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Das Leben wäre oft sehr viel einfacher, wenn man nicht ständig mit Menschen konfrontiert wäre, die nicht so wollen, wie man sich das wünscht. Genau genommen ist dies Standard und Alltag von früh bis spät. Ständig muss man Widerstände überwinden, nichts geht von selbst. Eine große Erleichterung ist daher das neueste Buch von Kishor Sridhar: Darin hat er die häufigsten Situationen aus Beruf und Alltag gesammelt und erklärt Fall für Fall, was man tun muss, damit seine Mitmenschen im eigenen Sinne und Interesse handeln. Ob man vom Chef eine Gehaltserhöhung möchte, die Kollegen vom Lästern abbringen oder den Partner von der eigenen Urlaubsidee begeistern will, dieses Buch übersetzt Erkenntnisse der Verhaltenspsychologie in praktische Ratschläge in vielen Lebenslagen.
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Seitenzahl: 322
Kishor Sridhar
Alles hört auf mein Kommando
»Papa, ich möchte nicht erwachsen sein. Ein Kind bin ich nur ein paar Jahre, erwachsen bin ich aber ein Leben lang.«
Anait (Ania) – 11 Jahre
Für Ania, Kalyan und Alyosha
Ich wünsche Euch, dass Ihr ein Leben lang das Kind in Euch bewahrt und dass Ihr stets die Fähigkeit behaltet, Euch zu freuen, zu staunen, zu träumen und auf Eure Gefühle zu hören.
Kishor Sridhar
Sich durchsetzen in 50 konkreten Alltagsfällen
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://d-nb.de abrufbar.
Für Fragen und Anregungen:
1. Auflage 2015
© 2015 by Redline Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH
Nymphenburger Straße 86
D-80636 München
Tel.: 089 651285-0
Fax: 089 652096
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Redaktion: Ulrike Kroneck, Melle-Buer
Umschlaggestaltung: Kristin Hoffmann, München
Umschlagabbildung: iStockphoto.com, shutterstock.com
Bildbearbeitung: Pamela Machleidt, München
Satz: Carsten Klein, München
Druck: Konrad Triltsch GmbH, Ochsenfurt
Printed in Germany
ISBN Print 978-3-86881-594-8
ISBN E-Book (PDF) 978-3-86414-739-5
ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-86414-738-8
Weitere Informationen zum Verlag finden Sie unter
www.redline-verlag.de
eBook by ePubMATIC.com
Das Wichtigste zum Start
1. Erziehen Sie Ihren Chef
Lernen Sie Ihren Chef besser kennen, als er sich selbst kennt
Steigern Sie die Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit I hres Chefs
So setzen Sie die Erwartungen Ihres Chefs richtig um
Bringen Sie Ihren Chef dazu, Ihre Leistungen richtig zu würdigen
Bringen Sie Ihre Kollegen dazu, Sie bei Ihrem Chef anzupreisen
Nehmen Sie Ihrem Chef den Kontrollwahn und holen Sie sich mehr Freiraum
So bekommen Sie größere Budgets und mehr Urlaub
So nimmt Ihnen Ihr Chef Fehler nicht übel
Drehen Sie das Feedback-Gespräch Ihres Chefs zu Ihren Gunsten
Steigern Sie Ihre Chancen bei der Gehaltserhöhung
2. Überleben im Dschungel der Kollegen und Angestellten
Treiben Sie Ihren Kollegen uferlose Besprechungsorgien aus
So schlucken Mitarbeiter unbequeme Wahrheiten
Wie Kollegen sich kritisieren lassen und Sie sogar noch beliebter werden
Führen Sie die Entscheidungen herbei, die Sie möchten
Bringen Sie Ihre Kollegen dazu, Entscheidungen auch umzusetzen
Halten Sie Kollegen bei der Stange, wenn sie aufgeben wollen
So bremsen Sie übertriebene Gehaltsforderungen aus
Bringen Sie Kollegen dazu, Ihnen mit Freude zu helfen
Wie Ihre Kollegen Sie nach Feierabend nicht mehr belästigen
So setzen Sie Ihr Home-Office durch
Nie wieder dreckige Küchen oder Toiletten
Wie Kollegen Ihnen nie wieder lästige Aufgaben aufhalsen
Bringen Sie Ihre Kollegen dazu, von Ihrer Idee begeistert zu sein
Überzeugen Sie Ihre Kollegen
Wie andere Ihren Zukunftsprognosen verfallen
Zerlegen Sie die Argumente Ihrer Kollegen
Bringen Sie Kollegen dazu, Ihnen Dinge anzuvertrauen, die sie sonst nie sagen würden
So leben Ihre Kollegen, was Sie predigen
Wie Sie die Kollegen dazu bringen, Fristen einzuhalten
Steigern Sie die Arbeitsgeschwindigkeit Ihrer Kollegen
3. Zähmen Sie Ihre Kunden, Lieferanten und Geschäftspartner
So überwinden Sie die Vorstandssekretärin und lassen sich zum Chef durchstellen
So kriegen Sie einen schnelleren Termin
E-Mails, auf die potenzielle Kunden wirklich antworten
Drehen Sie Kundenbeschwerden zu Ihrem Vorteil
Wie andere Ihre Werbegeschenke wirklich schätzen
Bringen Sie Ihre Kunden dazu, Ihr Produkt zu wollen, obwohl sie es (noch) gar nicht brauchen
Sorgen Sie dafür, dass andere Ihre Beschwerde erfolgreich abarbeiten
4. Beziehungen und Partner – Nervige Freizeitsituationen meistern
Wie Sie spielend leicht Sonderbehandlungen in Hotel und Restaurant bekommen
So reagiert Ihr Partner nicht enttäuscht, wenn Sie enttäuschende Nachrichten übermitteln
Sorgen Sie dafür, dass Ihr Partner Sie weniger enttäuscht
Steigern Sie die Spenden für den Verein, die Hochzeit und die Taufe
Bringen Sie Sünder und Lügner dazu zu gestehen
Ob Beziehung, Freunde oder Autokauf – handeln Sie das Beste raus
So leihen Ihnen Menschen, was sie Ihnen sonst niemals leihen würden
Wecken Sie Sehnsüchte, die andere noch gar nicht haben
Wie Sie beim Umzug, bei Gartenpartys und Kindergeburtstagen wirklich Hilfe bekommen
Bringen Sie Ihre Lieben (und sich selbst) dazu, weniger auf Pump zu kaufen
So bringen Sie eine Freundin oder einen Freund von einem unsinnigen Plan ab
So macht Ihr Partner den Traumurlaub und die Freizeitaktivitäten, die Sie wollen
Optimieren Sie Ihre Partnerschaft und Ihr Leben mit einem ganz einfachen Kniff
Ein wichtiger Tipp zum Schluss
Danksagung
Über den Autor
Literaturverzeichnis
Reden wir Klartext: In diesem Buch geht es darum, Ihre Mitmenschen zu beeinflussen. Aber oft gleicht das Leben einem Irrenhaus und die lieben Mitmenschen können einem den letzten Nerv rauben. Man redet sich den Mund fusselig, alle wissen, dass man eigentlich recht hat, aber jeder macht, was er will, keiner, was er sollte. Bis man am liebsten losbrüllen würde: »Achtung! Alles hört auf mein Kommando!«
Zwar heißt dieses Buch Alles hört auf mein Kommando – aber es geht nicht darum, andere herumzukommandieren. Denn das Leben ist zum Glück kein Kasernenhof und wir wollen unsere Mitmenschen ja nicht zu Befehlsempfängern machen, sondern dazu bringen, dass sie Dinge aus Überzeugung machen. Wer da an die Vernunft seiner Mitmenschen glaubt, ist schon geliefert. Denn selbst wenn wir überzeugt davon sind, rational zu handeln, spielen irrationale Motive die größte Rolle und entscheiden darüber, ob wir etwas tun oder nicht tun.
