Androiden 3: Der Jahrtausendirrtum - Dietmar Schmidt - E-Book

Androiden 3: Der Jahrtausendirrtum E-Book

Dietmar Schmidt

0,0

Beschreibung

Wir schreiben das Jahr 2083 der Neuen Galaktischen Zeitrechnung, mehr als dreitausendsechshundert Jahre in der Zukunft. Seit elf Jahren leben die Bewohner der Milchstraße in einer Phase relativer Ruhe. Zwischen den Sternenreichen herrscht Frieden – doch unter der Oberfläche brodeln die Konflikte weiter ... Das zeigt sich, als die Föderation Normon zu zerbrechen droht. Der demokratische Planetenbund, der vor Jahrtausenden von Menschen begründet worden ist, steht vor einem Bürgerkrieg. Perry Rhodan und der Mausbiber Gucky brechen auf, um zwischen den verfeindeten Parteien zu vermitteln. Zur gleichen Zeit erscheint eine unbekannte Roboterzivilisation, die mit brutalen Mitteln Einwohner von Planeten vertreibt. Perry Rhodan, der durch einen Notruf zu einem dieser Planeten geführt wurde, gerät in die Hände dieser Roboter. Sie behaupten, in seinem Auftrag zu handeln, aber Rhodan ist sich sicher, das ist DER JAHRTAUSENDIRRTUM ...

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 147

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Nr. 3

Der Jahrtausendirrtum

Menschlichkeit auf dem Prüfstand – ist ein Krieg noch zu verhindern?

Dietmar Schmidt

Cover

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

1. Die erste Schlacht

2. Ein besonderer Morgen

3. Nach der Entführung

4. Humanitäre Katastrophe

5. Wer ist der Feind?

6. Testszenarien

7. Alleingang

8. Glückssträhne

9. Gefahr aus der Vergangenheit

10. Probieren geht über Studieren

11. Solang noch Hoffnung ist

12. Wie in alten Zeiten

Impressum

Wir schreiben das Jahr 2083 der Neuen Galaktischen Zeitrechnung, mehr als dreitausendsechshundert Jahre in der Zukunft. Seit elf Jahren leben die Bewohner der Milchstraße in einer Phase relativer Ruhe. Zwischen den Sternenreichen herrscht Frieden – doch unter der Oberfläche brodeln die Konflikte weiter ...

Das zeigt sich, als die Föderation Normon zu zerbrechen droht. Der demokratische Planetenbund, der vor Jahrtausenden von Menschen begründet worden ist, steht vor einem Bürgerkrieg. Perry Rhodan und der Mausbiber Gucky brechen auf, um zwischen den verfeindeten Parteien zu vermitteln.

Zur gleichen Zeit erscheint eine unbekannte Roboterzivilisation, die mit brutalen Mitteln Einwohner von Planeten vertreibt. Perry Rhodan, der durch einen Notruf zu einem dieser Planeten geführt wurde, gerät in die Hände dieser Roboter. Sie behaupten, in seinem Auftrag zu handeln, aber Rhodan ist sich sicher, das ist DER JAHRTAUSENDIRRTUM ...

Die Hauptpersonen des Romans

Perry Rhodan – Der Terraner muss sein Menschsein beweisen.

Aurelia Bina – Die Posmi wird nur für einen Menschen gehalten, wenn es ihr nicht passt.

Auquun – Der Chenno muss sich als Mensch erweisen.

Nagmum Kane

1.

Die erste Schlacht

Chentapsystem, 1. Juli 2083 NGZ

Aurelia Bina ortete ein Feuergefecht, als sie über dem bewohnten vierten Planeten der weißgelben Sonne aus dem Linearraum kam.

Kugelförmige Schiffe stiegen von der Welt auf, ohne eine Kennung zu senden. Viele von ihnen durchmaßen fünfzig Meter und hatten eine blau-silbern schillernde Außenhaut.

Es waren Schiffe der fremden Roboter, einer aus dem Nichts gekommenen Bedrohung noch unbekannten, sicher aber interstellaren Ausmaßes. Sie schirmten eine Zone ab, in der sich andere Silberschiffe sammelten, die ebenfalls von der Oberfläche des Planeten Chentap kamen.

