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Der Umfang entspricht 1000 Taschenbuch-Seiten. Thriller Spannung an Tatorten in Ostfriesland, Münsterland, NRW, Sauerland, Düsseldorf, Krefeld und am Niederrhein. Ein Heftroman-Autor findet eine Leiche in der Badewanne. Ein Privatetektiv ermittelt in Ostfriesland in einem Mordfall, in dem Boßel-Kugeln eine entscheidende Rolle spielen. In Lüdenscheid im Sauerland geht ein gnadenloser Rächer um. Im münsterländischen Ladbergen ist im Jahr 1969 gerade Schützenfest, als der erste Mensch den Mond betritt und ein Junge erstochen im Gras liegt. Ein Krefelder Textil-Baron fürchtet um sein Leben und beauftragt einen Detektiv. Wenig später ist er tot. In Mönchengladbach geht ein Armbrustmörder um... Dies sind u.a. die Themen der Krimis in diesem Band. Dieses E-Book beinhaltet folgende Krimis: Der fette Frosch Münster-Wölfe Der Killer wartet... Hinter dem Mond Zweisam in Sonsbeck Eine Kugel für Lorant Tuch und Tod Der Armbrustmörder
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Acht besondere Krimis: Roman-Koffer
Alfred Bekker
Published by Alfred Bekker, 2021.
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Acht besondere Krimis: Roman-Koffer
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Der Fette Frosch: Kurz-Krimi
Der Fette Frosch: Kurz-Krimi
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Alfred Bekker Kriminalroman - Münsterwölfe
Münster-Wölfe
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Ein Sauerland-Krimi: Der Killer wartet... Sonder-Edition
DER KILLER WARTET ...
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Hinter dem Mond
HINTER DEM MOND | Krimi von Alfred Bekker
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Zweisam in Sonsbeck: Kurz-Krimi
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ZWEISAM IN SONSBECK | Krimi von Alfred Bekker
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Alfred Bekker Ostfriesland-Krimi Eine Kugel für Lorant (Alfred Bekker Thriller Edition)
EINE KUGEL FÜR LORANT
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1. Kapitel
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Privatdetektiv Robert Berringer: Tuch und Tod
Tuch und Tod
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Prolog | November ...
Dezember ...
Januar ...
1. Kapitel: Ein Detektiv namens Berringer
2. Kapitel: Herzblut – Pferdeblut
3. Kapitel: Zwei Frauen in Weiß
4. Kapitel: Eine Leiche im Elfrather See
5. Kapitel: Verdächtigungen
6. Kapitel: Eine Gestalt in der Nacht
7. Kapitel: Ausgebootet auf der BOOT
8. Kapitel: Böses Erwachen
9. Kapitel: Der Mörder
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Privatdetektiv Robert Berringer: Der Armbrustmörder
Der Armbrustmörder | Krimi von Alfred Bekker
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Prolog
1. Kapitel: Berringer, dein Freund und Helfer
2. Kapitel: In den Straßen von Mönchengladbach
3. Kapitel: Im Fadenkreuz
4. Kapitel: M – Eine Stadt sucht einen Mörder
5. Kapitel: Die Nacht des Jägers
6. Kapitel: Es gibt kein Zurück
7. Kapitel: Tote schlafen besser
8. Kapitel: Das Gesicht im Dunkeln
9. Kapitel: Der dritte Mann
10. Kapitel: Das letzte Kapitel
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Further Reading: 10 Ferien Thriller: Krimi-Lesefutter für lange Nächte
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Acht besondere Krimis: Roman-Koffer
von Alfred Bekker
Über diesen Band:
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Der Umfang entspricht 1000 Taschenbuch-Seiten.
Thriller Spannung an Tatorten in Ostfriesland, Münsterland, NRW, Sauerland, Düsseldorf, Krefeld und am Niederrhein.
Ein Heftroman-Autor findet eine Leiche in der Badewanne. Ein Privatetektiv ermittelt in Ostfriesland in einem Mordfall, in dem Boßel-Kugeln eine entscheidende Rolle spielen. In Lüdenscheid im Sauerland geht ein gnadenloser Rächer um. Im münsterländischen Ladbergen ist im Jahr 1969 gerade Schützenfest, als der erste Mensch den Mond betritt und ein Junge erstochen im Gras liegt. Ein Krefelder Textil-Baron fürchtet um sein Leben und beauftragt einen Detektiv. Wenig später ist er tot.
In Mönchengladbach geht ein Armbrustmörder um...
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Der fette Frosch
Münster-Wölfe
Der Killer wartet...
Hinter dem Mond
Zweisam in Sonsbeck
Eine Kugel für Lorant
Tuch und Tod
Der Armbrustmörder
Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von
Alfred Bekker (https://www.lovelybooks.de/autor/Alfred-Bekker/)
© Roman by Author /
© dieser Ausgabe 2021 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.
Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.
Alle Rechte vorbehalten.
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Alles rund um Belletristik!
Der Fette Frosch: Kurz-Krimi
Alfred Bekker
Published by Alfred Bekker, 2021.
Table of Contents
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von Alfred Bekker
Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von
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Alles rund um Belletristik!
Berlin, 1928...
Der Fette Frosch – so nannte man den feinen Pinkel mit dem imposante Doppelkinn überall in Berlin. Natürlich nannte man ihn nur dann so, wenn er nicht dabei war. Ansonsten hätte das niemand gesagt. Denn der Fette Frosch wurde gefürchtet – und das mit Recht. Mit jemandem wie ihm, legte man sich besser nicht an. So mancher, der das versucht hatte, war schließlich in der Spree gelandet und irgendwo als fischzerfressene Leiche angespült worden.
Andere waren einfach verschwunden und nie wieder aufgetaucht. Allerdings legte der Fette Frosch niemals selbst Hand an. Das hatte er auch nicht nötig. Er selbst war jederzeit absolut friedlich. Ein Fetter Frosch, der ausnahmsweise keiner Fliege etwas zuleide tat. Dafür hatte er seine Leute. Ein schiefer Blick seiner blauen Augen reichte aus, um jemanden auszulöschen, der ihm im Weg war.
Der Fette Frosch betrieb seine Geschäfte nicht von zu Hause aus. Neun Zehntel des Tages verbrachte er in mehr oder minder exquisiten Lokalen. Manchmal auch an Spieltischen.
Wer ihn kannte wusste, wo man ihn finden konnte.
Er hielt dann regelrecht Hof, saß an seinem Tisch und ließ seine Leibwächter an den Eingängen so auffällig agieren, dass jeder mitbekam, dass sie da waren.
Der Mann, der jetzt zur Tür hereinkam, bewegte sich so schneidig, als würde er Uniform tragen. Das tat er normalerweise auch. Nur dann nicht, wenn er sich mit dem Fetten Frosch traf.
Gewohnheitsmäßig nahm er Haltung an, als er den Tisch erreichte.
"Setzen Sie sich, Herr Major", sagte der Fette Frosch.
Der Major der Reichswehr ließ sich das nicht zweimal sagen.
"Wie geht es Ihnen, Herr Major?"
"Den Umständen entsprechend."
"Ich verstehe."
"Möchten Sie zuerst die gute Nachricht hören oder die schlechte?"
"Ich bin von Natur aus Optimist", sagte der Fette Frosch und lächelte dabei sehr breit.
"Mit anderen Worten: Zuerst die gute Nachricht!"
"Wenn ich darum bitten dürfte!"
"Sie können noch jede Menge Kokain bekommen."
"Das ist gut", sagte der Fette Frosch. Er nahm einen Schluck aus seiner Kaffeetasse. "Zurzeit kann man in Berlin gar nicht genug von dem Kokolores bekommen." Er lächelte. "Wilde Träume nach einem verlorenen Krieg. Manchen bleibt nichts anderes."
"Kokain ist nichts anderes, als ein gewöhnliches Schmerzmittel. Die Reichswehr hat während des Krieges Unmengen davon eingelagert. Die werden jetzt nicht mehr gebraucht..." Der Major lachte heiser auf. "So viele Kriege kann unser geschrumpftes 100.000-Mann Heer gar nicht führen, dass das ganze Zeug noch mal gebraucht werden könnten!"
"Das sehe ich auch so."
"Außerdem dient es so noch einem guten Zweck..."
"Ihrem persönlichen Gewinn!"
"Der Finanzierung einer nationalen Revolution in Deutschland!", widersprach der Major. "Damit Deutschland nicht länger von Hochverrätern à la Stresemann regiert wird oder über kurz oder lang die Bolschewisten die Macht übernehmen!"
"Und Sie wollen mir wirklich erzählen, dass das Sie das alles nur aus selbstloser Hingabe für die gute Sache tun und für Sie persönlich gar nichts übrig bleibt, Herr Major?" Der Fette Frosch hob die Augenbrauen, die bei ihm allerdings kaum sichtbar waren. Sie waren so hell, dass sie sich kaum von der Haut abhoben.
