Auf zu den Stans - Ricarda Beisler - E-Book

Auf zu den Stans E-Book

Ricarda Beisler

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Beschreibung

Die Stan-Länder gehören zu den interessantesten Regionen Asiens. Sie und die Menschen dort sind es wert, dass man über sie berichtet. Man trifft auf eine bunte Mischung an Kulturen, einzigartige Bauwerke, die Zeugen ihrer immens vielfältigen Geschichte sind, traumhaft schöne Landschaften und offene, freundlich zugewandte Menschen. Dieses Reisetagebuch erzählt davon, aber auch von ganz persönlichen Erlebnissen und Erfahrungen.

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Das Buch

Hierbei handelt es sich um eine ganz persönliche Reiseerzählung in eine historisch und geografisch hoch interessante Region Asiens, die zum Glück noch vom Massentourismus verschont geblieben ist. Man fühlt sich hier sehr willkommen und nicht als der klassische Tourist, sondern eher als Reisender und als Gast. In diesem Buch stehen sowohl die geschichtsträchtigen und landschaftlichen Highlichts der Reise als auch die persönlichen Erlebnisse im Mittelpunkt, die alles Gesehene sehr lebendig gemacht haben.

Die Autorin

Jeder Mensch hat etwas zu erzählen. Ricarda Beisler, geboren 1956, ist seit ihrer Kindheit in der Weltgeschichte unterwegs, meistens fernab des üblichen Massentourismus. Jetzt im Ruhestand hat sie endlich die Zeit gefunden, das Erlebte aufzuschreiben.

Die Personen und die Handlung sind nicht frei erfunden. Ähnlichkeiten mit weiteren lebenden und toten Personen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt

Inhaltsverzeichnis

1. Meine Reise zu den Stans

2. Es geht los!

3. Xiva und die Welt von 1001 Nacht

4. Durch die Wüste

5. Buchara, der Stern am Himmel der Sei

6. Ins Reich der Toten

7. Auf nach Timurs Shahrisabz

8. Samarkand, die Perle des Orients

9. Auf nach Tadschikistan zu den sieben Seen…

10. Der Iskanderkul, auf den Spuren von Alexander dem Großen

11. Durch die Welt der Giganten nach Duschanbe

12. Auf der „Massagestraße“ nach Chudschand, am Syrdarja

13. Mit einer Zeitmaschine auf Shopping Tour

14. Zurück nach Usbekistan, in die Metropole Zentralasiens: Taschkent

15. Ins Ferganatal

16. Durchs wilde Kirgisistan

17. Bei den Nomaden

18. Unter kirgisischen Cowboys und Trampeltieren

19. Am Issyk Kul, dem kirgisischen Meer

20. Mars und Bischkek

21. Wieder in der Neuen Welt angekommen: Alma Ata in Kasachstan

22. Zum Charyn Canyon, dem kasachischen Bryce Canyon

23. Nach Hause…

1. Meine Reise zu den Stans

„Keiner kommt von einer Reise so zurück, wie er weggefahren ist.“

Graham Greenes Zitat verfolgt mich seit langem. Aber selten hat es so zugetroffen wie jetzt.

Wie kam ich nun zu der Reise in die Stan-Länder? Die waren eigentlich gar nicht auf meiner Bucket List. War der Schneemangel im letzten Winter schuld? Jedenfalls verbrachten wir, eine relativ normale vierköpfige Familie, im Januar wieder eine Woche im beschaulichen Bolsterlang, in einer von Steiners urgemütlichen Ferienwohnungen, wobei unsere Lieblingstochter berufsbedingt mit ihrem besten Stück nur am Wochenende anwesend war. Ich freute mich schon auf eine Woche Ruhe und tagsüber sturmfrei. Nach einem Supergau beim Skifahren vor einigen Jahren, was einige Knie OPs nach sich gezogen hatte, war ich schon seit längerem unter die Nichtskifahrer gegangen.

