Alles, was Sie über Anleihen wissen müssen - Peter Thilo Hasler - E-Book

Alles, was Sie über Anleihen wissen müssen E-Book

Peter Thilo Hasler

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Beschreibung

Auch wenn Anleihen seit Jahrhunderten zentraler Baustein der Unternehmensfinanzierung sind, sind sie für Anleger in der aktuellen Niedrigzinsphase nur wenig populär. Und das, obwohl Anleihen kleiner und mittlerer Unternehmen für den risikobewussten Anleger attraktive Renditechancen bieten. Daher lautet die Frage nicht, ob man in Anleihen investieren sollte, sondern, in welche. Der langjährige Börsenprofi Peter Thilo Hasler beantwortet die dringendsten Fragen: Wie schützt man sich vor schwarzen Schafen? Wie diversifiziert man richtig? Und was ist zu tun, wenn sich das Rating einer Anleihe verschlechtert?

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PETER THILO HASLER

ALLES, WAS SIE ÜBERANLEIHENWISSEN MÜSSEN

Attraktive Renditen erzielenund Risiken perfekt managen

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie. Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Für Fragen und Anregungen

[email protected]

1. Auflage 2020

© 2020 by FinanzBuch Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH,

Nymphenburger Straße 86

D-80636 München

Tel.: 089 651285-0

Fax: 089 652096

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Haftungsausschluss: Investieren bedeutet Risiken zu übernehmen. Wertpapieranlagen sind mit Verlustrisiken verbunden. Anleihen sind hiervon keine Ausnahme. Der Autor übernimmt keine Haftung für Schäden, die sich aus der Umsetzung der in diesem Buch getroffenen Verhaltensvorschläge ergeben. Keinesfalls ist das Buch als Anlageempfehlung im Sinne des Wertpapierhandelsgesetzes zu verstehen. Der Autor steht in keinem Verhältnis zu den im Buch erwähnten Anlageprodukten und zieht keine finanziellen Vorteile aus dem Verkauf dieser Produkte.

Redaktion: Ulrich Wille

Korrektorat: Hella Neukötter

Umschlaggestaltung: Karina Braun

Satz: Bernadette Grohmann, Röser MEDIA GmbH

Druck: CPI books GmbH, Leck

eBook: ePubMATIC.com

ISBN Print 978-3-95972-344-2

ISBN E-Book (PDF) 978-3-96092-630-6

ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-96092-631-3

Weitere Informationen zum Verlag finden Sie unter

www.finanzbuchverlag.de

Beachten Sie auch unsere weiteren Verlage unter www.m-vg.de

Inhalt

Vorwort und Danksagung

1. Anleihen gehören in jedes Depot

2. Welche Arten von Anleihen gibt es?

Festverzinsliche Anleihen

Variabel verzinsliche Anleihen

Nullcouponanleihen

Tilgungs-, Annuitäten- und Verlosungsanleihen

Optionsanleihen

Umtauschanleihen

Going-Public-Anleihen

Hybridanleihen

Schuldscheindarlehen

Gewinnschuldverschreibungen

Aktienanleihen und Discountzertifikate

3. Emittenten von Anleihen

Staatsanleihen und Kommunalobligationen

High-Grade- und High-Yield-Unternehmensanleihen

Mittelstandsanleihen: Anleihen der kleinen und mittleren Unternehmen

Bankanleihen: Wenn Fremdkapital reguliert wird

Anleihen ausländischer Emittenten: Wo die Währung eine Rolle spielt

Pfandbriefe: Sicherheit mit doppeltem Boden

Fananleihen von Fußballunternehmen: Eher was für Fans

4. Die wichtigsten Ausstattungsmerkmale von Anleihen

Anleihebedingungen: Über die Rechte des Gläubigers

Das Rating: Gemeinsame Marktsprache für die Einschätzung einer Anleihe

Die Bedeutung von Covenants

Wie sicher sind Besicherungsmaßnahmen?

Das Gegenteil der Besicherung: Der Nachrang

Die unterschiedlichen Kurse einer Anleihe

Von welchen Zinsen reden wir eigentlich?

Was hat die Laufzeit mit der Verzinsung zu tun?

5. Risiken von Anleihen

Ausfallrisiken: Der Default des Emittenten

Bonitätsrisiken: Wenn sich das Rating verschlechtert

Zinsänderungsrisiken oder: Das Zusammenspiel von Marktzins und Kurs

Die Liquidität der Anleihe: Manchmal ist die Fungibilität doch ein relevanter Faktor

Sicherungsrisiken: Fallschirm für den Notfall

Wiederanlagerisiken: Warum der Effektivzins irrelevant ist

Währungsrisiken: Wenn man Wechselkurse berücksichtigen muss

Kündigungsrisiken: Von Calls und Puts

Weitere Möglichkeiten der Tilgung

6. Überblick über die Börsenplätze

Der OTC-Handel

Der unregulierte Freiverkehr

Börsensegmente für Mittelstandsanleihen

Der regulierte Markt

7. Kauf und Zeichnung von Anleihen

Der Weg zum Depot

Der Weg des Emittenten an die Börse

Die Aufgabe des Bankenkonsortiums und der Berater während der Emission

Weitere Informationsplattformen für Anleger

8. Erste Einblicke in den Emittenten

Die Nachhaltigkeit des Geschäftsmodells

Unbedingt den Wertpapierprospekt lesen

Vom Nutzen des Anleihe-Research

Jahresabschlussanalyse leicht gemacht

Management, IR-Arbeit und Corporate Governance

Und was machen wir mit all dem Geld?

Defizite der Unternehmenskommunikation

9. Kennzahlenanalyse nicht nur für Profis

DVFA-Kennzahlen Entry Level – die Pflicht

DVFA-Kennzahlen Prime Level – die Kür

Weiterführende Kennzahlen

10. Die 20 Regeln des Value Investings für Anleihen

Regel Nummer 1: Unbedingt den Default vermeiden

Regel Nummer 2: Die Dokumentation lesen

Regel Nummer 3: Den Unterschied zwischen Aktien und Anleihen verstehen

Regel Nummer 4: Nicht nur auf den Coupon schielen

Regel Nummer 5: Kaufe nur, was du verstehst!

Regel Nummer 6: Warum Langeweile das bessere Geschäftsmodell für Anleihen ist

Regel Nummer 7: Diversifizieren, aber richtig!

Regel Nummer 8: Kursziele setzen

Regel Nummer 9: Einfach mal nichts tun

Regel Nummer 10: Warum Größe doch wichtig ist

Regel Nummer 11: Währungen lassen sich nicht vorhersagen

Regel Nummer 12: Der gefährlichste Satz der Finanzgeschichte

Regel Nummer 13: Vertraue nicht den Tipps von Fremden …

Regel Nummer 14: Was uns das Rating wirklich lehrt

Regel Nummer 15: Vorsicht vor Modethemen

Regel Nummer 16: Die Aufstockung einer Anleihe – Kauf- oder Verkaufsgelegenheit?

Regel Nummer 17: Warum wird eigentlich die Anleihe begeben?

