Aume reist - Der Kalte Krieg 2 - Dirk van den Boom - E-Book

Aume reist - Der Kalte Krieg 2 E-Book

Dirk van den Boom

4,7

Beschreibung

Woher kommt die mysteriöse Schiffsintelligenz Aume - und was ist ihre wahre Mission? Ein zusammengewürfeltes Team wird mit einer Geschichte konfrontiert, die nicht nur weit in die Vergangenheit reicht, sondern auch unabsehbare Konsequenzen für die Gegenwart hat. Die Angriffe der Kalten erreichen eine neue Qualität, das Imperium kann sich auf die eigenen Leute nicht mehr verlassen, und die lange verschollen geglaubten Kath treten auf den Plan. Für Aume und ihre Begleiter beginnt eine Reise, deren Ende höchst ungewiss ist.

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Inhalt

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Dirk van den Boom

Aume reist

Eine Veröffentlichung des Atlantis-Verlages, Stolberg März 2019 Druck: Schaltungsdienst Lange, Berlin Titelbild und Schriftzüge: Dirk Berger Umschlaggestaltung: Timo Kümmel Lektorat und Satz: André Piotrowski ISBN der Paperback-Ausgabe: 978-3-86402-646-1 ISBN der E-Book-Ausgabe (EPUB): 978-3-86402-664-5 Dieses Paperback/E-Book ist auch als Hardcover-Ausgabe direkt beim Verlag erhältlich. Besuchen Sie uns im Internet:www.atlantis-verlag.de

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Wenn man von der oberen Galerie auf den Thronsaal hinabschaute, erfasste man ihn in seiner ganzen Pracht. Aufeinanderfolgende Generationen aus der gleichen Familie hatten nicht nur den Palast, sondern vor allem diesen großartigen Raum geprägt, und obgleich er natürlich vor allem formalen Ansprüchen zu genügen hatte, bekam er dadurch einen ganz eigenen Charakter. Jeder, der ihn betrachtete, von hier oben oder unten mitten auf dem glänzenden Mosaikboden, konnte sich dieses Eindrucks unmöglich entziehen.

Die Gemälde mit den sehr lebendig wirkenden Porträts aller verblichenen Imperatoren (und einigen wenigen Imperatorinnen) schauten oft nicht sonderlich wohlwollend auf jene hinab, die sich im Saal aufhielten. Vor allem die gute Sylvana konnte selbst aus dem Jenseits ihr Missfallen über die Taten ihrer Nachfahren nur schwer verbergen. Die Persönlichkeiten, auf die sie alle hinabstarrten, konnten, je nach Anlass, ganz unterschiedlicher Herkunft sein. Zum Botschafterball etwa war der Raum gefüllt mit den Diplomaten aller mit Terra befreundeten und verfeindeten Sternenstaaten, eine oft fluktuierende Zahl, je nachdem, ob die Menschheit in ihrer endlosen Expansion sich wieder jemanden einverleibt hatte oder das Jahr friedlich verlaufen war. Bei den Geburtstagen der imperialen Familie gab es Festivitäten und es waren hohe Adlige, Wirtschaftsvertreter und Militärs zugegen, viele zusammen mit ihren Söhnen und Töchtern. Diese Feiern waren ein Markt, eine Fleischbeschau besonderer Art, sehr erlesen und kultiviert, aber nicht mehr als ein Geschachere um die »beste Partie«, die den beteiligten Familien Zugänge zu den richtigen Netzwerken sichern würde. Zur Feier der Jahrestage, etwa des Gründungstages, wurde es dann richtig voll. Provinzgouverneure strebten dann in die Hauptstadt und nutzten die Gelegenheit, sich beim Imperator ins rechte Licht zu setzen. Seit dem Ausbruch des Kalten Krieges hatte die Intensität und die Frequenz großer Festivitäten etwas nachgelassen, es gab kein allzu schönes Bild in der Öffentlichkeit ab, wenn die oberen Zehntausend feierten und der Rest darbte. Der Imperator zog es vor, angetan mit seiner Admiralsuniform, kleineren Matineen beizuwohnen, deren Beköstigung etwas frugaler ausfiel, zu denen meist ernste Musik gespielt wurde und in denen er mit nachdenklicher und besorgter Pose effektvoll von den Hoffotografen festgehalten werden konnte.

Imperator Nicos sah gut aus in Uniform. Wirkte er ernst, konnte man direkt Vertrauen zu ihm fassen. Es war nicht immer für jeden ersichtlich, welche Untiefen in ihm schlummerten. Oder waren es Abgründe? Man konnte sich nicht immer so sicher sein.

Es war in jedem Fall ein Saal, der wie eine Theaterbühne genutzt wurde, ein Reflexionsraum von Gefühlen und Stimmungen, der Ort, in dem manchmal subtile, manchmal aufdringliche Botschaften in die Galaxis gesendet wurden. Es war nicht notwendigerweise der Ort, an dem Geschichte gemacht wurde, aber sicher derjenige, der sie am häufigsten kommunizierte.

Hier oben auf der Galerie konnte man manchmal einen Platz erhaschen, um einer Festivität zumindest als Beobachter beizuwohnen. Weniger einflussreiche oder hochgestellte Persönlichkeiten legte man hier oben ab, nahe genug am Hofstaat, um die eigene Anwesenheit als Privileg wirken zu lassen, aber nicht zu nahe, mit dem Ziel, dass ein persönlicher Kontakt, ein Gespräch gar nicht möglich war. Der Imperator legte Wert auf Distanz, noch mehr als seine Vorgänger. Es fehlte ihm an Leutseligkeit, an Interesse für geselliges Beisammensein. Oft war seine Frau gezwungen, den Abend zu beenden, da ihr Gatte es vorzog, nach einigen Pflichtminuten wieder irgendwohin zu verschwinden, wo man ihn nicht störte. Nur bei den wirklich wichtigen Anlässen hielt er durch, und die Projektion des ernsten und mit schwermütigen Gedanken befassten Mannes fiel ihm vor allem deswegen so leicht, weil er genau das oft genug war.

Silas Mattilaa, Juvenit der höchsten Elevation und Zeremonienmeister des Imperialen Palastes, dachte an all dies, als er oben in der Galerie stand und auf den aktuellen Anlass zur Nutzung des Thronsaales hinabstarrte. Fünfzehn Flottenoffiziere bekamen vom Imperator die höchsten Auszeichnungen für besondere Tapferkeit. Silas kannte die Namen, er hatte die Verleihung vorbereitet. Acht der Männer und Frauen in den funkelnden Paradeuniformen hatten die Orden wirklich verdient und er gönnte ihnen die Ehre aus ganzem Herzen. Sie hatten Einsatz gezeigt, der über das übliche Maß weit hinausging, und dabei eine Qualität bewiesen, die besonders hilfreich war: Sie hatten diesen Einsatz überlebt und konnten daher jetzt dafür gewürdigt werden.

Die restlichen sieben waren die Söhne und Töchter reicher Schnösel, ob mit oder ohne Titel, die für das Reich deswegen wichtig waren, weil sie Eltern hatten. Außergewöhnliche Heldentaten waren daher nicht erforderlich gewesen, um eine Einladung zu erhalten. Tatsächlich musste man bei der Hälfte der sieben Unwürdigen schon froh sein, dass sie ihren Dienst einigermaßen vorschriftsmäßig versahen und die Uniform richtig saß. Das galt nämlich nicht für jeden aus dieser gesellschaftlichen Schicht.

Politik. Mattilaa zupfte am Kragen seiner eigenen Uniform. Er wusste, wie Politik funktionierte. Als Zeremonienmeister des kaiserlichen Haushalts schien seine Stellung eine rein administrative zu sein, eine Art glorifizierter Event Manager. Doch er hatte bereits dem Großvater des Imperators gedient und dem Vater, jetzt dem Sohn. Er gehörte zur kleinen Schar von Palastbediensteten und Vertrauten, die in den Genuss von Juven kamen und daher ein langes Leben beschert bekommen hatten. Silas war sich nicht immer sicher, ob das ein Segen oder doch eher ein Fluch war. Anfangs war es bestimmt eine Ehre gewesen. Möglicherweise von beidem etwas. Für ihn spielte es ohnehin keine Rolle mehr, sein Dasein hatte diese Fragen längst transzendiert.

Er sah auf seine Hände. Die blasse Haut hatte die charakteristischen Flecken eines Juveniten, der am Ende seiner künstlich verlängerten Lebensspanne ankam. Ein paar Jahre blieben ihm noch vor dem rasanten und dann unaufhaltsamen körperlichen Verfall, nichts, was er noch aufhalten konnte, nicht einmal, wenn er alle Gefallen einforderte, die man ihm schuldete. An Ruhestand war natürlich nicht zu denken. Der Imperator brauchte ihn und Silas Mattilaa brauchte eine Aufgabe. Ein Leben ohne Amt und Tat konnte er sich nicht vorstellen. Er würde bleiben, bis es nicht mehr ging, und dann auf ein schnelles und schmerzloses Siechtum hoffen. Im Zweifel würde er sich selbst helfen. Er wäre nicht der Erste unter den Juveniten, der nicht auf das natürliche Ende warten würde. Schließlich war der Tod bereits einmal die Voraussetzung für sein – verlängertes – Leben gewesen. Bald also.

