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Prof. Thomas Meyer is a neurologist and is the Director of the ALS Outpatient Department of Charité & Universitätsmedizin Berlin. He has been working with ALS patients since 1991. Research visits have taken him to the California Pacific Medical Center in San Francisco, to Mount Sinai School of Medicine in New York and to the Max Delbrück Centre for Molecular Medicine in Berlin. He completed his neurological training at the Charité and at the University of Ulm. His doctoral and postdoctoral degrees were concerned with molecular-genetic issues in ALS. In 2002, he founded the ALS Outpatient Department at the Charité, which has developed into a specialized care and study center. He is co-founder of the care and research platform ?Ambulanzpartner= and author of numerous scientific publications on ALS.
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Der Autor
© tompollack.de
Prof. Dr. Thomas Meyer ist Neurologe und Leiter der ALS-Ambulanz der Charité – Universitätsmedizin Berlin. Seit 1991 beschäftigt er sich mit der ALS. Forschungsaufenthalte führten ihn an das California Pacific Medical Center in San Francisco, an die Mount Sinai School of Medicine in New York sowie an das Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in Berlin. Seine neurologische Ausbildung absolvierte er in den Jahren 1996–2001 an der Charité sowie an der Universität Ulm. Seine Promotion und Habilitation widmeten sich molekular-genetischen Fragestellungen bei der ALS. 2002 gründete er an der Charité die ALS-Ambulanz, die sich zu einem spezialisierten Versorgungs- und Studienzentrum entwickelt hat. Er ist Mitgründer der Versorgungs- und Forschungsplattform »Ambulanzpartner« und Autor zahlreicher wissenschaftlicher Veröffentlichungen zur ALS.
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1. Auflage 2021
Alle Rechte vorbehalten
© W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart
Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart
Print:
ISBN 978-3-17-036841-5
E-Book-Formate:
pdf: ISBN 978-3-17-036842-2
epub: ISBN 978-3-17-036843-9
mobi: ISBN 978-3-17-036844-6
Vorwort zur 1. Auflage
I Grundsätzliche Fragen zur ALS
1 Was ist ALS?
2 Was bedeutet der Begriff »Amyotrophe Lateralsklerose«?
3 Was bedeutet »Motoneuron-Erkrankung«?
4 Seit wann ist die ALS bekannt?
5 Wer bekommt ALS?
6 Warum ich?
II Fragen zu Vorkommen und Häufigkeit der ALS
7 Wie viele Menschen in Deutschland leiden an ALS?
8 Nach welchen Kriterien ist die ALS eine seltene Erkrankung?
9 Stimmt es, dass die ALS in ihrer Häufigkeit zunimmt?
10 Was ist ein typisches Alter für den Beginn der ALS?
11 Erkranken Männer und Frauen gleichermaßen häufig?
12 Gibt es Geschlechterunterschiede bei der ALS?
13 Können Kinder an ALS erkranken?
14 Gibt es Regionen mit einer besonderen ALS-Häufigkeit?
15 Gibt es Häufigkeitsunterschiede der ALS in Deutschland?
16 Gibt es in Deutschland ein ALS-Register?
17 Warum ist die ALS in Deutschland relativ unbekannt?
III Fragen zur Diagnosestellung
18 Wie sicher ist die Diagnose einer ALS?
19 Wie häufig ist die Fehldiagnose einer ALS?
20 Ist die ALS schwer zu diagnostizieren?
21 Kann jeder Neurologe die ALS diagnostizieren?
22 Was bedeutet »erstes Motoneuron« und »zweites Motoneuron«?
23 Welche Tests sind notwendig, um eine ALS zu diagnostizieren?
24 Was bedeutet Elektromyografie (EMG)?
25 Was kann im EMG festgestellt werden?
26 Kann mit dem EMG die Diagnose einer ALS gestellt werden?
27 Warum wird das EMG nicht bei jeder Untersuchung wiederholt?
28 Ist im EMG die ALS-Prognose erkennbar?
29 Was bedeutet Elektroneurografie?
30 Was bedeutet MEP?
31 Was bedeutet Liquordiagnostik?
32 Gibt es einen Labor-Test für ALS?
33 Welche Bedeutung hat der Biomarker Neurofilament Light Chain (NF-L)?
34 Gibt es einen Gen-Test für ALS?
35 Ist die ALS im MRT erkennbar?
36 Wann ist eine Muskelbiopsie erforderlich?
37 Wann ist eine Nervenbiopsie erforderlich?
IV Fragen zu Varianten und Verläufen der ALS
38 Was ist eine progressive Muskelatrophie (PMA)?
39 Ist die PMA eine »echte« ALS?
40 Hat die PMA eine andere Prognose im Vergleich zur typischen ALS?
41 Was ist eine Primäre Lateralsklerose (PLS)?
42 Ist die Primäre Lateralsklerose (PLS) eine »echte« ALS?
43 Hat die PLS eine andere Prognose im Vergleich zur typischen ALS?
44 Was ist eine spastische Variante der ALS?
45 Was ist ein Flail-Leg-Syndrom?
46 Was ist ein Flail-Arm-Syndrom?
47 Was ist eine axiale ALS?
48 Was ist eine Progressive Bulbärparalyse?
V Fragen zur Demenz bei der ALS
49 Gibt es eine ALS-Demenz?
50 Was ist Frontotemporale Lobärdegeneration (FTLD)?
51 Was ist Frontotemporale Demenz (FTD)?
52 Wie häufig ist die FTD bei der ALS?
53 Gibt es besondere Risiken für eine FTD?
54 Wie ist eine FTD erkennbar?
55 Gibt es einen Test für die FTD?
56 Was ist der Unterschied zwischen FTD und Alzheimer- Erkrankung?
57 Welche Auswirkungen hat die FTD für die ALS-Behandlung?
VI Fragen zu Erkrankungen, die Ähnlichkeiten mit der ALS aufweisen
58 Kann die ALS mit anderen Erkrankungen »verwechselt« werden?
59 Ist ein Irrtum in der ALS-Diagnose möglich?
60 Was ist eine Spinale Muskelatrophie (SMA) und wie unterscheidet sie sich von der ALS?
61 Was ist eine Spinobulbäre Muskelatrophie (SBMA) und wie unterscheidet sie sich von der ALS?
62 Was ist eine Immunneuropathie und wie unterscheidet sie sich von der ALS?
63 Was ist eine multifokale motorische Neuropathie (MMN) und wie unterscheidet sie sich von der ALS?
64 Was ist eine degenerative motorische Neuropathie und wie unterscheidet sie sich von der ALS?
65 Was ist eine Spastische Spinalparalyse (SSP) und wie unterscheidet sie sich von der ALS?
66 Was ist eine zervikale Myelopathie und wie unterscheidet sie sich von der ALS?
67 Was ist eine Einschlusskörperchenmyopathie und wie unterscheidet sie sich von der ALS?
68 Wie unterscheidet sich eine Multiple Sklerose (MS) von der ALS?
69 Ist es sinnvoll, eine »zweite Meinung« zur Diagnose und Prognosestellung der ALS einzuholen?
VII Fragen zur Prognose und zum ALS-Verlauf
70 Ist eine Vorhersage des Verlaufes möglich?
71 Verläuft die ALS in Schüben?
72 Wie bedeutet die ALS-Funktionsskala (ALS-FRS)?
73 Was bedeutet »Progressionsrate«?
74 Habe ich einen schnelleren oder langsamen Verlauf der ALS?
75 Was ist die Todesursache bei der ALS?
76 Führt die ALS immer zum Tod?
77 Gibt es »Wunder« bei der ALS?
78 Wie ist die Überlebenszeit mit ALS?
79 Ist eine Vorhersage der Überlebenszeit möglich?
80 Ist die bulbäre ALS mit einer ungünstigen Prognose verbunden?
81 Was sind die wichtigsten Faktoren, die das Überleben mit ALS bestimmen?
82 Kann ich selbst dazu beitragen, eine Verlangsamung der ALS zu erreichen?
83 Gibt es eine gutartige Form der ALS?
84 Gibt es Phasen der Verlangsamung der ALS?
85 Gibt es einen Stillstand bei der ALS?
VIII Fragen zu Symptomen der ALS
86 Was sind typische Anfangssymptome der ALS?
87 Was bedeutet Parese?
88 Was bedeutet Myatrophie?
89 Was bedeutet Dysarthrie?
90 Was bedeutet Dysphagie?
91 Was bedeutet Sialorrhoe?
92 Was ist ein Bulbärsyndrom?
93 Wie häufig ist ein Bulbärsyndrom?
94 Ist ein Bulbärsyndrom immer Bestandteil der ALS?
95 Was sind Faszikulationen?
96 Ist es ein gutes Zeichen, wenn die Faszikulationen nachlassen?
97 Was ist eine Spastik?
98 Ist eine Spastik immer Bestandteil der ALS?
99 Was ist eine Kontraktur?
100 Was ist ein Lymphödem?
101 Was ist ein Dekubitus?
102 Was bedeutet Hypoventilation?
103 Was bedeutet Hustenschwäche?
104 Was bedeutet respiratorische Insuffizienz?
105 Was bedeutet Obstruktion?
106 Was bedeutet Aspiration?
107 Was sind Symptome einer Atemfunktionsstörung?
108 Was bedeutet Vitalkapazität?
109 Was bedeutet Kohlendioxid-Narkose?
110 Ist die ALS in jedem Fall mit Atemnot verbunden?
111 Was ist pathologisches Lachen oder pathologisches Weinen?
IX Fragen zu seltenen Symptomen oder Folgeerscheinungen der ALS
112 Ist die ALS mit Schmerzen verbunden?
113 Ist die Herzmuskulatur bei der ALS betroffen?
114 Ist das Kreislaufsystem bei der ALS betroffen?
115 Ist das Verdauungssystem bei der ALS betroffen?
116 Ist die Harnblase bei der ALS betroffen?
117 Warum kann es zu einer »Verstopfung« (Obstipation) kommen?
118 Warum kann es zu einer Rötung, Kälte oder Schwellung der Arme und Beine kommen?
119 Ist das Riechen und Schmecken betroffen?
120 Ist das Fühlen bei der ALS betroffen?
121 Ist das Hören bei der ALS betroffen?
122 Ist das Sehen bei der ALS betroffen?
123 Warum sind die Augenmuskeln bei der ALS meist ausgespart?
124 Stimmt es, dass die Augenmuskulatur auch betroffen sein kann?
125 Was bedeutet »Locked-In-Syndrom« bei der ALS?
126 Stimmt es, dass die ALS in ein »Wachkoma« übergehen kann?
X Fragen zum ALS-Risiko
127 Ist ALS erblich?
128 Welches ALS-Risiko haben meine Kinder?
129 Was ist eine »sporadische« ALS?
130 Was ist eine »familiäre« ALS?
131 Wie erkenne ich eine erbliche Form der ALS?
132 Was ist genetische Penetranz?
133 Unter welchen Umständen ist eine genetische Diagnostik sinnvoll?
134 Gibt es eine Möglichkeit, sich vor der ALS zu schützen?
XI Fragen zur Ursache der ALS
135 Was ist die Ursache der ALS?
136 Ist die ALS eine Autoimmunerkrankung?
137 Was ist die Glutamathypothese der ALS?
138 Gibt es Toxine, die eine ALS verursachen können?