Regel Nummer 18: Zeichnen macht Sinn

Regel Nummer 19: Unter pari ist besser als über pari

Regel Nummer 20: An Kursgewinnen ist noch keiner gestorben

Fazit

Literaturhinweise

Über den Autor

Anmerkungen

Vorwort undDanksagung

Das 2014 im FinanzBuch Verlag erschienene Buch Unternehmensanleihen – simplified: Hohe Rendite und Risiko perfekt im Griff erscheint nach sechs Jahren in stark erweiterter und gründlich überarbeiteter Form und unter neuem Titel. Wenn sich auch an der ursprünglichen Zielsetzung nichts geändert hat, das Umfeld der Anleihemärkte ist heute – insbesondere auf dem Gebiet der Mittelstandsanleihen – ein anderes. Diese Veränderungen möchte ich in dieser neuen Auflage aufnehmen. Zusätzlich motivierend für die Neuauflage war das positive Feedback, das ich nach dem Erscheinen des ersten Buches erhalten habe. Besonders hat es mich gefreut, wenn Anleger die Praxistipps ausprobiert haben und damit systematisch ihren Anlageerfolg verbessern konnten.

Das Grundgerüst des Buches ist unverändert geblieben. Bei der Vorbereitung ging es deshalb – neben der Beseitigung kleiner Fehler und Unklarheiten – primär um Aktualisierungen und Verbesserungen in der Darstellung der komplexen Zusammenhänge, beispielsweise durch eine Überarbeitung der angegebenen Praxisbeispiele. Einige Abbildungen wurden überarbeitet, einige Formeln kamen hinzu. Eine Orientierungshilfe bot mir dabei die konstruktive Kritik aus zahlreichen Anregungen, die – soweit sie nicht in gegenläufige Richtungen wies – nach sorgfältiger Prüfung weitgehend umgesetzt wurde.

Das Buch richtet sich an alle Anleger, die im Rahmen ihrer Weiterbildung, aber auch in der langfristigen Kapitalanlage, mit Anleihen zu tun haben.

Abschließend möchte ich das Vorwort dazu nutzen, all denen zu danken, die einen direkten und indirekten Beitrag zum Gelingen des Buches geleistet haben. Zunächst geht mein Dank an all die Vermögensverwalter und Fondsmanager, von deren praktischem Wissen ich bei der Erstellung dieses Buches profitieren konnte. Ohne sie für das Endergebnis verantwortlich machen zu wollen, danke ich für alle Fachgespräche, Vorschläge und Hinweise insbesondere René Assion von der Reuss Private Deutschland AG, Markus Lemkis von der KJL Capital GmbH, Dr. Jochen Felsenheimer von der Xaia Investment GmbH, Roger Peeters von der pfp Advisory GmbH und Ernst G. Wittmann von der Panaceus GmbH.

Ferner danke ich allen Korrekturlesern für ihre unschätzbaren Dienste. Hervorheben möchte ich schließlich auch die angenehme Zusammenarbeit mit Georg Hodolitsch vom FinanzBuch Verlag, dessen Motivation die Erstellung dieses Buches zu einem kurzweiligen Prozess gemacht hat.

Schließlich möchte ich meine Dankbarkeit gegenüber meiner Frau Susanne für ihren Zuspruch und ihre Unterstützung aussprechen.

München, im Juni 2020

Peter Thilo Hasler

1.

Anleihen gehörenin jedes Depot

»Es gibt tausend Möglichkeiten, sein Geld auszugeben,aber nur zwei, es zu erwerben: Entweder wir arbeiten für Geld– oder das Geld arbeitet für uns.«

Bernard Mannes Baruch (1870–1965), US-amerikanischerInvestor und Präsidentenberater

Bei der Anlage ihres Vermögens sind die Menschen in Deutschland einfach gestrickt. Ihre Strategie ist die eines sicherheitsmaximierenden Sparers. Vermögen wird bei Banken (meist in Form niedrig verzinslicher kurzfristiger Einlagen) und bei Versicherungen (meist in Form von Kapitallebensversicherungen) angelegt. Der Anlagestil ist meistens streng defensiv: Mit Aktien konnten sich die Anleger hierzulande nie richtig anfreunden. Befeuert von gebetsmühlenartig wiederholten Beteuerungen (auch der politischen Entscheidungsträger), haben die deutschen Kapitalanleger und Kapitalanlegerinnen sogar ein unbestimmtes Gefühl der Angst vor den Unwägbarkeiten der Börse. Gleichzeitig sind die Kenntnisse über die Möglichkeiten der Kapitalanlage begrenzt – und zwar unabhängig vom Ausbildungsstand: Den Zahnarzt, der sein Vermögen in geschlossenen Schiffsfonds oder überteuerten Ostimmobilien wegen einer windigen Beratung verzockt – es gibt ihn wirklich! Nicht nur für ihn hat Geldanlage häufig mehr mit Spekulation zu tun als mit einer seriösen, langfristigen Spar- und Anlagestrategie.

Einen kräftigen Beitrag zu dieser Grundhaltung hat über die vergangenen Jahrzehnte die Finanzindustrie geleistet, der es hierzulande immer noch nicht gelungen ist, ein stimmiges Anlagekonzept für den Privatanleger zu entwickeln, mit dem dieser sein Vermögen managen kann. In den vergangenen Jahrzehnten hat sich der Wertpapierservice klassischer Geschäftsbanken sogar zurückentwickelt: Unter dem Deckmantel der Finanzmarktregulierung werden die Bedürfnisse von Millionen von Menschen, die sich im Rahmen ihrer Existenz- und Alterssicherung mit ihrer Zukunft befassen wollen, kurzerhand ignoriert. Kein Wunder, dass die meisten Kundenbetreuer schon mit der Auswahl des Finanzprodukts überfordert sind. Noch nicht einmal die grundlegende Entscheidung, ob eine Aktie oder eine Anleihe die sinnvollere Geldanlage wäre, kann von vielen Bankexperten eindeutig beantwortet werden: Wenn sie nicht ohnehin überteuerte Fondsprodukte anbieten, verkürzen Vermögensberater die notwendige Diskussion an dieser Stelle gerne mit einem Zitat von André Kostolany, dem ungarischen Börsen- und Finanzexperten, der diesbezüglich meinte: »Wer gut schlafen will, kauft Anleihen, wer gut essen will, bevorzugt Aktien.«1

Dabei fiel der Grandseigneur des deutschen Kapitalmarktes zwei veritablen Fehlinterpretationen zum Opfer: Zum einen interpretierte er Anleihen im Gegensatz zu Aktien als ›sicher‹, zum anderen als langweilig. Zu Unrecht, denn Anleihen sind zunächst alles andere als sicher. Die an den Kapitalmärkten geltende Grundregel, dass höhere Renditen ex post nur durch Inkaufnahme höherer Risiken erzielt werden können, gilt grundsätzlich auch für Anleihen, wenn sie denn überhaupt Gültigkeit hat. Auch von Langeweile kann bei Anleihen keine Rede sein. Waren sie vielleicht vor Jahrzehnten noch einfach strukturierte Instrumente der Verschuldung, weisen sie heute zahllose Merkmale auf, die von ewig laufenden Hybridbonds mit eigenkapitalähnlichen Eigenschaften ohne Rückzahlungsanspruch über variabel verzinste Anleihen mit Stufenzinselementen bis hin zu komplexen indexorientierten Produkten mit Inflationsschutz reichen.

