Reich werden an der Börse - Peter Thilo Hasler - E-Book

Reich werden an der Börse E-Book

Peter Thilo Hasler

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Beschreibung

"Reich werden an der Börse" richtet sich an Börseneinsteiger ebenso wie an erfahrene Anleger, die eine alternative Sicht auf vermeintlich bekannte Börsenthemen kennenlernen wollen. In 100 voneinander unabhängigen Kapiteln werden alle Zusammenhänge vermittelt, die für einen Erfolg an der Börse wirklich wichtig sind beziehungsweise deren Missachtung einem solchen entgegenstehen. Behandelt wird ein breites Spektrum an Themen, angefangen von der Anzahl an Aktien, die ein Anleger sinnvollerweise besitzen sollte, über Börsen-Heuristiken wie "Buy on bad news" bis hin zu verhaltensökonomischen Konzepten. Auch einige Börsen-Mythen, etwa dass höhere Risiken nicht notwendigerweise mit höheren Renditen belohnt werden, werden in diesem Buch schonungslos entsorgt.

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PETER THILOHASLER

Reichwerdenan derBörse

100 Lektionen für denlangfristigen Börsenerfolg

Copyright 2018:

© Börsenmedien AG, Kulmbach

Gestaltung Cover: Johanna Wack

Gestaltung und Satz: Sabrina Slopek

Gesamtherstellung: Daniela Freitag

Lektorat: Egbert Neumüller

Korrektorat: Claus Rosenkranz

Druck: CPI books GmbH, Leck, Germany

ISBN 978-3-86470-573-1eISBN 978-3-86470-574-8

Alle Rechte der Verbreitung, auch die des auszugsweisen Nachdrucks, der fotomechanischen Wiedergabe und der Verwertung durch Datenbanken oder ähnliche Einrichtungen vorbehalten.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http://dnb.d-nb.de> abrufbar.

Postfach 1449 • 95305 Kulmbach

Tel: +49 9221 9051-0 • Fax: +49 9221 9051-4444

E-Mail: [email protected]

www.boersenbuchverlag.de

www.facebook.com/boersenbuchverlag

Inhalt

Vorwort

TEIL 1 Einleitung und Grundlagen

1.Warum Aktien die bessere Alternative sind

2.Warum trotzdem viele Menschen Aktien gegenüber skeptisch sind

3.Welche Renditen Sie von Aktien erwarten können

4.Welche Rendite der schlechteste Investor aller Zeiten erreicht

5.Worin die Grundlage Ihres Börsenerfolgs besteht

6.Warum Faulheit schadet, aber auch zu viel Selbstvertrauen problematisch ist

7.Wann Ihre Erfahrung Sie behindert

8.Warum Sie nie aufhören sollten, alles infrage zu stellen

9.Warum Diversifizieren doch funktioniert

10.Warum Sie auch an das Fernliegende denken sollten

11.Weshalb Sie nie vollständig investiert sein sollten

12.Wie viel Sie auf eine einzelne Aktie setzen sollten

13.Warum Kalendereffekte nicht (mehr) funktionieren

14.Was Sie von sonstigen Börsenweisheiten halten sollten

15.Warum Sie den Markt auf gar keinen Fall „timen“ sollten

16.Warum Sie langfristig denken sollten

17.Warum Sie Börsengurus nicht vertrauen sollten

18.Was wir von Gisele Bündchen lernen können

19.Warum auch sonst viel Nonsens erzählt wird

20.Wieso der nächste Crash bevorsteht und wie Sie sich dann verhalten sollten

21.Weshalb Sie im Zufall Muster zu erkennen glauben

22.Warum Spekulationsblasen unausweichlich sind und warum Sie nichts dagegen tun können

23.Warum „Diesmal ist alles anders“ ein gefährlicher Satz ist

24.Weshalb Sie auch mal nichts tun (und stets streng selektiv sein) sollten

25.Weshalb wir Statistiken misstrauen sollten

26.Warum Sie lernen müssen, Nein zu sagen

27.Weshalb Sie Ihren Prinzipien treu bleiben sollten

28.Wann Ablenkung schadet

29.Woran Sie überhaupt keinen Gedanken verschwenden sollten

30.Weshalb Sie Spielgeld nicht einfach mal so aufs Spiel setzen sollten

31.Warum Verluste Sie mehr berühren als Gewinne

32.Weshalb Sie Gewinne laufen lassen und Verluste begrenzen sollten (und nicht umgekehrt)

33.Wie Sie mit todsicheren Tipps umgehen sollten

34.Weshalb entgangene Gewinne problematischer sind als erlittene Verluste

35.Warum der Totalverlust in unserer Gesellschaft verankert ist

36.Warum Sie institutionellen Investoren nicht notwendigerweise unterlegen sind

37.Warum mehr Informationen nicht automatisch besser sind

38.Wie Sie mit Niederlagen umgehen sollten

39.Warum Angst kein guter Ratgeber ist

40.Warum auch FOMO ihre Performance belastet

TEIL 2 Über Werte, Preise und Risiken

41.Was Sie von einem Spekulanten und Spieler unterscheidet

42.Warum der Aktienkurs kein Indikator sein kann, ob eine Aktie teuer ist

43.Wovon der Preis einer Aktie abhängt

44.Und wovon deren Wert abhängt

45.Wie Sie Unternehmensbewertung Ihrem zwölfjährigen Sohn erklären

46.Warum Multiplikatoren nicht funktionieren

47.Warum Sie sich nicht als Aktionär, sondern als Unternehmer fühlen sollten

48.Warum Value Investing nicht immer funktioniert, aber trotzdem der einzig richtige Weg ist

49.Was wir unter Risiko verstehen

50.Wie ein Unternehmen sein Risiko verringern kann

51.Wie Sie gewinnen, ohne viel zu verlieren

52.Warum höheres Risiko nicht automatisch mehr Rendite bringt, wohl aber geringeres Risiko mehr Rendite bringen kann

53.Warum Risikomanagement die Performance belasten kann

TEIL 3 Die richtige Auswahl

54.Warum es sich lohnt, die richtigen Aktien zu suchen

55.Wie Sie die richtigen Aktien finden

56.Wann Sie das Verliererspiel spielen sollten oder: Wie Sie die Zukunft doch vorhersagen können