139 Kann eine Borrelien-Infektion eine ALS verursachen?
140 Kann der Kontakt zu Amalgam eine ALS verursachen?
141 Kann eine Krebserkrankung eine ALS verursachen?
142 Können psychische Belastungen eine ALS verursachen?
143 Können körperliche Belastungen eine ALS verursachen?
144 Können Narkosen und Operationen eine ALS auslösen?
XII Fragen zu den grundsätzlichen Möglichkeiten der ALS-Behandlung
145 Ist die ALS heilbar?
146 Welche Möglichkeiten der Lebensverlängerung sind bei der ALS möglich?
147 Was bedeutet »Maximaltherapie« bei der ALS?
148 Was bedeutet nicht-invasive Behandlung?
149 Was bedeutet Palliativmedizin?
150 Was bedeutet Therapiezieländerung?
151 Benötige ich einen Hausarzt bei der ALS-Behandlung?
152 Ist es erforderlich, dass mein Hausarzt oder Neurologe Erfahrungen mit der ALS hat?
153 Welche Bedeutung haben alternativmedizinische Verfahren?
154 Können alternativmedizinische Verfahren schädlich sein?
155 Welche Bedeutung hat Akupunktur?
156 Welche Bedeutung haben ALS-Ambulanzen in der Behandlung?
157 Was ist in einer ALS-Ambulanz zu erwarten?
XIII Fragen zur Medikamentenbehandlung der ALS
158 Welche Medikamente kommen bei der ALS zur Anwendung?
159 Wie ist der Wirkmechanismus von Riluzol?
160 Was ist die richtige Dosis von Riluzol?
161 Ist es sinnvoll, Riluzol einzunehmen, wenn die Erkrankung trotzdem fortschreitet?
162 Wie kann ich erkennen, ob Riluzol wirkt?
163 Welche Nebenwirkungen von Riluzol sind zu erwarten?
164 Muss Riluzol zu bestimmten Zeiten eingenommen werden?
165 Welche Behandlungsmöglichkeiten bestehen bei einer Depression?
166 Welche Behandlungsmöglichkeiten bestehen bei Angst und Unruhe?
XIV Fragen zu Möglichkeiten der Symptomlinderung
167 Welche Behandlungsmöglichkeiten bestehen bei einer Schlafstörung?
168 Welche Behandlungsmöglichkeiten bestehen bei Muskelkrämpfen?
169 Welche Behandlungsmöglichkeiten bestehen bei Faszikulationen?
170 Welche Behandlungsmöglichkeiten bestehen bei einer Spastik?
171 Was sind Spasmolytika?
172 Welche Nebenwirkungen haben Spasmolytika?
173 Wie funktioniert eine Spastik-Behandlung mit Botulinumtoxin?
174 Ist eine Botulinumtoxin-Behandlung schmerzhaft?
175 Welche Medikamente sind bei Speichelfluss wirksam?
176 Welche Behandlungsmöglichkeiten bestehen bei pathologischem Lachen oder Weinen?
177 Welche pharmakologischen Behandlungsmöglichkeiten bestehen bei Atemanstrengung?
178 Was bedeutet »Doppeleffekt« in der Medikamenten- behandlung?
179 In welchen Situationen ist die Behandlung mit Benzodiazepinen sinnvoll?
180 In welchen Situationen ist die Behandlung mit Morphinen sinnvoll?
181 In welchen Situationen ist die Behandlung mit Sauerstoff sinnvoll?
182 In welchen Situationen ist die Behandlung mit Cannabis sinnvoll?
183 Wie kann eine Obstipation behandelt werden?
184 Wie kann eine Harnblasenstörung behandelt werden?
185 Welche Behandlungsmöglichkeiten bestehen bei Schmerzen?
186 Ist die Einnahme von Vitaminen (Vitamin E, Vitamin B12) von Vorteil?
187 Ist die Einnahme von Kreatin von Vorteil?
188 Was bedeutet »Off-Label«-Medikation?
XV Fragen zur Ernährung bei ALS
189 Wie kommt es zum Gewichtsverlust bei der ALS?
190 Welche Abstufungen der Mangelernährung sind zu unterscheiden?
191 Kann eine Mangelernährung auch ohne Schluckstörung entstehen?
192 Wie häufig ist eine Schluckstörung?
193 Wie verläuft die Schluckstörung?
194 Welche Bedeutung hat die Ernährung für die Verlaufsprognose?
195 Was ist ein kritisches Gewicht bei der ALS?
196 Stimmt es, dass ALS-Patienten einen besonders hohen Energiebedarf haben?
197 Was ist unter einer negativen Energiebilanz zu verstehen?
198 Wie wird der Energiebedarf bei der ALS errechnet?
199 Welche Anpassungen in der Nahrungsauswahl sind bei einer Schluckstörung zu beachten?
200 Welche Anpassungen in der Nahrungszubereitung sind bei einer Schluckstörung zu beachten?
201 Welche Anpassungen während der Mahlzeiten sind bei einer Schluckstörung zu beachten?
202 Was ist unter Dysphagie-Produkten zu verstehen?
203 Was ist eine »Trinknahrung«?
204 Kann eine Trinknahrung ärztlich verordnet werden?
205 Wie ist die Verträglichkeit von Trinknahrung einzuschätzen?
206 Was ist eine PEG?
207 Ist eine PEG-Anlage ambulant möglich?
208 Wann ist der »richtige« Zeitpunkt für eine PEG?
209 Wie lange kann ich eine PEG »hinausschieben«?
210 Wie risikovoll ist eine PEG?
211 Ist eine PEG schmerzhaft?
212 Kann ich nach Anlage einer PEG weiter essen?
213 Kann ich mit einer PEG-Sonde baden gehen oder duschen?
214 Kann ich mit einer PEG-Sonde auf Reisen gehen?
215 Woraus besteht eine Sondennahrung?
216 Kann ich mein »eigenes« Essen über die PEG-Sonde verabreichen?
217 Ist eine Gewichtszunahme nach PEG-Anlage möglich?
218 Können Medikamente über eine PEG verabreicht werden?
219 Was ist eine Ernährungspumpe?
220 Wie lange hält eine PEG-Sonde?
221 Kann ich eine PEG-Sonde wieder entfernen lassen?
222 Was ist ein Port und in welchen Situationen ist ein Portkatheter sinnvoll?
223 Was ist eine nasogastrale Sonde und in welchen Situationen ist diese »Magensonde« sinnvoll?
224 Gibt es Medikamente gegen unerwünschten Gewichtsverlust?
XVI Fragen zur Beatmungstherapie
225 Wie kann bei der ALS eine Atemfunktionsstörung entstehen?
226 Was bedeutet Hypoventilation?
227 Was bedeuten Vitalkapazität (VK), FVC oder SVC?
228 Welche Relevanz hat die Vitalkapazität?
229 Wie zeigt sich eine Hypoventilation?
230 Welche Behandlungsmöglichkeiten sind bei einer Hypoventilation möglich?
231 Was ist eine Maskenbeatmung?
232 Was bedeutet »NIV«?
233 Wann ist eine Maskenbeatmung notwendig und sinnvoll?
234 Wie und wo erfolgt die Anpassung einer Maskenbeatmung?
235 Welcher Nutzen ist von einer Maskenbeatmung zu erwarten?
236 Wie viele Stunden pro Tag ist eine Maskenbeatmung erforderlich?
237 Welche Belastungen der Maskenbeatmung sollten abgewogen werden?
238 Kann eine Maskenbeatmung von Nachteil sein?
239 Was sind die möglichen Schwierigkeiten einer Maskenbeatmung?
240 Wie lange kann eine Maskenbeatmung durchgeführt werden?
241 Welche Nebenwirkungen hat die Maskenbeatmung?
242 Kann ich auf eine Maskenbeatmung verzichten?
243 Was bedeuten »Sekretverhalt« und »Sekretmanagement«?
244 Was bedeutet »Hustendefizienz«?
245 Was ist ein Hustenassistent?
246 Welche Bedeutung hat ein Hustenassistent in der ALS-Behandlung?
247 Wie oft sollte ich einen Hustenassistenten anwenden?
248 Was bedeutet »invasive Beatmungstherapie«?
249 Was ist eine Trachealkanüle?
250 Wird eine invasive Beatmungstherapie nur im Notfall eingeleitet?
251 Werden die Kosten der invasiven Beatmung von den Krankenkassen übernommen?
252 Wie häufig werden ALS-Patienten mit einer invasiven Beatmung behandelt?
253 Wie ist die unterschiedliche Häufigkeit der invasiven Beatmung innerhalb von Deutschland und Europa zu erklären?
254 Was sind mögliche »Nebenwirkungen« einer invasiven Beatmung?
255 Was sind die »Gegenargumente« einer invasiven Beatmung?
256 Was sind die begrenzenden Faktoren einer invasiven Beatmung?
257 Wie lange ist ein Leben mit invasiver Beatmung möglich?
258 Welche Symptome der Atemfunktionsstörung können ohne Beatmungsgeräte gelindert werden?
259 Wie findet eine palliativmedizinische Behandlung bei einer Atemanstrengung statt?
