Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
Das Jahr 1550 Neuer Galaktischer Zeitrechnung: Seit über 3000 Jahren reisen die Menschen zu den Sternen. Sie haben zahlreiche Planeten besiedelt und sind faszinierenden Fremdvölkern begegnet. Sie haben Freunde ebenso wie Gegner gefunden, streben nach Verständigung und Kooperation. Besonders Perry Rhodan, der die Menschheit von Beginn an ins All geleitet hat, steht im Zentrum dieser Bemühungen. Mit der Gründung der Liga Freier Galaktiker tragen diese Bestrebungen inzwischen Früchte. Eine neue Ära des Friedens bricht an. Aber nicht alle Gruppierungen in der Milchstraße sind mit den aktuellen Verhältnissen zufrieden – besonders die Tefroder hegen eigene Pläne. Rhodan wird in diese Aktivitäten verwickelt, als er zur Museumswelt Shoraz reist. Er steht dort seiner Frau Sichu Dorksteiger gegen einen Angriff der Tefroder zur Seite, gerät dabei jedoch in Gefangenschaft. Auf dem Kerkerplaneten Adarem sucht Perry Rhodan seither nach Mitteln und Wegen, in die Freiheit zu entkommen. Seine schier übermächtigen Gegner sind DIE HERREN VON ADAREM ...
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Das Hörbuch können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
Nr. 8
Die Herren von Adarem
Sie halten die Fäden in der Hand – sind aber nicht unantastbar
Dietmar Schmidt
Cover
Vorspann
Die Hauptpersonen des Romans
1. Adarem
2. Geheimgefängnis
3. Forschungsanlage
4. »Wildblumentrakt«
5. Labortrakt 3
6. Kadurs Reich
7. Wildblumensektion
8. Kadurs Reich
9. Lagerraum
10. Büro des Gefängnisdirektors
11. Labortrakt 3
12. Olymp
13. Labortrakt 3
Lesermagazin
Impressum
PERRY RHODAN – die Serie
Das Jahr 1550 Neuer Galaktischer Zeitrechnung: Seit über 3000 Jahren reisen die Menschen zu den Sternen. Sie haben zahlreiche Planeten besiedelt und sind faszinierenden Fremdvölkern begegnet. Sie haben Freunde ebenso wie Gegner gefunden, streben nach Verständigung und Kooperation.
Besonders Perry Rhodan, der die Menschheit von Beginn an ins All geleitet hat, steht im Zentrum dieser Bemühungen. Mit der Gründung der Liga Freier Galaktiker tragen diese Bestrebungen inzwischen Früchte. Eine neue Ära des Friedens bricht an.
Aber nicht alle Gruppierungen in der Milchstraße sind mit den aktuellen Verhältnissen zufrieden – besonders die Tefroder hegen eigene Pläne. Rhodan wird in diese Aktivitäten verwickelt, als er zur Museumswelt Shoraz reist.
Er steht dort seiner Frau Sichu Dorksteiger gegen einen Angriff der Tefroder zur Seite, gerät dabei jedoch in Gefangenschaft. Auf dem Kerkerplaneten Adarem sucht Perry Rhodan seither nach Mitteln und Wegen, in die Freiheit zu entkommen. Seine schier übermächtigen Gegner sind DIE HERREN VON ADAREM ...
Perry Rhodan – Der Terraner setzt seine Haut aufs Spiel.
Ypheris Bogyr – Der Prospektor packt aus.
Mahé Elesa – Die Altgefangene weiß, wo es langgeht.
Adan Nibota, Kostin Shalaufdag, Ebaryn – Die Herren von Adarem geraten unter Druck.
1.
Adarem
12. Mai 1550 NGZ
Vor Perry Rhodan öffnete sich ein Schott, und ihm schlug kühle, steril riechende Luft entgegen.
Ein Tefroder in einer dunkelblauen Kombination erwartete ihn mit vor der Brust verschränkten Armen und einem breiten Grinsen im Gesicht. Seine Stirn und seine Augenpartie waren hinter dem spiegelnden Visier eines graugrünen Helms verborgen. Rhodan spürte trotzdem, dass der Mann ihn musterte. Im Gegensatz zu den Wärtern in dem Gefängnistrakt, aus dem Rhodan hergeführt worden war, trug der Tefroder keinen schlagdämpfenden Körperschutz. Aber am Koppel hingen ein Strahler in einem offenen Holster und ein Narkoknüppel.
