Alfred Bekker Western - Die Geier vom Lincoln County - Alfred Bekker - E-Book

Alfred Bekker Western - Die Geier vom Lincoln County E-Book

Alfred Bekker

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Beschreibung

DIE GEIER VOM LINCOLN COUNTY Western-Roman von Alfred Bekker Der Umfang dieses Buchs entspricht 96 Taschenbuchseiten. "Du spielst falsch, Hombre!" Der Blick des Einäugigen war eisig. Noch hatte er die Rechte auf dem Tisch und nicht am tiefgeschnallten Revolverholster. Rechts und links von ihm saßen zwei seiner Kumpane, mit denen zusammen er am Mittag aus der Postkutsche gestiegen war. Sie trugen - ebenso wie der Einäugige - dunkle, etwas abgeschabte Anzüge. Und Revolver. Gunslinger waren sie, Männer die sich für ein paar Dollars von jedem anheuern ließen, der bereit war, für ihre Dienste zu bezahlen. Der Einäugige warf die Karten auf den Tisch. Er spuckte geräuschvoll aus. Der vierte Mann in der Spielrunde erbleichte. Es handelte sich um Saul Jackson, einen einfachen Cowboy aus der Gegend. Jackson kniff die Augen zusammen. "Ich habe nicht falsch gespielt!" behauptete er. "Doch, du hast!" widersprach der Einäugige. Seine Stimme klirrte wie Eis. Unter dem Pseudonym NEAL CHADWICK schreibt der Schriftsteller ALFRED BEKKER. Seine Romane um DAS REICH DER ELBEN, die GORIAN-Trilogie und die DRACHENERDE-SAGA machten ihn einem großen Publikum bekannt. Er schrieb für junge Leser die Fantasy-Zyklen ELBENKINDER, DIE WILDEN ORKS, ZWERGENKINDER und ELVANY sowie historische Abenteuer wie DER GEHEIMNISVOLLE MÖNCH, LEONARDOS DRACHEN, TUTENCHAMUN UND DIE FALSCHE MUMIE und andere. In seinem Kriminalroman DER TEUFEL AUS MÜNSTER machte er mit dem Elbenkrieger Branagorn eine Hauptfigur seiner Fantasy-Romane zum Ermittler in einem höchst irdischen Mordfall. Im Dezember 2012 erscheint mit DER SOHN DER HALBLINGE sein nächster großer Fantasy-Epos bei Blanvalet.

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Alfred Bekker Western - Die Geier vom Lincoln County

Alfred Bekker

Published by Alfred Bekker präsentiert, 2018.

Inhaltsverzeichnis

Title Page

DIE GEIER VOM LINCOLN COUNTY

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Further Reading: 10 Marshal Western August 2016

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About the Publisher

DIE GEIER VOM LINCOLN COUNTY

Western-Roman

von Alfred Bekker

Der Umfang dieses Buchs entspricht 96 Taschenbuchseiten.

"Du spielst falsch, Hombre!"

Der Blick des Einäugigen war eisig. Noch hatte er die Rechte auf dem Tisch und nicht am tiefgeschnallten Revolverholster.

Rechts und links von ihm saßen zwei seiner Kumpane, mit denen zusammen er am Mittag aus der Postkutsche gestiegen war. Sie trugen - ebenso wie der Einäugige - dunkle, etwas abgeschabte Anzüge. Und Revolver. Gunslinger waren sie, Männer die sich für ein paar Dollars von jedem anheuern ließen, der bereit war, für ihre Dienste zu bezahlen.

Der Einäugige warf die Karten auf den Tisch.

Er spuckte geräuschvoll aus.

Der vierte Mann in der Spielrunde erbleichte.

Es handelte sich um Saul Jackson, einen einfachen Cowboy aus der Gegend. Jackson kniff die Augen zusammen.

"Ich habe nicht falsch gespielt!" behauptete er.

"Doch, du hast!" widersprach der Einäugige.

Seine Stimme klirrte wie Eis.

––––––––

UNTER DEM PSEUDONYM NEAL CHADWICK schreibt der Schriftsteller ALFRED BEKKER.

