Atlan 94: Der Vergessene aus Andromeda - Klaus Fischer - E-Book

Atlan 94: Der Vergessene aus Andromeda E-Book

Klaus Fischer

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Beschreibung

Er flieht vor seinen Mördern - er ist der letzte der MdI Die Ereignisse des Jahres 2842, die in den weltenzerstörerischen Aktivitäten des Redbone- und des Suddenly-Effekts gipfeln - und in der Entführung Lordadmiral Atlans, des Chefs der USO -, haben, wie bereits ermittelt wurde, ihren Ursprung in der fernen Vergangenheit. Die Verantwortlichen der USO, der galaktischen Feuerwehr, sind darüber informiert, dass eine bislang unbekannte verbrecherische Organisation mit Hilfe altlemurischer Unterlagen Psi-Materie zu gewinnen sucht, mittels derer sich die geistige Unterjochung ganzer Planetenbevölkerungen bewerkstelligen lässt. Das eigentliche Ziel der Verbrecher bleibt noch im dunkeln, ebenso der Ort, von dem aus sie ihre galaxisweiten Aktionen unternehmen. Für Kenner der galaktischen Geschichte ergeben sich jedoch gewisse Anhaltspunkte. Sie reichen zurück in die Zeit der "Meister der Insel", in die Zeit, da Mirona Thetin, genannt Faktor I, keine Mitwisser ihrer Geheimnisse duldet und alle Konkurrenten unbarmherzig ausschaltet. Nur ein Mann entgeht ihren Mordkommandos. Dieser Mann ist Faktor XIII, später der "Graue" genannt, DER VERGESSENE AUS ANDROMEDA ...

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Nr. 94

– Im Auftrag der Menschheit Band 92 –

Der Vergessene aus Andromeda

Er flieht vor seinen Mördern – er ist der letzte der MdI

von Klaus Fischer

Die Ereignisse des Jahres 2842, die in den weltenzerstörerischen Aktivitäten des Redbone- und des Suddenly-Effekts gipfeln – und in der Entführung Lordadmiral Atlans, des Chefs der USO –, haben, wie bereits ermittelt wurde, ihren Ursprung in der fernen Vergangenheit.

Die Verantwortlichen der USO, der galaktischen Feuerwehr, sind darüber informiert, dass eine bislang unbekannte verbrecherische Organisation mit Hilfe altlemurischer Unterlagen Psi-Materie zu gewinnen sucht, mittels derer sich die geistige Unterjochung ganzer Planetenbevölkerungen bewerkstelligen lässt.

Das eigentliche Ziel der Verbrecher bleibt noch im dunkeln, ebenso der Ort, von dem aus sie ihre galaxisweiten Aktionen unternehmen.

Für Kenner der galaktischen Geschichte ergeben sich jedoch gewisse Anhaltspunkte. Sie reichen zurück in die Zeit der »Meister der Insel«, in die Zeit, da Mirona Thetin, genannt Faktor I, keine Mitwisser ihrer Geheimnisse duldet und alle Konkurrenten unbarmherzig ausschaltet.

Die Hauptpersonen des Romans

Comden Partan – Ein Meister der Insel.

Braas Teldoq – Kommandant des tefrodischen Stützpunktes Nemoia.

Mantabar – Teldoqs Assistent.

Galethi – Ein Mann wird zum Mordgehilfen.

Peh-Khe – Chefarzt von Nemoia.

a-trut

1.

Während seines überlichtschnellen Fluges durch die sternenerfüllten Weiten dieser Galaxis hatte sie ihn nicht mehr gequält. Jetzt, da er sich seinem Ziel näherte, war sie wieder da.

Die Angst!

Die Angst, dass jene, die das Todesurteil über ihn gefällt hatten, ihn schließlich doch noch fanden. War seine Täuschung erkannt, würde eine gnadenlose Jagd beginnen. Selbst intergalaktische Abgründe würden die Häscher nicht davon abhalten, ihr Opfer zu finden und zu liquidieren.

