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Alfred Bekker Grusel-Krimi #13 Übernatürliche Wesen bedrohen die Welt. Dämonen suchen die Menschen heim - und mutige Dämonenjäger begegnen dem Grauen... Alfred Bekker ist ein bekannter Autor von Fantasy-Romanen, Krimis und Jugendbüchern. Neben seinen großen Bucherfolgen schrieb er zahlreiche Romane für Spannungsserien wie Ren Dhark, Jerry Cotton, Cotton reloaded, Kommissar X, John Sinclair und Jessica Bannister. Er veröffentlichte auch unter den Namen Neal Chadwick, Henry Rohmer, Conny Walden, Sidney Gardner, Jonas Herlin, Adrian Leschek, John Devlin, Brian Carisi, Robert Gruber und Janet Farell. Titebild: Klaus Dill
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Seitenzahl: 142
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Alfred Bekker Grusel-Krimi #13: Apokalyptische Reiter
Alfred Bekker
Published by Alfred Bekker, 2019.
Title Page
Alfred Bekker Grusel-Krimi #13
Apokalyptische Reiter
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Übernatürliche Wesen bedrohen die Welt. Dämonen suchen die Menschen heim – und mutige Dämonenjäger begegnen dem Grauen...
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ALFRED BEKKER IST EIN bekannter Autor von Fantasy-Romanen, Krimis und Jugendbüchern. Neben seinen großen Bucherfolgen schrieb er zahlreiche Romane für Spannungsserien wie Ren Dhark, Jerry Cotton, Cotton reloaded, Kommissar X, John Sinclair und Jessica Bannister. Er veröffentlichte auch unter den Namen Neal Chadwick, Henry Rohmer, Conny Walden, Sidney Gardner, Jonas Herlin, Adrian Leschek, John Devlin, Brian Carisi, Robert Gruber und Janet Farell.
Titebild: Klaus Dill
Horror-Roman von Alfred Bekker
© by author
© der Digitalausgabe 2014 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich (Westf.)
www.alfredbekker.de
Der Umfang dieses Buchs entspricht 120 Taschenbuchseiten.
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DIE VIER REITER DER Apokalypse waren am Nachthimmel von London erschienen.
Flammende Gestalten des Grauens, die das Ende aller Tage verkündeten.
Die schauerliche Apokalypse, wie sie im Buch der Offenbarung verkündet wurde, hatte offenbar begonnen.
Die Welt war dem Untergang geweiht.
Das Böse regierte.
Überall.
Und selbst der Orden vom Heiligen Licht war kein Hort des Widerstands mehr, denn seine Repräsentanten waren nichts anderes als Erfüllungsgehilfen der Dämonen der Dämmerung...
Corcoran hing in seinem Londoner Hotelzimmer herum und rationierte seinen Vorrat am Salz des Lebens so gut es ging.
Seine Lage war verzweifelt.
Schon bevor sein Vorrat am Salz zur Neige ging, hatte er das Gefühl unter Entzugserscheinungen zu leiden.
Seine magischen Sinne waren überreizt.
Vollkommen überreizt. Er glich einem Nervenbündel.
Mit Hilfe eines Rituals aus den absonderlichen Kulten von Hermann von Schlichten versetzte er sich in einen Zustand, der einer Art Trance glich. Das dämpfte sein Verlangen nach dem Salz. Er wusste, dass das keine Lösung für immer war.
Aber immerhin bedeutete es eine Linderung seiner Qualen.
Der Orden hatte ihn ausgeschlossen. Ihn. Den Kämpfer des Lichts. Den Dämonenjäger. Ein Orden, der in Wahrheit längst zum Werkzeug der Dämonenjünger geworden war, wie er wusste. Zu wissen glaubte. Es war alles so verwirrend. Langsam wusste er selbst nicht mehr, was er für wahr und was für Illusion halten sollte. Zeiten, Welten, Dimensionen, Realitätsebenen. All das wirbelte in seinem Hirn munter durcheinander.