Rhodan steckte nach wie vor in der graublauen Häftlingskluft, in der er vor mehreren Tagen aufgewacht war. Die schlichten Kleidungsstücke hatten nicht einmal Taschen. Das transparente, gummiartige Plastikmaterial seiner Schuhe quietschte und schmatzte bei jedem Schritt auf dem Metallplastikboden. Die Bezeichnung Schuhe hatten sie eigentlich nicht verdient, es waren im Grunde bloße Fußhüllen. Das Schild an Rhodans Brust wies ihn als Häftling Nummer 1233 aus.
So sprach ihn der Wärter auch an. »Willkommen, Einszweidreidrei. Wenn du so freundlich wärst, vorzutreten.« Die herzlichen Worte passten nicht zu seinem hämischen Tonfall.
Rhodan durchquerte wie geheißen die Schottöffnung. Am Luftzug und dem leisen, dumpfen Schlag spürte er, dass sich die Sperrtür unmittelbar hinter ihm wieder schloss. Der hünenhafte Gefängniswärter, der Rhodan bislang eskortiert hatte, blieb dahinter zurück. Womöglich hatte er keine Berechtigung, dieses Sicherheitsschott zu passieren, dessen Außenseite mit zahlreichen Warnschildern bedeckt war.
Rhodan stand nun in einer vielleicht sechs Quadratmeter großen Kammer mit glatten, pastellgrünen Wänden. In der gegenüberliegenden Wand zeichnete sich ein zweites Schott ab. Überwachungseinrichtungen waren nicht zu sehen, aber das musste nichts heißen. Rhodan ging davon aus, dass jede seiner Bewegungen beobachtet und aufgezeichnet wurde. Das galt besonders beim Übergang in einen Trakt, über den die Häftlinge im tefrodischen Geheimgefängnis von Adarem nur hinter vorgehaltener Hand sprachen.
Der Planet Adarem umkreiste den Stern Aduran, der zum Olymp-Komplex gehörte. Mehr war Rhodan über die Sonne und ihre galaktische Position nicht bekannt. Weder hatte er je den Himmel des Planeten gesehen noch in der weitläufigen Gefängnisanlage, die aus künstlichen Korridoren und Räumen in hellem Grau sowie in natürlichen Fels geschnittenen Gängen und Höhlen bestand, irgendwo ein Fenster oder einen Bildschirm gefunden, die einen Blick nach außen geboten hätten.
Perry Rhodan war auf dem Museumsplaneten Shoraz in tefrodische Gefangenschaft geraten. Sichu Dorksteiger, Chefwissenschaftlerin der Liga Freier Galaktiker und Rhodans Frau, hatte dort archäologische Forschungen betrieben und zuletzt die Untersuchung der sogenannten Shoziden-Box geleitet.
Nach einem ersten Erfolg waren plötzlich tefrodische Soldaten aufgetaucht und hatten versucht, das Artefakt gewaltsam in ihren Besitz zu bringen. Während der Kämpfe war es den Tefrodern gelungen, Rhodan zu entführen. Er machte sich Sorgen, wie es seiner Frau seither ergangen sein mochte, und wusste, dass es ihr umgekehrt nicht anders erging.
Rhodan biss die Zähne zusammen und drängte seine Beklommenheit beiseite.
»Frisch ans Werk!«, rief der Tefroder. »Gesicht zur Wand, Einszweidreidrei. Stütz dich mit den Händen ab, und Beine breit. Du weißt ja, wie es geht.«
Rhodan gehorchte, und der Wärter durchsuchte ihn nach Gegenständen.
Er würde nichts entdecken, denn Rhodan besaß nichts. Bei der Mitgefangenen, die ihn und seinen Zellengenossen befreit hatte, wäre der Wärter hingegen fündig geworden. Mahé Elesa besaß ein ganzes Arsenal an Hilfsmitteln, sogar eine kleine Positronik in ihrem Ohrschmuck.