Auf der Stirn des Majors bildete sich eine tiefe Furche. Eine Ahnung jenes Zorns spiegelte sich darin wider, den der Major empfand. Ein Zorn, der sich auf die Umstände, auf die Zeit und jene richtete, die er für beides verantwortlich machte. Der Fette Frosch hatte diesen Zorn schon zuvor bei seinem Gegenüber bemerkt und sich gefragt, ob jemand wie er selbst nicht zwangsläufig in diesen Zorn eingeschlossen sein musste. Jemand, der durch die Entwicklung der letzten Jahre reich geworden war. Jemand, der Profit aus dem Untergang so vieler anderer hatte ziehen können.
Mag sein, dass er mich verachtet, dachte der Fette Frosch. Mag sein, dass er mir unter anderen Umständen nicht einmal die Hand geben würde. Aber im Moment brauchen wir uns gegenseitig. Und das ist gut so.
"Ich erwarte dann schnellstmöglich Ihre nächste Lieferung", sagte der Fette Frosch.
"Eine Kleinigkeit wäre in diesem Zusammenhang noch zu besprechen."
"Welche Kleinigkeit?"
"Der Preis..."
"Dachte ich es mir doch...."
"Ich werde ihn moderat erhöhen."
"Ah, ja?"
"Um gute 100 Prozent."
Der Fette Frosch seufzte. "Wir sind ja alle nun schon ganz andere Inflationsraten gewöhnt."
"Ich danke Ihnen für Ihr Verständnis. Angebot und Nachfrage regeln den Preis..."
"Das müssen Sie mir nicht erläutern, Herr Major!"
"...und die nationale Sache erfordert es."
"Ja, sicher!"
"Dann sind wir uns also einig!"
"Habe ich eine Wahl?"
In dem kantigen Gesicht des Majors erschien zum ersten Mal die Ahnung eines zufriedenen Lächelns. "Nein", sagte er und der Klang seiner Stimme erinnerte den Fetten Frosch an klirrendes Eis. "Aber ich denke, Ihre Gewinnmargen für den Kokolores steigen im Augenblick auch überproportional.”
"Wie auch immer...”
"Ach, kommen Sie!”
"Sie sprachen noch einer von einer zweiten Neuigkeit, Herr Major!”
"Sie meinen die weniger Erfreuliche!”
"Wenn Sie das so einschätzen, wird es wohl zutreffen.”
Der Major fixierte den Fetten Frosch mit einem geraden, durchdringenden Blick.
"Mir ist etwas zu Ohren gekommen. Sie können damit anfangen, was sie wollen, aber im Interesse unserer guten Geschäftsbeziehung, sollten Sie das Problem möglichst schnell lösen.”
"Worum geht es?”
"Um einen Mann namens Raboi. Robert Raboi.”
Der Fette Frosch ließ sich nicht anmerken, ob er mit diesem Namen etwas anfangen konnte oder nicht. Seine Züge gefroren zu einer freundlich lächelnden Maske. Er schlürfte an seinem Kaffee und ließ durch nichts erkennen, dass er zu dem, was der Major gesagt hatte, im Augenblick in irgendeiner Weise Stellung zu nehmen beabsichtigte.
"Sie hatten mal mit diesem Raboi zu tun”, stellte der Major fest. "Und einige Leute, mit denen Sie zu tun hatten, hatten auch mit ihm zu tun. Unglücklicherweise hatten auch einige Leute, mit denen ich zutun hatte, mit ihm zu tun.”
"Ist das so?”
"Das Problem ist: Ein paar sehr ehrgeizige Leute haben diesen Mann umgedreht. Er wird in Zukunft für die Polizei arbeiten. Früher oder später wird er alles preisgeben, was er weiß. "
"Ich habe verstanden, was Sie mir damit sagen wollten, Herr Major”, sagte der Fette Frosch nüchtern - und abermals, ohne zur Sache selbst in irgendeiner Weise Stellung zu nehmen.
"Dann kann ich mich auf Sie verlassen?”
"Haben Sie bisher irgendeinen Grund gehabt, daran zu zweifeln?”
"Nein.”
"Ich denke, ich weiß sehr gut, was getan werden muss!”
"Das wollte ich hören”, sagte der Major.
Man sagte, Stahl-Ede sei verrückt.
Er war fast zwei Meter groß und sehr breitschultrig.
Er war mal eine Weile Preisboxer auf Jahrmärkten gewesen. Zu Kaisers Zeiten.
Seit dem Krieg hatte eine Stahlplatte im Schädel, die seinem ohnehin schon kantigen Kopf ein monströses Aussehen gab.
Aber für die Tätigkeiten, für die ihn der Fette Frosch engagierte, war Stahl-Edes spezielle Mischung aus Gewalttätigkeit, Monstrosität und Irrsinn nicht unbedingt ein Nachteil. Wenn Stahl-Ede bei jemandem vor der Tür stand, um Schulden einzutreiben, wirkte allein der Anblick seines Kopfes so einschüchternd, dass sich die ausstehenden Gelder wie von selbst eintrieben. Und wenn dieser Mann in einem Bordell oder einem Cabaret dafür sorgte, dass irgendein Störenfried vor Tür gesetzt wurde, gab es selten ernsthaften Widerstand.
Wenn doch, dann lernte man ihn kennen.
Die wahnsinnige Seite von ihm nämlich, die manchmal die Oberhand gewinnen.
Dann verhielt er sich wie ein Berserker und wusste kaum noch, was er tat. Notfalls nahm er es dann mit einem Dutzend Schlägern gleichzeitig auf, ohne auf sich und andere Rücksicht zu nehmen.
Solange er genug Kokain bekam, blieb er meistens friedlich.
Dann waren die Schmerzen nicht so schlimm, die hinter der Stahlplatte in seinem Kopf hämmerten.
Jetzt wartete Stahl-Ede am Straßenrand und trat sich die Füße platt. Es war ein dunstiger, kühler Morgen. Die Zeitungsjungen verteilten die Morgenzeitungen. Das Kabinett hatte mal wieder gewechselt und es war von Neuwahlen die Rede. Das übliche eben.
Stahl-Ede sog die Luft ein, was er immer mit einem eigenartigen Geräusch tat. Seine Nasenflügel bebten. Könnte wirklich bald auftauchen, der Fette Frosch!, ging es ihm durch den Kopf, während eine rote Welle aus purem Schmerz ihn überkam.
Natürlich hätte er den Fetten Frosch in dessen Anwesenheit niemals so genannt.
Dazu hätte selbst Stahl-Ede zuviel Respekt vor ihm gehabt.
Aber wenn er nicht dabei war, dann sprachen alle über ihn als den Fetten Frosch und das war noch nicht einmal despektierlich oder abfällig gemeint. Ganz im Gegenteil, denn der Fette Frosch hatte vielen geholfen. Und darum halfen diese vielen ihm. So einfach war das. Geben und nehmen.
Stahl-Ede kam langsam wieder zu sich. Der Schmerz ebbte ab.
Er bemerkte, dass einer der Zeitungsjungen stehen geblieben war und ihn nun unentwegt und mit offenem Mund und großen Augen anstarrte.
"Watt guckste?”, fragte Stahl-Ede.
Der Junge konnte nichts sagen.
Er starrte einfach nur und konnte damit anscheinend einfach nicht aufhören.
"Noch nie einen Mann mit einem Stück Metall im Kopf gesehen?”, fragte Stahl-Ede dann und grinste schief.
Der Junge rannte weg und verlor beinahe seinen Zeitungsstapel dabei.
"Vor mir braucht niemand nicht Angst zu haben!”, rief er ihm hinterher. "Hörst du?”
Vielleicht hörte der Junge es.
Aber anscheinend glaubte er es nicht.
Dann kam eine sechssitzige Limousine vom Typ Mercedes 24/100/140 PS die Straße entlang, wurde langsamer und hielt schließlich genau vor Strahl-Edes Füßen.
Die Hintertür öffnete sich.
"Steig ein!”, sagte eine Stimme.
"Na endlich!”, sagte Stahl-Ede
Stahl-Ede nahm in dem geräumigen Mercedes Platz. Wie ein kleiner Omnibus kam ihm dieser Wagen vor. So groß war er.
"Weiterfahren!”, sagte die Stimme an den Chauffeur gerichtet.
Es war die Stimme des Fetten Froschs. Sein Gesicht wurde erst jetzt sichtbar, da es sich zuvor im Schatten befunden hatte. Aber nun wurde es von der tiefstehenden Morgensonne beschienen.
"Wie geht es dir, Ede?”
"Nicht gut.”
"Ich hatte dir genug von dem weißen Pulver gegeben.”
"Ich habe mehr gebraucht.”
"Verstehe.”
"Bin komplett blank.”
"Nun...”
"Haben Sie was für mich... Ich werd noch wahnsinnig!”
"Das bist du schon, Ede.”
"Haben Sie das Zeug dabei?”
Der Fette Frosch langte in die Innentasche seines Mantels und holte ein Päckchen heraus.
Das reichte er Stahl-Ede.
"Hier.”
Er wollte es öffnen.
Aber der Fette Frosch schüttelte den Kopf.
"Nicht hier.”
"Wieso?”
"Ich will nicht dabei sein.”
"Es gibt kein Gesetz dagegen!”
