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Alfred Bekker Grusel-Krimi #14 Übernatürliche Wesen bedrohen die Welt. Dämonen suchen die Menschen heim - und mutige Dämonenjäger begegnen dem Grauen... Alfred Bekker ist ein bekannter Autor von Fantasy-Romanen, Krimis und Jugendbüchern. Neben seinen großen Bucherfolgen schrieb er zahlreiche Romane für Spannungsserien wie Ren Dhark, Jerry Cotton, Cotton reloaded, Kommissar X, John Sinclair und Jessica Bannister. Er veröffentlichte auch unter den Namen Neal Chadwick, Henry Rohmer, Conny Walden, Sidney Gardner, Jonas Herlin, Adrian Leschek, John Devlin, Brian Carisi, Robert Gruber und Janet Farell. Titebild: Klaus Dill
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Seitenzahl: 180
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Alfred Bekker Grusel-Krimi #14: Der Todesengel
Alfred Bekker
Published by Alfred Bekker, 2019.
Title Page
Alfred Bekker Grusel-Krimi #14
Der Todesengel | von Alfred Bekker
Copyright
Teil 1: DER HIRNFRESSER | Prolog | In der Schädelhöhle von Maskatan...
Bangor, Maine... | Einige Wochen später...
Teil 2: CorcoranS DOLCH
New York City...
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About the Author
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Übernatürliche Wesen bedrohen die Welt. Dämonen suchen die Menschen heim – und mutige Dämonenjäger begegnen dem Grauen...
––––––––
ALFRED BEKKER IST EIN bekannter Autor von Fantasy-Romanen, Krimis und Jugendbüchern. Neben seinen großen Bucherfolgen schrieb er zahlreiche Romane für Spannungsserien wie Ren Dhark, Jerry Cotton, Cotton reloaded, Kommissar X, John Sinclair und Jessica Bannister. Er veröffentlichte auch unter den Namen Neal Chadwick, Henry Rohmer, Conny Walden, Sidney Gardner, Jonas Herlin, Adrian Leschek, John Devlin, Brian Carisi, Robert Gruber und Janet Farell.
Titebild: Klaus Dill
Der Umfang dieses Buchs entspricht 190 Taschenbuchseiten.
In alter Rechtschreibung
Auf der Erde herrscht ein verborgener Krieg zwischen den Dämonen der Dämmerung und dem Orden vom Weißen Licht.
Da taucht der Vernichter auf, ein uraltes Wesen, dass im Buch Exodus als Todesengel die Strafe der zehnten Plage vollstreckte und die Erstgeburt der Ägypter tötete.
Der Todesengel ist zurückgekehrt und hinterlässt eine blutige Spur. Er ist erfüllt von einem unheimliche Hunger nach menschlichem Hirn...
Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books und BEKKERpublishing sind Imprints von Alfred Bekker.
© by Author
© dieser Ausgabe 2016 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen.
Alle Rechte vorbehalten.
www.AlfredBekker.de
Corcoran nahm den geweihten Dolch aus dem Feuer. Eine Lichtaura umflorte die Waffe.
"Man sollte das Ritual in regelmäßigen Abständen wiederholen", erklärte Meister Darenius, der plötzlich aus dem Schatten getreten war. Seine Augen leuchteten grell.
Ein Umstand, dessen Ursache Corcoran im übertriebenen Konsum einer Substanz wähnte, die sich Salz des Lebens nannte.
Aber in dieser Hinsicht war Corcoran auf dem besten Weg, es dem Meister gleichzutun.
Meister Darenius streckte die Hand in Corcorans Richtung aus. Er reichte ihm ein goldfarbenes Döschen.
"Dein Vorrat des Salzes war ziemlich schnell verbraucht, Bruder David..."
"Das ist wahr."
"Die Nebenwirkungen sind unkalkulierbar. Ich habe dich gewarnt. Glaub mir, ich spreche aus Erfahrung."
"Es ließ sich nicht vermeiden."
"Das mag sein. Dennoch erneuere ich meine Warnung."
David Corcoran nahm die Dose mit dem Salz des Lebens an sich.
Meister Darenius, die geheimnisumwitterte graue Eminenz des Ordens vom weißen Licht, legte Corcoran eine Hand auf die Schulter.
