Atlan 57: Die Wüstensöhne von Anoplur - Ernst Vlcek - E-Book

Atlan 57: Die Wüstensöhne von Anoplur E-Book

Ernst Vlcek

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Beschreibung

Unter Nomaden und Sklaven - Ronald Tekener jagt einen Unbekannten Auf Terra, den Welten des Solaren Imperiums und den Stützpunkten der USO schreibt man Mitte März des Jahres 2841 Standardzeit. Somit sind seit dem Ende der Condos Vasac rund 432 Jahre vergangen. Oberst Ronald Tekener und Oberstleutnant Sinclair M. Kennon, die beiden Asse der USO, sind noch immer am Leben und aktiv im Einsatz - der eine dank seinem lebenserhaltenden Zellaktivator und der andere aufgrund der weit fortgeschrittenen Biochemie, die seinem organischen Gehirn im Robotkörper eine nach Jahrhunderten zählende Lebenserwartung verschafft. Nach Abschluss des Falles "Daseinslöscher" haben Tekener und Kennon wieder ihre Identitäten als Chefs der Unabhängigen Hilfsorganisation für Bedrängte angenommen und widmen sich ihren Geschäften auf Satisfy, der UHB-Zentrale. Doch mit der überraschenden Landung einer luxuriösen Raumjacht auf Satisfy kommt ein neuer Fall auf die USO-Leute zu. Ein schönes Mädchen erscheint, bietet 50 Millionen Solar und erzählt eine erstaunliche Geschichte über ein gefährliches Virus und dessen Hersteller - eine Geschichte, die Tekener in ein gefährliches Abenteuer führt, als er die Spur eines Unbekannten aufnimmt. Ronald Tekener fliegt zum Planeten der Zherkoper und trifft auf DIE WÜSTENSÖHNE VON ANOPLUR ...

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Nr. 57

Die Wüstensöhne von Anoplur

Unter Nomaden und Sklaven – Ronald Tekener jagt einen Unbekannten

von Ernst Vlcek

Auf Terra, den Welten des Solaren Imperiums und den Stützpunkten der USO schreibt man Mitte März des Jahres 2841 Standardzeit. Somit sind seit dem Ende der Condos Vasac rund 432 Jahre vergangen.

Oberst Ronald Tekener und Oberstleutnant Sinclair M. Kennon, die beiden Asse der USO, sind noch immer am Leben und aktiv im Einsatz – der eine dank seinem lebenserhaltenden Zellaktivator und der andere aufgrund der weit fortgeschrittenen Biochemie, die seinem organischen Gehirn im Robotkörper eine nach Jahrhunderten zählende Lebenserwartung verschafft.

Nach Abschluss des Falles »Daseinslöscher« haben Tekener und Kennon wieder ihre Identitäten als Chefs der Unabhängigen Hilfsorganisation für Bedrängte angenommen und widmen sich ihren Geschäften auf Satisfy, der UHB-Zentrale.

Doch mit der überraschenden Landung einer luxuriösen Raumjacht auf Satisfy kommt ein neuer Fall auf die USO-Leute zu.

Ein schönes Mädchen erscheint, bietet 50 Millionen Solar und erzählt eine erstaunliche Geschichte über ein gefährliches Virus und dessen Hersteller – eine Geschichte, die Tekener in ein gefährliches Abenteuer führt, als er die Spur eines Unbekannten aufnimmt.

Die Hauptpersonen des Romans

Ronald Tekener – Chef der UHB.

Caryon von Acraniath – Ein Mädchen bietet 50 Millionen Solar.

Ghuolo – Ein Attentäter.

Hatkor Moromat – Chef der Intern-Polizei von Satisfy.

Sinclair M. Kennon – Tekeners Kollege wartet auf Nachricht.

Ghort

1.

Es war purer Zufall, dass Ronald Tekener schon während des Anflugmanövers auf die CARYON aufmerksam wurde. Als Chef der »Unabhängigen Hilfsinstitution für Bedrängte«, kurz UHB genannt, kümmerte er sich nicht um jedes Schiff, das auf Satisfy landete. Dafür war die Intern-Polizei zuständig.