Andere Kugelraumschiffe lagen mit den Raumern der Roboter im relativen Nahkampf und versuchten die größeren Einheiten an der Flucht zu hindern. Mit ausgeklügelten Manövern strebten sie an, sich in vorteilhafte Konstellationen zu bringen, um ihr Feuer auf die silbernen Sphären zu konzentrieren. Diese Raumer waren konventioneller gebaut, mit Triebwerksringwulst. Sie identifizierten sich als Kampfschiffe der Wahren Föderation Normon.

Mit den Robotern in den blau-silbernen Raumern hatte Bina bereits auf Pantrals Welt Bekanntschaft geschlossen. Die Roboter bereiteten den Planeten angeblich für eine Besiedlung durch Menschen vor. Sie hatten Bina festgehalten, und einer von ihnen namens Virgil hatte versucht, sie zu manipulieren und hinzuhalten.

Bina hatte ihn in einem Zweikampf vernichtet und mit ihrer Space-Jet LOVAT fliehen können, aber Virgil hatte mit einem Strahlerschuss den Paratronkonverter beschädigt. Das war ein Fehler, der bei der Wartung der Space-Jet nach Ende ihrer Mission auf Pantrals Welt nicht bemerkt worden war. Bina war sicher, dass das den Verantwortlichen seine Stelle kosten würde.

Irgendwann. Wenn sie am Stück aus dem Hexenkessel um Chentap gelangte.

Denn wegen der Beschädigung konnte Bina fortschrittliche Tarneinrichtungen wie den Paros-Schattenschirm nicht mehr nutzen. Dabei wäre es sehr hilfreich gewesen, in dem umkämpften Sonnensystem unentdeckt zu bleiben, bis ihr Vorhaben erledigt war.

Die Mission: Sie hatte Perry Rhodan im System finden und ihn vor den Robotern warnen wollen. Vor denen, die nun hier kämpften. Ziemlich sicher hatte er von deren Anwesenheit und Aggressivität inzwischen auch ohne Binas Zutun erfahren.

Welche Raumschiffe die neu entdeckten Gegner flogen, war ihr bislang nicht bekannt gewesen. Aber sie konnte Teile des Funkverkehrs der Normon-Raumer mit einem Raumsoldaten-Team auf dem Planeten mithören, und die verknüpften die Schiffe eindeutig mit den Robotern.

Bina brauchte die Kontrollen der LOVAT nicht zu berühren, um ihr Raumboot zu steuern. Sie war mit dem Logik-Positronik-Verbund der Space-Jet vernetzt. Das Boot war wie eine Erweiterung ihres Körpers, die Ortungsinstrumente wie eine Ergänzung ihrer Sinne, mit denen sie in den Weltraum hinaus spüren konnte.

Aurelia Bina war ein extrem hoch entwickelter Roboter. Gewöhnlich trug sie eine künstliche Körperhülle, die sie aussehen ließ wie ein biologisches Lebewesen. Im Augenblick bot diese Hülle das Erscheinungsbild einer blonden Terranerin in schwarzer Kleidung.

Bina wählte häufig weibliche Hüllen, denn sie betrachtete sich als weiblich. Als Stellvertretende Chefin des Terranischen Liga-Dienstes, des Geheimdienstes der Liga Freier Galaktiker, war es für sie oft wichtig, nicht sofort als das erkannt zu werden, was sie war: eine Posmi, eine positronisch-semitronische Intelligenz.

Was Maskeraden und Charaden anging, unterschied sie sich gar nicht so sehr von anderen Geheimagenten, musste sie feststellen.

Laut den Ortungsergebnissen der Individualtaster hielt sich Rhodan noch auf dem Planeten Chentap auf, wo die Roboter gerade die indigene Bevölkerung vertrieben. Sie hatte Rhodan nicht per Hyperfunk erreicht, die Verbindung war gestört worden. Auf einen weiteren Versuch verzichtete sie. Je weniger sie auf sich aufmerksam machte, desto besser.

Was sie Rhodan mitzuteilen hatte, gab ihr ein ungutes Gefühl – denn Aurelia war genauso empfindungsfähig wie ein biologisches Lebewesen, obwohl ihr ein Bioplasmaanteil fehlte.

Nur widerwillig hatte sie seit dem Einsatz auf Pantrals Welt eingesehen, dass sich in der Milchstraße ein Problem mit kybernetischen Intelligenzen unbekannter Herkunft anbahnte. Noch direkt nach dieser Mission war sie fest überzeugt gewesen, dass die Roboter nicht gewaltbereit seien.