Es sollte aber anders kommen, denn es fiel einfach kein Schnee. Und so hatte ich den besten aller Ehemänner und meinen Lieblingssohn fast den ganzen Tag an der Backe.

Was macht man in einer solchen Situation? Einfach nur das Beste daraus. Man geht mal wandern, blättert in Büchern und kommt am Abend nach ein paar Gläsern Spätburgunder auf allerlei Gedanken, z.B. wohin die nächsten Reise gehen könnte. Der beste aller Ehemänner träumte schon von einer griechischen Insel. Sonne, Strand, Meer, eine überschaubare Dosis Kultur, abends gegrillte Lamm-Koteletts oder eine Dorade mit trockenem Rotwein und anschließend ein paar Gläser Ouzo, kurzum altersgerecht das Rundum-Sorglos-Paket.

Und ich wollte endlich mal meinen alten Plan realisieren und Süd-Ost-Asien unsicher machen. Deshalb hatte ich mir ja schließlich noch kurz vor Corona neue Scharniere in meine beiden Knie implantieren lassen.

Nach ein paar roten Schoppen meinte dann unser Sohn, er würde so gerne mal die alte Seidenstraße abfahren. Hm, die alte Seidenstraße. Klar, das sagte mir etwas. Ich sah mich schon auf einem Kamel - im besten Fall einem zweihöckrigen - der Karawane hinterher ziehen.

Dank Google Maps und Wikipedia - die beiden hat man ja zur Zeit so selbstverständlich dabei wie eine Zahnbürste und ein Schnupftuch - konnten wir uns erst mal eine Orientierung verschaffen, durch welche Länder sie verläuft und welche Highlights dazu gehören. Wow, Samarkand! Taschkent! Buchara! Das klang wirklich nach 1001 Nacht.

Ganz weit hinten im Erinnerungsvermögen klingelte auch noch etwas aus dem Geografieunterricht. Syrdarja und Amurdarja, diese für die Region immens wichtigen Wasserstraßen. Dann kamen mir die „5 Stans“ in den Sinn. Darüber hatte ich auch schon mal irgendwo etwas gehört. Und dann war da noch der Pamir Highway. Den wollte eigentlich unsere Lieblingstochter mit unserem Fast-Schwiegersohn abradeln, was aber dann doch nicht erfolgt ist, da es in wirklich extreme Höhen geht. Von einer Todeszone war da sogar die Rede! Auf alle Fälle klang alles recht aufregend.

Tadschikistan, Kirgisistan, Turkmenistan, Kasachstan und vor allem Usbekistan! Afghanistan war natürlich außen vor. Das wäre dann doch zu viel Abenteuer. Den Taliban wollten wir auf keinen Fall zu nahe kommen.

Eigentlich beginnt die Seidenstraße schon in China und verläuft durch Zentralasien über Persien (Iran) hinaus bis nach Europa. Aber das Herzstück sind die fünf Stans.

Über YouTube hatte unser Sohnemann schnell ein paar Filmchen heruntergeladen und man war noch ein Stück gescheiter. Was man da zu sehen bekam, war absolut irre. Vor allem die Städte Xiva, Buchara und Samarkand in Usbekistan boten Bilder, die uns schlagartig in eine völlig andere Zeit versetzten. Bauwerke, die schlichtweg der Hammer waren. Hinzu kamen dann die Landschaften der anderen Stans. Berge, so hoch, dagegen wirkten unsere eigentlich recht imposanten Alpen wie putzige Hügelchen.

Mein Interesse war gleich voll da. Nur der Gedanke an das Essen bereitete mir noch etwas Sorgen. „The Stans are not the best places for veggies. Aber ok, etwas Fasten wäre ja auch nicht verkehrt“, dachte ich. Wegen des guten Essens fährt man eben später mal nach Frankreich oder nach Bella Italia.

Jedenfalls, unser lieber Sohn und ich waren regelrecht entflammt. Und der beste aller Ehemänner hoffte wohl inniglich, dass der Spuk mit der Seidenstraße am nächsten Tag, wenn alle wieder ernüchtert waren, vorbei war. Aber da hatte er schlechte Karten. There was no return.

