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Die unteren Chargen bekamen die Projektile ins Hirn, die Oberen spürten allenfalls die Nadel eines Ordens.
Schon ungerecht, dachte Ellroy.
Aber er hatte sich längst abgewöhnt, länger über derartige Dinge nachzudenken. Vielleicht war das eine Folge der Ultra Force-Konditionierung, die er über sich hatte ergehen lassen müssen und die aus ihm einen nahezu perfekten Kämpfer gemacht hatte, dessen Reflexe das Normal-Menschliche um einiges überstiegen. Er war jemand, der zuerst reagieren konnte, noch bevor er einen Gedanken gefasst hatte. In vielen Situationen war das einfach notwendig. Schnelligkeit, nicht Klugheit entschied über das Überleben. Sehr häufig jedenfalls. Natürlich hatte die Zeit im lunaren Straflager ein Übriges getan, um aus Ellroy alles andere als einen Menschen zu machen, der sich in Selbstmitleid erging.
Im Jahr 2100 wird die Erde Opfer einer Alien-Invasion. Eine Handvoll Menschen nimmt den Kampf um die Zukunft der Menschheit auf.
SF-Abenteuer von Alfred Bekker.
Cover: STEVE MAYER
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von Alfred Bekker
Science Fiction Roman
© 2003,2004 by Alfred Bekker (Brian Carisi)
© der Digitalausgabe 2012, 2014 Alfred Bekker, CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen
Ein CassiopeiaPress E-Book
www.AlfredBekker.de
*
Ellroy und Ondar kletterten in den Rotor-Schweber. Beiläufig registrierte Ellroy die Typenbezeichnung. Es handelte sich um einen Harrier Wasp-345. Mit einer ähnlichen Maschine war Ellroy während seiner Zeit bei der Ultra Force schon zu verschiedenen Einsätzen geflogen worden.
Ellroy ließ den Blick durch das Innere des Schwebers schweifen.
Außer dem Piloten und dem Mann, der sich Robert Blade genannt hatte, befand sich noch ein weiterer Mann im Schweber. Er trug eine schwere Kampfmontur.
"Setzen Sie sich in die Schalensitze, schnallen Sie sich an!", wies Robert Blade die beiden DEFENCE-Agenten an. "Andernfalls werden Sie gleich durch die Gegend geschleudert!"
Ellroy und Ondar gehorchten.
Die Gurte klickten ein.
Der Schweber vom Typ Wasp-345 setzte sich in Bewegung.
Die Außenhaut war zum Großteil aus einem Material, das von innen durchsichtig, von außen allerdings blickdicht war. So hatten die Insassen eines Wasp-345 einen außergewöhnlichen Rundum-Panoramablick.
Robert Blade hatte sich ebenfalls in einen der Schalensitze gesetzt.
Während der Wasp-345 durch das Loch in der Kuppel aufstieg und anschließend enorm beschleunigte, hielt Blade den beiden DEFENCE-Agenten eine ID-Card entgegen. Sie wies ihn als Angehörigen von FAIS aus, einem der Geheimdienste der FSA. Die Abkürzung FAIS stand für Free-American Intelligence Service.
"Warum waren Sie nicht am Airport?", fragte Ellroy.
"Drei meiner Männer waren dort", erwiderte Blade. Sein Tonfall wirkte etwas gereizt. Offenbar war da einiges nicht nach Plan verlaufen und Blade schien das wie eine persönliche Niederlage zu empfinden.
Ellroy lächelte dünn.
"Komisch, dass ich Ihre Männer nicht gesehen habe!"
"Gar nicht so komisch. Sie waren tot, bevor Sie beide die Schalterhalle betraten."
Ellroy pfiff durch die Zähne.
"Scheint, als hätten DIE an alles gedacht."
"Allerdings!"
"Haben Sie eine Idee, wer DIE sind, Blade?"
Blade zuckte die Achseln. "Keine Ahnung, wem Ihre Nasen nicht passen! Vielleicht stehen Sie auf der Liste eines der Syndikatsbosse – oder die Drecksäcke des PPB haben Sie im Visier!"
Der Schweber beschleunigte.
Die Insassen wurden in ihre Schalensitze hineingepresst.
Ellroy ließ den Blick über die Stadt schweifen.
"Folgt uns jemand?", wandte sich Blade an den Piloten.
"Nein, Sir", war die Antwort.
"Na, dann ist ja alles bestens."
Ellroy fragte: "Wo bringen Sie uns eigentlich hin, Blade?"
"Das Hotel, das ursprünglich für Sie bestimmt war, kommt als Aufenthaltsort nicht mehr in Frage."
"Habe ich mir fast gedacht. Und wohin geht's statt dessen?"
"Zu einem geheimen Stützpunkt. Liegt ein paar Meilen nördlich von Manaus."
"Wahrscheinlich im Schutz eines nicht mehr vorhandenen Dschungels", ätzte Ondar.
Blade grinste.
