Auch Bienen haben Schweißfüße - Jürgen Tautz - E-Book

Auch Bienen haben Schweißfüße E-Book

Jürgen Tautz

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Beschreibung

Honigbienen sind durchweg beliebt – ob bei Imkern oder Nicht-Imkern, Groß oder Klein, Wissenschaftlern oder Nicht-Wissenschaftlern. Denn: Bienen haben viele unglaubliche Fähigkeiten – sie können voneinander lernen, denken, träumen, planen, zählen, Künstler-Malstile identifizieren, menschliche Gesichter erkennen … Und als wäre das nicht genug, sind sie auch noch DER Workaholic unter allen Bestäubern! Die Wissenschaft wird nicht müde, immer neue große und kleine Wunder an und in den Honigbienen zu entdecken. Einige dieser Wunder hat einer der führenden Bienenforscher Deutschlands, Professor Jürgen Tautz, in diesem Buch zusammengefasst – Wissenswertes und Verblüffendes zum Staunen und Freuen.

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Seitenzahl: 141

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INHALT

Vorwort

SINNESWAHRNEHMUNG & LERNVERMÖGENVON DER KLUGHEIT DER HONIGBIENEN

Wie können wir wissen, was Bienen „denken“?

Tradition im Bienenvolk: Bienen lernen von Bienen

Wann sind Honigbienen farbenblind?

Honigbienen sind taub

Bienenwachs als Personalausweis

Können Honigbienen ihren Tagesablauf planen?

Ohne Lot und Wasserwaage: Wie Honigbienen ihre Körperlage feststellen

Die verräterischen „Schweißfüße“ der Bienen

Fühlen Honigbienen Schmerzen?

Vom „Denken“ der Honigbienen

Duftende Hinweise: Geraniol markiert, wo’s langgeht

Können sich Honigbienen betrinken?

Die Mär von Minen aufspürenden Bienen

Haben Bienen ein Bewusstsein und Emotionen?

SUPERORGANISMUS BIENKOMPETENZ DURCH TEAMWORK

Die Sprache der Bienen

Die „Tanzsprache“ der Honigbiene – Alt und neu auf einen Blick

Der Brauseflug: Das vernachlässigte Element in der Kommunikation der Honigbienen

Wie fleißig sind die Honigbienen?

Wie weit fliegt ein Bienenvolk für ein Glas Honig?

Der Bienen-Kristall

Die Tankstellenbienen im Brutnest

Kurzes oder langes Leben: Der Bien beeinflusst es schon vor der Geburt

Eine ruft und alle antworten – Chorgesang bei Zwerghonigbienen

Wie reagieren Honigbienen auf natürliche Gifte?

Wie nutzen Bienen Löcher im Brutnest?

Luftfeuchte im Bienenstock

Der Darm verrät das soziale Insekt

Nicht ganz volltanken, bitte!

Das Brutnest als Treibhaus

Über das Fortpflanzungsmonopol der Bienenkönigin

Wie sich Honigbienen zum Sex finden

Wie hitzeempfindlich sind die Spermien von Honigbienen?

Von Vetternwirtschaft und faulen Eiern

Tanzen, piepen, heizen – Die komplexe Startvorbereitung für den Bienenschwarm

Epidemien im Bienenstock – „social distancing“ nicht möglich

BIENE & UMWELTHONIGBIENEN IM KOMPLEXEN NATURGESCHEHEN

Bienen als Schädlingsbekämpfer

Was weiß man über Wechselwirkungen zwischen beimkerten Honigbienen und solitären Wildbienen?

Pollen, der „Goldstaub“ der Honigbienen

Schwärmende Bienen könnten das Wetter verändern

MENSCH & BIENEEIN NACHHALTIGES MITEINANDER

Beobachtungsstöcke – Fenster ins Innenleben der Bienenvölker

Ein Blick in die Vergangenheit der Honigbienen

Wieso benutzen Imker Rauch?

Wir alle haben es in der Hand!

SERVICE

Literaturverzeichnis

Zum Weiterschmökern

Der Autor

Dank

VORWORT

Honigbienen sind unglaublich. Seit jeher wecken sie durch ihre besondere Lebensweise als staatenbildende Insekten unser Interesse und unsere Bewunderung.

