Athranor und das Zwischenland der Elben: Zwei Abenteuer - Alfred Bekker - E-Book
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Athranor und das Zwischenland der Elben: Zwei Abenteuer E-Book

Alfred Bekker

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Beschreibung

Der Umfang dieses Buches entspricht 258 Taschenbuchseiten.

 

Dieses Buch enthält folgende zwei Romane:

Überfall der Trolle

Gefährten der Magie

 

Ein dunkler Abgrund klaffte mitten in der Königsburg von Aladar. Dieser magische Schlund war plötzlich aufgerissen, nachdem die Pflastersteine für einen Augenblick so ausgesehen hatten, als würden sie schwimmen. An seinen Rändern zischten kleinere Blitze – Anzeichen für die Kräfte der Magie, die hier zu wirken begonnen hatten. Dann sprang eine Gestalt aus der bodenlosen Dunkelheit des Schlundes heraus. Ein Geschöpf mit riesigen Füßen und Händen, einem groben Gesicht mit knollenartiger Nase und Bartstoppeln, die fast bis unter die Augen wuchsen. Die Hautfarbe war steingrau und als das Geschöpf kurz verharrte, sah es aus wie aus Granit gehauen. Ein breiter Gürtel hielt eine Lederweste zusammen. Ein stark gebogenes Schwert war über seinen Rücken gegürtet.

Einer der Wächter, die auf den Wehrmauern und Türmen Dienst taten, wurde jetzt auf die Gestalt aufmerksam.

„Seht dort! Ein Troll!“

Cover: Steve Mayer

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Alfred Bekker

Athranor und das Zwischenland der Elben: Zwei Abenteuer

Cassiopeiapress Fantasy Sammelband

BookRix GmbH & Co. KG81371 München

Athranor und das Zwischenland der Elben: Zwei Abenteuer

von Alfred Bekker

 

Ein CassiopeiaPress Buch

© by Author

© der Digitalausgabe 2015 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen

www.AlfredBekker.de

[email protected]

 

Der Umfang dieses Buches entspricht 258 Taschenbuchseiten.

 

Dieses Buch enthält folgende zwei Romane:

Überfall der Trolle

Gefährten der Magie

 

Die wilden Orks: Überfall der Trolle

von Alfred Bekker

 

Übersicht: Athranor & Zwischenland der Elben

In Alfred Bekker's Athranor und dem Zwischenland der Elben spielende Buchtitel (chronologisch), ungeachtet ihrer jeweiligen Verfügbarkeit als E-Book, Buch, Hörbuch bzw. als Gesamt- oder Teilausgaben.

 

Die wilden Orks (spielt zur Zeit des Elbenkönigs Péandir in Athranor)

Angriff der Orks

Der Fluch des Zwergengolds

Die Drachen-Attacke

Sturm auf das Elbenreich

Überfall der Trolle

 

Die Halblinge von Athranor (spielt 360 Jahre später in Athranor)

Der Sohn der Halblinge

Das Erbe der Halblinge

Der Befreier der Halblinge

 

Elben - Die Trilogie

(beginnt mit der Ankunft der Elben im Zwischenland; entspricht “Elben - Die Serie”, Episode 1-43)

Das Reich der Elben

Die Könige der Elben

Der Krieg der Elben

 

Elbenkinder 1-7 (beginnt nach dem großen Krieg gegen Xaror)

Das Juwel der Elben

Das Schwert der Elben

Der Zauber der Elben

Die Flammenspeere der Elben

Im Zentaurenwald der Elben

Die Geister der Elben

Die Eisdämonen der Elben

 

Zwergenkinder (spielt zur Zeit des Elbenkönigs Daron)

Die Magie der Zwerge

Die Zauberaxt der Zwerge

Die Dracheninsel der Zwerge

Der Kristall der Zwerge

 

Gefährten der Magie

(spielt zur Zeit des Elbenkönigs Daron)

 

Lirandil - Der Fährtensucher der Elben

(spielt zur Zeit des Elbenkönigs Daron)

 

Lose mit der Saga um Athranor und das Zwischenland in Verbindung stehende Titel:

Das Schiff der Orks (als John Devlin, spielt in den Ländern südlich von Athranor)

Nebelwelt - Das Buch Whuon (als John Devlin - die Saga um Whuon den Söldner, bekannt aus den Bänden um "Die Halblinge von Athranor")

 

Gorian-Saga (Spielt viele Zeitalter nach den Athranor- und Zwischenland-Büchern auf dem Kontinent Ost-Erdenrund, zu dem Caladir mit seinem Luftschiff gelangt)

Gorian - Das Vermächtnis der Klingen (mit dem Gargoyle Ar-Don)

Gorian - Die Hüter der Magie (mit Eldamir/ Caladir gründete das Reich der Caladran)

Gorian - Im Reich des Winters (mit Eldamir, dem blinden Schlächter der Elben von Athranor)

 

DrachenErde-Saga (1-3, Trilogie)