Die Prospektorin war schon seit langer Zeit auf Adarem eingesperrt. Mit Auskünften darüber, wie es ihr gelungen war, sich technische Ausrüstung zu verschaffen und sich relativ frei im Gefängnis bewegen zu können, war sie recht sparsam geblieben.
Elesas Instrumentarium war ihnen jedoch sehr nützlich gewesen, als sie zu dritt durch die Gänge der Gefängnisanlage geflohen waren: Elesa, Rhodan und Ypheris Bogyr, den die Tefroder ebenfalls auf Shoraz gefangen genommen und zu Rhodan in die Zelle gesperrt hatten.
Der Mitgefangene war weiterhin ein rätselhafter Mensch, überlegte Rhodan, während der Wärter ihn abtastete. Bogyr stand offenbar auf der tefrodischen Fahndungsliste – wegen Diebstahls eines Artefakts und wegen des Mordes am tefrodischen Botschafter auf Olymp. Dass Bogyr lange Finger gemacht hatte, lag für Rhodan im Rahmen des Möglichen. Den Mord traute er dem jungen Mann indes nicht zu – zumal Bogyr zur Tatzeit gar nicht vor Ort gewesen sein konnte. Der Botschafter mochte zu Tode gekommen sein, aber Rhodan ging davon aus, dass die Tefroder etwas anderes bezweckten, wenn sie Bogyr die Tat anhängten und ihn bezichtigten, ein Agent des Terranischen Liga-Dienstes zu sein. Aber was?
Fest stand für Perry Rhodan nur, dass der etwa fünfzig Jahre alte Terraner kein Geheimagent, sondern ein Prospektor war – ganz wie Bogyr es behauptete. Ein Prospektor, der Rhodans Identität mittlerweile kannte, genau wie Mahé Elesa.
Der Wärter beendete die Leibesvisitation, ging zum zweiten Schott und legte die Hand in Brusthöhe auf den Rahmen. Mit leisem Zischen fuhr die Drucktür beiseite.
Der Tefroder trat in den Gang vor und winkte Rhodan mit einer knappen Handbewegung, ihm zu folgen. Wann immer Rhodan dem Mann ins Gesicht sah, spielte dieses Grinsen um die Lippen des Wärters, ohne dass es festgefroren wirkte. Es erweckte vielmehr den Eindruck, dass der Uniformierte genau wusste, was Rhodan erwartete, und sich an seinem Wissensvorsprung ergötzte – oder sogar an Vorfreude?
Rhodan setzte sich in Bewegung. Hinter ihm fuhr das zweite Schott rasch zu, und er stand in einer Art Kreuzungskammer, von der mehrere Türen abzweigten.
Zwei humanoide, gut zweieinhalb Meter hohe Roboter wachten an gegenüberliegenden Wänden. Sie reagierten in keiner Weise darauf, dass Rhodan und der Wärter eintraten. Aber dem Terraner war klar, dass die Maschinen genau beobachteten, was geschah.
Im vorigen Gefängnistrakt hatte es nirgendwo Hinweisschilder oder Informationsmonitoren gegeben, und die verschiedenen Abteilungen hatten sich nur durch das Aroma ihrer Atemluft unterschieden. Tefroder besaßen einen scharfen Geruchssinn und konnten sich anhand von Düften orientieren; Rhodan war das nicht gelungen. Zum Glück hatte sich Elesa gut in der Anlage ausgekannt.
In diesem Raum nun sah Perry Rhodan erstmals Richtungspfeile mit Aufschriften in Tefroda, die er lesen konnte:
»Labortrakt 1–3
Labortrakt 4–8
Wohneinheiten Personal
Freizeitbereich
Mensa
Gartenanlage
Zentralbibliothek
Verwaltung
Zoo A
Zoo B«
Farbränder umgaben die Pfeile und verwiesen offenbar auf die sechs Türen, die aus der Kreuzungskammer führten.
Labortrakte, eine Bibliothek und vor allem eine Mensa: Das war ein uralter Begriff aus dem akademischen Milieu für eine Kantine, die man an Bord von Raumschiffen und Raumstationen traditionell als Messe bezeichnete. Das alles deutete auf eine Forschungseinrichtung hin.