Die Honigbienen besetzen seit Jahrtausenden in Mythen, Geschichten und Religionen unter den Insekten eine eigene Liga. Diese Sonderrolle scheinen sie auch in der modernen Forschung einzunehmen. Ob mit Brandschutzwänden, Chorgesängen, Schlafverhalten, Vetternwirtschaft oder als Schädlingsbekämpfer, Honigbienen faszinieren, denn den Honigbienen traut man (fast) alles zu. Bienen können zählen, die Malstile von Künstlern identifizieren, voneinander lernen, planen, menschliche Gesichter erkennen, ja sogar Denken, Träumen und ein emotionales Innenleben stehen auf der ihnen zugesprochenen erstaunlichen Haben-Liste. Würden wir uns wundern, wenn ihnen eines Tages durch ein geschickt angelegtes Experiment sogar telepathische Fähigkeiten nachgewiesen würden?

Unzweifelhaft ist es höchst eindrucksvoll und verblüffend, was die moderne Bienenforschung über diese Tiere zu sagen hat. Wenn man aber dazu neigt, die Bienen zu überhöhen, ist es auch wichtig, sich klarzumachen, dass die Evolution nur hervorbringt und verankert, was den jeweiligen Organismen in deren Leben und Überleben Vorteile bringt. Und es kann durch die Wissenschaft nur aufgedeckt werden, wozu es einen soliden methodischen Zugang gibt. Die Honigbienen sind dafür gut geeignet.

So gehört es zum „Alltag“ der Honigbienen, sich durch eine ausgeklügelte Kommunikation untereinander abzustimmen, für die Sammelbienen, sich im Gelände vom Nest weg und wieder nach Hause zu orientieren und sich durch ausgeprägte Lernfähigkeit die Blüten als optische und duftende Muster einzuprägen. Setzt der Experimentator als künstliche Futterquellen Gesichter und Kunstwerke ein, dann sind das die „Blüten“ für die Bienen. Würde man sie auf asiatische Kalligrafiezeichen trainieren, könnte man ihre Leistung sogar als Chinesisch-Kenntnisse deuten, wollte man ihnen eine weitere Höchstleistung zuweisen.

Nicht nur die einzelne Biene, auch das gesamte Bienenvolk als sogenannter Superorganismus leistet höchst Erstaunliches. Man betrachte nur den Wabenbau oder die Nestklimatisierung.

Allein die Neugier, noch mehr verborgene Geheimnisse der Honigbienen aufzudecken, wäre ein mehr als ausreichender Grund, sich auch künftig intensiv mit dem Leben der Bienen zu befassen. Auch eine andere Seite im Leben der Bienen, ihre überragende ökologische Bedeutung als der Workaholic unter allen Bestäubern der Blütenpflanzen, wäre ebenfalls für sich genommen Anlass genug, den Honigbienen hochverdiente Aufmerksamkeit zu widmen.

Alle diese Gesichtspunkte zusammengenommen machen die Bienen nun tatsächlich so aufregend und bedeutend wie kaum ein anderes Insekt. Die hier vorgelegte Zusammenstellung kurzer Kapitel zu Leben, Eigenschaften und Fähigkeiten der Honigbienen soll diese Sicht belegen.

SINNESWAHRNEHMUNG & LERNVERMÖGEN

VON DER KLUGHEIT DER HONIGBIENEN

WIE KÖNNEN WIR WISSEN, WAS BIENEN „DENKEN“?

Honigbienen scheinen durch Leistungen und Fähigkeiten, die uns Menschen auf das Höchste verblüffen, einer eigenen Liga anzugehören. Andere Insekten können da bei weitem nicht mithalten. Aber wie schaffen es Wissenschaftler, die „geistigen“ Leistungen der Honigbienen zu verstehen?

Bienen besitzen einige verblüffende Fertigkeiten: Sie erbringen besonders sensible Wahrnehmungsleistungen in der Seh- und Riechwelt, können abstrakte Kategorien bilden und sich dadurch eine Vorstellung von Mengen bis zu vier Objekten machen (siehe S. 31). Zudem planen sie den genauen Tagesablauf einer Sammelbiene (S. 22) und sind in der Lage, unterschiedliche Mal-Stile bildender Künstler zu unterscheiden (S. 32).