Er befand sich gerade auf einem Rundgang durch die Geheimanlagen, die nur wenigen Eingeweihten von Satisfy unter der Bezeichnung Sonde bekannt waren. Die Sonde lag tief unter der Oberfläche des Planetoiden, genau unter den dreitausend Meter durchmessenden Kuppeln, in denen sich das Leben auf Satisfy abspielte.

Tekener inspizierte die Ortungsanlagen, als sie zwei Flugobjekte ausmachten. Das war weiter nicht ungewöhnlich, denn es kamen täglich mehrere Schiffe verschiedener Größenordnung an – und ebenso viele starteten an jedem Tag.

Das eine Objekt war ein hundert Meter durchmessendes Passagierschiff, das sich als SUNRISE identifizierte.

»Es wird noch dazu kommen, dass ich den Touristen die Einreise nach Satisfy untersage«, seufzte Tekener. »Sie bringen uns mehr Kummer als Geld.«

Der Ortungsspezialist nickte mitfühlend.

Das zweite Objekt war eine dreißig Meter lange, torpedoförmige Jacht: die CARYON. Als Pilot, einziges Besatzungsmitglied und Eigner ersuchte eine Frau um Landeerlaubnis an, die sich Caryon von Acraniath nannte.

Das Ansuchen um Landeerlaubnis war eigentlich nur eine Formsache, denn auf Satisfy wurde prinzipiell niemandem die Einreise verweigert. Gastfreundschaft wurde hier groß geschrieben – doch musste sie mitunter recht teuer bezahlt werden.

Tekener forderte aus Neugierde ein Dossier über Caryon von Acraniath an. In den Speicherbänken der Sonde befand sich eine umfangreiche Kartei über alle aus diesem oder jenem Grunde wichtigen Personen der Galaxis, die von der USO laufend auf dem neuesten Stand gehalten wurde.

Caryon von Acraniath interessierte ihn in erster Linie als Frau, zum anderen, weil sie aller Wahrscheinlichkeit eine Akonin war, wie der Name verriet.

Doch er wurde enttäuscht. Unter dem von ihm genannten Namen hatten die Computer keine Angaben gespeichert. Aber die Automatenstimme bot ihm eine Alternative an.

»Vielleicht ist Ihnen mit den Unterlagen gedient, die unter der Bezeichnung Mesotard von Acraniath gesammelt wurden. Die Übereinstimmung des seltenen Namens von Acraniath lässt trotz der verschiedenen Vornamen auf einen Zusammenhang schließen.«

Welche genialen Schlussfolgerungen Positroniken doch manchmal ziehen!, dachte Tekener spöttisch. Er veranlasste, dass ihm die Unterlagen in sein Büro geschickt wurden und fuhr dann im Antigravlift zur Oberfläche hinauf.

Er kam in einem Raum eines UHB-Verwaltungsgebäudes in Kuppel I heraus, der nur ihm und Kennon zugänglich war. Durch eine Geheimtür trat er in sein luxuriös ausgestattetes Büro.

An dem großen Schreibtisch, der durch seine unzähligen technischen Einrichtungen wie das Kommandopult eines Raumschiffs aussah, saß Sinclair Kennon über ein dünnes Folienbündel gebeugt.

»Hast du die Akte über Mesotard von Acraniath angefordert?«, fragte er ohne aufzublicken.

Tekener bejahte das. Während er sich in einen der anpassungsfähigen Besuchersessel sinken ließ, durch einen Knopfdruck das versenkbare Vielzweckpult aus dem Boden ausfuhr und sich vom Getränkespender einen Drink mixen ließ, fuhr Kennon fort:

»Viel steht nicht über ihn da. Wenn du willst, kann ich dir in Stichworten das Wesentliche von dem wiedergeben, was hier auf einem halben Dutzend Seiten breitgewalzt wurde.«

»Schieß los«, sagte Tekener und nippte genüsslich an seinem Drink.

»Mesotard von Acraniath ist 60 Jahre alt, Biologe. Er arbeitet für die CyklopharmNocostra C. V., das größte akonische Pharmazieunternehmen. Hat für dieses als Biologe und Chemiker eine Reihe von wertvollen Erfindungen gemacht. Kein dunkler Punkt in der Vergangenheit. Vater von zwei Kindern. Sohn, Name ist Ecardin von Acraniath, geboren im Jahr 2815. Die Tochter heißt Caryon und ist um zwei Jahre älter.«

»Aha«, machte Tekener.