(mit dem zwischen den Welten verschollenen Elbenkrieger Branagorn ab Band 2)

Drachenfluch

Drachenring

Drachenthron

 

Der Teufel von Münster (Kriminalroman mit dem Elbenkrieger Branagorn als Ermittler)

Die Papiermacherin (als Conny Walden - historischer Roman mit Branagorn )

Der Medicus von Konstantinopel (als Conny Walden - historischer Roman mit Kurzauftritt von Branagorn)

Leonardos Drachen (historisches Jugendbuch - mit Branagorn alias Fra Branaguorno)

Die Herrschaft der Alten (Zukunftsroman - Auftritt von Lirandil, Keandir, Gorian, Ar-Don und anderen als Simulationen)

 

 

1

Ein dunkler Abgrund klaffte mitten in der Königsburg von Aladar. Dieser magische Schlund war plötzlich aufgerissen, nachdem die Pflastersteine für einen Augenblick so ausgesehen hatten, als würden sie schwimmen. An seinen Rändern zischten kleinere Blitze – Anzeichen für die Kräfte der Magie, die hier zu wirken begonnen hatten. Dann sprang eine Gestalt aus der bodenlosen Dunkelheit des Schlundes heraus. Ein Geschöpf mit riesigen Füßen und Händen, einem groben Gesicht mit knollenartiger Nase und Bartstoppeln, die fast bis unter die Augen wuchsen. Die Hautfarbe war steingrau und als das Geschöpf kurz verharrte, sah es aus wie aus Granit gehauen. Ein breiter Gürtel hielt eine Lederweste zusammen. Ein stark gebogenes Schwert war über seinen Rücken gegürtet.

Einer der Wächter, die auf den Wehrmauern und Türmen Dienst taten, wurde jetzt auf die Gestalt aufmerksam.

„Seht dort! Ein Troll!“

Schon im nächsten Augenblick sprang ein weiterer Troll aus dem tiefen, dunklen Schlund heraus und es folgten noch ein dritter und vierter. Sie alle waren gut bewaffnet, steinfarben und hatten sehr grobe Gesichter, Hände und Füße. Aber von ihrer Größe waren sie äußerst unterschiedlich. Der kleinste von ihnen war vielleicht so hoch wie eine Katze, der größte hingegen war von dem an ein Büschel aus dunklem Gras erinnernden Haar bis zu den riesigen Füßen doppelt so groß wie ein hochgewachsener Elbenkrieger.

Ein Hornbläser auf der Wehrmauer zum äußeren Burghof blies jetzt Alarm.

Die Trolle wechselten einige Worte in ihrer aus vielen dumpfen Lauten bestehenden Sprache. Inzwischen waren schon beinahe zwanzig von ihnen aus dem Schlund gesprungen und es kamen immer noch mehr. Einige zogen ihre Waffen, Schwerter, Steinäxte und zum Teil auch Keulen. Der Troll, der als Erster aus dem Schlund gesprungen war, trug einen Ring mit einem roten Rubin. Den hielt er in die Höhe und murmelte dazu etwas in der Trollsprache. Der Rubin begann zu leuchten. Ein blutroter Strahl fuhr in den Himmel, drehte sich mehrfach wie eine unruhige Kompassnadel und richtete sich dann auf das hohe Gebäude auf der linken Seite des Burghofs.

Dort war die große königliche Bibliothek von Aladar untergebracht.

Der Troll mit dem Rubinring deutete dorthin, brüllte ein paar Worte in seiner Sprache, woraufhin sich fast ein Dutzend Trolle auf den Weg machten. Sowohl sehr große als auch sehr kleine Trollkrieger waren darunter.

Inzwischen kamen die ersten Wächter der königlichen Leibgarde. Während weitere Trolle aus dem magischen Schlund hervorsprangen, wurden die anderen bereits in einen Kampf verwickelt. Trollschwerter und Keulen trafen auf die Klingen der Ritter von Aladar. Waffengeklirr und Geschrei erfüllten den Innenhof der Burg.

Währenddessen hatte das Dutzend Trolle, das zum Gebäude der Bibliothek geschickt worden war, bereits sein Ziel erreicht. Die ersten von ihnen kletterten schon die Wände empor. Ihre steinfarbenen Hände und Füße hafteten einfach am Gemäuer, wie bei einer Fliege. Mit raumgreifenden Bewegungen schnellten sie hoch – und schon hatte der erste von ihnen das Fenster erreicht, hinter dem sich die Bibliothek befand.

 

 

2

Eine Stunde früher...