Will man in Erfahrung bringen, über welche „geistigen“ Leistungen ein Tier verfügt, besteht der Trick darin, Situationen zu schaffen, in denen das Tier durch sein Verhalten eine Antwort auf unsere Fragen gibt. Eine klassische Versuchsanordnung besteht in einem Wahlexperiment: Hierbei muss sich das Tier für eine aus mehreren angebotenen Möglichkeiten entscheiden. Diese Entscheidung kann darin bestehen, dass sich das Tier zu einem bestimmten Gegenstand, Bild, Geruch o. ä., aus einer Reihe weiterer angebotener Ziele hinbewegt. Damit eine derartige „Befragung“ klappen kann, ist vorausgesetzt, dass der Versuchsleiter dem Ziel des Tieres eine Bedeutung gibt. Das wiederum funktioniert nur, wenn das Tier lernfähig ist, womit wir bei den Honigbienen angekommen sind.

https://webcode.ulmer.de/artikel.dll?WEBCODE=11054

Blick in den Kopf einer Honigbiene. Die Mikro-Computertomografie enthüllt ein etwa stecknadelkopfgroßes, hochkomplexes Gehirn, das aus rund einer Million Nervenzellen besteht und den Kopf fast komplett ausfüllt. Hier werden die Reize aus der Umwelt verarbeitet und hier entstehen die Verhaltensprogramme der Tiere.

DIE ÜBERRAGENDE LERNFÄHIGKEIT VON HONIGBIENEN

Diese ist aus ihrer Biologie bestens zu verstehen. Eine junge Biene weiß zunächst nicht, wie Lavendel riecht. Beim ersten Besuch einer Lavendelblüte lernt sie, das Aussehen und den Duft der Blüte mit einem Sammelerfolg zu verknüpfen, indem sie eine Belohnung über den Nektar erhält. Die Biene trainiert sich gewissermaßen selbst. Forscher nutzen die Lernfähigkeit der Biene, sich in einer schier unendlichen Vielfalt an Blütenpflanzen zurechtzufinden. Andere Insektenarten, die sich nicht derart trainieren lassen, verfügen vielleicht auch über Fähigkeiten, wie sie von den Honigbienen bekannt sind, dies kann durch diese Methode aber nicht herausgefunden werden.

Eine Sammelbiene lernt eine Belohnung dann zu finden, wenn sie durch die Öffnung fliegt, die mit den nach rechts unten weisenden Streifen markiert ist. Nun kann man die Neigung der beiden Streifenmuster sich immer mehr annähern lassen und so feststellen, wie gering die Unterschiede sein dürfen, um von der Biene noch erkannt zu werden, wann sie also beginnt, sich falsch zu entscheiden.

EIN KLASSISCHER VERSUCHSANSATZ

Ein bestimmter Versuch mit Honigbienen kann folgendermaßen ablaufen: Freifliegenden Bienen werden optische Muster oder Bilder zur Auswahl angeboten und sie lernen, dass sie bei einem bestimmten Bild Zuckerwasser als Belohnung vorfinden. Wird dieses richtige Ziel nun in einer Reihe anders aussehender Ziele untergebracht, lässt sich testen, wie fehlerfrei die trainierte Biene die richtige Wahl trifft und wie ähnlich sich solche Bilder sein dürfen, um von der Biene noch unterschieden werden zu können. Dadurch lässt sich die Fähigkeit der Bienen ausloten, Farben und Muster zu erkennen. Ordnet man mehrere derartiger Entscheidungsschritte hintereinander an, lässt sich zeigen, dass Honigbienen auch in der Lage sind, einfache Regeln zu lernen und zu befolgen. Beispielsweise lernen sie, dass sie in ihrem Flug nach rechts abbiegen müssen, um an Futter zu kommen, nachdem sie eine kleine blaue Markierung gesehen haben, und nach links abbiegen müssen, nachdem sie eine gelbe Markierung gesehen haben. Entsprechende Experimente lassen sich auch mit Düften durchführen oder als Kombination von optischen und Duftreizen.