Kennon blickte den Freund an.

»Kennst du sie?«

»Noch nicht«, antwortete Tekener grinsend. »Aber ich werde bald das Vergnügen haben. Sie fliegt mit ihrer Jacht Satisfy an.«

»Hoffentlich ist sie hässlich«, meinte Kennon. »Weshalb ist sie gekommen?«

Tekener zuckte die Achseln und langte zum Visiphon des Vielzweckpultes. »Ich habe keine Ahnung, werde es aber bald wissen.«

Er tastete die Nummer der Intern-Polizei ein und verlangte Hatkor Moromat, als sich das Mädchen aus der Bildsprechzentrale meldete.

»Der Chef ist nicht da«, bedauerte sie. »Er ist mit dreien seiner Leute zum Raumhafen gegangen, um die Passagiere der SUNRISE unter die Lupe zu nehmen. Aber er ist für mich jederzeit erreichbar. Soll ich ihm etwas ausrichten, Mr. Tekener?«

Tekener nickte nachdrücklich. »Sagen Sie Moromat, er soll die Touristen links liegen lassen und sich persönlich um die Pilotin der CARYON kümmern. Vielleicht kann er Caryon von Acraniath im Hotel Aphrodite unterbringen. Wenn das erledigt ist, erwarte ich seinen Anruf.«

Tekener wollte noch hinzufügen, dass Hatkor Moromat mit Diskretion und Fingerspitzengefühl vorgehen solle, überlegte es sich aber dann anders. Der Chef der Intern-Polizei brauchte diesbezüglich keine Instruktionen – er kannte sich in seinem Beruf aus.

»Enthält das Dossier irgendwelche Anhaltspunkte?«, erkundigte sich Tekener bei seinem Freund und Mitbegründer der UHB.

»Über wen?«, fragte Kennon schmunzelnd. »Über den Vater oder die Tochter? Zu meinem Bedauern muss ich dir gestehen, dass außer Namen und Alter nichts über sie ausgesagt wird. Überhaupt habe ich selten vorher einen inhaltsloseren Personalakt gesehen.«

Eine Viertelstunde später meldete sich Hatkor Moromat über Visiphon. Er war ein Epsaler von 1,60 Metern und in den Schultern ebenso breit. Die vollkommene Kahlheit seines Schädels glich er aus, indem er sich einen Bart wachsen ließ. Diesen, der von rostroter Farbe war, hatte er in recht exzentrischer Weise zu vier Zöpfen geflochten, die ihm bis zum Nabel reichten. Außer durch sein Aussehen stach er durch seine Fähigkeit als Polizeichef und in seiner Treue zu Tekener und Kennon hervor. Er kannte weder ihr Geheimnis, noch wusste er von ihrer Zugehörigkeit zur USO, war aber dennoch, oder vielleicht gerade deshalb, absolut zuverlässig.

»Ich habe die Akonin im Aphrodite in einem Apartment mit Spionen untergebracht«, berichtete er. »Allerdings hat sie zu verstehen gegeben, dass sie nicht lange auf Satisfy bleiben wird. Sie möchte mit Ihnen sprechen und dann sofort wieder abreisen.«

»Hat sie nicht angedeutet, was sie von mir will?«, fragte Tekener.

Der Epsaler schüttelte den Kopf. »Mit keinem Wort. Ich bin auch nicht weiter in sie gedrungen. Aber Sie werden es bald erfahren, Sir, denn sie hat darauf bestanden, Sie sofort zu sprechen. Geht es in Ordnung, dass sie in einer Stunde in Ihr Büro kommt?«

»Ich habe nichts dagegen«, antwortete Tekener. »Welchen Eindruck haben Sie von ihr gewonnen?«

Der Epsaler machte eine unbestimmte Geste. »Ich habe ein Foto von ihr geschossen, als sie durch den Personenschacht das Raumschiff verließ. Möchten Sie es sehen?«

Der Epsaler hielt eine briefmarkengroße Fotografie an die Linse des Visiphons. Tekener stieß einen anerkennenden Pfiff aus.