Diese Überzeugung war von den Ereignissen überrollt worden. Nach Missionsende hatte Perry Rhodan sie kontaktiert und zu einem eigenwilligen Notruf befragt, den er aus dem Chentapsystem empfangen hatte. Chentap befand sich, ebenso wie Pantrals Welt, im Bereich der Föderation Normon.

Chentap. Lebensgefahr. Sie greifen an!, hatte der Notruf gelautet. Rhodan hatte festgestellt, dass sich auf dem Planeten eine unbekannte, möglicherweise aggressive Roboterzivilisation ausbreitete.

Bina war zu lange im Dienst, um an einen Zufall zu glauben. Die beiden Datenpunkte, Angriff auf Chentap und um sich schießende Roboter, gehörten zusammen. Was nichts anderes bedeutete, als dass Rhodan gerade ohne Warnung in ein Wespennest vorstieß.

*

Sie rechnete damit, bei der Annäherung an Chentap entdeckt zu werden.

Der Verband, der gegen die Roboterschiffe kämpfte, bestand aus Schlachtschiffen und Schlachtkreuzern, die nach außen durch Korvetten und Kreuzer abgeschirmt wurden. Die kleineren Einheiten griffen nicht ins Gefecht ein, sondern konzentrierten sich auf die Ortung im System, damit sich kein weiteres Robotergeschwader aus dem Hinterhalt anschleichen konnte.

Dass die LOVAT von ihnen entdeckt wurde, war aufgrund der ausgefallenen Tarneinrichtungen nur eine Frage der Zeit. Zwar besaß Bina den Status einer Diplomatin der Liga Freier Galaktiker. Aber gegen einen übereifrigen Schützen half kein Status.

Es dauerte in der Tat lediglich wenige Sekunden. Die Korvette, die einige Millionen Kilometer von der LOVAT entfernt aus dem Linearraum austrat, konnte nur eine kurze Strecke geflogen sein. Bina registrierte Eintritts- und Austrittssignatur beinahe gleichzeitig.

Das Schiff funkte Symbolabfolgen auf Hyperwelle, die Positroniken zur Kommunikation miteinander benutzten, und identifizierte sich als die Korvette CONOROI der Wahren Föderation Normon. Sie forderte die LOVAT auf, aktive Tastung, Triebwerke, Schutzschirmgeneratoren und Waffensysteme zu desaktivieren und ein Enterkommando zu erwarten.

Bina hatte keine Verständnisschwierigkeiten und die Anfrage schneller verarbeitet, als ein Mensch zum Blinzeln brauchte. Die Informationen erreichten ihren Verstand nicht hintereinander, nicht seriell, sondern waren allesamt von einem Moment auf den anderen präsent.

Sie sah die Korvette als Schiff von 65 Metern Kugeldurchmesser mit einer glatten, nur von geöffneten Geschützblenden unterbrochenen Außenhaut und einem äquatorialen Ringwulst, der die Impulstriebwerke beherbergte. An diesen Triebwerken blitzte es immer wieder auf. Die Korvette flog ein Abfangmanöver, das sie in die unmittelbare Nähe der LOVAT bringen würde.

Bina wunderte sich über das Verhalten der CONOROI-Besatzung, ein Vorgang, der länger dauerte als der Austausch positronischer Informationen. Sie veranlasste, dass die LOVAT sich als Space-Jet der Ligaflotte identifizierte und ihre diplomatische Akkreditierung sendete, fragte sich dabei aber, wieso die Korvette keine normale Hyperfunkbotschaft gesendet hatte. Sie entschied sich, ihrerseits eine Anfrage an die CONOROI zu funken.

»Hier spricht Aurelia Bina an Bord der Space-Jet LOVAT, Flotte der Liga Freier Galaktiker. Ich befinde mich auf einem Erkundungsflug nach den Statuten des Abkommens zwischen der Föderation Normon und der Liga und verfolge keine feindlichen Absichten. CONOROI, bitte kommen.«

Sie ließ Schutzschirme und Waffensysteme aktiviert. Die Antriebssysteme blieben unter Energie, und sie tastete die Umgebung genauso ab wie die CONOROI.

