Mission SOL 3: Gefährlicher Pakt - Dietmar Schmidt - E-Book

Mission SOL 3: Gefährlicher Pakt E-Book

Dietmar Schmidt

5,0

Beschreibung

Das Jahr 1552 Neuer Galaktischer Zeitrechnung: Seit über 3000 Jahren reisen die Menschen zu den Sternen. Sie haben unzählige Planeten besiedelt und sind faszinierenden Fremdvölkern begegnet. Terranische Raumschiffe erforschen das Universum, manche davon werden zu berühmten Legenden – dazu gehört insbesondere die gigantische SOL. Perry Rhodan hat die Menschheit von Beginn an bei ihren Vorstößen ins All geleitet. Als er in der Milchstraße eine kosmische Katastrophe abwenden will, wird er unfreiwillig an einen Ort versetzt, der Millionen Lichtjahre von der Heimat entfernt ist. Dort findet er die SOL und die Nachkommen ihrer Besatzung. Sie sind auf dem Riesenplaneten Evolux gefangen. Perry Rhodan muss herausfinden, was mit dem Generationenraumschiff und den Menschen an Bord geschehen ist – nur so gelingt ihm vielleicht die Rückkehr in die Heimat. Ein Augenzeugenbericht enthüllt, welche Gefahren die SOL auf ihrer langen Reise erlebt hat. Wie es sich herausstellt, hatte die Besatzung des Raumschiffs zeitweise nur eine Chance – aber es ist ein GEFÄHRLICHER PAKT ...

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Nr. 3

Gefährlicher Pakt

Die lange Reise der SOL – eine Kommandantin berichtet

Dietmar Schmidt

Cover

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

1. SOL-Zelle 2 – Tare-Scharm, 29. August 1552

2. Chronik der SOL, 1369 NGZ

3. SOL-Zelle 2, 29. August 1552 NGZ

4. Chronik der SOL, 1377 NGZ – Jahr 8

5. SOL-Zelle 2, 29. August 1552 NGZ

6. Chronik der SOL, 1398 NGZ – Jahr 29

7. SOL-Zelle 2, 29. August 1552 NGZ

8. Chronik der SOL, 1398 NGZ – Jahr 29

9. SOL-Zelle 2, 29. August 1552 NGZ

10. Chronik der SOL, 1398 NGZ – Jahr 29

11. SOL-Zelle 2, 29. August 1552 NGZ

Impressum

PERRY RHODAN – die Serie

Das Jahr 1552 Neuer Galaktischer Zeitrechnung: Seit über 3000 Jahren reisen die Menschen zu den Sternen. Sie haben unzählige Planeten besiedelt und sind faszinierenden Fremdvölkern begegnet. Terranische Raumschiffe erforschen das Universum, manche davon werden zu berühmten Legenden – dazu gehört insbesondere die gigantische SOL.

Perry Rhodan hat die Menschheit von Beginn an bei ihren Vorstößen ins All geleitet. Als er in der Milchstraße eine kosmische Katastrophe abwenden will, wird er unfreiwillig an einen Ort versetzt, der Millionen Lichtjahre von der Heimat entfernt ist.

Dort findet er die SOL und die Nachkommen ihrer Besatzung. Sie sind auf dem Riesenplaneten Evolux gefangen. Perry Rhodan muss herausfinden, was mit dem Generationenraumschiff und den Menschen an Bord geschehen ist – nur so gelingt ihm vielleicht die Rückkehr in die Heimat.

Ein Augenzeugenbericht enthüllt, welche Gefahren die SOL auf ihrer langen Reise erlebt hat. Wie es sich herausstellt, hatte die Besatzung des Raumschiffs zeitweise nur eine Chance – aber es ist ein GEFÄHRLICHER PAKT ...

Die Hauptpersonen des Romans

Perry Rhodan – Der Terraner muss unerwartet Überzeugungsarbeit leisten.

Fee Kellind – Die Kommandantin der SOL durchlebt Höhen und Tiefen.

Roi Danton – Seine neue Aufgabe bringt ungeahnte Schwierigkeiten mit sich.

Masling Dryw

1.

SOL-Zelle 2 – Tare-Scharm, 29. August 1552

Neue Galaktische Zeitrechnung

Ehrfurchtsvoll betrachteten die Gestrandeten die Sterne von Tare-Scharm. In der Zentrale der SOL-Zelle 2 herrschte andächtiges Schweigen.