Es gab kein Gesetz gegen den Handel und den Konsum von Kokain. Aber es gab Gesetze, die es verboten, Eigentum der Reichswehr einfach zu verkaufen. Und es gab ein Gesetz gegen Hehlerei - und im Prinzip war es das, was man dem Fetten Frosch im großen Stil vorwerfen konnte. Er kaufte Waren an, von denen er wusste, dass diejenigen, die sie verkauften, gar nicht dazu befugt waren.
Aber das waren Feinheiten, über die er sich mit Stahl-Ede gar nicht unterhalten wollte.
"Nicht hier”, wiederholte der Fette Frosch. "Ich mag nämlich nicht, wie die Leute werden, wenn sie das Zeug genommen haben.”
"Wie?”
"Ich mag nicht, wenn sie unablässig dummes Zeug zu reden beginnen.”
"Watt?”
"Kokolores eben, verstehst du? Also tu mir den Gefallen und warte, bis du hier raus bist.”
Stahl-Ede sah den Fetten Frosch mit einem schmerzverzerrtem Gesicht an. Aber er folgte der Anweisung des Fetten Froschs, ohne irgendeinen Widerspruch.
Der Fette Frosch sagte dann: "Ich habe noch etwas anderes für dich.”
"Was?”
"Einen Moment.”
Der Fette Frosch holte ein zweites Päckchen hervor. Es war schwerer und nicht in Zeitungspapier eingewickelt, wie das Erste, sondern in ein Tuch.
"Das ist eine Waffe.”
"Eine Waffe?”
"Munition ist dabei.”
Die Stirn von Stahl-Ede verzog sich auf eine groteske Weise. Irgendetwas Kantiges unter der Haut trat dabei deutlich hervor. Der Fette Frosch hatte die Bilder eines Maschinenmenschen vor Augen, wie ihn sich der Regisseur des Films Metropolis vorgestellt hatte. In Wahrheit gibt es das längst, dachte der Fette Frosch. Nur sorgte bei Stahl-Ede eben kein Fritz Lang dafür, dass das Licht günstig fiel und es am Ende zwar eigenartig, aber immer noch gut aussah.
Stahl-Ede hatte offenbar sofort begriffen, worauf das Ganze hinauslief.
Auf einen Mordauftrag nämlich.
Der Fette Frosch brauchte es nichteinmal auszusprechen.
"Wer?”, fragte Stahl-Ede nur.
"Erinnerst du dich noch an Robert Raboi?”
"Raboi”, sagte Stahl-Ede bestätigend.
"War ja nicht lange bei uns. Viel zu tun hatten wir mit ihm nicht.”
"Raboi”, wiederholte Ede. "Raboi! Raboi!”
"Jetzt muss er jedenfalls weg.”
"Weg”, wiederholte Ede.
"Exakt.”
"Raboi weg.”
Stahl-Ede brauchte eine Weile, um Raboi aufzutreiben. Aber er war ein erfahrener Jäger im Auftrag seines Herrn. Ihm entkam niemand.
Ede wartete geduldig an einem Mauervorsprung, von dem aus er den gesamten Hinterhof überblicken konnte. Es wurde schon dunkel.
Die Kinder, die ihn wegen seines Kopfes angesprochen hatten, hatte er verscheucht. Deren Theater konnte er jetzt nicht gebrauchen.
Und dann sah er ihn...
"Raboi, Raboi”, murmelte Stahl-Ede und zog seine Waffe. Er trat vor, legte an - feuerte.
Der Schuss hallte zwischen den Mauern der Mietshäuser weiter.
Er ging daneben, da Raboi im letzten Moment eine ungeplante Bewegung vollführt hatte.
Er taumelte, drehte sich um und dann begegneten sich die Blicke beider Männer.
Stahl-Ede feuerte noch einmal.
Raboi zog auch eine Waffe und schoss zurück.
Stahl-Ede ging hinter einem abgestellten Lastwagen in Deckung. So, wie er es im Krieg gelernt hatte. Sowas verlernte man nicht. Raboi rannte weg. Stahl-Ede hörte seine klackernden Schuhe auf dem Pflaster. Ede stieß einen wilden, tierhaften Schrei aus. Mehrere Fenster wurden daraufhin geschlossen. Andere hingegen aufgerissen.
Ede schnellte hoch. "Sturmangriff!”, brüllte er. "Sturmangriff! Raboi! Raboi!”
Mit der Waffe in der Faust rannte er los.
Er sah Raboi gerade noch in einem Durchgang verschwinden.
Aber Stahl-Ede war trotz seiner massigen Gestalt ein sehr guter Läufer.
So schnell entkam ihm niemand.
Ede erreichte wild brüllend die Durchfahrt. Von dem Flüchtigen sah er keine Spur.
Konnte sein, dass das eine Falle war...
Er ist noch in der Nähe!, dachte Stahl-Ede. Er hatte das im Gefühl. Und zumindest in dieser Hinsicht konnte er sich auf darauf verlassen. Raboi war noch hier... Es war fast so, als ob er ihn gerochen hätte.
Innerhalb des Durchgangs war es ziemlich finster. Eine Zone der Schatten.
Ede bemerkte eine Bewegung, wirbelte herum. Und dann sah er in einer Türnische einen Mann und eine Frau, eng umschlungen. Beide noch recht jung. Der Mann trug eine SA-Uniform.
Die beiden starrten Stahl-Ede an, als ob sie einen leibhaftigen Geist erblickt hätten.
"Watt glotzt ihr denn so!”, brüllte Ede die beiden an.
Das Pärchen war starr vor Angst.
Ede ging an ihnen vorbei und ließ den Blick schweifen. Am Ausgang der Durchfahrt hob sich nun plötzlich ein Schatten ab. Er sah aus wie ein Scherenschnitt. Ede riss seine Waffe hoch, aber der andere war schneller. Beide schossen kurz hintereinander. Mündungsfeuer blitzte auf. Ede verriss seinen Schuss, denn in diesem Moment traf ihn etwas wie ein Hammerschlag am Kopf. Es gab ein metallisches Geräusch, als die Kugel mit der Stahlplatte in seinem Kopf kollidierte. Die Wucht war so stark, dass es ihn nach hinten riss.
Der Länge nach lag er dann auf dem Pflaster.
Stahl-Ede wischte sich das Blut ab, dass ihm das Gesicht herunterlief. Die Frau in der Türnische schrie aus Leibeskräften, so als sei sie selbst getroffen worden.
Stahl-Ede fühlte sich benommen. Nur nicht das Bewusstsein verlieren, dachte er. Er rappelte sich auf. Ihm war schwindelig. Das Blut floss ihm in die Augen. Er blinzelte.
"Raboi!”, knurrte er.
Aber der war erstmal auf und davon.
Stahl-Ede erhob sich mühsam. Wankend ging er davon. Niemand stellte sich ihm in den Weg.
Leider keine gute Nachricht für den Fetten Frosch, dachte Ede.
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(https://books2read.com/u/bo7ERZ)
1000 Seiten Krimi-Paket Morde für den Strandurlaub 2019
von Alfred Bekker, Horst Bieber & Uwe Erichsen & Pete Hackett & Thomas West & Franc Helgath
Dieses Buch enthält folgende sechs Krimis:
Thomas West: Der Gangster-Clan
Horst Bieber: Die Kommissarin gibt auf
Alfred Bekker: Eine Leiche im Kofferraum
Alfred Bekker: Killer ohne Namen
Alfred Bekker: Den Tod vor Augen
Alfred Bekker: Satansjünger
Uwe Erichsen: Travers und das Dynamit-Komplott
Pete Hackett: Nichts war ihnen heilig
Pete Hackett: Tödliche Altlasten
Pete Hackett: Im Fadenkreuz des Terrors
Franc Helgath: Tausend Leichen auf der Bank
Marlene Schelm, genannt Lene, ist eine tüchtige aber auch eigenwillige Erste Kriminalhauptkommissarin in der Mordkommission.
Ist es wirklich nur ein Zufall, dass die letzten drei Fälle auf ihrem Schreibtisch, sie an die Umstände erinnern, wie vor 14 Jahre ihre Tochter Tanja verschwunden ist?
Selbst heute sitzt der Schmerz noch tief. Die Wunde will einfach nicht heilen.
Ihre Kollegen vermuten, dass die Kommissarin sich deshalb hinter ihre Arbeit versteckt, damit man ihr nicht vorwerfen kann, die Suche nach ihrer Tochter vorschnell aufgegeben zu haben.
Als man ihr aus heiterem Himmel und ohne stichhaltige Begründung einen Fall wegnehmen will, setzt sie dickköpfig alles auf eine Karte und ermittelt auf eigene Faust und nur mit Hilfe weniger Freunde hartnäckig weiter.
Unversehens stolpert sie damit aber auch in die große Politik und gerät damit in einen Sumpf aus Intrigen und Gewalt, doch Lene will sich davon nicht einschüchtern lassen, selbst wenn sie dafür den Polizeidienst quittieren müsste.