Prinz Candric liebte Bücher. Der junge Thronfolger des Königreichs Beiderland hatte mit ihnen immer schon am liebsten seine Zeit verbracht. In alten Büchern zu stöbern und Geheimnisse zu entdecken, das gefiel ihm. Geschichten von Helden aus alter Zeit interessierten ihn genauso wie Zaubersprüche oder Bücher, die sich mit dem Lauf der Sterne oder dem Verhalten von Tieren beschäftigten. Der Elb Lirandil hatte ihm geholfen, sich auch in der Sprache und Schrift der Elben zu vervollkommnen, sodass er auch elbische Bücher immer besser zu lesen vermochte. Sie waren besonders selten und kostbar, doch unter den zehntausenden von Büchern in der Bibliothek von Aladar gab es etliche von ihnen, auch wenn sie zwischen all den dicken Bänden nicht immer leicht zu finden waren.

Den ganzen Tag schon war Prinz Candric in den hohen Räumen der Bibliothek gewesen – mit Kara, der Tochter eines Hofbeamten. Kara teilte seine Leidenschaft für Bücher und manchmal blieben sie bis tief in die Nacht in der Bibliothek.

Kara sah sich gerade eine Schriftrolle an. Für Schriftrollen gab es hier besondere, zylinderförmige Behälter.

„Kennst du diese Schrift?“, fragte sie in die Stille hinein – denn sie hatten länger nichts gesagt.

Das fand Candric so angenehm an ihr. Sie war zwar genauso begeistert von den Geheimnissen der Bücher wie er, aber sie konnten zusammen sein, ohne andauernd zu reden.

Candric blickte von dem dicken Band mit Legenden der Elben auf und stellte ihn wieder ins Regal. Lirandil hatte dieses Buch geschrieben – und zwar schon vor vielen Jahren, als Candric noch ganz klein gewesen war. „Der zukünftige König von Beiderland sollte nicht nur die Geschichten der Menschen, sondern auch die der Elben kennen“, hatte er damals gesagt und ein ganzes Jahr lang alle Elbenlegenden aufgeschrieben, die er kannte. Allerdings war ein Jahr für einen Elb letztlich keine besonders lange Zeit, angesichts der Tatsache, dass ihre Lebensspanne normalerweise viele Jahrtausende umfasste. Lirandil war immer wieder an den Hof von Aladar gekommen und hatte den König und die Königin beraten. Aber es hatte ihn auch immer sehr interessiert, wie sich der junge Thronfolger entwickelte.

Candric sah auf die zum Teil entrollte Schriftrolle.

Die Zeichen glichen kleinen Bildern.

„Das könnten Zeichen aus der Schrift des vor langer Zeit untergegangenen Oger-Reichs in Bagorien sein“, vermutete Candric.

„Wie kommst du denn darauf?“, fragte Kara und strich sich dabei eine Strähne ihres langen Haars aus den Augen.

„Na, wegen der vielen grünen Männer, die in den Zeichen zu sehen sind! Die sehen doch aus wie Oger, findest du nicht? Und ich vermute, dass die Oger früher auch in erster Linie über Oger geschrieben haben!“

Kara sah sich die grün angemalten Männer noch einmal genauer an. Breitschultrig, grünhäutig und sehr kräftig – so sahen die Oger aus, das wusste auch Kara. Und dass es früher einmal ein eigenes Oger-Reich im Nordwesten von Bagorien gegeben hatte, davon hatte sie auch schon gehört. Von diesem Reich hatte nur das Grab des unbekannten Oger-Königs bis zum heutigen Tag überdauert.

Aber waren das nun wirklich Oger – oder einfach nur grün angemalte Menschen, deren grüne Farbe irgendeine besondere Bedeutung hatte?

„Ich weiß nicht“, meinte sie. „Vielleicht hatte der Schreiber einfach nur grüne Tinte ...“

„Das könnte natürlich sein.“

„Man müsste die Schrift entschlüsseln, Candric! Sonst wird nie jemand erfahren, was da eigentlich steht!“

Kara rollte die Schriftrolle wieder ein und steckte sie zurück in den zylindrischen Behälter, aus dem sie sie genommen hatte.

„Ich habe auch ein Buch, das ich gerne jemandem zeigen würde“, sagte Candric. „Aber das kommt nicht aus dieser Bibliothek.“

Kara sah ihn überrascht an.

„Wovon sprichst du?“, fragte sie.

Candric griff unter sein Wams und holte ein nur handgroßes Buch heraus. Es war in dunkles Leder gebunden. Mit silbernen Fäden waren geschwungene elbische Schriftzeichen eingearbeitet. „Das ist ein magisches Buch“, sagte Candric. Und wie zur Bestätigung seiner Worte leuchteten die Silberfäden in der Vorderseite des Buches plötzlich auf.

„So ein Buch hat es hier nie gegeben, Candric! Sonst hätte ich es in all den Jahren, die ich hier schon herumstöbere, ganz bestimmt bemerkt!“

„Ich sagte ja, es kommt nicht aus dieser Bibliothek“, erklärte Candric.