Seine Romane um DAS REICH DER ELBEN, die GORIAN-Trilogie und die DRACHENERDE-SAGA machten ihn einem großen Publikum bekannt. Er schrieb für junge Leser die Fantasy-Zyklen ELBENKINDER, DIE WILDEN ORKS, ZWERGENKINDER und ELVANY sowie historische Abenteuer wie DER GEHEIMNISVOLLE MÖNCH, LEONARDOS DRACHEN, TUTENCHAMUN UND DIE FALSCHE MUMIE und andere. In seinem Kriminalroman DER TEUFEL AUS MÜNSTER machte er mit dem Elbenkrieger Branagorn eine Hauptfigur seiner Fantasy-Romane zum Ermittler in einem höchst irdischen Mordfall. Im Dezember 2012 erscheint mit DER SOHN DER HALBLINGE sein nächster großer Fantasy-Epos bei Blanvalet.

––––––––

COVER: FIRUZ ASKIN

Copyright

Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books und BEKKERpublishing sind Imprints von Alfred Bekker

© by Author

© dieser Ausgabe 2018 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen

www.AlfredBekker.de

[email protected]

1

"Du spielst falsch, Hombre!"

Der Blick des Einäugigen war eisig. Noch hatte er die Rechte auf dem Tisch und nicht am tiefgeschnallten Revolverholster.

Rechts und links von ihm saßen zwei seiner Kumpane, mit denen zusammen er am Mittag aus der Postkutsche gestiegen war. Sie trugen - ebenso wie der Einäugige - dunkle, etwas abgeschabte Anzüge. Und Revolver. Gunslinger waren sie, Männer die sich für ein paar Dollars von jedem anheuern ließen, der bereit war, für ihre Dienste zu bezahlen.

Der Einäugige warf die Karten auf den Tisch.

Er spuckte geräuschvoll aus.

Der vierte Mann in der Spielrunde erbleichte.

Es handelte sich um Saul Jackson, einen einfachen Cowboy aus der Gegend. Jackson kniff die Augen zusammen.

"Ich habe nicht falsch gespielt!", behauptete er.

"Doch, du hast!", widersprach der Einäugige.

Seine Stimme klirrte wie Eis.

Am Schanktisch von Slim Carpenters Saloon stand ein weiterer Mann, der mit dem Einäugigen aus der Postkutsche gestiegen war. Er trug einen mehrfach geflickten Anzug. Unter der Jacke sah man die Griffe seiner beiden Colts, die nach vorn zeigten. Seine Shotgun hatte er auf den Schanktisch gelegt. Jetzt nahm er sie an sich, lud sie demonstrativ durch. Ein zynisches Grinsen spielte um seine Lippen.

"Soll ich die Schmeißfliege abknallen, Roscoe?", fragte er an den Einäugigen gerichtet.

Dieser schüttelte den Kopf.

"Erst, wenn der Hombre hier seine Schulden bezahlt hat!", knurrte Roscoe. "Ich hasse blutverschmierte Dollars..." Roscoe lehnte sich zurück. Die Rechte blieb auf dem Tisch. Ein Muskel zuckte wenige Zentimeter unterhalb der Filzklappe, die sein rechtes Auge verdeckte.

Eben noch hatte im Saloon reges Treiben geherrscht.

Jetzt war es still.

Die zechenden Cowboys hielten ebenso den Atem an wie die appetitlich zurechtgemachten Saloongirls. Auch das Spiel des Piano-Players war verstummt.

Saul Jackson schluckte.

"Ich habe in meinem ganzen Leben noch nie falsch gespielt!", sagte Saul Jackson in die Stille hinein. "Nimm das zurück, oder..."

"Oder was, Hombre?"

Roscoe kicherte. Seine Komplizen grinsten dreckig. Der Kerl mit der Shotgun richtete den Lauf in Jacksons Richtung.

Roscoe schob sich selbstzufrieden den staubigen Hut in den Nacken.

"Irgendwann ist es immer das erste Mal!", lachte er. "Und so ungeschickt wie du dich angestellt hast, Hombre, glaube ich dir sofort, dass es dein erster Versuch in dieser Hinsicht war!"

"Ich lass mich nicht beleidigen!"

Jetzt meldete sich der Kerl mit der Shotgun zu Wort. "Willst du Streit anfangen, Kuhtreiber?"

Einen Moment lang war Saul Jackson unsicher.

Dann stand er auf.

Die Hand immer in der Nähe des 45er Peacemakers, der aus seinem Holster herausragte. Er nahm seinen Stetson ab, wollte das Geld, das auf dem Tisch lag einsammeln. "Ich werde einfach meine Dollars nehmen und gehen", kündigte er an.

Innerhalb eines Sekundenbruchteils hatten die beiden Nebenmänner des Einäugigen ihre Colts aus den Gürteln gerissen und die Hähne gespannt.

Jackson erstarrte mitten in der Bewegung.