Die Kommandos finden unterbewusst und schleichend in den Köpfen Ihrer Mitmenschen statt. Der Titel hat jedoch Ihre Neugierde geweckt. Ich habe Sie bereits ein wenig beeinflusst. Die Grundlage der positiven Beeinflussung liegt aber darin, dass die Erwartungen auch erfüllt werden. Und das werde ich im Laufe des Buchs tun.
In den letzten Jahrzehnten hat die Psychologie zahlreiche Effekte nachgewiesen, die unser Handeln und Denken beeinflussen. Wer diese Effekte subtil nutzt, kommt wirklich zum Erfolg. Jedoch sind die wenigsten Psychologen auch Praktiker, weshalb es eine große Lücke zwischen Theorie und praktischer Umsetzung gibt. Dass dies ein Thema ist, das viele Menschen berührt, hatten bereits der Erfolg meines letzten Buchs Wie Sie andere dazu bringen, das zu tun, was Sie wollen und die vielen Leserbriefe gezeigt. Trotz der in dem Buch zahlreich aufgeführten Praxisbeispiele wurde ich in Radiointerviews, Leserbriefen und in meinen Vorträgen und Coachings zu vielen noch konkreteren Problemen aus Beruf und Privatleben befragt und wie diese zu lösen seien. So reifte der Entschluss, die 50 häufigsten Alltagssituationen aufzugreifen und konkrete Lösungen in diesem Buch zusammenzufassen. Es ist sozusagen das noch praktischere Praxishandbuch der Menschenbeeinflussung für den Alltag und ist für all diejenigen gedacht, die weniger Psychologietheorie, sondern eher konkrete Lösungen für den Alltag suchen.
Sie können das Buch in einem durchlesen, was ich empfehle, da die Kapitel und Techniken aufeinander aufbauen. Es ist aber auch als Nachschlagewerk konzipiert, wann immer Sie in eine entsprechende Situation kommen, haben Sie gleich konkrete Tipps an der Hand.
In meinen zahlreichen Unternehmenscoachings und persönlichen Trainings habe ich sehr oft die Erfahrung gemacht, dass die Hürde in der Beeinflussung selten bei den anderen, sondern meistens bei denen liegt, die eigentlich beeinflussen möchten, weil sie sich einfach nicht trauen oder Skrupel haben. Nun stelle ich Ihnen eine direkte Frage, bitte beantworten Sie diese ehrlich! Haben Sie jemals einen Menschen, der Ihnen wirklich nahesteht oder -stand, also den oder die Sie wirklich aus tiefstem Herzen gernhaben, bewusst und gezielt manipuliert? Wie gesagt, seien Sie ehrlich und überlegen Sie ganz genau. Nicht? Wirklich noch nie? Hatten Sie denn niemals ein erstes Date? Bestimmt sogar! Und haben Sie dort nicht versucht, sich von Ihrer besten Seite zu zeigen? Sie werden sich kaum über Schnarchprobleme und Ihre Problemzonen oder Herpesanfälle ausgelassen haben. (Wenn doch, dann kann dies einer der Gründe sein, wieso es nicht mit dem ersten Date geklappt hat.) Menschenbeeinflussung bedeutet nicht, dass man lügt, sondern lediglich, dass man den anderen dort anspricht, wo er am empfänglichsten für eine Sache ist. Und Herpesanfälle gehören bestimmt nicht dazu.
Wer anderen Menschen Kommandos in den Kopf einpflanzen will, sollte Empathie besitzen und die Techniken der Verhaltenspsychologie nutzen. Denn dann finden die Kommandos nur noch in Ihrem Kopf statt, die Menschen werden von sich aus das tun, was Sie wollen.
»Beeinflussung heißt, sich nicht darauf zu fokussieren, was man selbst will, sondern was der andere will.«
Bleiben wir noch mal beim ersten Date. Es ist ein gutes Szenario, das wir uns immer vor Augen führen sollten, wenn wir versuchen, jemand anderen zu überzeugen. Beim ersten Date geht es ja nicht darum, unseren Schwarm davon zu überzeugen, dass unsere negativen Eigenschaften im Grunde äußerst liebenswert und positiv sind. Das klappt nur in den seltensten Fällen, und da muss schon sehr viel Verliebtheit eine Rolle spielen, um die Verdauungsprobleme des anderen »süß« zu finden. Es geht darum, diejenigen Attribute, die der oder die andere attraktiv findet, zu betonen und von den negativen abzulenken. Dieser Taktik verdanken wir den Fortbestand der Menschheit und natürlich auch den Erfolg der Modeund Kosmetikindustrie.
Attraktivität liegt aber im Auge des Betrachters. Anders ausgedrückt, wir sollten nur das betonen, was der andere attraktiv findet, und nicht das, was man selbst attraktiv findet. So manch eine Modesünde erklärt sich aus diesem Missverständnis. Nun geht es im Beruf, bei Bekannten und auch später im Beziehungsalltag natürlich nicht nur um Attraktivität. Wir sollten jedoch stets darauf achten, dass wir das betonen und jene Argumente verwenden, die den anderen interessieren, für die der andere am empfänglichsten ist. Hierfür müssen wir uns in die Perspektive unseres Gegenübers hineinversetzen. Deshalb bin ich überzeugt davon, dass jemand, der Menschen wirklich beeinflussen kann, auch viel menschenfreundlicher ist. Man muss einfühlsam sein, und das ist eine der ersten Tugenden für ein besseres Miteinander, unabhängig davon, ob man den anderen Menschen mag oder nicht. Entsprechend wird in jedem Kapitel erst die Sicht der anderen betrachtet, bevor dann auf die Lösungsmethoden eingegangen wird.