»Ich freue mich auf die Unterredung mit ihr«, sagte Tekener und unterbrach die Verbindung. Er wandte sich Kennon zu, der Anstalten machte, den Platz hinter dem Schreibtisch zu verlassen, und sagte mit falschem Bedauern: »Dein Wunsch ist leider nicht in Erfüllung gegangen, Caryon von Acraniath ist alles andere als hässlich. Nanu, wohin gehst du?«

Kennon strebte der Geheimtür zu.

»Ich weiß schließlich, was sich gehört, wenn du eine hübsche Klientin erwartest. Ich ziehe mich ins Hinterzimmer zurück und werde euer Gespräch abhören.«

2.

Sie war groß – fast 1,80 Meter – und Hatkor Moromat wirkte daneben wie ihr in die Breite gezogener Mittagsschatten. Der Epsaler zog sich diskret zurück und schloss hinter ihr die Tür, nachdem sie das hypermoderne Büro betreten hatte.

Sie schenkte Tekener das unpersönliche Lächeln eines Mannequins und ließ ihre graugrünen Augen durch den Raum schweifen. Dabei kam sie mit wiegendem Gang langsam näher, und Tekener, der ihr auf halbem Weg entgegenging, hatte Gelegenheit, sie eingehend zu betrachten.

Sie war in Wirklichkeit viel schöner als auf dem Foto. Ihr Gesicht war feingeschnitten und so ebenmäßig, als hätte es ein Ästhet aus Biomolplast geformt, dennoch war es ausdrucksstark. In dem enganliegenden Kostüm aus Asthin-Seide mit dem geschlitzten, knielangen Hosenrock und den ausgebauschten, gerafften Zaddelärmeln wirkte sie so zart und zerbrechlich wie eine Puppe und knabenhaft schlank. Trotzdem besaß sie eine hervorragend proportionierte Figur, mit feingeschwungenen Rundungen, die ziemlich exakt Tekeners Idealmaßen entsprachen.

Sie taxierte ihn ziemlich ungeniert, und ihre Blicke verrieten, dass sie von dem, was sie sah, nicht enttäuscht war.

»Ich habe mir nie etwas darunter vorstellen können, wenn von anziehender männlicher Hässlichkeit gesprochen wurde«, sagte sie. »Jetzt weiß ich, dass es so etwas gibt, Mr. Tekener.«

Tekener lächelte unergründlich.

»Ich fasse es als Kompliment auf und erwidere es. Ihr Anblick raubt mir die Sinne, Caryon von Acraniath.«

Tekener vertiefte sein Lächeln, weil er sich vorstellte, wie Kennon beim Mithören dieses Gesprächs wahrscheinlich aufstöhnte.

»Nennen Sie mich einfach Caryon«, sagte die Akonin, während Tekener sie zu einem Sessel geleitete. »Und ich werde Tek zu Ihnen sagen.«

Tekener nahm hinter dem Schreibtisch Platz, nachdem sich auch Caryon von Acraniath gesetzt hatte.

»Tek dürfen mich alle nennen, die nicht meine Angestellten oder meine Feinde sind.«

»Sie rechnen damit, dass wir Feinde werden könnten?«, fragte sie und hob erstaunt eine Augenbraue.

»Ich bilde mir noch kein Urteil, sondern halte mir alle Möglichkeiten offen.«

»Sie sind wohl äußerst misstrauisch, Tek?«

»In meinem Beruf ist Misstrauen die beste Lebensversicherung.«

»Damit wären wir auch schon beim Thema, bei Ihrem Beruf«, sagte sie und fügte übergangslos hinzu: »Ich möchte die Dienste der UHB in Anspruch nehmen.«

»Was können wir für Sie tun?«

»Sie sollen mir helfen, ein kosmisches Verbrechen zu verhindern. Selbstverständlich werden Sie dafür entsprechend bezahlt.«

»Ich bin froh, dass Sie diesen Punkt sofort anschneiden«, sagte Tekener zufrieden. »Damit haben Sie die Voraussetzung geschaffen, dass ich Ihnen überhaupt zuhöre. Welche Hilfeleistung erwarten Sie nun von der UHB? Und welcherart Verbrechen soll verhindert werden?«

»Es geht um ein Virus, das ganze Planeten verseuchen könnte«, antwortete sie. »Ich werde Sie dafür bezahlen, dass Sie das durch Ihr Eingreifen verhindern.«

Tekener schnitt eine Grimasse. »Das genügt mir! Ich werde sofort mein Raumschiff starten und die Sache erledigen. Sie können einstweilen hier warten, bis ich mit der Erfolgsmeldung zurückkomme.«

Sie starrte ihn verstört an.