"Dies ist ein Zufluchtsort jenseits von Raum und Zeit. Ein Ort, um Kraft zu schöpfen in den kurzen Pausen, die Kampf gegen das Böse uns läßt..."
"Ein Kampf, der vielleicht schon verloren ist", entgegnete Corcoran. "Das Böse regiert bereits. Alles..."
"Warum so pessimistisch, Bruder David?"
"Hat sich die Macht der Finsternis nicht bereits in unseren Reihen breitgemacht? Sind nicht auch viele Ordensbrüder bereits von ihr infiziert? Wem soll man noch trauen, außer sich selbst?"
"Willst du aufgeben, Bruder David?"
David Corcoran atmete tief durch.
"Nein", sagte er.
"Trotz allem?"
"Trotz allem."
*
NEW YORK CITY, BRONX, 2.April 2002, 23:30 Uhr
"Wo müssen wir genau hin, Billy?" meinte der Cop am Steuer und blinzelte in die Nacht hinein.
Sein Partner zuckte die Schultern.
"Keine Ahnung, Ed!" knurrte er zwischen den Zähnen hindurch. Er hatte das Pump-Action-Gewehr auf den Schoß genommen und überprüfte nun die Ladung. "Ist wirklich 'ne miese Gegend hier. Und an den Häusern scheint es nicht mal Nummern zu geben..."
"Meinst du, daß du das Riesengeschütz dort brauchst?" fragte Ed, der sich immer noch sehr anstrengte, draußen etwas erkennen zu können. Die Straßenbeleuchtung funktionierte nicht. Es war nur zu hoffen, daß sie sich nicht verfahren hatten.
Billy verzog das Gesicht und gähnte. Eigentlich hätte er Feierabend gehabt, aber dann war diese Sache dazwischengekommen...
Verdammter Mist! fluchte er innerlich.
Ich könnte jetzt auf dem Weg nach Hause sein und mich aufs Bett freuen. Stattdessen werde ich meinen Hals dabei riskieren müssen, um diesen Spinner dingfest zu machen...
Und das nur, weil sie gerade am nächsten dran gewesen waren.
So ist das Schicksal! dachte Billy sarkastisch. Zur falschen Zeit am falschen Ort...
"Vorsicht, Ed!" schrie Billy dann und sein Partner trat in die Eisen. Eine Gestalt stand auf der Straße und winkte erst im letzten Moment. Sie war nicht allein, da waren noch andere Leute.
Billy machte die Tür auf und stieg aus, das Gewehr hielt er in der Rechten.
"Gott sei Dank, Polizei! Kommen Sie schnell!" rief die Frau.
"Haben Sie uns gerufen?" fragte Billy.
"Ja, ich war das. Braden, unser Hausmeister ist da oben!" Sie deutete auf das mehrgeschossige Haus zur Rechten. In mehreren Stockwerken brannte Licht. "Schnell! Wahrscheinlich ist es schon zu spät!"
So etwas hört man gerne! dachte Billy sarkastisch. Und dabei waren sie nur ein paar Straßen entfernt gewesen, als sie verständigt wurden. Keine fünf Minuten hatten sie bis hier her gebraucht, trotz der Lichtverhältnisse und der Tatsache, daß man hier von Hausnummern nichts zu halten schien.
Billy sah die Frau prüfend an. Im Schein der Wagenlampen sah er ihr Gesicht. Billy hätte sie unter normalen Umständen für fünfundvierzig geschätzt. Ihre Zähne waren schlecht, ihr Teint auch.
Billy atmete tief durch. Wahrscheinlich ist sie zehn Jahre jünger als sie aussieht! Wäre nichts Ungewöhnliches für diese Gegend.
Und noch ein anderer Gedanke kam ihm. Ein Gedanke, der sich wie eine kalte, glitschige Hand anfühlte, die ihm jemand auf die Schulter legte. Billy schluckte.
Wenn hier jemand die Polizei ruft, dann sicher nicht ohne triftigen Grund!
Ed schloß indessen den Polizeiwagen ab. Schließlich sollte hinterher nicht die halbe Ausrüstung fehlen. Er hielt das Walky talky in der Hand und lauschte angestrengt dem Gemisch aus Rauschen und der Stimme vom Polizeirevier.