Um seine Mitmenschen zu verstehen, braucht man kein empathisches Genie zu sein. Im Laufe meiner Arbeit und basierend auf zahlreichen psychologischen Studien habe ich hierfür meine Motivformel entwickelt, die sich in allen zwischenmenschlichen Situationen und Entscheidungen bewährt.
Diese Formel ist überraschend einfach, aber zugleich auch sehr ernüchternd, da sie den Großteil unseres Handelns auf vier Motive zurückführt. Egal ob wir uns entscheiden, etwas zu kaufen, für einen Kollegen etwas zu tun, ob wir planen, die Arbeitsstelle zu wechseln, der Chef etwas von seinen Angestellten will oder unser Partner einen bestimmten Urlaubsplan boykottiert. Unsere Entscheidungen werden stets von diesen vier Motiven beeinflusst:
Ich habe Ihnen nicht zu viel versprochen, es ist wirklich ein nüchternes Bild, aber das heißt nicht, dass Menschen nicht zugleich wundervoll sein können. Schauen wir uns die Formel etwas genauer an. Mit Ego ist nicht unbedingt Egoismus, sondern das eigene Selbstwertgefühl gemeint. Gier wiederum ist das simple Gefühl, etwas haben zu wollen. Angst hingegen heißt nicht, dass wir vor Panik zittern und schwitzen, es ist aber dieses unterschwellige und beklemmende Gefühl der Unsicherheit. Bequemlichkeit schließlich ist unsere Neigung, den kürzesten und unbeschwertesten Weg zu gehen. Wie gesagt, spielen je nach Situation andere Motive eine dominante Rolle, meist sind es zwei Motive, die unseren Willen zu handeln prägen und nicht selten dazu führen, dass es dann nur beim Willen bleibt. Nehmen wir mal ein ganz alltägliches Beispiel. Wieso werden Deos gekauft? Ganz einfach, weil man Angst hat zu stinken. Aber wenn uns die Deomarke außerdem verspricht, dass wir für das Geschlecht unserer persönlichen Präferenz auch noch unwiderstehlich sind, steigt dadurch unser Selbstwertgefühl und wir kaufen gleich eine teurere Marke. Kaum ein Deo hätte Erfolg mit einer Zero-Stink-Formel. Ein anderes Beispiel: Bringen meine Kollegen ein sachliches Argument nach dem anderen auf den Tisch, wieso mein Umstrukturierungsprojekt nicht funktionieren wird, sind die Gründe meist weniger sachlich, sondern haben nicht selten mit Bequemlichkeit zu tun, gepaart mit der Angst zu scheitern. Weigert sich mein Partner, mit mir in den Kultururlaub nach Frankreich zu fahren, so liegt das meist weniger daran, dass es zu teuer ist, sondern vielmehr an der Angst, zum Beispiel wegen mangelnder Sprachkenntnisse als Depp und nicht mehr als der Held dazustehen. Denken Sie mal an die Entscheidungen zurück, die Sie in den letzten Wochen getroffen haben, und analysieren Sie, welche der vier Motive wirklich eine Rolle gespielt haben. Machen Sie sich frei von den vermeintlichen Sachargumenten – denn diese spielen erst ganz am Ende einer Entscheidung eine Rolle –, sondern gehen Sie den Dingen wirklich auf den Grund. Sie werden über sich selbst erstaunt sein. Nun ist die Erkenntnis, dass wir ziemlich irrational entscheiden und handeln, nicht gerade erbaulich. Unsachlich, also unvernünftig sind immer nur die anderen. Wir selbst hingegen sind immer vernünftig. Genauso empfinden es Ihre Mitmenschen. Die sehen sich auch immer als vernünftig und schütteln über die Unvernunft der anderen entsetzt den Kopf. Lassen Sie Ihre Mitmenschen ruhig in dem Glauben, dass sie sachlich seien, nutzen Sie aber die Techniken der Verhaltenspsychologie, um jene Motive abzuschwächen, die Ihrer Sache entgegenstehen, und stärken Sie das Motiv, das Ihr Anliegen voranbringt.
Wie können Sie dieses Buch nun am besten nutzen? Wie gesagt ist es einerseits als Ratgeber für den Alltag gedacht. Alle Themen stammen von Lesern wie Ihnen aus der Praxis für die Praxis, sind also quasi erfolgserprobt. Am besten, Sie lesen dieses Buch in Ruhe von Anfang bis Ende durch. Nicht jedes Thema mag für Sie aktuell sein und natürlich gibt es im Alltag mehr als 50 herausfordernde Situationen, aber oft entdeckt man beim Lesen ähnliche Situationen und hat dann gleich die richtige Methode zur Hand, um diese zu lösen. Außerdem hilft es, eine komplett andere Denkweise zu erlangen. Wenn Sie aber einmal das Grundprinzip verinnerlicht haben und die verschiedenen Techniken beherrschen, werden Sie auf beliebige verschiedene Herausforderungen im Alltag passend reagieren können.
Später können Sie das Buch dann zum Nachschlagen nutzen. Wenn Sie vor einem menschlichen Problem stehen, dann können Sie einfach nachlesen, wie anderen in dieser oder einer vergleichbaren Situation geholfen wurde. Im Grunde machen meine Mitarbeiter und ich dies nicht anders. Wir haben unsere interne Liste mit Fällen und wenn wir mal wieder vor einer Herausforderung stehen, schauen wir selbst noch mal nach, welche Techniken am besten wirken. Man hört selbst nie auf, zu lernen und sich stets zu verbessern.
Nutzen wir aber nun doch gleich die vier Motive, um zu sehen, wie man seinen Chef oder seine Chefin erzieht. Sie sind selbständig und haben deswegen gar keinen Chef? Da irren Sie sich aber. Denn dann sind Ihre Kunden oder Ihr Lebenspartner Ihr Chef. Es lohnt sich also in jedem Fall zu verstehen, wie man den Chef in seinem Leben erziehen kann. Und wenn Sie selbst Vorgesetzter sind, sollten Sie unbedingt das nachfolgende Kapitel lesen, denn dann lernen Sie die Sichtweise Ihrer Angestellten kennen, die auch dieses Buch gelesen haben. Es geht mir nur darum, Chancengleichheit herzustellen.