"Schön liegen lassen!", grinste Roscoe.

Jackson schien einen Augenblick lang den Gedanken zu hegen, seine Waffe herauszureißen. Aber er sah ein, dass er keine Chance hatte.

"Setz dich, Kuhtreiber!", forderte Roscoe. "Wir spielen jetzt weiter..."

"Ich habe kein Geld mehr!", meinte Jackson.

Roscoe machte dem Mann mit der Shotgun ein Zeichen. Er trank zunächst sein Bier aus, kam dann mit der Waffe im Anschlag auf Jackson zu. "Keine Bewegung, du Ratte, sonst vermodern deine Knochen auf dem hiesigen Boothill!", zischte er. Roscoe sammelte unterdessen das Geld ein, das auf dem Tisch lag.

"Durchsuch ihn, Finn!", zischte er an den Mann mit der Shotgun.

Dieser begann sofort damit. Drei Dollar waren alles was, was er noch aus den Taschen des Cowboys hervorholte. Jackson ließ das über sich ergehen. Aber seine Wut war ihm anzusehen. Andererseits war er bei aller Hitzigkeit kein Selbstmörder. Der Lauf der Shotgun drückte ihm in den Bauch. Innerhalb eines Augenaufschlags konnte der Kerl mit der Shotgun sein Lebenslicht einfach ausblasen.

Plötzlich riss Finn die Shotgun herum.

Für sein Opfer völlig unerwartet schmetterte er Jackson den Schaft der Waffe in den Bauch. Der Lauf traf Jackson im Gesicht. Der Cowboy taumelte zurück, riss einen Stuhl um, stolperte dann gegen einen benachbarten Tisch, der unter seiner Last zusammenbrach.

"Wir spielen weiter!", sagte der einäugige Roscoe.

Finn grinste. "Du solltest ihm dankbar sein!", meinte er. "Normalerweise pflegt er Falschspieler einfach über den Haufen zu schießen. Dir gibt er noch 'ne Chance!" Finn zuckte die Achseln. "Muss einen Narren an dir gefressen haben..."

Saul Jackson atmete tief durch. Langsam erholte er sich von den Schlägen, die er bekommen hatte. Blut rann ihm aus der Nase, wo ihn der Lauf der Shotgun getroffen hatte.

"Wir spielen weiter - aber der Einsatz ist diesmal etwas heikel für dich."

"Was meinst du damit?", ächzte der am Boden liegende Jackson.

Roscoe begann die Karten zu mischen und lachte.

"Wir spielen um dein Leben, Hombre!"

"Ihr seid verrückt!"

"Ich glaube eher, du bist verrückt! Normalerweise wagt es niemand, mit John Roscoe falsch zu spielen..." Der Einäugige teilte die Karten aus. Er machte das alles nur mit seiner Rechten. Die Linke blieb unter dem Tisch. Er hatte eine geschickte Rechte. Es war zweifellos die Hand eines professionellen Kartentricksers. Offenbar war er in der Vergangenheit schon einmal in der Brache tätig gewesen. Die Karten flogen nur so über den Tisch.

"Nimm dein Blatt, Hombre und sieh dir dein Schicksal an..."

Saul Jackson atmete tief durch.

Sein Blick schweifte.

Von keinem im Saloon hatte er Hilfe zu erwarten, das war ihm jetzt klar geworden. Und bis jemand den Sheriff gerufen hatte, war dieses grausame Spiel wahrscheinlich schon zu Ende.

"Wenn du gewinnst, bekommst du alles, was hier eben auf dem Tisch lag", sagte der Einäugige.

"Und wenn ich verliere, dann..."

"Dann schießt Finn dir mit dem Spielzeug in seiner Hand den Kopf weg!"

Jackson hielt es nicht mehr aus. Er hatte keine Chance, das wusste er. Aber er dachte nicht daran, sich einfach abknallen zu lassen. Seine Hand ging in Richtung des Holsters.

Er kam nicht einmal dazu, die Waffe hervorzureißen, da bellte bereits ein Schuss.

Eine Sekunde später ein zweiter.

Jacksons Körper zuckte, blieb dann reglos liegen.

Roscoe hob die linke Hand unter dem Tisch hervor. Er hielt einen Derringer damit, dessen Mündung noch rauchte.

Dann erhob er sich, fingerte in aller Ruhe zwei frische Patronen aus seiner Anzugtasche, mit denen er den Derringer nachlud. Anschließend ließ er die winzige Waffe in der Westentasche verschwinden.

Er drehte sich herum.