Die Häscher und ihre Herren, die Beherrscher einer Galaxis, die sich anschickten, eine zweite zu erobern. Ihre Macht war unbegrenzt. Nichts und niemand konnte ihr entgehen. Er musste es wissen, denn er war selbst einer von ihnen. Er, Comden Partan, Tamrat von Caltuvoon und Faktor XIII – ein Meister der Insel ...

Er und die Faktoren VIII bis XII hatten ihr Leben verwirkt in dem Augenblick, in dem sie die wahre Identität von Faktor I erkannt hatten: Mirona Thetin!

Eine Frau stand an der Spitze jener, die über unzählbar viele intelligente Wesen herrschten! Eines Tages hatte sie feststellen müssen, dass ihre Anonymität nicht länger gewahrt war, dass ihr Titel »Hoher Tamrat vom Sulvy-System« nicht mehr länger als Tarnung herhalten konnte. Keine Sekunde hatte sie gezögert, jene auszuschalten, die ihrem Geheimnis auf die Spur gekommen waren. Sie hatte den Hyperfunkimpuls ausgelöst, der die lebenspendende Energie des Zellaktivators, den ein jeder der Meister trug, in tödliche Strahlung verwandelte.

Freilich war er, Comden Partan, dem Tode entgangen. Rechtzeitig hatte er Vorsorge getragen, dass ihm das Schicksal der übrigen fünf erspart blieb. Gleich, nachdem er erfahren hatte, dass Mirona Thetin Faktor I war, hatte er seinen Zellaktivator entfernen lassen und an einen Freund »verschenkt«.

Sekundenlang verdüsterten sich die scharfgeschnittenen Züge des Mannes. Ja, Majvis Darnin war sein Freund gewesen. Einer, dem er bedingungslos vertrauen konnte, und der auch ihm bedingungslos vertraut hatte ...

Comden Partan straffte sich. Wem nutzten solche Gedanken? Wer die Macht besaß, musste hart sein, um sie nicht wieder zu verlieren. Im Augenblick jedoch, dachte der Mann, war er von der Macht weiter entfernt als jemals zuvor in seinem langen Leben. Im Augenblick nannte er nichts weiter sein eigen als seinen Raumanzug mit den dazugehörigen Waffen und Geräten und dieses Beiboot, mit dem er im Sonnensechseck bei Kahalo rematerialisiert war, und das ihn bis hierher getragen hatte.

Das Schiff war in einer weiten Parabel an der kleinen gelben Sonne vorbeigeflogen, hatte Kurs auf den vierten Planeten des Systems genommen und war schließlich in dessen Sauerstoffatmosphäre eingetaucht.

Comden Partan blickte durch das Glas der Klarsichtkuppel. Unter ihm dehnte sich die endlose Steppe des Planeten Nemoia. In wenigen Minuten musste der Stützpunkt in Sicht kommen. Die Tefroder erwarteten ihn. Er hatte sie per Normalfunk über seine Ankunft unterrichtet.

Die Tefroder arbeiteten, wie er wusste, an der Konstruktion eines Multiduplikators. Er würde sich ihnen als Kontrolleur zu erkennen geben, der im Auftrag der Meister denStand der Arbeit inspizieren sollte.

Vor ihm zwischen den Gräsern der Steppe funkelte etwas. Das Beiboot neigte den Bug und schoss in rasender Fahrt darauf zu. Aus dem dunklen Grün schälten sich schimmernde Kuppeln, wurden schnell größer. In der Mitte ein Bau, höher als alle anderen.

Dann das Landefeld. Es war klein. An seinem Rande stand ein einsamer Gleiter.

Die feinnervigen Hände des MdI zuckten. Er spürte wieder die Wunde in der Brust. Dort hatte der Zellaktivator gesessen.

Jeder Meister trug ein solches Gerät. Es verlieh seinem Träger Unsterblichkeit – sofern er nicht einen gewaltsamen Tod erlitt.