"Hast du den Captain, Ed?"
"Captain Delrios ist unterwegs. Mit Verstärkung."
"Sollen wir warten? Wenn du mich fragst, ist der Kerl sowieso längst über alle Berge. Und ich habe ehrlich gesagt keine Lust, hier..."
"Wir sollen ihn schnappen", sagte Ed ernst. "Um jeden Preis."
Jetzt meldete sich wieder die Frau zu Wort. "Ich habe gesehen, wie Braden den Toten in seine Wohnung gebracht hat! Ich stand unten im Treppenhaus, er hat mich nicht bemerkt..."
Billy hob die Augenbrauen.
"Und das war nicht zufällig eine Schaufensterpuppe..."
"Hören Sie! Nach allem, was hier in der Gegend passiert ist, nach all den Toten und diesen Perversen..."
"Schon gut", schnitt Billy ihr grob das Wort ab. Er würde nicht um diese Sache herumkommen, es sei denn er riskierte ein Disziplinarverfahren. Er kannte Captain Delrios von der Mordkommission gut genug, um zu wissen, daß der mit hundertprozentiger Sicherheit eines einleiten würde, wenn dieser Braden nicht in Handschellen war, sobald der Captain auftauchte...
"Ist er bewaffnet?" fragte Ed unterdessen die Frau.
"Ich weiß nicht. Aber..."
Ed kniff die Augen zusammen, seine Brauen beschrieben dabei eine geschwungene Linie, die Skepsis ausdrückte. "Aber was?" fragte er.
Die Frau flüsterte nur.
Aus ihren Augen leuchtete das blanke Entsetzen.
"Er muß es sein..."
"Was?"
"Das Monstrum!"
Dermaßen vage Aussagen liebe ich! Billy verzog das Gesicht.
Er machte seine Taschenlampe an, die er am Revers seiner Jacke hängen hatte. Der Lichtkegel ließ die Nase der Frau rötlich leuchten.
Alkohol!
Aber Billy fröstelte trotzdem.
"Wenn er aus dem Haus gekommen wäre, hätten wir das gesehen!" meinte einer der anderen Leute, ein Mann in den Sechzigern, der sein linkes Bein nachzog.
Billy schob sich die Mütze in den Nacken. Er sah kurz zu seinem Partner hinüber.
"Also los", knurrte er.
In seiner Magengegend spürte er einen Krampf.
Der Aufzug war defekt und die Treppe ziemlich schmal. Auf manchen der Stufen war der Belag durchgelaufen. Ein undefinierbarer Geruch hing in der Luft. Wenn Braden hier als Hausmeister tätig war, dann hatte er seine Pflichten wohl nicht sonderlich ernst genommen.
Billy nahm immer zwei bis drei Stufen auf einmal, so daß Ed, der außerdem noch einen Kopf kleiner war, Mühe hatte, mit seinem Partner Schritt zu halten.
Keine Minute verging, dann hatten sie ihr Ziel erreicht.
Die Frau war auch mit hochgekommen. Um sich das entgehen zu lassen, war sie einfach zu neugierig. Billy deutete auf die Tür, an der sich sogar ein Namensschild befand. 'Cal Braden' hatte da sicher mal draufgestanden, jetzt war da nur noch 'Cal raden' zu lesen. Billy faßte die Pump Action fester, während Ed mit dem Griff seines Polizeirevolvers an die Tür klopfte.
"Mr. Braden!" rief Ed. "Hier ist die Polizei! Machen Sie sofort die Tür auf!"
Aus der Wohnung war ein Geräusch zu hören. Es klang wie ein lautes Atmen oder Ächzen. Ein fast tierischer Laut. Eine volle Sekunde verstrich, ohne daß etwas geschah. Die beiden Cops sahen sich gegenseitig an. Billy nickte, und Ed trat die Tür ein. Es war eine wuchtige Bewegung, viel heftiger, als sie nötig gewesen wäre, um das morsche Holz splittern zu lassen.
Die Tür flog auf und Billy hob das Gewehr.