Perry Rhodan ließ ihnen Zeit.

Die Menschen aus dem abgeschiedenen Tal wussten aus ihren Hypnoschulungen abstrakt, was Sterne waren, kannten ihre Entstehungsweise, ihren Aufbau und ihr Schicksal. Doch Theorie und eigene Anschauung waren zwei Dinge. Nichts hätte sie auf das überwältigende Panorama vorbereiten können, das eine Spiralgalaxis bot.

Unzählige Sterne, bunte Materiewolken und in unmittelbarer Nähe: die acht grellen, weißen Sonnen an den Eckpunkten eines Würfels mit Evolux im Zentrum.

Evolux war der Planet, auf dem die beiden SOL-Zellen, jeweils 2500 Meter durchmessende Kugelraumer, von einer bislang unbekannten Macht deponiert worden waren. Der jupitergroße Gigant hatte im Gegensatz zu einem Gasriesen eine feste Kruste. Eigentlich hätte dort eine Schwerkraft von 207 Gravos herrschen, und seine eigene Masse hätte Evolux zu einem wesentlich kompakteren und heißeren Himmelskörper zusammenbrechen lassen müssen. Ein verhinderter Stern wäre entstanden, ein Brauner Zwerg.

Im Fall von Evolux jedoch verhinderte ein immenser technischer Aufwand den Gravitationskollaps. Zugleich wurde die Oberfläche in mehr als hunderttausend Segmente unterteilt.

Elpin Vonnedal saß am Maschinenleitpult, neben ihm der bisherige Maurer Yenc, der ihn nun als schiffstechnischer Offizier unterstützte. Vonnedal drehte sich mit seinem Sessel zu Rhodan herum. »Und was machen wir jetzt?«, fragte er. »Ich wäre dafür, dass wir ins Zentrum der Galaxis fliegen und einen Blick auf das Schwarze Loch dort werfen.«

»Ich möchte in den Halo«, sagte die blasse, dunkelhaarige Rytanaia. »Ich möchte mit eigenen Augen Kugelsternhaufen sehen.«

Andere äußerten weitere Wünsche. Sterngeburtsstätten wollten sie besichtigen, Pulsare und Dunkelnebel. Nach Handelswelten suchen, wo sie fremde Wesen und die Delikatessen der Galaxis kennenlernen konnten. Alles redete durcheinander, nur zwei Personen schwiegen: Mahlia Meyun am Pult der Ersten Pilotin und Pravo Ylapp, der sich einen Platz abseits gesucht hatte.

Meyun starrte ins Zentralholo. Sie hatte mehr auf sich genommen als alle anderen in der Kommandozentrale und am meisten verloren: Ihre Kinder, für die sie so viel riskiert hatte, die ihr teurer waren als alles andere, hatten sich unter dem Einfluss ihres strengen Manns von ihr losgesagt und waren in dem kleinen Tal auf Evolux zurückgeblieben.

Dort hatte Rhodan die Nachkommen terranischer Raumfahrer entdeckt – und die beiden Kugelzellen des Generationenraumschiffs SOL. Ihn selbst hatte es auf einem Weg, den er sich nicht erklären konnte, nach Evolux verschlagen, 45 Millionen Lichtjahre vom Solsystem entfernt. Auf diesem Werftplaneten der Kosmokraten hatten die Gestrandeten mehr schlecht als recht ihr Leben unter dem Joch einer religiös verbrämten Diktatur gefristet.

Rhodan hatte ihnen geholfen, die Herrschaft der Bescheidenen Diener Senns zu brechen. Mit einer Schar Gestrandeter hatte er die SOL-Zelle 2 an sich gebracht und war von Evolux geflohen. Nun stellte sich die Frage, was sie als Nächstes unternehmen sollten. Das Raumschiff hatte eine frisch per Hypnoschuler ausgebildete Rumpfbesatzung und war somit weitgehend aktionsfähig.

Für Rhodan stand fest, dass er nach dem vermissten SOL-Mittelteil suchen wollte. Zum einen beherbergte es SENECA. Das Schiffsgehirn des alten Generationenraumers besaß vielleicht mehr Informationen darüber, wie die SOL in ihre prekäre Lage geraten war. Zum anderen mochte sich Michael Rhodan an Bord befinden. Sein Sohn, der den Namen Roi Danton führte, war wie sein Vater relativ unsterblich und konnte die 183 Jahre seit dem Aufbruch der SOL nach Tare-Scharm überlebt haben.

