Alfred Bekker Thriller: Ein Ermordeter taucht unter - Alfred Bekker - E-Book

Alfred Bekker Thriller: Ein Ermordeter taucht unter E-Book

Alfred Bekker

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  • Herausgeber: Alfredbooks
  • Kategorie: Krimi
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2018
Beschreibung

Ein Ermordeter taucht unter Thriller von Alfred Bekker Der Umfang dieses Ebook entspricht 140 Taschenbuchseiten. In höchster Not ruft ein Mann die Polizei an. Jemand will ihn töten. Bevor er Näheres sagen kann, ertönt ein Schuss und das Telefonat ist beendet. Die Ermittler machen sich auf den Weg zum vermeintlichen Tatort. Doch wo ist die Leiche? Ein rätselhafter Fall beginnt... Alfred Bekker ist ein bekannter Autor von Fantasy-Romanen, Krimis und Jugendbüchern. Neben seinen großen Bucherfolgen schrieb er zahlreiche Romane für Spannungsserien wie Ren Dhark, Jerry Cotton, Cotton reloaded, Kommissar X, John Sinclair und Jessica Bannister. Er veröffentlichte auch unter den Namen Neal Chadwick, Henry Rohmer, Conny Walden und Janet Farell. Titelbild: Firuz Askin.

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Ein Ermordeter taucht unter: Thriller

Alfred Bekker

Published by BEKKERpublishing, 2016.

Inhaltsverzeichnis

Title Page

Ein Ermordeter taucht unter

Copyright

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Ein Ermordeter taucht unter

Thriller von Alfred Bekker

Der Umfang dieses Ebook entspricht 140 Taschenbuchseiten.

In höchster Not ruft ein Mann  die Polizei  an. Jemand will ihn töten. Bevor er Näheres sagen kann, ertönt ein Schuss und das Telefonat ist beendet. Die Ermittler machen sich auf den Weg zum vermeintlichen Tatort. Doch wo ist die Leiche? Ein rätselhafter Fall beginnt...

Alfred Bekker ist ein bekannter Autor von Fantasy-Romanen, Krimis und Jugendbüchern. Neben seinen großen Bucherfolgen schrieb er zahlreiche Romane für Spannungsserien wie Ren Dhark, Jerry Cotton, Cotton reloaded, Kommissar X, John Sinclair und Jessica Bannister. Er veröffentlichte auch unter den Namen Neal Chadwick, Henry Rohmer, Conny Walden und Janet Farell.

Titelbild: Firuz Askin.

Copyright

Ein CassiopeiaPress E-Book

© by Author

© 2015 der Digitalausgabe by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen

www.AlfredBekker.de

[email protected]

1

Ein kühler Wind strich vom Hudson herüber und bog die Sträucher in seine Richtung. Doch der Mann im beigen Regenmantel hatte trotzdem Schweißperlen auf der Stirn. Das schüttere Haar war zerzaust. Der Pulsschlag ging ihm bis zum Hals. Die Rechte umfasste den Griff einer Automatik, die Linke hielt ein Handy. Mit dem Daumen wählte er eine Nummer.

„Spreche ich mit dem FBI?“

„Hier ist das FBI Field Office New York. Was können wir für Sie tun?“

„Die wollen mich umbringen! Kommen Sie schnell! Sonst ist es zu spät!“

„Sir, wer sind Sie und wo befinden Sie sich?“

„Mein Name ist Charles Patterson. Ich befinde mich hier im Robert F. Wagner Jr Park, südlich des Museum of Jewish Heritage... Hilfe!“

Dann folgte ein Schuss.

2

Wir befanden uns gerade auf dem South Street Viaduct und fuhren auf die Südspitze Manhattans zu. Es war ein klarer, sonniger Tag mit guter Fernsicht. Man konnte die Häuser auf Vinegar Hill in Brooklyn auf der gegenüberliegenden Seite des East River sehen. Der starke, kühle Wind kräuselte das Wasser und ließ es wie ein Perlenmeer glitzern.

Der Anruf erreichte uns kurz bevor wir den Battery Park erreichten.

Es war Mister Jonathan D. McKee, der Chef des FBI Field Office New York.

„So eben traf ein Notruf per Handy bei uns ein“, erklärte er uns. „Ein gewisser Charles Patterson gab an, im Robert F. Wagner Jr Park verfolgt und bedroht zu werden. Danach war ein Schuss zu hören und das Gespräch brach ab. Sie müssten eigentlich nicht allzu weit entfernt ein!“

„Wir sind schon so gut wie da!“, versprach ich, während Milo die Scheibe herunterließ und das Rotlicht auf das Dach des Sportwagen setzte.