Für uns stellte sich jetzt nur die Frage, wie zieht man so was durch. Wir sind keine Herdentiere. Aber alles alleine auf eigene Faust, dazu fühlte ich mich doch inzwischen zu alt. Und vor allem war ich eine asthmatische Knie-Versehrte mit ein paar weiteren Gebrechen und Unzulänglichkeiten. „Also machen wir das so wie damals vor 12 Jahren mit Madagaskar. Organisiert, mit Guide und Chauffeur, aber ohne andere Leute“, meinte ich.

Man ist ja inzwischen überall auf dem Globus online. Wenn man Glück hat, sogar in der digitalen Diaspora Deutschland. Wir waren dann auch gleich fündig geworden und ich mailte noch aus dem Allgäu ein paar Reiseunternehmen an, die spezialisiert auf individuelle Zentralasienreisen waren. Mit zweien telefonierte ich dann noch und ließ mir ein Angebot machen.

Dass das keine Kaffeefahrt oder Wellness-Tour werden würde, war mir klar. Wir gaben ein paar Eckpunkte an und dann wurde gebastelt. Das Angebot von einer Berliner Agentur gefiel uns am besten. Alles zusammen, also Fahrt im Mini Van inklusive Fahrer, Guides, Übernachtungen in Hotels mit Frühstück, Abendessen, Eintritte plus sonstige Nebenkosten, da kamen schon ein paar Tausend Euronen zusammen. Und das mal drei. Ohne diverse Souvenirs. Aber wir wollten eh nichts kaufen. Wir hatten ja genug Krusch zu Hause.

Auch daheim angekommen war die Seidenstraße in unserem Haus das Thema Nummer eins. Der beste aller Ehemänner hatte wirklich Pech! Das Ziel stand fest. Daran war nicht mehr zu rütteln. Aber natürlich ließ er unseren Sohn und mich nicht alleine ziehen. Und zwar aus zwei Gründen: wir, unser Sohnemann und ich, würden etwas erleben, was er verpasst hätte und dann war ja noch sein Beschützerinstinkt. Er musste ja auf mich aufpassen. Kurzum: wir buchten. Das fetzte natürlich in mein Bankkonto kräftig rein, aber, so hoffte ich, wir würden dafür eine Menge zurückbekommen.

Der Termin für den Start war Anfang Juni. Zwei oder drei Wochen früher wären wegen angenehmerer Temperaturen im Nachhinein wohl etwas klüger gewesen.

Turkmenistan mussten wir auch auslassen. Es war zum Zeitpunkt der Buchung noch für Touristen gesperrt. Schade, aber später wird sich herausstellen, dass wir nicht so sehr viel verpasst haben. Und trotzdem: Ich hätte schon gerne mal das „Tor zur Hölle“ - ein Krater, aus dem permanent Methan ausgestoßen wird und der ständig brennt - gesehen. Aber was nicht sein sollte, sollte nicht sein.

Als Nächstes folgten die üblichen Reisevorbereitungen: Pass, Impfpass und Impfstatus wurden gecheckt. Alles im grünen Bereich. Informationen vom Auswärtigen Amt wurden eingeholt. Nichts überaus Dramatisches dabei. Nicht mal ein Visum wurde inzwischen für unsere Reise benötigt. Das war schon mal sehr gut. Und dann passierte erstmal eine Weile nichts. Ein bisschen einlesen in Reiselektüre, was aber gar nicht so einfach war, in der Hinsicht etwas Brauchbares zu finden. Es sind eben keine klassischen Touristenziele, die wir uns da ausgesucht hatten. Ansonsten hieß es warten, bis es losging.