Auch was die Rendite anbelangt, hat sich viel getan. Von Staatsanleihen mit negativer Effektivverzinsung bis zu Unternehmensanleihen mit einer Nominalverzinsung im zweistelligen Prozentbereich ist für jede Risikoeinstellung etwas zu haben.2 Bei einer durchschnittlichen Laufzeit von fünf Jahren erzielt der Anleger mit einem 7-Prozenter, unter Berücksichtigung von Zinseszinseffekten, auf sein eingesetztes Kapital eine Gesamtrendite von gut 40 Prozent. Lässt man die Schwankungsbreite der beiden Wertpapiere unberücksichtigt, aus der sich für die Aktie naturgemäß ein höheres Risiko ableiten lässt als für die Anleihe, müsste sich auch die Aktie des Unternehmens um mindestens diesen Betrag erhöhen, um eine vergleichbare Performance zu erzielen. Betrachtet man jedoch die jahresdurchschnittlichen Kurse des Leitindex DAX, dann ist ein solcher Anstieg während der vergangenen 50 Jahre nur 17-mal gelungen; 33-mal hätte der Investor im Fünfjahreszeitraum mit einer solchen Hochzinsanleihe besser gelegen. So gesehen sollte es auch mit dem Erwerb von Anleihen gelingen, sich ab und zu ein gutes Essen zu gönnen.

Auf jeden Fall aber fügen Anleihen dem Depot Stabilität hinzu. Häufig unterschlagen wird ferner, dass Fremdkapitalgeber im Insolvenzfall besser dran sind als Eigenkapitalgeber: So desaströs dieser Zustand für die Performance auch sein mag, der Aktieninvestor verliert als Eigenkapitalgeber durch seine unbedingte Nachrangigkeit bei der Zahlungsunfähigkeit eines Emittenten im Normalfall den gesamten Kapitaleinsatz. Anleiheinvestoren könnten demgegenüber vorrangige Ansprüche auf die Vermögenswerte geltend machen. Diese Konkursausfallsquote (die sogenannte Recovery Rate) kann – in Abhängigkeit von der Werthaltigkeit der Vermögensgegenstände eines Unternehmens – in Einzelfällen bis zu 40 Prozent des Nominalwertes ausmachen.

Trotz dieser Vorteile sind in den letzten Jahrzehnten vor dem Hintergrund vermeintlich langweiliger Anleihen und spannender Aktien Dutzende von Aktienratgebern geschrieben worden. Anlageratgeber zu Unternehmensanleihen gibt es bislang nur wenige. Und das, obwohl es zweifelsohne Beratungsbedarf en masse gibt: Als Anleger interessieren Sie sich vielleicht für die Thematik und kennen das Vokabular der Finanzmedien. Sie haben womöglich realistische Erwartungen und fragen sich, in welche Wertpapiere Sie investieren sollen. Sie sind auch bereit, sich mit der Assetklasse Anleihe zu beschäftigen, um die mit der intelligenten Auswahl von Anleihen verbundenen Renditechancen zu nutzen. Doch es fehlt Ihnen schlichtweg die Zeit, sich stunden- oder tagelang mit einem einzigen Papier zu beschäftigen, nur um herauszufinden, ob es sich auch tatsächlich um ein Wert-Papier handelt.

Auf der anderen Seite haben Sie womöglich schon von Mittelstandsoder Nachranganleihen gehört, die in einem Marktumfeld, das von in der Menschheitsgeschichte nie dagewesenen Niedrig- beziehungsweise Negativzinsen geprägt ist, optisch attraktive Konditionen anbieten, allerdings von Unternehmen begeben werden, die bislang nicht auf den Kapitalmärkten in Erscheinung getreten sind. Wenn sich ein Unternehmen aber zum ersten Mal dem Kapitalmarkt zuwendet, muss es, um einen Anleger zu einer Zeichnung zu animieren, im Unterschied zu den großen Daueremittenten, den Frequent Issuers, deutlich höhere Zinsen anbieten. Bei einer Bonität von BBB bis B- liegen die Zinsaufschläge gegenüber Bundesanleihen, Festzinssparen, Tagesgeld und hochwertigen Unternehmensanleihen global tätiger Großkonzerne bei bis zu 8 Prozentpunkten. Nicht wenige der Emittenten sind etablierte, wenngleich gemeinhin unbekannte Familienunternehmen mit einer sich über mehrere Generationen erstreckenden Familientradition, die jahrzehntelang mehr oder weniger im Verborgenen tätig waren, andere sind Unternehmen mit Markennamen und hohem Wiedererkennungswert, wieder andere sind junge Unternehmen mit innovativen Geschäftsmodellen in Nischenmärkten. Da die angebotenen Zinsen deutlich über das Niveau etablierter Benchmark-Anleihen und vermeintlich risikoloser Staatsanleihen hinausgehen, können sie für den Anleger eine interessante Alternative sein. Doch ersprießliche Renditen gibt es nicht ohne ein höheres Risiko. Wer meint, wahllos zugreifen zu können, begibt sich auf dünnes Eis. Trotz der kurzen Zeitspanne ihres Bestehens kam es bereits zu zahlreichen Zahlungsausfällen an den Mittelstandsbörsen – mit erheblichen Kurseinbrüchen bei den Anleihekursen. Dies macht deutlich, dass weniger eine breite Streuung als vielmehr die richtige Auswahl der Anleihen der Schlüssel zum Anlageerfolg ist.

In diesem Buch werden Ihnen nicht nur die Grundlagen vermittelt, Risiken zu erkennen, sie einzuschätzen und sich ein Portefeuille aus hochwertigen Schuldverschreibungen zusammenzustellen, Sie erhalten auch einige grundlegende Einsichten in die Geldanlage. Auf komplizierte Bewertungsverfahren, komplexe mathematische Formeln und Trading-Modelle wird bewusst verzichtet, ebenso wie auf das Management von Handelsrisiken und die damit verbundenen Sensitivitätskennzahlen wie Delta, Rho, Vega oder Theta. Auch die technische Analyse von Kurs-Charts soll hier nicht interessieren. Wohl aber Methoden, die es einem interessierten Leser ermöglichen, mithilfe einer einfachen, nachvollziehbaren Anlagephilosophie eine angemessene Rendite zu erzielen. Bewusst wird nicht die höchste Rendite aller Zeiten versprochen, das überlassen wir gerne den zahlreichen Börsenbriefen. Angeboten wird vielmehr eine Methode, die mit überschaubarem Mitteleinsatz höhere Renditen als Sparbücher, Festgelder, Bundesanleihen und fraglos auch die meisten geschlossenen Fondskonzepte bietet.

Der vorliegende Band basiert auf meinem ebenfalls im FinanzBuch Verlag erschienenen Buch Unternehmensanleihen – simplified. Allerdings wurden wesentliche Teile überarbeitet, ergänzt oder neu strukturiert.

2.

Welche Arten vonAnleihen gibt es?

»Es ist gewinnbringender, einen Tag im Monat über Geldnachzudenken, als 30 Tage hart dafür zu arbeiten.«

John Davison Rockefeller (1839–1937), US-amerikanischerUnternehmer und Philanthrop

Anleihen, im Deutschen auch unter ihren Synonymen »Renten(papiere)« und »Schuldverschreibungen« bekannt, in der Schweiz unter »Obligationen«, im angelsächsischen Sprachraum unter »(Corporate) Bonds«, sind als Wertpapiere verbriefte Forderungsrechte, die am Kapitalmarkt platziert und gehandelt werden. Der Käufer, Anleger oder Investor eines Bonds (englisch für »binden, festigen«) wird zum Gläubiger, der Verkäufer oder Emittent zum Schuldner. In dieser Gläubiger-Schuldner-Beziehung verspricht der Emittent für die Kapitalüberlassung den Gläubigern die Zahlung eines zeitabhängigen Entgelts – des Coupons – sowie die Rückzahlung des ihm überlassenen Nominalbetrags zu im Voraus festgelegten Bedingungen. Kontroll- oder Mitbestimmungsrechte erwachsen dem Gläubiger aus dem Anleiheerwerb nicht.