260 Welche Medikamente können bei einer Einengung der Atemwege eingesetzt werden?
261 In welchen Situationen ist die Gabe von Morphinen hilfreich?
262 In welchen Situationen ist die Gabe von Sauerstoff hilfreich?
263 Was bedeutet Therapiebegrenzung in der Beatmungs- therapie?
264 Was bedeutet Therapiezieländerung in der Beatmungs- therapie?
265 Ist die Beendigung von Beatmungstherapie statthaft?
XVII Fragen zur Physio- und Ergotherapie sowie Logopädie
266 Was sind Heilmittel?
267 Was ist die Zielstellung von Physiotherapie bei der ALS?
268 Gibt es eine ALS-spezifische Physiotherapie?
269 Kann Physiotherapie bei der ALS schädlich sein?
270 Kann eine körperliche Belastung schädlich sein?
271 Können motorische Einschränkungen durch eine Physiotherapie verbessert werden?
272 Welchen Einfluss hat Wärme auf die Muskulatur?
273 Was ist Wärmetherapie?
274 Welche Häufigkeit und Dauer der Physiotherapie ist empfehlenswert?
275 Wann ist eine Physiotherapie im Hausbesuch erforderlich?
276 Gibt es Physiotherapeuten, die auf ALS spezialisiert sind?
277 Was ist eine palliative Physiotherapie?
278 Gibt es Gründe, auf eine Physiotherapie zu verzichten?
279 Was eine Ergotherapie?
280 Was ist die Zielstellung von Ergotherapie bei der ALS?
281 Was ist bei der Ergotherapie zu erwarten?
282 Welche Häufigkeit und Dauer der Ergotherapie ist empfehlenswert?
283 Welche Hilfestellung geben Ergotherapeuten bei der Anpassung von Hilfsmitteln?
284 Kann eine Ergotherapie im Krankheitsverlauf beendet werden?
285 Was ist Logopädie?
286 Was ist die Zielstellung von Logopädie bei der ALS?
287 Welche Häufigkeit und Dauer der Logopädie ist empfehlenswert?
288 Gibt es eine ALS-spezifische Logopädie?
289 Welche Hilfestellung geben Logopäden bei der Anpassung von Hilfsmitteln?
290 Kann eine Logopädie im Krankheitsverlauf beendet werden?
291 Worauf ist bei der Wahl einer Therapiepraxis zu achten?
292 Was ist eine Lymphdrainage?
293 Was ist ein Kompressionsstrumpf?
294 Was sind Zeichen der körperlichen Überlastung bei der ALS?
295 Wo liegt die körperliche Belastungsgrenze bei der ALS?
XVIII Fragen zur Hilfsmittelversorgung
296 Was sind Hilfsmittel?
297 Was ist unter Assistenztechnologie zu verstehen?
298 Was ist eine Orthese?
299 Was ist eine zervikale Orthese?
300 Was ist eine Peroneusorthese?
301 Was ist eine Lagerungsorthese?
302 Was ist eine Rumpforthese?
303 Kann das Tragen einer Orthese zu einer Zunahme des Muskelabbaus führen?
304 Was sind mögliche »Nebenwirkungen« von Orthesen?
305 Warum können Orthesen so teuer sein?
306 Was ist ein Aktivrollstuhl?
307 Was ist der Unterschied zwischen einem Schieberollstuhl und einem Aktivrollstuhl?
308 Ist die Zurüstung eines Elektroantriebs zum Faltrollstuhl sinnvoll?
309 Was ist ein Multifunktionsrollstuhl?
310 Was ist ein Elektrorollstuhl?
311 Was ist ein Indoor-Elektrorollstuhl?
312 Was ist ein Elektrorollstuhl mit Sonderfunktionen?
313 Warum kann es sinnvoll sein, mehrere Rollstühle zu nutzen?
314 Führt der Gebrauch eines Rollstuhls zu einem schnelleren Fortschreiten der ALS?
315 Was ist ein »Bewegungstrainer«?
316 Was ist eine elektronische Kommunikationshilfe?
317 Was ist eine Kopf-, Kinn- oder Augensteuerung?
318 Was ist eine Umfeldsteuerung?
319 Was ist ein Armroboter?
320 Was ist ein Essroboter?
321 Was ist eine Transferhilfe?
322 Wie erfolgreich ist ein Widerspruch zur Hilfsmittel- versorgung bei Krankenkassen?
323 Warum ist die Veranlassung der Hilfsmittelversorgung über ein spezialisiertes ALS-Zentrum von Vorteil?
324 Welche Bedeutung hat ein »Versorgungsmanagement«?
XIX Fragen zur Teilhabe, dem Sozialleben und zu Grundsatzentscheidungen
325 Kann ich trotz ALS »alles« essen?
326 Kann ich trotz ALS Alkohol trinken?
327 Kann ich trotz ALS weiter berufstätig sein?
328 Kann ich trotz ALS verreisen?
329 Kann ich trotz ALS weiterhin Sport treiben?
330 Wie wirkt sich ALS auf die Sexualität aus?
331 Wie wirkt sich ALS auf Beziehungen und Partnerschaft aus?
332 Kann ich trotz ALS eine Schwangerschaft austragen und ein Kind bekommen?
333 Welche pflegerische Unterstützung ist notwendig und erhältlich?
334 Kann ich in meiner bisherigen Wohnung bleiben?
335 Welche Anforderungen stellt die ALS an eine barrierefreie Wohnung?
336 Was ist eine Patientenverfügung?
337 Für welche Situation eine Patientenverfügung sinnvoll?
338 Was ist eine Vorsorgevollmacht?
339 Was bedeuten »Therapiebegrenzung« und »Behandlungsabbruch«?
340 Sind ein Nahrungsverzicht und der Abbruch von Ernährungstherapie statthaft?
341 Welche Möglichkeiten der Sterbehilfe bestehen in Deutschland?
342 Wie kann ich eine psychologische Betreuung erhalten?
343 Woran sterben Menschen mit ALS, die bereits eine künstliche Ernährung und Beatmungstherapie erhalten?
344 In welcher Situation kommt eine Palliativstation infrage?
345 Was ist ein Palliativ-Team?
346 In welcher Situation kommt ein Hospiz infrage?
XX Fragen zur Zukunft der ALS-Therapie und Forschung
347 Wann ist mit einer wirksamen ALS-Therapie oder sogar Heilung zu rechnen?
348 Wie ist der Stand der ALS-Grundlagenforschung?
349 Wie findet ALS-Grundlagenforschung statt?
350 Was sind klinische Studien?
351 Was bedeuten Studien der »Phase 1«, »Phase 2« oder »Phase 3«?
352 Was bedeutet »doppelblinde« und »placebokontrollierte« Studie?
353 Was bedeutet »Versorgungsforschung«?
354 Sollte ich an einer klinischen Studie teilnehmen?
355 Was bedeutet es, an einer klinischen Studie teilzunehmen?
356 Welche Rolle spielt Gentherapie bei der ALS in der Zukunft?
357 Was sind ALS-Biomarker und welche Bedeutung haben sie für die Forschung?
358 Wie kann ich an Biomarker-Forschung teilnehmen?
359 Wie kann ich zur ALS-Forschung beitragen?
Weiterführende Links
Die Diagnose einer ALS ist für die Betroffenen und ihre Angehörigen mit drängenden und schwerwiegenden Fragen verbunden. In mehr als 20 Jahren der Betreuung von Menschen mit ALS an der Charité habe ich zahlreiche Fragen zur Diagnose, Prognose, Behandlung der ALS sowie zu den verschiedenen Auswirkungen der Erkrankung erfahren. Diese Fragen betreffen den gesamten Verlauf der ALS und unterschiedlichste Aspekte. Mehr als 350 dieser Fragen habe ich in diesem Buch zusammengetragen, thematisch geordnet und beantwortet. Dieses Buch im Frage-Antwort-Format ist als Ergänzung zum Patienten-Arzt-Dialog zu verstehen. Es soll Menschen mit ALS und deren Angehörigen die Möglichkeit geben, die für sie bedeutsamen Themen nachzulesen oder zu vertiefen.
Meine Antworten beruhen auf der Perspektive und Erfahrung eines spezialisierten Neurologen. Damit sind eine subjektive Sichtweise und fachliche Einschränkung verbunden. Dieses Buch erhebt damit keinen Anspruch auf medizinische und wissenschaftliche Vollständigkeit. Gerade die medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisse – insbesondere zur Genetik und zu Biomarkern, aber auch zu Medikamenten und Hilfsmitteln – können raschen Veränderungen unterliegen. Daher werden bereits innerhalb einer Auflage einzelne Neuerungen zu erwarten sein, die im Buchformat nicht darstellbar sind. Allerdings sind die überwiegenden Fragen und Antworten vom medizinischen Wandel weitgehend unberührt und unverändert relevant.