Über Alfred Bekker:
Wenn ein Junge den Namen „Der die Elben versteht“ (Alfred) erhält und in einem Jahr des Drachen (1964) an einem Sonntag geboren wird, ist sein Schicksal vorherbestimmt: Er muss Fantasy-Autor werden! Dass er später ein bislang über 30 Bücher umfassendes Fantasy-Universum um “Das Reich der Elben” schuf, erscheint da nur logisch. Alfred Bekker wurde am 27.9.1964 in Borghorst (heute Steinfurt) geboren und wuchs in den münsterländischen Gemeinden Ladbergen und Lengerich auf. Schon als Student veröffentlichte Bekker zahlreiche Romane und Kurzgeschichten und wurde Mitautor zugkräftiger Romanserien wie Kommissar X, Jerry Cotton, Rhen Dhark, Bad Earth und Sternenfaust und schrieb eine Reihe von Kriminalromanen. Angeregt durch seine Tätigkeit als Lehrer wandte er sich schließlich auch dem Kinder- und Jugendbuch zu, wo er Buchserien wie 'Tatort Mittelalter', ‘Ragnar der Wikinger’, 'Da Vincis Fälle - die mysteriösen Abenteuer des jungen Leonardo’', 'Elbenkinder', 'Die wilden Orks', ‘Zwergenkinder’, ‘Elvany’, ‘Fußball-Internat’, ‘Mein Freund Tutenchamun’, ‘Drachenkinder’ und andere mehr entwickelte. Seine Fantasy-Zyklen um 'Das Reich der Elben', die 'DrachenErde-Saga' ,die 'Gorian'-Trilogie, und die Halblinge-Trilogie machten ihn einem großen Publikum bekannt. Alfred Bekker benutzte auch die Pseudonyme Neal Chadwick, Henry Rohmer, Adrian Leschek, Brian Carisi, Leslie Garber, Robert Gruber, Chris Heller und Jack Raymond. Als Janet Farell verfasste er die meisten Romane der romantischen Gruselserie Jessica Bannister. Historische Romane schrieb er unter den Namen Jonas Herlin und Conny Walden. Einige Gruselromane für Teenager verfasste er als John Devlin. Seine Romane erschienen u.a. bei Lyx, Blanvalet, BVK, Goldmann,, Schneiderbuch, Arena, dtv, Ueberreuter und Bastei Lübbe und wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt., darunter Englisch, Niederländisch, Dänisch, Türkisch, Indonesisch, Polnisch, Vietnamesisch, Finnisch, Bulgarisch und Polnisch.
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Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von
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© Roman by Author
© dieser Ausgabe 2020 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.
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Roman von Alfred Bekker
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© 1994, 1999, 2005, 2011, 2012 by Alfred Bekker
Der Roman „Münster-Wölfe“ erschien auch unter dem Titel „Gnadenlose Wölfe und andere nette Leute“ und war Teil des Sammelwerks „Münsterland-Killer“, sowie „Regio und Mordio“.
© der Digitalausgabe 2015 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen
All rights reserved.
www.AlfredBekker.de
Der Umfang dieses Ebook entspricht 180 Taschenbuchseiten.
Meine Finger glitten wie von selbst über die leichtgängige Computertastatur. Ein leises Klackern war dabei zu hören und vermischte sich mit dem unablässigen Summen des Ventilators, der meinen Rechner kühl hielt. Der Cursor blinkte auf, rutschte über die Benutzeroberfläche und zog eine Schriftspur hinter sich her.
Ich schrieb:
›Jake McCord kniff die Augen zu schmalen Schlitzen zusammen, als er die drei Reiter herannahen sah.
Das muss Dickson mit seinen Bluthunden sein!, ging es ihm durch den Kopf.
Er erhob sich von seinem Lagerplatz und nahm noch einen tiefen Schluck aus der mit heißem Kaffee gefüllten Blechtasse.
Die Tasse hielt er mit der Linken, die Rechte glitt unterdessen zur Seite - dorthin, wo der Griff seines 45er Colts aus dem tiefgeschnallten Revolverholster ragte.
Als die drei Reiter näher heran waren, konnte er deutlich Barry Dicksons blasses Gesicht erkennen, das von einem dünnen, schwarzen Bart umrahmt wurde.
Das wird Ärger geben!, dachte McCord.
Doch er ließ sich keineswegs aus der Ruhe bringen und nahm einen weiteren Schluck Kaffee. Indessen waren die Reiter herangekommen. In einer Entfernung von kaum mehr als einem Dutzend Yards zügelten sie ihre Pferde.
McCords Augen begegneten Dicksons kaltem Blick.
"Hatte ich Ihnen nicht gesagt, dass es besser wäre, aus der Gegend zu verschwinden?", zischte Dickson dann, während seine beiden Begleiter ihre Hände zu den Revolvern gleiten ließen.
McCord nickte. "Das hatten Sie gesagt. Aber so leicht bin ich nicht einzuschüchtern!"
"Wenn Sie glauben, dass ich mir von einem Satteltramp wie Ihnen auf der Nase herumtanzen lasse, dann sind Sie schief gewickelt, McCord!"
"Das Gesetz ist auf meiner Seite", erwiderte McCord ruhig. "Und das wissen Sie auch!"
Dickson verzog höhnisch das Gesicht. "Das Gesetz? Ich bin das Gesetz hier in der Gegend!"
McCord ließ den Blick von einem zum anderen schweifen. In den Augen dieser Männer las er den Tod. Seinen Tod. Er sah die Anspannung in den Gesichtern von Dicksons Leuten. Die Hände waren bei den Revolvern, bereit, sie jeden Augenblick zu ziehen. Die Männer warteten nur noch auf ein Zeichen, um loszuschlagen.
Und dieses Zeichen kam schließlich auch. Es war ein kaum merkliches Nicken, mit dem Barry Dickson die Hölle losbrechen ließ.
Die Männer rissen ihre Eisen aus den Holstern. Sie waren schnelle, aber lausige Schützen. McCord zog ebenfalls blitzartig den Revolver und feuerte.
Der Kerl rechts von Dickson schrie auf, als ihm McCords Kugel in die Schulter fuhr, ihn nach hinten riss, und er die Waffe fallen ließ.
McCord warf sich zu Boden, während der Kugelhagel seiner Gegner über ihn hinwegpfiff. Noch im Fallen feuerte er ein zweites Mal und holte damit Barry Dickson aus dem Sattel. Schwer stürzte der Vormann der Morton-Ranch zu Boden und blieb reglos auf dem Rücken liegen. Ein kleines, rotes Loch hatte sich mitten auf seiner Stirn gebildet, während seine Augen starr in den Himmel blickten.
Dicht neben sich fühlte Jake McCord eine Kugel in den Boden einschlagen, die den Sand zu einer kleinen Fontäne aufwirbelte. Er rollte sich herum, riss dann den Revolverlauf empor und jagte dem dritten Kerl eine Kugel mitten in die Brust.‹
Ich lehnte mich zurück und war zufrieden mit mir. Zwanzig Seiten hatte ich heute schon geschrieben, die letzten zehn davon in einem Zug.
Es war einfach so aus mir herausgeflossen. Durch meine Finger hindurch in die Computertastatur.
'Gnadenlose Wölfe' sollte das Werk heißen. Heute Morgen hatte ich nichts weiter als diesen Titel gehabt. 'Gnadenlose Wölfe'! Ich fand, dass das gut klang.
Wenn alles glatt ging, würde ich in einer Woche die 120 Manuskriptseiten in die Tastatur gehackt haben.
In zirka sechs Monaten konnte man es dann aller Voraussicht nach an jedem Kiosk als Romanheft kaufen. Mit einem knalligen Titelbild versehen.
'GNADENLOSE WÖLFE' - Untertitel vielleicht: 'Sie kannten kein Erbarmen - ein neuer, ungewöhnlich faszinierender Roman von MIKE HELL.'
Aber davor hatten der Herrgott und der Redakteur noch ein bisschen Schweiß gesetzt. Seite Zwanzig. Heute war ich gut in Form, und vielleicht würde ich nachher noch einmal zehn Seiten schreiben.
Doch im Augenblick war mir mehr nach einer Tasse Kaffee.
Ich wollte gerade den Text sichern, da wurde der Bildschirm plötzlich dunkel.
Auch das Licht war ausgegangen.
Ein Kurzschluss! Ich fluchte innerlich. Die letzten fünf Seiten waren nicht gesichert gewesen und damit unwiederbringlich verloren.
Wahrscheinlich war es wieder der defekte Föhn von dem Kerl, der die Wohnung eine Treppe höher bewohnte.
Es war immer dasselbe. Der Kerl benutzte das Gerät, und wenn ich Pech hatte, sprang die Hauptsicherung raus.
Das Leitungsnetz in diesem Haus war völlig veraltet. Baujahr irgendwann vor dem Krieg oder kurz danach. Eigentlich hätten hier alle Leitungen herausgerissen und erneuert werden müssen. Abends, wenn die Fernseher nach und nach angingen, wurde es immer besonders kritisch.
Am besten ließ sich zwischen Mitternacht und Frühstück arbeiten. Dann war man relativ sicher davor, dass der Strom auf einmal weg war. Nur weil zwei Dutzend Idioten plötzlich alle gleichzeitig ihre sämtlichen elektrischen Geräte anstellen mussten. Und selbst der Typ mit dem kaputten Föhn trocknete sich dann seltener die Haare.
Ich war sauer.
Der blöde Kerl über mir - vorausgesetzt mein Zorn traf ihn in diesem Fall zu Recht - hatte mir fünf Seiten vernichtet.