Seine Rechte baumelte dabei über dem Revolvergriff.

"Ihr habt es alle gesehen, Hombres!", rief er. "Der Hund wollte seinen Revolver ziehen! Es war Notwehr!"

Einige Augenblicke lang herrschte betretenes Schweigen.

Dann meldete sich ein schwarzhaariger Mann mit dunklem Schnauzbart zu Wort. Eine Narbe verunzierte sein Gesicht. Er war aus einer Seitentür in den Schankraum getreten. Jeder im Raum kannte ihn. Es war Slim Carpenter, der Besitzer dieses Saloons und einer der einflussreichsten Geschäftsleute in Lincoln, New Mexico.

"Ich denke, Ladies and Gentlemen, jeder von Ihnen kann bezeugen, was hier geschehen ist..." Er wandte sich an den Einäugigen. "Sie trifft an diesem Vorfall keinerlei Schuld, Mr. Roscoe. Und ich bedaure es sehr, dass Sie Unannehmlichkeiten hatten..."

2

"Hey, was machst du denn da oben?", fragte das dürre Männlein mit dem viel zu großen, ziemlich verbeulten Stetson. Der alte Mann hatte mit seinem Braunen gerade die Brücke über den Rio Bonito passiert und befand sich nun mitten auf dem Vorplatz der Big P-Ranch, die Jim Donovan gehörte. Allerdings war die Big P schon seit langem kein Ort, wo Rinder gezüchtet wurden. Die Lage in unmittelbarer Nachbarschaft der Stadt Lincoln hatte schon den Vorbesitzer zu einer anderen Nutzung animiert. Sie diente als Saloon. Jim Donovan hatte diese Ranch vor kurzem geerbt, war nach Lincoln gezogen und auf Grund seiner Vergangenheit als Revolverheld und Sheriff in verschiedenen Städten gleich zum Town Marshal gewählt worden.

Eigentlich hatte er sich ein ruhiges Leben als Saloonbesitzer vorgestellt.

Aber die Verhältnisse in Lincoln ließen das nicht zu.

Er hatte schnell erkannt, dass es jemanden geben musste, der hier gründlich aufräumte.

„Ich repariere das Dach!“ sagte Donovan zu dem alten Mann.

Dieser blinzelte gegen die Sonne hinauf zu Jim Donovan, der auf dem Dach saß und damit beschäftigt war, die Schäden des letzten Sandsturms zu beseitigen.

Donovans Marshal-Stern blinkte in der Sonne.

"Was ist los, Jim? Sprichst du nicht mit mir oder ist dir sonst irgendeine Laus über die Leber gelaufen?", rief der alte Mann zu ihm herauf.

Donovan kannte ihn nur zu gut.

Es handelte sich um niemand anderen als Derry Payne, seinen Deputy. Eine treue, sympathische Seele, auch wenn man sich besser nicht darauf verließ, dass Payne einen mit seiner Schrotflinte im Ernstfall heraushaute.

Im besten Fall vermied er es dabei, sich selbst zu verletzen.

Jim Donovan bedeutete ihm mit einem Handzeichen zu schweigen.

"So was haben wir gerne!", meinte Payne und wischte sich dabei mit dem Arm über die Stirn. "In der Stadt ist der Teufel los und was macht unser aller Town-Marshal? Er sonnt sich auf dem Dach seiner Ranch!"

Er schüttelte den Kopf, nahm den übergroßen Stetson vom Kopf und fächelte sich damit Luft zu.

"Hast du eine Ahnung!", meinte Jim.

"Du sollst auf der Stelle zu Slim Carpenters DEAD APACHE-Saloon kommen!"

"Na, wunderbar! Ich habe noch nicht einmal Stiefel!"

"Du hast Probleme, Jim! In der Stadt schießen sie sich die Köpfe ab und du reparierst dein Dach..."

Jim Donovan verengte die Augen, runzelte die Stirn. "Was ist denn passiert?"

"Im DEAD APACHE-Saloon ist einer umgelegt worden!"

"Bin schon unterwegs!"

"Kannst von Glück sagen, dass dieses üble Pack, das heute Mittag aus der Postkutsche gestiegen ist, dich so nicht gesehen hat, Jim! Die würden sonst jeglichen Respekt vor die verlieren..."

"Sehr witzig, Derry!" Jim erhob sich. "Wenn du mir helfen willst, kannst du schon mal meinen Gaul satteln! Er steht im Stall!"