„Patterson hat übrigens noch ein Foto an uns schicken können, das er offenbar im letzten Moment mit seinem Handy geschossen hat!“, berichtete Mister McKee.

„Um den Täter zu identifizieren?“

„Möglich. Ich leite es an Sie weiter, Jesse. Aber versprechen Sie sich nicht zu viel davon. Es ist sehr unscharf und man kann so gut wie nichts darauf erkennen.“

Wenige Augenblicke später hatten wir das Bild auf dem TFT-Bildschirm, der zusammen mit einem Computer in die Mittelkonsole des Sportwagens installiert war.

Dessen Auflösung war natürlich um ein Vielfaches größer als die eines Handy Displays.

Erkennen konnte man da wirklich nicht viel. Im Hintergrund war etwas Grünes, das sich in viereckige Pixel auflöste. Offenbar handelte es sich um Ziersträucher, wie sie in den verschiedenen Parkanlagen am Hudson-Ufer der Battery Park City zu finden waren. Im Vordergrund war etwas Dunkles.

Nur ein Schatten?

Oder das Abbild eines Mörders?

Wir konnten nur hoffen, dass die Kollegen vom Labor noch etwas Licht ins Dunkel brachten. 

Mein Kollege Milo Tucker hatte die Freisprechanlage auf laut geschaltet, sodass wir beide mit Mister McKee sprechen konnten. Ich trat das Gaspedal voll durch. Die Sirene heulte auf.

Der Robert F. Wagner Jr Park war eine kleine Grünanlage, die sich im Nordwesten an den Battery Park anschloss.

„Wir haben das zuständige Revier der City Police alarmiert“, informierte uns Mister McKee inzwischen. „Der Robert F. Wagner Jr Park soll weiträumig abgesperrt werden.“

„Wenn schon geschossen wurde, kommen wir wahrscheinlich so oder zu spät“, gab ich zu bedenken.

„Ja, aber es könnte sein, dass der Täter in den Maschen des Netzes hängen bleibt, das wir jetzt gerade über die Gegend werfen“, erwiderte Mister McKee. „Ob der Fall tatsächlich bei uns landet, hängt von den Tatumständen ab. Falls nicht, betrachten Sie das Ganze als Amtshilfe für die City Police.“

„Ja, Sir“, sagte Milo.

„Viel Glück!“, wünschte uns unser Chef. Danach unterbrach er die Verbindung.

Wir passierten die Unterführung, die unter dem an der Südspitze Manhattans gelegenen Battery Park hindurch führte und sahen am Battery Place wieder Tageslicht. Von dort aus war es nur noch ein Katzensprung.

Wir erreichten das Grüngelände des Robert F. Wagner Jr Parks. Auf den Wegen durfte man hier eigentlich nicht fahren. In diesem Notfall beschlossen wir, die Verkehrsregeln schlicht zu ignorieren. Für den Mann, der sich mit der Bitte um Hilfe an das FBI gewandt hatte, ging es wahrscheinlich um jede Sekunde.

Ich fuhr also einfach weiter und ließ den Sportwagen den schmalen Weg für Fußgänger und Radfahrer entlangfahren. Dabei konnte natürlich nur eine Reifenspur auf dem gepflasterten Weg bleiben, während die Reifen der anderen Seite eine hässliche Spur in dem nach englischem Vorbild gepflegten und auf Bürstenschnitt gebrachten Rasen zog.

Es dauerte nur wenige Augenblicke, bis wir die in ihrer längsten Ausdehnung knapp dreihundert Yards durchmessende Grünlange durchquert hatten.

Es waren kaum Passanten dort. Eine Joggerin blieb stehen und starrte uns fassungslos an.

Ich hielt den Wagen an. Milo sprang heraus und hielt ihr seinen Ausweis entgegen.

„Agent Milo Tucker, FBI! Warten Sie einen Moment.“

Die Joggerin war Mitte zwanzig, weiß, dunkelhaarig und recht zierlich. Sie trug ein Stirnband mit der Aufschrift SPORTIVE ENERGY und musterte Milo misstrauisch.

Erst als sie den Ausweis genauer sehen konnte, wurde sie etwas entspannter.