Noch aber nicht.

Ein paar Jahre noch. Drei, vielleicht vier. Bei Juveniten wusste man es nie so genau. Die Umstellung der ganzen Biochemie durch die Gabe der Droge war umfassend und Ärzte hatten Probleme, die Anzeichen langfristig zu deuten, von den unausweichlichen Flecken einmal abgesehen. Doch die trug er bereits seit acht Jahren. Was hieß das schon?

Noch nicht, bestätigte Silas sich. Noch nicht. Ein wenig Zeit blieb ihm noch, ja, musste ihm bleiben. Es gab so viel zu tun. Die Aufgabe war groß und Nicos war nicht in der Lage, sie ohne seine Hilfe zu bewältigen.

Er widmete sich wieder den Vorgängen unten im Saal. Der Imperator hatte die übliche, kurze Rede gehalten. Es war meist die gleiche, mit leichten Variationen. Besondere Erwähnung hatte Captain Ignatius Bolt genossen, dem auf Platos III beide Beine weggeschossen worden waren. Der Offizier hatte sich gefreut. Er stand noch etwas wackelig auf den nachgezüchteten Gliedmaßen.

Der imperiale Flügeladjudant, Admiral von Drixit-Trotta, hatte danach etwas lustlos vorgelesen, welche besonderen Taten der Offiziere die besonderen Ehrungen legitimierten. Die Lustlosigkeit hatte zwei Quellen: Bei jenen, die es nicht verdienten, fühlte sich von Drixit-Trotta in seiner Ehre als Offizier angegriffen und war gezwungen, mühsam konstruierten Blödsinn mit feierlicher Miene vorzutragen. Bei jenen, die es verdienten, vertrat er die Ansicht, dass man für bloße Pflichterfüllung, selbst außergewöhnliche, nicht auch noch zusätzlich belohnt werden musste. Im Dienste des Imperiums zu stehen und den Dukaten des Imperators zu nehmen, das war schließlich Lohn genug. Er gehörte wirklich zur alten Schule.

Es war nicht immer leicht, dem alten Kämpen nahezulegen, dass nicht jeder so tickte wie er. Aber die Lethargie, mit der von Drixit-Trotta diese Art von Zeremonie abspulte, die hatte ihm noch nie jemand austreiben können, nicht einmal der höchste Herr selbst. Mattilaa seufzte. Er würde jemand anderen für diese Aufgabe finden müssen, wenn das so weiterging. Es galt, die Form zu wahren und eine Belohnung auch wie eine aussehen zu lassen. Es waren die kleinen Gesten, die das Imperium zusammenhielten. Man musste darauf achten.

Die Orden wurden überreicht, in schön verzierten, edel aussehenden Holzkistchen. Die Geehrten salutierten und sagten nichts, sie mussten auch nicht mehr lange durchhalten. Wenn alles vorbei war, gab es in einem anderen Flügel des Palastes einen Empfang, mit weiblichen wie männlichen Höflingen und Musik und Alkohol und viel Diskretion. Silas hatte alles vorbereitet und dabei sogar eine gewisse Freude empfunden. Zumindest jenen, die heute zurecht ausgezeichnet wurden, gönnte er die Party und den damit verbundenen Sonderurlaub. Der Krieg gegen die Kalten würde sie schnell genug wieder in seine eisigen Arme schließen, da war die warme Aufmerksamkeit der bezahlten Damen und Herren sicher eine höchst willkommene Abwechslung.

Dann war der Akt vorbei, die Offiziere machten sich bereit, den Saal zu verlassen, und zurück blieben nur von Drixit-Trotta, die Höchste Majestät sowie einige der Hofdiener, die allgegenwärtig waren, die man aber kaum wahrnahm. Sie waren Inventar. Alle berichteten sie Silas Mattilaa. Daher gab es kaum jemanden, der besser informiert war als er. Und er hatte in alle Abgründe geschaut, zuletzt in sehr tiefe. Aus einem dieser Abgründe aber schaute jetzt jemand zurück und das Canopus-System war in Aufruhr. Das war unerwartet, vor allem in dieser Form, aber es passte recht gut in seine Pläne. Mattilaa ahnte, dass die Meldung den Kaiser noch nicht erreicht hatte. Er lebte in seiner eigenen Blase, in die niemand eine Nadel zu stecken wagte. Silas war einer der wenigen, denen es gelang, die Höchste Majestät bisweilen mit der lästigen Realität zu konfrontieren. Vor allem, wenn es um die wirklich wichtigen Dinge ging.

Es war niemals ein angenehmer Vorgang. Aber er war notwendig. Denn am Ende entschied der Imperator und sonst niemand.

So auch in dieser Angelegenheit.

Der Zeremonienmeister verließ die Galerie, jetzt, wo die Verleihung am Ende angekommen war. Er erreichte den glatt polierten Grund des Saals in dem Moment, in dem der alte Admiral salutierte und nach den beglückten Offizieren hinausmarschierte. Silas stellte sich an die Seite, lächelte freundlich und wartete, bis die markige Prozession fort war.

Der Imperator sah ihn an, abwartend und erwartungsvoll. Er kannte den alten Mann und wusste: Da war noch was.

»Du bist nicht hier, um den Offizieren zu gratulieren, mein Freund«, erklang die sonore Stimme des Imperators und Mattilaa vernahm den Unwillen darin. Natürlich wusste sein Herr, dass der Zeremonienmeister nur dann unangekündigt auftauchte, wenn es etwas Unerwartetes zu berichten gab. Unerwartet bedeutete im Regelfall schlechte Nachrichten.

»Majestät, wenn Ihr mir einen Augenblick schenken wollt …«

Nicos verzog das Gesicht. Generationen sorgfältiger Genmanipulation hatten aus ihm einen schönen Mann gemacht. Es fiel ihm schwer, schlecht auszusehen, aber mit jedem Regierungsjahr hatte er sich diesem Zustand mehr angenähert.

»Nein, will ich nicht. Aber ich wäre ein beschissener Herrscher, wenn ich vor allem wegrennen würde. Ich verberge mich schon oft genug, nicht wahr?« Der Imperator machte einige Schritte in die Richtung des alten Mannes. Dieser erkannte nun sehr gut, dass der Kaiser unter seiner dicken Schminke sehr müde aussah. Er schlief schlecht in letzter Zeit und wollte dagegen keine Medikamente nehmen, da war er recht eigen. Seine Stimmungsschwankungen hatten, so war Mattilaa zugetragen worden, besorgniserregende Ausmaße angenommen.

»Herr, ich habe seltsame Nachrichten aus dem Canopus-System. Dort ist etwas vorgefallen.«

»Canopus? Seltsam?« Eine neue Schärfe kroch in die Stimme des Herrschers. Canopus war wichtig, ein militärischer und ökonomischer Knotenpunkt, noch wichtiger fast als das alte Terra, das nur deswegen Ruhm abbekam, weil es die Tradition so gebot. »Die Kalten?«

»Nein. Nicht direkt. Es ist komplizierter, glaube ich.«

Die Haltung des Imperators entspannte sich für einen Moment.

»Was dann?«

»Euer Sohn.«

»Welcher genau? Ich habe ein Dutzend. Sie machen mir alle auf irgendeine Weise Kummer.«

»Darius.«

Das eine Wort hatte genügt, um sofort einen tiefen Schatten über das Gesicht von Nicos III. zu werfen. Er starrte Silas an und der Unwille, sich mit diesem Thema zu beschäftigen, beherrschte ihn so offensichtlich, dass der Zeremonienmeister eine längere Pause einlegte und darauf wartete, dass sein Herr ihn erneut zum Sprechen auffordere. Man musste behutsam mit der Allerhöchsten Majestät umgehen und Ungeduld im persönlichen Umgang führte meist zu gar nichts.

»Die Sache ist geklärt«, sagte Nicos III. dumpf. »Oder hat seine Mutter wieder versucht zu intervenieren? Ich habe das Weibsstück gewarnt!«

»Die hochedle Musa hat sich zurückgezogen und weilt auf dem Stammsitz bei Nicephon. Sie hält sich an die Abmachung, das kann ich bestätigen.«

Eine Abmachung, die ihr absolutes Schweigen und größte Zurückhaltung auferlegte, im Austausch gegen das Leben ihres einzigen Sohnes, der sich dem Zugriff der Familie im Streit entzogen hatte und verschwunden war. Mattilaa bewahrte größte Ruhe. Er hatte natürlich damals gewusst, wo Darius gewesen war, und im Rahmen seiner Möglichkeiten seine schützende Hand über ihn gehalten. Der junge Prinz hatte versucht, sich auf sehr unorthodoxe Weise zu verstecken. Der Zeremonienmeister hatte ihn dazu ermuntert.