Neben Betroffenen und ihren Angehörigen ist dieses Buch auch an ärztliche Kollegen sowie an Atmungs- und Ernährungstherapeuten, Physio- und Ergotherapeuten, Logopäden, Hilfsmittelversorger, Apotheker, Sozialarbeiter, Pflegeberater und andere Leser gerichtet, die in der Versorgung von Menschen mit ALS engagiert sind. Für Ergänzungs- und Verbesserungsvorschläge in Vorbereitung zukünftiger Auflagen dieses Buches bin ich sehr dankbar.
Möge dieser Leitfaden den Betroffenen eine Hilfe bei der Klärung offener Fragen sowie eine Orientierung bei den vielfältigen Entscheidungen sein, die im Verlauf der ALS unabdingbar entstehen.
Prof. Dr. Thomas Meyer
Die Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) ist eine schwere neurologische Erkrankung, die zu fortschreitenden Lähmungen der Betroffenen führt. Es handelt sich um eine neurodegenerative Erkrankung des motorischen Nervensystems. Darunter ist der fortschreitende Abbau (Degeneration) derjenigen Nervenzellen in Gehirn und Rückenmark zu verstehen, die für die Steuerung der Muskulatur verantwortlich sind. In der Folge der ALS entstehen fortschreitende Lähmungen (Paresen) oder eine unkontrollierte Muskelanspannung (Spastik) der Willkürmotorik. Diejenigen Muskelgruppen, die bewusst vom Menschen angespannt werden können, werden als Willkürmotorik bezeichnet. Die Zunge, die Schlundmuskulatur, die Rumpf- und Atemmuskulatur, aber vor allem die Extremitätenmuskeln gehören zur Willkürmotorik. Alle Muskelgruppen, die keiner willkürlichen Kontrolle des motorischen Nervensystems unterliegen, sind bei der ALS ausgespart. Dazu gehören die Herzmuskulatur sowie sämtliche Muskelgruppen der inneren Organe (z. B. Magen-, Darm- und Gefäßmuskulatur). Durch die gemeinsame Betroffenheit des Nerven- und Muskelsystems wird die ALS auch als eine neuromuskuläre Erkrankung bezeichnet.
Die Abkürzung ALS steht für den medizinischen Begriff »Amyotrophe Lateralsklerose«. Es handelt sich um den medizinischen Namen, den der Erstbeschreiber der ALS für diese Erkrankung im Jahre 1874 vorgeschlagen hat. Dieser medizin-historische Begriff beschreibt Grundelemente der Erkrankung. »Amyotroph« lässt sich mit der Formulierung »ohne Muskeln« übersetzen. Das Wort »Lateralsklerose« steht für eine »seitliche Verkalkung«. Diese Formulierung zielt auf den Abbau des Seitenstranges im Rückenmark, der die zentrale motorische Nervenbahn im Rückenmark verkörpert und bei der ALS degeneriert. Eine freie Übersetzung des Begriffes der Amyotrophen Lateralsklerose bedeutet »Muskelschwund durch einen Abbau der Seitenstränge im Rückenmark«. Dieser Begriff ist ausschließlich historisch zu verstehen, da in der Begrifflichkeit nur die Veränderungen auf Rückenmarksebene beschrieben werden und auch der Lähmungscharakter im Wort nicht beschrieben wird. Der ALS-Begriff ist damit inhaltlich nicht »korrekt«, aber ein weltweit verbindlicher Name der zugrunde liegenden Erkrankung. Der weite Gebrauch eines historischen Krankheitsbegriffes ist nicht nur für die ALS typisch, sondern betrifft die gesamte Medizin. Beispiele für weitgenutzte historische Begriffe sind »Multiple Sklerose«, »Krebs«, »Arteriosklerose«, »Schlaganfall« und zahlreiche Bezeichnungen anderer schwerer Erkrankungen.
Der Begriff »Motoneuron-Erkrankung« lässt sich als »Erkrankung der motorischen Nervenzellen« übersetzen. »Moto« steht für das Wort »motorisch«, während das »Neuron« der medizinische Begriff für »Nervenzelle« darstellt. Motoneuron-Erkrankungen sind damit die Gesamtheit aller Erkrankungen, bei denen motorische Nervenzellen abgebaut werden Bei Motoneuronen-Erkrankungen können die folgenden Symptome auftreten: unvollständige Lähmungen (»Parese« genannt), vollständige Lähmungen (»Plegie« oder »Paralyse« genannt), Muskelschwund (»Myatrophie« genannt) oder eine unkontrollierte Muskelanspannung, die sich als Muskelsteifigkeit darstellt (»Spastik« genannt). Die ALS ist die häufigste Motoneuron-Erkrankung. Neben der ALS gehören auch andere Erkrankungen dazu, die diagnostische und prognostische Unterschiede zur ALS-Erkrankung aufweisen. Zur Gruppe der Motoneuron-Erkrankungen, die keine ALS verkörpern, gehören die Spinale Muskelatrophie (SMA, Frage 60), die Spinobulbäre Muskelatrophie (SBMA; auch Kennedy-Erkrankung genannt, Frage 61) sowie die Spastische Spinalparalyse (SSP, Frage 65), die unter bestimmten Umständen auch als Hereditäre Spastische Paraparese (HSP) bezeichnet wird. Die Symptomverteilung, der Schweregrad und die Dynamik der Symptomentwicklung zwischen diesen Erkrankungen sind sehr unterschiedlich. Für einen Spezialisten ist die Unterscheidung zwischen diesen Diagnosen möglich. In bestimmten Kliniken wird der Begriff der »Motoneuron-Erkrankung« auch synonym für die ALS benutzt, da sie die häufigste Motoneuron-Erkrankung des Erwachsenenalters darstellt. In Großbritannien und britisch-geprägten Gesundheitssystemen wird der Begriff Motoneuron-Erkrankung (Motor Neuron Disease; MND) anstelle des Wortes der ALS benutzt.
Die ALS wurde erstmalig im Jahr 1874 vom französischen Neurologen Jean-Martin Charcot am Pariser Universitätskrankenhaus Hôpital de la Salpêtrière beschrieben. Er bezeichnete die Erkrankung als »Amyotrophe Lateralsklerose«. Bereits im Jahr 1850 hat der französische Neurologe François Aran die progressive Muskelatrophie (PMA, Frage 38) entdeckt. Zum damaligen Zeitpunkt ging man davon aus, dass die PMA und ALS unterschiedliche Erkrankungen seien. Heute ist bekannt, dass die PMA eine spezifische Variante der ALS darstellt. Damit wurde die ALS im weiteren Sinne erstmalig von Aran bereits 1850 charakterisiert. Die Namensgebung, die bis heute Gültigkeit hat, folgte dann 24 Jahre später durch Charcot.