Nachdem wir Nägel mit Köpfen gemacht und gebucht hatten, hielten wir uns noch etwas bedeckt, was unseren Abenteuertrip betraf. Dann sickerte doch im Freundes- und Bekanntenkreis durch, was wir vorhatten. „Was?“ „Wohin?“ „Seid ihr verrückt?“ „In die ehemalige Sowjetunion?“ „Seidenstraße, wo ist die denn?“ „Gibt’s die denn noch?“ „Da würde ich nie hinwollen!“ Unsere Antwort: „Genau deshalb wollen wir ja dort hin!!“ „Nach Malle oder an den Chiemsee können wir noch, wenn wir wirklich alt sind.“

Unzählige Gedanken gingen mir in den Wochen und Monaten zuvor durch den Kopf. Was wird uns erwarten? Ist es für Wessis heikel, dort umher zu reisen? Wie ticken die Menschen in einer Region, die für uns jahrzehntelang, während des Kalten Krieges, eigentlich tabu war? Wie ist jetzt die Haltung zum aktuellen Kriegstreiber Russland? Darf man die Menschen dort überhaupt diesbezüglich ansprechen?

Die letzten beiden Wochen vor der Tour verbrachten wir mit diversen Dingen: im Haus und Garten klar Schiff machen, Zeitung abbestellen, Lagerungsauftrag bei der Post stellen, das Gepäck sinnvoll zu packen und eine Reiseapotheke gut überlegt zusammenstellen. Allerlei Tröpfchen und Sälbchen für dies und das, Pillen gegen alles Mögliche und ganz wichtig: Immodium gegen Montezumas Rache! Ich höre ständig meine Lieblingstochter: „Ich kenne niemanden, der von den Stans zurückgekommen ist und nicht die Renneritis hatte.“ Ich jedenfalls hatte mir fest vorgenommen, nur Bier oder Wasser ohne Eiswürfel und nur aus original verschlossenen Flaschen zu trinken, nur Gegartes und keine Salate und nur schälbares Obst wie Bananen und Melonen zu mir zu nehmen. Sagrotan-Tücher hatte ich auch in Mengen eingepackt. Was konnte da noch schiefgehen? Ich wollte weder die Rache von Montezuma noch von sonst jemanden erleben.

Wenn man in solchen Gefilden reist, dann heißt es grundsätzlich, lieber zu viel Medizin mitnehmen als zu wenig. Eine halbe Apotheke kommt da schon zusammen.

Aber die gesundheitliche Versorgung soll um ein Vielfaches schlechter sein als zu Hause, so hatte ich gelesen. Sogar noch übler als im Bereich des NHS, also als auf den britischen Inseln. Es hieß jetzt nach dem Regenschirmprinzip unbedingt ein Antibiotikum einpacken, natürlich in der Hoffnung, dass man es nicht braucht. Dann zu dem, was man ja im etwas fortgeschrittenen Alter eh schon täglich schluckt, Augensalbe und Ohrentropfen, Wund- und Brandsalbe, etwas gegen Insektenstiche, und schließlich etwas Wirksames gegen Bronchitis und Halsschmerzen. Wer denkt, dass man sich nur im Winter erkältet, ist so was von schief gewickelt. Und natürlich Ibuprofen gegen alles Mögliche und Unmögliche. Für den Notfall sind immer ein paar Pflästerchen, vor allem bei Blasen, sinnvoll.

Da der beste aller Ehemänner seit Jahren ein insulinpflichtiger Pankreas-Krüppel ist, war der wichtigste Bestandteil unserer Reiseapotheke natürlich das Insulin und die Sensoren zum Messen. Die übliche Frage aufgrund früherer Erfahrungen, „genug Insulin und genügend Sensoren dabei?“ wurden stets mit einem etwas genervten „Ja!“ beantwortet. „Sensoren sind vier Stück im Koffer! Das wird wohl reichen!“ Ok, da war ich still.

