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Algen sind Organismen der Superlative. Die meisten Algen in den Weltmeeren sind einzellig, doch trotzdem stammen rund 45 Prozent des gesamten Sauerstoffs auf unserem Planeten von ihnen. Vor allem aber sind Algen Grundlage allen Lebens im Meer – und natürlich auch im Meeresaquarium. In der Riffaquaristik stellen sie jedoch zugleich auch eines der größten Probleme dar, denn in vielen Becken kommt es zu Massenvermehrungen einzelner Arten, die Korallen schwer schädigen und die Freude an diesem Hobby zerstören. Jahrelang kämpft mancher Aquarianer vergeblich gegen die Plage, bis er das Aquarium schließlich frustriert aufgibt. Je besser der Meerwasseraquarianer Algen versteht, umso leichter wird es ihm fallen, mit ihnen umzugehen und zu leben, ihre Vorteile zu nutzen und die Nachteile zu meiden. Dieses Buch soll dem Leser einfache Zusammenhänge in der Biologie der Algen verständlich machen und Einblick in ihre Lebensweise geben, damit es ihm leichter und besser gelingt, ihre Vermehrung zu steuern. Art für Art stellen Ihnen die Bücher dieser Reihe die beliebtesten Meerwasser-Aquarientiere vor. Jeder Band bietet leicht verständliche Informationen über eine bestimmte Tiergruppe, erläutert Körperbau sowie Lebensweise und beschreibt die Aquarienhaltung. Experten mit langjähriger Erfahrung geben detaillierte, praxisnahe Pflegeanleitungen, und Sie finden alle Informationen, die Sie brauchen, um Ihre Tiere erfolgreich zu halten und oft auch zu vermehren. Das alles durchgängig farbig, großzügig bebildert und attraktiv gestaltet - Art für Art.
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Seitenzahl: 61
Veröffentlichungsjahr: 2016
Daniel Knop
Bildnachweis
Titelbild: Caulerpa prolifera
Bild Seite 1: Caulerpa taxifolia
Fotos ohne Bildnachweis vom Autor
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2. Auflage 2011
eISBN: 978-3-86659-352-7
© 2008 Natur und Tier - Verlag GmbH
An der Kleimannbrücke 39/41
48157 Münster
www.ms-verlag.de
Geschäftsführung: Matthias Schmidt
Lektorat: Kriton Kunz
Layout: Nick Nadolny
Vorwort
Was sind Algen?
Sind Algen Pflanzen?
Unterschiede zwischen Algen und Pflanzen
Blattalgen haben keine Blätter
Algen im Korallenriff
Algenfresser sind wichtig
Algen im Wettstreit
„Lustalgen“ und „Lastalgen“
Algen als Aquarienpfleglinge
Algenrefugium am Riffaquarium
Algen als Plage
Algen als Korallensymbionten
Algenwuchs fördernde Faktoren
Physikalische Faktoren
Nährstoffe
Mineralien
Strategien zur Algenbekämpfung
Fressfeinde
Minimalfaktoren
Beleuchtung optimieren
Blaulichtdominanz
Nährstofflimitierung
Algenfresser
Kleinlebewesen
Mollusken
Stachelhäuter
Krebse
Fische
Aquaristisch verbreitete Algenarten
Grünalgen
Rotalgen
Braunalgen
Kieselalgen
Goldalgen
„Rote Schmieralgen“
Literatur
Delikates Abendessen in Bolinao (Philippinen) am Meer: Kriechsprossalge Caulerpa racemosa mit Tomaten
Algen sind Organismen der Superlative. Die meisten Algen in den Weltmeeren sind einzellig, doch trotzdem stammen rund 45 Prozent des gesamten Sauerstoffs auf unserem Planeten von ihnen. Die größte Alge, der Kelp, kann bis zu 60 m hoch werden und wächst täglich bis zu einen halben Meter. Rund 160 Algenarten werden industriell genutzt, beispielsweise als Nahrungsmittel. Zu Biodiesel kann man sie verarbeiten und sogar zu Wasserstoff! Biologisch abbaubare Tinte, Kosmetika, Dünger, Bindemittel – die Liste der Dinge, die aus ihnen hergestellt werden können, ist endlos. Sogar Gemälde kann man aus ihnen anfertigen, wie der Biologe und Kunstmaler Dr. Ingo Botho Reize bewiesen hat.