Als Rhodan das Wort ergriff, verstummten die anderen. Er war der Mensch, der die Ereignisse ausgelöst hatte, durch die sie in diesem Raum waren. Wenn er sprach, hörten die Gestrandeten zu, selbst wenn sie manchmal anderer Meinung waren.

»Ich würde gern nach dem Mittelteil suchen«, verkündete er.

»Wieso denn das?«, fragte Vonnedal ein wenig abfällig.

Rhodan ärgerte sich darüber. Er antwortete dennoch in ruhigem Ton. »Weil es dort Informationen geben könnte, die wir hier nicht finden. Wir haben bereits festgestellt, dass die Logbücher der SOL-Zelle Zwei gelöscht worden sind – von wem auch immer. Interessiert euch denn gar nicht, wer das war und was aus euren Vorfahren geworden ist?«

Ihm schlug kein Widerspruch entgegen, aber er fand auch keinerlei Zustimmung. Eher machten die meisten einen mürrischen Eindruck. Selbst Meyun sah ihn nur kurz an und wandte den Blick wieder ab.

Ylapps Miene war verschlossen. Er sah aus, als wäre sein Gesicht unter großer Hitze zerlaufen und wieder erstarrt. Ylapp war ein Bescheidener Diener Senns gewesen, deren Gesichter bei Aufnahme in den Orden durch eine Operation entstellt wurden. Seine Jugenderinnerungen waren ihm unter einem Indoktrinator genommen worden, einem manipulierten Hypnoschuler, um ihm auch den Rest seiner Identität zu rauben.

»Warum sollte uns das interessieren?«, murrte Ylapp. »Wollen wir nicht lieber einen Schlussstrich unter das Geschehene ziehen?«

»Wir können völlig neu anfangen.« Vonnedal fuhr sich durch die zotteligen, blonden Haare. »Warum sollten wir uns das alte Zeug ans Bein binden?«

»Ich will nicht belehrend klingen«, sagte Rhodan, »aber ich habe die Erfahrung gemacht, dass die Vergangenheit dazu neigt, einen einzuholen. Und wenn das geschieht, ist man besser dran, wenn man sie bereits kennt.«

Er merkte deutlich, dass er damit nicht zu seiner neuen Crew durchdrang.

»Wir haben bereits erfahren, dass jemand im Hintergrund die Fäden zieht«, fuhr er fort. »Dieser geheimnisvolle Statthalter von Evolux ließ uns entkommen. Ein hoher Funktionär der Kosmokraten befasst sich persönlich mit einem einzelnen fremden Raumschiff? Da frage ich mich, was dahintersteckt. Ich will euch keine Angst machen, aber mich beunruhigt es. Wenn wir mehr wüssten, könnten wir uns besser wappnen.«

»Was du sagst, leuchtet mir ein«, gab Mahlia Meyun zu. »Wir brauchen mehr Informationen. Und vielleicht erfahren wir so auch ein bisschen mehr darüber, wer wir wirklich sind.«

»Haben wir überhaupt Anhaltspunkte?«, fragte Hafnu, die im Tal Obst und Getreide gepflanzt hatte. »Die Mittelzelle der SOL kann ja schließlich auch irgendwo auf Evolux deponiert sein.«

»Vielleicht«, sagte Rhodan. »Das Logbuch ist gelöscht, aber möglicherweise ...«

Ehe die anderen überhaupt merkten, dass er überlegte, wischte er schon in dem kleinen Positronikholo des Kommandosessels.

»Die alte Kommandantin der SOL, Fee Kellind, hat immer Notizen gemacht, um die Geschichte der SOL niederzuschreiben. Wenn derjenige, der die Logs gelöscht hat, das nicht wusste ...« Er tippte auf eine Schaltfläche. »Da, eine Sicherungskopie! Positronik, zeig uns die Datei Chronik der SOL im Zentralholo. Beginne beim Datum 1369 NGZ. – Das ist das Jahr, in dem die SOL aufgebrochen ist«, erklärte er den Gestrandeten.

»Das Tagebuch ist privat«, weigerte sich die Schiffspositronik. »Die Eigentümerin muss zustimmen.«

»Fee Kellind ist verschollen und wahrscheinlich tot«, konterte Rhodan.