Aber trotzdem waren einige höchst unvorhergesehene Dinge passiert. Ereignisse, die den Zeremonienmeister zutiefst beunruhigten. Ein Akteur, mit dem niemand gerechnet hatte. Das war für einen Juveniten besonders irritierend. Ein Vertreter der Höchsten Elevation rechnete normalerweise mit allem.

Nicos III. hatte seine weichen Seiten, wenngleich er diese nicht oft zeigte. Darius’ Tod, so man ihn je wieder aufgriff, war bereits beschlossene Sache gewesen, doch das Flehen der Mutter hatte sein Herz getroffen. Mattilaa hatte auf seine Weise dafür gesorgt, dass man das Verschwinden des Darius einfach akzeptierte. Der Prinz wurde schließlich noch gebraucht.

»Was ist mit ihm? Wir dürften für Jahre nichts von ihm hören, wenn er schlau ist. Was ich in seinem Fall in Abrede stellen will, also sollte ich nicht allzu überrascht sein.«

»Ich habe Hinweise über seinen Werdegang gesammelt. Er hat sich nicht ganz so gut verborgen, wie er gedacht hatte. Aber er hat sich bedeckt gehalten, das kann man sicher sagen. Nun hat sich aber alles anders entwickelt. Er ist daran übrigens weitgehend unschuldig. Er hat sich richtig verhalten, soweit das in seiner Lage ging.«

»Wäre er nur vorher schon so klug gewesen! Wo hat er sich versteckt?«

»Euer Sohn befand sich als … Besatzungsmitglied auf einem Superfrachter.«

»Er tat etwas Nützliches? Ich bin erstaunt.«

Mattilaa ersparte ihm vorerst die Details. Schiffssklaverei war kein beliebtes Thema bei Hofe. Es war nur oft so praktisch.

»Das Schiff namens Canopus Traveller ist beim Canopus angekommen. Dann kam es zu einem Vorfall. Wie es scheint, hat der Prinz das Schiff verlassen und wurde von einem anderen Frachter aufgenommen. Unter sehr merkwürdigen Umständen, wie ich sagen darf. Der Frachter entkam den Systemstreitkräften und hat Canopus mit unbekanntem Ziel verlassen. Die Begleitumstände sind … wie schon gesagt, sehr merkwürdig.«

Mattilaa schilderte, was sie wussten, oder zumindest das, von dem er meinte, dass der Imperator es erfahren sollte. Die ganze Wahrheit – nein, die behielt er besser für sich.

Nicos III. war nicht dafür bekannt, schwer von Begriff zu sein. Niemand mit zu geringen Geistesgaben blieb allzu lang Imperator, wie das Schicksal seines Onkels gezeigt hatte, der willig, aber dumm gewesen war. Ganze zwei Monate hatte es gedauert, bis eine Intrige ihn vom Thron verscheucht hatte. Dennoch: Obgleich die Schilderung seines Zeremonienmeisters konzise und klar gewesen war, starrte er den alten Mann an, als hätte dieser ihm ein absolut unlösbares Rätsel aufgetischt.

»Silas. Was erzählst du mir da?«

»Es ist die Wahrheit.«

»Weiß seine Mutter davon?«

»Noch nicht, aber bald. Die Medien werden in Kürze wohl auch irgendwas berichten. Im Canopus-System kann man so was nicht lange geheim halten. Wir halten den Deckel drauf, aber das geht nicht immer so, wie wir es wollen.«

Der Imperator blickte zur Seite. »Nein, das kann man wohl nicht. Was wird er sagen? Silas, wenn er redet, wenn er alle Details auspackt, haben wir eine handfeste politische Krise am Hals. Wir hätten ihn gleich umbringen sollen, dann wäre zumindest dieses Risiko nicht mehr vorhanden gewesen.«

»Das war ihm wohl bewusst, sonst wäre er nicht verschwunden. Aber um auf die Frage zu antworten: Ich weiß es nicht. Er spricht nicht mit der Öffentlichkeit, wenn Ihr das meint. Das Schiff hat das System verlassen. Wir wissen nicht, wohin es unterwegs ist. Ich bin beunruhigt ob der Begleitumstände.«

»Nach Terra«, stieß Nicos III. hervor. »Wenn er hier mit großem Trara auftaucht, wird es völlig unmöglich sein, den Deckel draufzuhalten. Sobald dieses Schiff auch nur andeutungsweise auf einem Ortungsschirm auftaucht, ist es zu eliminieren – ohne Warnung! Hörst du mich, Silas? Ohne jede Vorwarnung!«

Die Stimme des Imperators hatte zu zittern begonnen. Da war nur wenig Angst, Silas kannte seinen Herrn seit frühester Jugend und wusste, wann und wie Nicos Angst hatte. Es war Wut, Wut auf den verzogenen Sohn, der sich gegen den eigenen Vater gestellt hatte und der dafür hätte bezahlen müssen. Ungehorsam und Illoyalität duldete der Herr über das Imperium bei niemandem – zuallerletzt in seiner eigenen Familie. Die Nachricht war angekommen, seit dem »Verschwinden« von Darius hatten alle brav in der Linie gestanden und sich nicht geregt. Doch jetzt war alles anders und Nicos III. hasste es, wenn die Dinge nicht so liefen, wie er es wünschte.

Silas war sich nicht sicher, ob es schon der Cäsarenwahn war, aber weit war dieser Imperator davon nicht mehr entfernt. Schwermut und beginnender Irrsinn, das war eine Kombination, die in den vergangenen acht Generationen schon das eine oder andere Mal aufgetreten war. Irgendwann, so stand zu befürchten, würde Nicos die Schwelle überschreiten, die ihn von dieser besonderen Form übersteigerten Narzissmus noch abhielt, und dann würde die Situation bei Hofe richtig unangenehm werden.

Silas machte sich eine geistige Notiz. Die Juveniten mussten diese Perspektive besprechen, dringender denn je. Schließlich waren sie diejenigen, die die langfristige Perspektive im Blick behielten. Im Zweifel …

»Herr«, sagte er also sanft. »Ich bin mir nicht sicher, ob das der richtige Weg ist.«

»Nein? Nein?« Nicos III. holte tief Luft. »Sprich also, alter Mann. Was ist der richtige Weg?«

Silas nickte. Noch war es nicht so weit. Noch war Nicos III. vernünftig, wenn es sich absolut nicht vermeiden ließ. Sonst hätte er diese Frage nicht gestellt, sonst würde er nun nicht schweigend zuhören, ohne zu unterbrechen. Noch hatte der Imperator die Loyalität der Juveniten verdient.

Aber Silas würde die Augen offen halten.

Er erläuterte dem Imperator seine Absicht. Natürlich stimmte dieser zu.

2

»Nein, das müssen Sie nicht. Das muss niemand. Gar nicht erst damit anfangen, bitte. Es ist viel passiert und ich … fühle mich nicht so. Ich bin es nicht.«

Die Aufforderung hatte echt geklungen, im Grunde sogar beinahe flehentlich. Bitte nicht! Bitte nennt mich nicht »Hoheit« oder »Majestät« oder auch nur Prinz! Ich weiß erst seit Kurzem wieder, dass ich überhaupt einer bin. Darius klang sehr ehrlich. Er wollte es so und nicht anders, und für manche, wie Ildaya etwa, war das bestimmt auch gar kein Problem. Einem Mitglied der Kaiserfamilie keinen Respekt zu zeigen, das fiel ihr sicher besonders leicht.

Für Vocis und Hamid aber war das nicht so einfach. Plastikks Militärzeit lag schon etwas zurück und er hatte während seiner Karriere danach nie besonderen Respekt vor staatlicher Autorität gezeigt. Der Schrotthändler blieb zurückhaltend, allerdings eher, weil er die Lage sondierte, eine Aktivität, mit der Hamid immer noch größte Probleme hatte. Vocis und Hamid aber – sie waren, ob sie es nun wahrhaben wollten oder nicht, über lange Zeit indoktriniert worden. Es war gut, das zu wissen. Beide waren sie zur Selbstreflexion in der Lage und gerade das verursachte den Widerwillen, Darius’ Bitte zu entsprechen. Einfach so, als Aufforderung, die alte Prägung beiseitezuschieben. Das erforderte ganz sicher noch etwas zusätzliche Arbeit.

Sie saßen in dem, was Aume ihnen als Schiffsmesse präsentiert hatte. Der Raum war exakt geeignet für die Anzahl an Passagieren, die sie in sich aufgenommen hatte. Das klang seltsam, auch wenn es die Situation viel besser beschrieb als jede andere Formulierung. Jonas und der Wal, Hamid kannte die Geschichte. Sie war ihm spontan wieder eingefallen und er versuchte sich seitdem zu erinnern, wie sie ausgegangen war.

Das Schiff, die Entität, das Bewusstsein – was auch immer Aume eigentlich war, es hatte sich auf den Weg gemacht, um »noch etwas zu erledigen«. Kryptische Andeutungen, darin war sie gut. Sie entsprang, wenn man es richtig verstand, einer immer noch anhaltenden Verwirrung Aumes. Gedächtnislücken, Folgen der langen Hibernation. Das machte sie nicht vertrauenswürdiger, doch welche Wahl hatten sie?