Ein Kämpfer des Lichts - das ich nicht lache!, ging es ihm durch den Kopf. Ein elender Junkie. Ein Drogen-Zombie! Das ist aus dir geworden Corcoran. Und wodurch? Durch deine eigene Dummheit...
Irgendwann klopfte es an der Tür. Erst ignorierte Corcoran dieses Geräusch. Aber das Klopfen hörte nicht auf.
Immer wieder drang es in sein Bewusstsein. Immer wieder hämmerte es sich in seine Gedanken hinein.
Bis er schließlich sagte: „Herein, wenn's kein Dämon ist!“
Die Tür sprang zur Seite. Ein Mann stand dort. Corcoran blinzelte. Er brauchte einige Sekunden, um zurück in die Realität zu finden und den Mann zu erkennen. Es war Tom Brown, ein Mitbruder des Ordens vom Heiligen Licht. Und ein Freund.
„Hi, Tom!“
„Hi, Corcoran.“
„Was willst du? Ich dachte, ihr seid fertig mit mir und ich bin draußen.“
„Hey, Mann, wie redest du mit mir?“
„Ist es falsch, was ich sage?“
Tom Brown lächelte.
„Sagen wir - nicht mehr ganz aktuell.“
„Was soll das heißen?“
„Meister Darenius...“
„Ach der!“
„Er hat sich für dich eingesetzt.“
„Wie bitte?“
„Du hast richtig gehört, Corcoran.“
„Meister Darenius ist ein Agent der Dämonenjünger! Er hat mich dazu gezwungen, ihm das Buch des Wissens auszuhändigen!“
„Wer sagt dir, warum er dich dazu gezwungen hat? Wer sagt dir, dass er es im Interesse der Dämonenjünger tat oder dass er auch nur irgendetwas mit ihnen zu tun hat...“
Corcoran schluckte.
Nein, es gab keine konkreten Beweise. Es gab nur dieses Gefühl.
Das Gefühl, das ihm sagte, dass Darenius auch einer von ihnen war. So wie der ehrwürdige Abt und Pater Domenicus und all die anderen.
Tom Brown kickte die Tür mit dem Absatz ins Schloss.
„Du bist wieder aufgenommen.“
„Das ist nicht wahr!“
„Doch. In allen Ehren.“
„Tom...“
„Ich soll dir etwas geben.“
„Was?“
„Na, dies hier!“
Tom Brown langte in die Jackentasche, holte eine kleine silberfarbene Dose hervor und warf sie Corcoran zu. Corcoran war noch zu benebelt, um sie zu fangen. Die Dose traf ihn am Kopf. Corcoran fühlte den Schmerz. Eigenartigerweise eine angenehme Empfindung. Sie verband ihn mit dem Leben. Die Dose öffnete sich. Das Salz des Lebens verstreute sich auf dem Boden. „Mist“, sagte Corcoran.
„Du kannst auch nicht aufpassen, Alter!“
Mit hastigen Bewegungen versuchte Corcoran, das Pulver wieder in die Dose zu bekommen. Das Meiste rann ihm zwischen den Fingern hindurch. Er nahm erstmal eine kräftige Prise und fühlte sich gleich besser. Zur Unterstützung murmelte er eine Beschwörung. Ihm war klar, welch erbärmlichen Anblick er bot. Bruder Tom Brown versuchte sich das nicht anmerken zu lassen. Aber Corcoran brauchte nicht einmal das mit Mühe unter Kontrolle gehaltene Gesicht des anderen zu sehen, um zu wissen, was dieser jetzt dachte.
Die Gedanken sind frei, dachte Corcoran.
Und offen wie ein Buch, wenn man gelernt hatte, darin zu lesen. „Vielleicht...“
„Ja, Corcoran?“
„Vielleicht hast du recht damit, mich zu verachten.“
„Ich verachte dich nicht.“
„Ach, komm schon. Mir gegenüber kannst du ehrlich sein, Tom. Mir gegenüber kannst du die Dinge ruhig beim Namen nennen, ich bin schon nicht sauer.“
Tom Brown schwieg.
