Alfred Bekker Kriminalroman: Die toten Frauen - Alfred Bekker - E-Book

Alfred Bekker Kriminalroman: Die toten Frauen E-Book

Alfred Bekker

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  • Herausgeber: Alfredbooks
  • Kategorie: Krimi
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2017
Beschreibung

Der Umfang dieses Buchs entspricht 120 Taschenbuchseiten. Ein Frachter mit grauenerregender Ladung erreicht den Hafen. Und die Ermittler stehen vor einem Rätsel. Von den Opfern dieser unheimlichen Mordserie ist nicht viel geblieben - und das wenige muss ausreichen, um die Täter zu überführen! Packender Kriminalroman von Alfred Bekker. Alfred Bekker ist ein bekannter Autor von Fantasy-Romanen, Krimis und Jugendbüchern. Neben seinen großen Bucherfolgen schrieb er zahlreiche Romane für Spannungsserien wie Ren Dhark, Jerry Cotton, Cotton reloaded, Kommissar X, John Sinclair und Jessica Bannister. Er veröffentlichte auch unter den Namen Neal Chadwick, Henry Rohmer, Conny Walden, Sidney Gardner, Jonas Herlin, Adrian Leschek, John Devlin, Brian Carisi, Robert Gruber und Janet Farell.

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Seitenzahl: 147

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Die toten Frauen

Alfred Bekker

Published by Alfred Bekker, 2017.

Inhaltsverzeichnis

Title Page

Die toten Frauen

Copyright

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Die toten Frauen

von Alfred Bekker

Der Umfang dieses Buchs entspricht 120 Taschenbuchseiten.

Ein Frachter mit grauenerregender Ladung erreicht den Hafen. Und die Ermittler stehen vor einem Rätsel. Von den Opfern dieser unheimlichen Mordserie ist nicht viel geblieben – und das wenige muss ausreichen, um die Täter zu überführen!

Packender Kriminalroman von Alfred Bekker.

Alfred Bekker ist ein bekannter Autor von Fantasy-Romanen, Krimis und Jugendbüchern. Neben seinen großen Bucherfolgen schrieb er zahlreiche Romane für Spannungsserien wie Ren Dhark, Jerry Cotton, Cotton reloaded, Kommissar X, John Sinclair und Jessica Bannister. Er veröffentlichte auch unter den Namen Neal Chadwick, Henry Rohmer, Conny Walden, Sidney Gardner, Jonas Herlin, Adrian Leschek, John Devlin, Brian Carisi, Robert Gruber und Janet Farell.

Copyright

Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books und BEKKERpublishing sind Imprints von Alfred Bekker

© by Author

© dieser Ausgabe 2016 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen.

Alle Rechte vorbehalten.

www.AlfredBekker.de

[email protected]

1

Der Frachter JAMAICA BAY hatte den Hafen von Manhattan gerade verlassen. Unsere Aktion war sorgfältig und bis ins letzte Detail geplant, aber aus irgendeinem Grund hatte das Schiff eine Viertelstunde früher abgelegt und befand sich jetzt auf halbem Weg nach Coney Island.

Megafonstimmen ertönten und vermischten sich mit den Motorengeräuschen von Schnellbooten. Ich konnte kaum verstehen, was sie sagten, was daran lag, dass ich mich zusammen mit einigen anderen G-men an Bord eines Helikopters befand, der sich im Anflug auf die JAMAICA BAY befand. Agent Brad Thomas, einer der Helikopter-Piloten des FBI Field Office New York, ließ die Maschine auf dem Ladedeck nieder gehen.

Die Besatzung an Deck wirkte wie ein aufgescheuchter Hühnerhaufen. Eine MPi knatterte. Das Mündungsfeuer leckte blutrot aus dem kurzen Lauf einer Uzi heraus. Ein paar Projektile schlugen dicht über mir in die Außenpanzerung des Helis ein. Ein weiterer Schuss blieb im Spezialglas der Scheibe stecken.

Der Heli setzte auf.

Ich stürzte durch die offene Außentür hinaus. Die Dienstwaffe hielt ich mit beiden Händen. Ich riss die SIG Sauer P226 hoch und feuerte kurz hintereinander fünf Schuss aus dem Magazin.