Genug Zeit, um sich über alles klar zu werden, nicht nur darüber, wie man mit einem imperialen Prinzen in ihrer Mitte umging. Hamid jedenfalls musste das Bedürfnis, vor Ehrfurcht zu erstarren, immer wieder bekämpfen und Vocis hatte es noch schwerer. Als aktive Soldatin hatte sie einen Eid geschworen, nicht nur auf das Imperium, sondern auch auf die Allerhöchste Majestät, und deren Leibesfrucht saß jetzt bei ihnen, wirkte bemerkenswert normal, etwas unterernährt – und nicht halb so majestätisch, wie man sie sich vorstellte. Und sie war am Leben, wenngleich doch alle Newscasts berichtet hatten, der Prinz sei tot oder zumindest verschollen.

War er nicht.

Das, so ahnte Hamid instinktiv, verkomplizierte die Sache. Es erregte noch mehr Aufmerksamkeit, als ihre Aktion im Canopus-System ohnehin ausgelöst hatte. Hamid fühlte sich hilflos und neben seinem Unwillen, Darius einfach Darius zu nennen, musste er auch dagegen ankämpfen, seiner tief sitzenden Frustration über die ganze Situation Ausdruck zu geben. Es half, dass auch Vocis an sich hielt. Disziplin, erinnerte sich Hamid. Er hatte das gelernt und praktiziert, warum also nicht auch jetzt? Außerdem wollte er vor dieser starken Frau keine Schwäche zeigen. Eine neue Erkenntnis für ihn, nicht immer eine angenehme.

»Wir haben Geschichten über Sie gehört«, sagte er, um Vocis und sich ein wenig zu helfen. Der Prinz wollte kein Prinz sein? Gut. Dann hatte er sicher keine Probleme damit, auch unangenehme Fragen zu hören und damit zur Klärung beizutragen. Am besten eine Geschichte, die half, den eingeimpften Respekt zu überwinden. Etwas, das ihn lächerlich machte. Zum Verbrecher. Zum Idioten. Alles würde helfen.

Der Prinz nickte. Er reagierte nicht wie ein Idiot. Ernsthaft, gelassen, verständig. Er machte es Hamid wirklich nicht leicht.

»Dessen bin ich mir sicher. Lassen Sie mich raten … ich bin plötzlich und unerklärlich verschwunden? Ich bin überraschend verstorben?«

»Das mit dem Verschwinden ist allgemein bekannt. Es gibt über die Gründe diverse Verschwörungstheorien. Auch die Sache mit dem Tod wird gerne kolportiert. Wie gesagt: Es gibt viele Geschichten.«

Darius lächelte versonnen. »Welche gefällt Ihnen am besten?«

Hamid wechselte einen schnellen Blick mit Vocis. Er würde hier gerne mit ihr einig sein, aber er wusste nicht genug über sie, um das einschätzen zu können.

»Dass Sie Reformen gefordert haben und Ihr Vater, erbost über diese Impertinenz, dafür gesorgt hat, dass Sie zum Schweigen gebracht werden.«

Darius nickte. »Die ist gut. Die gefällt mir. Es ist leider etwas komplizierter und ein wenig peinlicher, aber eine schöne Geschichte.«

»Wahr oder nur ein Gerücht?«

Der Prinz runzelte die Stirn, schien selbst darüber nachdenken zu müssen, ehe er antwortete. Soweit Hamid es verstand, hatte er bis vor Kurzem keine Erinnerung an seine wahre Identität gehabt. Vielleicht musste er sich bei diesen Fragen erst einmal selbst sortieren.

»Nahe dran, aber eben nicht alles. Es gab erhebliche Differenzen mit meinem Vater. Ich habe grundsätzliche Fragen gestellt, nicht nur zur Politik, sondern auch zum … ich sage mal: Gesundheitszustand meines Vaters. Ich bekam Antworten, die mir nicht gepasst haben, weil ich Ansichten nicht teilte oder das Gefühl hatte, belogen zu werden. Ich war sehr frustriert – auch mit mir und meiner Einflusslosigkeit. Mein Vater machte mir deutlich, dass er dafür sorge, dass ich ins Abseits geschoben werde, würde ich nicht mehr familiäre Disziplin an den Tag legen. Dann hörte ich Gerüchte, nach denen bei Hofe überlegt wurde, das ›Problem‹ durch einen ›Unfall‹ zu lösen. Ich weiß nicht, ob mein Vater dahintersteckte. Zuzutrauen wäre es ihm. Und ich wäre nicht der erste Fall dieser Art.«

Darius unterbrach sich. Er erzählte natürlich keine echten Geheimnisse. Jeder wusste, dass kaiserliche Familie und Hofstaat eine Schlangengrube waren. Aber es fiel ihm naturgemäß schwer, diese Dinge freimütig offenzulegen.

»Ich beschloss, dem zuvorzukommen und zu verschwinden. Es ging einiges schief und ich habe ein paar dumme Entscheidungen getroffen. Vielleicht hatte mein Vater dann doch recht gehabt. Ich landete als Schiffssklave auf der Canopus Traveller. Und dann landete ich hier. Ich bin darüber ebenso überrascht wie Sie alle. Und meine Gefühle für meinen Vater haben sich nicht verbessert. Ein Grund mehr, warum ich Sie alle bitten möchte, den formalen Firlefanz sein zu lassen. Bitte! Es liegt mir viel daran.«

»Was für Differenzen waren es denn genau?«, fragte Vocis. Es lag eine gewisse Intensität, eine Schärfe in ihrer Frage. Sie schien nun bereit zu sein, die falsche Ehrfurcht abzulegen.

Darius’ Blick fiel auf Ildaya, die ihn mit einer Mischung aus Feindseligkeit und Verachtung anstarrte und bisher kein Wort hervorgebracht hatte.

»Ich war beispielsweise der Ansicht, dass der Kalte Krieg Anlass sein sollte, unsere Kolonialpolitik zu überdenken, die Expansionsbemühungen einzustellen und uns eher Verbündete zu suchen, anstatt Untergebene zu schaffen. Vor allem, da manche gar kein Interesse an unserer segensreichen Herrschaft haben.«

Ildaya sagte immer noch nichts, aber jetzt drückte ihre Haltung ganz offensichtlich unerwarteten Respekt aus. Damit hatte er bei ihr ganz sicher die richtige Saite in Schwingung versetzt.

»Er war wohl anderer Ansicht«, sagte Vocis.

»Wie in vielen Dingen. Er hat getobt. Das kam immer häufiger vor. Noch mehr erzürnte ihn die Tatsache, dass es unter seinen Beratern einige gab, die meine Auffassung teilten. Ich möchte vermuten, dass ich nicht der Einzige bin, der damals verschwunden ist. Oder ins Abseits geschoben wurde. Oder zumindest … eindringlich verwarnt. Daraus hat dann jeder seine eigenen Konsequenzen gezogen, denke ich.«

»Wenn, dann fiel das nicht auf, aber was wissen wir schon vom Innenleben des Hofes?«, sagte Vocis leise. Sie war nicht entsetzt und nicht erzürnt, ihre Stimme klang jetzt etwas weicher. Hamid merkte, dass ihr gefiel, was Darius sagte. Er musste zugeben, ihm passte es ebenfalls ganz gut. Es klang ehrlich.

»Was sagte Ihre Mutter dazu?«, fragte die Soldatin.

Darius’ Gesicht verdüsterte sich. »Meine Mutter«, murmelte er, halb zu sich selbst. »Ja. Eine liebende Frau. Eine schwache Frau. Sie hat sich niemals in irgendetwas meinem Vater ernsthaft widersetzen können. Sie hat sich niemals schützend vor ihre Kinder gestellt, zu keinem Anlass, ob groß oder klein. Ich werfe es ihr nicht vor. Sie quält sich in dieser Verbindung.« Er blickte hoch und sah Vocis an. »Mein Vater ist kein angenehmer Mensch. Nicht für seine Feinde. Nicht für seine Freunde. Leider nicht einmal für seine Familie.«

Er seufzte, als wolle er eine Reihe sehr unangenehmer Erinnerungen abstreifen.

»Darüber hinaus war ich nicht der Auffassung, dass wir den Kalten Krieg richtig führen. Es wurden strategische Fehler gemacht, die ich recht eindeutig meinem Vater ankreiden konnte. Ich wies auf einige dieser Fehler hin. In aller Öffentlichkeit, etwa bei Sitzungen des Generalstabs. Ich nahm kein Blatt vor den Mund. Jeder wusste das. Doch das Problem meines Vaters ist: Er hält sich für einen grandiosen Feldherrn. Für mich hingegen ist er nicht mehr als ein zweitklassiger Manager. Ich bin mir nicht einmal mehr sicher, ob das seine Schuld ist. Er hat sich über die Jahre … verändert. Ich kann nicht der Einzige gewesen sein, der das beobachtet hat, aber ich war derjenige, der es offen aussprach.«

Vocis presste die Lippen aufeinander und Hamid betrachtete sie mit Sorge. Für sie musste trotz ihrer eigenen kritischen Einstellung diese sehr despektierliche Sprache in Bezug auf den Imperator schwer zu verdauen sein. Er selbst hatte zur Allerhöchsten Person seit geraumer Zeit ein etwas entspannteres Verhältnis entwickelt, vielleicht auch ein zynisches. Prinz Darius’ klare Worte über die Begrenzungen seines Vaters jedenfalls bestätigten sein eigenes Weltbild, und das sogar in einem noch stärkeren Maße, als er gedacht hätte.