»Kannst du das belegen?«

»Nein.« Perry Rhodan verlor die Geduld. Er rasselte seinen Überrangcode herunter.

Im Zentralholo wurde das goldene Hantelsymbol der komplett zusammengesetzten SOL sichtbar, und eine Frauenstimme erklang.

2.

Chronik der SOL, 1369 NGZ

Der Weg zu Perry Rhodans Amtszimmer in der Solaren Residenz glich einem Spießrutenlauf. Ständig umgaben mich Raumlandesoldaten und Kampfroboter. Ich wurde Retina-Scans unterzogen, man kontrollierte mein Zuckerman-Muster und dergleichen.

Immer wieder musste ich die gleiche Frage beantworten: »Name, Dienstgrad, Funktion bitte?«

Geduldig antwortete ich trotzdem jedes Mal: »Fee Kellind. Flottillenadmiralin. Kommandantin der SOL.« Hätte ich Rhodans Tür erreicht, wenn ich ein einziges Mal einen Scherz versucht hätte?

Als ich endlich vor dem Büro stand, zupfte ich die Uniform in perfekten Sitz, die ich am Morgen mit großer Sorgfalt ausgesucht hatte. Ich lächelte schief. Von jeher war ich in Bezug auf mein Aussehen sehr anspruchsvoll gewesen. Mein Mann zog mich gern damit auf, dass er allein für mich vor jeder Reise unseres Schiffs Kosmetikartikel unterbringen müsse, die den Bedarf eines mittleren Schönheitssalons deckten; er war für die Logistik der SOL zuständig.

Ganz unrecht hatte Porto nicht. Obwohl ich zu einer dienstlichen Besprechung nach Terra geflogen war, hatte ich am Morgen beinahe eine Stunde vor dem Spiegel verbracht und mich am Ende gefreut, wie die bewährte Howalgonium-Mascara meine wasserblauen Augen zur Geltung brachte.

Bei alldem blieb im Hintergrund die Frage, was Perry Rhodan von mir wollen konnte. Ich atmete einmal tief durch und drückte den Summer.

*

Das große Arbeitszimmer bot durch eine transparente Außenwand eine wunderbare Aussicht auf Terrania, das sich bis zum Horizont erstreckte, aber ich hatte keinen Blick für das Panorama der Hauptstadt. Meine Aufmerksamkeit galt ganz dem hochgewachsenen Mann vor der Fensterfront, der sich zu mir umdrehte.

Sein Aussehen – dunkelblonde Haare, graublaue Augen, eine kleine Narbe am Nasenflügel – war so gut wie unverändert, seit ich ihn vor fast achtzig Jahren kennengelernt hatte. Das war vor den weiten Reisen gewesen, auf denen ich die SOL als Kommandantin geführt hatte. Lange vor dem Hyperimpedanz-Schock, der fast alle Hochtechnik in unbrauchbaren Schrott verwandelt und das Hantelraumschiff für über zehn Jahre an die Oberfläche eines Planeten gekettet hatte.

Dass sich Rhodan seither nicht verändert hatte, lag an dem Zellaktivator in seiner linken Schulter, der seinen Alterungsprozess für immer auf dem Stand eines 39-Jährigen einfror. Wie mochte sich das anfühlen?

»Fee«, grüßte Perry Rhodan. »Wir haben uns lange nicht gesehen.«

An mir lag das nicht, hätte ich am liebsten entgegnet. Wie oft hatte ich in den vergangenen Jahren um eine neue Mission gebeten?

Die SOL war ein Expeditionsraumschiff für Fernreisen, die Generationen dauerten. Sie hatte mehr fremde Galaxien bereist als irgendein anderes von Menschenhand geschaffenes Raumfahrzeug. Eine solche Legende durfte nicht in der Werft vergammeln und auf kurze Flüge beschränkt bleiben.

Und weil ich so sehr hoffte, dass Rhodan mich zu diesem Zweck in sein Amtszimmer gebeten hatte, war ich vor Nervosität fast steif.

Du bist deutlich über hundert Jahre alt, Fee, rief ich mich zur Ordnung. Benimm dich nicht, als wärst du einundzwanzig.