Rasch hatte Bina die verschiedenen möglichen Entwicklungen überschlagen. Sie war zu dem Schluss gelangt, dass aggressives Verhalten zwar nicht angebracht sei, es ihr aber als Schwäche ausgelegt werden konnte, wenn sie sich den Anweisungen der normonischen Korvette bedingungslos fügte. Ihre aktive Tastung war nicht intensiv, nicht darauf angelegt, Ortungsabschirmung zu durchbrechen.

Die Reaktion der CONOROI dagegen bestand aus einer Intensivtastung, wie Bina sie vermieden hatte. Hyperimpulse prasselten auf die Außenhaut der LOVAT und fühlten sich für Bina an, als hämmerten tausend spitze Nadeln auf jeden Quadratzentimeter ihrer Körperoberfläche ein.

Das war ein aggressiver Akt, eine Warnung, die letzte Stufe vor aktiver Zielerfassung und einem Impulsstrahl vor den Bug.

Mit den erweiterten Sinnen ihrer Ortungsinstrumente registrierte sie einen Energieaufbau in den überlichtschnellen Multivariablen Hochenergiegeschützen der Korvette.

Gleichzeitig ging eine Hyperfunkbotschaft ein. Diese hatte das Standardformat für Schiff-Schiff-Kommunikation. War das ein Zugeständnis? Bina beschloss, es als solches aufzufassen, und nahm den Funkspruch an.

*

Im Kommunikationsholo bauten sich Kopf und Schultern eines jungen Mannes auf. Er hatte ein strenges Gesicht mit schwarzen Augen und kurze violette Haare. Seine Bordkombination war nachtschwarz und wies einen hochstehenden Kragen auf, an dessen Rand zwei schmale goldene Streifen verliefen.

Die Datenbank der LOVAT signalisierte Bina dass die Streifen das Rangabzeichen eines normonischen Oberleutnants waren, und damit war der junge Mann vermutlich der Kommandant der Korvette.

»Robotschiff, hier spricht Oberleutnant Tatsuo von der Raumflotte der Wahren Föderation Normon, Kommandant der Korvette CONOROI. Befolge die übermittelten Befehle, Robotschiff! Sonst eröffnen wir das Wirkungsfeuer.«

Bina übermittelte ihr Holobild an das andere Raumschiff und stellte sich erneut vor.

Tatsuo schüttelte den Kopf. »Du bist ein Roboter. Die Individualabtastung erfasst keinerlei Lebenszeichen an Bord deiner Space-Jet. Dein äußeres Erscheinungsbild kann uns nicht täuschen.«

Er fuhr mit einem Finger über den Kragen mit den beiden dünnen Streifen. Sie schienen ihm viel zu bedeuten.

»Ich bin zwar kein biologisches Lebewesen, aber eine positronisch-semitronische Intelligenz«, erwiderte Bina. »Und täuschen will ich niemanden, sondern habe mich aus freiem Willen für mein Äußeres entschieden.«

»Du bist somit ein Roboter«, sagte Tatsuo unbeirrt. »Wir werden von Robotschiffen überfallen. Die Opferzahlen gehen bereits in die Tausende. Ich muss dich als feindliche Kombattantin betrachten und auf einer Durchsuchung deines Schiffes bestehen.« Wieder strich er mit dem Finger über sein Rangabzeichen. »Uns interessiert sehr, wie du deinem Schiff die Anmutung einer terranischen ZALTERTEPE-Space-Jet verleihst.«

Bina hatte den Eindruck, dass er den dritten Kragenstreifen schon fast spürte; er hoffte, zur Belohnung für seine Entdeckung befördert zu werden.

Das wollte sie ihm nicht leichter machen als nötig. »Ich bin Repräsentantin der Liga Freier Galaktiker. Meine diplomatische Akkreditierung hast du erhalten, Oberleutnant Tatsuo. Du möchtest dich erinnern, dass Robotwesen in der Liga nichts Ungewöhnliches sind. Denke bitte an die Posbis und die ...«

Mit dieser Antwort biss sie bei dem Oberleutnant auf Granit. »Wenn du ein Posbi mit Plasmaanteil wärst, hätten wir es festgestellt. Wie die Dinge stehen, muss ich davon ausgehen, dass du zu den robotischen Gegnern gehörst, die wahllos Welten überfallen und ihre Bewohner massakrieren«, beharrte er stur.