Vorgesetzte sind auch nur Menschen und werden genauso in ihrem Handeln und Denken von den vier Motiven Ego, Gier, Unsicherheit und Bequemlichkeit angetrieben wie jeder andere. Übrigens spielen Emotionen interessanterweise eine deutlich größere Rolle, je höher man in der Hierarchie ist. Denn dort sind Ego, aber auch Gier, die Angst zu verlieren, und auch die Neigung, es sich möglichst bequem zu machen, sehr stark verbreitet. Dies ist eine Aussage, die Sie vielleicht nicht sonderlich überraschen wird.
Wie jeder Mensch erliegen aber auch Vorgesetzte dem Vernunftsirrtum. Das kennt man aus jeder normalen Beziehung. »Sei dochmal endlich vernünftig«, ruft man verzweifelt aus und ist dabei selbst nicht viel besser. Genauso halten die meisten Vorgesetzten alle anderen für unvernünftig, bevorzugt ihre Mitarbeiter und die Kunden, nur sie selbst haben den rationalen Durchblick. Um ein Missverständnis gleich auszuräumen: Weibliche und männliche Führungskräfte nehmen sich nichts in puncto Emotionalität. Der einzige Unterschied zwischen den beiden Geschlechtern ist, dass Männer vehementer auf ihren logischen Verstand pochen und sogar daran glauben, während Frauen eher dazu neigen, sich einzugestehen, eben keine Roboter zu sein, sondern schlichtweg Menschen, aber mit steigender Hierarchiestufe immer mehr versuchen, dies zu leugnen. Wenn ich also nun die maskuline Form verwende, so mache ich dies nur, weil es sich einfacher liest. Dies gilt im Übrigen für das ganze Buch. Egal welches Geschlecht, Mensch bleibt nun mal Mensch.
Was Ihnen jedoch einen deutlichen Vorsprung im Berufsalltag bringt: wenn Sie besser als Ihr Chef wissen, wer er wirklich ist und welche Motive seine Entscheidungen antreiben. Das ist genau der Vorsprung, den Sie brauchen, um im Büroalltag immer ganz vorne mitzuspielen.
Um Entscheidungen und Handlungen Ihres Vorgesetzten zu beeinflussen, müssen Sie wissen, welche der vier Motive bei ihm oder ihr dominieren. Da meist zwei Motive das Denken und Handeln motivieren, ergeben sich daraus verschiedene Cheftypen, denen sich fast alle Chefs zuordnen lassen. Wenn Sie einmal wissen, mit welchem Vorgesetzten Sie es zu tun haben, macht es diesen nicht nur menschlicher, auch wird es Ihnen leichterfallen, mit ihm umzugehen und ihn nicht immer ernster zu nehmen als notwendig.
In der nachfolgenden Tabelle sind die am weitesten verbreiteten Cheftypen aufgelistet. Lesen Sie sich jetzt mal die jeweiligen Beschreibungen durch und überlegen Sie, welche Ihren Vorgesetzten am treffendsten charakterisiert. Sie wissen dann auch, was Ihr Chef wirklich liebt und was er zutiefst verabscheut. Mir ist klar, dass die Eigenschaften jeden Cheftyp eher negativ erscheinen lassen, das ist aber bewusst so gewählt, denn wir wollen ja unseren Chef erziehen und dafür müssen wir die Schwachpunkte erkennen. Dennoch steckt in jedem Schlechten auch viel Positives.
Cheftyp
Beschreibung
Liebt/Verabscheut
Der egogetriebene Gewinner
Ist extrem stark leistungsund ergebnisorientiert, aber wenig empfänglich für emotionale Aspekte. Bewertet alles nach einer internen Gewinn-und-Verlust-Rechnung. Klassischer Overperformer, für den Menschen eher Leistungsfaktoren sind. Entscheidungsstark.
Liebt:
Fakten, Zahlen und Berichte
Erfolgsgeschichten
Menschen, die ihn voranbringen
Herausforderungen
Sich selbst reden zu hören
Verabscheut:
Menschen mit Emotionen
Sozialkompetenz
Zu viele Worte
Verluste und alles, was seinen messbaren Erfolg bedroht
Nachhaltiges Denken
Der egogetriebene Bequeme
Liebt es, im Mittelpunkt zu stehen und bewundert zu werden. Gibt gerne Verantwortung und Arbeit ab, vor allem wenn es kritisch wird, schmückt sich bei Erfolg gerne mit fremden Federn. Ist aber auch das ideale Aushängeschild für ein Unternehmen. Ist hervorragend vernetzt und nach außen hin sehr beliebt.
Liebt:
Anerkennung
Die große Bühne
Lobpreisungen
Show
Aufgaben zu delegieren
Verabscheut:
Details und lange Berichte
Komplexe Zusammenhänge
Misserfolge und Herausforderungen
Arbeit
Der egogetriebene Unsichere
Will mehr, als er kann. Er wirkt überfordert und fehlplatziert und sucht öfters Rat bei seinen Mitarbeitern, aber am liebsten heimlich. Trifft selten Entscheidungen allein.
Liebt:
Mitarbeiter, die ihm Informationen zuspielen und ihn im Hintergrund unterstützen
Erfolge und Projekte ohne Risiko
Einfache Zusammenhänge
Beweise und Tests
Verabscheut:
Risiken und Entscheidungen
Herausforderungen
Schnelles Handeln
Reden vor vielen Menschen
Der gewinnmaximierende Bequeme
Erkennt Chancen und Möglichkeiten, die ihn schnell voranbringen, und nutzt diese. Setzt nicht auf Arbeitszeit, sondern auf Erfolg. Geht den Weg des geringsten Widerstands.
Liebt:
Alles, was ihm einen schnellen Erfolg verspricht
Einfache Berichte und einfache Lösungen
Besprechungen und den Plausch mit anderen
Verabscheut:
Details und komplexe Zusammenhänge
Intensive Diskussionen und Meinungsbildungsprozesse
Herausforderungen
Der unsichere Bequeme
Wirkt ein wenig wie der nette Kerl von nebenan. Möchte kein Risiko eingehen und geliebt werden. Geht Konflikten aus dem Weg, sagt deswegen auch ungern offen seine Meinung und wirkt deswegen trotz aller Nettigkeit manchmal ein wenig unehrlich.