Rhodan wies auf die Konferenzecke vor der Panoramawand. »Bitte nimm Platz. Möchtest du eine Erfrischung?«

»Nein, danke.« Ich setzte mich in einen der Sessel am Multifunktionstisch. Er war angemessen bequem, aber nicht allzu behaglich, man geriet somit nicht in Versuchung, sich entspannen zu wollen. In meinem Arbeitszimmer an Bord der SOL hatte ich ähnliches Mobiliar.

Perry Rhodan nahm mir gegenüber Platz und ließ sich von einem Roboter eine Tasse Kaffee servieren. »Kommen wir gleich auf den Punkt.« Er lächelte. »Du ahnst sicher schon, weshalb du herkommen solltest. Die Liga Freier Terraner möchte die SOL auf eine längere Mission entsenden.«

Er verlor keine Zeit. Das wusste ich zu schätzen. »Die Einsatzbereitschaft der SOL ist erstklassig«, versicherte ich, »der Ausbildungsstand der Besatzung ausgezeichnet, die Stimmung an Bord gut.«

»Nur gut?«

»Eine längere Mission wäre genau das Richtige, um die Stimmung zu heben.«

Rhodan lächelte matt. »Freut mich zu hören.« Ihm ging viel im Kopf herum, das spürte ich.

Er machte eine knappe Geste über dem Konferenztisch. Vor ihm entstand ein holografischer Mikrofonring. »Komm herein.«

In der Seitenwand öffnete sich ein Schott, und ein rotblonder Mann in einer Uniform der United Stars Organisation mit den Rangabzeichen des Generaladmirals trat ins Zimmer.

Ich kannte ihn. Roi Danton war Stellvertreter des Lordadmirals der Neuen USO und ebenfalls Zellaktivatorträger. Sein Alterungsprozess war mit achtundfünfzig Jahren gestoppt worden, ein beginnendes mittleres Alter für die Menschen seiner Zeit. An Bord der SOL war er eine Legende. Während des Kampfes gegen die Terminale Kolonne TRAITOR waren wir Solaner von Kirmizz, einem ranghohen Diener des Chaos, geistig unterjocht worden. Roi Danton hatte das Einsatzkommando angeführt, das den Eroberer der SOL getötet hatte.

Er trat auf mich zu und reichte mir die Hand.

Ich schüttelte sie. »Freut mich aufrichtig, dich wiederzusehen«, sagte ich.

Rhodan bot eine Erfrischung an, Danton winkte ab, und wir nahmen wieder Platz.

»Ich möchte euch etwas zeigen«, sagte Rhodan. »Vor nicht allzu langer Zeit haben wir eine Richtfunkbotschaft erhalten, bei der wir davon ausgehen müssen, dass sie außergalaktischen Ursprungs ist. Und mit wir meine ich: Die Hyperfunknachricht war so scharf und präzise gebündelt, dass sie außerhalb der Solaren Residenz schon nicht mehr zu empfangen war.«

Danton zog die Brauen hoch, und mir war mein Erstaunen wohl ebenfalls anzusehen. Eine Nachricht von außerhalb der Galaxis, so scharf gebündelt und so genau ausgerichtet, dass sie nur auf einem einzigen Planeten in einem einzigen Gebäude zu empfangen war? Milchstraßentechnik wäre dazu nicht imstande gewesen.

»Von wem stammt sie?«, fragte Danton.

Ich strich mir übers Kinn. Anders als ich vermutet hatte, war er noch nicht im Bilde.

»Seht selbst.« Rhodan hob den Kopf. »LAOTSE, spiel besagte Richtfunkbotschaft ab.«

Die angesprochene Biopositronik projizierte ein Hologramm über dem Konferenztisch. Das Gesicht, das darin sichtbar wurde, verblüffte. So faszinierend das Wesen auch war, hatte ich doch gehofft, ich müsste es niemals wiedersehen.

Ein schmaler, fellbedeckter Kopf schaute mich an, der entfernt an einen Tiger denken ließ. Beiderseits der Nase mit den großen Nüstern ringelten sich hellgrüne Tentakel. Die langen Ohren liefen spitz und faserig aus und waren oben abgeknickt. Dem Oberkörper entsprangen vier dünne, knochige Arme mit feingliedrigen Händen, die hohe Fingerfertigkeit verrieten. Die wurmartigen Nasententakel hatten sich die Wesen, wie ich wusste, gentechnisch selbst angezüchtet. Mit ihnen konnten sie noch fragilere Arbeiten leisten.