»Es tut mir leid«, sagte der Prinz in Richtung der Soldatin, da ihm die Reaktion nicht entgangen war. »Sehen Sie es so: Ihre Treue und Ihr Schwur gilt in erster Linie der Institution des Imperators, weniger der Person. Das muss also kein Widerspruch zu einer kritischen Haltung sein. Meine Kritik an ihm entsprang ebenfalls meiner Loyalität zum Wohl des Imperiums, nicht der grundsätzlichen Ablehnung dieses Staates.«

»Kritik war aber nicht erwünscht«, sagte Plastikk nun, dem der Imperator sicher eher egal war, solange seine Geschäfte liefen. Und wie Hamid erahnen konnte, hatte der Mann in und mit dem Krieg manchen zusätzlichen Taler verdient. Der Pilot war auch ein gutes Beispiel dafür; mit seinem Kontraktfrachter für die Flotte verdiente er, solange es Krieg gab. Holoban Kerr aber schwieg, hörte nur aufmerksam zu und behielt seine eigenen Kommentare aufs Erste für sich, wahrscheinlich die beste Vorgehensweise. Er fühlte sich in der Gegenwart des Prinzen erkennbar unwohl, vielleicht plagte ihn auch das schlechte Gewissen angesichts seiner klandestinen Geschäfte mit Plastikk.

Hamid schüttelte sacht den Kopf. Als ob das jetzt noch irgendeine Bedeutung hätte. Jetzt ging es um ganz andere Dinge. Die Frage war aber: um was genau eigentlich?

Hoffentlich würde ihnen Aume bald etwas detaillierter enthüllen, welche das wohl waren.

»Jedenfalls«, sagte Darius nun und lächelte von einem zum anderen, »bin ich derzeit in keiner anderen Position als Sie alle. Wenn mein Vater mich zu greifen bekommt, werde ich mundtot gemacht, auf die eine oder andere Art und Weise. Ich weiß nicht, ob er diesmal so weit gehen würde, mich zu töten – aber nicht einmal das kann ich ausschließen. Ich habe ausreichend Brüder, die Thronfolge ist gesichert und die sind weitaus fügsamer, als ich es jemals sein werde. Die meisten jedenfalls. Und jene, die meine Haltung teilen, sind jetzt gewarnt und halten hoffentlich den Mund. Ich sollte mich besser auf ein Leben außerhalb des Hofes einrichten. Es wäre meiner Gesundheit zuträglicher. Was ich aber vor allem sagen will: Ich möchte nicht, dass mich irgendwer mit falschem Respekt behandelt. Mein Titel ist wertlos. Ich bin einfach nur ich, und wenn ich ehrlich sein will: So genau weiß ich noch gar nicht, was das eigentlich bedeutet. Ich weiß auch nicht, was aus mir werden soll und wohin meine Reise geht.«

Niemand wusste das zurzeit.

Darius lehnte sich zurück, schwieg, gab ihnen allen Zeit zum Nachdenken. Hamid empfand ein wenig Respekt, aber nicht den der falschen Sorte. Der junge Mann hatte einiges durchgemacht und war im Grunde allein mit einem Schicksal, das die hier versammelten Normalsterblichen nur unzureichend nachvollziehen konnten. Er schien ehrlich mit ihnen umgehen zu wollen und ihn verlangte es nach Gemeinschaft, vor allem einer, die ihm nicht an die Gurgel gehen wollte. Das war sympathisch. Hamid war bereit, ihn vorläufig als das zu akzeptieren, was er war: ein junger Mann, nicht ohne Fähigkeiten und Intellekt, der seinen Platz suchte und ihr gemeinsames Schicksal teilte. An die Gurgel wollte er ihm jedenfalls erst einmal nicht.

Womit sie beim zentralen Problem wären. Dieses Thema war ausdiskutiert, zumindest vorerst. Es galt jetzt, Orientierung in einer anderen Angelegenheit zu erhalten. Da niemand sonst das Wort erheben wollte, fühlte Hamid sich erneut bemüßigt. Er erhob sich von seinem Sitzplatz. Alle Augen richteten sich auf ihn.

»Wir müssen jetzt wissen, was aus uns wird. Die Geschichte, die Aume uns aufgetischt hat, ist abenteuerlich – aber dieses Raumschiff ist es auch. Es ist was dran an der Sache. Der Kalte Krieg geht uns alle etwas an, selbst jene, die nicht freiwillig Teil des Imperiums geworden sind.«

Ildaya regte sich, widersprach aber auch nicht. Das war klar. Hatten die Kalten sich erst mal auf ein Ziel eingeschossen, war ihnen völlig egal, zu wem es gehörte. Sie eroberten, aus welchen Gründen auch immer, machten aus einstmals blühenden Welten eiskalte Landschaften, auf denen nichts mehr zu leben imstande war – und töteten jeden, der sich ihnen in den Weg stellen wollte. Alle waren ihnen gleich viel wert – nämlich ganz offenbar gar nichts. Das sollte auch Ildaya begreifen, wenn sie auch in allem anderen die Rebellin blieb, die sie wohl ihr Leben lang gewesen war.

»Wenn Aume eine Chance ist, dann sollten wir sie nutzen«, fuhr er fort, als sich kein Widerstand gegen seine Worte regte. »Aber dafür sollen wir von ihr größtmögliche Offenheit verlangen. Wir haben ein Recht darauf, alle Hintergründe zu erfahren. Ich zumindest mache meine Beteiligung von … was auch immer davon abhängig. Ich soll eine Rolle spielen? Ich habe keine Ahnung, woraus diese besteht. Ich wurde letztlich entführt. Das ist kein idealer Einstieg in eine echte Zusammenarbeit.«

Hamid hatte gesagt, was er auf dem Herzen hatte, und es waren uncharakteristisch viele Worte gewesen, eine Abkehr von seiner sonst üblichen Schweigsamkeit. Holoban Kerr räusperte sich.

»Aume ist manchmal etwas geizig mit ihren Informationen«, sagte er leise und in einem entschuldigenden Tonfall. Der Pilot sah sich in einer schwierigen Situation. Er war schon am längsten Gast des lebendigen Schiffes, das zudem noch die Form seines alten Frachters angenommen hatte, der Friedbert. Anfangs hatten sie alle von ihm eine umfassende Aufklärung der Lage erwartet, doch er musste diese Erwartung enttäuschen. Das war ihm peinlich. Er hatte alles erzählt, von seiner Havarie bis jetzt, und er war sicher offen gewesen in seinen Schilderungen. Hamid aber vermutete, dass seine schwierige Gefühlslage auch mit einer Tatsache zu tun hatte, über die er lieber nicht sprach. Er konnte sich irren, doch Holoban Kerr schien für Aume tiefere Gefühle entwickelt zu haben. Das klang absurd, Hamid hatte in seinem Leben andererseits schon absurdere Dinge gehört. Und einsame Männer, die eher zu den Zarten denn zu den Harten gehörten, waren entsprechend verwundbar. Leicht zu beeinflussen. Kerr fiel in diese Kategorie, da war er sich sicher. Der introvertierte Pilot, der zufrieden damit war, allein riesige Frachter durch die Galaxis zu steuern, und der plötzlich auf die exotische, mysteriöse Schönheit traf. Ein Klassiker.

Hamid gemahnte sich zur Vorsicht. Wenn er Kerr für einen »Zarten« hielt, hieß das nicht, dass er selbst damit zu den »Harten« gehörte. Er wusste möglicherweise eher, was Disziplin bedeutete oder dass man sich die Bewertung einer Situation nicht durch Gefühle vernebeln lassen durfte. Aber das hieß nicht, dass ihn das gleiche Schicksal nicht auch eines Tages treffen konnte. Und er wusste, dass es manchmal keines großen Anlasses bedurfte, um ein wenig aus der Bahn geworfen zu werden. Niemand hier war ein Roboter. Wahrscheinlich nicht einmal Aume.

»Ich kann nicht weiterhelfen«, sagte Kerr nun. »Ich weiß auch nicht alles. Was Aume mir gesagt hat, das ist bekannt. Wer allerdings mehr wissen möchte …«

»… der fragt mich! Ich weiß nur nicht, wie weit ich selbst schon sagen kann, was hier warum geschieht.«

Alle Köpfe drehten sich gleichzeitig um. Der Gegenstand ihrer Unterhaltung war wie aus dem Nichts aufgetaucht, was wahrscheinlich auch der Wahrheit entsprach. Aume stand unter ihnen, in ihrer strahlenden Schönheit. Auch Hamid konnte sich dem nicht entziehen. Sie war faszinierend, drückte alle richtige Knöpfe – und alle gleichzeitig.