Der Blick war frei auf ein mieses Ein-Zimmer-Apartment, das lange nicht mehr neu tapeziert worden war. An einer Stelle begann Schimmel sich die Decke entlang zu fressen.
Die Einrichtung war karg. Ein Sofa, ein Tisch, ein Stuhl. Außerdem ein Kleiderschrank und eine Matratze.
Ausgestreckt auf dem Fußboden lag eine Leiche. Männlich. Der rechte Arm schien seltsam verrenkt zu sein.
Ein Mann - Braden, wie Billy annahm - hatte sich über das Gesicht des Toten gebeugt. Es sah aus wie bei der Mund zu Nase Beatmung, die man in Erste-Hilfe-Kursen gezeigt bekam. Für den Bruchteil einer Sekunde glaubte Billy noch zu sehen, wie Braden die Nase des Toten im Mund gehabt hatte.
Dann schreckte Braden hoch.
Mit weit aufgerissenen Augen sah Braden in die Mündung von Billys Pump-Action Gewehr. Billy schätzte ihn auf etwa fünfundzwanzig. Braden trug eine Jeans und ein knappes Sweat-Shirt, durch das man sehen konnte, wie sich die Muskeln und Sehnen anspannten. Wie bei einer Katze vor dem Sprung.
"Cal Braden! Sie sind verhaftet!" rief Billy und kam langsam näher. "Sie haben das Recht zu schweigen. Wenn Sie von diesem Recht keinen Gebrauch machen, kann alles, was Sie von jetzt ab sagen, vor Gericht gegen Sie verwendet werden..." Billy hörte seiner eigenen Stimme wie der eines Fremden zu. Wie automatisch betete er diese Litanei hinunter und dabei hielten seine Augen nach irgendetwas Ausschau, was wie eine Waffe aussah.
Aber er fand nichts.
Hinter sich wußte er Ed.
Billy hatte die ganze Zeit über Bradens Gesicht fixiert, der noch immer bewegungslos neben der Leiche kauerte. Aus den Augenwinkeln heraus sah Billy das Gesicht des Toten, dann drehte er den Kopf und das Entsetzen packte ihn.
"Mein Gott...", flüsterte er und fühlte, wie ihm übel wurde.
Er war zehn Jahre Polizist und hatte schon viel gesehen. Auch zerstörte Gesichter.
Aber noch nie so etwas...
Diesen Moment nutzte Braden. Er schien gut durchtrainiert zu sein und sprang auf wie ein Panther. Es kam völlig überraschend und eine volle Sekunde verging, ehe Billy irgendetwas tun konnte.
"Machen Sie keinen Unfug, Braden! Sie haben keine Chance!"
Billy hob das Gewehr.
Bradens Bewegung war eine Mischung aus Taumeln seitwärts und gewandtem Sprung. Dann war er beim Fenster und machte einen Satz.
"Nein!" schrie Billy.
Aber es war zu spät. Glas klirrte und Braden segelte durch ein Meer von messerscharfen Scherben.
Billy fühlte den Puls bis zum Hals schlagen.
Mein Gott, das hat mir heute noch gefehlt! Ein wahnsinniger Selbstmörder, dessen Knochen wir gleich einzeln einsammeln können. Genau das richtige für einen ruhigen, traumlosen Schlaf.
"Verdammter Mist", hörte er Ed sagen.
Billy ging zum Fenster und sah hinunter. Er nahm seine Taschenlampe von der Brust und leuchtete hinunter. Irgendwie hatte er erwartet, etwas unappetitliches dort unten zu sehen. Aber nichts dergleichen. Kein Blut. Kein zerschmetterter Körper, keine verrenkten Gliedmaßen...
Ein Stöhnen drang mit der kühlen Nachtluft hinauf zu Billy. Der Lichtkegel traf eine Gestalt. Braden.
Er erhob sich von dem asphaltierten Boden und blickte hinauf. Braden wankte etwas. Sein Sweat-Shirt war zerschlissen, aber er selbst schien den Sprung durch das Fenster und den Sturz über drei Stockwerke unbeschadet überstanden zu haben.
"Das gibt's doch nicht", flüsterte Billy.
Ed stand jetzt neben ihm.
"Der Kerl haut ab", rief er.
Billy hob die Pump-Gun. "Stehen bleiben, Braden!"
