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Unheimlicher Roman
Genau Mitternacht.
Geisterstunde.
Es war die Stimme aus dem Jenseits, die sie weckte.
So wie schon in so vielen Nächten zuvor…
Ein übersinnlicher Romantic Thriller, den ALFRED BEKKER unter dem Namen LESLIE GARBER schrieb.
Zum Autor:
Leslie Garber ist das Pseudonym des 1964 geborenen Autors Alfred Bekker, der unter seinem bürgerlichen Namen vor allem als Autor von Fantasy Romanen, Krimis und Büchern für junge Leser bekannt wurde. Als Leslie Garber schrieb er zahlreiche unheimliche Romantic Thriller und unter dem Namen Janet Farell beschrieb er "Die unheimlichen Abenteuer der Jessica Bannister".
Cover: Steve Mayer
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Alfred Bekker
Unheimlicher Roman
© by Alfred Bekker
www.AlfredBekker.de
All rights reserved
Ein CassiopeiaPress Ebook
Ausgabejahr dieser Edition: 2012
Genau Mitternacht.
Geisterstunde.
Es war die Stimme aus dem Jenseits, die sie weckte.
So wie, wie schon in so vielen Nächten zuvor…
Schritte.
Ein Knarren des Fußbodens, das Herunterdrücken einer Türklinke…
Rebecca Parry schreckte auf.
Nein, durchzuckte es sie, da war noch etwas anderes!
Sie saß aufrecht und naßgeschwitzt in ihrem Bett und erinnerte sich an ein wirres Chaos düsterer Alpträume. Bilder, die rasch verblaßten und an die sie sich auch nicht unbedingt erinnern wollte.
Sie atmete tief durch, strich das lange blonde Haar zurück und stand auf.
Was habe ich gehört? ging es ihr durch den Kopf. Vielleicht nur den Wind?
Oder ein Echo aus dem Reich der Träume?
Sie schluckte unwillkürlich.
Jedenfalls war sie jetzt hellwach. Sie ging nach nebenan ins Wohnzimmer. Der Mond schien durch die Fensterfront ihrer Drei-Zimmer-Wohnung im vierzehnten Stock des exklusiven Londoner McGillan Towers. Sein helles Oval wirkte wie das Auge eines übermächtigen Wesens. Unwillkürlich erschauerte sie bei dem Gedanken.
Sie fühlte sich beobachtet, glaubte regelrecht körperlich spüren zu können, wie der Blick eines Fremden auf ihr ruhte.
Ich bin nicht allein...
Es war eine instinktive Erkenntnis.
Sie sah hinaus in das Lichtermeer des nächtlichen Londons. Nebel zog von der Themse herauf.
Ein gestaltloses Etwas, das immer neue gespenstische Formen auszubilden schien.
Und dann hörte Rebecca auf einmal wieder jenes Geräusch, das sie geweckt hatte.
Jetzt, da sie es erneut hörte, erinnerte sie sich und erkannte es wieder.
Es war das hektische Schlagen schwarzer Schwingen.
Etwas Dunkles erhob sich vor dem Fenster und Rebecca zuckte augenblicklich ein Stück zurück.
Es war ein Rabe von außergewöhnlicher Größe, der die ganze Zeit über still und stumm auf dem Geländer des Balkons gesessen hatte, der zu dieser Wohnung gehörte. Im Schatten der Nacht hatte Rebecca ihn nicht bemerkt.
Aber jetzt war er unüberhörbar.
Ein markerschütterndes Krächzen war selbst durch die Isolierscheiben hindurch deutlich zu vernehmen. Für den Bruchteil einer Sekunde sah Rebecca zwei dunkle Augen, in denen sich das fahle Licht des Mondes spiegelte. Der große Vogel drehte ab und flog hinaus über das Lichtermeer der Stadt. Lichter, von denen eins nach dem anderen durch den Nebel verschluckt wurde.
In der Ferne hallte noch das schauerliche Krächzen nach.
Dies war kein gewöhnlicher Rabe! ging es Rebecca zitternd durch den Kopf.
"Hab keine Angst", sagte dann plötzlich eine Stimme in ihrem Rücken. Sie stieß einen kurzen, spitzen Schrei aus und wirbelte herum. Ihre Augen waren schreckgeweitet, das Herz schlug ihr bis zum Hals und für einen schrecklichen Moment lang erfüllte sie blanke Panik, als ein Augenpaar sie ruhig musterte.
Vor ihr stand eine transparente Gestalt.
Sie schimmerte geisterhaft und an manchen Stellen war die dahinter liegende Wand durch den Körper hindurch sichtbar.