Sie wirkte weder erzürnt noch unfreundlich und ihr Lächeln, Hamid gab es ungern zu, erwärmte nicht nur sein Herz. Kerrs Blick jedenfalls sprach Bände. Der leicht verträumte Gesichtsausdruck ließ eindeutige Schlüsse auf seinen derzeitigen Geisteszustand zu. Er würde nicht derjenige sein, der der Schiffsintelligenz in die Parade fuhr. Hamid auch nicht, wie er schnell feststellte. Denn während er noch nach Worten suchte, war es Plastikk, der sich nun mit einem Ächzen erhob und vor Aume aufbaute. Der Mann konnte große Autorität ausstrahlen, wenn er wollte. Und jetzt wollte er.

»Wir sind hier. Sie haben gesagt, das war Vorhersehung oder so was.« Er zeigte auf Vocis oder vielmehr die glühende Kugel, die sie in Händen hielt, fast geistesabwesend. »Das hängt mit diesen Dingern zusammen. Vielleicht fangen wir einfach mal mit den Erklärungen an. Erläutern Sie uns die Zusammenhänge. Wer oder was sind Sie? Woher stammen Sie und dieses Schiff? Was sind Ihre Absichten? Wohin geht die Reise? Was wird von uns erwartet?«

Aume schaute den Mann an, abschätzend, aber ohne Vorwurf. Hamid nickte Plastikk zu. Das waren die Fragen.

»Sie werden Ihre Antworten bekommen«, sagte Aume sanft. »Ich habe zum Teil die gleichen Fragen. Wie Holoban Ihnen bereits geschildert hat, habe ich lange geschlafen. Ich erinnere mich nicht an alles. Es gibt Situationen, die verschüttete Erinnerungen auslösen, und ich klettere diesen Berg nur langsam hinauf. Die Ursache für meinen Gedächtnisverlust muss traumatischer Natur sein und das beunruhigt mich sehr, denn ich bin eigentlich sehr, sehr widerstandsfähig. Ich werde mich erinnern. Und ich werde reden, sobald ich etwas weiß. Haben Sie Geduld mit mir. Ich habe Ihnen ja schon angekündigt, dass wir erst jemanden abholen müssen. Der Flug dorthin ist fast beendet. Ich lade Sie alle in die Zentrale ein.«

»Yela muss schlafen«, erklärte Vocis bestimmt. Seit sie von Canopus aufgebrochen waren, waren Stunden vergangen und alle standen unter Anspannung. Doch die Erwachsenen konnten dies leichter wegstecken als das Mädchen, das zunehmend öfter zu gähnen begonnen hatte und apathisch wirkte.

»Sie haben eine Kabine«, sagte Aume. »Jeder von Ihnen. Es ist alles zu Ihrer Bequemlichkeit vorhanden. Yela wird sich dort wohlfühlen.«

»Zeigen Sie mir den Weg!«

Ein schimmerndes Licht entstand aus dem Nichts und schwebte direkt vor Vocis’ Kopf. Es zitterte ein wenig, als würde ein Wind versuchen, es aus der Bahn zu blasen, doch das war sicher nur ein Eindruck, der beabsichtigt war.

»Glühwürmchen«, sagte Yela und gähnte erneut. »Wir hatten Glühwürmchen zu Hause im Garten.« Sie blinzelte träge.

Vocis hob sie auf den Arm. »Ich komme danach in die Zentrale. Ich habe auch Fragen. Sogar noch viel mehr.« Damit wandte sie sich ab und folgte dem träge davontreibenden Licht. Die anderen folgten Aume, einige unwillig, weil sie sich nicht länger an der Nase herumführen lassen wollten, andere eher fatalistisch, allen voran Holoban Kerr, der die längste Zeit mit Aume verbracht hatte und sich an ihre Art sicher irgendwie schon gewöhnt hatte.

Die Zentrale war ein großer Raum mit Sitzgelegenheiten für sie alle, drapiert mit Kontrollkonsolen, die aussahen, als würden sie tatsächlich eine Funktion erfüllen. Aume bemerkte Hamids kritischen Blick und schenkte ihm ein beeindruckend schönes Lächeln.

»Dies sind keine Attrappen. Ich bin das Schiff, aber die Bedienungselemente haben eine Funktion. Sie dienen vornehmlich der Beobachtung, aber ich könnte auch Flugbefehle auf Sie übertragen. Wollen Sie mal?«

»Ich bin kein qualifizierter Pilot.«

»Das stimmt. Setzen Sie sich … Sie alle. Ich zeige Ihnen jetzt, wo wir sind. Wir haben ein System erreicht, das die kartografische Bezeichnung DHK-29774 trägt. Ich benutze die imperiale Datenbank, die ich der Friedbert entnommen habe.«

Auf dem Bildschirm am Kopfende des Raumes entstand ein Kartenbild. Hamid fiel das rote Symbol sofort ins Auge. Er wechselte einen schnellen Blick mit Vocis, dann mit Kerr, die beide ebenfalls wussten, worum es sich handelte. Alle fühlten sich gleichermaßen alarmiert.

»Ein gesperrtes System«, sagte der Veteran laut, damit sie alle informiert waren. »Es steht unter imperialem Interdikt. Eine Kath-Welt befindet sich hier, einen anderen Grund kann es dafür im Grunde nicht geben.«

»Ja, die Kath«, murmelte Aume wie abwesend. »Und wir sind nicht allein.«

Die Kartendarstellung machte einem Ortungsbild Platz. Deutlich zeichnete sich das Sensorbild eines Raumschiffes ab – nein, nicht nur eines. Das viel größere Objekt daneben hätte man für einen Mond halten können, doch die charakteristische Form war fast allen der Anwesenden bekannt.

»Das imperiale Schiff ist ein Schneller Kreuzer«, sagte Kerr leise. Er kannte sich erwartungsgemäß mit Schiffsklassen neben den beiden Soldaten am besten aus. Was das große Etwas war, das bedrohlich im Orbit um eine offenbar bewohnbare Welt hing, bedurfte keiner Erläuterung.

Sie alle wussten, wie ein Kältekollapsar aussah. Sogar Ildaya, obgleich sie bisher eher einen anderen Kampf ausgefochten hatte.

»Wir müssen hier weg«, flüsterte Holoban Kerr. Seine Stimme war voller Angst, zitterte fast, und sicher ohne darüber nachzudenken, ergriff er Aumes Schulter. Die Frau wehrte sich nicht, sah Kerr sanftmütig an.

»Der Kollapsar ist mit anderen Dingen beschäftigt. Und er sieht uns nicht«, sagte sie und berührte Kerrs Hand vorsichtig, was ihn so zusammenzucken ließ, als habe er einen elektrischen Schock erlitten. Dennoch, er zog sie nicht zurück und Aume machte auch keine Anstalten, sich von der Berührung zu befreien.

Sie hat ihn voll im Griff, dachte Hamid. Und doch teilte er Kerrs Angst. Wenn ein Kollapsar auftauchte, war dies normalerweise das Todesurteil für ein System. Die imperiale Flotte machte dann irgendwann, dass sie fortkam. Selten genug, dass man einmal einen vorübergehend vertrieben hatte – unter Aufbietung aller Mittel. Der Schnelle Kreuzer behielt nur Abstand, respektvoll und ganz sicher bereit, jederzeit auf alle Knöpfe zu drücken und zu verschwinden. Aber etwas hielt ihn hier.

»Der Kollapsar ist mächtig«, beharrte Kerr. »Er kann uns aus dem All blasen.«

»Dazu müsste er uns entdecken«, erwiderte Aume. »In diesem Moment sieht er uns nicht. Wir sind nicht hier, um ihn zu stören. Wir sind hier, um den Kalten vorzugreifen. Ich muss da unten hin. Da gibt es ein weiteres Besatzungsmitglied – und noch etwas. Wichtige Aspekte meiner Vergangenheit, die Antwort auf viele unserer Fragen.« Auf Aumes Gesicht zeichnete sich ein plötzlicher Widerstreit ab, ein Ringen, vielleicht das um eine Erinnerung. Wenn es Schauspielerei war, dann sehr gute.

»Sieht nicht so aus, als wäre das die ideale Situation dafür«, sagte Vocis, deren mangelnde Begeisterung für die Schiffsintelligenz deutlich in ihrem Gesicht geschrieben stand.

»Es wird knapp«, räumte Aume ein, immer noch die Ruhe selbst. »Aber es muss sein. Weitere Mitglieder unseres Teams sind dort unten. Ich muss sie retten.«

Vocis hob eine Hand, darin lag der kleine, leuchtende Ball.

»Jemand da unten hat so was?«

»Das ist korrekt. Die Probabilitätsindikatoren suchen sich ihre Ziele mit größter Sorgfalt. Ich bin froh, dass ich rechtzeitig erwacht bin, um sie einzusammeln. Es wäre nicht auszudenken, was geschehen wäre, wenn mein alter Kapitän sie sich geschnappt hätte. Dann wäre alles umsonst gewesen, wofür die Kath sich eingesetzt haben.«

Hamid sah Aume an.