Die Zellaktivatoren waren vor Äonen von einem lemurischen Wissenschaftler entworfen und konstruiert worden. Das vorübergehende Ablegen oder die völlige Entfernung dieser Geräte war mit physischen Unannehmlichkeiten verbunden. Allerdings waren diese zu ertragen. Eine akute Lebensgefahr bestand nicht.

Der Mann sah zu dem Gleiter hinunter. Was erwartete ihn dort unten? Wussten sie bereits, wer er war? Und wer hinter ihm her war? Er presste die Kiefer zusammen. Er musste sich jetzt zusammennehmen.

Wenig später verließ Comden Partan das Beiboot durch die Schleuse und betrat den glatten Boden der Landepiste. Vor ihm stand in Offiziersuniform ein mittelgroßer, untersetzt wirkender Tefroder, der ihn aus wasserhellen Augen neugierig musterte.

»Braas Teldoq«, sagte er lächelnd. »Ich bin Hyperenergiephysiker und Kommandant dieses Stützpunktes.«

Comden Partan blickte ihn durchbohrend an und erwiderte:

»Und ich bin hierher gekommen, um im Auftrage der Meister der Insel festzustellen, ob die Arbeiten den vorgeschriebenen Verlauf nehmen und die gestellte Aufgabe gelöst worden ist.«

Das Lächeln aus den Zügen des Tefroders verschwand. An seine Stelle trat nackte Angst. Der Mann verbeugte sich tief, als er sagte:

»Ich begrüße Sie auf Nemoia, Dogon. Und ich hoffe, dass Sie einen angenehmen Auf...«

»Fahren Sie mich zu den Kuppeln!«, unterbrach ihn der Angekommene schroff. »Ich will zuerst die Zentrale sehen, dann die Labors.«

»Selbstverständlich, Dogon.« Der Kommandant trat zur Seite, um dem unerwarteten Gast den Vortritt zu lassen.

Der Meister, dessen hochgewachsene und breitschultrige Gestalt den Tefroder um eineinhalb Haupteslängen überragte, schritt schweigend an diesem vorbei und schlug den Weg zu dem wartenden Gleiter ein.

Comden Partan war zufrieden. Der andere hatte ihn Dogon genannt. Das war ein tefrodisches Wort und bedeutete so viel wie »Hoher Inspektor«. Diese Anrede und die devote Haltung des Mannes ließen vermuten, dass er hier kaum auf nennenswerte Schwierigkeiten stoßen würde. Möglicherweise waren die Arbeiten auch nicht erfolgreich verlaufen, und der andere fürchtete die Strafe der Meister! Nun, man würde sehen.

*

Die folgenden Stunden verbrachte Comden Partan damit, sich von Teldoq durch die verschiedenen Räumlichkeiten des Stützpunktes führen zu lassen und den Stand der jeweils anfallenden Arbeiten zu inspizieren.

Je länger die Inspektion dauerte, um so unruhiger wurde er. Mit mürrischem Gesicht wanderte er von Kuppel zu Kuppel, von Raum zu Raum. Und während der Kommandant neben ihm pausenlos auf ihn einredete, bemüht, dem Dogon Anerkennung oder zumindest Billigung zu entlocken, wurde dessen Miene immer verschlossener und hochmütiger.

Natürlich konnte Teldoq nicht wissen, dass Comden Partan damit zu kämpfen hatte, die steigende Unruhe, die sich in seinem Innern breitmachte, nicht nach außen hin sichtbar werden zu lassen.

Er fühlte die Blicke der Männer auf sich. Bis auf die kleine Besatzung des Abwehrforts waren alle, die hier arbeiteten, Wissenschaftler und Techniker. Diese Leute verstanden ihr Handwerk. Sie arbeiteten gewissenhaft und gut, und sie wussten es.

Durchschauten ihn diese Männer bereits? Erkannten sie seine Unrast? Machte er auf sie den Eindruck eines Gehetzten? Eines Mannes, hinter dem man her war ...?