Beim nächsten Mal sollte ich ihn auf Schadensersatz verklagen!, dachte ich.
Diese Seiten waren schließlich bares Geld für mich gewesen!
Andererseits war der Kerl aber selbst offensichtlich zu geizig, um sich endlich einen neuen Föhn zu besorgen, der sich mit der Hauptsicherung besser vertrug!
Ich atmete tief durch. So lange ich in diesem Haus lebte, würde ich mich mit diesen Zuständen abfinden müssen.
Ich knipste Bildschirm und Zentraleinheit des Computers off, damit - wenn die Sicherung wieder eingeschaltet war - der Strom nicht mit voller Wucht in die Geräte schlug. Das soll nämlich schädlich sein.
Dann erhob ich mich und überlegte einen Moment, was ich tun sollte.
Es gab mehrere Möglichkeiten.
Ich konnte in den Keller gehen, um die Sicherung wieder einzuschalten.
Ich konnte aber auch abwarten, bis einer der anderen Hausbewohner in den Keller ging, um die Sicherung wieder einzuschalten.
Ich sah auf die Uhr. Genau 17.30 Uhr.
Das bedeutete, dass schon eine ganze Reihe von Leuten zu Hause war, vor dem Fernseher saß, Radio hörte und so weiter. Meine Chancen, mich nicht selber aufmachen zu müssen, weil sich jemand anders durch den stromlosen Zustand noch mehr genervt fühlte als ich, standen also gar nicht so schlecht.
Ich ging in die Küche.
Da stand noch Kaffee in der Maschine. Die war natürlich auch ohne Strom, also war klar, dass der Kaffee bald kalt sein würde. So entschloss ich mich, mir erst einmal eine Tasse einzuschenken und abzuwarten.
Draußen, vom Treppenhaus her, hörte ich Geräusche und Stimmen. Da hatte sich also tatsächlich jemand in den Keller aufgemacht, genau wie ich vermutet hatte.
Ich schlürfte meinen Kaffee und wartete ab.
Dann war plötzlich wieder Strom da. Das Licht ging an, das Kontrolllämpchen der Kaffeemaschine leuchtete wieder, und das Radio in der Küche, das ich abzuschalten vergessen hatte, murmelte vor sich hin.
Doch das währte keine zwei Sekunden.
Dann war es schon wieder vorbei. Der Strom war erneut weg, was nur daran liegen konnte, dass der Kurzschluss immer noch bestand.
Wahrscheinlich hat dieser Idiot seinen Haartrockner einfach wieder eingeschaltet und versucht, sich zu Ende zu föhnen!, dachte ich grimmig.
Er war ein Ignorant.
Ich hatte ihn schon einmal wegen dieses verdammten Föhns angesprochen, aber er meinte, es liege an meinem Computer. Der ziehe zuviel Strom, und deshalb könne das Leitungsnetz seinen Föhn nicht verkraften. So ein Blödsinn!
Ich glaube, ich muss nicht besonders betonen, dass ich ihn nicht leiden kann. Wie sollte es anders sein, da er mir ja schließlich in mehr oder minder regelmäßigen Abständen Geld stahl.
Nein, pardon, ›stahl‹ ist nicht richtig ausgedrückt. Er vernichtete es. Er vernichtete Geld - und dummerweise gehörte dieses Geld mir.
›Zur Hölle mit ihm!‹, oder so etwas in der Art hätte Jake McCord aus GNADENLOSE WÖLFE, diesem ungewöhnlich spannenden, wenn auch noch ziemlich unfertigen Western-Roman, in einem solchen Fall gesagt! ›Zur Hölle mit ihm ...‹ Wenn ich in jenem Augenblick gewusst hätte, dass er sich dort vielleicht schon befand ...
Aber es ist müßig, über solche Dinge nachzudenken.
Wieder kam für einen Augenblick Strom durch die Leitungen, der abermals sofort versiegte. Irgendjemand hatte es also ein zweites Mal versucht. Und ebenso erfolglos.
Ich trank meinen Kaffee aus.
Wie es aussah, würde ich mich doch selbst um die Sache kümmern müssen, wenn ich heute noch eine Seite in die Tasten bringen wollte!
Verdammt, ich war so gut drin gewesen, und dann das!
Die Probleme von Jake McCord lösten sich auf Seite 120, das war von vorn herein klar. Meine eigenen Probleme musste ich selbst meistern.
Kein gottgleicher Autor löste sie für mich in Wohlgefallen und einem Happy-End inklusive einem schönen Mädchen und dem Ende aller Schurken auf!
Ich ging in den Flur, öffnete meine Wohnungstür und trat hinaus ins Treppenhaus.
Von unten hörte ich Stimmen.
Es waren Frauenstimmen, und zwar mindestens zwei.
Sie kamen aus dem Keller die Treppe herauf und hatten wohl eingesehen, dass es so einfach, wie sie gedacht hatten, nicht war.
Indessen schloss ich sorgfältig die Tür hinter mir ab. Auch wenn man nur kurz aus der Wohnung ist, sollte man das tun. Es ist hier schon passiert, dass jemand nur den Mülleimer hinausgebracht hat, ohne abzuschließen, und dann das Familiensilber vermisste.
Ich warf einen Blick hinunter zu den Frauen.
Aber auch von oben kam jemand. Und auch das war eine Frau, das hörte ich an den Schuhen.
Ich wirbelte herum und blickte in ein fein geschnittenes, von dunkelbraunen Haaren umrahmtes Gesicht mit grüngrauen Augen. Ich schätzte sie auf Anfang zwanzig.
Sie war hübsch, aber das war nicht der Hauptgrund, weshalb mein Blick an ihr haften blieb.
Für einen kurzen Moment sahen wir uns an.
Sie strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Eine Sekunde lang blieb sie stehen und trat dann an mir vorbei. Sie wirkte irgendwie gehetzt, so als sei ihr jemand auf den Fersen. Aber ein kurzer Blick die Treppe hinauf sagte mir, dass dort niemand war.
"Hey!", rief ich ihr hinterher.
Sie blieb auf dem Absatz stehen, atmete tief durch und drehte sich dann zu mir herum. Es lag auf der Hand, dass sie nur aus der Wohnung jenes Mannes kommen konnte, dessen verfluchter Föhn vermutlich dafür verantwortlich war, dass ich jetzt hier im Treppenhaus stand, anstatt an den Tasten zu sitzen!
"Was ist?", rief sie ziemlich außer Atem.
Als sich unsere Blicke begegneten, wusste ich, dass sie Angst hatte. Schweiß stand ihr auf der Stirn, und ich konnte mir bei ihrer sportlichen Figur einfach nicht vorstellen, dass dieser durch die paar Stufen bis zum Absatz entstanden war.
Und für eine Herzkranke hatte sie einfach noch nicht das richtige Alter.
Ich deutete mit dem Daumen hinauf zur Wohnung meines Intimfeindes, der mit Vorliebe das Geld eines armen Romanschreibers vernichtete.
"Hat er sich wieder die Haare gewaschen?"
"Wer?"
Sie schien wirklich nicht zu begreifen. Ihre Augen verengten sich ein wenig.
"Na, der Kerl, der da oben wohnt. Ich weiß nicht, wie er heißt, aber sein Föhn ..."
"Föhn?"
Das Wort schien etwas in ihr auszulösen. Ich begriff noch nicht, was. Später sollte es mir klarer werden. "Was wollen Sie eigentlich?", meinte sie dann etwas unwirsch.
"Ich wollte nur wissen, ob er zu Hause ist!", erwiderte ich dann. Wenn nicht, konnte er auch logischerweise nicht seinen Föhn eingeschaltet haben, und dann musste der Stromausfall durch etwas anderes verursacht worden sein.
"Was weiß ich ..." murmelte sie, dann wandte sie sich um und rannte weiter. Sie hastete die Treppen hinunter, als ob buchstäblich der Teufel hinter ihr her sei.
Ich verzog das Gesicht.
Der Kerl mit dem Föhn − dessen Name mir nicht einmal mehr einfallen wollte − war sicher ein Ekel. Wen wunderte es schon, wenn jemand Reißaus vor ihm nahm? Mich jedenfalls nicht.
Eine Viertelstunde später sollte mich überhaupt nichts mehr wundern!
Unterdessen kamen die Frauen von unten zu mir herauf. Der davoneilenden Schönen warfen sie einen kurzen, kritischen Blick hinterher.
Dann waren sie bei mir angelangt.
Ich kannte sie flüchtig und wusste, dass sie in der Wohnung unter mir wohnten. Sie hießen beide Meyer und waren Mutter und Tochter. Meyer mit Ypsilon, so stand es an ihrer Wohnungstür, an der ich zwangsläufig vorbeikam, wenn ich hinunter zur Straße wollte.
Die Mutter war klein, gedrungen und ziemlich dick. Deshalb schnaufte sie jetzt auch gut hörbar. Sie pfiff wie eine Dampflok. Aber das war kein Wunder.
Ich hätte auch so gepfiffen, hätte ich ihr Gewicht die vielen Stufen hinaufschleppen müssen.