»Eine Erinnerung?«

Die Schiffsintelligenz nickte. In ihrem Gesicht arbeitete es immer noch. Es schien ihr beinahe körperliche Schmerzen zu bereiten. Sie wirkte richtiggehend erschüttert.

»Kath?«, sagte Hamid. »Was haben die denn damit zu tun?«

»Später«, wiegelte Aume ab. »Jetzt müssen wir erst einmal am Kollapsar vorbei.«

»Das geht nicht«, begehrte Kerr ein letztes Mal auf. Egal wie sehr er Aume verfallen war, er hatte sein Gehirn noch nicht vollständig abgeschaltet und Hamid konnte ihm seine Beharrlichkeit nicht verdenken. Ein Kollapsar bedeutete, seit die Kalten aufgetaucht waren, ein Todesurteil und so gut wie nie hatte das Imperium es geschafft, einen zu zerstören. Diese gigantischen Raumschiffe trugen den Tod in sich und das Schicksal, das sie brachten, war unausweichlich. In Hamid wütete der Fluchtreflex genauso stark wie in Kerr. Doch es war völlig egal, wie täuschend ähnlich die Kontrollen hier dem eines herkömmlichen Raumschiffes ähnelten, die einzige und wahre Herrin dieses Schiffes war Aume.

»Das geht«, sagte sie und das Schiff beschleunigte, direkt auf die Welt zu, um die die beiden Schiffe kreisten. »Alles geht.«

Niemand glaubte ihr auch nur ein Wort. Doch sie ließ ihnen keine Wahl.

3

Die Santiago schwebte durch den Raum, alle unnötigen Systeme deaktiviert, den Tarnschirm hochgefahren. Es war dunkel im Schiff, es wurde ein wenig kalt und die meisten Anlagen waren tot. Die Beleuchtung schimmerte rot. Ruhe herrschte, als könne man die Kalten durch ein lautes Wort wecken und anlocken. Eine irrationale Annahme, aber eine nachvollziehbare, denn die Santiago befand sich mitten im von den Kalten beherrschten Weltraum.

Soweit sie ihn »beherrschten«. Was sie aber taten, war, ihn regelmäßig zu durchfliegen, und es war die Aufgabe des Schnellen Monitors Santiago, exakt zu beobachten, wer wohin auf dem Weg war. Das Schiff war Teil des strategischen Frühwarnsystems. Niemand riss sich um diese Aufgabe. Die Überlebenswahrscheinlichkeit betrug je nach Kursvektor zwischen 60 und 70 Prozent für eine Routinemission. Man war ein wenig verrückt, wenn man sich dafür freiwillig meldete – oder einfach nur entbehrlich.

Niemand an Bord der Santiago hatte sich freiwillig gemeldet. Dennoch gab es Stimmen, die Captain Valentijn Heinrichs in der Tat für verrückt hielten, obgleich auch er Einsatzbefehle wie diese eher mit Flüchen und weniger mit Enthusiasmus kommentierte.

Über allem lockte natürlich immer der Große Preis. Wer ihn errang, durfte sich anschließend höchster Ehren sicher sein. Niemand rechnete damit, auf ihn zu treffen, aber man wusste ja nie. Die Ursprungswelt der Kalten, so es denn eine Welt war, kannte keiner. Man wusste, welche Sektoren die Kalten sicher kontrollierten, aber wo genau sie herkamen, das war weiterhin unbekannt. Diesen Ort ausfindig zu machen, das war die stille Hoffnung vieler Besatzungsmitglieder eines jeden Monitors. Ruhm, Ehre, Geld, vorzeitiges Dienstende: Was wollte man mehr?

Auf der Brücke herrschte nur eine gedimmte Beleuchtung. Die Hälfte der Konsolen war tot, die diensthabenden Spezialisten saßen davor, bereit, ihre Arbeit wieder aufzunehmen, sobald der Captain es ihnen erlaubte. Doch Heinrichs hatte keine Absicht, das zu tun. Der neue Schleichmodus war recht effektiv, aber er fluktuierte manchmal. Wenn das geschah, musste der Energieabdruck der Santiago ganz, ganz schwach sein. Das war zu ihrer aller Sicherheit notwendig und deswegen herrschten Dunkelheit, Kälte und Arbeitslosigkeit.

Für manche. Nicht für ihn und die wenigen Offiziere, die vor aktiven Kontrollen saßen, die Augen und Ohren des Monitors. Denn hinausschauen mussten sie, sonst wäre ihre Mission sinnlos. Heinrichs starrte seit einer Stunde auf den schwach glimmenden Ortungsschirm. Der hatte keine Neuigkeiten für ihn. Das war gut, denn es erhöhte die Wahrscheinlichkeit, dass sie diesen Flug überleben würden. Es war aber ebenfalls schlecht, denn es bedeutete, dass die Kalten irgendwo anders Kollapsare bewegten und die Santiago in keiner Position war, das Imperium davor zu warnen. Heinrichs schmales Gesicht mit den leicht hervortretenden Wangenknochen und den großen, fleischigen Ohren war gezeichnet von Müdigkeit und Konzentration. Eine leere Kaffeetasse zeugte von seinem ehrlichen Bemühen, nur handelsübliche Drogen zu sich zu nehmen.

»Wir kommen jetzt zu Sektor VII-45«, sagte sein Erster Offizier leise. Commander Sterling Shibutani stand ein Jahr vor der Pensionierung, ein Mann, der erfolgreich jede Beförderung auf ein eigenständiges Kommando umgangen hatte, und damit nach Auffassung seines Captains der vernünftigste Mann an Bord der Santiago war. Er würde Shibutani vermissen, dem mittlerweile fast alles egal war und der kein Blatt vor den Mund nahm. »Weiterhin nichts.«

»Nächstes Objekt?«, fragte Heinrichs.

»Ein Asteroid, 8000 Klicks. Tot wie wir.«

»Ah, tot, das hoffe ich doch nicht«, wisperte Heinrichs. »Energiespuren?«

»Das übliche Hintergrundrauschen. Hier scheint nichts los zu sein.«

Der Kommandant nickte. Das schien öfters so. Leider kündigten sich Kollapsare immer recht kurzfristig an, und obgleich sie mittlerweile herausgefunden hatten, wie man den wahrscheinlichen Kurs eines Kalten voraussagen konnte, waren sie immer noch verdammt schlecht darin, seine wahrscheinliche Ankunft zu bemerken – außer er kam bereits an, und das war dann meistens eine schlechte Nachricht und dann auch noch zu spät.

Es war die Aufgabe der Santiago, für andere das Risiko solcher Überraschungen zu minimieren. Leider war man selbst dadurch nicht vor ihnen gefeit.

»Wir halten den Kurs«, sagte Heinrichs leise. »Stellt die Lauscherchen auf. Sobald ihr was habt, umschalten auf passive Ortung.«

Es musste nicht noch einmal befohlen werden, aber der Kommandant fühlte sich besser, wenn er es immer wieder betonte. Er lehnte sich in seinem Sessel zurück und nickte dem Ersten Offizier schweigend zu. Sie würden jetzt einige Stunden durch den Leerraum kreuzen und sich die Situation ansehen. Wenn sich nichts tat, mussten sie einen weiteren Hyperraumsprung wagen. Das war der gefährlichste Moment einer solchen Beobachtungsmission, denn das konnten die Kalten orten und oft genug war ein Monitor von einem Kollapsar empfangen worden. Das ging normalerweise nicht gut aus.

Eine gute Stunde verging ohne Zwischenfall, lange genug, sodass sich die Nerven aller etwas beruhigten und einer sogar einen Scherz machte, was von der Besatzung der Brücke als netter Versuch anerkannt wurde. Niemand lachte, das wäre auch etwas zu viel verlangt gewesen.

»Captain, dieser Asteroid …«, sagte dann irgendwann Spezialistin Emily Korff mit ihrer stets vorsichtigen, piepsigen Stimme. Sie war gut in der Interpretation von Ortungsdaten, und wenn sie »dieser« sagte, ließ das bei Heinrichs gemeinhin die Alarmglocken schrillen. Er verließ seinen Sessel und schritt auf sie zu.

»Was gibt es?«

»Captain, mit dem stimmt was nicht. Wir sind jetzt nahe genug ran für die Feinheiten – und die passen nicht zusammen. Vor allem nicht Masse in Relation zur Wärmeabstrahlung.«

»Meinen Sie Wärme, Korff?«

»Sie wissen, was ich meine, Captain.«

Heinrichs konnte rein theoretisch so tun, als wüsste er es nicht, aber Korff diente seit vier Jahren unter ihm und er wäre sich sehr lächerlich vorgekommen. Der Asteroid, fern jeder Sonne, war natürlich nicht zu warm, er war zu kalt. Wenige Nuancen vielleicht nur, weil er hier draußen ja kaum von Sonnenlicht beschienen wurde und aufgrund seiner Größe nur sehr wenig Eigenwärme in seinem Inneren generierte – aber es waren exakt diese Nuancen, auf die Korff achtete, und sie war verdammt gut darin.