"Alles muss ich hier machen, was? So ähnlich wie damals auf dem großen Viehtrieb durch das Gebiet der Kiowas, als der Vormann zu mir sagte..."

"Komm, spar dir die Story für 'ne andere Gelegenheit, Derry!"

Mit einem unwirschen Knurrlaut auf den Lippen, stieg der alte Deputy von seinem Gaul, machte ihn fest und ging dann auf den Stall zu.

3

Wenig später preschten sie beide die Brücke entlang, die über den Rio Bonito führte.

Dahinter begann die eigentliche Stadt Lincoln. Eine Main Street, daran aufgereiht wie Perlen an einer Schnur die Häuser.

Derry Payne blieb immer ein paar Meter hinter Jim Donovan zurück, auch wenn sich der Deputy redlich Mühe gab, sein Pferd ebenso anzutreiben, wie es der Town Marshal tat.

Der Abstand vergrößerte sich zusehends.

Payne zeterte herum, aber Donovan achtete nicht darauf.

Er jagte am Dolan Store vorbei, dem größten Gebäude der Stadt, und die Leute auf der Main Street sahen ihm verwundert nach.

Vor dem DEAD APACHE Saloon machte er halt.

Er sprang aus dem Sattel, machte das Pferd fest und passierte dann die Schwingtüren.

Mit einer wuchtigen Bewegung stieß er sie zur Seite. Die Rechte blieb reflexartig in der Nähe des Revolvergriffs, der aus dem tiefgeschnallten Holster herausragte.

Auf dem Boden lag ein Toter in seinem Blut.

Jim kannte ihn.

Es war Saul Jackson, ein Cowboy aus der Umgebung. Jim hatte ihn mal für ein paar Tage wegen einer wüsten Schlägerei ins Jail bringen müssen, aber abgesehen davon war Jackson ein netter Kerl gewesen.

Ein finster wirkendes Quartett stand am Schanktisch. Der einäugige Roscoe und seine Meute blickten den Marshal abschätzig an.

Genüsslich tranken sie ihre Gläser leer.

Einer der Kerle verlangte, dass man ihm nachschenkte.

Slim Carpenter kam jetzt hinter dem Schanktisch hervor.

Der Saloonbesitzer hatte bisher keine Gelegenheit ausgelassen, um Jim Donovan das Leben schwer zu machen. Zu gerne hätte der Besitzer des Saloons DEAD APACHE auch die Big-P Ranch besessen. Und, dass deren Besitzer gleichzeitig auch der Town Marshal war, wurmte ihn zusätzlich.

Allerdings konnte er da wenig machen.

Da Jim seinen Job gut im Griff hatte und das Gesindel der Umgebung gehörigen Respekt vor ihm zeigte, war er bei den Bürgern von Lincoln unumstritten.

Aber irgendwann würde sich auch das ändern! Jedenfalls hatte Slim Carpenter sich das geschworen.

Systematisch arbeitete er daran, dass Jim Donovan irgendwann zu Fall kam und nie wieder aufstand.

Dass man dabei Geduld haben musste, war Carpenter klar. Schließlich war Jim Donovan seinerseits ein zäher Bursche, der sich nicht so einfach aus dem Weg räumen ließ...

Im DEAD APACHE Saloon herrschte jetzt vollkommene Stille.

Slim Carpenter nahm die Zigarre aus dem Mund, auf der er bis dahin herumgekaut hatte. Ein Muskel etwas unterhalb seiner hässlichen Gesichtsnarbe zuckte unruhig.

Aus den Augenwinkeln heraus sah Jim Donovan, wie eines der Saloongirls hastig sein Mieder wieder zuschnürte, das ein fingerfertiger Gast in mühsamer Kleinarbeit endlich hatte öffnen können.

Aber er sah auch noch etwas anders.

Einen Mann mit schulterlangen blonden Haaren und einem beinahe bis zu den Stiefelschäften reichenden Raincoat. Er stand oben an der Balustrade, stieß das heiße, halb ausgezogene Saloongirl, für das er sich vor wenigen Augenblicken noch heftig interessiert hatte, brüsk zur Seite und fingerte an dem 45er herum, den er an der Seite trug.

Jim hatte ihn schon ein paar Mal gesehen.

Immer in Gesellschaft von Slim Carpenter oder einem seiner Vertrauten.

Auf den werde ich aufpassen müssen!, dachte Jim.

Er hatte einen sechsten Sinn dafür.

Andernfalls wäre er längst auf dem Boothill von Lincoln beerdigt worden.