»Es tut mir leid, dass ich mein Anliegen so ungeschickt angepackt habe. Aber ich wusste einfach nicht, wo ich anfangen sollte. Ich konnte ja nicht ahnen, dass Sie so leicht die Geduld verlieren.«

»Schon gut.« Tekener winkte ab. »Beginnen wir also wieder von vorne. Um welches Virus handelt es sich, was bewirkt es? Wer besitzt es, und wer bedroht welche Planeten damit? Erzählen Sie alles wie es Ihnen gerade einfällt, aber lassen Sie sich bitte nicht jedes Wort einzeln herausziehen.«

Sie fuhr sich mit der Zunge über die Lippen.

»Haben Sie etwas zu trinken, Tek?«

»Entschuldigen Sie«, sagte Tekener und fuhr das Vielzweckpult vor ihr aus. »Sie können am Getränkespender selbst wählen, was Sie trinken wollen.«

»Ich glaube, ich benötigte erst einmal einen scharfen Drink«, meinte sie und wählte einen Whisky. Dazu erklärte sie: »Ich interessiere mich nicht nur für die terranische Kultur, sondern schätze auch die terranischen Getränke und Speisen.«

Tekener verhielt sich abwartend.

Nachdem sie sich vom Getränkespender einen zweiten Whisky hatte geben lassen, erzählte sie Tekener ihre erstaunliche Geschichte.

*

»Mein Vater ist der bekannte Biologe Mesotard von Acraniath«, begann sie. »Möglich, dass Sie noch nie von ihm gehört haben, Tek, aber in akonischen Fachkreisen ist sein Name ein Begriff. Nach Beendigung seines Studiums trat er in die Dienste der Cyklopharm Nocostra C. V., dem bedeutendsten Unternehmen auf dem Gebiet der Arzneimittelherstellung. Er machte eine Reihe wertvoller Erfindungen auf dem Gebiet der Biologie und Chemie, die vor allem dem Unternehmen, aber auch ihm einen guten Ruf und eine Menge Geld einbrachten.

Mesotard arbeitete sich rasch empor, bis er einer der führenden Biologen in der Cyklopharm Nocostra C. V. wurde. Man belohnte seine Dienste damit, dass man ihm ein Privatlabor auf einer geheim gehaltenen Welt einrichtete. Es wurde gut getarnt, und nur wenige wussten, wo es lag. Dort sollte Vater seine Forschungen betreiben. Und dort führte er vor kurzem eine Arbeit zu Ende, die er schon vor Jahrzehnten begonnen hatte.

Es handelt sich dabei um ein Virus, das sozusagen als Nebenprodukt bei einer Versuchsreihe abgefallen ist. Mesotard entwickelte diese Mutation weiter, bis sie die jetzige Form angenommen hat. Er nennt es Virus Mesotard III, weil es sich dabei um die dritte Entwicklungsstufe der Virusmutation handelt.«

Tekener hatte schweigend zugehört. Jetzt fragte er:

»Und welche Seuche oder Krankheit ruft dieses Virus hervor?«

»Es handelt sich dabei weniger um eine Seuche, die den Körper befällt, sondern um eine Auswirkung, die den Geist betrifft. Aber sehen Sie selbst.«

Sie holte aus ihrer Tasche, die sie am Hüftgürtel trug, eine Mikrofilmspule und überreichte sie Tekener.

Dabei sagte sie: »Wenn Sie einen Projektor zur Hand haben, dann sehen Sie sich zuerst diesen Film an.«

Tekener nahm die Spule wortlos an sich, dann ließ er durch einen Knopfdruck einen Projektor aus der Tischplatte ausfahren und spannte die Filmspule ein. Während der Projektor anlief, verdunkelte er, ebenfalls durch einen Knopfdruck, die Scheiben der Panoramafenster; sie verloren ihre Transparenz, und der Raum verdunkelte sich.

Auf der dem Schreibtisch gegenüberliegenden Wand erhellte sich ein drei mal vier Meter großes Viereck. Der Raum lag in völliger Stille da. Der Projektor lief geräuschlos. Nur das Atmen der beiden Menschen war zu hören.