2

Ich duckte mich, feuerte erneut. Dicht hinter mir befanden sich meine Kollegen Milo Tucker und Fred LaRocca. Alle an diesem Einsatz beteiligten FBI-Agenten trugen Kevlar-Westen und waren über Headset miteinander verbunden.

Der Kerl, der mit der Uzi auf uns geschossen hatte, ballerte jetzt nahezu ungezielt in der Gegend herum. Er schwenkte die Waffe seitwärts, während er vorwärts stolperte. Seine Komplizen schwenkten ebenfalls die Waffen. Automatische Pistolen, Pump Guns und MPis unterschiedlicher Fabrikate waren darunter.

Tonnenweise Sondermüll befand sich an Bord der JAMAICA BAY, einem Frachter, der seine beste Zeit sicherlich hinter sich hatte. Im Verlauf von monatelangen Recherchen war das FBI Field Office New York einer Organisation auf die Spur gekommen, die Giftmüll illegal entsorgte. Dieser Zweig des organisierten Verbrechens, auch Müll-Mafia genannt, hatte längst mit den traditionellen Betätigungsfeldern des organisierten Verbrechens wie dem Drogen- und Waffenhandel gleichgezogen. Die Gewinnspannen waren enorm, wenn giftige Industrieabfälle, die eigentlich teuer hätten entsorgt werden müssen, einfach auf einem von Strohmännern angekauften Industriegelände abgestellt oder in ein Entwicklungsland ausgeschifft wurden, wo die Vorschriften weniger streng waren. Durch eine Abhöraktion hatten wir von der illegalen Fracht der JAMAICA BAY erfahren. Zeitgleich mit unserem Einsatz liefen an einem halben Dutzend anderer Orte Durchsuchungs- und Verhaftungsaktionen.

Schüsse peitschen an uns vorbei.

Mehrere Schnellboote der Küstenwache und der Hafenpolizei hatten inzwischen längsseits der JAMAICA BAY angelegt. Sowohl FBI-Agenten als auch Beamte von Hafenpolizei und Küstenwache stiegen an Bord.

Spätestens jetzt war für die Bewaffneten an Deck der JAMAICA BAY klar, dass sie keine Chance hatten.

Der Kerl, der mit der MPi auf uns geschossen hatte, ergab sich. Ein Mann mit einer Pump Gun gab einen letzten, schlecht gezielten Schuss in unsere Richtung ab, bevor er in einer Ladeluke verschwand.

Die anderen waren vernünftiger und hoben die Hände.

Clive Caravaggio, der zweite Mann unseres Field Office und Einsatzleiter bei dieser Aktion, stieg zusammen mit seinem Partner Orry Medina und anderen G-men über die Reling der JAMAICA BAY.

Bald darauf klickten die ersten Handschellen und den Verhafteten wurden die Rechte vorgelesen.

Milo und ich stürmten die Treppe hinauf zur Brücke. Fred LaRocca war uns dicht auf den Fersen. Milo riss die Tür auf, ich stürzte mit der SIG in beiden Händen hinein.

Kapitän, Steuermann und ein Bewaffneter befanden sich auf der Brücke der JAMAICA BAY. Der Bewaffnete war ein breitschultriger Kerl mit roten Haaren, über dessen linker Schulter eine Uzi hing. Er griff zur Waffe, riss die äußerst zierliche Maschinenpistole herum und drückte ab.

Ich feuerte einen Sekundenbruchteil früher als er. Die erste Kugel aus meiner SIG erwischte ihn an der Schulter und riss ihn zur Seite. Er taumelte. Sein eigener Schuss wurde verrissen. Anstatt mich zu perforieren, stanzten die relativ kleinkalibrigen Uzi-Projektile eine Spur von kleinen Löchern in die Wand und ließen schließlich auch noch eine Scheibe zerspringen.

Der Rothaarige taumelte zwei Schritte zurück, prallte gegen eine Wand und riss seine Waffe noch einmal hoch, während er zu Boden rutschte.

Ich ließ es nicht dazu kommen, dass seine MPi noch einmal losknatterte. Mein zweiter Schuss traf ihn mitten im Oberkörper.