57.Wie Sie von der goldenen Regel der Ertragsprognose profitieren und lernen, Gewinneraktien von Verliereraktien zu unterscheiden

58.Warum Sie nicht zu komplex denken sollten

59.Weshalb Ihnen die Gründe für den Kauf einer Aktie klar sein müssen (und warum einfacher meist besser ist)

60.Warum Nebenwerte eine bessere Performance versprechen

61.Wie Sie von Burggräben profitieren

62.Was es mit Marktführern auf sich hat

63.Weshalb ein bisschen besser sein nicht ausreicht

64.Warum Sie eine Sicherheitsmarge einplanen sollten

65.Wann Sie sich an jungen Wachstumsunternehmen beteiligen sollten

66.Weshalb wir von neuen Trends immer wieder aufs Neue überrascht werden

67.Warum Pennystocks meist keine gute Idee sind

68.Wann Dividenden attraktiv sind

69.Warum Gratisaktien ein ausgemachter Quatsch sind

70.Warum Familienunternehmen häufig die bessere Wahl sind

71.Wenn sich der Vorstand unrealistische Ziele setzt

72.Was Ihnen die Investitionen eines Unternehmens sagen

73.Wann Übernahmespekulationen vorteilhaft sind

74.Was Sie bei einem Börsengang beachten sollten

75.Warum Langeweile das bessere Geschäftsmodell ist

76.Warum Sie regulierte Geschäftsmodelle unbedingt meiden sollten

77.Warum „Buy on bad news“ ein zweischneidiges Schwert ist

78.Warum es sich trotzdem lohnen kann, auf „gefallene Engel“ zu setzen

79.Woran Sie erkennen, dass es bei einem Unternehmen richtig schiefläuft

80.Welche Anleihen Sie kaufen sollten

81.Warum Sie keine Rohstoffe kaufen müssen

82.Warum Sie strukturierte Bankprodukte ignorieren sollten

83.Warum Emerging Markets soso sind

84.Wie Sie das perfekte Portefeuille für sich finden

85.Wann Sie eine Aktie verkaufen sollten

TEIL 4 Von der Theorie zur Praxis

86.Warum Sie sich Anlageziele setzen und dabei bescheiden bleiben sollten

87.Was es mit Ihrer Anlagephilosophie auf sich hat

88.Warum Sie sich ständig hinterfragen sollten

89.Was Sie tun können, wenn es mal gegen Sie läuft

90.Und was, wenn alles richtig gut läuft?

91.Welche Benchmark Sie sich setzen sollten

92.Warum Ihnen die Liquidität (fast immer) egal sein kann

93.Wann Sie Orders limitieren sollten

94.Wann eine Stop-Loss-Order problematisch ist

95.Warum Sie Aktien immer an der Heimatbörse kaufen sollten

96.Warum Sie bei politischen Börsen gelassen sein sollten

97.Warum es sich lohnt, ethisch zu handeln

98.Warum Sie Hauptversammlungen besuchen und Ihre Aktionärsrechte wahrnehmen sollten

99.Was Sie zu einem wirklich guten Anleger macht

100. Was Sie als guter Anleger einfach ignorieren sollten

Das dreckige Dutzend: Meine Liste der wirklich empfehlenswerten Börsenbücher

Literaturverzeichnis

Vorwort

Autoren, die Börsenratgeber verfassen, in denen sie Tipps geben, wie die Leser reich werden können, tun dies in der Regel, weil sie selbst mit ihren Börsentipps und Anlagestrategien genau das nicht geschafft haben. Wären sie reich, würden sie sich kaum einige Hundert Stunden an ihr Notebook setzen und ihre wertvollen Ratschläge ausgerechnet Ihnen, verehrter Leser, offenbaren – für ein Autorenhonorar, das auf die Arbeitsstunde hochgerechnet kaum ein Überleben in einer deutschen Großstadt ermöglichen würde. Mit aller Wahrscheinlichkeit würden sie ihren ohne besonderes Arbeitsleid erworbenen Reichtum bei einem Glas Chianti auf ihrem großzügigen Rustico in der Toskana genießen.1

Wie ist es also um die Glaubwürdigkeit dieses Buches bestellt?

Die Ausbildung der Deutschen in Bezug auf den Kapitalmarkt ist erbärmlich. Überspitzt formuliert (und ohne die von mir geliebten Schulfächer Werken und Biologie herabsetzen zu wollen) lernen Kinder an unseren Grundschulen Häkeln und Stricken sowie in wochenlanger Detailarbeit das Knochengerüst von Singvögeln, nicht aber, was Unternehmensanleihen sind, welche Renditeerwartung sie an Wertpapiere haben können oder welche Rechte Aktionäre auf der Hauptversammlung wahrnehmen können. Das Grundwissen, was Aktienkurse wirklich antreibt: Fehlanzeige. Die jüngsten Umfragen des Bankenverbandes zeigen sogar, dass sich das Finanzwissen der Deutschen von niedrigem Niveau aus noch weiter verschlechtert. Jahrzehnte mangelhafter Finanzausbildung haben dafür gesorgt, dass deutsche Anleger allen Ernstes glauben, Aktien seien per se „spekulativ“ und Anleihen per se sicher. In krassem Gegensatz dazu steht die Selbsteinschätzung der Deutschen: Drei Viertel der Bundesbürger sind nämlich davon überzeugt, sich in Finanzfragen gut auszukennen.

Und lassen ihr Geld prompt auf Sparbüchern verschimmeln, die trotz verordneter Minizinsen immer dicker werden. Die Diskussion, welche Konsequenzen diese mit „suboptimal“ bestenfalls euphemistisch benannte Kapitalanlage der Deutschen langfristig haben wird, etwa auf die Vermögens- und Einkommensverteilung unserer alternden Gesellschaft, hat gerade erst begonnen. Dabei gibt es immer mehr Menschen in unserem Land, denen durchaus bewusst ist, dass sie etwas an ihrer Sparbuch- und Lebensversicherungs-Mentalität ändern müssen. Doch an die Börse trauen sich viele nicht heran. Zum einen fehlt es am nötigen Vertrauen, zum anderen am Grundverständnis für Aktien, Anleihen und Co.