Liebt:
Den Plausch mit den Kollegen
Firmenfeiern
Komplimente
Teamarbeit
Anderen mit Rat zur Seite zu stehen
Team-Building-Prozesse
Verabscheut:
Konflikte, Kritik zu äußern
Probleme und Schwierigkeiten
Herausforderungen
Der unsichere Gierige
Ist im Wesentlichen gesteuert durch die Angst vor Verlust. Überall sieht er einen Haken und hat das Gefühl, dass etwas seinen Erfolg torpediert. Erscheint deswegen oft unberechenbar. Kann sehr nett und plötzlich sehr aufbrausend sein, weil er Angst bekommt. Sieht in allem eher das Problem als die Chance.
Liebt:
Sichere Gewinne
Absicherungen für das Risiko
Kleine und sichere Geschäfte
Überschaubare Projekte und Zahlen
Verabscheut:
Entscheidungen und Risiken
Große Projekte und große Teams
Längerfristige Planungen
Und, haben Sie Ihren Vorgesetzten wiedergefunden? Manchmal ist er auch eine Mischung aus beiden Typen. Diese Übung hilft Ihnen dabei zu erkennen, was Ihr Chef mag und was er verabscheut. Wenn Sie mal das Gefühl gehabt haben, nicht zu ihm vorgedrungen zu sein, dann kann es sein, dass Sie einfach das angesprochen haben, was er verabscheut. Wie gesagt, Sie können diese Übung auch nutzen, wenn Ihr Kunde Ihr Chef ist. Wir selbst nehmen diese Liste regelmäßig zur Hand, um uns ein Bild von unserem neuen Großkunden zu machen und um zu verstehen, was er liebt und was er nicht mag. Das macht das Leben sehr viel leichter.
Klar sind Vorgesetzte gewissermaßen Autoritäten, gerade deswegen scheuen viele davor zurück, ihren Chef beeinflussen zu wollen. Aber das ist ein Irrtum. Es ist eine bekannte Erkenntnis in der Psychologie (aber leider nicht unter Angestellten), dass die meisten Chefs unter dem Hochstapler-Syndrom leiden. Viele Chefs schleppen das Gefühl mit sich herum, sie hätten ihren Aufstieg gar nicht verdient. Diese Unsicherheit überspielen sie durch betont autoritäres Auftreten. Ihre Chance: Machen Sie Ihrem Chef deutlich, dass Sie ihn respektieren. Wenn er Ihnen nichts mehr beweisen muss, wird er für Ihre Vorschläge und Wünsche deutlich offener. Wie das genau geht, schauen wir uns in den nachfolgenden Kapiteln an.
Wenn Sie einmal die Motive, die Ihren Vorgesetzten antreiben, erkannt haben, wird es Ihnen auch viel leichter fallen, ihn dazu zu bringen, Dinge so umzusetzen, wie Sie es brauchen. Auch wenn Vorgesetzte konkrete Anforderungen an Ihre Leistung haben, hapert es leider bei ihnen selbst oft. Nicht selten sind sie selbst das Nadelöhr. Sie brauchen eine Rückmeldung, warten auf eine Freigabe und nichts passiert. Dann plötzlich auf den letzten Drücker bekommen Sie endlich das, was Sie benötigen, und Sie müssen nun die Zeit aufholen, wirbeln durch das Büro und sitzen bis spätabends, um die Aufgabe noch fristgerecht fertigzustellen. Es sei denn, Sie würden gleich Ihren Chef dazu bringen, pünktlicher und zuverlässiger zu sein.
Chefs sind auch nur Menschen und egal wie effizient sie zu arbeiten meinen, sie kommen in der Arbeitsflut regelmäßig ins Straucheln. Wie jeder Mensch priorisieren sie die Aufgaben und arbeiten das Wichtigste als Erstes ab. Wichtig ist dabei, was ihnen nützt – oder Schaden von ihnen abwendet. Alles andere kommt danach. Wie gesagt, sie sind nicht anders als alle anderen Menschen. Hinzu kommt, dass viele Anfragen ihrer Mitarbeiter Entscheidungen verlangen. Wer glaubt, dass ein Entscheider wirklich gerne entscheidet, glaubt auch, dass Erdbeerjoghurt aus Erdbeeren besteht. Entschuldigen Sie bitte, falls ich nun eine Illusion zerstört habe. Und selbst wenn Ihr Vorgesetzter zu den wenigen Entscheidungsstarken gehört, dann sollten Sie immer bedenken, dass Entscheidungen für den menschlichen Verstand sehr mühsam und anstrengend sind. Entsprechend wird das entschieden, was wichtig ist, man haushaltet eben mit seinen Ressourcen und alles andere wird dann bearbeitet, wenn man Lust und Zeit hat. Sie müssen also Ihr Anliegen wichtig und interessant machen, damit es vorrangig bearbeitet wird.
Wie gesagt handeln und entscheiden alle Menschen eher auf der unterbewussten und der emotionalen Ebene. Also sollten Sie auch auf dieser Ebene Ihren Chef motivieren zu handeln. Hier eignet sich wundervoll die Heldenmethode. Im Grunde unseres Herzens wollen wir alle Helden sein, wenn auch nur Helden des Alltags. Wir versuchen Rollen auszufüllen und diesen gerecht zu werden, umso mehr, wenn ein Vorgesetzter insgeheim unter dem Hochstapler-Syndrom leidet. Genau diese Chance bieten Sie mit der Heldenmethode. Sie haben ja bereits identifiziert, welche Motive Ihren Chef antreiben. Andererseits haben Sie ein gewisses Gespür dafür entwickelt, wer er gerne in den Augen anderer sein möchte. Bieten Sie ihm nun diese Chance.