„Ein Mann soll hier bedroht worden ein. Es ist ein Schuss gefallen. Haben Sie irgendetwas davon bemerkt?“

„Ich habe zwei Schüsse gehört“, berichtete sie. Sie deutete auf eine Front von etwa zweieinhalb Meter großen Ziersträuchern, die die Sicht auf den Hudson verdeckten. „Hinter den Sträuchern verläuft ein Weg, direkt am Hudson-Ufer entlang. Dort muss es passiert sein.“

„Wie ist Ihr Name?“

„Sara McDougal. Ich wohne in 26 Battery Place, keine 300 Meter von hier.“

„Wir brauchen Ihre Aussage noch schriftlich. Warten Sie hier. Die Kollegen des NYPD treffen jeden Moment ein!“

Wie zur Bestätigung heulten Polizeisirenen aus der Ferne.

Milo kam zurück zum Sportwagen und stieg ein. Ich trat das Gas durch, fuhr über den Rasen und gelangte schließlich auf einen anderen Weg, der zum Hudson-Ufer führte.

Dort fanden wir den Uferweg.

Ich bremste. Wir stiegen aus, griffen nach den Dienstwaffen und sahen uns um.

Es war nirgends etwas zu sehen.

„Der Kerl kann sich nicht in Luft aufgelöst haben“, meinte ich.

„Vielleicht hat jemand die Leiche in den Hudson geworfen“, vermutete Milo.

Wir gingen den Weg entlang. Im Süden konnte man die am Ende einer weit in den Hudson hineinragenden Pier gelegene Fireboat Station am Battery Park sehen. Nördlich des Museum of Juwish Heritage schlossen sich mehrere Grünanlagen an, die wie ein grüner Strich entlang des Hudson Ufers bis hinauf zum Nelson A. Rockefeller Park zogen – nur unterbrochen vom Yachthafen an der North Cove in der Nähe des World Financial Center.

Auf jeden Fall gab es in der Nähe genügend Vegetation, um dort eine Leiche zumindest vorübergehend zu verstecken.

Wir gingen das Ufer in südliche Richtung entlang. Milo informierte inzwischen per Handy die Kollegen der City Police darüber, dass wir nichts vorgefunden hatten.

Lieutenant Rick Diberti, unter dessen Leitung der Einsatz der NYPD-Kollegen stand, sagte zu, dass so schnell wie möglich alle Straßen, die vom Tatort wegführten, abgeriegelt würden, um Fahrzeug- und Personenkontrollen durchzuführen.

„Das muss alles verdammt schnell gegangen sein!“, meinte ich.

Ich starrte auf den Boden. Der Weg war mit grauen Steinen gepflastert. In den Fugen wuchs Gras.

Mir fiel etwas auf, das in der Sonne metallisch blinkte. Ich bückte mich und entdeckte eine Patronenhülse. „Sieh an!“, sagte ich, steckte die Dienstwaffe weg, holte einen Latex-Handschuh hervor und hob die Patronenhülse auf.

„Hier scheint tatsächlich jemand geschossen zu haben!“, stellte ich fest.

„Die Frau hat von zwei Schüssen gesprochen!“, gab Milo zu bedenken.

„Was bedeutet, dass es auch eine zweite Patronenhülse geben müsste!“

„Vielleicht hat der Täter die zweite Hülse aufgesammelt und die andere einfach in der Eile nicht mehr gefunden.“

Ich tütete die Patronenhülse sorgfältig ein und blickte mich dann erneut um.

„Am Jewish Heritage Museum ist ein Parkplatz“, sagte ich. „Von dort kann man auf den Battery Place gelangen.“

„Du denkst, der Täter ist mit der Leiche dorthin gelaufen, hat sie in den Kofferraum eines Wagens gelegt und ist dann auf und davon, Jesse?“

„Ich habe nur laut gedacht.“

„Klingt für mich sehr unwahrscheinlich. Zumal der Täter immer in Gefahr gewesen wäre, gesehen zu werden. Hier hätten ihn die Sträucher geschützt – aber auf dem Parkplatz am Museum nicht mehr.“

„Der Weg ist auch zu weit“, meinte ich. „Zumindest mit einer so schweren Last. Dann muss sich die Leiche hier in der Umgebung befinden.“

„Oder im Hudson.“

„Ich fürchte, das ist die wahrscheinlichste Variante. Ich bin dafür, wir fordern schon mal Taucher an.“

3

In den nächsten Minuten trafen unsere Kollegen vom NYPD ein. Lieutenant Rick Diberti vom zehnten Revier begrüßte uns.