Denjenigen, die daran etwas ändern wollen, ist dieses Buch gewidmet. Dieses Buch richtet sich an Leser, die die Prozesse des Kapitalmarkts verstehen und zu ihren Gunsten nutzen wollen. Ziel meines Projekts „Reich werden an der Börse“ ist es, interessierten Anlegern das für einen langfristigen Börsenerfolg notwendige Basiswissen zu vermitteln. Dabei sollen sich sowohl Börsenanfänger als auch die an den Kapitalmärkten Erfahreneren angesprochen fühlen. Denn auch den vermeintlichen Börsenprofis unterlaufen typische Anfängerfehler, die sich leicht vermeiden ließen. „Der Mensch wird besser, wenn man ihm zeigt, wie er ist“, schreibt Tschechow. So soll auch dieses Buch jedem, der es liest, Anregungen vermitteln, wie er ein besserer Anleger werden kann. Denn Aktien zu kaufen ist mehr als eine Gier nach Profit, nach Performance; es ist eine Grundhaltung gegenüber dem Kapitalmarkt. Auf diese Weise versucht dieses Buch auch Wege zu realistischen Renditeerwartungen aufzuzeigen. Nicht zu finden sind dagegen explizite Aktientipps, schon allein aufgrund der diesen innewohnenden Halbwertszeit. Insofern hat dieses Buch eher die Funktion eines Kompasses als einer Landkarte.

Gewidmet ist dieses Buch meiner Frau Susanne, meinen Söhnen Vincent und Christopher sowie meinen Freunden Rene Assion, Ernst G. Wittmann, Christoph Karl, Ralf Frank und Christian Obst, die für mich stete Quellen der Inspiration sind.

München, im Frühjahr 2018

1 Den Widerspruch sieht auch Norman Augustine, der seinem Ruf, genau das zu sagen, was er meint, Rechnung trug, als er trefflich meinte: „Wenn Börsenexperten so gut wären, würden sie Aktien kaufen, nicht ihre Beratung verkaufen.“

TEIL 1

Einleitung und Grundlagen

Menschen, die mit Kapitalmärkten etwas am Hut haben, können angesichts der seltsamen Strategien vieler Anleger nur den Kopf schütteln: Lebensversicherungsfonds, die langfristige Anlageziele verfolgen, beschäftigen Fondsmanager, die zwar langlaufende und möglichst risikoarme (und häufig auch renditearme) Wertpapiere erwerben, diese aber, kaum im Depot, mit enormer Leidenschaft und in hoher Frequenz wieder verkaufen, nur um durch regelmäßige Depotumschichtungen ihre eigene Stellung zu rechtfertigen. Privatanleger studieren Schnäppchenangebote des lokalen Lebensmittel-Discounters mit größerer Leidenschaft als die Fundamentaldaten von Aktien, für die sie ohne zu zögern einen tausendfachen Betrag ausgeben – nur weil sie von einem Freund empfohlen wurden –, und beantworten die Frage über das Geschäftsmodell des Unternehmens mit der Gegenfrage: „Ist das denn wichtig?“

Viele Anleger sind frustriert, weil es ihnen nicht gelingt, für „bloß einen kurzfristigen Zock“ zu Tiefstkursen ein- und zu Höchstkursen wieder auszusteigen, und weil sie dies für überlebensnotwendig halten, ziehen sie sich nach einer Stippvisite wieder aus den Börsen zurück. Andere Anleger verkaufen ihre Aktien nach wenigen Monaten, wenn nicht Wochen, weil sie spärliche Buchgewinne sicherstellen wollen, und sind stolz, weil es ihnen gelungen ist, den Markt endlich mal auszutricksen. Manche Anleger glauben, Pennystocks seien in jedem Fall günstig, weil Aktien von so niedrigen Niveaus aus einfach nicht mehr weiter fallen könnten. Auch gibt es Anleger, die glauben, die Geschwindigkeit einer Einschätzung sei wichtiger als die Fehlerfreiheit der Urteilsfindung. Oft haben Anleger keine Vorstellung von den Risiken, die mit ihrer Aktie verbunden sind, und schließlich glauben viele, Aktien seien grundsätzlich spekulativ, während Anleihen doch eine sichere Sache seien.

Kapitalmärkte sind verwirrend und können Anleger in der Tat aufs Glatteis führen – kurzfristig. Langfristig indes sind Kapitalmärkte langweilig, weil zuverlässig und vorhersehbar.

1.Warum Aktien die bessere Alternative sind

„Geld, das Zinseszinsen trägt, wächst anfangs langsam.“

– RICHARD PRICE

Die Aufteilung oder Allokation (englisch „Allocation“) des Vermögens auf die einzelnen Anlageklassen (auch Assetklassen genannt) gilt als die wichtigste Einzelentscheidung der Kapitalanlage. Unterstützt wird diese Einschätzung durch die akademische Forschung, die davon ausgeht, dass bis zu 90 Prozent der langfristigen Anlagerenditen auf die Asset Allocation zurückzuführen sind.

Üblicherweise beginnt die Asset Allocation mit der grundsätzlichen Entscheidung, welchen Anteil Ihres Vermögens Sie in Aktien investieren sollen, welchen Anteil in Anleihen, Immobilien, Rohstoffe, Gold und neuerdings Bitcoin. Manche Vermögensverwalter verwenden dabei pauschale (und häufig geradezu skurrile) Faustregeln wie 100 (alternativ 110 oder 120, je nach Gusto) abzüglich des Lebensalters als den prozentualen Anteil, den ein Anleger idealerweise in Aktien investieren sollte. Auch wenn diese Formeln recht willkürlich erscheinen, so beachten sie immerhin die grundlegende Einsicht, dass jüngere Anleger grundsätzlich risikofähiger sind als ältere. Hintergrund ist, dass jüngere Anleger in Form ihres langfristigen Arbeitseinkommens über einen „zinsähnlichen“ Einkommenszufluss verfügen. Problematisch wird es dagegen im weiteren Verlauf der Asset Allocation, wenn zu entscheiden ist, welche Anteile des Vermögens innerhalb der einzelnen Assetklassen investiert werden sollen. Nachfolgende Tabelle der Möglichkeiten innerhalb der Assetklasse Aktien zeigt, wie schwierig eine Abgrenzung und erst recht eine Allokation innerhalb dieser einen Assetklasse ist.