„Woher dann?“

„Aus Asanils Turm.“

Asanil, der Magier, war vor einiger Zeit mit seinem Himmelsschiff zu einer langen Entdeckungsreise aufgebrochen, von der er so schnell nicht zurückkehren würde. Zusammen mit Lirandil hatte er Candric helfend zur Seite gestanden, als die Seele des Prinzen immer wieder mit der von Rhomroor, einem wilden Ork, vertauscht worden war. Zusammen hatten sie viele Abenteuer erlebt, waren an Bord von Asanils Himmelsschiff zur Stadt der Spiegel und ins Ferne Elbenreich gereist, um dem Geheimnis des Körpertauschs auf die Spur zu kommen.

Doch in Zukunft würde Asanil dem jungen Thronfolger nicht mehr zur Seite stehen können, denn der Magier war fort. Ein Jahrtausend sollte die Reise dauern. Asanil gehörte zwar auch dem langlebigen Volk der Elben an, aber ein Jahrtausend war selbst für einen Elben keine kurze Zeitspanne mehr.

„Hat Asanil dir dieses magische Buch geschenkt, bevor er seinen Turm mit Magie versiegelt hat und bevor er aufbrach?“, fragte Kara.

Candric schüttelte den Kopf. „Ich habe es einfach mitgenommen“, gestand er. „Deswegen habe ich auch so lange gezögert, irgendjemandem davon zu erzählen.“

„Du meinst, ein Thronfolger von Beiderland tut so etwas nicht!“

„Ich würde jetzt ja gerne sagen, dass ich die Absicht habe, es ihm eines Tages wiederzugeben, wenn er zurückkehrt. Nur fürchte ich, dass ich dazu keine Gelegenheit haben werde ...“

„Es wird niemand mehr von uns leben“, sagte Kara.

„Und wer weiß? Vielleicht ist sogar das Königreich Beiderland schon längst untergegangen.“

„Du meinst wie das Reich des unbekannten Oger-Königs, das es mal in Bagorien gegeben hat?“

„Ja“, nickte Candric. Er öffnete das Buch, und Kara warf einen Blick auf die geraden Zeilen in geschwungener Elbenschrift. „Im Dunkeln leuchten die Buchstaben, Kara. Sie sind mit besonderer Elbentinte geschrieben. Es sind Zaubersprüche, magische Formeln ...“

„Und – hast du diese Magie schon mal angewendet?“

„Ich habe es versucht“, entgegnete Candric.

Kara las aufmerksam einige Zeilen. Auch sie hatte Sprache und Schrift der Elben gut genug gelernt, um sie entziffern zu können. Candric hatte es ihr beigebracht. Zusammen hatten sie oft Stunden damit verbracht, die Zeichen der Elbenschrift aus den Büchern nachzumalen. Sie begann unbewusst etwas zu murmeln.

„Hör auf!“, herrschte Candric sie an. „Wer weiß, was geschieht, wenn du diese Formeln sprichst!“

„Stimmt!“, sagte sie. „Aber können Menschen die Elbenmagie überhaupt anwenden?“

„Asanil hat meinem Großvater einst gesagt, dass das nicht möglich sei. Soweit ich von meinen Eltern gehört habe, wollte dieser nämlich unbedingt die Elbenmagie erlernen. Andererseits – ein Ork wie Moraxx hat ja auch die Elbenmagie erlernen können!“

„... und so dafür gesorgt, dass du mit Rhomroor die Seelen getauscht hast“, erinnerte sich Kara.

Candric lächelte. „Ja, und du bist wohl die erste gewesen, die gemerkt hat, dass ein Ork in meinem Körper steckte, während meine Seele sich im Körper von Rhomroor befand und ich mit anderen Orks gekämpft, mich in der Schlammgrube gewälzt habe und auf dem Rücken von Hornechsen geritten bin.“

„Stehst du eigentlich noch in geistiger Verbindung mit Rhomroor?“, fragte Kara.

„Ja, manchmal“, sagte er. „Aber zurück zu diesem Buch! Was ein Ork lernen kann, kann ich auch lernen!“

„Aber Elben und Orks sind weitläufig miteinander verwandt“, gab Kara zu bedenken.

„Trotzdem!“, beharrte Candric. Er deutete auf die Zeilen, die Kara soeben zu murmeln begonnen hatte. „Das ist übrigens eine Formel zur Abwehr von Magie. Zumindest habe ich den Begleittext so verstanden – die Formel ist ja in der alten Sprache verfasst und die verstehen sogar viele Elben nicht mehr so richtig.“

Die Schrift leuchtete etwas auf. Und dann wurden Bilder sichtbar, die durch das Papier zu schimmern schienen. Bilder, die die Burgen und Städte der Elben zeigten. Manchmal auch elbische Gesichter oder Geschöpfe, die so fremdartig waren, dass Kara sich sicher war, noch nie von ihnen gehört zu haben.