Vor allem aber sind Algen Grundlage allen Lebens im Meer – und natürlich auch im Meeresaquarium. In der Riffaquaristik stellen sie jedoch zugleich auch eines der größten Probleme dar, denn in vielen Becken kommt es zu Massenvermehrungen einzelner Arten, die Korallen schwer schädigen und die Freude an diesem Hobby zerstören. Jahrelang kämpft mancher Aquarianer vergeblich gegen die Plage, bis er das Aquarium schließlich frustriert aufgibt.
Zwar ist es leider nicht möglich, Patentrezepte zu geben, mit deren Hilfe sich Algenwuchs nach Wunsch steuern ließe, doch wenn man einfache biologische Zusammenhänge versteht und die spezifischen Bedürfnisse gängiger Algenarten kennt, dann kann man sie entweder gezielt vermehren oder an ihren schwächsten Stellen treffen – ganz nach der Philosophie asiatischer Kampfsportarten, in denen versucht wird, die Eigenbewegungen des Gegners zu verstärken und gegen ihn selbst zu richten, um mit geringem Kraftaufwand große Wirkung zu erzielen. Je besser der Meerwasseraquarianer Algen versteht, umso leichter wird es ihm fallen, mit ihnen umzugehen und zu leben, ihre Vorteile zu nutzen und die Nachteile zu meiden. Dieses Buch soll dem Leser einfache Zusammenhänge in der Biologie der Algen verständlich machen und Einblick in ihre Lebensweise geben, damit es ihm leichter und besser gelingt, ihre Vermehrung zu steuern.
Sinsheim und Manila, im Frühjahr 2008,
Daniel Knop
Caulerpa racemosa auf einem philippinischen Fischmarkt
Algen sind pflanzenartige Organismen, die überwiegend im Wasser leben, Zellkern sowie Zellmembran besitzen und Fotosynthese betreiben. Tatsächlich ist ihre Entwicklungsstufe niederer als die von Pflanzen: Sie haben also bestimmte Merkmale, die bei Pflanzen anzutreffen sind, nicht entwickelt, wie wir später sehen werden. Allerdings bezeichnet der Begriff „Algen“ nicht eine Gruppe miteinander verwandter Organismen, sondern ist vielmehr eine Art Sammelbecken für viele einzelne, stammesgeschichtlich nicht näher miteinander verwandte Gruppen. Dazu gehören auch einige, die nur – oder hauptsächlich – im Süßwasser vorkommen. Sie werden hier nur am Rande erwähnt.
Die Gesamtzahl der weltweit existierenden Algenarten wird auf 400.000 geschätzt, und rund 80.000 davon sind bisher wissenschaftlich beschrieben. Sie haben alle Lebensräume unseres Planeten erobert und leben nicht nur im Meer- und Süßwasser, sondern auch an Land, wenn sie dort entsprechend feuchte Habitate finden. Diese so genannten Aerophyten verbreiten sich über die Luft und leben dann angeheftet an Felsen oder Bäumen. Sogar Trockenzeiten können sie überstehen, indem sie in einem Trockenstadium ausharren. Andere bohren sich in Steine hinein, um dort zu leben, sicher vor Fressfeinden. Manche marine Arten hingegen bohren sich in die Skelette von Steinkorallen, und dort haben sie unter günstigen Umständen sogar eine nützliche Funktion, auf die wir später noch zurückkommen. Die Anpassungsfähigkeit vieler Algenarten ist ganz erstaunlich. Einige können sogar Umgebungstemperaturen von 56 °C und einen extrem sauren pH-Wert von 0,05 ertragen. Gerade diese Anpassungsfähigkeit ist es, die bestimmte Algengruppen im Aquarium so widerstandsfähig macht. Andererseits sind die Grenzen ihrer Anpassungsfähigkeit der Ansatzpunkt für ihre Bekämpfung, wie wir in einem späteren Kapitel sehen werden.