Apropos Koffer, was da grundsätzlich rein musste, da half mir ein Blick in die Wetter App, was allerdings bei mir schon prophylaktisch Schweißausbrüche verursachte, obwohl bei uns zu Hause das Thermometer gerade mal angenehme 22 Grad zeigte. Fast überall in Zentralasien sollten gut warme 40 Grad und darüber herrschen. Allerdings gab es auch ein paar einzelne Regionen, in denen es ungefähr so warm bzw. kalt wie bei uns an Weihnachten sein sollte. Also kamen eine dicke Strickjacke und eine Regenjacke in die Außentasche des Trolleys, dann waren sie nicht im Weg und schnell griffbereit. In den Koffer wurden ein paar leichte und pflegeleichte Sommerhosen gepackt. Dazu luftige Baumwoll-Tops und alles in gedeckten, eher dunkleren Farben, damit man nicht gleich jedes Malheur sieht. Man hat ja schließlich auch im Laufe des Lebens dazu gelernt. Ich werde nie vergessen, wie 1974 meine ursprünglich weiße Jeans nach fünf Wochen quer durch die gesamte wunderschöne Türkei ausgesehen hatte. Wie ein kunterbuntes, recht abstraktes Gemälde.

An die anderen Klamotten kam ich damals einfach nicht dran, denn ich hatte darin gleich zu Beginn der Tour in Istanbul zerbrechliches Geschirr eingepackt und das wollte ich unbedingt heil heimbringen.

Um weniger Schmutzwäsche mit nach Hause zu bringen empfiehlt es sich auch etwas ältere Exemplare an Kleidungsstücke mitzunehmen, die man dann unterwegs entsorgen kann.

So weit, so gut, womit ich aber überhaupt nicht gerechnet hatte, war, dass ich am Mittwoch, an dem Tag ehe wir in Richtung Frankfurt düsen wollten, einen heißen Kopf und Halsschmerzen bekam. Wunderbar! Jetzt hatte der beste aller Ehemänner drei Wochen lang mit einem Infekt herumgekrebst und sich zum Glück am Ende zum Glück wieder berappelt, aber dann noch rechtzeitig brav die Bazillen oder Viren an mich weitergegeben. Wer hatte sich denn nur den Blödsinn ausgedacht, dass man sich bei der Eheschließung verspricht, was mir gehört, das soll auch dir gehören???

So, was tun jetzt? Erst mal schnell ein Ibu einwerfen und hoffen, dass der Käse genauso schnell vorbeigeht, wie er gekommen ist? Normalerweise stecke ich ja eine Erkältung relativ schnell wieder weg. Aber jetzt? Was war die Alternative? Zu Hause zu bleiben und alles zu canceln? Eine Reiserücktrittkostenversicherung hatten wir ja wohlweislich abgeschlossen. Aber dieser Gedanke behagte mir überhaupt nicht. Also dann doch das Ibu. Und beten. Und Augen zu und durch.

Worüber wir uns wochenlang im Vorfeld Gedanken machten, war, wie man am sichersten und, vor allem, pünktlich zum Flughafen nach Mainhattan kommt! Es gab mal eine Zeit, da ist man mit der Deutschen Bahn gefahren, um auf Nummer Sicher zu gehen, dass man wirklich rechtzeitig ankommt. Wie lange ist das wohl her? Wenn man in unserem Ländle eine Abenteuerreise bucht, dann fängt das Abenteuer spätestens hier am Bahnhof an. Eine echte Katstrophe!

Alleine über die Erlebnisse, die meine Familie in den letzten vier, fünf Jahren mit der Deutschen Bahn gemacht hat, könnte man ein Buch schreiben. Also diesen Gedanken haben wir schnell verworfen. Aber wozu hat man denn eine Lieblingscousine, die nicht nur ein ganz toller Mensch ist, sondern auch nicht mal 20 km vom Flughafen entfernt wohnt? Also sind wir am frühen Abend vor dem Abflug, der zur absolut unchristlichen Zeit von sieben Uhr am Morgen erfolgen sollte, zu ihr gefahren, haben unser Wägelchen in der Garage geparkt, sind dort nochmal schön mit ihr und ihrem besten Stück zusammen zum Italiener essen gegangen, was sicher meine Henkersmahlzeit war. Um halb vier in der Früh haben wir uns dann mit dem Taxi zum Flughafen fahren lassen. Das hat auch wirklich alles wunderbar geklappt! Sch…. auf die Deutsche Bahn! Herr Wissing, hier gibt es noch unendlich viel zu tun!!!