Und das war irgendwie auch eine Antwort.
Eine, die in Corcorans Sicht der Dinge wie die Faust aufs Auge passte.
Also doch -
Er hatte es gewusst.
Corcoran nahm eine weitere Prise.
„Nimm nicht alles auf einmal, Corcoran.“
„Ich bin wie ausgehungert.“
Corcoran bemerkte plötzlich das eigenartige Glitzern in Tom Browns Augen. Er murmelte sofort eine Beschwörung. Gleichzeitig spürte er die verräterischen Impulse bei seinem Gegenüber. Paraimpulse. Metamagische Schwingungen, die eindeutig negativer Natur waren.
Also doch...
Auch er!
Tom Brown verwandelte sich. Seine Mundpartie wurde größer. Hörner wuchsen aus seinem Kopf. Reißzähne bildeten sich. Alles nur Illusion und Lüge!, durchzuckte es Corcoran.
Er griff nach dem geweihten Dolch, den er in der Nähe abgelegt hatte. Corcoran riss die Klinge geradezu an sich und schleuderte sie seinem Kontrahenten entgegen.
Ein seltsames Bild zeigte sich. Mitten im Flug verlangsamte sich die Geschwindigkeit der Waffe. So als ob da eine Kraft war, die Tom Brown – oder das Wesen, das sich mit seiner äußeren Erscheinung getarnt hatte – abschirmte. Corcoran brüllte eine Beschwörung heraus. Dann nahm er eine große Prise vom Salz des Lebens. Die Wirkung stellte sich sofort ein. Sein Bewusstsein wurde weiter, mächtiger... Er fühlte den Strom der Kraft seinen Körper und seine Seele durchströmen. Ja, dieses Gefühl hatte im Alltag lange gefehlt. So sehr gefehlt...
Aber nun galt es, die Kräfte zu konzentrieren und dafür zu sorgen, dass der geweihte Dolch, den Corcoran als magische Waffe gegen die Dämonenjünger einzusetzen pflegte, sein Ziel fand.
Das Wesen in Gestalt von Tom Brown hob die Arme.
Schrie.
Der Dolch fuhr ihm in den Hals, ohne, dass er etwas dagegen hätte tun können. Blitze zuckten aus der Klinge heraus und zuckten um den zuckenden Körper herum, der wirkte, als würde er unter Strom stehen.
Dann zerfiel Tom Brown.
Staub rieselte von seinen Knochen, von seinem bleichen Schädel. Die Augen lösten sich auf und wurden zu leeren Höhlen. Tom Brown sank in sich zusammen. Ein Haufen Kleider und ascheartiger Staub blieben zurück.
Corcoran streckte die Hand aus.
Der Dolch schwebte zu ihm zurück.
Seine Faust schloss sich um den Griff.
Der Dämonenjäger atmete tief durch.
Wie sagt man so schön?, dachte er. Asche zu Asche, Staub zu Staub...
Er schluckte.
Jetzt beginnt sie also, ging es ihm durch den Kopf. Die Jagd auf mich.
Einige Tage später...
Corcoran stand einen Augenblick vor der hölzernen Tür, die zu einer alten Villa führte, in der einer der vielen Trödelläden in der Londoner Cyprus Grove Road führte. INHABER: JERRY C. HAWKE stand an der Tür, die mit eigenartigen Schnitzereien versehen war. Fratzenhafte Dämonengesichter, Mischwesen aus Tier und Mensch, kleine Drachen mit zahnbewährten Mäulern und weit aufgerissenen Augen. Hier ist er also, der Ort von dem man dir sogar im Kloster von Clairmont erzählt hat, ging es Corcoran durch den Kopf. Er klopfte. Niemand öffnete oder gab sonst eine Reaktion ab. Corcoran versuchte es noch einmal.