"Erstaunlich, wie schnell das Auge des Gesetzes im DEAD APACHE ist!", stellte der Saloonbesitzer süffisant fest.

"Nachrichten verbreiten sich schnell in Lincoln!", erwiderte Jim Donovan.

"Sie sagen es."

"Sonst sind Sie doch schneller damit, die Toten aus Ihrem Saloon zu räumen, Carpenter!"

"Ich wollte Ihnen die Aufklärung des Verbrechens erleichtern, Marshal."

"Das ich nicht lache!"

"Der tote Gentleman hier hat falsch gespielt, wollte mit dem Geld davon und hat die Waffe gezogen, als seine Mitspieler damit nicht einverstanden waren..."

Jim wandte sich an das finstere Quartett um den Einäugigen.

Er hatte diese Männer aus der Postkutsche steigen sehen und es war ihm von der Sekunde an klar gewesen, mit wem er es zu tun hatte. Mit Leuten, die auf Ärger aus waren.

"Wer hat ihn erschossen?", fragte Jim.

"Ich!", erklärte der Einäugige. "Mein Name ist John Roscoe. Und alle hier im Raum können bezeugen, dass dieser Bastard da auf dem Boden zuerst gezogen hat..."

Jim drehte sich herum.

Die Rechte blieb immer in der Nähe des Revolvergriffs. Den Kerl hinter der Balustrade behielt er auch im Auge.

"Ist es wahr, was der Mann hier sagt?", rief der Marshal. "Hat Mr. Roscoe in Notwehr gehandelt?"

Nacheinander bestätigten einige der Gäste dies. Auch die Saloon-Girls wollten genau gesehen haben, wie Jackson als Erster seine Waffe gezogen hatte.

Ein grimmiger Zug erschien in Jims Gesicht.

"Ich frage mich, ob mancher hier im Raum nicht ein bisschen zu beschäftigt gewesen ist, um das wirklich so genau mitgekriegt zu haben!"

Jims Blick blieb für einen kurzen Moment bei einem dicken Mann hängen, auf dessen Schoß eine Rothaarige mit endlos langen Beinen saß.

Jetzt schaltete sich Slim Carpenter ein.

"Sie gehen entschieden zu weit, Marshal!“ rief er. "Oder wollen Sie wirklich allen ernstes die Ehrenhaftigkeit meiner Gäste anzweifeln?"

Jim gab dem narbengesichtigen Saloonbesitzer darauf keine Antwort.

Er ging zu dem Toten, beugte sich nieder.

"Zwei Einschüsse", stellte er fest. "Ein bisschen viel für reine Notwehr", stellte er fest.

"Sie werden schwer das Gegenteil beweisen können, Marshal!", meldete sich der einäugige John Roscoe zu Wort. "Aber wenn Sie unbedingt wollen, dann nehmen Sie uns fest und machen sich zum Gespött des Gerichts!"

Innerlich kochte Jim.

Aber nichts davon ließ er nach außen dringen.

Er blieb vollkommen beherrscht.

Das Schlimme war, dass Roscoe sogar recht hatte.

Angesichts der Zeugenaussagen konnte dem einäugigen Gunslinger nichts passieren.

Würde mich nicht wundern, wenn Slim Carpenter dich und deine Meute angeheuert hat, um hier Ärger zu machen!, ging es dem Town-Marshal durch den Kopf.

In diesem Augenblick betrat Deputy Derry Payne den Raum.

Er hielt die Schrotflinte unter dem Arm. Der Deputy-Stern prangte an seiner Brust. Den übergroßen Stetson trug er in den Nacken geschoben.

"Alles klar, Jim?", fragte er.

Jim nickte und erhob sich dabei.

"Alles klar."

Paynes Blick wandte sich für ein paar Augenblicke dem toten Saul Jackson zu.

Der Deputy runzelte die Stirn dabei.

Slim Carpenter ging auf den Deputy zu.

"Wie wäre es, wenn Sie Ihr Schießeisen in eine andere Richtung zeigen ließen", schlug er vor. "Sie würden damit die Verletzungsgefahr für uns alle erheblich verringern - Sie eingeschlossen!"

Carpenters Tonfall troff nur so vor ätzender Ironie.

Einige der Männer grinsten, ein barbusiges Girl kicherte schrill.

Derry Payne lief rot an.

"Ich habe das Gefühl, dass ich hier nicht so richtig ernst genommen werde!", stellte er fest. Er tickte gegen den Blechstern an seiner Weste. "Das ist Missachtung der Justiz, würde ich sagen!"

Carpenters Augen blitzten.