteilsabsprache sollte es unter keinen Umständen geben, weil über einen Schuldspruch nicht verhandelt werden könne. Ob diese Kritik, die inhaltlich darauf hinausläuft, dass der Angeklagte keine Möglichkeit haben soll, das Gericht an seinen eigenen Ankündigungen festzuhalten, inhaltlich sonderlich überzeugend ist, soll hier dahinstehen. Zu konstatieren ist jedenfalls, dass die Diskussion sich mit der Zeit sehr stark hiervon weg und schlicht zu einer Konzentration auf die Problematik der Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung hin entwickelte: Viele Kritiker meinten, es könne ja vielleicht alles so geregelt werden, wie der BGH es beschlossen habe, dies müsse aber im Rahmen der verfassungsrechtlich gebotenen Kompetenzverteilung der Gesetzgeber entscheiden. Auch der BGH selbst hat schließlich im Jahr 2005 in einer Entscheidung des Großen Senats für Strafsachen, in der es um die stets problematisch gebliebene Frage der Zulässigkeit von Rechtsmitteln gegen abgesprochene Urteile ging, ausgesprochen, er sehe sich nun an der Grenze dessen, was er in puncto Rechtsfortbildung leisten könne.[42] Untermauert wurde diese Kritik vielfach von dem – sicher zutreffenden, davon wird in diesem Werk noch mehrfach die Rede sein – Hinweis, dass die Praxis sich in vielen Fällen an die Regeln, die der BGH vorgegeben hatte, schlicht nicht hielt, und dass die Autorität des Gesetzes mithin erforderlich sei, um wenigstens den Rahmen, den das Gericht der Urteilsabsprache hatte geben wollen, in der Praxis durchzusetzen.
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In unmittelbarerer zeitlicher Folge und wohl auch in kausalem Zusammenhang mit der Entscheidung des Großen Senats wurde die Politik und wurden auch Verbände und berufsständische Organisationen aktiv. So lagen schließlich aus dem Zeitraum Frühjahr 2006 bis Frühjahr 2009 Gesetzentwürfe des Landes Niedersachsen, der Bundesrechtsanwaltskammer, des Deutschen Anwaltsvereins und des Bundesrats, der Bundesregierung und der Bundestagsfraktionen der CDU/CSU und SPD sowie sogenannte „Eckpunkte“ der Generalbundesanwältin und Generalstaatsanwälte aus dem Jahr 2005 und eine Reihe Entwürfe einzelner Autoren, wie etwa Wagner, Nack, Meyer-Goßner oder Niemöller vor[43]. Was schließlich Gesetz wurde, basiert im Wesentlichen auf dem Regierungsentwurf, allerdings mit zwei Änderungen, von denen eine schon an dieser Stelle erwähnt sei: Nach einer Sachverständigenanhörung am 25.3.2009 wurde der neue § 302 Abs. 1 Satz 2 eingeführt, der den Rechtsmittelverzicht nach abgesprochenen Urteilen generell für unwirksam erklärt. Am 28.5.2009 bzw. 10.7.2009 wurde das Gesetz dann von Bundestag und Bundesrat in der Form, in der es am 4.8.2009 in Kraft trat, akzeptiert.
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Bei der Durchsicht der Gesetzesänderung fällt vor allem auf, dass es sich in keiner Beziehung um einen großen Wurf, sondern von vornherein um eine „kleine Lösung“ handelt (und wohl auch handeln sollte). Dies wird im Schrifttum auch vielfach hervorgehoben und ist im Vorfeld der Gesetzgebung wie auch seit Inkrafttreten des Gesetzes häufig kritisiert worden. So habe der Gesetzgeber von denjenigen Problemen, die den Großen Senat für Strafsachen beschäftigt bzw. deren Lösung er angemahnt hatte, nur einen Teil geregelt.[44] Dass diese Kritik nicht treffend ist, zeigt der folgende, kurze Überblick über die gesetzlichen Regelungen.