Comden Partan schüttelte die Gedanken mit Gewalt von sich ab. Er musste sich zusammennehmen, durfte die Männer seine Schwäche nicht erkennen lassen. Er wandte Teldoq sein Gesicht zu, zwang seinen Mund zu einem Lächeln.

»Kommandant Teldoq! Das Resultat Ihrer und Ihrer Leute Arbeit, soweit es den Konstruktionsauftrag des Multiduplikators betrifft, bewerte ich mit befriedigend. Die sonstigen mathematischen und graphischen Unterlagen legen Sie mir später vor. Ich werde mich jetzt zurückziehen. Ich hatte einen anstrengenden Flug.«

Der Offizier, sprachlos ob des plötzlichen, unterwarteten Lobes, brauchte einige Sekunden, um seine Fassung wiederzugewinnen. Dann stammelte er:

»Selbstverständlich, natürlich, Dogon! W-wir haben einen Raum für Sie bereits hergerichtet. Darf ich Sie hinführen?«

Als sie das Band eine Weile durch das Gangsystem getragen hatte, erreichte den Kommandanten ein Anruf der Zentrale. Teldoqs Assistent, ein gewisser Mantabar, meldete sich und berichtete, dass die drei Männer, die mit den Eingeborenen über neue Lieferungen von Nahrungsmitteln verhandelt hatten, zurückgekehrt seien.

»Sie sollen in der Zentrale auf mich warten!«, beantwortete Teldoq den Anruf und schaltete ab.

Comden Partan blickte ihn fragend an. »Gibt es Eingeborene auf Nemoia?«

Der Kommandant nickte. »Ja, sie sind halbintelligent, gewissermaßen auf der untersten Stufe ihrer Entwicklung. Wir nennen sie Ikriitz. Ich glaube, das ist eine Verballhornung eines Wortes ihrer eigenen Sprache.«

Dann waren sie am Ziel.

Als sich Comden Partan auf der Konturcouch ausstreckte, und sich die Tür hinter Teldoq geschlossen hatte, atmete er auf. Er entspannte sich und versuchte, in Ruhe über seine Lage nachzudenken.

Im Grunde genommen war es ziemlich unwahrscheinlich, dass Mirona Thetin dahinter kam, dass er sie getäuscht hatte. Er hatte auf Caltuvoon umfangreiche Vorsichtsmaßnahmen getroffen, die verhindern sollten, dass Faktor I doch noch erfuhr, dass er überlebt hatte und geflohen war. Er hatte an alles gedacht.

Oder doch nicht ...? Faktor I war unberechenbar, seine Machtmittel unbegrenzt ... Seine Gedanken bewegten sich im Kreise. Die Spirale der Angst fing von neuem an zu schwingen.

Nach einer Weile kam er zu dem Schluss, dass alle Überlegungen, welche Umwege sie auch nahmen, am Ende nach einem Punkte hin konvergierten: Er war noch lange nicht in Sicherheit! Konnte nicht in Sicherheit sein, solange dieser Stützpunkt eine Funkverbindung zur Außenwelt besaß. Oder aber – solange außer ihm noch jemand existierte, der Funksprüche aufnehmen und beantworten konnte!

Comden Partan brach der Schweiß aus. Seine Gedanken irrlichterten hin und her. Er sprang auf und begann, im Zimmer auf und ab zu gehen. Ja! Es gab nur diese eine Lösung! Er musste es tun. Es musste sie töten – alle!

Je mehr er nachdachte, um so mehr wurde eines zur unzweifelhaften Gewissheit. Sein Entschluss, die organische Besatzung des Stützpunktes zu liquidieren, konnte nur dann erfolgreich in die Tat umgesetzt werden, wenn es ihm gelang, möglichst viele Tefroder auf einmal umzubringen.

2.

Braas Teldoq studierte die Graphik eines Feldschablonenmodells. Mit einem Computer überprüfte er noch einmal alle Schaltelemente der Versuchsanlage. Alle Sektionen zeigten Blauwerte. Der Simulator war bereit.