Abbildung 1Asset Allocation im Bereich Aktie

Regionale Allokation (Auswahl)

Größen-Allokation

Sektor-Allokation (Auswahl)

Deutsche Aktien

Global Titans

Banken und Versicherungen

Aktien in der EU-Zone

Large Caps

Energiewerte

Aktien aus Großbritannien, Schweiz etc.

Mid Caps

Einzelhandel

US-Aktien

Small Caps

Rohstoffwerte

Chinesische Aktien (alternativ BRIC)

Micro Caps

Immobilien-Aktien

Aktien aus Schwellenländern

Nano Caps

Alternative Energien

 

 

Autohersteller und -zulieferer

 

 

Technologietitel

Quelle: Eigene Darstellung

Angesichts der schier unendlichen Kombinationen allein in der Asset Allocation von Aktien ist es kein Wunder, dass jeder professionelle Anlageberater ein eigenes System hat, nach dem er ein auf Ihre Bedürfnisse zugeschnittenes Portfolio verspricht. Ich habe jedoch meine Zweifel, ob diesen Systemen präzise Informationen über die für jede Assetklasse erwarteten Renditen, Volatilitäten (Risiken) und die wechselseitigen Korrelationen zwischen den enthaltenen Anlageklassen zugrunde liegen.

Das Problem dieser Vorgehensweise ist, dass beim Blick auf das Ganze wichtige Details nicht beachtet werden. Ist es wirklich wichtig, inwieweit die Asset Allocation zu 20 oder 30 Prozent auf Large Caps oder zu 60 oder 70 Prozent auf ausländischen Aktien beruht? Solange sich ein Vermögensverwalter mit diesen Aspekten beschäftigt, fehlt am Ende die Zeit, innerhalb der Allocation die richtigen Einzeltitel auszuwählen. Hier kostet Sie eine falsche Auswahl viel mehr, als Sie je mit einer 5-prozentigen Feinjustierung möglicherweise gewinnen könnten.

Dabei kommen seit Jahrzehnten alle Studien zum gleichen Ergebnis: Langfristig sind Aktien die mit Abstand überlegene Anlageform. Zwischen 1959, als der Hardy-Index, Vorgänger des Index der Börsen-Zeitung und damit des Deutschen Aktienindex DAX, erstmals berechnet wurde, und dem Jahr 2017 erreichte der DAX einen durchschnittlichen jährlichen Kurszuwachs von 5,7 Prozent. In 40 der vergangenen 58 Jahre schloss der DAX zum Jahresende mit einem Zugewinn ab. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Aktienjahr mit einem Plus abschließt, liegt mithin bei rund 69,0 Prozent. In einem Gewinnjahr lag der durchschnittliche Kursanstieg bei 20,4 Prozent, während der durchschnittliche Verlust in einem Verlustjahr bei 18,4 Prozent lag.

Weder Anleihen noch Gold oder Rohstoffe, noch nicht einmal Immobilien in 1a-Lagen wie der Münchener Innenstadt konnten auch nur annähernd an die durchschnittliche jährliche Rendite eines breiten – und nicht gerade besonders „intelligent“ zusammengestellten – Marktindex wie dem DAX heranreichen. Besonders bemerkenswert ist, dass diese Überlegenheit gegenüber anderen Assetklassen für nahezu jeden Zeitraum belegt werden kann. Als Beispiel dient die Situation in Deutschland seit der Wiedervereinigung:

Abbildung 2Performance von Assetklassen in Deutschland seit der Wiedervereinigung2

Quelle: Bloomberg

„Aber“, werden Sie einwenden, „die Unterschiede in den Durchschnittswerten sind doch gar nicht so groß. Ob durchschnittlich 8,6 Prozent für den DAX oder 5,1 Prozent für Anleihen … das spielt doch keine so große Rolle!“ Doch, tut es. Natürlich nicht auf kurze Sicht von zwei oder drei Jahren, wohl aber langfristig. Stellen Sie sich vor, Sie hätten einen Betrag von 10.000 Euro, den Sie über einen Zeitraum von 30 Jahren anlegen möchten. In diesem Fall ergeben sich in Ihrem Endvermögen gravierende Unterschiede, wie nachstehende Abbildung 3 erkennen lässt:

Abbildung 310.000 Euro, angelegt über 30 Jahre, ergeben ein Endvermögen von …

Quelle: Bloomberg

Während Sie Ihr Vermögen mit Gold innerhalb von 30 Jahren gerade einmal knapp vervierfachen, steigt Ihr Endvermögen mit MDAX-Aktien auf 222.816 Euro an – vorausgesetzt, die nächsten Jahrzehnte verlaufen so wie die vergangenen. Eine auf den ersten Blick kleine Differenz hat also langfristig erhebliche Auswirkungen. Nun werden Sie vielleicht einwenden, dieses Ergebnis sei Zufall. Es hänge von der gewählten Datenlage ab, andere Anfangs- und Endzeitpunkte führten zu ganz anderen Ergebnissen. Schließlich dürfe man keiner Statistik trauen, die man nicht selbst gefälscht habe. Bleiben wir beim DAX, dem einzigen deutschen Aktienindex, für den langfristige Kursdaten von mehr als 50 Jahren zur Verfügung stehen. Gehen wir also nochmals zurück bis ins Jahr 1959, in dem der DAX zum ersten Mal berechnet wurde, und wählen den 30-Jahres-Horizont, der seither die schlechteste Entwicklung gezeigt hat (das ist der Zeitraum von 1960 bis 1990), dann ergibt sich eine durchschnittliche Kursentwicklung von knapp 3,3 Prozent pro Jahr. Würden Sie Ihren Kapitaleinsatz von 10.000 Euro zu jährlich 3,3 Prozent anlegen, hätten Sie nach 30 Jahren ein Vermögen von 26.486 Euro verdient. Selbst mit der schlechtestmöglichen Performance des DAX schlagen Sie auf lange Sicht zumindest das Sparbuch.