Manch ein Zeitgenosse hält Algen schlichtweg für Pflanzen, die im Meer leben. Das ist aber durchaus nicht so, denn im Meer gibt es auch echte Pflanzen, z. B. Zostera (Seegras). Auf den ersten Blick ähneln sich diese beiden Gruppen sehr, denn beide betreiben Fotosynthese, bauen also aus Licht und anorganischen Nährstoffen organische Substanzen auf und setzen dabei Sauerstoff frei. Beide besitzen meist einen Stamm und oft blattähnliche Bestandteile, und sie alle sind überwiegend grün, manchmal braun oder rot. Worin also liegt der Unterschied?
Eines vorweg: Die Natur unterscheidet nicht zwischen Pflanzen und Algen; das sind vom Menschen geschaffene Kategorien, mit denen wir es uns leichter machen, über Organismen zu kommunizieren. Und dort, wo Menschen Kategorien schaffen, kann sich auch einmal etwas ändern – so geschehen bei den Algen. Früher zählte man Algen generell nicht zu den Pflanzen, sondern zu den Protisten. Protista sind Lebewesen, die erheblich einfacher konstruiert sind als Pflanzen, Tiere oder Pilze. Inzwischen hat sich die Sicht der Wissenschaft aber geändert; man definiert den Begriff „Pflanze“ heute anders und rechnet bestimmte sehr hoch entwickelte Algen zum Pflanzenreich hinzu. Das gilt vor allem für Grünalgen (Chlorophyta) und Rotalgen (Rhodophyta). Also keine Frage: Caulerpa und andere Grünalgen, die in unserem Meerwasseraquarium auftauchen, sind nach heutigen Gesichtspunkten Pflanzen, auch man sie vor wenigen Jahren noch nicht dazugezählt hat.
Die wenigzelligen und einzelligen Algen hingegen, die man als Protisten bezeichnet, bilden keine geschlossene Gruppe miteinander verwandter Organismen, sondern sie sind schlicht und einfach all diejenigen fotosynthetisierenden Lebewesen, die so simpel konstruiert sind, dass sie nicht die Kriterien erfüllen, um von den Pflanzenforschern zu den echten Pflanzen gerechnet zu werden. Es handelt sich also gewissermaßen um eine Art „Käseglocken-Kategorie“, die man über zahlreiche Organismengruppen stülpt.
Schwammalge Codium sp. im Aquarium
Trotz aller Ähnlichkeiten gibt es eine Reihe wesentlicher Unterschiede. Pflanzen bilden spezialisierte Zelltypen, die eine bestimmte Form oder Funktion haben und aus denen in der Regel nicht Zellen mit anderen Aufgaben entstehen können. Bei Algen ist die Zellspezialisierung nicht so weit fortgeschritten; ihre mäßig spezialisierten Zellen bleiben dazu in der Lage, auch jene Zelltypen zu erzeugen, die eine andere Form oder Funktion haben – der Wissenschaftler spricht hierbei von Totipotenz. Darum fällt es Algen erheblich leichter, sich aus beliebigen Fragmenten vollständig zu regenerieren, denn eine Zelle, die sich auf bestimmte Aufgaben spezialisiert, verliert dabei meist gewisse andere Fähigkeiten, beispielsweise die der Regeneration. Reißt man im Aquarium etwa ein Büschel Kriechsprossalgen der Gattung Caulerpa