Der Wissenschaftler – der zugleich militärischer Kommandant des Stützpunktes war – blickte auf die Oszillographen und streckte die Hand aus, um einzuschalten. Da ertönte ein Summer, und ein Videoschirm erhellte sich.

Es war sein Assistent Mantabar.

»Der Dogon wünscht, alle Wissenschaftler und Techniker im Konferenzraum II zu einer Besprechung zu sehen.«

Teldoq runzelte die Stirn. »Was heißt alle?«, wollte er wissen.

Mantabar krümmte die Schultern in einer vagen Geste des Nichtwissens. »Eben alle!«

Teldoq überlegte kurz. »Ich komme«, sagte er dann. Er warf einen bedauernden Blick auf die Versuchsanlage. Dann richteten sich seine Gedanken auf den Inspektor und dessen Wunsch. Befehl korrigierte er sich in Gedanken. Jeder Wunsch, den ein Dogon äußerte, war automatisch ein Befehl, und niemand würde es wagen, einen solchen zu ignorieren. Was aber, so fragte er sich mit wachsender Unruhe – hatte der Fremde vor? War er am Ende doch nicht zufrieden mit ihnen?

Unter solchen Gedanken langte Braas Teldoq in der Zentrale an, wo er sich sogleich mit dem Kontrolleur in Verbindung setzte.

»Was gibt es?«, fragte jener schroff und machte keinen Hehl daraus, dass er es für unnötig hielt, das, was er Mantabar gesagt hatte, dem Kommandanten zu wiederholen.

»Verzeihen Sie, Dogon!«, begann Teldoq. »Es ist nur wegen der – Besprechung ...« Er schwieg. Aber als der Dogon nichts sagte und ihn nur eisig anstarrte, fuhr er fort: »Mehr als zwanzig Leute auf einmal kann ich nicht entbehren. Die Ortungszentrale, die Funkzentrale, das Fort müssen besetzt bleiben. Die Hauptzentrale hier und die technischen Anlagen können nicht völlig entblößt werden ...«

Der Mann auf dem Bildschirm zog drohend seine Augenbrauen zusammen. »Die Anlagen sind wartungsfrei, Kommandant Teldoq«, sagte er gefährlich leise. »Für die Zentralen genügt je ein Mann! Also?«

Der Tefroder rechnete schnell nach. Trotz seiner Angst vor dem anderen glaubte er, dass die Ortungszentrale mindestens mit zwei Mann besetzt bleiben musste. Wurden im Nahraum ein oder mehrere fremde Objekte geortet, musste der zweite Mann die Zentrale verständigen, der erste hatte sich ganz auf das Geschehen auf dem Orterschirm zu konzentrieren.

»Dreißig«, sagte er und tat einen tiefen Atemzug. »Das ist das Äußerste!«

Der Dogon schien durch ihn hindurchzublicken. Nach einigen Sekunden, die Teldoq wie eine kleine Ewigkeit erschienen, sagte er ruhig:

»Also dreißig – mit Ihnen! Ich erwarte Sie alle in genau ...« er blickte auf sein Chronometer, »... fünfundzwanzig Minuten!«

Der Schirm wurde dunkel. Teldoq blickte Mantabar an.

»Ich kann mir nicht helfen«, begann der Assistent. »Ich habe ein ungutes Gefühl. Dieser Mann ...«

»... ist der Dogon«, vollendete der Kommandant. »Was immer er tut, er handelt im Auftrag der Meister. Vergessen Sie das nicht!«

*

Der Konferenzraum II war bereits voll besetzt, als der Kommandant eintraf. Flüchtig fuhr ihm die Frage durch den Sinn, warum der Dogon sich für diesen Raum anstatt für den größeren Konferenzraum I entschieden hatte. Vielleicht war der Grund, weil sich hier ein Rechengerät befand, das in dem anderen Raum im Augenblick fehlte.