Wenn Ihr Vorgesetzter sich für ein Zahlengenie hält, dann stärken Sie sein Ego dahingehend und machen Sie ihn damit zu einem »Helden«. So können Sie Ihren Satz einleiten mit folgenden Worten: »Sie sind ja ein absolutes Zahlengenie, deswegen würde ich Sie bitten, mal die Kostenaufstellung zu prüfen.« Sie erklären ihn zum Helden und er wird liebend gerne darauf anspringen, diese Heldenrolle zu erfüllen. Wie hilft das aber weiter, wenn Sie die Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit Ihres Chefs steigern möchten? Exakt mit der gleichen Methode: »Da Sie ja Wert auf Pünktlichkeit legen, habe ich Ihnen den Bericht bereits einen Tag früher fertiggestellt…« Damit haben Sie den Pünktlichkeitshelden angesprochen, nur um Ihr eigenes Anliegen dann geschickt unterzubringen: »Würden Sie mir bitte bis morgen um zwölf Uhr Ihre Kommentare dazu geben?« Jetzt wird er liebend gerne dem Heldenstatus gerecht werden. Was ist aber, wenn er als notorisch unpünktlich bekannt ist? Dann wirkt diese Methode wie ein Witz auf seine Kosten. Vielleicht hat er aber ein anderes Bild von sich. So ist er vielleicht der große Teamplayer. Dann formulieren Sie Ihr Anliegen einfach um. »Ich weiß, dass Sie auf Teamwork Wert legen. Damit das Team den Bericht rechtzeitig erhält, habe ich Ihnen diesen bereits einen Tag früher fertiggestellt. Würden Sie mir bitte bis morgen um zwölf Uhr Ihre Kommentare dazu geben?« Nun weiß er, dass er, wenn er sich nicht pünktlich zurückmeldet, dem Team und somit seinem Heldenstatus schadet. Achten Sie also immer darauf, welcher Held Ihr Chef gerne sein möchte.
Für die Heldenmethode ist es also wichtig, die Motive, die Ihren Vorgesetzten antreiben, zu kennen, also zu wissen, welcher Typ er ist. Über die Heldenmethode hinaus sollten Sie diese konkret bei Ihrem Anliegen ansprechen. Was Ihr Cheftyp liebt oder verabscheut, haben wir ja bereits im vorherigen Kapitel gesehen. Bringen Sie seinen Nutzen, etwas fristgerecht abzugeben, typgerecht auf den Punkt.
Wenn Ihr Chef der unsichere Gierige ist, können Sie als weiteren Grund nach der Heldenmethode nachschieben: »Damit wir den Auftrag nicht an die Konkurrenz verlieren.« Denn er hat Angst, einen Fehler zu machen und dadurch etwas zu verlieren. Dem gewinnmaximierenden Bequemen sollten Sie hingegen vermitteln, wie einfach die Arbeit ist und welche Probleme sie löst. »Das geht recht schnell und wir haben die Sache unkompliziert vom Tisch.« Das motiviert gleich viel mehr. Dem egogetriebenen Bequemen können Sie hingegen zeigen, wie sein Ansehen davon profitiert: »Damit haben wir dann gleich die positiven Ergebnisse, die Sie in der nächsten Geschäftsführersitzung präsentieren können.« Das ist ein Quick Win für Ihren Chef. Indem er Ihnen pünktlich die Informationen gibt, die Sie benötigen, kann er mal wieder in einer großen Runde sich selbst gut darstellen.
Die Kombination aus Heldenmethode und Motivansprache hat schon die härtesten Fälle weichgekocht und wie bei allen psychologischen Methoden werden sie Ihnen immer leichter und instinktiver von der Hand gehen. Zudem gibt es noch einen interessanten Nebeneffekt. Da Sie die Aufgaben so präsentieren, wie Ihr Chef es mag, hat er das Gefühl, dass Sie ihn verstehen. Sie wirken gleich viel kompetenter und werden zu einem zuverlässigen Partner.
Übrigens, wenn Sie noch mehr Tipps haben wollen, wie Sie die Heldenmethode wirkungsvoll in alle anderen Alltagssituationen bis hin zum Privatleben einbinden können, dann laden Sie sich einfach mein kostenloses Video herunter, das ich extra für die Leser dieses Buchs erstellt habe:
www.sridhar.de/heldenmethode.
Ihre Leistung mag überragend sein, aber das heißt noch lange nicht, dass Ihr Vorgesetzter diese wirklich schätzt. Und selbst wenn Sie immer überdurchschnittliche Leistungen bringen: Sollten Sie nur einmal stolpern, dann sind Sie der Versager des Unternehmens! Tatsache ist: Wer die Messlatte hoch setzt, der setzt auch die Erwartungen hoch. Wer diese dann einmal unterschreitet, hat gleich verloren. Fragen Sie mal Bayern München. Kaum mal keinen Triple geholt, heißt es gleich: Krise und Umbau! Erfolg bedeutet: Erwartung und Leistung geschickt steuern!
Menschen beurteilen nicht nach absoluten Kriterien, sondern immer relativ. Wir brauchen sogenannte Vergleichsanker. Ein hübsches Gesicht gewinnt deutlich an Attraktivität, wenn es von durchschnittlich aussehenden Personen umgeben ist. Deswegen empfehle ich Bekannten auf Partnersuche, immer mit Freunden auf die Pirsch zu gehen, die optisch weniger hermachen. Das steigert die Erfolgschancen drastisch! Nun lässt sich über Attraktivität durchaus streiten, aber selbst bei der Arbeit, wo eigentlich klar messbare Kennzahlen vorliegen (oder vorliegen sollten!), benötigen wir einen Vergleichsanker, um Leistung beurteilen zu können. In den letzten Jahren habe ich unzählige Teambewertungen in Unternehmen, die ich beraten habe, begleitet. Anhand von Mitarbeiterbefragungen wurden auch das Teamklima und die Leistung des unmittelbaren Vorgesetzten eines jeden Teams bewertet. In jedem Unternehmen gibt es regelrechte Überflieger, aber auch unterdurchschnittliche Teams und eine große, graue Masse an Mittelmaß. In den Führungsetagen zeigte sich jedoch immer das gleiche Bewertungsmuster.
Die Unternehmensführung schaute sich die Werte genau an und dann startete ein interner Verbesserungsprozess. Nach einem Jahr wurde dann erneut gemessen. Dann trat das klassische Phänomen auf: Wurden im ersten Jahr noch die Überflieger gefeiert, sah dies nach der zweiten Befragungswelle komplett anders aus. Topteams, die nur leicht nachgelassen hatten, wurden plötzlich kritisch beäugt, selbst wenn sie noch immer in der oberen Liga spielten. Der Abstieg drohte! Schlechte und mittelmäßige Teams hingegen, die sich verbessert hatten, wurden hochgelobt, selbst wenn sie sich noch immer im Mittelfeld bewegten. Nun kann man sagen, dass dies ein bewusster Management-Kniff sei. Hellhörig machte mich jedoch, dass die Teamleiter mittelmäßiger Teams häufiger für eine Beförderung oder »höhere Aufgaben« vorgeschlagen wurden als jene, die konstant oben mitspielten.