»Ich habe keinen Plasmaanteil, das stimmt. In der Liga existiert jedoch eine größere Vielfalt, als dir vielleicht bekannt ist. Meine fälschungssichere Legitimation wurde bereits übermittelt. Meine Space-Jet ist somit Territorium der Liga und unterliegt genau wie ich diplomatischer Immunität.«

»Mir fällt auf, wie sehr du auf deiner Legitimation herumreitest und ihre Fälschungssicherheit betonst. Ich fürchte, dass es sich dabei um einen Manipulationsversuch handelt.«

Hatte sie nicht eben noch einen übereifrigen Schützen befürchtet? Der hier war kein Schütze. Aber fraglos übereifrig.

Die Korvette hatte die halbe Strecke zwischen ihrem Austrittspunkt und der Position der LOVAT zurückgelegt und dabei konstant an Geschwindigkeit verloren. Das Abbremsmanöver würde in der Nähe der Space-Jet enden, ein Kursangleich wäre danach schnell erfolgt. Die Ortungsinstrumente meldeten Bina, dass die CONOROI sie als Ziel erfasst hatte und die Geschütze aufluden.

»Du erkennst eine offizielle Legitimation nicht an?«

»Du gibst dir den Anschein eines biologischen Lebewesens. Das ist eindeutig ein Versuch, uns zu täuschen. Wenn du dich gleich als Roboter zu erkennen gegeben hättest, wären wir vielleicht bereit gewesen, dir zu glauben, dass du keine feindseligen Absichten hegst. Aber in dieser Schlacht haben wir euch nur zu gut kennengelernt.«

Bitterkeit hatte sich in die Stimme des jungen Offiziers geschlichen, wie Bina bemerkte. »Wo ihr mit Gewalt nicht siegt, greift ihr auf List zurück«, sprach er weiter. »Positronische Wesen mit einer Leistungsfähigkeit, die an Syntroniken heranreicht, könnten eine Liga-Legitimation durchaus fälschen. Du bist damit solch ein Wesen. Wir retten Chentap gerade vor eurer brutalen Aggression. Es lässt sich demnach nicht ausschließen, dass ihr es mit Infiltration durch die Hintertür versucht.«

Die normale Kommunikation unter Lebewesen erschien Bina stets unfassbar langsam. Sie schätzte sie dennoch wegen der unerwarteten Entwicklungen, zu denen es dabei immer wieder kam.

Das Gespräch mit Oberleutnant Tatsuo war von dieser Kategorie, nur entwickelte es sich nicht im Geringsten so, wie sie erhofft hatte.

Zudem verlangten wirklich überraschende Entwicklungen, dass beide Seiten für neue Wendungen offen waren.

Tatsuo beharrte allerdings fest auf seinem Standpunkt. Für ihn war ihre Legitimation gefälscht und die Tatsache, dass Bina sich auf sie berief, bloß der Beweis für die Fälschung.

So kam sie nicht weiter.

Sie würde sich nicht von einem Kommando der CONOROI entern lassen. Sie musste Perry Rhodan sprechen: Kein rangniedriger Offizier, der einen Karrieresprung witterte, würde sie davon abhalten. Innerlich machte sie sich bereit, den Befehl zum Aufbau des HÜ-Schirms zu geben.

Nicht zum ersten Mal bedauerte sie, dass die Paratronkonverter in der halbkugelförmigen Kuppel an der Unterseite ihrer Jet ausgerechnet von genau den Robotern außer Gefecht gesetzt worden waren, die Oberleutnant Tatsuo derart fürchtete. Von dieser Episode berichtete sie ihm lieber nichts.

Wie sollte sie aus der verfahrenen Situation herauskommen, bevor die CONOROI das Feuer eröffnete?

*

Plopp!

Das Geräusch verdrängter Luft in der Steuerzentrale kam sogar für Aurelia Bina unerwartet. Sie drehte den Kopf und sah ein ungefähr metergroßes Wesen in einem Raumanzug vor sich. An der Hinterseite hatte dieser Anzug eine große flache Tasche. Der Raumhelm war im Nacken zusammengefaltet.

Das Wesen im Anzug wirkte wie eine übergroße Maus. Es sah Bina mit großen Augen an und ließ einen einzelnen Nagezahn aufblitzen, der ebenso wie der platte Schwanz mehr zu einem terranischen Biber zu passen schienen.