Regungslos sackte der Rothaarige vollends zu Boden. Seine Augen waren starr, der Mund halb geöffnet.

Ich trat näher und stellte fest, dass er nicht mehr lebte.

„Er hat dir keine andere Wahl gelassen“, stellte Milo fest.

Kapitän und Steuermann standen wie angewurzelt da. Fred LaRocca tastete sie kurz ab und stellte beim Steuermann eine  Waffe vom Kaliber neun Millimeter sicher. Der Kapitän war unbewaffnet.

„Sie sind verhaftet“, erklärte mein Kollege Milo Tucker ihnen. „Alles, was Sie von nun an sagen, kann vor Gericht gegen Sie verwendet werden, falls Sie nicht von Ihrem Recht zu schweigen Gebrauch machen...“

„Wir werden uns nicht äußern, bevor wir nicht mit einem Anwalt gesprochen haben“, erklärte der Kapitän.

„Das ist Ihr gutes Recht“, sagte Milo. „Aber Sie sollten auch bedenken, dass es juristisch sehr viel günstiger für Sie ausgehen kann, wenn Sie sich zu einer frühen Aussage entschließen. Denn irgendjemand unter den schätzungsweise fünfzig oder sechzig Verhaftungen, die im Moment gerade durchgeführt werden, wird reden.“

„Fragt sich nur, wer sich zuerst dazu entschließt“, ergänzte ich.

3

Alle Maschinen wurden auf Stopp geschaltet. Aber bis ein Schiff wie die JAMAICA BAY ihre Fahrt spürbar verlangsamte, dauerte es eine Weile. Glücklicherweise hatten wir Unterstützung durch die Hafenpolizei. In deren Reihen gab es Mitarbeiter, die ein Schiff von dieser Größe führen konnten.

Da sich sowohl der Kapitän als auch der Steuermann weigerten, uns in irgendeiner Form zu unterstützen, blieb uns nichts anderes übrig, als zu warten, bis zwei dieser Beamten auf der Brücke eintrafen und die Führung des Schiffes übernahmen.

Wir führten die Gefangenen ab. Auf dem Hauptdeck wurden sie von Kollegen in Empfang genommen, die sie auf Boote der Hafenpolizei verfrachteten.

Unser Kollege Clive Caravaggio kam uns entgegen.

„Das dürfte einer der größten Schläge gegen die Müllmafia seit mindestens einem Jahr sein“, meinte er.

„Wir wollen den Tag nicht vor dem Abend loben“, erwiderte ich. „Erst wenn sich die vermuteten Giftfässer tatsächlich an Bord der JAMAICA BAY befinden, haben wir eine juristische Handhabe – und dann fragt sich immer noch, ob uns nur ein paar kleine Fische ins Netz gegangen sind, oder wir endlich auch an die Hintermänner herankommen, die diese miesen Geschäfte aufziehen!“

„Das werden wir schon“, versprach der flachsblonde Italoamerikaner. Er machte plötzlich ein angestrengtes Gesicht. Offenbar bekam er eine Meldung über sein Headset.

„Was ist los, Clive?“, hakte Milo nach.

„Mindestens einer der Kerle verschanzt sich noch unter Deck“, berichtete Clive.

Ich hob die Augenbrauen.

„Der Kerl, der versucht hat, unseren Helikopter mit seiner Uzi aus der Luft zu holen?“, hakte ich nach.

Clive nickte.

„Ganz genau.“

Dumpfe Laute dröhnten jetzt aus dem Inneren der JAMAICA BAY. Schussgeräusche.

„Ein paar Kollegen sind ihm bereits unter Deck gefolgt...“, erklärte Clive.

„Hört sich an, als bräuchten die ein bisschen Unterstützung!“, mischte sich Milo ein.

Im nächsten Augenblick meldete sich einer der Kollegen über Headset. Er hieß Whit Pacey, war seit zwei Monaten vom FBI Field Office Florida zu uns versetzt worden. Aber Agent Pacey kam gar nicht mehr dazu, seinen Bericht abzugeben.