Die ALS ist eine schicksalshafte Erkrankung, für die nach dem heutigen Stand der Medizin keine äußeren Ursachen bekannt sind. Damit ist die ALS in jedem Fall ohne »Eigenverschulden« zu betrachten. Bestimmte Erkrankungen sind mit einem Risikoverhalten verbunden (z. B. bestimmte Krebserkrankungen und Herz-Kreislauf-Erkrankungen durch Rauchen, Alkoholgenuss, körperliche Inaktivität usw.). Diese beeinflussbaren Risikofaktoren liegen bei der ALS nicht vor. Daher ist der Begriff der »Schicksalshaftigkeit« der ALS gerechtfertigt. Die Mehrheit der Betroffenen war vor der Diagnose einer ALS gesund und ohne wesentliche Vorerkrankungen. Die ALS tritt daher ohne Vorboten auf. Die Mehrheit der Betroffenen erkrankt im Alter zwischen 50 und 60 Lebensjahren. Männer und Frauen sind fast gleichermaßen betroffen: das männliche Geschlecht überwiegt geringgradig (1,5 : 1). Verschiedene Studien haben versucht, ein bestimmtes Profil von Menschen mit ALS zu identifizieren. Verschiedene Untersuchungsserien zeigen, dass Menschen mit ALS vor Erkrankungsbeginn schlanker und sportlicher sind als entsprechende Vergleichsgruppen. Weitere Studien haben nachgewiesen, dass Menschen mit ALS – in einer statistischen Betrachtung – einen höheren Bildungsstatus und ein überdurchschnittliches Einkommen aufweisen. Für viele Studienergebnisse zu Persönlichkeitsmerkmalen von ALS-Patienten liegen auch gegenteilige Untersuchungsergebnisse vor. Insgesamt lässt sich damit kein »Persönlichkeitsprofil« für Menschen mit ALS festlegen. Insgesamt kann grundsätzlich jeder Mensch im Verlauf des Lebens an ALS erkranken. Das Risiko für eine ALS ist erhöht, wenn eine familiäre (erbliche) Form der ALS vorliegt (Frage 130).
Die Frage »Warum hat mich die ALS getroffen?« beschäftigt fast alle Menschen mit ALS. In dieser Frage liegt die Vermutung oder Sorge, dass möglicherweise ein Ereignis in der eigenen Biografie als Krankheitsursache zugrunde liegt, das einem bisher nicht bewusst war. Die Sorge oder Vermutung ist jedoch medizinisch nicht begründet: Für die ALS liegen auch keine Ursachenfaktoren vor, die an einen Lebensstil oder andere biografische Ereignisse gebunden sind. Bestimmte Berufe, Ernährungsgewohnheiten, die Belastung mit Toxinen (Holzschutzmittel, Farben, Lacke und andere Chemikalien), Fremdkörper (Zahnfüllungen, Implantate) oder Infektionen (Borreliose) sind keine Ursachenfaktoren der ALS. Die Frage »Warum ich?« lässt sich vereinfacht so beantworten, dass die ALS »zufällig« entsteht. Hinter diesem »Zufall« sind bisher unverstandene molekulare Fehler zu vermuten, die zu einer schädlichen Ereignisabfolge auf zellulärer Ebene führen und die Degeneration der motorischen Nervenzellen einleiten. Zu einem geringeren Teil der ALS-Patienten sind bereits heute genetische Faktoren (Mutationen in »ALS-Genen«) bekannt, die von vorangehenden Generationen übertragen wurden oder in der eigenen Embryonalentwicklung entstanden sind (Frage 130).
In Deutschland sind vermutlich 6.000–8.000 Menschen an ALS erkrankt. Diese Zahl ist eine Annahme, die auf Studienergebnisse zur Häufigkeit der ALS in regionalen oder internationalen Patientenregistern (z. B. dem Schwäbischen oder dem Niederländischen ALS-Register) beruht. Die exakte Zahl der Betroffenen ist in Deutschland nicht bekannt, da bisher kein bundesweites ALS-Register besteht. Die Studienlage in den bisherigen Registern zeigte eine Häufigkeit von 8–10 Betroffenen pro 100.000 Einwohner. Unter der Annahme, dass die Häufigkeitsverteilung der ALS in der Region Schaben oder den Niederlanden sowie Deutschland weitgehend übereinstimmen, ist bei 80 Millionen Einwohnern in unserem Land von der genannten Zahl von etwa 8.000 Betroffenen auszugehen. Die Anzahl der Erkrankten pro 100.000 Einwohner wird als ALS-Prävalenz bezeichnet. Davon zu unterscheiden ist die ALS-Inzidenz. Diese Zahl beschreibt die Anzahl der Neuerkrankungen pro Jahr pro 100.000 Einwohner. Bei der ALS ist von etwa 1,5–2 Neuerkrankungen pro 100.000 Einwohner auszugehen. Damit treten in Deutschland 1.200–1.600 Neuerkrankungen pro Jahr auf. Diese Zahl entspricht auch der Anzahl der jährlichen Todesfälle infolge der ALS in Deutschland.
Die ALS erfüllt die formalen Kriterien der Europäischen Union (EU) einer »seltenen Erkrankung«, die mit einer Häufigkeit von weniger als 50 Betroffenen pro 100.000 Einwohner definiert ist. Die ALS tritt mit einer Häufigkeit von 10 pro 100.000 Einwohnern auf, sodass die genannten Kriterien einer seltenen Erkrankung erfüllt sind. Diese formale Einordnung hat vor allem für die Entwicklung und Zulassung von Medikamenten eine Bedeutung, die in der EU und den USA durch gesetzliche Regelungen gefördert werden. Innerhalb der »seltenen Erkrankungen« gehört die ALS jedoch zur Gruppe der »häufigen Seltenen«.
In Deutschland liegen bisher keine zuverlässigen Daten über die ALS-Häufigkeit und deren zeitlichem Verlauf vor. Allerdings konnte eine große Studie zur Häufigkeitsentwicklung der ALS in den USA zeigen, dass (im Verlauf von den 1950er bis zu den 1990er Jahren) eine Zunahme der Häufigkeit um 30 % zu verzeichnen war. Die Studie wurde von einem Institut für Epidemiologie erstellt und veröffentlicht. Die Epidemiologie ist eine Teilwissenschaft der Medizin, die sich mit Häufigkeitsverteilungen, Veränderungen und Risiken von Erkrankungen in Bevölkerungsgruppen wissenschaftlich beschäftigt. In epidemiologischen Studien werden damit Faktoren der Diagnosegenauigkeit (z. B. durch veränderte diagnostische Möglichkeiten in den 1990er Jahren im Vergleich zu den 1950er Jahren) sowie eine veränderte Aufmerksamkeit bestimmter Diagnosen berücksichtigt. Damit sind die beschriebenen 30 % der Häufigkeitszunahme als »bereinigte Werte« und relevant zu betrachten. Trotz der fehlenden Datenlage in Deutschland zur Entwicklung der ALS-Häufigkeit ist (in Analogie zu den USA) zu vermuten, dass auch in Deutschland die Häufigkeit der ALS in den zurückliegenden Jahrzehnten zugenommen hat.