Gläubiger-Schuldner-Beziehungen gibt es auch bei Darlehen oder Bankkrediten. Dass die Kreditbeziehung als Wertpapier verbrieft wird, hat aber einen entscheidenden Vorteil: Der Gläubiger kann seine Forderung einem Dritten verkaufen oder abtreten, ohne dass hierfür die Zustimmung des Schuldners erforderlich ist. Für diesen Vorgang wurden Handelsorganisationen oder Börsen eingerichtet, Marktplätze, auf denen sich alle an einem Kauf oder Verkauf interessierten Parteien versammeln.

Im Gegensatz zur Eigenkapitalfinanzierung, die eine gewinnabhängige, mithin variable Verzinsung verspricht, erwachsen aus der Anleihefinanzierung unbedingte Zinszahlungs- und Tilgungsverpflichtungen zu vorab fest definierten Zeitpunkten. Ein Emittent verpflichtet sich, seinen Anleihegläubigern zukünftig bestimmte Geldbeträge zu bezahlen, und bekräftigt seine Verpflichtung durch die Einhaltung bestimmter Verhaltensvorschriften. Diese Verpflichtungen sind in den spezifischen Anleihebedingungen (englisch »Bond Indentures«) niedergelegt und gelten während der gesamten Laufzeit der Anleihe für alle Gläubiger gleichermaßen.

Grundsätzlich kann zwischen Inhaber- und Namensschuldverschreibungen unterschieden werden. Da das Eigentum an Inhaberschuldverschreibungen formlos durch Einigung und Übergabe nach den Regeln des sachenrechtlichen Erwerbs übertragen wird, stellen Inhaberschuldverschreibungen den Normalfall dar. Die jederzeitige Fungibilität wird noch dadurch erhöht, dass selbst gestohlene, verloren gegangene oder abhandengekommene Inhaberschuldverschreibungen gutgläubig erworben werden können. In jedem Fall bleibt der Besitzer der Urkunde anonym. Dagegen lauten Namensschuldverschreibungen (englisch »Registered Bonds«) auf eine bestimmte Person und können deshalb – anders als ihr mitgliedschaftsrechtliches Pendant der Namensaktien – nicht an der Börse gehandelt werden. Sie werden insbesondere von institutionellen Anlegern geschätzt, da sie auf die Finanzierungsbedürfnisse eines Kapitalsuchers und die Anlegebedürfnisse eines Kapitalgebers maßgeschneidert werden: Durch die fehlende Börsennotierung wird unterstellt, dass der Anleger das Wertpapier langfristig halten will. Bilanziell hat dies beim Erwerber zur Folge, dass das Wertpapier als Anlagevermögen aktiviert wird und nicht als Umlaufvermögen. Während bei Letzterem das Mark-to-Market-Prinzip gilt, wonach stets der aktuelle Börsenkurs den Wertansatz in der Bilanz bestimmt, ist ein Wertpapier im Anlagevermögen über die gesamte Laufzeit mit seinen Anschaffungskosten anzusetzen. Abschreibungsrisiken nach dem Niederstwertprinzip fallen damit nicht an. Beispiele für Namensschuldverschreibungen sind Namenspfandbriefe, Kommunalobligationen und Landesbodenbriefe.

Ob Inhaber- oder Namensschuldverschreibung – sofern in den Anleihebedingungen nichts anderes vorgesehen ist, sind die einzelnen Anleihen grundsätzlich voneinander unabhängig, das heißt, jeder Anleger hat Anspruch auf die vollständige Erfüllung seiner Rechte und kann diese für sich allein und ohne Mitwirkung der übrigen Gläubiger geltend machen.

Physisch besteht eine Anleihe aus zwei Komponenten: dem Mantel, der die eigentliche Schuldurkunde darstellt und das Forderungs- beziehungsweise Beteiligungsrecht verbrieft, und dem Bogen, der im Mantel eingelegt wird und aus (in der Regel 5 bis 20) Zinscoupons und einem Erneuerungsschein – auch Talon genannt – besteht. Im Mantel wird die Schuldsumme festgelegt, auch »Nominalbetrag der Anleihe« genannt. Diese wird bei Fälligkeit der Anleihe an die Gläubiger zurückgezahlt. Damit der Inhaber seinen Coupon erhält, muss er einen expliziten Eigentumsbeleg vorlegen. Dies geschieht dadurch, dass er vom Bogen einen Coupon abtrennt und an die Zahlstelle schickt. Die Coupons – der Begriff »Coupon« stammt aus dem Französischen von »couper« für »abschneiden« oder »ausschneiden« – sind die Zinsscheine, die auf einen bestimmten Verfallstag lauten, an dem sie früher buchstäblich abgeschnitten und eingelöst wurden. Jeder, der seinen Couponabschnitt vorlegt, hat damit Anspruch auf die Zinszahlung.

Natürlich ist eine persönliche Verwahrung der Dokumente in einer digitalen Welt nicht länger zeitgemäß, und auch das Abschneiden des Zinsscheins durch den Gläubiger ist nicht mehr erforderlich. Vielmehr wird die Ausschüttung der Zins- und Tilgungszahlungen auf das Depot des Anleihegläubigers automatisch von der sogenannten Zahlstelle vorgenommen. Möglich wird dies, indem fast alle Anleihen heute nicht mehr als persönliche Dokumente ausgegeben werden, sondern einer zentralen Girosammelverwahrung unterliegen. Bei der Girosammelverwahrung werden Anleihen lediglich als Depotguthaben auf Girosammeldepotkonten geführt und beim Verkauf umgebucht. Anleihen werden beim Kauf, beim Verkauf oder bei einer Übertragung (zum Beispiel einer Schenkung) nicht länger physisch übergeben, sondern durch Umbuchung von Miteigentumsanteilen übertragen. Das jeweilige Depotguthaben repräsentiert dann den Anteil, den der Anleger an dem Wertpapier hält.

Handelt es sich um laufend verzinsliche Anleihen, ist zu unterscheiden zwischen jährlich, halbjährlich oder vierteljährlich stattfindenden Zinszahlungsterminen. Sogar eine Veränderung der laufenden Verzinsung, beispielsweise über einen Zins-Step-Up- oder Step-Down-Covenant im Falle einer Rating-Veränderung, kann Bestandteil einer Schuldverschreibung sein.

Klassische Schuldverschreibungen sind als sogenannte Stand-Alone-Bonds konzipiert. Diese werden in mehreren, untereinander gleichberechtigten und fortlaufend nummerierten Teilschuldverschreibungen verbrieft. Dies hat den Vorteil, dass eine Schuldverschreibung nicht in einem Stück erworben werden muss – und damit überhaupt erst handelbar wird. Die Nennwerte einer Teilschuldverschreibung liegen typischerweise bei 1 000, 50 000, 100 000 oder 250 000 Euro, je nachdem, welche und wie viele Investoren bei einer Emission angesprochen werden sollen. Ist vorgesehen, Fremdkapital über einen längeren Zeitraum aufzunehmen, kommen Emissionsprogramme zur Anwendung, die einen Rahmen bilden, innerhalb dessen die Schuldnerin mehrere Emissionen begeben kann; Beispiele hierfür sind Medium-Term-Note-(MTN-) oder Commercial-Paper-Programme.