Aber Braden blieb nicht stehen. Er taumelte davon. Die Pump-Gun krachte los, aber der Warnschuß schien ihn nicht zu beeindrucken. Er lief weiter. Die Dunkelheit verschluckte ihn und ließ ihn wie einen schattenhaften Umriß erscheinen. Billy suchte ihn mit der Taschenlampe. Es war ein trister Hinterhof, von allen vier Seiten von Hauswänden umgeben. Aus dem Hintergrund waren Polizeisirenen zu hören, die sich rasch näherten.
Captain Delrios, dachte Billy.
"Er kann hier nicht raus", meinte Ed.
"Bist du aber optimistisch!"
Sie sahen gerade noch, wie er ein Rost löste, daß zu einem Kellerfenster gehörte. Und im nächsten Moment war Braden buchstäblich wie vom Erdboden verschluckt.
*
DIE GANZE STRASSE WAR voll von bis auf die Zähne bewaffneten Polizisten. Ein Sonderkommando der State Police war auch dabei.
Captain Delrios war nicht sehr begeistert, als er hörte, daß Braden immer noch frei herumlief. Und als er hörte, daß Braden einfach durch ein Fenster gesprungen sei und sich dabei nicht den Hals gebrochen hätte, verzog der Leiter der Mordkommission nur müde das Gesicht.
"Sie glauben, ich erzähle Ihnen was", schimpfte Billy.
"Ich glaube gar nichts, aber ich weiß, daß wir das Monstrum fangen müssen, wenn wir verhindern wollen, daß es noch mehr Menschen tötet..."
Er spricht von Braden wie von einem Tier! Billy erschrak bei dem Gedanken. Andererseits, wenn man bedachte, was er mit seinen Opfern anstellte... Billy wurde allein bei der Erinnerung an das, was er oben, in Bradens Wohnung gesehen hatte, übel.
"Der ganze Block ist umstellt", meldete einer der Sergeants an Delrios gewandt. Dieser nickte und zog dabei die Automatik aus dem Schulterholster unter seiner Jacke.
"Kommen Sie!" sagte Billy.
*
SIE STIEGEN DORT IN den Keller ein, wo Billy Braden zuletzt gesehen hatte. Alle anderen Ein- und Ausgänge des Gebäudes waren von bewaffneten Posten bewacht. Billy ging voran, dann Captain Delrios.
Im Keller war es kalt und muffig. Der Putz blätterte von den Wänden. Ein paar halbverrottete Möbel standen hier und das Licht funktionierte nicht.
Ein Geräusch ließ Billy die Pump-Gun herumreißen, aber dann sah er, daß es nur eine riesige Ratte war, durch das Polizeiaufgebot wohl etwas in ihrer Ruhe gestört worden war. Vorsichtig tasteten sie sich in einen finsteren Flur voran. Irgendwo hier mußte er sein...
Er muß Todesangst haben! dachte Billy. Und das macht ihn besonders gefährlich, unberechenbar. Er hat nichts zu verlieren. Wenn er wirklich der Kerl ist, der für die Mordserie im Viertel verantwortlich ist, dann wird er wissen, was ihm vor Gericht blüht...
Der Stuhl.
Andererseits... Leute wie der kommen nicht so leicht auf den Stuhl. Eher schon ins Irrenhaus.
Dann sahen sie plötzlich eine Bewegung. Ein Schatten schnellte zur Seite. Die Lichtkegel der Taschenlampen wirbelten herum und einen Augenblick lang war Billy sich gar nicht sicher, ob das, was sie da schemenhaft wahrnahmen, wirklich ein Mensch war...
"Stehen bleiben, Braden!" Das war Billy, die Pum-Gun im Anschlag.
Die Gestalt grunzte, stöhnte merkwürdig.
Ein Lichtkegel erfaßte Braden und der blinzelte. Eine Hand hob er vor das Gesicht, die andere befand sich in Bauchhöhe unter seinem Sweat-Shirt.
"Keine Bewegung!"
Er bewegte sich doch und kam näher.
Es war Delrios, der feuerte, wahrscheinlich weil er gedacht hatte, Braden würde eine Waffe ziehen. Aber Braden hatte keine Waffe. Die Hand unter dem Sweat-Shirt war leer. Sein Blick auch.