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Herzstück des Gesetzes, das fünf Paragraphen (§§ 160b, 202a, 212, 257b und 257c) eingeführt hat, ist die neue Vorschrift des § 257c. Hier wird im Prinzip die altbekannte Absprache „Geständnis gegen Strafmilderung“ erstmals positiv geregelt. Der Gesetzgeber hat dabei den dogmatischen Ansatzpunkt des BGH übernommen, indem § 257c Abs. 1 Satz 2 ausdrücklich bestimmt, dass die Amtsaufklärungspflicht unberührt bleibt. Worum es geht, ist also lediglich das Recht des Gerichts, für ein glaubhaftes Geständnis eine Strafmilderung in Aussicht zu stellen und vor allem um die Absicherung des hierauf gegründeten Vertrauens des Angeklagten.
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Die möglichen Gegenstände der Verständigung finden sich in etwa dieser Weise in § 257c Abs. 2.
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§ 257c Abs. 3 regelt, wie die Verständigung im Einzelnen nach der Vorstellung des Gesetzgebers zustande kommen soll.
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§ 257c Abs. 4 spricht von der „Bindung des Gerichts an eine Verständigung“. Hier wird also die Frage behandelt, was geschieht, wenn das Gericht eine andere Strafe verhängen will, als diejenige, die es vorher angekündigt hat. Der Gesetzgeber hat dabei immerhin in § 257c Abs. 4 Satz 3 ein Beweisverwertungsverbot für das im Vertrauen auf die Absprache abgegebene Geständnis vorgesehen. Hierzu hatte sich der BGH bis zuletzt nicht durchringen können.[45]
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Ebenfalls geklärt wurde die Problematik des Rechtsmittelverzichts: In § 302 Abs. 1 Satz 2 n. F. ist der Rechtsmittelverzicht, der nach einem abgesprochenen Urteil erklärt wird, schlicht wirkungslos, worüber nach § 35a Satz 3 zu belehren ist. Die Problematik war vor 2009 nie in klarer und befriedigender Weise gelöst worden. Einigkeit hatte immer bestanden, dass ein Rechtsmittelverzicht nicht abgesprochen werden kann. Andererseits ist jedem Praktiker seit jeher bekannt, dass insbesondere die Strafgerichte auf die Rechtskraft des abgesprochenen Urteils erheblichen Wert legen; sie werden zur Urteilsabsprache vielfach nur durch diese Aussicht motiviert.
Den Weg aus diesem Dilemma hatte der Große Senat für Strafsachen in einer qualifizierten Belehrung über die Möglichkeit des Rechtsmittelverzichts trotz Urteilsabsprache gesucht, aber selbstverständlich nicht gefunden, weil sich an der Praxis des abgesprochenen Rechtsmittelverzicht so, wie auf der Hand liegen dürfte, nichts ändern konnte. Die Lösung, die der Gesetzgeber nun gefunden hat, schiebt jedenfalls dieser Praxis einen Riegel vor, weil kein Angeklagter durch die Urteilsabsprache gehindert ist, Rechtsmittel einzulegen, und weil er hierüber auch belehrt werden muss. Ob man diese Regelung nun befürwortet oder nicht, so hat sie jedenfalls für Klarheit gesorgt.
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Die übrigen Vorschriften seien an dieser Stelle nur knapp erwähnt. Der Gesetzgeber hat eine Reihe von Regeln über das Verfahren bei der Urteilsabsprache vorgesehen, die im Prinzip der Rechtsprechung des BGH entsprechen:
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So muss die Verständigung protokolliert werden, § 273 Abs. 1 Satz 1, Abs. 1a.
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Die Verständigung muss in der Hauptverhandlung offengelegt werden, § 243 Abs. 4, und diejenigen Gespräche, die ihr vorangehen, sind ausdrücklich „zwischen den Verfahrensbeteiligten“ zu führen und aktenkundig zu machen (§§ 160b, 202a, 212, 257b).
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