Sofern ein Handel an einer Wertpapierbörse beantragt wurde, beginnt dieser unmittelbar nachdem die Anleihe platziert wurde. Jeder Kurs ist dann das Ergebnis von Angebot und Nachfrage nach diesem bestimmten Wertpapier. Fällt eine Anleihe unter ihren Ausgabekurs, besteht die Rendite des Anlegers aus der Vereinnahmung der Couponzahlungen und dem zukünftigen Kursanstieg der Anleihe, wenn diese am Ende der Laufzeit zu pari zurückgezahlt wird (Effekt der Nennwertkonvergenz). Im Fall der Unter-pari-Notierung übersteigt die Effektivverzinsung der Anleihe also den Nominalzins, der sich aus dem Coupon ableitet. Wird eine Anleihe dagegen über ihrem Nennwert (über pari) gehandelt, verringert sich die Rendite der Nominalverzinsung aus dem erwarteten Kursrückgang bis zum Laufzeitende. In diesem Fall ist die Effektivverzinsung niedriger als die Nominalverzinsung. Wird eine Anleihe zum Nennwert gehandelt, notiert sie also zu pari, sind Couponzins und Effektivzins identisch.

Die meisten Emittenten, die eine Anleihe begeben, wählen eine Nominalverzinsung, die die Anleihe zunächst zu pari handeln lässt. Dies verlangt ein intensives »Pre-Sounding« (früher auch »Pilot Fishing« genannt), bei dem die geplante Emission ausgewählten institutionellen Investoren vorgestellt wird, um zu ermitteln, ob und unter welchen Bedingungen sie diese Anleihe zeichnen würden. Aus der anschließenden Auswertung der Ergebnisse ermitteln die mit der Anleiheplatzierung mandatierten Banken den Zinssatz, zu dem eine Vollplatzierung der Anleihe wahrscheinlich ist.

Ein weiteres wesentliches Gestaltungselement von Schuldverschreibungen ist deren Laufzeit. Das Laufzeitenspektrum von Schuldverschreibungen reicht von

kurzlaufenden Schuldverschreibungen von weniger als einem Jahr über

mittelfristige Anleihen mit einer Laufzeit von vier bis acht Jahren und

langfristige Anleihen mit Laufzeiten von mehr als acht Jahren bis hin zu

Anleihen mit unendlicher Laufzeit (Perpetual Bonds).

Schuldverschreibungen mit sehr kurzen Laufzeiten von einem oder mehreren Tagen bis zu einem Jahr werden als »Commercial Papers (CPs)«, »T(reasury) Bills«, »Certificates of Deposit (CDs)« oder »Banker’s Acceptance (Bankakzepte)« bezeichnet. Bei Wertpapieren am ›kurzen Ende‹ handelt es sich um klassische Geldmarktpapiere, die typischerweise von bonitätsstarken Emittenten wie dem Staat, Banken oder Großunternehmen zur Deckung ihrer kurzfristigen Finanzierungserfordernisse begeben werden. Manche dieser Papiere sind nicht einmal Wertpapiere im engeren Sinne, also verbrieft, sondern ähneln eher bilateralen Kreditverträgen. Aufgrund ihres bargeldähnlichen Charakters sind ihre Zinsen nur unwesentlich höher als bei normalen Bankkontoguthaben und stellen damit für gewöhnlich die Untergrenze des Renditespektrums dar. Im Unterschied zu kurzlaufenden Geldmarktpapieren werden Zinsinstrumente mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr am sogenannten Kapitalmarkt gehandelt. Typische Kapitalmarktpapiere sind Anleihen, die allein aufgrund ihres hohen Dokumentationsaufwands längere Laufzeiten aufweisen (müssen), da ansonsten die nicht unerheblichen Fixkosten einer Emission die Begebung für den Emittenten unattraktiv machen. Bei den Papieren ›am langen Ende‹ spricht man auch von sogenannten Langläufern oder Ultralangläufern.

Die angegebene Laufzeit muss nicht in Stein gemeißelt sein. Denn die Anleihebedingungen können bestimmte Sonderkündigungsrechte vorsehen, mit denen das Leistungsversprechen vorzeitig fällig gestellt werden kann. Ist die Ausübung dieser die Laufzeit limitierenden Sonderausstattung dem Emittenten vorbehalten, wird sie »Call« genannt, entscheidet der Gläubiger über die ordentliche Kündigung, heißt sie »Put«. Aus Gleichheitsgründen gewährt ein Call dem Emittenten also das Recht – nicht jedoch die Pflicht –, alle im Umlauf befindlichen Anleihen an einem bestimmten Datum, dem Ausübungstag, zu einem vorher festgelegten Ausübungspreis einzuziehen. Häufig ist die Ausübung der Sonderkündigung erst nach Ablauf einer bestimmten Mindestlaufzeit möglich, zum Beispiel nach zwei oder drei Jahren. Der Ausübungspreis muss mindestens auf dem Niveau des Nennwerts der Anleihe liegen. Um die Anleger für die kürzere Zinsperiode zu entschädigen, sind Call-Optionen in der Regel mit einer Prämie zum Rückzahlungskurs verbunden. Üblich ist, dass diese Prämien sukzessive zurückgehen, je später die Call-Option ausgeübt wird.

Das Recht des Emittenten, die Anleihe vorzeitig zu kündigen, hat notwendigerweise Auswirkungen auf den Anleihekurs. Ein Beispiel soll dies veranschaulichen. Hat ein Emittent zwei in ihren Anleihebedingungen identische Anleihen begeben, die sich nur darin unterscheiden, dass eine der beiden Anleihen mit einem Kündigungsrecht des Emittenten ausgestattet ist, so wird die unkündbare Anleihe mit einer Prämie gegenüber der kündbaren Anleihe gehandelt werden, sollte das allgemeine Zinsniveau seit der Begebung der Anleihe gesunken sein. Im Falle der Kündigung der Anleihe steht der Gläubiger vor dem Problem, sein Vermögen just zu einem Zeitpunkt wiederanlegen zu müssen, zu dem wegen der gesunkenen Marktzinsen eine adäquate Wiederanlage nicht möglich ist. Folglich wird in Zeiten fallender Zinsen die kündbare Anleihe zu einem niedrigeren Kurs und damit zu einer höheren Effektivverzinsung gehandelt als eine ansonsten gleichwertige Anleihe desselben Emittenten ohne Kündigungsrecht. Ein weiterer, eher psychologischer Faktor kommt bei einem Call dazu: Während der Kurs einer Anleihe ohne Call unmittelbar von einem sinkenden Zinsumfeld profitiert, wird die Kursentwicklung einer Anleihe mit Call nachhinken, da die Anleger stets damit rechnen müssen, diese Anleihe vor Ende der Laufzeit zurückgeben zu müssen.