Noch deutlicher wurde dieser Effekt, wenn man die Entwicklung über mehrere Jahre beobachtete. Teams, die sich Jahr für Jahr verbesserten, wurden höher geschätzt als jene, die ständig in der oberen Liga mitspielten. Menschen haben nun mal eine innere Sympathie für Aufsteiger, aber vom geschäftlichen Standpunkt aus gesehen sollten uns eigentlich diejenigen begeistern, die permanent eine hohe Leistung bringen. Um diesem Phänomen weiter auf den Grund zu gehen, haben wir 80 Führungskräften in den verschiedensten Unternehmen vier Profile von fiktiven Vertriebsmitarbeitern vorgelegt. Alter, Geschlecht, Aussehen oder Name dieser Mitarbeiter wurden nicht genannt, um Verzerrungen zu vermeiden. Auch die Ausbildungsprofile waren identisch, jedoch unterschieden sich die fiktiven Vertriebsmitarbeiter in ihren Verkaufserfolgen.
Der schlechteste brachte jedes Jahr Verkäufe von 150.000 Euro zustande. Der mittlere hatte im ersten Jahr Verkäufe im Wert von 100.000 Euro vorzuweisen, diese stiegen aber kontinuierlich um 25.000 Euro pro Jahr bis zum Schluss auf 200.000 Euro. Der dritte Mitarbeiter fuhr jedes Jahr die identische Summe von 175.000 Euro ein, während der vierte Mitarbeiter zwischen 100.000 Euro und 200.000 Euro fluktuierte. In der Tabelle können Sie sich selbst ein Bild von der Leistung der Verkäufer machen. Betrachten wir nun die Ergebnisse jedes Mitarbeiters über alle Jahre, dann haben Mitarbeiter A, B und D einen identischen Umsatz von insgesamt je 750.000 Euro erwirtschaftet. Während Mitarbeiter C mit 875.000 Euro Umsatz der beste Verkäufer war, also 125.000 Euro mehr eingespielt hatte als die anderen Mitarbeiter.
Was meinen Sie, wen die meisten Führungskräfte für eine Beförderung zur Leitung eines größeren Verkaufsteams vorgeschlagen hatten? Es war eben nicht der mit dem höchsten Umsatz, also nicht Kandidat C, sondern 61 Prozent hatten Verkäufer A präferiert, der zwar eine durchschnittliche Leistung erbracht hatte, aber eine jährliche Leistungssteigerung vorweisen konnte. Den in der Summe tatsächlich besten Verkäufer hatten lediglich 24 Prozent befördern wollen. Aber spannend war auch, dass Mitarbeiter D deutlich schlechter abgeschnitten hatte in der Gunst als Mitarbeiter A. Wie gesagt, beide hatten identische Zahlen erwirtschaftet, lediglich in einer anderen Reihenfolge.
Im Anschluss baten wir die Führungskräfte, Wörter zu nennen, mit denen sie die Personen beschreiben würden. Sehen Sie mal, welche unterschiedlichen Einschätzungen zustande kamen:
1. Mitarbeiter A (von 61 Prozent präferiert): aufstrebend, ehrgeizig, lernfähig, dynamisch, erfolgsorientiert, zielstrebig
2. Mitarbeiter B (von 6 Prozent präferiert): realistisch, faul, stagnierend, lethargisch, desinteressiert, stabil
3. Mitarbeiter C (von 24 Prozent präferiert): streberhaft, arrogant, ehrgeizig, konsequent, hart
4. Mitarbeiter D (von 9 Prozent präferiert): unruhig, unstetig, kreativ, spontan, lernfähig
Die Höhe und Reihenfolge einiger nüchterner Leistungskennzahlen beeinflussten also nicht nur die Neigung, jemanden als gut oder schlecht zu bewerten, sondern sie wirkten sich auch auf die Wahrnehmung der charakterlichen Eigenschaften der Menschen selbst aus.
Wir sehen also, dass es bei der Wahrnehmung und Bewertung von Leistungen selten mit »rechten Dingen« zugeht.
Drei wichtige psychologische Effekte spielen hinein, die Sie ganz konkret für sich nutzen sollten.
1. Vorgesetzte bewerten (wie alle Menschen) nicht absolut, sondern immer im Zusammenhang.
Machen Sie mal folgenden Versuch: Decken Sie in der Tabelle alle Zeilen bis auf die des ersten Jahres zu. Betrachten Sie nun nur das erste Jahr. Es ergibt sich schon ein komplett anderes Bild. Dann wäre Mitarbeiter C ein klarer Gewinnertyp gewesen und Mitarbeiter A hätte hingegen kaum eine Chance gehabt. Hier bewerten wir nicht mehr im Zeitverlauf, aber dennoch relativ. Denn wir wissen nicht, ob 175.000 Euro viel oder wenig sind. Das wissen wir nur aus einem Vergleich mit den anderen Mitarbeitern. Betrachtet man aber alle Jahre, dann vergleichen wir die Entwicklung eines Mitarbeiters. Hat er sich verbessert, verschlechtert oder stagniert er? Wir haben eine zusätzliche Dimension bekommen– und schon ergibt sich ein ganz anderes Bild. Ihrem Vorgesetzten geht es da nicht anders.
2. Menschen präferieren Dynamik gegenüber Stagnation.
Anders ausgedrückt: Immer nur auf hohem Niveau zu spielen, wird weniger positiv bewertet. Wer sich aber stetig steigert, wird als erfolgreich wahrgenommen, selbst wenn in der Summe das Gleiche rauskommt. Dies sollte allen Spätstartern Mut machen. Sollten Sie einen schlechten Einstand im Unternehmen gehabt haben, dann machen Sie sich nichts draus. Wenn Sie sich verbessern, werden Sie sogar besser wahrgenommen, als wenn Sie von Anfang an Bestleistung gebracht hätten!
3. Wir neigen dazu, Entwicklungen aus der Vergangenheit linear fortzuschreiben.
Unser Verstand glaubt: Wer in den letzten Jahren stetig gewachsen ist, wächst auch in der Zukunft weiter. Dass solche Annahmen kompletter Unsinn sind, zeigt sich schon, wenn man die alten Prognosen von Börsengurus und Zukunftsforschern betrachtet. Sie beobachten die Prozesse der Vergangenheit und entwickeln daraus ihre Zukunftsmodelle, von denen 90 Prozent ohnehin nicht eintreffen. Da bietet jedes Würfelspiel mehr Treffsicherheit. Dieses Phänomen schauen wir uns später noch genauer an.