Noch ehe er den ersten Satz vollendet hatte, hörten wir  alle den Knall über die Headsets. Dann war Stille. 

Ich sah, wie Clive unwillkürlich die Hand zur Faust ballte.

„Verdammt“, murmelte er.

4

Ich stieg die Treppe hinunter, die Dienstwaffe in der rechten. Meine Kollegen Milo Tucker und Fred LaRocca folgten mir. Etwas später folgten noch die Agenten Jay Kronburg  und Leslie Morell.

Mit den Dienstwaffen im Anschlag arbeiteten wir uns in den engen Gängen des Zwischendecks vor. An insgesamt fünf Positionen waren Kollegen von uns ins Innere der JAMAICA BAY eingedrungen, um den Uzi-Schützen aufzuspüren.

„Ich frage mich, warum dieser Kerl hier so ein Theater veranstaltet", raunte Milo mir zu. „Sich jetzt noch da unten einzuigeln, grenzt doch schon fast an eine Art Amoklauf!“

Milo hatte Recht und genau dieser Punkt hatte auch mich stutzig gemacht.

Natürlich hatten wir es auch immer wieder mit psychopathischen Tätern zu tun, denen es wichtiger war, ihren eigenen Tod wirkungsvoll zu inszenieren, als zu überleben. Gestörte Persönlichkeiten, für die Polizisten oder G-men letztlich nur die Rollen von Statisten in einer selbstmörderischen Inszenierung einnahmen.

Aber im Bereich der organisierten Kriminalität kam dieser Tätertyp nur in Ausnahmefällen vor. Normalerweise ergaben sich Täter, wenn sie gestellt wurden und tatsächlich  keinerlei Chance mehr bestand, aus der Situation herauszukommen. Ein großartiges Blutbad anzurichten machte auch im Hinblick auf die juristische Behandlung des Falles keinen Sinn, denn wenn sie auf einen Deal mit der Staatsanwaltschaft aus waren, mussten sie sich kooperativ verhalten.

Das Verhalten des Uzi-Schützen mache also nur unter der Voraussetzung Sinn, dass er tatsächlich glaubte, noch irgendeine Fluchtoption zu haben.

Oder es ging um die Vernichtung von Beweismitteln...

In jedem Fall war es wichtig, dass wir diesen Job so schnell wie möglich erledigten. 

Der einzige ungefähre Anhaltspunkt für den gegenwärtigen  Aufenthaltsort des Uzi-Killers war die letzte Position von Agent Whit Pacey. Wir hatten sein Handy angepeilt. Das Signal kam aus einem der großen Lagerräume im Bauch der JAMAICA BAY. Über Headset erreichte uns eine Meldung unseres indianischen Kollegen Orry Medina, der sich dem Hauptladeraum zusammen mit ein paar weiteren Kollegen von der entgegengesetzten Seite näherte.

Wir arbeiteten uns weiter vorwärts, sicherten uns gegenseitig und erreichten schließlich den Hauptladeraum. Er war gefüllt mit Fässern unterschiedlicher Größe. Ein unangenehmer, stechender Geruch hing in der Luft. Wir fanden Agent Whit Pacey.

Er lag auf dem Boden zwischen zwei Fässern, die schon ziemlich verrostet waren. Milo und ich ließen den Blick schweifen und hielten dabei die Dienstwaffen mit beiden Händen. Fred LaRocca kümmerte sich um Agent Pacey. Er lebte nicht mehr. Ein halbes Dutzend Schüsse hatten ihn durchsiebt.

„Verdammt“, murmelte Fred. Er gab eine kurze Meldung per Headset an die Einsatzleitung.

In diesem Moment nahm ich eine Bewegung war. Der Uzi-Schütze tauchte hinter einem der Fässer hervor. Die Maschinenpistole knatterte los. Milo und ich schossen annähernd im selben Moment zurück. Der Uzi-Schütze taumelte zurück. Sein Körper zuckte unter unseren Treffern. Er schlenkerte mit dem Lauf seiner Waffe unkontrolliert herum, während sich gleichzeitig weitere Schüsse lösten. Projektile stanzten sich in die Blechwände des Laderaums. Teile der Beleuchtung zersprangen und Glassplitter von Neonröhren regneten zu Boden.