Die Tochter war schon fast dreißig und hatte immer noch Akne. Ihr selbst gemachter Kurzhaarschnitt stand ihr nicht besonders. Zudem waren ihre Haare eigentlich immer fettig und ungewaschen, wenn sie mir begegnete.
Ich weiß nicht, ob meine Begegnungen mit ihr repräsentativ für ihr äußeres Erscheinungsbild waren, aber ich denke schon.
Die beiden machten unzufriedene Gesichter. Bei der Tochter war das eigentlich immer so. Es war gewissermaßen ihr Markenzeichen.
Aber die Mutter war sonst immer ganz fröhlich, besonders wenn sie in der Pizzeria gewesen war und man ihr dann auf der Treppe mit einem Turm von Schachteln vor der Brust begegnete. Irgendwoher mussten die Pfunde ja auch schließlich kommen, die sie sich angefressen hatte.
"Es wird wieder der Kerl mit dem defekten Föhn sein!", meinte die Tochter, während sie auf ihrem Kaugummi kaute.
Fehlte nur noch, dass sie eine Blase machte, aber dazu war sie dann doch vielleicht schon etwas zu erwachsen.
Selbst sie.
Trotzdem, wenn ich sie sah, fragte ich mich immer, ob es so etwas wie lebenslange Pubertät geben konnte.
"Jedenfalls haben wir nichts gemacht, was den Kurzen verursacht haben könnte", fügte die Mutter hinzu. Sie setzte trotz ihres Ärgers jetzt ein überaus freundliches Gesicht auf und meinte dann: "Machen Sie das?"
"Was?"
"Dem Kerl Bescheid stoßen! Sie sind schließlich ein Mann!"
"Was hat das damit zu tun?"
"Naja, der da oben ist doch immer so unfreundlich. Und wenn man ihn mal trifft, dann grüßt er einen noch nicht einmal!"
Ich vollführte eine hilflose Geste. Das war nun wirklich nicht das Schlimmste an ihm! Und wenn man es genau nahm, dann grüßte sich in diesem Haus ohnehin fast niemand. In dem Punkt unterschied er sich kaum von den anderen Bewohnern.
"Wir hatten schon ein paar Begegnungen der unerfreulichen Art", meinte ich. "Ich fürchte, er reagiert auf mich allergisch ..."
"Nicht allergischer als auf den ganzen Rest der Menschheit", murmelte die pickelige Tochter und drückte dabei völlig ungeniert an einer ihrer unappetitlichen Eiterbeulen herum.
Wir gingen also die Treppe zu seiner Wohnung hinauf.
Ich wusste, dass es darauf hinauslaufen würde, dass ich dem guten Mann klarmachen musste, sich endlich einen neuen Föhn zu kaufen. Die beiden Frauen trauten sich nicht, den Kotzbrocken anzusprechen.
Bei der Mutter war mir das plausibel. Ihre ganze Art war eher zurückhaltend.
Aber bei der Tochter verstand ich das nicht. Ich wusste nämlich zufällig, dass sie ziemlich laut schreien konnte, um ihre Interessen durchzusetzen. Doch das galt anscheinend nur im Umgang mit ihrer Mutter, die wirklich keinen einfachen Stand ihr gegenüber hatte. Ansonsten spielte sie den verschüchterten Hasen.
Am liebsten hätte ich ihr in diesem Augenblick vorgeschlagen: ›Schrei den Kerl von oben doch nur einmal so an, wie du das bei deiner Mutter schaffst − wahrscheinlich hätten wir dann für ein Jahr Ruhe!‹
Aber ich verkniff es mir.
Dann waren wir oben, vor seiner Tür.
Ich warf erst einmal einen Blick auf das Namensschild an der Klingel. Er hieß Jürgen Lammers. Irgendwo in einem hinteren Winkel meines Gedächtnisses schien sich etwas zu regen. Ich kannte diesen Namen irgendwoher, aber er wäre mir jetzt nicht mehr eingefallen.
"Na, los!", sagte die Mutter und drückte auch schon auf die Klingel.
"Klopfen Sie lieber", riet ich ihr. Die gute Frau hatte wohl vergessen, dass wir gegenwärtig keinen Strom hatten und Jürgen Lammers schon aus diesem Grund nichts von der Klingelei hören konnte.
"Häh?", meinte sie, und so klopfte ich selber, anstatt darauf zu warten, dass sie es begriff.
Ich erwartete, dass er jetzt jeden Moment aufmachte, wahrscheinlich in seinem speckigen Jogging-Anzug, der den Bierbauch besonders gut zur Geltung brachte. Ich erwartete, in seine böse blitzenden Augen zu blicken, die in dem grobschlächtigen Gesicht mit der dicken Nase, den dunklen Augenbrauen und den knorrigen Wangen einen überaus passenden Platz hatten.
Aber nichts dergleichen geschah.
Jürgen Lammers machte nicht auf, und ich klopfte noch einmal, diesmal schon deutlich ungeduldiger.
Und dabei gab die Tür plötzlich nach. Offenbar war sie nur angelehnt gewesen.
"Wenn die Tür offen ist, wird er ja wohl zu Hause sein", meinte die Tochter.
Ich nickte, öffnete dabei die Tür vollends und trat zögernd ein.
Die beiden Frauen folgten mir, und dann staunten wir alle drei erst einmal über das außergewöhnliche Chaos, das sich uns bot.
Mein erster spontaner Gedanke war, hier hat jemand das Unterste zuoberst gekehrt! Aber dann schalt ich mich einen Narren. Dies ist kein Roman!, sagte ich mir. Dies ist die Wirklichkeit.
Und in Wirklichkeit war die Ursache für eine chaotische Wohnung meistens die, dass der Inhaber nicht aufgeräumt hatte. Ich kannte das aus eigener, leidvoller Erfahrung.
Hinter mir hörte ich die Mutter aufatmen, während wir alle den Blick zu Boden gerichtet hatten, verzweifelt auf der Suche nach freien Stellen, auf die man die Füße setzen konnte. Die Kleidung, die man an sich an der Garderobe vermutet hätte, bedeckte den Fußboden des kleinen Flures. Die Schubladen der Kommode waren herausgerissen und ausgeleert.
Als wir schließlich ins Wohnzimmer kamen, sah es dort ebenso schlimm aus.
"Das ist nicht normal!", meinte die Mutter. "Hier ist etwas passiert. Vielleicht ein Einbruch ..."
Die pickelige Tochter verzog das Gesicht zu einer Grimasse. "Einbruch? Mama!", meinte sie dann spöttisch. Sie zuckte mit den Schultern und machte eine ziemlich herablassende Geste. "Die Tür war unversehrt! Wie soll der Dieb gekommen sein? Durch das Fenster vielleicht? Warum nicht. Mit einer Bergsteigerausrüstung an der Fassade hoch bis in den fünften Stock! Dann durch das Fenster und alles durchwühlen und schließlich auf demselben Weg wieder hinaus − natürlich nicht, ohne das Fenster zuvor von innen wieder sorgfältig zu schließen! Und selbstverständlich hat der Einbrecher dann noch absichtlich einen Kurzschluss verursacht, um uns alle zu ärgern!"
Sie kam sich sehr scharfsinnig vor, aber ihrer Mutter war das Ganze eher peinlich. Das war nicht zu übersehen.
Ich achtete nicht weiter auf das Gerede der beiden, sondern sah mich stattdessen lieber ein bisschen um.
Zwei Minuten später hörte ich plötzlich einen markerschütternden Schrei − einen Schrei, der selbst für die darin ansonsten recht geübte pickelige Tochter erstaunlich war.
Sie war ins Bad gegangen und hatte dort offenbar etwas entdeckt − oder war vielleicht auch einfach nur ausgerutscht. Ich traute ihr das Letztere zu. Besonders geschickt war sie nämlich nicht.
Jedenfalls beeilte ich mich, nach ihr zu sehen.
Die Mutter schnaufte hinter mir her.
Die Tatsache, dass kein zweiter Schrei folgte, legte ich für mich so aus, dass sie sich nichts Ernstes angetan hatte.
Einen Augenblick später sah ich sie mit offenem Mund und starr vor Schreck auf die Badewanne blicken.
In der bis über den Rand gefüllten Wanne lag ein Mann, den wir alle immerhin gut genug kannten, um ihn identifizieren zu können. Es war Jürgen Lammers, und bezeichnenderweise trug er auch jetzt seinen geschmacklosen Jogging-Anzug, der den runden Bierbauch stramm umspannte.
Seine Augen waren so giftig, wie sie es immer schon gewesen waren, aber diesmal hatten sie wahrlich Grund dazu, so zu schauen.
Lammers war nämlich mausetot.
Und dann sah ich auch die Ursache für den Kurzschluss.
Es war tatsächlich der Föhn, wie wir alle vermutet hatten. Jürgen Lammers musste ziemlich schlecht beraten gewesen sein, als er den defekten Apparat mit in die Wanne genommen hatte ...
"Mein Gott!", stieß die dicke Mutter hervor und schlug dann die Hände vor ihren offenen Mund. Sie schüttelte anschließend stumm den Kopf.
"Wir werden die Polizei rufen müssen", murmelte ich.
In meinen Romanen gibt es alle paar Seiten eine Leiche, aber dies war die Wirklichkeit. Und die ist dann doch ein bisschen anders.