Haben Sie sich schon einmal gefragt, warum das so ist? Warum Aktien, unabhängig von der Größenklasse, eine deutlich bessere Performance als andere Assetklassen aufweisen? Diese einfach klingende Frage ist Gegenstand zahlloser wissenschaftlicher Abhandlungen. Die Erklärungen reichen von stärkeren Schwankungen, denen Aktien im Vergleich zu Anleihen ausgesetzt sind, bis hin zur Nachrangigkeit des Eigenkapitalgebers im Falle der Insolvenz des Schuldners und dem dadurch höheren Risiko. In der Tat sind sich die Autoren uneins, möglicherweise ist die Risikoprämie, wie die Renditedifferenz auch genannt wird, einfach nur Ausdruck der höheren Forderungen, die ein Investor an Aktien im Vergleich zu Anleihen stellt. Auf jeden Fall ist die gewöhnlich zu lesende Begründung, Aktien seien die riskantere Anlageform, weil sie eine höhere Durchschnittsrendite aufweisen müssten, ebenso einfältig wie falsch. Im Einzelfall, und der ist für Sie als Anleger relevant, ist der Kauf einer bestimmten Anleihe nicht automatisch mit einem geringeren Risiko verbunden als der Kauf einer bestimmten Aktie: Auch Anleiheemittenten können zahlungsunfähig werden, was für die Anleger in der Regel mit einem Totalverlust verbunden ist, während Emittenten von Aktien nicht notwendigerweise überdurchschnittlich spekulative Geschäftsmodelle aufweisen müssen.

Nein, die Tatsache, dass Aktien eine höhere Durchschnittsverzinsung als andere Anlagearten aufweisen, liegt an einem Effekt, der in den meisten Erklärungsversuchen nicht berücksichtigt wird. Im Gegensatz zu Anleihegläubigern, Goldanlegern oder Immobilienbesitzern profitieren Aktionäre nämlich vom sogenannten Zinseszinseffekt. Der Zinseszinseffekt, also die Verzinsung der vereinnahmten Zinsen, ist einer der mächtigsten Mechanismen der Kapitalanlage – und wird dennoch völlig unterschätzt.

Ein einfaches Beispiel kann Ihnen dies veranschaulichen:3 Hätten Sie zu Jesu Geburt 100 Euro zu einem Zinssatz von drei Prozent angelegt, läge Ihr heutiges Vermögen bei einfacher Verzinsung (also ohne Zinseszinseffekt) bei 6.154 Euro. Die Formel, mit der Sie dieses Ergebnis nachrechnen können, lautet:4

Mit Berücksichtigung der Zinseszinsen wäre Ihr Ausgangsvermögen dagegen auf … Tusch: 8.044.877.862.872.120.000.000.000.000 Euro angewachsen, großzügig gerundet mithin 8 Quadrilliarden Euro. Denjenigen unter Ihnen, die dies nachrechnen möchten, sei die zugehörige Formel gewidmet:

Dieses Gedankenexperiment vom sogenannten Josephspfennig wurde 1772 erstmals von dem englischen Moralphilosophen, Geistlichen und Ökonomen Richard Price beschrieben, der damit die schwer vorstellbaren Beträge berechnet hat, die durch das exponentielle Wachstum entstehen können. Damit Sie diesen Betrag einordnen können:5 2017 belief sich das Geldvermögen aller Erdbewohner auf etwa 170 Billionen Euro, ein winziger Bruchteil dessen, was ein fiktiver Sparer über einen so langen Zeitraum trotz einer vermeintlich geringen Durchschnittsverzinsung und eines überschaubaren Anfangsvermögens hätte sein Eigen nennen können.

Nicht nur Sparbuchbesitzer, auch Aktionäre profitieren von diesem Zinseszinseffekt, und dies in weit höherem Maße. Für sie entsteht der Zinseszinseffekt aus demjenigen Teil des Nachsteuerergebnisses, der nicht in Form von Dividenden ausgeschüttet wird – mithin thesauriert und in die Gewinnrücklagen eingestellt wird und dem Unternehmen weiterhin für Investitionen zur Verfügung steht.6 Wenn Unternehmen die einbehaltenen Gewinne wertschöpfend anlegen, werden sie in den Folgeperioden zusätzliche Erträge erwirtschaften, die wiederum ausgeschüttet oder thesauriert werden können.

Abbildung 4Der Zinseszinseffekt aus der Gewinnthesaurierung

Quelle: Eigene Darstellung

Abgesehen vom Sparbuch bietet Ihnen keine andere Assetklasse einen vergleichbaren Zinseszinseffekt. Als Anleihegläubiger erhalten Sie vom Schuldner zwar eine jährliche Zinszahlung; ob Sie diese jedoch in dieselbe Anleihe reinvestieren oder nicht, bleibt Ihnen überlassen. Ein Automatismus wie bei der Aktie besteht nicht und angesichts der hohen Nominalbeträge der meisten Anleihen ist eine sofortige Wiederanlage in ebendiese Anleihe ohnehin praxisfremd: Wenn Sie beispielsweise Anleihen mit einem Nominalbetrag von 10.000 Euro erwerben, vereinnahmen Sie bei einer Nominalverzinsung von 6,0 Prozent jährliche Zinserträge von 600 Euro. Die Mindeststückelungen der meisten Anleihen liegen jedoch zum Teil deutlich über diesem Betrag und Bruchteile einer Anleihe können nun einmal nicht erworben werden. Dies hat zur Folge, dass die von den meisten Bankberatern und Vermögensverwaltern angegebenen Effektivverzinsungen von Anleihen zwar mathematisch korrekt sind, von einem Normalanleger jedoch nicht erwirtschaftet werden können.

Vergleichbares gilt für die Assetklasse Immobilien, bei der Vermieter nicht nur einmal jährlich Zinsen, sondern in monatlicher Frequenz Mieten vereinnahmen, diese jedoch nur in den seltensten Fällen unmittelbar in den Erwerb neuer Immobilien investieren. Bei der Assetklasse Aktien hingegen müssen sich die Anleger über die Wiederanlage der thesaurierten Gelder keine Gedanken machen. Dies übernimmt der Vorstand in ihrem Namen.

2Der REX wurde erstmals 1991, MDAX und SDAX erstmals 1996 berechnet. Daher konnten hier nicht die Jahresschlusskurse 1990 zur Berechnung der Durchschnittswerte zugrunde gelegt werden.

3 Ein gelungenes Beispiel für die Folgen des Zinseszinseffekts bietet der wunderbare Roman „Eine Billion Dollar“ von Andreas Eschbach.

4 Keine Angst, in diesem Buch werde ich Sie nicht mit Rechenaufgaben oder komplizierten Formeln überfordern. Allenfalls wenige mathematische Grundkenntnisse sind erwünscht, aber für Ihren Börsenerfolg nicht entscheidend.