Der Film war ohne Ton. Er zeigte einen Testraum, der drei Meter im Quadrat messen mochte. Darin waren vier Akonen untergebracht. Sie gaben sich zwanglos, konnten ihre Nervosität jedoch nicht verbergen. Hinter der Glaswand des Raumes standen ein halbes Dutzend Männer, ebenfalls Akonen, an einem Spaltpult.

Plötzlich löste sich von einem Projektorlauf in der Glaswand ein kaum sichtbarer Energiestrahl. Er besaß die typischen Merkmale eines optisch sichtbar gemachten Zugstrahls. Es war klar, dass der Zugstrahl irgend etwas in den Testraum hineinbrachte – allerdings war dieses Etwas so winzig, dass es nicht ausgemacht werden konnte. Die vier Testpersonen verstummten und starrten gebannt auf den Zugstrahl. Dieser erlosch, als er die Mitte des Raumes erreicht hatte.

Hier blendete der Film aus, blendete sich aber sofort wieder in die gleiche Szene ein. Damit sollte offensichtlich ein Zeitsprung angedeutet werden. Wie viel Zeit verstrichen war, war allerdings nicht ersichtlich.

Aber mit den vier Testpersonen war eine Veränderung vor sich gegangen. Sie wirkten schläfrig, ja, geradezu apathisch, standen mit hängenden Köpfen da, unterhielten sich nicht mehr miteinander. Es schien, dass keiner den anderen mehr wahrnahm.

Ihre Teilnahmslosigkeit erlosch schlagartig, als einer der Beobachter hinter der Glaswand die Arme in die Höhe hob. Alle vier Testpersonen taten es ihm wie auf Befehl gleich. Auch sie hoben die Hände in die Höhe. Der Mann streckte die Arme zur Seite aus, die Testpersonen folgten augenblicklich seinem Beispiel. So ging es eine Weile weiter. Dann war der Film aus.

Für Tekener ging eines ganz klar aus dem Film hervor: Durch die Einführung irgendeines Präparates in den Testraum waren die vier Akonen zu willenlosen Sklaven geworden.

»Kann ich den Film behalten?«, fragte Tekener, nachdem er die Verdunkelung der Fenster aufgehoben hatte.

»Er wird Ihnen nichts nützen«, antwortete Caryon, »denn er ist so präpariert, dass er sich in spätestens einer Viertelstunde von selbst auflöst. Was Sie eben gesehen haben, war die Auswirkung eines winzigen mit Virus Mesotard III durchsetzten Stäubchens auf den menschlichen Geist. Die vier Testpersonen wurden davon in kürzester Zeit geistig versklavt.«

»Das ging ziemlich klar daraus hervor«, sagte Tekener, ohne sich seine Gefühle anmerken zu lassen. »Dagegen wurde nicht ersichtlich, auf welche Art und Weise das Virus wirkt.«

Caryon wurde nachdenklich. Schließlich sagte sie:

»Ich glaube, ich überschreite nicht meine Befugnisse, wenn ich Ihnen mein spärliches Wissen über das Virus verrate. Sie haben gesehen, oder besser gesagt, Sie haben nicht gesehen, welche geringe Menge genügte, die vier Männer in dem Würfel mit drei Metern Seitenlänge gefügig zu machen. Eine nicht viel größere Menge würde ausreichen, einen ganzen Planeten im Handumdrehen in eine Sklavenwelt zu verwandeln. Das Präparat geht nämlich mit dem auf allen Sauerstoffweiten in der Atmosphäre vorhandenen Edelgas Neon eine Verbindung ein. Es erfolgt eine Art Kettenreaktion auf kalter chemischer Basis, die sich blitzschnell ausweitet. Dadurch ist es möglich, die Atmosphäre eines ganzen Planeten binnen kurzem ohne großen technischen Aufwand zu verseuchen. Das Schreckliche daran ist, dass die Wirkung selbst geringer Mengen etwa ein halbes Norm-Jahr anhält!«

Caryon lehnte sich erschöpft in ihrem Sessel zurück und trank in einem einzigen Schluck ein halbvolles Glas Whisky leer.

»Woher haben Sie den Film«, wollte Tekener wissen.