„Ich weiß nicht, wann diese Bilder erscheinen und weshalb sie dann plötzlich wieder verschwinden“, gestand Candric. „Das muss irgendwie mit der Magie der Formeln zusammenhängen.“

„Du könntest Lirandil fragen, wenn er das nächste Mal nach Aladar kommt“, schlug Kara vor. „Er ist zwar kein ausgebildeter Magier, aber immerhin ein Elb und dürfte von daher auf jeden Fall mehr über Elbenmagie wissen als du!“

„Ich glaube, er wäre nicht begeistert, wenn er erführe, dass ich Asanil bestohlen habe“, erwiderte Candric. „Aber die Neugier war einfach zu stark.“

3

In diesem Moment zerbrach das Fensterglas. Ein Troll – nur etwa katzengroß – sprang hindurch, rollte auf dem Boden ab und stand dann sofort wieder auf seinen großen Füßen.

Ein zweiter folgte und brach dabei noch einige Glasstücke aus der Fensteröffnung. Dass sie spitz und scharf waren, schien ihm nichts auszumachen.

Der kleine Troll deutete in Candrics Richtung und rief ein paar Worte in der Trollsprache.

Dann kamen noch ein dritter und ein vierter Troll herein. Einer von ihnen war so groß, dass er nur mit Mühe durch das Fenster passte.

„Weg hier!“, rief Kara.

Aber es war zu spät. Die Trolle waren einfach zu schnell. Der Größte unter ihnen riss einfach ein Bücherregal zur Seite. Candric und Kara versuchten in Richtung der Tür zu entkommen, aber schon hatten sich mehrere Trolle auf den jungen Prinzen gestürzt, ihn gepackt und zu Boden geworfen. Kara wurde von einer Trollpranke einfach zur Seite gestoßen. Sie war für die Trolle offenbar nicht weiter von Interesse.

Candric versuchte sich loszureißen.

Jetzt wäre es gut gewesen, wenn seine Seele im kräftigen, widerstandsfähigen Körper eines Orks gesteckt hätte.

Candric versuchte sich mit ausholenden, kräftigen Bewegungen zu befreien, wie er es als Ork getan hätte, aber gegen die Trolle kam er einfach nicht an. Ihre steinharten Pranken packten ihn an Armen und Beinen.

„Candric!“, rief Kara. Sie war gerade wieder auf den Beinen, als der kleinste unter den Trollen sie mehrere Schritte weit gegen die Tür schleuderte. Sie konnte gerade noch das Buch mit den magischen Formeln festhalten, das Candric dem Magier bei einem der letzten Besuche in dessen Turm entwendet hatte.

Die Trolle hatten Candric inzwischen zum Fenster gebracht.

Kara glaubte ihren Augen nicht zu trauen. Entsetzt sah sie, wie die Trolle Candric einfach aus dem Fenster schleuderten und sich dann einer nach dem anderen hinter ihm her stürzten.

Das muss ein böser Traum sein!, durchfuhr es sie.

4

Kara war sofort wieder auf den Beinen. Auf ihren schmerzenden Rücken nahm sie dabei keine Rücksicht. Sie kletterte über das umgestürzte Bücherregal und war im nächsten Moment am Fenster. Mach dich auf das schlimmste gefasst!, ging es ihr durch den Kopf.

Bei einem Sturz aus dem Bibliotheksfenster brach sich normalerweise jeder den Hals – es sei denn, man war ein Ork oder ein Troll.

Das Herz schlug ihr bis zum Hals.

Aber als sie dann ins Freie blickte, sah sie, dass Candric nicht einfach auf den Boden gefallen war und sich wie erwartet das Genick gebrochen hatte.

Vielmehr schwebte er noch immer in der Luft und ruderte verzweifelt mit den Armen. Er bewegte sich dabei allerdings viel langsamer als sonst, so als wäre er von einem unsichtbaren Widerstand umgeben. Es wirkte beinahe, als wäre er in Wasser gefallen und müsste nun strampeln, um wieder an die Oberfläche zu kommen.

Er schwebte auf den dunklen Schlund zu, der sich in der Mitte des Burghofes gebildet hatte. Ein bodenloser, schwarzer Abgrund war das, der ins Nichts zu führen schien. Ein magisches Kraftfeld befand sich über diesem Schlund. Überall dort, wo es wirksam war, flimmerte die Luft leicht und so konnte Kara sehen, dass es die Form eines Trichters hatte, der vom Fenster der Bibliothek bis zu dem dunklen Abgrund in der Mitte des Burghofes reichte.

Um diesen Schlund herum standen schwer bewaffnete Trolle unterschiedlichster Größe. Sie hatten einen Kreis gebildet und verteidigten sich gegen die herbeigeeilten Wachen.

König Hadran und Königin Taleena waren inzwischen aus dem Palast geeilt. Sie hatten die Stufen zum Portal dieses königlichen Hauptgebäudes der Burg von Aladar hinter sich gelassen und sahen entsetzt, wie ihr Sohn zusammen mit einigen Trollen in dem magischen Trichter schwebte und kurz davor war, in den dunklen Schlund gesogen zu werden.

Was soll ich nur tun?, dachte Kara. Alle, die Zeuge dieser Szene wurden, waren völlig machtlos. Weder die Wachen und Ritter, noch der König und die Königin konnten irgendetwas tun.