Der österreichische Zoologe und Nobelpreisträger Karl von Frisch war der erste Forscher, der vor über 100 Jahren diese Methode eingesetzt hat und so das Farbensehen der Bienen nachweisen konnte. Seitdem wird durch eine riesige Anzahl immer komplexerer und raffinierterer Versuchsansätze tiefer in das „Denken“ der Honigbienen eingedrungen.

TRADITION IM BIENENVOLK: BIENEN LERNEN VON BIENEN

Das Lernvermögen der Honigbienen erstaunt, seit die Wissenschaft diese besondere Fähigkeit der Bienen erkannt und damit begonnen hat, deren Eigenschaften zu erforschen.

Bienen lernen schon nach wenigen Ausflügen aus dem Bienenstock dessen Umgebung kennen, Bienen leisten bereits nach wenigen Dressurrunden in einem Experiment das Wiedererkennen von Farben und Formen. Bienen merken sich die Tageszeit, zu der es an einem bestimmten Ort Futter zu holen gibt (siehe auch S. 22). Bienen lernen bereits sogar nach nur einer einzigen positiven Erfahrung einen bestimmten Duft mit einer Belohnung durch Futter zu verbinden. Eine Erklärung für den Sinn dieser für ein Insekt höchst ungewöhnlichen Gehirnleistungen findet man in der Lebensweise der Bienen. So haben sie eine feste Adresse. Will man von kilometerweiten Ausflügen dorthin zurück, muss man einiges an Orientierungshilfen kennen. Bienen müssen, um blütenstet sammeln zu können, Tausende an Blüten unterscheiden können. Kommen sie dafür als „Tabula rasa“, aber mit einer überragenden Lernfähigkeit auf die Welt, ist dies zu bewerkstelligen. Blüten unterschiedlicher Pflanzen liefern zu unterschiedlichen Tageszeiten Nektar. Können sich Bienen das merken, ermöglicht es ihnen, ihre Sammelflüge auch dahingehend zu optimieren.

Alle bisher aufgeführten Aspekte beschränken sich auf die Bienen als „Einzelkämpfer“. Das sind sie aber nicht. Seit Anbeginn der staatenbildenden Bienen gab es keine einzige Biene, die sich außerhalb der Gemeinschaft entwickelt und allein gelebt hat. Diese beiden Punkte zusammengenommen, die außergewöhnlich hohe Lernfähigkeit und das ununterbrochene Zusammenleben mit den Mitgliedern der Kolonie, sollten ideale Voraussetzungen für die Weitergabe von Wissen zwischen den Bienen sein. So könnten Traditionen entstehen und aufrechterhalten werden.

MARTIN LINDAUER UND SEIN VERBLÜFFENDES EXPERIMENT

Dazu hatte von mehr als 50 Jahren Professor Martin Lindauer eine genial angelegte Studie durchgeführt, deren damals verfolgter Fragenkomplex es erstaunlicherweise in den darauf folgenden Jahrzehnten nicht in den Kreis wichtiger Forschungsfragen geschafft hat. Ein aktuelles Forschungsprojekt an Hummeln (siehe S. 14) hat nun die Aufmerksamkeit bekommen, die bereits die alte Arbeit von Professor Lindauer ebenfalls hoch verdient gehabt hätte.

Zur alten Arbeit: Martin Lindauer trainierte ein Bienenvolk darauf, dass eine Futterstelle zur sehr ungewöhnlichen Tageszeit zwischen 5 und 6 Uhr am Vormittag geöffnet wurde. Die Sammelbienen dieses Volkes lernten rasch, die Bienen besuchten die Futterstelle nur im antrainierten Zeitfenster. In diesem Volk gab es, wie im Sommer üblich, ein Brutnest mit verdeckelten Puppenzellen. Lindauer kam auf den glänzenden Einfall, ein weiteres Bienenvolk auf einen anderen Futterplatzbesuch abzurichten, an dem es den ganzen Tag über etwas zu holen gab. Nun entnahm er dem ersten Volk verdeckelte Brut und bildete mit den frisch schlüpfenden Jungbienen ein neues Volk, dem nun den ganzen Tag Futter angeboten wurde.