Unbewusst nahm er das Stimmengebrodel wahr, das von den vielen Männern in dem kleinen Raum ausging. Ein junger Techniker namens Hailbroos wandte sich an ihn:

»Stimmt es, Kommandant, dass der Dogon mit dem Ergebnis unserer Arbeit unzufrieden ist?«

»Im Gegenteil, Techniker Hailbroos«, sagte Teldoq und lächelte väterlich­wohlwollend. »Der Dogon äußerte seine Zufriedenheit. Er sprach offizielles Lob aus.«

Der Techniker sah einen Augenblick gedankenvoll vor sich hin.

»Ich möchte nur wissen ...« Er brach ab und fuhr dann zögernd fort: »Er sah so merkwürdig aus ...«

»Wann?«, fragte der Kommandant scharf. Er fühlte, wie sich Unruhe seiner bemächtigte.

»Vorhin. Ich ... war schon einige Minuten früher hier. Cheftechniker Ollba schickte mich hierher. Ich sollte die Arbeitsbereitschaft des Rechners überprüfen.« Hailbroos sprach jetzt schneller. »Gerade, als ich im Begriff war, einzutreten, öffnete sich die Tür, und der Dogon stand vor mir. Er ... sah mich seltsam an. Ja, es schien mir, als ob ... nein, das ist unmöglich ...!« Er brach plötzlich ab.

»Was ist unmöglich? Reden Sie, Mann!« Die Unruhe des Kommandanten verstärkte sich.

Der Techniker hob den Kopf, sah Teldoq einen Augenblick offen in die Augen. »Es schien, als ob er Angst hätte.« Erneut brach er ab, schüttelte den Kopf.

Der Kommandant starrte ihn an. »Angst ...?«, echote er verständnislos. »Und dann? Weiter! Was hat er getan?«

»Oh, nichts! Er ging, ohne ein Wort zu sagen, davon.«

Braas Teldoq blickte abwesend über die Köpfe der Versammelten. Ein ungeheuerlicher Gedanke kam ihm. Wie, wenn der Dogon gar kein Dogon war! Vielleicht hatte der Fremde sich nur als Inspektor ausgegeben. Vielleicht war er ein Verbrecher. Dann war er aus ganz persönlichen Gründen nach Nemoia gekommen, nämlich, um hier in den Tiefen einer fremden Galaxis unterzutauchen. Vielleicht gar, dachte Teldoq, wurde er von denen gejagt, die er als seine Auftraggeber hinstellte – den Meistern! Dann aber – die Gedanken des Kommandanten machten einen Sprung – sah die Lage völlig anders aus, auch für ihn!

Wenn der falsche Dogon – Teldoq wurde unversehens von seinen Spekulationen hinweggerissen – wenn dieser Mann in eine fremde Galaxis floh, musste er schwere Schuld auf sich geladen haben. Um so größer war der Aufwand, mit dem er gejagt wurde. Um so größer aber auch die Belohnung für denjenigen, der den Verbrecher zur Strecke brachte ...

Allerdings – und dieser Gedanke brachte Teldoq wieder leidlich auf den Boden der Tatsachen zurück – erst einmal musste der Mann unschädlich gemacht werden. Man konnte aber einen hohen Vertreter der regierenden Macht nicht einfach festnehmen, ohne handfeste Beweise dafür vorzulegen, dass der Betreffende in der Tat nicht derjenige war, für den er sich ausgab.

In der Regel, wusste Teldoq, waren solche Leute im Besitz von schriftlichen oder elektronischen Ausweisen, ausgestellt von jenen, deren Belange sie wahrnahmen. Unglücklicherweise hatte er es versäumt, den Fremden bei der Landung aufzufordern, solche Dokumente vorzuweisen. Sollte er das Versäumte nachholen? Nein, ein solches Ansinnen würde den Fremden sicherlich stutzig machen. Er durfte jetzt nicht vorschnell handeln! Er musste vielmehr den Zeitpunkt abwarten, an dem der angebliche Kontrolleur sich verriet. Und in der Zwischenzeit musste er, Teldoq, versuchen, stichhaltige Beweise zu finden, aus denen einwandfrei hervorging, dass man es mit einem Verbrecher zu tun hatte. Früher oder später würde ...