2. Es geht los!

Um vier Uhr früh war es noch relativ ruhig an dem sonst so hektischen Flughafen. Nach fünf Minuten konnten wir schon einchecken. Entgegen vorheriger Aussagen bekamen wir aber nur die Bordkarten für die erste Etappe nach Istanbul mit Turkish Airlines. Blöd. Saublöd. Eigentlich hätten wir auch die Bordkarten für den Anschlussflug mit Usbekistan Airways nach Urgench bekommen sollen. Bei bloß zwei Stunden Aufenthalt in der türkischen Riesenmetropole am Bosporus war das nicht so gut.

Nachdem wir noch schnell ein paar Croissants als Proviant gekauft hatten, ging’s durch die Gepäck- und Passkontrollen und wir stellten erleichtert fest, dass unser Flieger schon längst da war. Dann müssten wir ja pünktlich loskommen. So dachte ich zumindest. Aber das Boarding ließ auf sich warten und bis alle an ihrem Platz waren und die Maschine endlich abheben durfte, hatten wir schon über eine halbe Stunde Verspätung. Mir schwante Fürchterliches!

Als wir schließlich in Istanbul gelandet waren und das Flugzeug nach ewigem Rollen endlich an seinem „Parkplatz“ angekommen war, blieb uns nur noch eine gute Stunde fürs erneute Einchecken plus Passkontrolle. Nun ist der Flughafen in Istanbul in den letzten Jahren enorm gewachsen und wir hatten einen regelrechten Marathon vor uns. Vor allem gab es keine Hinweise darauf, wo wir unseren Anschlussflieger finden sollten. Meine beiden Männer waren ja flott drauf, aber ich humpelte und japste hinterher. Mein Asthma inklusive Infekt ließ grüßen. Offensichtlich machte ich einen extrem hilfsbedürftigen Eindruck, denn eine Flughafenangestellte erbarmte sich und fuhr mich mit ihrem Elektrowägelchen an meinen beiden staunenden Männern vorbei an den betreffenden Schalter. Und ehrlich, dieser Schalter war so versteckt und schlecht gekennzeichnet, an dem wäre ich hundertmal vorbeigelaufen.

Gott sei Dank war nur eine jüngere Frau vor uns. Allerdings muss sie ein massives Problem gehabt haben, denn der Disput zwischen ihr und dem Angestellten wollte nicht enden. Keine Ahnung, worum es ging, denn mein Türkisch beschränkt sich auf fünf Worte, wovon drei mit Essen zu tun haben. Nach einer Viertelstunde hat es mir gereicht und ich wurde seeeehr laut und deutlich. Jetzt endlich wurde der Typ hinterm Tresen auf uns aufmerksam und orderte noch jemanden herbei, der, Himmel sei Dank, uns unsere Bordkarten aushändigte und mir beruhigend zusicherte, wir würden unseren Flieger erreichen und bräuchten uns keine Sorgen zu machen. Er hatte recht, aber es war verdammt knapp. Kaum waren wir an Bord und hatten uns angeschnallt, ging’s los. Ich war erst mal fix und fertig und brauchte die gut vier Stunden Flugzeit, um erstmal runterzufahren.

Gleichzeitig hatte ich im Hinterkopf, ob es denn unser Gepäck auch noch geschafft hatte. Ich werde nie vergessen, wie wir vor 12 Jahren in Madagaskar angekommen waren. Ohne Koffer! Die Zeit zum Umsteigen in Johannesburg war ähnlich knapp und aufregend. Nun gut, damals wurde das Reiseprogramm etwas umgestellt und am nächsten Tag konnten wir zum Glück unsere Trolleys am Flughafen in Antananarivo abholen. Dieses Mal hatte ich aber keinen Bock auf solche Kapriolen. Vor allem hatten wir einen straffen Zeitplan.