„Diesmal seid ihr vom FBI mal die ersten am Tatort“, sagte er. „Meistens ist es ja umgekehrt, dass wir euch hinzuziehen.“

„Zunächst mal suchen wir nach einer Leiche“, sagte ich. „Entweder, der Täter hat sie in die Büsche gelegt oder in den Fluss geworfen und ist dann in aller Seelenruhe zum Parkplatz am Museeum of Jewish Heritage gegangen.“

„Vielleicht ist er auch mit dem Wagen hier gewesen“, vermutete Lieutenant Diberti. „Das ist zwar nicht erlaubt, aber wir sind ja schließlich auch alle hier. Möglich wär’s also.“

Ich schüttelte den Kopf.

„Nein, Lieutenant. Dann müssten eigentlich Reifenspuren in dem weichen Rasen zu finden sein. Mein Sportwagen hat jedenfalls eine Menge davon hinterlassen. Und dieser Weg ist nun mal eindeutig zu schmal dafür, dass man mit einem Pkw alle Räder auf dem Pflaster halten kann.“

„Meine Leute sehen sich trotzdem um.“ Lieutenant Diberti atmete tief durch. „So, wie ich das sehe, übernehmen wir dann von hier an  - falls sich nicht noch irgendwelche Hinweise darauf finden, dass es sich nicht um einen gewöhnlichen Mord handelt.“

„Okay“, sagte ich. „Wenn Sie nichts dagegen haben, warten wir die ersten Ermittlungsergebnisse aber noch ab. Wer weiß, was sich ergibt.“

„Natürlich.“

Die Kollegen der City Police begannen damit, die Umgebung systematisch abzusuchen. Bis zum Eintreffen der Scientific Research Division dauerte es noch etwas. Da die Labors des zentralen Erkennungsdienstes aller New Yorker Polizeieinheiten in der Bronx lagen, mussten die Kollegen erst ganz Manhattan von Nord nach Süd durchqueren, um zum Robert F. Wagner Park zu gelangen, was selbst bei ruhiger Verkehrslage seine Zeit brauchte.

Die Ankunft der Taucher erfolgte nach einer halben Stunde. Es handelte sich um Kollegen der Hafenpolizei, die in diesem Fall Amtshilfe leisteten.

Ein Anruf vom Field Office an der Federal Plaza erreichte mich. Es war Agent Max Carter, ein Innendienstler aus unserer Fahndungsabteilung. Er hatte interessante Neuigkeiten, was die Identität von Charles Patterson anging. Der Name war schließlich nicht gerade selten.

„Es gibt im Großraum New York 432 Träger dieses Namens, wobei wir alle Abwandlungen der Schreibweise von Patterson mitgezählt haben. Allerdings haben wir anhand der Handy-Nummer herausgefunden, dass es sich um Charles Mullon Patterson handelt, den Besitzer von Patterson Textile & Fashion, einer Bekleidungsfirma im Garmont District von New York.“

„Gibt es irgendwelche Anzeichen für eine Verbindung zum organisierten Verbrechen?“, fragte ich. Die Bekleidungsbranche in New York war bekannt dafür, dass sich dort immer wieder mafiöse Strukturen etablieren konnten. Viele illegale Einwanderer arbeiteten dort – vor allem aus Asien. Schleuserbanden vermittelten sie an Betriebe weiter, die dann anschließend hohe Provisionen zahlen mussten. Wer einmal mitgemacht hatte, war den Gangstern ausgeliefert, weil sie ständig fürchten mussten, bei den Behörden deswegen angezeigt zu werden. Daher konnten diese Banden auch horrende Schutzgelder erpressen, die weit über den Sätzen lagen, die Banden in der Bronx oder in Chinatown von Restaurantbesitzern dafür verlangten, dass ihre Läden nicht demoliert und die Gäste verprügelt wurden.

„Es gibt dazu keinerlei Erkenntnisse“, erklärte Max.  „Allerdings bleibt dieser Fall ohnehin bei uns.“

„Weshalb?“

„Weil Charles Patterson ein Bürger von Connecticut ist und das Verbrechen auf dem Boden von New York verübt wurde. Sein Geschäft hat er hier im Big Apple, aber er wohnt in Stamford.“

„Bis jetzt haben wir noch nicht den Beweis, dass überhaupt ein Verbrechen stattgefunden hat“, erwiderte ich. „Alles, was wir haben ist eine Patronenhülse. Eine – obwohl zweimal geschossen wurde!“

„Das könnte doch ein Fahndungsansatz sein, Jesse!“, meinte Max.

„Sehr witzig“, erwiderte ich leicht genervt.