Er wankte auf die Polizisten zu. Der Schuß schien ihn nicht getötet zu haben, obwohl Delrios ihn mitten in der Brust erwischt hatte.
Eine Sekunde verging, ohne daß die Polizisten reagierten. Dann erst begriffen sie, was vor sich ging. Braden griff sie mit bloßen Händen an. Er faßte Billys Pump-Gun am Lauf und riß ihn mitsamt seiner Waffe zur Seite. Braden schien eine schier unwahrscheinliche Kraft entwickeln zu können, die man ihm gar nicht zutraute, wenn man ihn so sah. Billy kam schmerzhaft gegen eine der feuchten Kellerwände. Putz rieselte im ins Gesicht und die Augen. Braden bewegte sich indessen auf den Captain zu.
Zweimal feuerte Delrios noch, dann war Braden bei ihm und ehe sich der Captain versah, hatte Braden ihm seine Hände um den Hals gelegt. Delrios röchelte.
Billy nahm indessen die Pump-Gun und feuerte wild drauflos. Dreimal erwischte er Braden im Rücken. Bradens Gestalt schien zu erstarren, dann sackte er schließlich in sich zusammen und blieb reglos auf dem feuchten, brüchigen Betonboden liegen.
Delrios lehnte an der Wand und hielt sich den Hals. Der Captain rang nach Luft.
Er zitterte leicht.
Und als er wieder sprechen konnte, murmelte er halblaut vor sich hin: "Mein Gott, so etwas habe ich noch nicht erlebt."
*
IN DER NÄHE VON ALBANY, New York State, 4.April, 12:26 Uhr David Corcoran lenkte das Winnebago-Wohnmobil schon seit gut drei Stunden den Highway entlang. Sein Blick fiel auf den Tankanzeiger, der bereits bedenklich gefallen war.
Corcoran war Mitte dreißig, rothaarig und korpulent. Sein Bart hatte denselben deutlichen Rotstich wie sein Haar.
Der Blick seiner Augen war ruhig und besonnen.
Er unterdrückte ein Gähnen, murmelte dann eine Formel vor sich hin. Die Müdigkeit war daraufhin erst einmal verflogen. Wirkt besser als Kaffee. Wahrscheinlich hat schon der gute alte Hermann von Schlichten sein okkultes Kompendium ABSONDERLICHE KULTE nur unter dem Einfluß dieser Formel schaffen können...
Für einen Mann wie David Corcoran, seines Zeichens Mitglied des ORDENS VOM WEISSEN LICHT, war das eine seiner leichteren Übungen. Dieser Orden hatte sich dem Kampf gegen das Böse verschrieben. Dem Kampf gegen die Bedrohung durch finstere Mächte aus anderen Daseinsebenen, die in den Bereich der Erdmenschen vordrangen. Namentlich die Dämonen der Dämmerung gehörten zu jenen finsteren Wesenheiten, deren Einfluß immer größer wurde. Das Böse regiert. Alles. Diese Festellung hat schon fast den Status eines Naturgesetzes erreicht!
Auf dem Beifahrersitz saß Mara Pearson, sechs Jahre jünger als er und eine dunkelhaarige, leicht exotisch wirkende Schönheit. Ihre dunkle Haarpracht hatte sie zu einem praktischen Zopf zusammengefaßt und es war das dritte Mal innerhalb von zehn Minuten, daß sie sich vorbeugte, um im rechten Seitenspiegel sehen zu können, ob ihnen jemand folgte. Mara Pearson war eine junge Novizin des ORDENS VOM WEISSEN LICHT, deren Probezeit noch nicht vorbei war. Die Kraft des Übernatürlichen hatte in ihrer Familie von jeher eine starke Rolle gespielt. Auch von daher hatte sie sich schon früh der Frage zugewandt, was dran war am Übernatürlichen. Eine gemeinsame Mission im Auftrag des Ordens hatte Corcoran und Mara zusammengebracht.
Eine Gemeinschaft auf Zeit.
"Was sind wir eigentlich mehr, Mara: Jäger oder Gejagte?" fragte Corcoran mit einem milden Lächeln, als er bemerkte, wie Mara sich zum x-ten Mal umdrehte.