Wie jedem anderen Handelsteilnehmer steht es auch dem Emittenten frei, seine Anleihe an der Börse zu erwerben und die Zinsen quasi an sich selbst auszuzahlen. Diese Option ist für den Emittenten dann besonders attraktiv, wenn die Anleihe unter pari – also unter ihrem Nennwert – notiert. Abgesehen davon sind bezüglich der Rückzahlung der Anleihe in Deutschland zwei Arten üblich: Entweder wird die Anleihe in einem Betrag zurückgezahlt oder in gleichen Raten über die Laufzeit verteilt, also in Form von Annuitäten mit variierendem Zins- und Tilgungsanteil. Der im angelsächsischen Raum verbreitete Tilgungs- oder Amortisationsfonds, ein spezielles und von einem Treuhänder unterhaltenes Konto, aus dem die Anleihe zurückgekauft wird, ist hierzulande unüblich.

Die Schuldner von Anleihen unterteilen sich in öffentlich-rechtliche Gebietskörperschaften (Bund, Bundesländer und Gemeinden, sogenannte Sovereign Bonds) und Unternehmen. Global tätige Großkonzerne, die häufig den Kapitalmarkt ›anzapfen‹, werden »Frequent Issuers« genannt und begeben in der Regel Benchmark-Emissionen, also Anleihen mit einem Ausgabevolumen von mindestens 250 Millionen Euro, meist im High-Grade-Bereich, also mit einer Rating-Note im Investment-Grade-Bereich (besser als BBB-). Kleinere Unternehmen begeben

sogenannte High-Yield-Anleihen, also Anleihen mit einer Rating-Note im Speculative-Grade-Bereich (schlechter als BB+), sofern sie bereits seit vielen Jahren am Kapitalmarkt aktiv sind und diverse Anleihen unterschiedlicher Laufzeit platziert haben,

sogenannte Mittelstandsanleihen, die über spezielle Emissionsplattformen der Regionalbörsen begeben werden, und

Anleihen am sogenannten Grauen Kapitalmarkt, die lediglich geringen Transparenzvorschriften unterworfen sind.

Abgesehen von öffentlich-rechtlichen Gebietskörperschaften und supranationalen Organisationen stellen Kreditinstitute die mit Abstand größte Emittentengruppe dar. Zwar refinanzieren Banken ihr Aktivgeschäft überwiegend durch die Spareinlagen der privaten Haushalte, doch reichen diese in der Regel nicht aus. Werden Unternehmensanleihen von Banken ausgegeben, spricht man von »Bankschuldverschreibungen«. Anleihen von Emittenten der Wirtschaft und des Handels heißen auch »Industrieobligationen« oder »Industrieanleihen«, nicht selten wird der Begriff allerdings auch etwas unscharf für alle Schuldverschreibungen privater Unternehmen verwendet.

Ebenfalls von Bedeutung ist das Rangverhältnis einer Anleihe gegenüber den übrigen Verbindlichkeiten des Emittenten, die sogenannte Subordination oder Seniorität einer Anleihe. Unterschieden werden kann zwischen

vorrangigen Anleihen, Preferred oder Senior Secured Debt, zum Beispiel Pfandbriefen,

gleichrangigen Anleihen, entsprechend der Pari-passu-Klausel (Senior Unsecured Debt), und

nachrangigen Anleihen (Subordinated oder Junior Debt), zum Beispiel Hybridanleihen mit stark eingeschränkten Gläubigerrechten, bei denen teilweise sogar die Verpflichtung zu Zinszahlungen optional ist.

Dabei steht es Emittenten frei, einzelne Wertpapiere unterschiedlich zu besichern, so dass diese im Insolvenzfall ungleich behandelt werden.

Höhe und zeitliche Verteilung der Zinszahlungen müssen nicht notwendigerweise schon bei der Emission der Anleihe fest vorgegeben sein. So ist es möglich, dass in den Anleihebedingungen nur die Berechnungsmethodik für die Zahlungen vorgegeben ist, nicht jedoch die konkrete Höhe der Zinsen und der Zeitpunkt ihrer Zahlung. Beide können davon abhängig sein, wie sich bestimmte, vorab definierte Marktdaten im Zeitablauf entwickeln. Letztlich kann bezüglich der Verzinsung und der Rückzahlung zwischen

festverzinslichen Anleihen,

variabel verzinslichen Anleihen, sogenannten Floating Rate Notes (FRN) oder kurz Floatern,

Anleihen ohne Nominalverzinsung, sogenannten Nullcouponanleihen oder Zerobonds,

Tilgungs-, Verlosungs- und Annuitätenanleihen,

aktienverwandten Anleihen (mit Sonderrechten) wie Wandel-, Options- oder Umtauschanleihen,

Going-Public-Anleihen,

Hybridanleihen (mit Nachrang),

Schuldscheindarlehen,

Gewinnschuldverschreibungen, einem Unterfall des Genussrechts, und

Aktienanleihen beziehungsweise Discountzertifikaten

unterschieden werden, die in den folgenden Kapiteln detailliert vorgestellt werden.

Festverzinsliche Anleihen

Die meisten Anleihen werden als festverzinsliche Anleihen begeben. Festverzinsliche Anleihen sind während der gesamten Laufzeit mit einem fixen Nominalzins versehen. Die meisten Coupons verbriefen konstante, jährlich nachschüssig zu zahlende Zinsverpflichtungen, die in Prozent des Nominalwertes der Anleihe festgelegt werden. Üblicherweise werden sie am Ende der Laufzeit gesamtfällig zurückbezahlt. Anleihen, die diese Eigenschaften aufweisen, werden an den Kapitalmärkten auch als »Straight Bullet« oder »Plain Vanilla Bonds« bezeichnet.

Die Zahlungsströme einer festverzinslichen Anleihe mit fünfjähriger Laufzeit und Rückzahlung des Nominalbetrags am Ende der Laufzeit können in einem Cashflow-Diagramm wie folgt dargestellt werden:

Abbildung 1: Cashflow-Diagramm eines Straight Bullet Bond mit fünfjähriger Laufzeit

Beispiel: Ein Unternehmen emittiert am 15. Februar 2020 eine Anleihe über 150,0 Millionen Euro mit einem Coupon von 4,5 Prozent pro Jahr und einer Laufzeit von fünf Jahren. An jedem der fünf Zinszahlungstermine 15. Februar 2021, 15. Februar 2022, 15. Februar 2023, 15. Februar 2024 und 15. Februar 2025 sind von dem Unternehmen an die Gläubiger Zinsen in Höhe von jeweils 12,75 Millionen Euro zu zahlen. Am 15. Februar 2025 wird die Anleihe getilgt und die Anleger erhalten zudem ihren Nominalbetrag von 150,0 Millionen Euro zurück.

Sofern keine effektiven Stücke ausgegeben werden – was bei Anleihen den Regelfall darstellt –, werden Anleihen in untereinander gleichberechtigte, auf den Inhaber lautende und fortlaufend nummerierte Teilschuldverschreibungen eingeteilt, zuzüglich der Zinsansprüche in einer Globalurkunde beziehungsweise Globalschuldverschreibung ohne Globalzinsschein verbrieft und bei der Clearstream International S. A. eingereicht und hinterlegt. Clearstream ist eine im Jahr 2000 aus der Fusion der Deutsche Börse Clearing AG (vormals Deutscher Kassenverein AG) mit Cedel International hervorgegangene Abwicklungs- und Verwahrgesellschaft. Kerngeschäft von Clearstream ist also die Abwicklung und Verwahrung von Wertpapieren.