Eine Forschungsanlage, die an ein Geheimgefängnis angeschlossen war, das sich außerhalb des Hoheitsraums der Tefroder befand. Für welche Experimente betrieb das Neue Tamanium einen derartigen Aufwand?
*
Wieder hielt der tefrodische Wächter seine Hand an einen der Schottrahmen, und wieder öffnete sich vor ihm der Durchgang. Am Rahmen selbst war nichts zu erkennen, keinerlei Abtastvorrichtung irgendeiner Art, und Perry Rhodan fragte sich, wie die Identitätskontrolle funktionieren mochte.
Denn sein Augenmerk galt unverändert vordringlich seiner Flucht. Was benötigte er, um sich in dieser Anlage frei bewegen zu können? Alles andere war zweitrangig.
Zu gern hätte er Mahé Elesa und Ypheris Bogyr wiedergefunden. Sie hatten bereits als Team zusammengearbeitet, und Elesa konnte zweifellos mehr Licht ins Dunkel dieser verworrenen Geschichte bringen. Sie hatte bei Weitem nicht alles erzählt, was sie wusste, und auch Bogyr hielt geheim, auf welche Weise er in die ganze Angelegenheit verwickelt war. Alles, was bisher ans Licht gekommen war, verwies auf einen Zusammenhang mit der Entdeckung von Shoraz und der Shoziden-Box, mit deren Fund alles begonnen hatte ...
Wenn es Rhodan gelänge, von Adarem zu entkommen, könnte er die Liga Freier Galaktiker benachrichtigen. Ein Verband der Ligaflotte würde dem Spuk, den das Neue Tamanium offenbar veranstaltete, rasch ein Ende machen und sämtliche Gefangenen befreien.
Rhodan wandte sich wieder dem Unmittelbaren zu. Nutzten die Tefroder eine biometrische Erkennung? Vielleicht wies ein Teil der Uniform den Wärter als autorisiert aus. An solch eine Uniform kam er möglicherweise heran. Bestand die Legitimation hingegen aus einem unter die Haut implantierten Chip, gestaltete sich das schon schwieriger.
Im vorigen Gefängnistrakt hatten die Tefroder relativ simple Systeme benutzt. Anscheinend hielten sie die unverkennbar unterplanetar gebaute Anlage bereits strukturell für ausbruchssicher genug, um auf komplizierte Technik verzichten zu können. Hinzu kam die gewiss isolierte Lage des Planeten Adarem, der vermutlich fernab belebter Raumregionen des Olymp-Komplexes lag. Ob die Sicherungssysteme in diesem Bereich genauso schlicht gestaltet waren, blieb abzuwarten.
»Wenn du so gütig wärst, mir zu folgen, Einszweidreidrei?« Der Wärter durchschritt das Schott. Rhodan fragte sich, was das Spielchen mit der geheuchelten Freundlichkeit zu bedeuteten hatte, und schloss sich ihm an.
Auf der anderen Seite lag ein langer Gang, von dem weitere Korridore abzweigten. Wände und Decke waren in dem gleichen Pastellgrün gehalten, das Rhodan schon kannte, der Boden in einem Anthrazitton. An der Wand lief ein blauer Leitstreifen entlang, und auf dem Weg durch den Korridor passierten sie die Abzweigungen zu Wohneinheiten und Bibliothek, dann auch Mensa, bis nur noch Verwaltung übrig blieb.
Im Verwaltungstrakt sah Rhodan zum ersten Mal andere Bewohner der Anlage.
Ein neuer Wärter stand in einem Vorraum, sein Gesicht war ebenfalls unkenntlich. Zwei Tefroder in weißen Overalls, ein Mann und eine Frau, trugen dicke Folienstapel durch den Gang. An ihren Füßen hatten sie die gleichen quietschenden Schuhe wie Rhodan, auf ihrer Brust waren Häftlingsnummern angebracht.
An einem Getränkeautomaten unterhielten sich zwei weitere Tefroder, ebenfalls Mann und Frau. Sie trugen weder die Uniformen der Wärter noch die groben, weißen Overalls, sondern knielange, wie Tuniken geschnittene Jacken und weite Hosen: normale, schlichte Zivilkleidung, wie sie auf Tefor und anderen Welten des Neuen Tamaniums üblich war.