Das mittlere Erkrankungsalter bei der ALS beträgt 55 Jahre. Eine Erkrankung vor dem 18. Lebensjahr und nach dem 80. Lebensjahr ist jedoch sehr selten. Insbesondere der frühe Erkrankungsbeginn (vor dem 18. Lebensjahr) ist besonders selten. Eine Erkrankung nach dem 80. Lebensjahr ist ungewöhnlich, aber nicht so selten wie die jugendlichen Verlaufsformen der ALS. Eine Erkrankung vor dem 25. Lebensjahr wird als »juvenile ALS« (JALS) bezeichnet (»juvenil« lässt sich mit »jugendlich« übersetzen). Eine Erkrankung zwischen dem 25. und dem 40. Lebensjahr wird »frühe adulte ALS« genannt (»adult« lässt sich mit »erwachsen« übersetzen). Damit soll unterstrichen werden, dass in diesem Fall die ALS vor dem typischen mittleren Erwachsenenalter auftritt. Die juvenile und die frühe adulte ALS sind durch besondere Verlaufsmerkmale gekennzeichnet. Bei der frühen adulten ALS stehen schlaffe Lähmungen (Paresen, Frage 87) und ein Muskelschwund (Myatrophie, Frage 88) der Arme in Kombination mit einer Steifigkeit (Spastik, Frage 97) der Beine besonders häufig auf. Dieser Verlaufstyp ist auch bei der JALS bekannt. Jedoch ist bei der JALS die Variabilität des Krankheitsverlaufes sehr hoch. So ist eine chronische JALS bekannt, deren typischer Krankheitsverkauf 20–30 Jahre beträgt. Der bekannteste Patient mit einer chronischen JALS war der Astrophysiker Stephen Hawking. Im Gegensatz zur chronischen JALS ist auch eine akute Verlaufsform der JALS bekannt, die ein besonders hohes Erkrankungstempo aufweist. Bei der akuten JALS kommt es in rascher Abfolge zu schlaffen Lähmungen und einem ausgeprägten Muskelschwund sowie einer Einbeziehung der Atemmuskulatur. Die akute JALS kann innerhalb weniger Monate zum Tode führen – oder zur Notwendigkeit einer Beatmungstherapie.
Männer und Frauen erkranken fast gleichermaßen an ALS. Das männliche Geschlecht überwiegt leicht. Das Geschlechterverhältnis beträgt 1,5 : 1. Dieses Verhältnis bedeutet, dass 15 ALS-erkrankten Männern etwa zehn betroffene Frauen gegenüberstehen. Auffällig ist jedoch, dass spezifische Verlaufsformen der ALS sehr dominant mit dem männlichen Geschlecht assoziiert sind (z. B. das Flail Arm-Syndrom, Frage 46). Die Ursache für den deutlichen Geschlechtsunterschied ist unbekannt. Diskutiert wird der Einfluss von Genen auf den Geschlechtschromosomen (X- oder Y-Chromosom), die das Risiko oder das Ausprägungsmuster der ALS bestimmen. Diese Hypothese wird durch andere neurologische Erkrankungen unterstützt, die Parallelen zur ALS aufweisen und durch Mutationen in einem geschlechtsbezogenen Gen verursacht werden. So kommt die Spinobulbäre Muskelatrophie (SBMA; Kennedy-Erkrankung Frage 61) nur bei Männern vor. Die SBMA führt zu Muskelschwund (Myatrophie) und Lähmungen (Paresen) der Zungen- und der Extremitätenmuskulatur – wie bei der ALS. Im Unterschied zur ALS schreiten jedoch die Lähmungen wesentlich langsamer fort. Die Ursache der SBMA liegt in Gen-Veränderung im Androgen-Rezeptor-Gen auf einem Geschlechtschromosom (X-Chromosom). Die SBMA zeigt, dass Motoneuron-Erkrankungen in geschlechtsabhängiger Weise (mit Bezug zu Veränderungen auf Geschlechtschromosomen oder durch hormonelle Prozesse) verursacht oder beeinflusst werden können.
Die ALS verläuft grundsätzlich bei beiden Geschlechtern in gleicher Weise. Das Erkrankungsalter, die Verlaufsgeschwindigkeit und die Krankheitsdauer zeigen keine wesentlichen Unterschiede. Bestimmte Verlaufsformen der ALS kommen beim männlichen oder weiblichen Geschlecht häufiger vor. So tritt eine Sonderform der ALS, das Flail-Arm-Syndrom (Frage 46) überwiegend bei Männern auf (Verhältnis von Männern zu Frauen; 9 : 1). Im Gegensatz dazu tritt eine Sonderform der ALS mit einer Spastik der Zunge (Pseudobulbärsyndrom) in Kombination mit einer Verhaltensstörung (frontotemporale Demenz, FTD, Frage 51) überwiegend bei weiblichen Patienten auf. Diese geschlechterbezogenen Sonderformen der ALS sind insgesamt sehr selten.
Die Erkrankung von Kindern und Jugendlichen an ALS ist extrem selten. Der Beginn einer ALS vor dem 16. Lebensjahr wird nur im Ausnahmefall beschrieben. Allerdings treten im Kindes- und Jugendalter andere Motoneuron-Erkrankungen auf, insbesondere die Spinale Muskelatrophie (SMA, Frage 60) oder die Spastische Spinalparalyse (SSP, Frage 65), die ebenfalls mit Lähmungen (Paresen, Frage 87), Muskelschwund (Myatrophie, Frage 88) oder Steifigkeit (Spastik, Frage 97) einhergehen können. Zumeist liegt diesen kindlichen Motoneuron-Erkrankungen eine genetische Ursache zugrunde
In Deutschland und Europa ist von einer ähnlichen Häufigkeit auszugehen. Dennoch sind regionale Unterschiede möglich, deren Ursachen noch nicht geklärt sind. Informationen über die Größe der regionalen Unterschiede ist von »ALS-Registern« zu erwarten, die derzeit in der Region Schwaben und anderen Bundesländern aufgebaut werden. Wiederholt wurden kleinere Orte beschrieben, in denen mehrere Menschen an ALS zeitgleich erkrankt sind. Das gilt auch für Unternehmen, in denen Arbeitskollegen mit kurzem Zeitabstand an ALS erkrankt sind. Diese Konstellationen waren über Jahrzehnte der Anlass für Hypothesen von Umweltfaktoren, die eine regionale oder kollektive Häufung von ALS bedingen. Diese externen Faktoren konnten bisher nicht identifiziert werden. Auch ist bisher unklar, ob es sich bei den Berichten tatsächlich um regionale Häufungen oder vielmehr um statistische Phänomene handelt. Darunter ist zu verstehen, dass im Auftreten von Erkrankungen keine statistische »Gleichverteilung« besteht. Dieses Phänomen ist beim Würfelspiel zu beobachten – so kann eine Zahl für mehrere Durchgänge besonderes häufig oder sogar hintereinander gewürfelt wird, obwohl die Zahl auf dem Würfel nur einmal vorkommt. In gleicher Weise ist erklärbar, dass die Diagnose einer ALS mehrfach hintereinander in der gleichen Gruppe gestellt wird. Im Gegensatz zu statistischen Effekten (einer scheinbaren ALS-Häufung) ist zu vermuten, dass genetische Faktoren zu einer realen Häufung der ALS in bestimmten Regionen beitragen. So kann es in Regionen mit geringer genetischen »Durchmischung« (z. B. durch Abgeschiedenheit der Bevölkerung auf Inseln) zu einem erhöhten genetischen Risiko der ALS kommen. Die Insel Guam ist ein seltenes Beispiel für eine tatsächliche regionale Häufung der ALS. In den 1940er–1960er Jahren war eine komplexe neurologische Erkrankung mit Ähnlichkeiten zur ALS die häufigste Todesursache in einigen Dörfern der Insel Guam. Die Erkrankung war eine Kombination von ALS, Parkinson-Syndrom und Demenz. Sie wurde als Guam-ALS-Parkinson-Demenz-Komplex bezeichnet. Als Ursache der regionalen Häufung wurden ursprünglich bestimmte Toxine vermutet, die von der regionalen Bevölkerung mit der Nahrung (Produkte der Palmfarne) verzehrt werden. Der New Yorker Neurologe und Buchautor Oliver Sacks hat in einem Buch »Die Insel der Palmfarne« über die Häufung der ALS auf Guam und die damit verbundenen Hypothesen berichtet. Oliver Sacks hat durch sein Buch »Zeit des Erwachens«, (das sehr erfolgreich verfilmt wurde) eine große Bekanntheit erlangt. Die Toxin-Hypothese der ALS-Häufung auf Guam konnte bisher nicht bewiesen werden. Eine alternative Hypothese besteht darin, dass sich genetische Faktoren innerhalb der abgeschlossenen Bevölkerung auf Guam angereichert haben. Tatsächlich hat die Häufigkeit des ALS-Parkinson-Demenz-Komplex auf Guam dramatisch abgenommen. Dieser Effekt könnte sowohl mit einer genetischen Durchmischung (größere Zuwanderung auf Guam mit verändertem genetischem Hintergrund), aber auch durch veränderte Ernährungsgewohnheiten (Verminderung der Toxinbelastung) erklärt werden. Die starke Häufung der ALS-ähnlichen Erkrankung auf Guam ist ein medizin-historisches Phänomen, das in seiner Ursache bisher noch nicht vollständig aufgeklärt ist. In Deutschland und Europa sind vergleichbare regionale Häufungen nicht bekannt.