5 Vgl. dessen auch heute noch lesenswerte Werk „Observations on reversionary payments“.

6 In den deutschen Hauptindizes DAX, MDAX, SDAX und TecDAX lag die Quote der thesaurierten Gewinne im Durchschnitt der Jahre 2007-2016 bei 57,5 Prozent.

2.Warum trotzdem viele Menschen Aktien gegenüber skeptisch sind

„Das Bessere ist der Feind des Guten.“

– VOLTAIRE

Trotz dieser nachweislichen und langfristig stabilen Outperformance von Aktien gegenüber anderen Assetklassen sind die Aktionäre in Deutschland im internationalen Vergleich unterrepräsentiert. In keiner anderen der führenden Industrienationen sind so wenige Menschen in Aktien investiert wie in Deutschland.

Abbildung 5Aktionärsquoten im internationalen Vergleich

Quelle: Deutsches Aktieninstitut DAI (2016)

Dies hat sowohl Ursachen auf der Kapitalangebots- als auch auf der Kapitalnachfrageseite. Auf der Kapitalangebotsseite sind Unternehmen in Deutschland ihrer Hausbank stärker verpflichtet als in vielen anderen Ländern. Dies hat zur Folge, dass insbesondere der für Deutschland so repräsentative Mittelstand keinen Anlass dazu hat, das ihm vom Bankensektor – vor allem von den öffentlich-rechtlichen Sparkassen sowie den Volks- und Raiffeisenbanken – zu ausgesprochen günstigen Konditionen zur Verfügung gestellte Fremdkapital durch teures Eigenkapital zu ersetzen. In diesem Umfeld sind der Gang an den Kapitalmarkt und die damit verbundenen Veröffentlichungs- und Transparenzvorschriften aus Sicht der Unternehmen völlig unnötig, ja sogar schädlich. Wer will schon seinen Wettbewerbern regelmäßig ohne Not über die eigene Geschäftsentwicklung berichten? Wer seinen Kunden über die erneut steigende Profitabilität?

Doch nicht nur auf der Emittentenseite, auch auf der Kapitalnachfrageseite hegen die Menschen in Deutschland tiefe Ressentiments gegenüber Aktien. Zum einen gibt es keine echte Kapitalmarktausbildung. Einer Studie der fünf führenden Direktbanken in Deutschland zufolge glauben 18 Prozent der Befragten, Aktien seien ein Kredit an ein Unternehmen.7 Zum anderen erscheint die Aktienanlage auch politisch nicht erwünscht zu sein. Wie sonst ist es zu erklären, dass in den vergangenen Jahrzehnten von keinem politischen Entscheidungsträger eine Aktionärsmentalität explizit gefordert – und wie in anderen Ländern gefördert – wurde? Eine Aktionärsmentalität, die es Unternehmen ermöglichen würde, über die Börse Kapital einzusammeln und dieses für arbeitsplatzschaffende Investitionen zu verwenden … nein, viel angenehmer ist es doch für die politischen Willensträger, wenn sich die Bürger auch in Zeiten niedrigster Zinsen durch den Kauf von Staatsanleihen an der weltweit ausufernden Staatsverschuldung beteiligen und diese mit gutem Gewissen finanzieren.

7 Vgl.: „Die Aktie im internationalen Vergleich – so steht es um die Aktienkultur wirklich“ (2016).

3.Welche Renditen Sie von Aktien erwarten können

„Der Markt mag verrückt sein, aber das macht dich nicht zum Psychologen.“

– MEIR STATMAN

Ich bin davon überzeugt, dass ein Anleger nur dann Zufriedenheit erlangt, wenn er sich erreichbare Renditeziele setzt. Wer zu viel erwartet, wird schnell enttäuscht und trifft falsche Entscheidungen. Zu den schnell Enttäuschten zähle ich insbesondere die Perfektionisten, die Aktien zu Tiefstkursen kaufen und zu Höchstkursen verkaufen wollen. Eine solche Perfektion gelingt an der Börse allenfalls aus Zufall, wird von Profis nicht erreicht und sollte von Amateuren gar nicht erst angestrebt werden. Im Gegenteil: Rechnen Sie mit Widerständen und bauen Sie diese in Ihre Renditeerwartungen ein.

Gerade die vielen Börsenbriefe und Anlageberater tun dies nicht. Sie ködern ihre potenziellen Abonnenten und Kunden mit utopischen Renditeversprechungen. Ob 19.000-prozentige Gewinnprognosen mit einer Medizin-Aktie, 836 Prozent mit einer Cloud-Aktie oder 360 Prozent mit einer Lithium-Aktie: Wenn Ihnen in Werbeaktionen derartige Renditen versprochen werden, sollten Sie schnell umblättern. Jährliche Renditeversprechungen in diesen Größenordnungen sind unseriös. Was nicht bedeutet, dass sie nicht gelegentlich erzielt werden. Beispielsweise konnten Frühphasen-Investoren in Facebook oder Google von ihren Erst-Engagements bis hin zum Börsengang durchaus Buchgewinne von mehreren Tausend Prozent erzielen.

Abbildung 6Renditen ausgewählter Frühphasen-Investoren

Quelle: The Wall Street Journal

Doch selbst die mutigsten dieser Business Angels, die sich während der hochriskanten Gründungsphase an Unternehmen beteiligen, von denen häufig noch nicht viel mehr als eine Geschäftsidee existiert, finden Renditen in dieser Größenordnung nur einmal im Leben vor; im angelsächsischen Sprachraum wird passenderweise von einer „Once in a lifetime opportunity“ gesprochen. Keiner der Beteiligungsmanager dürfte bei der Unterschrift des ersten Kaufvertrags auch nur ansatzweise mit Renditen im sechs- und siebenstelligen Bereich gerechnet haben. Die Wahrscheinlichkeit, ein Unternehmen wie Google, Apple oder Amazon in der Frühphase des Unternehmenszyklus zu entdecken, ist minimal. Ungeachtet dessen wird es in den Medien immer vergleichbare Renditeversprechungen geben (übrigens ausnahmslos, ohne dass das dazugehörige Risiko erwähnt wird). Und Menschen sind dafür anfällig. Wer von Ihnen möchte seinen Einsatz nicht auch verhundertfachen, vor allem wenn dies augenscheinlich ohne Risiko möglich ist? Das Problem ist, dass es so etwas wie „ohne Risiko“ nicht gibt. Risiken werden nie verschwinden. Allein ihre Form mag sich ändern, vor allem aber wird über die vielen gescheiterten Frühphasen-Finanzierungen nicht gesprochen.