Sie konnte kaum glauben, was sie sah, aber alle Messwerte bestätigten, dass Gucky leibhaftig vor ihr stand.

»Da bin ich wohl gerade noch rechtzeitig gekommen, bevor du den Schirm einschaltest, was?« Gucky war Telepath, Binas Gedanken allerdings vermochte er nicht zu lesen, weil sie kein biologisches Lebewesen war.

»Wo kommst du her?«, fragte Bina. »Wo ist Perry Rhodan?«

»Antwort auf beides: Chentap. Hatte dort ein bisschen Leerlauf. Bisschen die Beine ins Wasser baumeln lassen. Als es zum großen Exodus kam ...«

»Die Roboter evakuieren den Planeten also wirklich?«

»Sieht ganz so aus. Also, wie gesagt, ich sitz da so, und mit einem Mal schreien mich Captain Ballermanns Gedanken förmlich an. Eine terranische Space-Jet mit robotischer Besatzung – da dachte ich mir, das muss ich mir näher ansehen.«

Er stellte sich so zu ihr, dass das Hyperfunkgerät ihn erfasste. »Hallo, Herr Oberleutnant, du kannst den Gefechtsalarm beenden«, sagte Gucky. »Sie ist, was sie behauptet. Sie gehört zur Liga Freier Galaktiker. Die Liga umfasst viele einzigartige Individuen, am einzigartigsten davon ich. Ihre Akkreditierung ist nicht gefälscht.«

Tatsuo riss verblüfft die Augen auf, schien sich aber sofort wieder zu fangen. »Gucky?«, fragte er. »Wir hatten natürlich Nachrichtendienstmeldungen, dass du im Chentapsystem bist. Kommandant an alle: Rotalarm aufgehoben«, wandte er sich an die Besatzung seiner Korvette.

Bina nahm mit den Sinnen der Space-Jet wahr, wie die CONOROI ihre Systeme herunterfuhr. Tatsuo neigte den Kopf zur Seite, ohne dass sein strenger Gesichtsausdruck milder wurde. »Du hast Freigabe für das Chentapsystem.«

»Einfach so? Gucky hat nichts anderes gesagt als ich. Sogar weniger.«

»Ein Lebewesen hat sich für dich verbürgt. Ein auch in der Föderation Normon sehr gut bekanntes Lebewesen.«

»Sein Äußeres könnte ebenfalls eine Täuschung sein«, führte Bina an.

»Die Daten der Individualabtastung stimmen mit den über Gucky gespeicherten Daten überein. Im Übrigen lautet bei uns derzeit die Losung: Lebewesen kann man vertrauen; Robotern nicht.«

Bina lachte ohne jede Erheiterung. »Was du nicht sagst Ich bin jedenfalls von Lebewesen sehr viel öfter belogen worden als von Robotern.« Sie trennte die Verbindung.

Sie wollte sich nichts anmerken lassen, daher biss sie die Zähne ihrer Bio-Velamen-Hülle zusammen. Kurzzeitig beherrschte eine einzige Frage Binas Gedanken: Das ist alles? Gucky braucht nur zu sagen, dass es okay sei, und es ist okay?

Als Posmi war sie zu Empfindungen fähig. Was sie jetzt empfand, war unsägliche Einsamkeit. Sie wurde nicht zum ersten Mal ausgegrenzt, weil sie kein biologisches Wesen war. Aber nur selten war ihr so deutlich gezeigt worden, wie wenig sie in den Augen mancher Menschen galt.

Bina schob diese Gedanken vorerst beiseite. Ihre Mission hatte im Vordergrund zu stehen. »Also, wo ist Perry Rhodan? Lässt du ihn etwa auf dem Planeten in einer Kampfzone?«

Bei ihrem Ton, der trotz aller Verdrängung recht barsch ausgefallen war, ließ Gucky den Nagezahn verschwinden. »Autsch«, sagte er. »Ich kann doch nichts dafür, dass du es mit so einem Terkonitschädel zu tun hattest.«

Ihr wurde klar, dass sie den Ilt angefahren hatte. Aber das war okay: Sie war auch auf Gucky wütend. Das musste er dann eben einmal aushalten. Immerhin hatte sie auszuhalten, dass ihr Wort nichts galt, weil ihr ein paar Zellschwingungsmuster fehlten.

»Was waren das denn für Leute?«, fragte sie.