"Jeffrey!" entfuhr es Rebecca.
Ein Lächeln erschien auf dem sympathischen Gesicht der geisterhaften Gestalt.
"Es ist alles in Ordnung, Rebecca..."
"Oh, Jeffrey..."
Es war der Geist ihres verstorbenen Verlobten, der wenige Augenblicke, bevor sie ihm in der Kirche ihr Jawort hatte geben können, tot zusammengebrochen war. Seitdem erschien Jeffrey ihr in mehr oder minder regelmäßigen Abständen. Zunächst hatte sie sich dagegen gesträubt und befürchtet, den Verstand zu verlieren.
Inzwischen aber akzeptierte sie Jeffreys Geist als etwas Natürliches.
Es tat ihr gut, mit ihm zu reden.
Der Schmerz war dann nicht so groß. Dieser unermeßliche Schmerz, den der Tod eines geliebten Menschen nun mal verursachte.
"Ich bin froh, dich zu sehen", sagte Rebecca. "Weißt du, ich habe viel an dich gedacht..."
"Du gehörst dem Leben, Rebecca. Vergiß das nicht. Ich aber stehe auf der anderen Seite jener unsichtbaren Grenze, die die eine von der anderen Welt trennt..."
Rebecca lächelte.
"Aber ich habe offenbar die Fähigkeit, hinüberzublicken."
"Ja, das mag sein…"
"Und ich bin froh darum. Denn ich liebe dich, Jeffrey..."
"Du weißt, daß ich immer für dich da sein werde", erwiderte Jeffrey. Sein Gesicht bekam einen leicht melancholischen Ausdruck. Er schwebte etwas näher.
"Du trägst noch den Smoking vom Tag unserer Hochzeit!" stellte Rebecca fest. Sie seufzte.
"Rebecca, du weißt, daß es mich viel Kraft kostet, für dich sichtbar zu werden."
"Ja..."
Noch mehr Energieaufwand verlangte es für Jeffrey, wenn er auch für andere sichtbar sein wollte... Rebecca verstand, worauf er hinauswollte. Jeffrey war nicht einfach hier aufgetaucht, um mit ihr zu Plaudern. Sein Erscheinen hatte einen Grund.
Sie sah ihn an.
Er erwiderte ihren Blick.
„Ich muß dich warnen, Rebecca… Inzwischen weiß ich, was geschah, als ich am Tag unserer Hochzeit plötzlich zusammenbrach. Durch die übersinnlichen Kräfte einer Hexe namens Maradina Tabras wurde meine Seele in ein Amulett gebannt… Jetzt bin ich ihr Gefangener… Das ist der wahre Grund dafür, daß ich nicht sterben kann… Durch diesen Zauber werde ich zwischen den Welten in der Schwebe gehalten.“
„Aber, Jeffrey! Damals war niemand anwesend – außer unseren Verwandten und Bekannten!“
„Diese Maradina Tabras vermag jegliche Gestalt anzunehmen. Erinnerst du dich an fetten Raben, der damals in einem der Bäume saß…
Seine Erscheinung wurde etwas schwächer und durchscheinender. Seine Stimme klang immer schwächer und leiser. Ganze Sätze verstand Rebecca gar nicht.
"Oh, Jeffrey!" schluchzte sie.
"Paß auf dich auf...", hörte sie ich noch wie aus weiter Ferne sagen.
"Ich liebe dich Jeffrey!" hauchte sie noch, ehe die geisterhafte Erscheinung völlig verschwunden war. Eine einsame Träne glitzerte im Mondlicht auf Rebeccas Wange.
*
"Ich werde ohne Umschweife zur Sache kommen", sagte die dunkelhaarige, sehr gutaussehende junge Frau, die soeben im Büro der Privatdetektei O’Donnell & Parry Platz genommen hatte. Ihr Name war Victoria Rathbone und sie schien eine Vorliebe für die Farbe Schwarz zu haben.
Sie trug ein elegantes Kostüm in dieser Farbe.
Der einzige Lichtpunkt war eine silberne Brosche.
Das ebenholzfarbene Haar war zu einer strengen Knotenfrisur nach hinten gekämmt.
Das Gesicht wirkte etwas bleich, war aber sehr fein geschnitten und hübsch. Ihr Blick drückte Selbstbewußtsein aus und ihr Auftreten hatte etwas an sich, das wie einstudiert wirkte. Sie schien sich ihrer Wirkung sehr wohl bewußt zu sein.
Sie sah zunächst Rebecca Parry, eine junge Frau von 22 Jahren, etwas abschätzig an und wandte sich dann Harold O’Donnell zu, der sich bereits die Krawatte gelockert hatte.