Die Weißgekleideten mussten Gefangene sein. Ihre Arbeit hätte auch ein Roboter verrichten können. Aber Häftlinge, die ohnehin ernährt und nicht bezahlt werden mussten, erledigten sie wohl billiger.
Zu beiden Seiten des Gangs lagen Büros mit komplett durchsichtigen Wänden. Gefangene saßen darin vor Positronikterminals. Andere machten Handreichungen oder sortierten Folienstapel.
»Wie du siehst, geht es bei uns vollkommen transparent zu«, sagte der Wärter.
Haha, dachte Rhodan.
Der Wärter führte ihn um mehrere Ecken und vorbei an etlichen Büros, in denen konzentriert gearbeitet wurde.
»Nicht so ausgedehnt wie die Irrgärten, die du kennst«, sagte der Wärter. »Aber glaub mir, die Gedankengänge der Aktenkundigen hier sind labyrinthischer als jedes Rattenspiel.«
Er spielte auf die liebste Freizeitbeschäftigung der Wärter in jenem Gefängnistrakt an, aus dem Rhodan kam. Sie ließen Gefangene durch Gangsysteme irren, die sie mit Hindernissen und Fallen gespickt hatten. Die Häftlinge konnten Schatzhorte finden, die umso üppiger bestückt waren, je größer die Risiken wurden, die sie auf sich nahmen. Ratten im Labyrinth nannten die Wärter ihr Spiel.
Rhodan blickte in ein Büro, an dem sie vorbeikamen. Zu verwalten gab es dort sicherlich Arbeitsergebnisse, Personalangelegenheiten oder Budgetfragen, wie in jedem Forschungsinstitut. Den Hinweisschildern nach zu schließen, befand er sich in einer recht großen Einrichtung.
Schon der reine Gefängnistrakt war sehr weitläufig und längst nicht bis an die Kapazitätsgrenze ausgelastet gewesen. Wie groß mochte somit erst der Forschungskomplex sein, in den man ihn nun gebracht hatte?
Der letzte Gang lief auf ein Büro zu, das sich von den anderen dadurch unterschied, dass es am Endpunkt des Korridors lag.
Bereits beim Näherkommen konnte Rhodan sehen, dass ein Schreibtisch voller Ausdruckfolien den geräumigen Raum beherrschte. Dahinter saß ein Tefroder in Zivilkleidung, der nur kurz aufblickte, nickte, eine Taste an seinem Positronikterminal drückte und sich dann wieder seiner Arbeit zuwandte. Offenbar nahm er Korrekturen an irgendwelchen tabellarischen Aufstellungen vor.
»Gratuliere«, sagte der Wärter. »Du bist der Erste von der anderen Seite, den der Direktor persönlich empfängt.«
Von der anderen Seite?, dachte Rhodan, dann betraten sie das Vorzimmer.
Die Wand gegenüber dem Eingang war undurchsichtig, und ein Schottrahmen zeichnete sich darin ab. Direktor stand auf Tefroda darüber. Zum ersten Mal sah Perry Rhodan in dieser Verwaltungssektion eine Bürowand, durch die er nicht blicken konnte.
Rang hat seine Privilegien, dachte er.
2.
Geheimgefängnis
13. Mai 1550 NGZ
»Verdammt! Ich will nicht zurück ins Gefängnis!«, rief Mahé Elesa.
In diesem Moment hätte Ypheris Bogyr gerne eine Ezigi geraucht. Obwohl sie tefrodisch waren. Aber gegenwärtig konnte er Elesa schlecht darum bitten, und außerdem war es gut möglich, dass sie ihre paar Glimmstängel noch als Tauschmittel benötigen würden, wenn sie seinen Plan umsetzten.
Seinen Plan? Von wegen.
Er hatte keinen Plan. Er hatte eine Absicht. Er wollte zum Gefängnisdirektor vordringen und den Kerl unter Druck setzen, damit er Perry Rhodan an sie übergab und ihnen eine Passage nach draußen verschaffte.