Kara fühlte, wie sich ihre Hand um Asanils magisches Buch geklammert, ja es geradezu zusammengepresst hatte.

Doch das machte dem nach Art der Elben gefertigten und sicherlich mit einem Erhaltungszauber versehenen Buch nichts weiter aus.

Sie erinnerte sich an Candrics Worte. Hatte er nicht davon gesprochen, dass die Formel, die er ihr gezeigt hatte, dazu diente Magie unwirksam zu machen?

Sie hatte nur noch einen einzigen Gedanken.

Ich muss das, was hier und jetzt geschieht, unbedingt stoppen.

Hastig suchte sie nach der Formel und fand sie trotz ihrer alles andere als perfekten Kenntnisse der elbischen Schrift und Sprache auch gleich wieder. Die Formel stand nämlich ziemlich am Anfang des Buches. Aus irgendeinem Grund hatte sie Candric besonders interessiert und deswegen hatte er wohl ein Eselsohr in die Seite gemacht.

Und was, wenn die Wirkung jetzt ganz anders ist, als ich es erhoffe?, fragte sie sich. Aber für diese Bedenken war nun keine Zeit mehr. Schließlich wollte sie nicht, dass Candric in dem dunklen Schlund, auf den er unaufhaltsam zuschwebte, verschwand.

Also murmelte sie einfach die Worte, die sie da entziffern zu können glaubte. Sie sprach sie mit kräftiger Stimme, weil sie mal irgendwo gehört hatte, dass magische Formeln dann besser wirken würden – vor allem, wenn sie von Personen angewendet wurden, die darin völlig ungeübt waren. Ob das stimmte oder nur eine Legende war, wusste sie nicht. Aber sie wollte nichts unversucht lassen, um Candric doch noch zu retten.

Doch in diesem Augenblick sah sie, wie er kopfüber in den magischen Schlund hineinpurzelte, von ihm aufgesogen und verschlungen wurde. Nur einen Augenaufschlag später war von Candric nichts mehr zu sehen – und ebenso wenig von den Trollen, die mit ihm zusammen in den Schlund gestürzt waren.

Von den Trollen, die den Kreis gebildet hatten und gegen die königlichen Wächter kämpften, sprang nun auch einer nach dem anderen dorthin zurück, woher sie vor kurzem gekommen.

Kara hatte die Worte der Formel kaum gesprochen, da spürte sie einen unwiderstehlichen Sog. Es war, als ob die Wirkung der Magie nicht verringert, sondern im Gegenteil verstärkt wurde. Eine Kraft riss an ihren Kleidern und zog sie mit sich. Sie wurde aus dem Fenster geschleudert, drehte sich dabei mehrmals über Kopf und schwebte, umgeben von einem magischen Kraftfeld durch die Luft. Sie ruderte hilflos mit den Armen, dann taumelte sie dem dunklen Schlund immer näher und näher.

Inzwischen waren die meisten Trolle bereits wieder in die Tiefe gesprungen. Und gerade, als Kara in den dunklen Schlund hineinfiel, sprang der letzte dieser wilden Krieger in die Tiefe.

5

Im Hof der Königsburg stand unterdessen König Hadran mit gezogenem Schwert vollkommen fassungslos an der Stelle, an der sich gerade noch ein finsterer magischer Tunnel befunden hatte, der geradewegs in eine unbekannte, schwarze Tiefe geführt hatte. Seine Soldaten, die vor kurzem noch mit den Trollkriegern gekämpft hatten, waren ebenso fassungslos – und natürlich Königin Taleena. „Candric“, flüsterte sie nur und schüttelte dann stumm den Kopf. Sie musste schlucken. Dann wandte sie sich an ihren Gemahl. „Was ist nur geschehen?“, fragte sie vollkommen verzweifelt.

Der König legte den Arm um die Schultern seiner Frau.

„Auf jeden Fall muss es mit Magie zu tun haben!“

„Und was sollen wir jetzt tun?“

„Trollheim liegt weit im Norden von Athranor“, gab König Hadran zu bedenken. „Ich nehme an, dass die Trolle von dort gekommen sind und mit Hilfe eines Zaubers einen magischen Tunnel durch die Erde geschaffen haben, sodass sie uns überfallen konnten!“

„Mit Verlaub, Trolle gibt es hin und wieder auch in anderen Gegenden von Athranor, Majestät“, meldete sich einer der Hauptleute der Burgwache zu Wort.

Sein Name war Taraldur und er stammte aus dem fernen Land Ailandia, dessen Ritter dafür bekannt waren, die besten Schwertkämpfer von ganz Athranor zu sein. König Hadran hatte ihn unter anderem auch dafür eingestellt, seine eigenen Soldaten darin zu unterrichten.

„So?“, fragte Hadran.