Ich merkte, wie ich unwillkürlich den Mund verzog. Ein strenges Aroma stand mir in der Nase.

Das Wesen, dessen Brustbild ich betrachtete, hatte stets fürchterlich gestunken, wenn es sich aufregte – also beinahe immer. Gestunken hatte uns auch sein ganzes Gebaren: eingebildet, kurz angebunden, gönnerhaft und arrogant bis zur Menschenverachtung.

Curcaryen Varantir kam ohne Umschweife zur Sache. »Rhodan. Mit dieser Nachricht erhältst du einen Satz Raumkoordinaten. Schick mir die SOL dorthin. Zügig.«

Ohne weiteres Wort erlosch das Holo des Algorrian.

Einen Moment lang schwiegen wir, dann fragte Roi Danton: »Kommt es nur mir so vor, oder haben in den vergangenen beiden Jahrzehnten seine Manieren gelitten?«

Wir lachten leise. Die barsche Anweisung war Curcaryen Varantir, wie er leibte und lebte. Er machte sich schlichtweg keine Gedanken darüber, wie er auf andere Lebewesen wirkte.

»Auf jeden Fall klingt er nach Varantir«, sagte ich. »Wir hatten ja an Bord der SOL lange genug die Freude mit ihm und seiner Familie. Können wir sicher sein, dass die Nachricht wirklich von ihm stammt?«

Rhodan grinste. »Schon eine intergalaktische Funksendung übertrifft unsere Möglichkeiten. Die technische Leistung, sie so stark zu bündeln, dass sie nur von der Solaren Residenz empfangen werden kann, spricht dafür, dass ein Algorrian oder jemand von vergleichbarem Können dahintersteckt.« Er sah von mir zu Danton. »Aber auch der Identifikationscode stammt eindeutig von Varantir.«

Ich lehnte mich zurück. So unangenehm Varantir im Umgang war, langweilig wurde es in seiner Nähe nie. Hinreichend überlegene Technik sei nicht von Magie zu unterscheiden, hieß es oft; dann aber war Varantir ein Zauberer.

»Was sind das für Koordinaten?«, fragte ich.

*

»LAOTSE«, sagte Perry Rhodan. »Bitte.«

Wortlos präsentierte die Biopositronik eine dreidimensionale Galaxienkarte. Ich erkannte sofort die Milchstraße und Andromeda. Der Blickpunkt verließ die lokale Gruppe und näherte sich einer ferneren Sterneninsel. Sie gehörte mit ihrem vergleichsweise kleinen Zentrumsgebiet und den offenen, weit geschwungenen Spiralarmen zum Typ Sc.

Vor der Scheibe hielt der Blickpunkt an. Ein Infokästchen verriet uns, dass Varantirs Koordinatenpunkt gut 40.000 Lichtjahre oberhalb der Hauptebene lag, im Halo.

Ich runzelte die Stirn. »Ich bin mir nicht ganz sicher. Ist das Tare-Scharm?«

Rhodan nickte. »Fünfundvierzig Millionen Lichtjahre von der Erde entfernt.«

»Ich weiß, dass du schon dort gewesen bist.« Versonnen betrachtete ich die Galaxis. Rhodan war in die Vergangenheit von Tare-Scharm zurückgereist, um Informationen zu erlangen, die wir für den Kampf gegen TRAITOR benötigt hatten.

Eine Reise nach Tare-Scharm, dachte ich. Am liebsten wäre ich auf der Stelle aufgebrochen. Die Sache hatte aber einen Haken.

Danton blickte Rhodan an. »Wie ich dich kenne, wirst du dieser ... Bitte nachkommen, allein schon, weil du nicht schlafen könntest, bevor du weißt, was Varantir von dir will.«

»Wissen möchte ich das allerdings«, bestätigte Rhodan. »Aber nicht nur aus Neugier.«

»Sicher«, sagte Danton. »Nur, wie lange dauert es denn, mit der SOL nach Tare-Scharm zu fliegen? Ihr Überlichttriebwerk ist gut, aber ... fünfundvierzig Millionen Lichtjahre?«

»Für die einfache Strecke benötigt die SOL fünfundzwanzig Jahre, wenn sie ununterbrochen mit maximalem Überlichtfaktor fliegt. Realistischer wären dreißig Jahre.«