Mara wischte sich eine verirrte Strähne aus den Augen und sah Corcoran etwas erstaunt an.
Dann zuckte sie ihre schmalen Schultern.
"Weiß nicht. Eine Mischung aus beidem, würde ich sagen."
"Und was überwiegt?"
"Du kannst Fragen stellen!"
"Ist das eine Antwort?"
Maras Lächeln bekam etwas Schalkhaftes. "Wir gehören per se zu den Jägern, würde ich sagen."
Corcoran lachte. "Wirklich?"
"Eigentlich schon."
"Und in unserem Fall?"
"David..."
"In unserem Fall scheint nichts zu gelten, was normalerweise gilt."
Sie seufzte und nickte dann. "Da könntest du leider Recht haben."
"Wir leben in einer paranoiden Welt, Mara", sagte Corcoran mit beruhigendem Timbre.
"Wem sagst du das, Corcoran! Für uns gilt das mehr als für die meisten anderen..."
"Wir sollten uns von dieser Paranoia nicht anstecken lassen, Mara. Das tötet den Verstand."
"Du weißt, ich habe als Polizeipsychologin gearbeitet. Also erzähl mir nichts über Paranoia..."
"Du meinst, wenn die Psychologie den Knopf im Gehirn gefunden hätte, mit dem sie sich abschalten ließe, hättest du ihn schon benutzt!"
Mara nickte und verschränkte die Arme vor der Brust.
"So ähnlich, ja."
Schließlich sahen sie eine Tankstelle mit Drugstore auftauchen und Corcoran lenkte den Winnebago vom Highway herunter.
"Wir haben nichts mehr im Tank", sagte er dazu.
Corcoran fuhr an die Zapfsäulen heran. Sie stiegen beide aus. Nachdem sie getankt und bezahlt hatten, fuhr Corcoran den Winnebago ein paar Meter weiter, so daß er nicht mehr im Weg stand. Dann gingen sie noch auf eine Tasse Kaffee in den Drugstore.
Ein dicker Mann mit einer Mütze der Los Angeles Lakers stand hinter dem Tresen und dem Engagement nach, mit dem er sich um die Kunden kümmerte, hätte Corcoran seinen letzten Cent dafür verwettet, daß dem Dicken dieser Laden nicht gehörte.
Der Kaffee war ziemlich dünn.
Corcoran kaufte noch eine Zeitung.
"Brauchen wir sonst noch irgend etwas?" fragte Mara. Corcoran schüttelte den Kopf.
"Nein, nicht, daß ich wüßte."
Sie waren allein im Drugstore.
"Die nächsten zweihundert Kilometer fahre ich, okay?" meinte Mara, nachdem sie ihren Kaffee ausgetrunken hatte.
"Okay."
Corcoran faltete die Zeitung auseinander. Er überflog die Meldungen. Das meiste schien ihn nicht sonderlich zu interessieren, aber auf der zweiten Seite war das Foto eines Mannes, das ihn stutzen ließ. Die Überschrift lautete: MORDSERIE AUFGEKLÄRT! MUTMAßLICHER TÄTER STARB DURCH POLIZEIKUGELN! Aß ER DIE GEHIRNE SEINER OPFER?
"Was ist los?" fragte Mara.
Sie kannte Corcoran inzwischen genug, um die Veränderung in seinem Gesicht bemerkt zu haben.
Sie sah ihm über die Schulter.
Corcoran deutete auf das Foto. Es stand ein Name darunter: Cal Braden, Hausmeister (25).
"Ich habe dieses Gesicht schon mal gesehen und der Name sagt mir auch etwas."
"Klar!" meinte Mara. "Im Fernsehen oder in einer vorherigen Zeitung... Vielleicht auch als Phantombild."
"Nein."
Corcoran rieb sich kurz die Nasenwurzel und schloß für einen Augenblick die Augen dabei, um sich besser konzentrieren zu können.
Dann sah er sie an und in seinen grauen Augen schien es zu blitzen.
"Jetzt erinnere ich mich."
"Ach, ja?"
Mara hob die Augenbrauen, aber ihr Interesse war nicht sonderlich groß.