Die spannende Frage: Wann sammeln die Jungbienen? Fliegen sie für ihre ersten Touren mit den Sammelbienen ihres neuen Volkes aus? Oder haben sie sogar als Puppen gelernt, zu welcher Tageszeit der Sammeleifer im Elternvolk hoch ist? Die Antwort: Diese Bienengruppe flog nicht mit ihren neuen Stockgenossinnen aus, sondern zum Zeitpunkt, an dem ihr Elternvolk aktiv war. Das Elternvolk, in dem sie als Puppen gelebt hatten, sammelte nur zwischen 5 und 6 Uhr, und genauso waren überraschenderweise die aus diesem Volk stammenden Sammelbienen auch im neuen Volk aktiv. Das gleiche Phänomen zeigte sich, wenn das Elternvolk auf ein Zeitfenster zwischen 20 und 21 Uhr trainiert war. Dann sammelten die Bienen, die dies als Puppen erlebt hatten, auch um diese späte Tageszeit.

Das ist Tradition im Bienenvolk, die Weitergabe von Wissen und Erfahrung.

UND AUCH HUMMELN LERNEN VON HUMMELN

Das Imitieren von Verhalten bei staatenbildenden Insekten war nun nach einigen Jahrzehnten Durststrecke zu diesen Fragen auch Gegenstand eines Forschungsprojekts einer Gruppe von Wissenschaftler rund um Lars Chittka und Olli Loukola in London. Hummeln mussten lernen, an einem dünnen Bindfaden ein Schälchen mit Futter zu sich heranzuziehen, um das Zuckerwasser trinken zu können. Dabei wurde auch untersucht, wie rasch Hummeln diese Aufgabe lösen konnten, wenn sie vorher erfolgreich handelnden Hummeln zuschauen konnten. Es zeigte sich, dass vorheriges Beobachten der Handlung den Lernerfolg verbesserte.

Hummeln haben hier von Hummeln gelernt, ebenso wie in dem lange zurückliegenden Versuch von Herrn Lindauer Bienen von Bienen gelernt haben.

Eine Hummel „werkelt“ auf der Stelle und zieht so mit einem Schnürchen ein Scheibchen mit einem Tropfen Zuckerwasser zu sich heran. Dabei kommt ihr entgegen, dass das brachiale Hinein kämpfen mit allen Beinen und Mundwerkzeugen zu Nektar und Pollen in engen Blüten zu ihrem natürlichen Verhaltensrepertoire gehört.

WANN SIND HONIGBIENEN FARBENBLIND?

Honigbienen besitzen genau wie wir Menschen in ihren Augen drei unterschiedliche Arten farbempfindlicher Sehzellen. Jede dieser Sehzellen sieht eine bestimmte Lichtwellenlänge besonders gut. Bei uns Menschen sind das rot, grün und blau, bei den Honigbienen grün, blau und das für uns unsichtbare Ultraviolett. Die Bienen sind dabei für UV-Licht 10-mal so empfindlich wie für blau und grün.

Man vermutet, dass das Farbensehen der Insekten sehr alt ist und bereits vor dem Auftreten farbiger Blüten vorhanden war. Die Pflanzenfarbe, die seit dem Erscheinen der Landpflanzen dominiert, ist das Grün. Der grüne Blattfarbstoff Chlorophyll (wörtlich: das Blattgrün) ist essenziell für den Vorgang der Fotosynthese, mit dem die Pflanzen aus Kohlendioxid und Wasser Sauerstoff und Zuckerverbindungen herstellen. Die Notwendigkeit, blaues und ultraviolettes Licht zu sehen, hängt mit der Orientierung zusammen, bei der sich Insekten nach dem Himmelslicht ausrichten.

Da die drei Sehzelltypen aber nicht nur eng abgegrenzt grün, blau und ultraviolett sehen können, sondern eine breite Farbpalette aus Mischfarben der drei Grundfarben, konnten sich die Blüten mit Farben ausstatten, die von den sehr spät in der Pflanzenevolution aufgetretenen Bestäuberinsekten gesehen werden. Das geht so weit, dass viele Blütenblätter Muster hervorbringen, die das ultraviolette Licht nutzen. Diese Muster können die Bienen sehen, wir aber nicht.