Elesa genoss offenbar eine Sonderstellung, weil sie seinerzeit Shoraz entdeckt hatte, jene Museumswelt, auf der die Tefroder Rhodan und ihn gefangen genommen hatten. Und auf der die Shoziden-Box gefunden worden war. Sie hatte also eine Vorgeschichte, die mit Shoraz in Verbindung stand, mit der Box und mit den Tefrodern. Ihn, Bogyr, verband ebenfalls einiges mit den Tefrodern und mit Shoraz, auch wenn er derzeit lieber nicht daran dachte.
Rhodan hingegen war wohl zufällig in die Geschichte geraten.
Aber Zufall hin und her, in jedem Fall war es sinnvoll, wenn die drei Sondergefangenen wieder zusammenfanden. Gemeinsam hatten sie höhere Chancen auf eine Flucht.
Und Rhodan mochte sich sogar als Druckmittel erweisen.
Deshalb folgten Bogyr und Elesa nun einem der ewig gleich aussehenden, fünf Meter breiten Gänge aus grauem Metallplastik. Ihr Ziel allerdings kannte nur Elesa. Sie war eine schlanke Frau, ein gutes Stück älter als Bogyr. Die hellbraunen Haare fielen ihr offen über die Schultern und verbargen ihren Ohrschmuck, der seinerseits etliche mikropositronische Geräte tarnte. Die Apparaturen waren ihnen schon zuvor außerordentlich nützlich gewesen.
Bereits die Tatsache, dass Elesa als Insassin eines tefrodischen Geheimgefängnisses solch ein Instrumentarium besaß, unterstrich ihre Sonderstellung.
»Wie willst du den Direktor dazu bringen, dass er tut, was du verlangst?«, fragte sie. »Willst du ihn mit dem Strahler bedrohen, den du gar nicht hast?«
Er hätte eigentlich damit rechnen müssen, dass sie den Finger auf die Wunde legte. Es war eine gute Frage: Wie konnten sie Druck auf den Direktor ausüben? Er wusste es nicht. Er hoffte, aus der Situation heraus eine Lösung zu finden. Einen Hebel, um die Welt aus den Angeln zu heben.
Belustigt drehte er den Kopf und grinste sie an. »Ich dachte, auch da wüsstest du Rat, Mahé. Du kennst den Direktor doch näher.«
Nur ein rasches Blinzeln verriet ihre Verblüffung. Sie hatte sich sofort wieder in der Gewalt. »Wie kommst du darauf?«
»Du kennst den Direktor nicht nur flüchtig. Anders lässt sich nicht erklären, was du dir hier herausnehmen darfst. Du genießt einen Sonderstatus. So kann man das doch nennen, oder?«
»Kann man. Bleibt nur die Frage, ob diese Benennung auch nur oberflächliche Ähnlichkeit mit der Wirklichkeit besitzt.«
»Und was ist die Wirklichkeit?«
»Ich werde dir bestimmt nicht erzählen, was ich getan habe, um hier zu überleben.«
Bogyr gab ihr innerlich recht. Sie waren beide Prospektoren, suchten in der Milchstraße nach ihrem Glück, nach Reichtum, Ruhm oder Ehre, je nach Fasson. Unter Prospektoren quetschte man sich nicht gegenseitig aus. Man mochte dabei allzu leicht etwas erfahren, was man lieber nicht gewusst hätte, weil es einen in Gefahr brachte.
»Das brauchst du auch nicht«, beteuerte er. »Ich habe nicht vor, jemanden zu verurteilen. Das überlasse ich Couchbewohnern auf alten Welten mit dreifachem sozialen Sicherungsnetz. Was ich aber wissen will, ist der Teil, der auch mich betrifft. Also: Wie kommen wir zum Direktor, und was haben wir gegen ihn in der Hand?«
Elesa pfiff leise. »Ich glaube nicht, dass ich dich schon mal so viele Sätze am Stück reden gehört habe.«
Bogyr lächelte gequält. Er hatte sich hinreißen lassen. Dass er mit jemandem zu tun hatte, der ihn ständig beurteilte, lag lange zurück. Glücklicherweise. Er schwieg und sah seine Begleiterin abwartend an.