Abbildung 2: Beispiel für effektive Stücke einer AnleiheQuelle: Screenshot von www.hsv.de, Abruf am 29.01.2020

Beispiel: Eine im Freiverkehr notierte Mittelstandsanleihe mit einem Volumen von 150,0 Millionen Euro ist üblicherweise zerlegt in 150 000 Stück Teilschuldverschreibungen mit einem Nennwert von jeweils 1 000,00 Euro.

Daneben zählen auch Anleihen zu den Festzinsanleihen, bei denen sich der Coupon zu festgelegten Zeitpunkten und in einem festgelegten Ausmaß ändert. Sie werden auch »Stufenzinsanleihen« oder »Step-Up« beziehungsweise »Step-Down-Bonds« genannt. Bei Step-Up-Bonds steigt der Zins mit der Laufzeit der Anleihe an, wobei die Zinstreppe im Vorfeld der Emission festgelegt wird. Die Struktur von Step-Up-Anleihen kann entweder eine oder mehrere Zinserhöhungen aufweisen. Einstufige Anleihen, die auch als »Einstufenanleihen« bezeichnet werden, haben eine einzige Erhöhung des Zinssatzes während der Laufzeit der Anleihe. Im Gegensatz dazu wird bei einer Mehrstufenanleihe der Coupon während der Laufzeit des Wertpapiers mehrmals nach oben angepasst. Die Zinserhöhungen folgen einem vorher festgelegten Zeitplan. Step-Up-Anleihen ähneln damit den inflationsgeschützten Anleihen (sogenannte Treasury Inflation-Protected Securities, kurz TIPS). Deren jährliche Verzinsung wird an die Höhe der Inflationsrate angepasst.

Der Nachteil von Step-Up-Anleihen ist, dass sie zumeist mit einem Kündigungsrecht des Emittenten ausgestattet sind. Dieses wird gewöhnlich dann ausgeübt, wenn sich die Marktzinsen rückläufig entwickeln. In diesem Fall hat der Anleihegläubiger ein Wiederanlagerisiko, da es unwahrscheinlich ist, dass der Anleger zu dem gleichen Zinssatz, den er von der Step-Up-Anleihe erhalten hat, wieder anlegen kann.

Beispiel: Beispiele für Stufenzinsanleihen sind Bundesschatzbriefe. Stufenzinsanleihen können insbesondere für Anleger sinnvoll sein, die in Zukunft mit einem niedrigeren persönlichen Steuersatz rechnen, etwa Pensionäre.

Die feste Verzinsung verspricht dem Anleger über die gesamte Laufzeit eine Planungssicherheit seiner Einnahmen, sowohl was die jährlichen Zinszahlungen betrifft als auch den Rückzahlungszeitpunkt der Anleihe. Diese Planungssicherheit ist bei den im folgenden Abschnitt beschriebenen variabel verzinslichen Anleihen nicht gegeben.

Variabel verzinsliche Anleihen

Bei variabel verzinslichen Anleihen, Floatern oder Floating Rate Notes (FRN) ist im Gegensatz zu festverzinslichen Anleihen die Höhe der Verzinsung nicht über die gesamte Laufzeit der Anleihe festgeschrieben, sondern von der Entwicklung einer externen Referenzgröße abhängig. Da diese Referenzgrößen im Zeitablauf schwanken, ist die Verzinsung eines Floaters a priori unbekannt. Die Laufzeit von variabel verzinslichen Anleihen liegt normalerweise zwischen fünf und sieben Jahren, nur bei erstklassigen Emittenten sind auch längere Laufzeiten zu beobachten.

Die Verzinsung errechnet sich in der Regel aus einem bestimmten geldmarktnahen Referenzzinssatz, zu dem eine Kreditrisikoprämie (Credit Spread) hinzugezählt wird. Bekannte Referenzgrößen waren lange Jahre der Interbankensatz LIBOR (London Interbank Offered Rate) sowie dessen kontinentaleuropäisches Pendant EURIBOR (Euro Interbank Offered Rate). Zur Berechnung des EURIBOR melden 39 Kreditinstitute – unter ihnen elf deutsche Bankhäuser – jeden Tag um 10:45 Uhr Angebotssätze (Briefsätze) an den Informationsanbieter Thomson Reuters. Aus diesen werden Durchschnittssätze ermittelt und um 11:00 Uhr von der British Bankers’ Association (BBA) auf www.bba.org.uk für Laufzeiten von drei, sechs und zwölf Monaten auf drei Nachkommastellen genau veröffentlicht.

EURIBOR und LIBOR sind Zinssätze, zu denen vor der Finanzmarktkrise Großbanken anderen Großbanken für einen kurzfristigen Zeitraum Kredite angeboten haben. Seit der Finanzmarktkrise ist der EURIBOR, der ohnehin nicht auf beobachtbaren Transaktionen basiert, sondern nur auf Quotierungen von gerade einmal 39 einbezogenen Banken, für bonitätsschwache Banken kein Refinanzierungssatz mehr. Für diese bietet sich der EONIA (Euro Overnight Index Average) an, der im Gegensatz zu EURIBOR und LIBOR auf tatsächlich getätigten Umsätzen basiert. Er stellt den umsatzgewichteten Durchschnittszins für Tagesgeld dar und wird täglich zwischen 18:45 Uhr und 19:00 Uhr von der Europäischen Zentralbank (EZB) veröffentlicht.

Die im Jahr 2011 aufgedeckten großflächigen Manipulationen dieser Referenzzinssätze hat daraufhin die IOSCO, die Internationale Organisation der Wertpapieraufsichtsbehörden, dazu veranlasst, diese Benchmarkzinssätze zu reformieren. Eine 2016 von der EU verabschiedete Verordnung hatte zur Folge, dass EONIA, LIBOR und EURIBOR mit einer Frist bis zum Ende des Jahres 2021 ersetzt werden müssen. EONIA wird durch die Euro Short-Term Rate (ESTR oder €STR) ersetzt, die beiden sogenannten IBORs sollen dagegen weiterentwickelt werden, bis sie in Übereinstimmung mit der EU Benchmark Regulation sind. Parallel dazu soll ein neues System an Referenzzinssätzen etabliert werden. Betroffen von der Umstellung sind sämtliche zinsgebundenen Produkte: variabel verzinsliche Anleihen, Kredite und Derivate.

Die zum Referenzzinssatz hinzuzuschlagende Kreditrisikoprämie ist abhängig von der Erwartung über die Ausfallwahrscheinlichkeit des Emittenten und der erwarteten Recovery Rate bei einem Kreditausfall. In Abhängigkeit von der Kreditqualität des Emittenten kann der Referenzzins um einen Auf- oder Abschlag korrigiert werden, so dass die Verzinsung des Floaters auf, über oder unter der Verzinsung der Referenzgröße liegt. Staatsanleihen mit AAA-Rating können beispielsweise mit einem Zins von EURIBOR minus 25 Basispunkte ausgestattet sein, Unternehmensanleihen mit einem Zins von LIBOR plus 150 Basispunkte.