Der Erfolg blieb derselbe.
Er stieß dann leicht gegen die Tür und stellte fest, dass sie nicht verschlossen war. Mit einem Knarren öffnete sich die Tür, ein Klingelzeichen ertönte dabei.
David Corcoran trat ein.
Seine Augen mussten sich an das Halbdunkel erst gewöhnen, das in dem düster wirkenden Raum herrschte.
Corcoran musste insgesamt drei Stufen hinabsteigen. Der Laden lag im Souterrain.
Der Eindruck von Enge vermittelte sich dem Dämonenjäger.
Er sah sich um.
Die Wände waren mit Bücherregalen voll gestellt. Dicht an dicht drängten sich daran die staubigen Folianten. Der Geruch von altem Papier hing in der Luft. Und der allgegenwärtige Staub, der in diesen uralten Schinken steckte, sorgte für einen ständigen Juckreiz in der Nase.
Corcorans Blick glitt die Buchrücken entlang. Okkulte Titel bildeten die Mehrzahl der Werke. Corcoran fand eine englische Ausgabe der Schriften des mittelalterlichen Mystikers Simón de Cartagena sowie einen Kommentar zum Werk des deutschen Okkultisten Hermann von Schlichten, den ein anonymer Schüler verfasste, der sich hinter dem Kürzel Y.Y. verbarg. Mancher dieser Werke hatte Corcoran bereits in der Bibliothek des Ordens vom Heiligen Licht im Kloster Clairmont gesehen. Von der Decke hing ein Mobilé aus Schrumpfköpfen. Der Luftzug, der mit Corcoran hereingekommen war, sorgte dafür, dass es sich munter bewegte. Die grinsenden Schrumpfköpfe tanzten um ein imaginäres Zentrum herum, ihre erstarrten Gesichter machten Eindruck, als ob sie lachten. Corcoran glaubte, es eine Sekunde lang beinahe hören zu können. Ein wissendes, sarkastisches Lachen, das einem das Blut in den Adern gefrieren lassen konnte, wenn man sich der Qual aussetzte, es zu deuten. Fetische hingen von den Regalen herunter. In Holz geschnitzte Gesichter kleiner Gottheiten. Magische Hilfsmittel, um das zu beeinflussen, was doch nicht zu beeinflussen war.
Du bist nicht hier, um herumzustöbern!, rief er sich in Erinnerung. Du bist hier, weil du einen verdammt guten Grund dafür hast, denn der Besitzer dieser Hexenvilla ist wahrscheinlich einer der wenigen Menschen auf der Erde, die dir im Moment noch helfen können.
Oder zumindest nicht schaden werden...
Corcoran atmete tief durch.
Er ließ den Blick schweifen. Aber nirgends war der Besitzer dieses Ladens zu finden, der sich bis auf einige Besonderheiten kaum von einer Vielzahl solcher Antiquariate unterschied, die man in London finden konnte.
"Mr. Hawke?", fragte Corcoran. "Mr. Hawke, sind Sie hier?"
"Wer macht da so einen Krach als wäre der jüngste Tag?", meckerte eine heisere Stimme.
„Machen Sie damit besser keine Witze!“
„Was ist nur aus dem Swinging London geworden? Haben die Briten selbst ihren Humor verloren?“
„Ich bin kein Brite.“
„Ist mir ehrlich gesagt völlig egal, wer Sie sind.“
„Na, großartig.“
Ein kleines, dürres Männlein kam aus einer der Ecken des Ladens hervor. Er ging gebeugt. Das Haar war schlohweiß und stand wirr herum. Der Bart wirkte drahtig und verfilzt. Diesem Alten schien alles Mögliche wichtig zu sein, aber Körperpflege gehörte kaum dazu.
Er roch so modrig und verstaubt wie die Bücher in seinem Laden. Aber zwei wache, sehr aufmerksame Augen leuchteten über den hohen Wangenknochen.