„In den abgelegenen Gebieten der nördlichen Länder trifft man immer wieder einzelne von ihnen an, wenngleich die meisten natürlich in Trollheim leben.“

„Ihr seid weit gereist und habt viel gehört“, mischte sich nun Königin Taleena ein, die sich einigermaßen gefasst hatte. „Könnt Ihr Euch vorstellen, was Trolle von meinem Sohn wollen? Wieso ziehen sie ihn in ein dunkles Loch und verschwinden in der Erde? Was haben wir ihnen getan?“

„Trolle sind für ihren Eigensinn bekannt“, sagte Taraldur. „Aber dafür, einen Thronfolger zu entführen, gibt es eigentlich nur einen Grund!“

„Und der wäre?“

„Macht! Erpressung! Majestät, jemand der so etwas tut, will Euch seinen Willen aufzwingen. Nur sieht das den Trollen gar nicht ähnlich ...“

„Wieso nicht?“, fragte Taleena. „Nun redet schon! Was wisst Ihr darüber?“

„Leider nicht genug“, gab Taraldur zu.

Der König sah sich unterdessen jene Stelle genauer an, wo sich der dunkle Schlund geöffnet hatte. Er strich mit der Schwertspitze über die Steine, so als könnte er kaum glauben, dass dort jetzt wieder feste Pflastersteine waren, die keineswegs nachgaben oder sich auflösten, wenn man mit der Klinge hindurchzustoßen versuchte.

Doch in diesem Moment geschah etwas Unvorhergesehenes. Ein Blitz zuckte aus dem Boden heraus und tanzte über die Schwertspitze bis zum Griff der Waffe. König Hadran ließ die Klinge vor Schreck zu Boden fallen. Doch der schien plötzlich etwas zu verschwimmen. Das Schwert sank zischend in die Steine hinein, so als wären diese nur ein Spiegelbild auf einem glatten Gewässer.

Im nächsten Moment war das Schwert verschwunden.

Die Magie des magischen Schlundes schien noch ein wenig wirksam zu sein.

Taleena fasste ihn am Arm. „Geht besser ein Stück von hier fort, mein Gemahl! Die Magie ...“

6

Der König und die Königin kehrten in den Palast zurück, das prächtige Hauptgebäude der Königsburg inmitten von Aladar, der Hauptstadt des Königreichs Beiderland. Von den Fenstern des großen Thronsaals im Obergeschoss aus konnten sie sehen, was sich im Burghof ereignete. Die Königin seufzte. „Was sollen wir nur tun? Unser Candric in der Hand dieser ... Trolle!“

„Ich will ganz und gar nicht behaupten, das wäre nicht schlimm“, sagte König Hadran, nachdem er einige Augenblicke lang nachgedacht hatte. „Aber andererseits wirst du vielleicht bemerkt haben, dass unser Sohn sich verändert hat.“

„Jedes Kind verändert sich im Laufe der Zeit“, sagte Taleena etwas irritiert. Sie schien nicht so recht zu verstehen, worauf ihr Mann hinauswollte.

„Ich meine damit, dass Candric durch den Zauber von diesem fünfzahnigen Ork namens Moraxx in einen Ork-Körper versetzt wurde – und sich unter diesen wilden Kreaturen gut behaupten konnte, obwohl wir beide ihm das wahrscheinlich nie zugetraut hätten! Vertrauen wir einfach darauf, dass Candric auch mit dieser Situation fertig wird und das Beste daraus zu machen weiß!“

Taleena sah ihren Mann an. „Ich hoffe wirklich, dass du damit recht behältst!“, meinte sie.

Unterdessen hatten die Männer des Königs die Pflastersteine an der Stelle fortgeräumt, an der Hadrans Schwert verschwunden war. Man brachte Hadran eine Probe der Erde, die darunter lag. Sie war magisch verändert, was vor allem daran erkennbar war, dass sie etwas leuchtete, wenn man eine Handvoll von ihr in den Schatten hielt. Der König ordnete daraufhin an, dass auch die darunterliegende Schicht lehmiger Erde auf einer Länge von anderthalb mal anderthalb Schritt abgetragen werden sollte.

„Mein Gemahl, glaubt Ihr so unseren Sohn zu finden?“, fragte Taleena völlig verzweifelt.

„Nein, aber vielleicht hilft es uns das Rätsel zu lösen!“

„Ihr werdet auch Karas Eltern über das unterrichten müssen, was geschehen ist!“, gab Taleena zu bedenken. Karas Vater war zurzeit mit seiner Frau zum Hof des benachbarten Königreichs Ambalor gereist, um dort im Auftrag von Hadran und Taleena Geschenke anlässlich eines Thronjubiläums zu überreichen. Wenn sie zurückkamen und feststellten, dass ihre Tochter zusammen mit Prinz Candric von einem magischen Schlund verschlungen worden war, musste diese Nachricht sie wie ein Schlag treffen.