"Mein Gott, wie furchtbar!", seufzte die dicke Mutter noch einmal aus tiefster Seele.
"Rühren Sie nichts an!", meinte ich.
"Wieso?"
"Damit keine Spuren verloren gehen!"
"Es ist doch Selbstmord, oder?"
"Das weiß ich nicht. Aber ich denke, die Polizei wird das herausbekommen − vorausgesetzt, wir lassen ihr die Chance dazu und bringen nicht alles durcheinander."
Irgendwie klang das seltsam angesichts der zerwühlten Wohnung. Was sollte da noch durcheinander zu bringen sein? Eine Fehlleistung von mir, ganz klar. Und eine Sekunde, nachdem dieser Schwachsinn über meine Lippen gegangen war, wurde es mir auch bewusst.
Aber wer wägt in einer solchen Situation schon so genau seine Worte ab? Nicht einmal ein Autor. Und ein Autor von Western-Romanen tut es sowieso nie.
Ich verließ also das Bad und suchte im Wohnzimmer nach dem Telefon, das sich zunächst einfach nicht auftreiben lassen wollte.
Die beiden Frauen harrten indessen in andächtiger Stille bei Lammers Leiche aus.
Schließlich fand ich das Telefon unter dem Sofa, aber die Schnur war herausgerissen.
Ich fluchte innerlich. Hier hatte jemand wirklich ganze Arbeit geleistet!
Mein Blick glitt über das Durcheinander, das auf mich jetzt wie ein völlig überladenes Stillleben wirkte.
Nein, je länger ich die Sache betrachtete, desto unwahrscheinlicher schien es mir, dass Lammers für dieses Chaos selbst verantwortlich war.
Hier hatte entweder einer gezielt etwas gesucht − und war dann vom Besitzer dieser Räuberhöhle überrascht worden. Oder jemand hatte einen Einbruch vorzutäuschen versucht, um die Polizei bei der Suche nach dem Mörder auf die falsche Spur zu locken.
Und um Mord handelte es sich meiner Ansicht nach.
Lammers war zwar ein ziemlich begriffsstutziger Kerl gewesen, aber dass er freiwillig in voller Bekleidung in eine Badewanne stieg und dann auch noch so bescheuert war, den Föhn mit ins Wasser zu nehmen − das mochte ich einfach nicht so recht glauben. Es erschien mir zu unwahrscheinlich.
Kein Redakteur hätte mir so etwas durchgehen lassen, wenn ich auf die Idee gekommen wäre, es in einem der Kurz-Krimis zu bringen, die ich hin und wieder für Illustrierte fabriziere. Es war einfach zu absurd.
Blieb also nur Mord.
In meinem Kopf wirbelten die Gedanken durcheinander, während ich die Lammers-Wohnung verließ, die Treppe hinunter eilte, um dann zu meinem eigenen Telefon zu gelangen.
Ich nahm den Hörer ab und hatte ein paar Augenblicke später einen tranig klingenden Beamten an der Strippe, der alles andere als einen besonders aufgeweckten Eindruck machte.
Aber schließlich konnte ich ihm doch klarmachen, was los war. Die Trantüte auf der anderen Seite der Leitung brauchte dann eine halbe Ewigkeit, um meine Personalien aufzunehmen. Ich war froh, als der Hörer wieder in der Gabel hing.
Ich atmete tief durch.
Und dann fiel mir wieder die junge Frau im Treppenhaus ein, die an mir vorbei gerannt war, als ob der Teufel hinter ihr her gewesen sei.
Vielleicht war ja auch genau das der Fall gewesen, wer konnte das schon sagen? Vielleicht hatte sie Angst vor Lammers bösem Geist gehabt (wofür ich Verständnis gehabt hätte); vielleicht konnte sie auch einfach keine Leichen sehen (vorausgesetzt, sie war auch in der Wohnung gewesen).
Vielleicht war sie auch seine Mörderin ...
Nachdenklich ging ich wieder hinauf. Ich sah mir die Tür genauer an, die zu Lammers Wohnung führte.
Kein Kratzer. Nicht die geringsten Spuren irgendeiner Manipulation − von Gewalteinwirkung gar nicht zu reden.
In diesem Augenblick hätte es mich brennend interessiert, ob Lammers noch am Leben gewesen war, als ihm die Schöne mit den grüngrauen Augen einen Besuch abgestattet hatte. Lammers schien mir nicht der Typ Mann zu sein, auf den die Frauen nur so fliegen. Aber der äußere Schein mochte ja durchaus trügen.
Vielleicht hatte er unter seiner ätzenden Fassade noch irgendwelche besonderen Qualitäten verborgen, die diese Frau dazu gebracht hatten, sich mit ihm abzugeben.
Aber, halt!, sagte ich mir eindringlich, du gehst jetzt schon entschieden ein Stück zu weit! Ist wohl eine Berufskrankheit.
Eins, zwei, drei, und es ist gleich eine Story aus ein paar dürftigen Versatzstücken gezimmert. So arbeitet mein Gehirn eben.
Und das hat auch sein Gutes! Es muss so sein, sonst würde ich längst am Hungertuch nagen und selbst die Miete für diese schäbige Wohnung nicht mehr aufbringen können!
Andererseits − falls sich bestätigte, dass dies ein Mordfall war, war die Schöne natürlich eine Verdächtige ersten Ranges!
Als ich ins Wohnzimmer kam, traf ich dort auf die beiden Frauen, die inzwischen offenbar genug davon hatten, den toten Lammers anzustarren. So schön war er ja auch wirklich nicht anzusehen. Weder im Leben, noch im Tode.
"Kommt die Polizei?", fragte die Mutter.
Ich nickte. "Ja. Sie schicken jemanden."
"So etwas hat es hier noch nie gegeben", meinte die Mutter. "Vor zwei Jahren wurde in der Disco im Erdgeschoss mal eingebrochen. Und die Bombendrohung vor zwei Monaten, die haben Sie ja auch mitgekriegt. Ich weiß noch, wie wir alle mitten in der Nacht auf die Straße mussten. Ich habe auch den Rest der Nacht kaum ein Auge zumachen können, obwohl ich doch am nächsten Morgen wieder früh raus musste ..."
Ich hatte von dieser Sache gehört, war aber keineswegs dabei gewesen. Vor zwei Monaten hatte ich mich unter spanischer Sonne im Urlaub befunden. Aber das sagte ich ihr nicht.
Es spielte keine Rolle, und ich hatte auch wenig Lust dazu, diese Sache länger als unbedingt notwendig zu diskutieren.
Ich murmelte irgendetwas Zustimmendes. Aus Höflichkeit.
"Wir könnten wenigstens den Föhn aus der Steckdose ziehen, damit wir endlich wieder Strom bekommen!", nörgelte indessen die Tochter.
"Davon würde ich abraten. Wir sollten wirklich alles so lassen, wie es ist!", meinte ich dazu.
"Woher wissen Sie soviel über diese Dinge?", meldete sich die Mutter wieder zu Wort.
Ich verzog das Gesicht. "Ich sehe mir immer den 'Tatort' im Fernsehen an!"
"Im Ernst?"
"Ja."
Manche Menschen beruhigen sich dadurch, dass sie unablässig Worte produzieren. Bei anderen wirkt genau das Gegenteil. Die dicke Mutter gehörte leider zur ersten Gruppe.
"Das Ganze erinnert mich an diesen Politiker. Wie war doch noch mal der Name ...? Der, der sich auch in einer Badewanne umgebracht hat! Ich denke, das hier war auch Selbstmord."
Ich ließ den Blick umherschweifen. "Einen Abschiedsbrief habe ich nicht gesehen", erwiderte ich sachlich.
"Muss es denn einen geben?" Die Mutter machte eine unbestimmte Geste und holte dann tief Luft. Das gab immer ein besonderes, unnachahmliches Geräusch. Eines, an dem man sie mit hundertprozentiger Sicherheit akustisch identifizieren konnte.
Ich zuckte mit den Schultern. "Ich will nicht ausschließen, dass es auch Leute gibt, die sich ohne Abschiedsbrief umbringen!"
"Ja, so wie der Politiker! Der lag auch angezogen in einer Wanne. Allerdings hatte er vorher Tabletten geschluckt. Ein Föhn spielte dabei keine Rolle."
"Und warum sollte Lammers das gemacht haben?"
"Vielleicht war er einfach verzweifelt!", meinte die Tochter, und ich dachte, wenn ich so ein Gesicht hätte, wäre ich auch verzweifelt. Und wenn sie mit mir in einer Wohnung gewohnt hätte, noch viel mehr. Und wenn sich alle Verzweifelten dieser Welt wirklich umbringen würden, dann wären diese beiden Frauen kaum noch am Leben.
"Warum sollte er verzweifelt gewesen sein?", murmelte ich schulterzuckend.
"Vielleicht war er unheilbar krank!", meinte die Tochter. "Manche Leute drehen dann durch. Ich habe neulich noch einen Fernsehfilm darüber gesehen."
"Sie haben doch auch diese Frau gesehen ..." ließ ich dann einen Versuchsballon aufsteigen.
Die beiden sahen mich an. "Welche Frau?", fragte die Tochter vorlaut.