Es war unübersehbar, daß Harold von dieser Klientin beeindruckt war.
"Nun, Mrs. Rathbone?" fragte er.
Victoria Rathbone hob das Kinn und sagte: "Vorab eine Frage: Ich habe gehört, daß die Detektei O’Donnell & Parry sich auch mit..." Sie zögerte und sprach erst nach einer kurzen Pause weiter. "...mit ungewöhnlichen Fällen befaßt."
Rebecca Parry strich sich das blonde Haar zurück und fragte dann kühl: "Könnten Sie vielleicht etwas genauer sagen, was Sie darunter verstehen?"
Victoria Rathbones Lächeln war kalt.
Eiskalt.
"Ich spreche von Fällen, die in den, sagen wir es so: in den okkulten Bereich hineingehen."
Rebecca nickte.
"Ja, das ist richtig."
"Gut", nickte Victoria Rathbone. "Es geht kurz gesagt um folgendes: Vor drei Monaten starb mein Mann bei einem tragischen Verkehrsunfall direkt vor unserem Haus in Bristol.
Nun fühle ich mich verfolgt."
"Verfolgt?" echote Harold.
Als Victoria Rathbone weitersprach, vermied sie es, die beiden Inhaber der Detektei anzusehen.
"Ja", sagte sie. "Und zwar vom Geist meines verstorbenen Mannes, wenn Sie so wollen. Möglicherweise halten Sie das, was ich sage für völlig absurd, aber ich wäre nicht hier, wenn ich mich nicht wirklich bedroht fühlen würde. Sehen Sie, mein Man war immer sehr eifersüchtig. Immer glaubte er, daß ich irgendwelche Affären hätte, was tatsächlich nicht der Fall war. Sie können sich nicht vorstellen, was für elende Diskussionen wir über dieses Thema hatten. Und nun, nach seinem Tod, fährt er gewissermaßen damit fort. Er treibt mich in den Wahnsinn. Unerwartet erscheint er plötzlich als durchsichtiger Astralleib und erschreckt mich halb zu Tode. Er hat mir im übrigen auch ganz klar gesagt, was sein Ziel ist."
"Und das wäre?" erkundigte sich Rebecca.
Victoria Rathbone atmete tief durch. Sie schluckte. Dann biß sie sich auf die Lippe. Sie zögerte noch, ehe sie endlich zu sprechen begann.
"Er will mich zu sich holen", erklärte sie mit belegter Stimme. "Zu sich ins Reich der Toten. Erst wenn ich bei ihm sei, könnte er dort Frieden finden. " Sie hielt sich die flache Hand vor das Gesicht und schluchzte kurz auf. "Lange halte ich das nicht mehr aus! Mr.
O’Donnell, Sie müssen mir helfen!"
"Nun...", sagte Harold gedehnt, lehnte sich etwas zurück und wechselte einen Blick mit Rebecca. Diese hatte eine etwas abweisend wirkende Stellung eingenommen und die Arme vor der Brust verschränkt.
Ihr Gesicht drückte Skepsis aus.
Irgend etwas gefiel ihr nicht an dieser Frau.
Sie konnte noch nicht wirklich sagen, was es eigentlich war.
Irgendwie hatte sie den Eindruck, eine Schauspielerin vor sich zu haben, die genau wußte, wann sie effektvolle Pausen zu setzen hatte und wie sie ihre Umgebung beeindrucken konnte.
Zumindest bei Harold scheint sie damit Erfolg gehabt zu haben! ging es Rebecca durch den Kopf.
Sie war etwas ärgerlich darüber.
Victoria Rathbone sagte jetzt: "Das Honorar spielt übrigens keine Rolle!"
"Gut", sagte Harold. "Wir werden den Fall übernehmen."
Victoria Rathbone nahm ihre Handtasche und zog mit eleganter Handbewegung ihr Scheckheft hervor. Dann nahm sie einen Stift von Harolds Schreibtisch, füllte schnell eines der Formulare aus und riß es aus dem Heft heraus.
Als sie es Harold vor die Nase legte, wurden dessen Augen ziemlich groß.
Ihr Lächeln war eiskalt und berechnend.
In ihren Augen blitzte es auf eine Weise, die Rebecca beunruhigte.
"Ich hoffe, die Summe reicht als Anzahlung, Mr. O’Donnell", säuselte sie dann.
"Oh, ja, natürlich!" beeilte sich Harold zu sagen.
"Sorgen Sie dafür, daß der Geist meines Mannes mich nicht mehr verfolgt. Egal wie.