Doch mit welcher Rendite können Sie nun rechnen, wenn Sie in Aktien investieren? Werfen wir noch einmal ein Blick darauf, welche Größenordnung seit der ersten Berechnung des DAX beziehungsweise seiner Vorgängerindizes, dem Index der Börsen-Zeitung (01.04.1981-30.12.1987) und dem Hardy-Index des Bankhauses Hardy & Co. (28.09.1959-31.03.1981), erreichbar waren. Mit diesen Indizes deutscher Standardwerte konnten Anleger zwischen 1959 und 2017 eine durchschnittliche jährliche Rendite von 5,7 Prozent erzielen. Dieser Durchschnittswert verrät jedoch nicht, wie steinig der Weg bis zum Schlusswert des Jahres 2017 war. Die Gesamtentwicklung des DAX zeigt nachstehende Abbildung 7. Daraus wird ersichtlich, dass der durchschnittliche Gewinn in einem Jahr, in dem der DAX gestiegen ist, bei 20,4 Prozent lag, der durchschnittliche Verlust in einem Jahr, in dem der DAX gefallen ist, bei 18,4 Prozent. Der größte innerhalb eines einzigen Jahres erzielte Kursgewinn wurde zwischen den Jahren 1984 und 1985 mit einem Plus von 66,4 Prozent erreicht, der höchste Jahresverlust fiel zwischen 2001 und 2002 an, als der DAX um 44,0 Prozent sank. Der längste Zeitraum, in dem der DAX ohne Unterbrechung stieg, begann 2011 und dauert – Stand Februar 2018 – weiter an (+119,0 Prozent). Der längste Zeitraum, in dem der DAX ohne Unterbrechung sank, währte dagegen drei Jahre (1999-2002) und endete mit einem Minus von 58,4 Prozent.

Abbildung 7Die Performance des Deutschen Aktienindex, 1959-2017

Quelle: Bloomberg

War es also verwegen, als der US-amerikanische Börsenguru Warren Buffett kürzlich sagte, der Aktienindex Dow Jones Industrial Average werde auf eine Million Punkte ansteigen? Verglichen mit dem aktuellen Stand von rund 25.000 Punkten (Stand Ende April 2018) wäre dies eine Vervierzigfachung des Börsenindex. Hat das Orakel von Omaha vielleicht zu viel von seiner geliebten Cherry Coke getrunken? Nein, seine Rechnung ist durchaus nachvollziehbar. Denn Buffetts Prognose gilt für das Jahr 2117. Um das ausgegebene Ziel zu erreichen, müsste der Dow-Jones-Index pro Jahr um 3,7 Prozent zulegen. Das klingt nun plötzlich gar nicht mehr so abwegig, zumal die jährliche Rendite des US-Börsenbarometers im vergangenen Jahrhundert bei durchschnittlich etwa 5,7 Prozent gelegen hat.

Übertragen auf Deutschland ist es demnach nicht unrealistisch, für den DAX einen Anstieg auf 100.000 Punkte zu prognostizieren. Unterstellen wir, dass der DAX dieselbe jährliche Rendite wie seit seiner Gründung erzielen wird, könnte dieses Kursziel bereits im Jahr 2054 erreicht werden, Jahrzehnte vor Buffetts Zielvorgabe für den Dow-Jones-Index.

4.Welche Rendite der schlechteste Investor aller Zeiten erreicht

„Der Zauber steckt immer im Detail“

– THEODOR FONTANE

Was aber, werden Sie einwenden, passiert, wenn ein Anleger ausgerechnet zu den jeweiligen Höchstkursen investiert? Wenn wir also keinen durchschnittlichen Investor betrachten, sondern einen unterdurchschnittlichen? Wie hoch wäre die Rendite des schlechtesten Investors aller Zeiten, einem, der sein Geld immer zum genau falschen Zeitpunkt anlegt, nämlich just zum jeweiligen Jahreshöchstkurs?

Stellen wir ihn uns also vor: einen Investor, der im Jahr 1970 mit 20 Jahren zu arbeiten beginnt und bis zu seiner Rente im Jahr 2017 mit 67 Jahren jedes Jahr 1.000 Euro spart und in Aktien investiert.8 Nennen wir ihn Rabe. Voller Vorfreude investiert Rabe sein Geld gleich zum Beginn des Jahres 1970 und weil er ansonsten von Aktien keine Ahnung hat, investiert Rabe sein Geld der Einfachheit halber in DAX-Aktien. Natürlich kann er nicht wissen, dass am ersten Handelstag gleichzeitig der Höchstkurs des Jahres 1970 markiert wird. Nach wenigen Monaten sind seine Ersparnisse um ein gutes Drittel geschrumpft. Rabe ist frustriert und lässt das mit dem Aktienkauf erst einmal sein. Seine DAX-Titel behält er, denn mit Verlust, so sagt er, will er sie nicht verkaufen.

Das nächste Mal lässt er sich am 2. April 1971 zum Aktienkauf überreden, auch in diesem Fall zum Jahreshöchststand. Wieder behält Rabe seine Aktien, obwohl es danach nur noch bergab geht. Und so geht es weiter, Jahr für Jahr. Immer kauft Rabe zum jeweiligen Jahreshöchststand. Als er Ende 2017 in Rente geht, sind sämtliche Ersparnisse in DAX-Werten angelegt, insgesamt also ein investierter Einzahlungsbetrag von 47.000 Euro. Preisfrage: Welchen Wert hat sein Depot?

Ich will Sie nicht unnötig auf die Folter spannen: Ende 2017 hat Rabes Depot einen Gesamtwert von rund 526.000 Euro, seine Ersparnisse hat Rabe also mehr als verelffacht, seine durchschnittliche jährliche Rendite liegt bei 5,3 Prozent. Dies ist die schlechteste mögliche Verzinsung, die ein langfristig orientierter Anleger erreichen konnte, der für seine Rente Jahr für Jahr einen gleichbleibenden Betrag von 1.000 Euro in den DAX investiert hat. Und das Beste: Es gibt keinen Grund, weshalb die nächsten 47 Jahre keine gleichwertige Verzinsung bieten sollten wie die, die unser Pechvogel erreichen konnte.