„Mal im Ernst“, fuhr Max fort. „Mister McKee möchte, dass ihr an der Sache noch etwas dran bleibt. Die rechtliche Handhabe dazu ist ja gegeben. Du weißt doch, dass wir an einer Bande im Fashion District dran sind, gegen die bislang nichts ausgerichtet werden konnte, weil die ermittelnden Kollegen auf die übliche Mauer des Schweigens stießen.“

„Okay“, sagte ich. „Dann werden wir in dieser Hinsicht die Augen offen halten.“

Ich wollte das Gespräch schon beenden, aber Max hatte sich das Wichtigste zum Schluss aufgehoben. „Ach übrigens, ehe ich es vergesse: Dieses Handy, mit dem Patterson die Telefonzentrale unseres Field Office angerufen hat, muss noch am Tatort sein.“

„Ach!“

„Und zwar eingeschaltet. Wir haben es angepeilt.“

„Max – ich habe auch noch etwas.“

„Schieß los, Jesse!“

„Wurden bei dem Anruf ein oder zwei Schüsse registriert, bevor die Verbindung abbrach?“

„Es war ein Schuss“, erklärte Max. „Ganz bestimmt. Das Gespräch wurde routinemäßig aufgezeichnet und ich habe mir das Band mindestens zwei Dutzend Mal angehört.“

„Danke.“

4

Ich informierte Lieutenant Diberti über die neue Sachlage.

Diberti zuckte die breiten Schultern, denen man den häufigen Besuch in einem Fitness-Studio durchaus ansehen konnte.

„Wie ihr wollt! Wenn ihr Jungs vom FBI denkt, dass wir uns um diesen Fall reißen würden, seid ihr schief gewickelt!“

Ich erwiderte: „Vielleicht bekommt ihr ihn ja doch noch früher, als euch lieb ist, wenn sich herausstellt, dass...“

„...es gar keinen Fall gibt?“, unterbrach er mich.

„Auch diese Möglichkeit ziehen wir in Betracht.“

„Wir haben zwar eine der Patronenhülsen – aber keinerlei Blutspuren!“, gab Diberti zu bedenken. „Ich meine, ich will ja nicht bestreiten, dass es auch Schusswunden gibt, die wenig oder kaum bluten – je nachdem, wie man trifft – aber andererseits gibt es hier auch keinen klinisch reinen PVC-Boden, den man einfach abwischen kann, wenn man was hinterlassen hat, dass nicht in einem Labor landen soll!“

„Vielleicht finden die Kollegen der SRD ja mit ihren Methoden etwas!“, sagte ich. Aber Diberti sprach einen wichtigen Punkt an. Es war allerdings nur eine der Ungereimtheiten in diesem Fall.

In einem Gebüsch fand einer der Männer von Lieutenant Diberti ein Handy. Es gehörte mit hoher Wahrscheinlichkeit  Charles Patterson. Ich zog mir Latex-Handschuhe an, um das Menue betätigen zu können, ohne Spuren zu verwischen. Das verschwommene Bild, das Patterson vielleicht von seinem Mörder geschossen hatte, war noch gespeichert. Die zuletzt angerufene Nummer kannte ich nur zu gut. Es war die Nummer unseres Field Office.

Die Taucher blieben bei der Suche nach der Leiche erfolglos. Aber das musste nach ihrer Ansicht nichts heißen. Bei den herrschenden Strömungsverhältnissen, so die Auskunft von Branson W. McCann, dem  Lieutenant der Hafenpolizei, der diesen Einsatz leitete, sei dies nicht ungewöhnlich. „Bei zurückgehendem Wasser kann ein menschlicher Körper leicht auf den Atlantik hinausgetragen werden“, meinte er. „Und genau das haben wir jetzt!“

Schließlich trafen die lang erwarteten Kollegen der SRD ein.

Von den Projektilen fanden allerdings auch sie keine Spur ebenso wie von der zweiten Patronenhülse. Es war durchaus möglich, dass sich die Kugeln ebenfalls auf dem Grund des Hudson befanden. Bei der Durchschlagskraft moderner Waffen war es selten, dass eine Kugel im Körper stecken blieb. Meistens traten die Projektile auf der anderen Seite wieder auf.

„Wenn man das verwaschene Foto auf dem Handy berücksichtigt, dann stand Patterson mit dem Rücken zum Hudson und der Täter müsste dann aus dieser Richtung gekommen sein!“, erklärte Milo und deutete in Richtung der Sträucher-Front.