Was auch immer Sie vorschlagen, ich werde es tun!"
"Gut", nickte Harold.
"Aber ich werde mich doch auf Ihre Diskretion verlassen können, nicht wahr? Bristol ist verglichen mit London eine Kleinstadt und da geht es schnell herum, wenn eine Geschäftsfrau einen Privatdetektiv beauftragt, um nach Geistern zu suchen. In so fern bin ich auch ganz froh, daß Sie in London residieren."
"Diskretion ist Ehrensache", erklärte Harold.
"Da bin ich ja beruhigt. Ich habe jetzt noch einen Termin hier in London. Sie werden mich jetzt daher sicher entschuldigen. Kommen Sie doch in den nächsten Tagen nach Bristol. Meine Adresse haben Sie ja."
Sie stand auf und wandte sich zum Gehen.
"Warten Sie", rief Harold. "Ich bringe Sie noch zur Tür."
"Danke, aber ich finde alleine hinaus!" erwiderte sie.
Harolds Blick hing wie hypnotisiert an ihr, bis sie den Raum endlich verlassen hatte.
"Ich dachte, wir sind Partner, Harold", sagte Rebecca nachdem die Klientin verschwunden war.
"Ja sicher!" erwiderte Harold etwas verwirrt.
"Ich finde, wir hätten erst darüber reden sollen, ob wir diesen Fall annehmen."
"Darüber reden?" Harold sah sie erstaunt an. Dann deutete er auf den Scheck auf dem Schreibtisch. "Darüber reden, wenn jemand bereit ist, einen solchen Scheck auszustellen und dazu noch sagt, daß das Honorar überhaupt keine Rolle spielt? Rebecca, in welcher Welt lebst du? Unserer Agentur geht es nicht so gut, daß wir solche Aufträge ablehnen könnten."
"Trotzdem", sagte Rebecca.
Harold stand auf und trat zu ihr.
Ihre Blicke trafen sich. Harold und Rebeccas verstorbener Verlobter Jeffrey Reed, beides ehemalige Polizisten, hatten die Detektei zusammen gegründet. Jetzt war Rebecca in Jeffreys Fußstapfen getreten und hatte gewissermaßen seinen Platz in der Agentur eingenommen.
Aufgrund Rebeccas besonderer Fähigkeit, mit den Geistern Verstorbener in Kontakt zu treten, nahm diese sich natürlich insbesondere auch Fällen an, die den Bereich des Okkulten und Übersinnlichen berührten.
Und insgeheim hoffte Rebecca natürlich bei ihrer Arbeit irgendwann wieder auf die Spur von Maradina Tabras zu treffen. Jener geheimnisvollen Frau, in deren Amulett ein Teil von Jeffreys Seele gefangen war, so daß sein Geist nicht endgültig ins Reich der Toten eingehen und dort Frieden finden konnte.
Harold lachte sie an.
"Nun sag schon, was hast du wirklich dagegen einzuwenden, daß wir diesen Fall annehmen?"
Harold war blond, athletisch gebaut und immer sehr gut gekleidet. Außerdem war er ein Charmeur, wie er im Buche stand. Unter anderen Umständen hätte Rebecca sich diesem Charme gerne hingegeben.
Aber da war immer noch Jeffrey.
Auch wenn er ihr nur noch als Geist erschien, so war er doch für sie immer noch ein Teil ihres Lebens, den sie nicht so einfach hinter zu lassen vermochte.
Und das wollte sie auch gar nicht.
*
Ein paar Tage später fuhren sie nach Bristol. Harold saß am Steuer des unauffälligen Volvos, den er vor kurzem für die Agentur angeschafft hatte.
"Ein solcher Auftrag wie der von Mrs. Rathbone kommt uns wie gerufen", meinte Harold mit zufriedenem Gesichtsausdruck. "Wenig Arbeit verbunden mit einem hohen Gewinn für die Agentur. Wann trifft das schon mal zusammen."
"Ich weiß nicht", meinte Rebecca. "Irgendwie habe ich ein schlechtes Gefühl dabei..."
"Du magst Mrs. Rathbone nicht!"
"Das ist richtig."
"Gibt es einen bestimmten Grund dafür?"
"Nein. Aber du warst ja um so mehr von ihr beeindruckt..."
"Nun..."
"Mrs. Rathbone ist eine attraktive Frau, Harold. Aber sie weiß das auch sehr kalkuliert einzusetzen."
"Rebecca..."
"Gib es zu, richtig geblendet warst du!"
"Du übertreibst!"
Rebecca seufzte. Auf ihrem Gesicht erschien ein fast nachsichtiges Lächeln.