Offenbar trug der Uzi-Schütze unter seiner Kleidung eine Kevlar-Weste. Er ließ Milo und mir keine Wahl, als unablässig abzudrücken. Erst ein Treffer am Kopf schaltete ihn aus. Er taumelte gegen eines der Fässer. Eine letzte Sequenz von Schüssen löste sich aus dem kurzen Lauf der Uzi und durchlöcherte zwei Fässer. Aus den Einschusslöchern quoll eine gelbliche Flüssigkeit hervor.

Dann strauchelte der Uzi-Schütze zu Boden.

Milo und ich näherten uns vorsichtig.

Fred LaRocca folgte uns.

„Wir haben ihn!“, meldete ich über Funk an Orry und die anderen weiter.

Wir fanden den Uzi-Schützen schließlich reglos am Boden liegen. Das Blut, das aus der Wunde an seinem Kopf austrat, vermischte sich mit der übel riechenden gelblichen Flüssigkeit, die aus den durchlöcherten Fässern heraus quoll.

Seine Augen blickten starr und tot zur Decke. Ich steckte die Waffe ein, packte ihn an den Füßen und zog seinen Körper aus der anwachsenden gelben Lache heraus, während Milo über Funk Unterstützung anforderte.

5

„Er hat uns keine Chance gelassen“, sagte ich zehn Minuten später an Clive gewandt. „Es war fast so, als ob der Kerl es darauf angelegt hat, dass wir ihn erschießen!“

„Es macht euch auch niemand einen Vorwurf, Jesse!“, stellte  Clive klar.

Über Funk meldete sich ein Kollege der Hafenpolizei. Das Schiff war unter Kontrolle, sollte jetzt drehen und anschließend zurück nach Manhattan fahren.

Kollegen der Scientific Research Division, des zentralen Erkennungsdienstes aller New Yorker Polizeieinheiten, waren von Anfang an Teil der Operation gewesen. Mehrere Chemiker untersuchten stichprobenartig den Inhalt der Fässer, um abschätzen zu können, welche zusätzlichen Sicherheitsmaßnahmen zu treffen waren.

Außerdem sahen sich mehrere Erkennungsdienstler des FBI auf der JAMAICA BAY um, darunter unsere Kollegen Sam Folder und Mell Horster.

Tom Gallego, der Einsatzleiter der SRD-Kräfte sprach uns an. Er trug einen Schutzanzug gegen austretende Giftstoffe. Eine Atemmaske hing ihm um den Hals und war jederzeit einsatzbereit.

„Es wäre gut, wenn der Laderaum so schnell wie möglich geräumt würde“, erklärte Gallego an Clive Caravaggio gerichtet. „Wir wissen noch nicht, was hier alles an Chemikalien lagert – aber so, wie es aussieht handelt es sich um hochtoxische, stark ätzende Stoffe. Es ist gut möglich, dass da noch einige üble Überraschungen ans Tageslicht kommen, wenn wir die Fässer öffnen.“

„In Ordnung“, stimmte Clive zu. „Wir überlassen Ihnen das Feld, Tom.“

Wir kehrten an Deck zurück und ich war froh, wieder frei durchatmen zu können. Mitarbeiter der SRD brachten die Leichen des Uzi-Schützen und unseres Kollegen Whit Pacey an Deck.

Unser Beruf bringt gewisse Risiken für Leib und Leben mit sich und man kann nie ganz ausschließen, in einem gefährlichen Einsatz wie diesem umzukommen. Aber ich werde mich wohl nie daran gewöhnen, dass Kollegen in Ausübung ihres Dienstes umkommen.

Zwei Monate war Agent Pacey in unserem Field Office tätig gewesen. Nur zwei Monate...

Einige der Kugeln, die ihn getroffen hatten, waren von der Kevlar-Weste abgefangen worden. Aber es gab auch einen Kopftreffer, der mit Sicherheit tödlich gewesen war.

Unser Kollege Leslie Morell durchsuchte die Kleidung des getöteten Uzi-Schützen. Der Blouson, der seinen Oberkörper bedeckte, war durch die Einschüsse zerfetzt. Darunter kam der graue Stoff einer Kevlar-Lage zum Vorschein.