Oh, Mann!, dachte ich. Blind ist sie auch noch! Welch ein Schicksal! "Ich meine die Frau, die von oben gekommen ist und so fluchtartig davonrannte."
"Ja, richtig ..." sagte die Mutter gedehnt. "Und Sie meinen, dass sie hier bei Lammers war?"
"Woher sollte sie sonst gekommen sein? Hier oben ist doch nur diese eine Wohnung. Und die Tür stand offen."
"Ja, das stimmt."
"Haben Sie diese Frau schon einmal gesehen?"
"Nein!", sagte die Mutter.
"Nein!", grunzte die Tochter.
Sie schüttelten beide den Kopf, die pickelige Tochter etwas heftiger als ihre Mutter − vielleicht deswegen, weil die Mutter ihre Wasserwelle nicht durcheinanderbringen wollte. Die Tochter konnte ihren Kurzhaarschnitt so doll schütteln, wie sie wollte. Er sah immer gleich schlecht aus.
"Und Sie?", fragte die Mutter an mich gewandt.
"Was ist mit mir?"
"Kennen Sie vielleicht diese Frau?"
"Nein. Und es wundert mich ehrlich gesagt, dass es diesem Ekel gelungen ist, so eine Lady für sich zu interessieren!" Ich seufzte. "Mannomann, da komme ich einfach nicht drüber hinweg!"
"Er ist tot!", meinte die Tochter tadelnd.
Das durfte ja nicht wahr sein! Jetzt machte sie auch noch einen auf Pietät! Das passte nun wirklich nicht zu ihr! Absolut nicht!
MEGAunpassend sozusagen.
Aber was passte denn überhaupt schon zu ihr? Mir fiel da spontan nichts ein.
Vielleicht irrte ich da aber auch, und es war genau umgekehrt: Sie selbst war es, die ihrerseits zu nichts und niemandem passte!
Eine andere Möglichkeit war, dass ich sie einfach nicht leiden konnte. Schlechte Schwingungen, neudeutsch: bad vibrations. Ein übelriechendes Karma. Man kann das nennen, wie man will, es läuft immer auf dasselbe hinaus.
"Er ist tot", bestätigte ich mit einem dünnen Lächeln. "Aber das ändert doch nichts daran, dass er ein Kotzbrocken war!"
"Trotzdem", meinte die Tochter.
"... und bei einem solchen Ekelpaket gibt es vermutlich jede Menge Leute, die ihn lieber heute als morgen aus dem Weg haben würden", fuhr ich fort.
Die Tochter kratzte sich wieder an einem ihrer zahllosen Pickel. Und jetzt war mir auch klar, warum es immer mehr wurden und die Vorhandenen nicht abheilen konnten, sondern sich nicht selten zu üblen Geschwüren auswuchsen.
Sie kratzte und drückte halt gerne dran. Was ließ sich auch sonst schon mit Pickeln anfangen? Und sie − als geborene Kratzbürste ...
"Es ist doch schon erstaunlich", meinte die Mutter.
Ich hob die Augenbrauen. "Was ist erstaunlich?", fragte ich.
"Dass wir hier zusammenleben, ohne etwas voneinander zu wissen!" Sie hob die Hände zu einer hilflosen Geste. "Das ist doch furchtbar, finden Sie nicht?"
Ich nickte leicht, obwohl ich ihre Meinung nicht unbedingt teilte. Ich empfand die Anonymität, die hier herrschte, nicht als unangenehm.
Vielleicht hatte ich sie sogar gesucht.
Niemand, der sich dauernd in irgendwelche Privatangelegenheiten einmischte. Niemand, der sich dafür interessierte, was man tat oder ließ, ob man Besuch über Nacht hatte und welcher politischen Partei man zuzurechnen war, oder ob man gar nicht wählte.
Aber wenn man dann starb, so wie Jürgen Lammers, wusste natürlich auch niemand, weshalb das geschehen war. Ich glaubte nicht an Selbstmord, von Anfang an nicht, aber angenommen, es wäre Selbstmord gewesen ...
Angenommen, Jürgen Lammers litt tatsächlich an einer unheilbaren Krankheit, oder seine Freundin hatte ihn verlassen (wobei ich mir nicht vorstellen konnte, dass er eine hatte), oder ihm war gekündigt worden, und er hatte sich anschließend nach allen Regeln der Kunst umgebracht ...
Wäre da nicht dieser verfluchte Föhn gewesen, der uns alle zu seinen Geiseln machte, selbst jetzt noch, da er tot war − er hätte wochenlang in seiner Räuberhöhle vor sich hinfaulen können, ohne dass irgendjemand das zur Kenntnis genommen hätte. Die Miete wäre automatisch von seinem Konto abgebucht worden ... Vielleicht hätte sich sein Arbeitgeber eines Tages um sein Verbleiben gekümmert.
Vorausgesetzt, es gab überhaupt einen Arbeitgeber.
Auch das wusste ich nicht. Ich hatte keine Ahnung, woher er sein Geld bekam. Ich wusste noch nicht einmal, ob er regelmäßig aus dem Haus ging, um irgendeiner Tätigkeit nachzugehen − und mochte sie auch nur darin bestehen, im Stehcafe zu frühstücken.
Das Einzige, was sicher zu sein schien, war, dass er sich regelmäßig sein schütteres Haar geföhnt hatte!
Verdammt noch mal, das war wirklich eine feste Größe in seinem und unser aller Leben gewesen! Aus den Seiten, die er mir zerstört hatte, konnte man sicher einen ganzen Roman zusammenstellen!
Es dauerte noch eine geschlagene Viertelstunde, bis die Polizei in Gestalt von zwei Männern auftauchte, die mich unwillkürlich an Dick und Doof erinnerten.
Dick war wohl der Boss hier und stellte sich mit "Rehfeld, Mordkommission!" vor. Irgendwie schien er nicht besonders gute Laune zu haben. Keine Ahnung, welche Laus ihm über die Leber gelaufen war.
Doof sagte erst einmal gar nichts und dackelte mit eingezogenen Schultern hinter seinem Herrn und Meister her. Er hätte auch größte Schwierigkeiten gehabt, etwas über die Lippen zu bringen, denn er kaute auf irgendetwas herum. Erdnüsse, schätzte ich, denn nach einem schwachen Händedruck hatte ich Öl und Salz an den Fingern.
Dann hielt er mir wortlos seinen Ausweis unter die Nase.
Und dort konnte ich es dann schwarz auf weiß lesen: Doof hieß Lehmann.
Lehmann trug ein preiswertes Polyester-Longjackett, in dessen rechter Tasche er genug Platz für seinen Erdnuss-Vorrat hatte. Im Ganzen wirkte er wie ein ausgehungerter Schimanski-Verschnitt. Er war dürr und schlaksig, wenn auch zwei Köpfe länger als ich.
Seine Körperhaltung gab ihm die Gestalt eines Fragezeichens. Nur nicht zu tief Luft holen!, dachte ich. Sonst bläst es ihn um!
Bei dem dicken Rehfeld bestand da keinerlei Gefahr. Er war kugelrund und trug einen Mantel, bei dem er nur hoffen konnte, dass Regen und Wind immer von hinten kamen, denn es war einfach undenkbar, dass es ihm jemals gelingen konnte, die Knopfreihe zu schließen.
Rehfeld ging ins Bad, nachdem ihn die beiden Frauen darüber aufgeklärt hatten, dass dort die eigentliche Musik spielte.
Lehmann musterte uns einen nach dem anderen mit seinen verschlafenen Augen.
Dann nahm er noch eine weitere Handvoll Erdnüsse aus der Jackentasche heraus und stopfte sie ziemlich ungeschickt in den Mund, so dass ihm ein halbes Dutzend davon auf den Boden fiel.
Er grunzte ärgerlich und mit vollem Mund, wobei ihm um ein Haar noch etwas herausgefallen wäre. Dann dackelte er erneut hinter seinem dicken Herrn und Meister her, diesmal ins Bad. Ich folgte den beiden. Die Frauen schienen ihrerseits genug von Lammers Anblick zu haben. Sie hatten ihn ja schließlich auch lange genug angestiert.
"Schlimm, schlimm", murmelte der dicke Rehfeld vor sich hin und schnaufte. Aber er fand es nicht wirklich schlimm.
Es berührte ihn überhaupt nicht, davon war ich felsenfest überzeugt. Ich sah, wie er kurz in der Nase bohrte. Aber als er mich bemerkte, hörte er sofort damit auf. Es war ihm peinlich.
Er wollte eine nicht vorhandene Pietät raushängen lassen. Schließlich wusste er ja nicht, dass er das bei mir nicht brauchte. Ich war nämlich keineswegs unangenehm berührt durch sein Verhalten. Irgendwie verstand ich ihn sogar ganz gut.
Wenn man den ganzen Tag nichts anderes tut, als Leichen zu besichtigen und herauszufinden, wie sie zu Tode gekommen sind, muss man abgebrüht werden, wenn man nicht den Verstand verlieren will. Das ist ganz natürlich.
Jedenfalls sehe ich das so.
"Wer sind Sie eigentlich?", fragte Rehfeld.
"Ich heiße Michael Hellmer und wohne eine Etage tiefer."