„Das würde Sinn machen!“, glaubte Lieutenant Diberti. „Patterson bekam zwei Treffer und kippte die Uferbefestigung hinunter in den Fluss.“

„Und wie kommt dann das Handy in die Büsche?“, legte ich den Finger auf den wunden Punkt dieser Theorie. „Der Täter hätte es doch verschwinden lassen können!“

„Patterson könnte das Handy bis zu den Büschen geworfen haben!“, gab Milo zu bedenken.

„Ja – aber vom Ufer aus konnte er das nicht tun, ohne dass der Täter das genau sehen konnte!“, gab ich zu bedenken.

„Worauf willst du hinaus?“, fragte Milo. „Du meinst, dass jemand ein Verbrechen vorgetäuscht hat?“

„Ich gebe zu, dass ich die Möglichkeit schon in Betracht gezogen habe“, gab ich zu. „Das würde nämlich auch erklären, wieso nirgends Blutspuren zu finden waren.“

„Aber es gibt auch eine andere Erklärung dafür, dass der Täter das Handy nicht mitgenommen hat!“, sagte Lieutenant Diberti. „Zum Beispiel könnte es einfach daran gelegen haben, dass er gestört wurde. Sie beide waren doch sehr schnell hier!“

„Ja, das ist richtig“, bestätigte ich. „Allerdings wohl doch nicht schnell genug.“

„Es könnte auch die Joggerin gewesen sein, die den Täter gestört hat“, glaubte Milo.

„Jedenfalls sollten wir die vielleicht noch mal genauer befragen!“, fand ich.

Schließlich gab es da eine Differenz von einem Schuss zwischen dem, was die Kollegen im Field Office aufgezeichnet und dem, was die junge Frau gehört hatte. Auch dafür gab es allerdings mögliche Erklärungen. Vielleicht war die Verbindung bereits unterbrochen worden, als der zweite Schuss fiel.

Wir warteten ungeduldig darauf, dass die Kollegen der Scientific Research Division irgendwelche Spuren fanden. Kleinste Blutspritzer zum Beispiel, die man mit Hilfe von Luminol noch sichtbar machen konnte, obwohl kein menschliches Auge in der Lage gewesen wäre, sie wahrzunehmen.

Das in Frage kommende Areal war recht groß. Wir waren zunächst davon ausgegangen, dass das Verbrechen dort stattgefunden hatte, wo wir die Patronenhülse entdeckt hatten. Danach richteten sich letztlich auch die bislang ebenfalls erfolglosen Untersuchungen des Taucherteams, dessen Leiter Lieutenant McCann inzwischen dazu übergegangen war, mit Hilfe einiger Kollegen Berechnungen darüber anzustellen, wohin die Leiche von Charles M. Patterson gespült worden war.

Mehrere Boote der Hafenpolizei und der Küstenwache unterstützten uns bei der Suche nach dem Toten.

Ich ahnte schon, dass sich das länger hinziehen würde.

Es glich der berühmten Suche nach der Stecknadel im Heuhaufen.

Zur Unterstützung forderten wir vom Field Office noch unsere eigenen Erkennungsdienstler Sam Folder und Mell Horster an, um weitere Untersuchungen durchzuführen. Die SRD-Kollegen hatten alle Hände voll zu tun und brauchten Unterstützung. Außerdem kam unser Chefballistiker Agent Dave Oaktree zum Tatort.

Er sollte herauszufinden, ob es durch die Einwirkung des Geschosses tatsächlich möglich gewesen war, dass Charles Patterson die Uferbefestigung hintergestürzt wäre. Es ging letztlich um eine Rekonstruktion eines vermuteten Tathergangs, bei dem bislang noch einiges im Dunkeln geblieben war.

Ich schaute mich nach der jungen Frau um, mit der Milo gesprochen hatte. Doch sie war längst nach Hause gegangen. Einer der Kollegen vom NYPD hatte ihre Aussage und auch die genauen Personalien aufgenommen.

„Ich möchte gerne noch mal mit ihr sprechen“, sagte ich.

„Mit dieser Sara McDougal?“, fragte Milo. „Ich denke, die hat uns alles gesagt, was sie wusste und woran sie sich erinnern konnte. Wenn du mich fragst, dann hatte die in erster Linie eine Heidenangst, dass ihr selbst etwas passieren könnte.“

„Siehst du hier irgendeinen Jogger, Milo?“

„Ich nehme an, du meinst den Teil des Parks, den die NYPD-Kollegen noch nicht mit Flatterband eingegrenzt haben“, gab Milo zurück.