Leslie stellte einen Führerschein sicher, der auf den Namen Jack Smith ausgestellt war.

„Ich würde nicht damit rechen, dass dieser Mann seine wahre Identität angegeben hat“, meinte Leslie.

Falls der Name Jack Smith falsch war, so hatte dieser Mann ihn mit der Absicht gewählt, nicht aufzufallen. Auf den ersten Blick war der Führerschein nicht als Fälschung erkennbar.

„Ich frage mich, was dieser Mann sich davon versprochen hat, sich buchstäblich bis zum letzten Atemzug gegen eine Verhaftung zu wehren“, meinte Milo.

„Ich vermute, dass er nichts zu verlieren hatte“, gab ich zurück.

„Ein dicker Fisch?“

„Jedenfalls jemand, der nicht auf irgendeine Art von Entgegenkommen durch die Justiz hoffen konnte, Milo.“

„Wahrscheinlich hat der darauf spekuliert, sich irgendwo in den zahllosen Luken und kleinen Nebenstauräumen versteckt halten zu können, um dann vielleicht doch eine Chance zur Flucht wahrzunehmen.“

Auf jeden Fall erwartete ich, dass der Mann, der sich Jack Smith nannte, ein umfangreiches Dossier in den über das Datenverbundsystem NYSIS zugänglichen Daten über Kriminelle vorweisen konnte.

6

Eine Dreiviertelstunde später legte die JAMAICA BAY an Pier 17 an. Dort warteten bereits weitere Einsatzkräfte der SRD auf ihren Einsatz, darunter auch der Gerichtsmediziner Dr. Brent Claus. Außerdem Spezialisten, deren Aufgabe es war, möglichst schnell zu analysieren, was genau sich in den Giftfässern befand, die die JAMAICA BAY auf kriminelle Weise hatte entsorgen sollen.

Wir gingen an Land.

An Bord des Frachters hatten wir jetzt nichts mehr verloren. Nun schlug die Stunde der Experten und Wissenschaftler. Es musste haarklein rekonstruiert werde, wie Agent Pacey gestorben war.

Von Clive erfuhren wir, dass die ersten Verdächtigen, die an anderen Orten im Zusammenhang mit der JAMAICA BAY zeitgleich festgenommen worden waren, bereits im Field Office angekommen waren. Darunter auch Brian Mondale, der Geschäftsführer einer dubiosen Im- und Exportfirma.  Staatsanwalt Jay Kirkland war ebenfalls bereits eingetroffen, um deutlich zu machen, dass derjenige, der sich ohne Verzögerung dazu entschloss, das Schweigen zu brechen, mit Vorteilen rechnen konnte.

Wir wurden zurück zum Field Office in der Federal Plaza 26 beordert.

Als wir dort eintrafen, hatten die Verhöre des Kapitäns und des Steuermanns der JAMAICA BAY bereits begonnen. Der Rest der Besatzung befand sich in Gewahrsam und zum Teil musste erst die jeweilige Identität mühsam festgestellt werden. Manche der Festgenommenen sprachen sehr schlecht Englisch. Es handelte sich um Seeleute, die unter wirklich abenteuerlichen Bedingungen angeheuert worden waren und kaum über die nötigsten Kenntnisse verfügten.

Das Gros schien von den Philippinen und aus Mittelamerika zu stammen, aber die Neigung dieser Männer, mit uns zusammen zu arbeiten, war nicht besonders groß. Erstens begriffen sie offenbar kaum, dass sie sich an einer Straftat beteiligt hatten und zweitens hatten sie nach Ansicht unserer Verhörspezialisten Angst.

„Sie ahnen nicht, dass jemand mutwillig ihre Gesundheit aufs Spiel gesetzt hat“, stellte unser Kollege Dirk Baker fest, der mit einigen von ihnen gesprochen hatte. „Sie wurden hochgiftigen Stoffen ausgesetzt und verfügen über so gut wie überhaupt keine Kenntnisse darüber, wie man damit umgehen müsste oder wie man sich vor den Giften schützten kann.“