„Zu dumm, dass unser elbischer Freund Lirandil ausgerechnet jetzt nicht hier in Aladar weilt“, meinte Hadran. Lirandil hatte sich verabschiedet, um zurück ins Ferne Elbenreich zu reisen. Da die langlebigen Elben ein ganz anderes Zeitempfinden hatten als Menschen, konnte man nicht wissen, ob er in einigen Wochen, einigen Jahren oder vielleicht erst einigen Jahrhunderten ins Beiderland zurückkehren würde, obwohl er versichert hatte, gerne wieder Gast in Aladar sein zu wollen.

„Hat Lirandil nicht erklärt, dass er zunächst zum Turm des Asanil reiten wolle, um nachzusehen, ob dort alles in Ordnung ist?“, fragte Taleena.

„Das ist richtig“, bestätigte König Hadran.

„Wer weiß, wie lange er sich dort noch aufhält! Ihr kennt ihn doch! Ein Elb nimmt es mit der Zeit nicht so genau und verweilt gerne schon mal ein paar Tage ...“

„... oder Jahre!“

„... an einem Ort, der ihm gefällt. Also könnte es sein, dass er zumindest die Grenzen unseres Reiches noch nicht verlassen hat!“

„Dann werde ich ihm Boten hinterherschicken und ihn suchen lassen“, schlug König Hadran vor. „Und es gibt noch jemanden, der uns vielleicht helfen könnte.“

Der König und seine Gemahlin wechselten einen kurzen Blick. Königin Taleena verstand sehr wohl, wen ihr Mann damit meinte. „Ihr sprecht von diesem Ork, dessen Seele einst im Körper unseres Sohnes steckte, nicht wahr?“

König Hadran nickte. „Rhomroor! Die beiden sind wohl immer noch geistig stark miteinander verbunden. Wenn jemand weiß, wo Candric jetzt ist, dann ist es gewiss Rhomroor, der Ork!“

In diesem Moment wurde dem König gemeldet, man habe sein Schwert gefunden.

„Warum hast du es dann nicht mitgebracht?“, herrschte Hadran seinen Diener an.

„Weil das nicht möglich ist, Majestät! Ihr müsst das mit eigenen Augen sehen, denn sonst würdet Ihr mir nicht glauben!“

Hadran eilte hinaus auf den Burghof. Sein königlicher, in Purpur gehaltener Mantel wehte hinter ihm her. Wenig später hatte er die Stelle erreicht, an der seine Männer zuerst die Pflastersteine und dann auch noch die darunterliegende Erdschicht abgetragen hatten. Diese Erdschicht war einst beim Bau der Burg aufgetragen worden, damit die Pflastersteine eine Unterlage hatten. Darunter lag der blanke Granit des Felsmassivs, auf dem die Burg von Aladar errichtet worden war.

In diesen Felsen war das Schwert des Königs eingelassen – so als wäre es dort vor Jahrtausenden versteinert worden. Ein rostiger Abdruck im Fels. Mehr war von der königlichen Waffe nicht geblieben.

7

Lirandil, der Fährtensucher, hatte (zumindest seiner Empfindung nach) den Turm des Asanil vor Kurzem verlassen und lenkte nun sein Elbenpferd auf die Grenze zwischen dem Sumpfland und dem Land Rasal zu. Im Osten erhoben sich die mächtigen Felsen des Ork-Gebirges, hinter dem die drei Länder der Orks verborgen lagen: Das West-Orkreich, das Ost-Orkreich und Orkheim. Über die drei Länder herrschte seit kurzem ein noch sehr junger Ork, den Lirandil sehr gut kannte: Rhomroor, jener Ork, der einst dazu verflucht gewesen war, Körper und Seele mit Prinz Candric zu tauschen, dem Thronfolger des Beiderlandes. Es war der Plan von Rhomroors Vorgänger im Amt des Ork-Herrn aller drei Länder gewesen, auf diese Weise die Herrschaft über das Beiderland zu erringen. Eines Tages, wenn Candric den Thron bestieg, sollte es insgeheim von einem Ork beherrscht werden – das war die Absicht gewesen. Doch inzwischen war Moraxx, der Fünfzahnige, abgesetzt und durch Rhomroor ersetzt worden. Es hatte Moraxx nicht genügt, über die Orkländer zu herrschen. Er war stattdessen unentwegt bestrebt gewesen, seine Macht mit Hilfe gestohlener Elbenmagie zu erweitern. Wo er sich jetzt aufhielt, wusste niemand. Als Lirandil Moraxx das letzte Mal begegnet war, hatte dieser mit knapper Not entkommen können. Wahrscheinlich bereitete er an einem geheimen Ort zusammen mit einigen Getreuen, die ihm geblieben waren, die Rückkehr an die Macht vor. So zumindest schätzte der weise Lirandil ihn ein.

Lirandil hielt sein Elbenpferd an. Er drehte sich im Sattel um, denn er hatte etwas gehört. Elben hatten sehr feine Sinne – viel feiner, als es bei allen anderen Geschöpfen der Fall war, die es auf dem Kontinent Athranor gab. Der Elb ließ den Blick über die Landschaft schweifen.

Bis zum Horizont war nichts zu sehen.