BEI HOHEM TEMPO FARBENBLIND

Die bunte Pflanzenwelt bietet den Honigbienen enorm viele Reize, die in dem kleinen Bienengehirn verarbeitet werden müssen. Aber auch hier geht die Natur höchst sparsam mit ihren Möglichkeiten um. Es ist für eine Biene nur dann sinnvoll, die Farbe und die Form einer Blüte genau zu erkennen, wenn sie im langsamen Flug nach Blüten sucht, auf denen sie landen könnte. Fliegt eine Biene rasch über eine Landschaft, sollte der Sehsinn lediglich dazu dienen, sich zu orientieren und Hindernissen auszuweichen. In der Tat werden Honigbienen farbenblind, wenn sie rascher als etwa 5 km/h (in etwa die Fußgängergeschwindigkeit eines Menschen) fliegen. Maximal sind etwa 30 km/h möglich. Schnell fliegende Bienen sehen nur noch Grüntöne, sonst keine Farben mehr. Man könnte es sich bildlich so vorstellen, als würden wir Menschen die Welt nur noch in Schwarz und Weiß sehen.

Fliegen Bienen durch einen engen gemusterten Tunnel zu einer Futterstelle, geben sie eine subjektiv empfundene Flugdistanz in ihrem Rekrutierungstanz wieder. Wählt man für das optische Muster unterschiedliche Farbkombinationen, lässt sich austesten, welche Farben die Bienen unterscheiden können. Werden die Farben nicht mehr getrennt wahrgenommen, kann keine Entfernungsangabe im Tanz mehr erfolgen.

WIE KÖNNEN WIR WISSEN, WELCHE FARBEN FLIEGENDE BIENEN SEHEN?

Das haben Lars Chittka und Jürgen Tautz bereits vor vielen Jahren wie folgt herausgefunden: Honigbienen bestimmen die Entfernung, die sie im Flug zurücklegen, durch den sogenannten optischen Fluss. Sie erfassen gewissermaßen die Bilder, die im Flug an ihnen vorbeiziehen. Diese Entfernungsmessung setzen die Bienen im Bienentanz in die Länge der Schwänzelstrecke um, mit der sie ihren Nachtänzerinnen eine ungefähre Entfernungsangabe zu einer Futterpflanze anzeigen. Diese Art der Entfernungsmessung kann man nun täuschen, indem man die Bienen durch einen Tunnel fliegen lässt, dessen Wände mit Mustern versehen sind. Die Biene fliegt im Tunnel nah an den Mustern entlang, bekommt so einen hohen optischen Fluss und gibt im Schwänzeltanz eine weite Flugentfernung wieder.

Das funktioniert wunderbar, wenn man ein reines Schwarz-Weiß-Muster nutzt. Nun kann man im Experiment die Farben des Musters beliebig verändern und auf diese Weise austesten, bei welcher Farbkombination die Biene nicht mehr in der Lage ist, im Tanz eine Entfernungsangabe zu machen, sie diese Farben also nicht mehr als Farben wahrnimmt.

Die Resultate dieser Versuche, zusammen mit Experimenten an Hummeln, die das nahezu identische Farbensehen besitzen, lassen den Schluss zu: Rasch fliegende Honigbienen sehen die Welt lediglich in Grüntönen, sie sind farbenblind.

HONIGBIENEN SIND TAUB

Zum fest etablierten „Wissen“ im Umgang mit Honigbienen gehörte es schon vor Jahrhunderten, Bienenschwärme durch starke Lärmerzeugung zum Landen zu bringen. Was ist aus heutiger Sicht davon zu halten? Was wissen wir über den Gehörsinn der Honigbienen?

In der Sinnesbiologie versteht man unter „Hören“ die Wahrnehmung von Schallwellen durch Luft oder durch Wasser. Schallwellen sind Schwankungen des Druckes, die sich mit Schallgeschwindigkeit in alle Richtungen weg von einer Schallquelle ausbreiten. Um solche Schallwellen wahrnehmen zu können, haben viele Tiere Trommelfelle entwickelt, die wie die Membran eines Mikrofons durch den Schall in Schwingungen versetzt werden. Solche Trommelfelle sitzen bei den Wirbeltieren am Kopf. Bei den Insekten sitzen sie nie am Kopf, sondern, wie bei den Zikaden, am Hinterleib, oder bei den Grillen und Laubheuschrecken in den Vorderbeinen. Suchen wir bei Honigbienen nach Trommelfellen, werden wir keine finden. Sind sie also taub?