Innerhalb von Deutschland sind keine wesentlichen Häufigkeitsunterschiede z. B. ein Nord-Süd- oder Ost-West-Gefälle bekannt. Ein regionales Risiko im Sinne einer geografischen Häufung ist nicht vorhanden. Das erste systematische ALS-Register in Deutschland untersucht die Region »Schwaben« in den Bundesländern Bayern und Baden-Württemberg. Hier zeigt sich, dass keine vollständige »Gleichverteilung« des ALS-Vorkommens besteht. So sind Kommunen mit einer größeren ALS-Häufigkeit dokumentiert, während andere Gemeinden (auch in unmittelbarer Nachbarschaft) eine geringere Häufigkeit aufweisen. Die Ursachen dafür sind noch weitgehend unverstanden. Außer einer statistischen Ungleichverteilung sind auch methodische Effekte zu diskutieren. Insgesamt sind diese regionalen und lokalen Unterschiede relativ gering.
Ein bundesweites ALS-Register ist nicht vorhanden. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) hat ein lokales Register der Region »Schwaben« gefördert, das definierte Flächen der Bundesländer Bayern und Baden-Württemberg erfasst. Die Daten werden im Institut für Epidemiologie und der Klinik für Neurologie der Universität Ulm erfasst und ausgewertet. Weiterhin bestehen regionale Register in Nordrhein-Westfalen sowie in Rheinland-Pfalz, die jeweils von ALS-Zentren organisiert werden und ALS-Patienten der jeweiligen ALS-Ambulanz systematisch erfassen. Weitere Erkenntnisse werden durch Daten der Versorgungs- und Forschungsplattform »Ambulanzpartner« gewonnen, die nicht den formalen Status eines Registers trägt, aber mehr als 20 % aller ALS-Patienten in Deutschland in überregionaler Weise erfasst. Damit ist dieses Netzwerk die umfangreichste Datenerfassung für ALS-Erkrankungen in Deutschland. Auch im internationalen Vergleich sind bisher nur wenige ALS-Register etabliert. Allein in den Niederlanden ist eine nationale Erfassung aller ALS-Patienten bekannt. Die Erklärung liegt in der Zentralisierung des Gesundheitswesens und der Versorgungsstrukturen in den Niederlanden und der deutlich geringeren Bevölkerungszahl in dem genannten Land. Mit mehr als 100 gesetzlichen Krankenversicherungen, einer komplexen Struktur der Wissenschafts- und Versorgungslandschaft sowie der Selbstverwaltung von ärztlicher Versorgung ist in Deutschland eine Zentralisierung nach niederländischem Vorbild kaum realisierbar. In Deutschland liegt die Chance bei der Digitalisierung der Versorgungsprozesse in internet-basierten Strukturen, sodass auf diesem Weg eine Zusammenführung von Patientendaten möglich sein wird.
Die ALS gehört mit zehn Betroffenen pro 100.000 Einwohner zu den häufigen Erkrankungen innerhalb der Gruppe der »seltenen Erkrankungen«. Trotz der relativen Häufigkeit ist die ALS in Deutschland recht unbekannt. Die geringe Bekanntheit der ALS ist mit den Besonderheiten der Erkrankung verknüpft: Aufgrund der Einschränkung in Mobilität und Kommunikationsfähigkeit ist es für die Betroffenen eine besondere Herausforderung, Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben. Auch die Angehörigen der Betroffenen sind durch die pflegerische und psychosoziale Belastung nur mit großen Einschränkungen in der Lage, eine politische Arbeit zugunsten der ALS zu leisten. Die Anzahl der ALS-Neurologen ist in Deutschland ebenfalls sehr klein, sodass die von den ALS-Zentren ausgehende gesellschaftliche Aktivität für eine breite Aufmerksamkeit noch zu gering ist. Erst ab dem Jahr 2002 ist durch die Erkrankung des Künstlers Jörg Immendorff und des Fußball-Bundesligaprofis Krysztof Nowak (VfL Wolfsburg) die Erkrankung in die mediale Öffentlichkeit gerückt. Gemeinsam mit der Charité hat Jörg Immendorff die Öffentlichkeit gesucht, um in Charity-Aktionen, Talkshows und künstlerischen Aktionen auf die ALS aufmerksam zu machen. So unterstützte er im Jahr 2004 die Theaterproduktion »Theater ALS Krankheit«, die von Christoph Schlingensief an der Berliner Volksbühne inszeniert wurde und zu einer weiteren öffentlichen Wahrnehmung der ALS beigetragen hat. In den weiteren Jahren sind mehrere Fernseh- und Spielfilme entstanden, bei der die ALS ganz im Vordergrund stand: »Sterne leuchten auch am Tag« (2004), »Hin und weg« (2014) und »Herbert« (2016). Auch in internationalen Kino-Produktionen wurde die ALS mehrfach thematisiert: »Die Entdeckung der Unendlichkeit« (2014) und »Das Glück an meiner Seite« (2014). Durch die gesellschaftlichen Aktivitäten von Künstlern, Prominenten und Filmschaffenden ist es gelungen, die Wahrnehmung zugunsten der ALS in Deutschland deutlich zu erhöhen. Ein wichtiges Ereignis war im Sommer 2014 die internationale »Eiskübel-Aktion« (englisch: Ice Bucket Challenge). Es handelte sich um die bis dahin größte Spendenaktivität in sozialen Netzwerken, in der – ermöglicht durch »virale« Effekte des Internets – eine weltweite Spendensumme von mehr als 100 Millionen Euro aufgebracht werden konnte. Zugunsten der ALS-Ambulanz der Charité haben mehr als 34.000 Spender eine Gesamtsumme von 1,6 Millionen Euro gespendet. Neben den dringend erforderlichen Spenden wurde auch eine hohe gesellschaftliche Aufmerksamkeit in den traditionellen Medien (Fernsehen, Print-Medien) erreicht. Damit gehört die ALS zu den bekanntesten unter den seltenen Erkrankungen.