"Nein, die Station ist unterirdisch. Eine Operationsbasis für diese Gegend. Unter anderem dafür geschaffen, hochexplosive Gäste wie Sie irgendwo in der Versenkung verschwinden zu lassen."
"Was man in diesem Fall dann wohl fast wörtlich verstehen kann", murmelte Ellroy.
"Richtig."
"Hat diese Station auch einen Namen?"
"Hidden Place 12."
Ellroy lachte kurz auf.
"Wie originell!"
Robert Blade schien Ellroys Humor nicht zu teilen. Sein Gesicht blieb regungslos.
Einige Minuten des Schweigens vergingen. Minuten, in denen Ellroy Zeit genug hatte, um zu entscheiden, ob er Robert Blade mochte oder nicht. Der Daumen hatte eine deutliche Abwärtstendenz. Ellroy konnte noch nicht einmal genau sagen, woran es lag. Irgendetwas machte ihm diesen Mann unsympathisch.
Der Rotor-Schweber stieg indessen um einige hundert Meter. Die Straßen von Manaus wurden immer kleiner.
Ellroy blickte eine ganze Weile hinab. Auch ein Großteil des Bodens war von innen durchsichtig.
Blade lachte breit, als Ellroy wieder den Kopf hob.
"Na, schwindelig geworden?"
"Nein."
"Wir können den Boden blickdicht machen."
"Reizend."
"Soll ich?"
Ellroy musterte Robert Blade einige Sekunden lang.
"Nicht nötig."
"Jemand wie Sie zeigt keine Schwäche, was?", stichelte Robert Blade.
"Nicht, wenn es sich vermeiden lässt."
"Ich frage mich, mit was für einem Himmelfahrtsauftrag man Sie beide hier her geschickt hat."
Blade war über den Auftrag der beiden DEFENCE-Agenten nicht informiert. Und offensichtlich wurmte ihn das ganz gewaltig. Daher weht also der Wind!, ging es Ellroy durch den Kopf. Daher die Sticheleien! Er kann es nicht vertragen, dass man ihn nicht eingeweiht hat.
Ondar antwortete an Ellroys Stelle.
"Unsere Mission unterliegt der Geheimhaltungsstufe Eins."
Blade rang mit dem Atem.
"Hey, Mann, wir sind hier unter uns! Sind Sie wirklich so ein Paragraphenreiter oder tun Sie nur so?"
"Über unsere Mission werden Sie nicht mehr erfahren, als vorgesehen ist, Blade", erklärte Ellroy in einem Tonfall, der so kalt wie klirrendes Eis war. "Das ist nur zu Ihrer eigenen Sicherheit."
"Was Sie nicht sagen!"
"Zu unserer natürlich auch", ergänzte Ondar. "Schließlich ist ja nicht auszuschließen, dass einer von Ihnen in die Hände der anderen Seite gerät."
Den Rest des Fluges sagte keiner an Bord des Harrier Wasp-345 auch nur ein Wort.
*
Einige Meilen von Manaus entfernt befand sich hinter einer Kette von Anhöhen jene Stelle, an der man in die unterirdische Station des FAIS-Geheimdienstes gelangen konnte.
"Senden Sie das Signal zur Identifizierung", befahl Robert Blade an den Piloten gerichtet.
"In Ordnung, Sir. Signal gesendet."
Blade lächelte und deutete nach unten. Durch den von innen durchsichtigen Boden konnte man das Gelände hervorragend überblicken.
"Na, was ist? Würden Sie hier irgendetwas erkennen, was auf einen Eingang hindeutet?", fragte er.
Ellroy und Ondar verengten etwas die Augen.
Schließlich schüttelten die beiden Männer den Kopf.
"Nichts zu sehen!"
"Und das selbst im Infrarotscan nicht!", erklärte Blade stolz.
Ellroy hob die Augenbrauen.
"Wie schaffen Sie das denn?"
"Durch ein paar kleine technische Tricks – und eine sehr gute Isolierschicht in der Bunkerwand", erklärte Blade schließlich mit fast stolzgeschwellter Brust. In seinen Augen blitzte es.
"Alle Achtung", sagte Ellroy. "Ich hätte nicht gedacht, dass so etwas möglich ist!"
"Andernfalls wären wir doch dem Untergang geweiht", erwiderte Blade.
"Und da behaupte noch einer, Amazonien gehöre zum Gebiet der FSA." Das war Ondar. Er konnte sich seinen ironischen Unterton bei diesen Worten einfach nicht verkneifen.
Blade machte eine wegwerfende Geste.
"Die Pestbeule der FSA ist dies, wenn Sie mich fragen! So überflüssig wie ein Geschwür. Und doch lassen die Regierungsstellen hier die Syndikate schalten und walten. Was tun wir dann? Wir schauen ihnen dabei zu! Das ist alles. In der Regel jedenfalls. Und alle Beteiligten haben sich an dieses miese Spiel gewöhnt!"
Blade schwieg plötzlich.
Sein Gesichtsausdruck wirkte düster.
"Das klingt ziemlich resignativ", stellte Ellroy fest.