8 Anm.: Ja, es ist mir bewusst, dass es 1970 noch keinen Euro gab.

5.Worin die Grundlage Ihres Börsenerfolgs besteht

„Die große Fähigkeit des Anlegens ist zu wissen, wann der richtige Zeitpunkt gekommen ist, um auszusteigen. Der Einstieg ist einfach.“

– NIGEL FARAGE

Je nach Jahreszeit gibt es in Deutschland ungefähr 29 Millionen Bundestrainer (den männlichen Teil der erwachsenen Bevölkerung). Jede Mannschaftsaufstellung, jede Einwechslung, jede Entscheidung des Bundestrainers wird millionenfach kommentiert. Vom Sofa aus gesehen ist der Job einfach, es sei denn, man steht selbst „in der Bütt“. Dies gilt auch für die Geldanlage.

Für überdurchschnittliche Anlageentscheidungen müssen Sie entweder klüger sein als andere oder bereit sein, mehr Risiken zu übernehmen – mit allen Konsequenzen für Ihre mentale Gesundheit. Natürlich ist es möglich, sich auf Ersteres zu fokussieren, wenn Sie der Meinung sind, an den Kapitalmärkten würden sich keine besonders schlauen Menschen tummeln. Sind Sie jedoch bescheidener und nicht mit einem IQ von 180 ausgestattet, sollten Sie die zweite Strategie in Erwägung ziehen. Doch wie geht das?

Zunächst einmal müssen Sie die richtigen Entscheidungen treffen. Klar ist: Sie werden nicht reich, wenn Sie falschliegen. Was die meisten Anleger jedoch nicht verstehen, ist, dass auch dann kein Geld zu verdienen ist, wenn sie mit der Masse (Profis sagen dazu: „Konsensus“ [aus dem englischen „consensus“] oder „Konsens“) richtigliegen. Um reich zu werden, müssen Sie sich außerhalb des Marktkonsenses bewegen. Im Nachhinein betrachtet erscheint jede Erfolgsgeschichte als „No-Brainer“, also als Entscheidung, die jeder andere ebenso hätte treffen können. Schwierig ist es, im Augenblick der Entscheidung die eine richtige Entscheidung zu treffen.

Erinnern Sie sich an Warren Buffett, der sich mitten in der größten Krise an Goldman Sachs beteiligte? Im Nachhinein ein No-Brainer. Doch 2008 liefen zahlreiche Menschen zu den Bankautomaten, um so viel Bargeld abzuheben wie möglich. Die Furcht war groß, dass es bald keines mehr geben würde.

Oder stellen Sie sich vor, Mark Zuckerberg, der Gründer von Facebook, hätte sein Geschäftsmodell 2004 in der „Höhle der Löwen“ vorgestellt, der deutschen TV-Unterhaltungsshow, in der Erfinder und Firmengründer um Risikokapital für ihr Unternehmen werben.

Carsten Maschmeyer (Juror), zu Mark Zuckerberg gewandt: „Verstehe ich Sie richtig? Sie möchten eine Internetplattform gründen, auf der erwachsene Menschen freiwillig ihre persönlichsten Erlebnisse und Gedanken – wie nennen Sie es nochmal? – posten“?

Mark Zuckerberg: „Ja, genau. Je persönlicher (und peinlicher), desto besser.“

Dagmar Wöhrl (Jurorin): „Was sagten Sie noch mal, wie viel soll Ihr Unternehmen wert sein?“

Mark Zuckerberg: „In 13 Jahren … mehr als 500 Milliarden Dollar.“

Um an der Börse reich zu werden, müssen Sie Risiken eingehen, die für viele andere keinen Sinn ergeben.

6.Warum Faulheit schadet, aber auch zu viel Selbstvertrauen problematisch ist

„Alles, was man im Leben braucht, ist Unwissenheit und Selbstvertrauen. Der Erfolg ist einem dann sicher.“

– MARK TWAIN

Faulheit kennt viele Facetten. Ursprünglich galt als faul, wer harte physische Arbeit vermied: das eigene Kinderzimmer aufräumen, die Garage kehren, den Rasen mähen. Faulheit ist, alles auf die letzte Minute zu verschieben. Doch Faulheit ist mehr. Faulheit ist auch die Vermeidung emotionaler Arbeit. Zu faul zu sein, um die Hand zu heben und die richtigen Fragen zu stellen. Zu faul zu sein, sich intensiver mit einer Sache zu beschäftigen, die nicht so funktioniert, wie sie sollte. Zu faul zu sein, ein befruchtendes Gespräch zu führen und stattdessen eine unsachliche Auseinandersetzung mit dem Gegenüber zu führen. Zu faul zu sein, etwas zu lernen.

In Zeiten, in denen der Kauf einer Aktie selbstständig am heimischen Computer vollzogen werden kann und noch nicht einmal den Gang in die Bankfiliale erfordert, darf es nicht verwundern, wenn viele Anleger – unabhängig von ihrer Ausbildung – der Überzeugung sind, dass Erfolg an der Börse keiner besonderen Kenntnisse bedarf, ja dass diese sogar hinderlich sind.

Damit unterscheidet sich die Kapitalanlage fundamental von vielen anderen Aktivitäten. Nur die wenigsten würden sich zutrauen, sich vor Gericht selbst zu verteidigen, ihr Auto selbst zu reparieren oder dauernde Rückenschmerzen durch die Konsultation von Internetseiten zu therapieren. Bei der Auswahl von Aktien dagegen glauben viele, es mit Investmentgrößen wie Warren Buffett aufnehmen zu können. Nur weil es jedem möglich ist, muss es dennoch nicht sinnvoll sein.

Insbesondere da die finanzielle Allgemeinbildung, auch Finanzkompetenz genannt, in Deutschland mäßig ist. Einer Studie der Bertelsmann Stiftung zufolge gaben 61,8 Prozent der Befragten an, Finanzfragen als schwierig zu empfinden, 47,3 Prozent, sich nur ungern mit Finanzen zu beschäftigen, und 50,2 Prozent, finanzielle Entscheidungen aufzuschieben.9