Beispiel: Ein Unternehmen emittiert am 8. März 2020 eine variabel verzinsliche Anleihe über 500 Millionen Euro mit Laufzeit bis 15. September 2023. Der Coupon des Floaters beträgt EURIBOR zuzüglich 400 Basispunkte und wird vierteljährlich ausbezahlt. Am 15. März, 15. Juni, 15. September und 15. Dezember (beziehungsweise einem darauffolgenden Handelstag, falls das Datum an einem Wochenende liegt) jeden Jahres wird der Coupon neu definiert, er entspricht dann dem EURIBOR, der zwei Handelstage zuvor festgestellt wurde, zuzüglich 400 Basispunkte.

Für den Emittenten besteht der Vorteil eines Floaters darin, eine Anleihe zu begeben, die trotz längerer Laufzeit eine stets marktkonforme Verzinsung aufweist; mit einer festverzinslichen Anleihe wäre dies nicht möglich. Zur fristenkongruenten Refinanzierung sind Floater besonders für Kreditinstitute geeignet, die damit häufig variable Darlehen, sogenannte Roll-Over-Kredite, refinanzieren. Für den Anleger sind variabel verzinsliche Anleihen vorteilhaft, wenn die kurzfristigen Zinsen über den langfristigen liegen. In diesem Fall einer inversen Zinsstrukturkurve kann der Anleger mit einer variabel verzinslichen Anleihe eine höhere Rendite erzielen als durch den Erwerb einer festverzinslichen Anleihe mit ansonsten gleichem Risiko. Im Falle eines Zinsanstiegs sind überdies die Kursverluste bei einem Floater geringer als bei einer festverzinslichen Anleihe.

Die Adjustierung des Zinssatzes erfolgt in regelmäßigen Abständen von zumeist drei oder sechs Monaten. Danach bleibt der Zinssatz bis zur nächsten Anpassung unverändert. Da die Kurse variabel verzinslicher Anleihen dementsprechend über die gesamte Laufzeit in engen Bandbreiten um den Nominalbetrag schwanken, hält sich das Kursrisiko für den Investor in Grenzen. Je häufiger die Zinsen angepasst werden, desto geringer ist die zinsänderungsbedingte Volatilität der Anleihe. Um das Zinsänderungsrisiko auch für den Emittenten zu begrenzen, kommen in der Praxis Höchstzinssätze (Cap Floater) zum Einsatz, deren Übertreffen sich in nicht weiter steigenden Zinszahlungen niederschlägt. Auch Floor Floater, die einen bestimmten Mindestzins vorsehen, Zinskorridore mit einem kombinierten Mindest- und Höchstzins (Collared Floater oder Mini Max Floater) und selbst eine inverse Beziehung zwischen Referenzzinssatz und Anleiheverzinsung (Reverse Floater), so dass auf fallende Zinsen spekuliert werden kann, sind denkbar. Bei letzteren Anleihen ergibt sich die Zinszahlung aus der Differenz zwischen einem festen Zinssatz und einem variablen Referenzzinssatz, beispielsweise dem LIBOR. Gelegentlich werden auch Mischformen aus einem festverzinslichen Wertpapier und einem Floater platziert, beispielsweise indem nach Ablauf einer bestimmten Periode ein Wechsel vom Festzins zum variablen Zins vorgesehen ist.

Einen weiteren Sonderfall stellen sogenannte Indexanleihen dar, auch als »Inflation-Linked Bonds« oder kurz »Linker« bezeichnet, deren Verzinsung an die Performance eines Referenzindex gekoppelt ist, etwa um die Anleihe vor Geldentwertung zu schützen. Steigende Inflationserwartungen sind üblicherweise von sinkenden Anleihekursen begleitet, die umso heftiger ausfallen, je länger die Restlaufzeit einer Anleihe ist. Vor einem erwarteten Kaufkraftverlust kann sich der Anleger durch den Kauf einer inflationsgeschützten oder inflationsindexierten Anleihe absichern. Während bei nominal verzinslichen Anleihen der Coupon als fester Prozentsatz des Nennwertes ermittelt wird, errechnet sich die Verzinsung bei Indexanleihen als fester Prozentsatz des Produkts aus dem Nennwert und der zum jeweiligen Zinszahlungstermin gültigen Indexzahl. Dabei kann die Rolle der Benchmark von einem Aktienindex, dem Lebenshaltungskostenindex oder anderen Preisindizes übernommen werden. Die Inflationsanpassung kann grundsätzlich auf zwei Arten erfolgen: Entweder wird regelmäßig der Nominalzins an die Inflation angepasst, oder der Anleger erhält zum Fälligkeitstermin einen um die Inflationsrate angepassten Rückzahlungsbetrag. Durch die regelmäßige Anpassung der Verzinsung wird aus einem festverzinslichen Produkt ein variabel verzinsliches und im Inflationsfall erhöht sich die Zinszahlung von Jahr zu Jahr.

Gegen einen Inflationsschutz ist prinzipiell nichts einzuwenden, doch sind inflationsgesicherte Anleihen in der Praxis meist mit einem niedrigeren Nominalzinssatz ausgestattet als nicht geschützte Anleihen. Der Inflationsschutz ist für den Anleger also nicht umsonst zu haben. Per saldo sind inflationsgeschützte Anleihen für den Anleger nur dann interessant, wenn er Inflationsraten erwartet, die die allgemeine Markterwartung übersteigen. Rechnet der Anleger nicht mit einer höheren Preissteigerung, reduziert sich der Inflationsschutz schnell zu einem Marketinginstrument des Emittenten. Insofern sind inflationsgeschützte Anleihen eine Art Wette: Nur wenn die Inflation die erwartete Preissteigerung übertrifft, liegt die Performance eines Linkers über der einer nicht inflationsgeschützten Anleihe. Um Renditenachteile zu vermeiden, bietet es sich daher an, anstelle von inflationsindexierten Anleihen auf variabel verzinsliche Wertpapiere zurückzugreifen, deren Verzinsung sich ohnehin an den Geldmarktzinsen orientiert. Im Normalfall werden Geldmarktzinsen bei steigender Inflationsrate nach oben angepasst, so dass die Kosten, die ein Anleger für die Strukturierung des Inflationsschutzes in Kauf nehmen muss, umgangen werden können.

Auch die von Erst- oder Rückversicherungsunternehmen begebenen Katastrophenanleihen, in Insiderkreisen auch »Act of God Bonds« oder »Cat Bonds« genannt, sind variabel verzinsliche Wertpapiere. Sie werden begeben, um den finanziellen Schaden, der den Versicherungen durch Naturkatastrophen entsteht, zumindest teilweise zu kompensieren. Daher ist ihre Verzinsung vom jeweiligen Schadensverlauf abhängig, und auch ihre Tilgung wird in der Regel mit dem Nichteintreten von Versicherungsschäden verknüpft. Tritt eine definierte Naturkatastrophe ein, wird für den Emittenten die Verpflichtung, den Coupon und den Nominalbetrag zu bezahlen, entweder aufgeschoben oder sogar zur Gänze aufgehoben. Die Rendite ist damit weniger von der Bonität des Emittenten als vom Eintritt oder Nichteintritt eines vorab definierten Schadens abhängig.

Nullcouponanleihen

Im Gegensatz zu festen oder variablen Anleihen mit Zinsscheinen, den Couponanleihen, sind Anleihen ohne Zinsschein Schuldverschreibungen, die nicht mit einem laufenden Zinscoupon ausgestattet sind. An die Stelle wiederkehrender Zinszahlungen tritt die Thesaurierung der