Er musterte Corcoran von oben bis unten.
Corcoran schwitzte.
Es war verdammt heiß in diesem Laden.
Abgestanden, dachte er.
Die Luft ist abgestanden, so als hätte hier seit einem der wenigen Hochsommertage, die London kannte, niemand mehr eine Tür oder ein Fenster geöffnet.
"Sie sind Mr. Hawke?"
"Der bin ich. Und Sie?"
"Mein Name ist Corcoran. David Corcoran. Der Orden des Heiligen Lichtes..."
Weiter kam Corcoran nicht.
Der Alte unterbrach ihn.
"Der Orden..." Das Gesicht des Alten wurde düster. "Ich will mit dem Orden nichts mehr zu tun haben", erklärte er. Er wandte sich halb herum, kratze sich am Hinterkopf. "Man sieht mich dort als Abtrünnigen."
"Sie haben sich vom Orden losgesagt!"
"Und ich möchte, dass das auch respektiert wird, Mr. Corcoran!"
"Man hat mir nicht viel über die Dinge gesagt, die dazu geführt haben, dass Sie sich nicht mehr als dem Orden zugehörig betrachtet haben..."
"Meine Güte... Redet ihr jetzt so geschraubt? Kein Wunder, dass euer Orden nichts weiter ist, als eine Vereinigung von Narren! Von Narren, die nicht merken, dass sie selbst inzwischen nur noch Marionetten des Bösen sind. Wie alle! Wie die gesamte Menschheit! Ja, Corcoran, das ist die Wahrheit! Das Böse regiert alles, jedes Staubkorn des Universums dient letztlich der Zerstörung. Die Physik hat das erkannt und das Prinzip der zunehmenden Entropie postuliert. Alles steuert auf einen Zustand des Chaos hin.
Chaos und Kälte.
Bewegungslosigkeit.
Starre.
Das wird der Endzustand des Universums sein. Und manchmal erahnen wir davon etwas, wenn sich eisige Schauder über unsere Rücken legen, wenn uns die Kälte des Todes berührt... Kennen Sie solche Erlebnisse, Corcoran? Wissen Sie, wie es ist, aus einer anderen Wirklichkeitsebene heraus berührt zu werden, vielleicht sogar gezogen..."
"Das weiß ich", erwiderte Corcoran ruhig.
Ein heiseres Lachen folgte. "Dann wären Sie wahrlich eine Ausnahme unter all den Narren, die Straßen unserer Städte bevölkern, die sorglos dahinleben, ohne auch nur eine Ahnung von dem zu besitzen, was unter der Oberfläche brodelt, was sich hinter den Kulissen abspielt, was wirklich ist... Sie halten das alles nur für das wirre Gerede eines alterssenilen Mannes, der zuviel in den staubigen Büchern gelesen hat, von deren Verkauf er lebt! So ist es doch!"
"Nein!"
"Widersprechen Sie mir nicht, Corcoran!"
"Ich brauche Ihre Hilfe!"
"Meine Hilfe?" Er lachte erneut auf, diesmal mit zynischem Beiklang. "Sie brauchen meine Hilfe?"
"Ja."
"Das heißt, der Orden vom Heiligen Licht braucht diese Hilfe."
"Wenn es Ihnen Genugtuung verschafft: nein, so ist es nicht."
„Ach, nein?“
„Ich bin ein Ausgestoßener.“
„Das weiß ich.“
„Wie bitte?“
„Manche Dinge sprechen sich schnell herum, Corcoran. Sehr schnell“ Er strich über eine Kristallkugel. Fast zärtlich tat er das. Die Kugel stand ziemlich wackelig auf dem überladenen Tresen. Sie veränderte ihre Färbung. „Außerdem habe ich noch andere Informationsquellen, wenn Sie verstehen, was ich meine.“
„Sicher.“
"Es verschafft mir Genugtuung."