Daraus ergeben sich aber für Angestellte einige Konsequenzen. Ich weiß, ich mache mir jetzt viele Feinde bei Vorgesetzten:
1. Versuchen Sie nicht, von Anfang an Spitzenleistung zu bringen, denn dann haben Sie keinen Spielraum nach oben. Starten Sie leicht über dem Durchschnitt und entwickeln Sie sich dann offensichtlich stets ein wenig weiter. Die meisten Angestellten machen leider genau das Gegenteil. Sie starten am Anfang mit vollem Turbo durch, um dann später nachzulassen. Dosieren Sie also Ihr Engagement und bremsen Sie sich am Anfang ein wenig, denn sonst haben Sie bereits zu Beginn Ihr Pulver verschossen und können keine Steigerung mehr vorweisen.
2. Nach einiger Zeit wird man von Ihrem ständigen Leistungszuwachs ausgehen. Diejenigen, die Kandidat A ausgewählt hatten, gaben übrigens an, im sechsten Jahr einen Umsatz von 225.000 Euro zu erwarten. Sie schrieben die Erfolge der Vergangenheit einfach fort. Sobald Sie ein Muster vermeiden, lässt sich Ihre Leistungssteigerung nicht mehr vorhersehen. Sorgen Sie also für Überraschungen. Jeden Sonntag frische Brötchen schätzt der Lebenspartner weniger, als wenn Sie ihn in unregelmäßigen Abständen alle paar Wochen plötzlich mit Brötchen überraschen.
3. »Verkaufen« Sie Ihre Leistungssteigerung gut. Die Brötchen am Sonntagstisch haben einen höheren Wert, wenn man ganz nebenbei erwähnt, dass man durch den Regen gestapft ist und beim Bäcker einen riesigen Streit vom Zaun gebrochen hat, weil die Lieblingsbrötchen ausgegangen waren – bis er endlich nachgab und neue backte. Wie man seine Leistung so verkauft, dass der Chef sie auch wirklich anerkennt, betrachten wir im nächsten Kapitel.
Manchmal reicht es nicht aus, nur eine ordentliche Steigerung hinzulegen. Man müht sich ab, bringt stets bessere Leistungen als zuvor, aber wird dennoch vom Chef ignoriert. Und dann gibt es diese Kollegen, die für Selbstverständlichkeiten gelobt werden und deren eher durchschnittliche Leistung als die Offenbarung des Jahrzehnts gefeiert wird. Fakt ist, Ihre Leistungen sind ein Produkt und wie jedes Produkt müssen Sie dieses auch vermarkten.
Im letzten Kapitel haben wir bereits gesehen, dass Leistung nur im Verhältnis zu anderen Personen oder zur Vergangenheit wahrgenommen wird. In den seltensten Fällen schaut Ihnen der Chef aber permanent bei der Arbeit zu. Wenn Sie dann etwas Besonderes erbracht haben, fällt dies nicht weiter auf oder wird abgenickt und geht in der Hektik des Alltags unter. Das ist nur menschlich. Ihnen ist es bestimmt auch schon mal passiert, dass Ihr Partner eine nette Überraschung für Sie hatte oder die Kinder mit einer guten Note nach Hause kamen und Sie nur müde nickten; falls Sie es überhaupt bemerkten und sich nicht gleich dem nächsten Thema zuwandten. Entsprechend groß war dann der Ärger oder die Enttäuschung bei Ihren Lieben. Nicht anders schaut es im Berufsalltag aus. Wenn Sie also wollen, dass Ihr Chef Ihre Leistung richtig würdigt, sollten Sie ein wenig nachhelfen. Sie müssen Ihre Leistung in Szene setzen und aktiv vermarkten.
Besonders wichtig ist dabei der Dramaturgieeffekt. Je größer die wahrgenommene Anstrengung, umso höher wird das Erreichte bewertet. Kennen Sie Alan Eustace? Wahrscheinlich nicht, aber wenn ich den Namen Felix Baumgartner nenne, dann klingelt schon eher etwas. Felix Baumgartner vollbrachte am 14. Oktober 2012 aus rund 34,4 Kilometer Höhe, also der Stratosphäre, den höchsten Fallschirmsprung, den ein Mensch je gewagt hatte. Das Marketing seines Extremsprungs war brillant, das jahrelange Training war ausführlich von Reportern begleitet worden, den Sprung selbst konnte man live im Internet verfolgen. Der Countdown tickte, man hörte die technischen Anweisungen über Funk und den immer schneller werdenden Atem des Extremspringers. Man spürte förmlich selbst die Anstrengung, und als Baumgartner einige Sekunden nicht zu hören war, spekulierten die Reporter aufgeregt, ob er nicht während des Sprungs ohnmächtig geworden sei. Nach seiner triumphalen Landung wurde Baumgartner dann monatelang mit diversen Auszeichnungen und Ehrungen überhäuft, unter anderem mit dem als Sport-Oscar bekannten Laureus World Sports Award für den Action-Sportler des Jahres und mit einem Bambi.
Nun mag der Bambi nichts Besonderes mehr sein, seit ein von seiner deutschen Mutter aufgezogener Gangsta-Rapper namens Bushido einen Integrationsbambi dafür bekam, dass er seine Muttersprache beherrscht – und Tom Cruise einen Mut-Bambi dafür, dass er so mutig war, einen Hollywood-Kassenschlager zu drehen. Ebenso wenig aussagekräftig war der an Felix Baumgartner verliehene Millenniumsbambi. Denn rund zwei Jahre später, am 24. Oktober 2014, sprang nämlich der eingangs erwähnte Alan Eustace aus einer Höhe von 41,4 Kilometer mit einem Fallschirm ab. Er übertraf Baumgartners Rekord um rund sieben Kilometer! Alan Eustace war dabei alles andere als der Prototyp eines Extremsportlers, sondern ein grauhaariger, etwas streberhaft wirkender 57-jähriger Google-Manager und promovierter Informatiker. Zwar gab es einige kurze Pressemeldungen zu diesem Sprung, aber das war es auch schon. Sportler des Jahres? Ein Senioren-Bambi? Nichts dergleichen! Nun war das auch gar nicht Alan Eustaces Ziel gewesen. Er hatte bewusst auf jegliches Marketing verzichtet, weil er seinen Sprung als wissenschaftliches Experiment und nicht als Show sah. Aber dieses Beispiel zeigt sehr eindrucksvoll, wie unterschiedlich hervorragende Leistungen bewertet werden. Baumgartners zweifellos erstaunliche Leistung jubelte die Presse als Sprung des Jahrtausends hoch, während Alan Eustaces noch gewagterer Sprung eher nebenbei zur Kenntnis genommen wurde.