"Hören Sie..."
"Helft euch doch selbst, ihr Angehörigen eines Narrenordens... Helft euch selbst, wenn ihr noch könnt. Aber wahrscheinlich seid auch ihr längst verloren. Gleichgültig ob Renegat oder loyaler Idiot."
Wann hört er endlich auf mit diesem Gerede?, dachte Corcoran. Ein Schwall von Wörtern... Mein Gott, er scheint überhaupt nicht dabei nachdenken zu müssen...Aber hast du nicht von Anfang gewusst, dass es schwierig werden wird? Aber du bist möglicherweise auf ihn angewiesen. Auf ihn, auf sein Wissen.
"Ich bin wegen der metamagischen Verwerfungen hier, die London zum Mittelpunkt haben", sagte Corcoran. "In New York war die Konzentration auch sehr stark. Es gibt Störungen der Realität, die niemand zu bemerken scheint.“
„Ja, ja, immer dasselbe. Wenn da jemand drin herumpfuscht... Naja, mich geht das alles nichts mehr an. Ich bin aus dem Spiel.“
„Es geschieht hier etwas... Etwas, dessen Ursprung eigentlich nur eine Aktivität der Dämonen der Dämmerung sein kann."
Hawke runzelte die Stirn. Sein Gesicht wirkte jetzt ernst.
"Ich bin mir nicht sicher, ob das nicht ein Irrtum ist", meinte er sehr nachdenklich. Tiefe Furchen zogen sich über seine Stirn. Corcoran bemerkte, dass sie ein ganz charakteristisches Muster aus Karos bildeten. Ein Muster, so individuell wie ein Fingerabdruck.
Corcoran zog die Augenbrauen hoch, zuerst die Linke, dann folgte mit einer Verzögerung von einer oder anderthalb Sekunden die zweite.
"Was soll das heißen?", fragte er.
"Es gibt noch andere Mächte in den Sphären jenseits unserer Dimension, die Einfluss auf die Erde haben... Die Dämonenjünger verfolgen zwar seit langem ihren Plan, ihren Herren den Zugang zu unserer Welt zu verschaffen, aber ich habe Grund zu der Annahme, dass sie nicht die Ursache der metamagischen Verwerfungen sind. Ich habe spezielle Messungen durchgeführt. Mit Einzelheiten will ich Sie nicht langweilen, Corcoran, aber..."
"Aber was?"
"Jemand oder ETWAS scheint die Natur der Realität selbst zu stören."
"Etwas genauer geht es nicht zufällig?"
"Corcoran, Sie wissen doch wie das ist."
"Sicher."
"Ich kann es nicht genau erklären. Noch nicht. Aber wie heißt es so schön? Da ist etwas faul im Staate Dänemark."
Wie schön!, dachte Corcoran. Ein Okkultist, der auch noch andere Dinge liest, als die ABSONDERLICHEN KULTE eines Hermann von Schlichten. Aber gegenüber der in mittelalterlichem Latein verfassten Originalversion dieses um 1900 lebenden deutschen Geistersehers ist Shakespeare wohl wirklich die reinste Unterhaltungsliteratur.
"Mr. Hawke, wenn die Lage so ernst ist, wie Sie sagen...", begann Corcoran dann.
"Wie gesagt, ich habe nichts mehr damit zu tun."
"Wenn Sie Recht haben, geht es um die Natur der Realität. Um das Schicksal unserer Welt."
"Welcher Welt?", fragte Hawke.
"Was meinen Sie damit?"
„Es gibt so viele, Corcoran.
Corcoran gefiel der Unterton nicht, mit dem Hawke gesprochen hatte. Hawke zuckte die Achseln. "Es war nur so eine Bemerkung, tut mir leid."
"Nein, das möchte ich näher wissen."
Hawke bedache Corcoran mit einem nachdenklichen Blick. Dann drehte er sich um, ging zum Fenster.