»Sterling, eine Sonde«, befahl Heinrichs kurz entschlossen.

»Sonde, Captain. Startbereit in 25 Sekunden, Schleichfahrt, passive Ortung.«

»Nein«, sagte Heinrichs. »Wir sind nahe dran. Wenn wir sie orten, haben sie uns auch entdeckt, denn wir haben sie aktiv abgescannt. Ist doch so, Korff?«

»Bestätige das. Wenn da einer ist, weiß er, dass wir hier sind.«

»Sonde mit vollem Weihnachtsbaum, Sterling.«

»Voller Weihnachtsbaum, bestätige.«

Sie würde heiß reinfliegen und aktiv scannen, und das würde entweder dort Aufsehen erregen oder in der Weite des Leerraums verpuffen. Es war nur eine Sonde.

Sie warteten. Da so wenige Konsolen aktiv waren, mussten viele den Kopf recken. Heinrichs suchte nach jemandem, der ihm frischen Kaffee brachte, doch aus irgendeinem Grunde war keiner in der Nähe. Ein sanfter Piepston erklang. So unschuldig. Heinrichs aber war wie elektrisiert.

»Korff«, sagte er heiser.

»Melde multiple Kontakte. Kollapsare, alle auf dem Asteroiden verankert … verdammt, übereinander sogar! Energetisch tot, aber absolut unbeschädigt. Das ist ein Kollapsar-Trägerasteroid.«

»So etwas gibt es nicht«, sagte Shibutani, der immer großen Wert auf exakte Klassifikationen legte. Korff war lange genug dabei, um von dieser Zurechtweisung unbeeindruckt zu bleiben. Sie verzog nicht einmal das Gesicht.

»Jetzt gibt es ihn doch. Relativistische Geschwindigkeit nützt dem Ding aber gar nichts. Da steckt noch mehr dahinter«, erwiderte Heinrichs. »Korff, wie viele?«

»Sonde zählt 43. 44. Ja, 44 Kollapsare.«

Einer reichte schon, um ein System des Imperiums anzugreifen und zu erobern – oder zumindest richtig unter den Verteidigern aufzuräumen. Noch nie hatte das Imperium zwei oder gar mehr Kollapsare gleichzeitig operieren sehen, das war schlicht nie nötig gewesen. 44 … Heinrichs hatte gar nicht gewusst, dass so viele existieren. Genau gesagt, musste es sogar noch viel mehr geben, denn es flogen genug einzelne Einheiten in der Galaxis herum. War es eine Art Lagerstätte, ein Wartebereich?

»Sir, Captain«, verlangte Korff nach seiner Aufmerksamkeit. »Die Sonde gibt mir Hinweise auf Steuerelemente auf dem Asteroiden sowie auf eine große Generatorspindel im Bereich des Südpols. Den habe ich so definiert. Macht es einfacher.«

»Generatorspindel zum Zwecke … von was?«, fragte Shibutani, aber es war ihm anzusehen, dass er die Antwort nicht nur ahnte, sondern gleichermaßen fürchtete. Sein dunkles Gesicht mit dem mattschwarzen Haar, das dermaßen exakt scharf auf Kante geschnitten war, dass man sich vom bloßen Hinsehen bereits daran verletzen konnte, war normalerweise nur schwer zu lesen. Aber diese Erkundungsmissionen zerrten am besten Nervenkostüm.

»Kollapsar-Trägerasteroid«, sprach Korff ein weiteres Mal das Bandwurmwort mit großer Gelassenheit aus. »Das Ding kann Hyperraum.«

»Ich wäre wirklich, wirklich für eine technisch etwas anspruchsvollere Ausdrucksweise dankbar«, zischte Shibutani gereizt. Er war gar nicht wütend auf die Spezialistin, die eine sanfte Andeutung eines Schulterzuckens als Antwort produzierte. Er wollte nur die Wahrheit nicht hören. Das wollte Heinrichs auch nicht. Aber sie war da, unübersehbar, und sie war schmerzhaft.

Ein Glück, dass sie das Ding gefunden hatten. Jetzt mussten sie nur noch herausfinden, wo es eigentlich hinwollte.

»Wir gehen näher ran!«, sagte Heinrichs, etwas ungläubig, als wolle er nicht wahrhaben, was er gerade selbst geäußert hatte. Er winkte dem diensthabenden Navigator. Der Mann wirkte ähnlich unglücklich, er hatte aber, genauso wie Heinrichs, keine Wahl.

Sie gingen also näher ran.

4

Hephos weckte Thasri, indem er sie heftig am Arm zog. Sie öffnete die Augen, wirkte für einen kurzen Moment orientierungslos, dann sah sie sich um, ihr Blick klärte sich und sie richtete sich auf. Sie fühlte einen widerwärtigen Geschmack im Mund, was nicht zuletzt darauf zurückzuführen war, dass sie ihre Mundhygiene in den letzten Tagen sträflich vernachlässigt hatte. Dafür gab es ein Bonbon, das ihr die Illusion von Frische und Sauberkeit gab und auf dem sie sofort enthusiastisch herumkaute. Hephos machte einen ähnlich zerknitterten Eindruck wie sie. Keiner bekam hier ausreichend Schlaf, und wenn man denn Ruhe fand, war sie meist … unruhig.

»Was ist?«

»Nachricht von der Vindicator. Ich befürchte, es sind schlechte Neuigkeiten. Ich soll Sie sofort holen.«

Das war nicht das, was sie in ihrem momentanen Geisteszustand hören wollte, doch darum hatte sich das Schicksal noch nie gekümmert. Während sie Anstalten machte, Hephos zu folgen, griff Thasri nach einem Reinigungstuch aus ihrer Tasche und fuhr sich mit dem angenehm duftenden Stoff über das Gesicht. Ihre müde Haut brannte unter dem Reinigungsalkohol und sie hustete kurz, als sie die Dämpfe einatmete. Dies war Militärausrüstung und daher nichts für Weicheier. Der Parfumzusatz war die einzige Verneigung vor der Tatsache, dass niemand gerne direkt nach dem Aufwachen nach Alkohol roch.

Sie kam an der Funkstation an, als die anderen sich dort bereits versammelt hatten. Imanez sah sie an, als wolle er ihr Vorwürfe machen, dass sie geschlafen hatte, anstatt diesen wichtigen Ruf vorherzusehen. Doch sie war nicht die Einzige, die ihn aus verklebten Augen erwartungsvoll anblickte, und anstatt viel zu sagen, verteilte Thasri Reinigungstücher, wo sie die Anwendung derselben für geboten hielt. Sie wurden dankbar und anerkennend entgegengenommen, sogar von Imanez, der die kleine Geste mit der Andeutung eines Lächelns quittierte.

»Nur Audio«, sagte Kolic, der die Anlage bediente. Thasri beugte sich nach vorne. Es rauschte aus dem Empfänger. Ein Kollapsar hatte die Angewohnheit, manchmal die Funkverbindungen zu beeinträchtigen. Funktechniker nannten das respektlos den »kalten Pups«.

»Hier ist Dr. Thasri«, sagte sie mit belegter Stimme. »Ich höre.«

»Doktor, wir haben Besuch«, drang die klare Stimme von Captain Edna Ildiz aus dem Lautsprecher. »Nein, kein Schiff der Kalten und keine Militäreinheit von uns. Ein Frachter, Standardausführung, aber ohne Transpondersignal. Ist das eine Idee von Direktor Kalebonian?«

Nicht, dass das eine abwegige Frage wäre.

»Davon ist mir nichts bekannt. Zuzutrauen ist ihm aber alles.«

Aus dem Empfänger kam ein abfälliges Schnaufen.

»Das Schiff scheint unbewaffnet, reagiert aber nicht auf meine Rufe. Es nimmt direkten Kurs auf uns. Wir halten uns derzeit noch den Kollapsar vom Leib, aber wir können nicht auch noch einen irren Frachterpiloten beschützen. Hören Sie, Agentin? Ich werde mein Schiff nicht für einen unangekündigten Wahnsinnigen aufs Spiel setzen. Ich möchte, dass Sie mir hier freie Hand geben.«

Ildiz wollte sich absichern und Thasri nahm es ihr wahrlich nicht übel. Sie wusste von nichts und sie würde die Kommandantin nicht in eine unhaltbare Situation bringen – und wenn Kalebonian selbst in der Kiste saß und nur mal nach dem Rechten sehen wollte.

»Ich kann Ihnen keine Ratschläge geben, Captain. Sie tun, was Sie für richtig halten. Ich verpflichte Sie zu nichts. Sie kommandieren die Vindicator, nicht ich.«

Sie hörte Ildiz freudlos auflachen. »Dr. Thasri, es gibt noch etwas. Ich würde den Idioten ja in den Tod fliegen lassen, aber der interessante Aspekt hier ist die Tatsache, dass der Kollapsar auf ihn noch nicht reagiert hat. Normalerweise schicken die Kalten bei multiplen Bedrohungsszenarien Beiboote, die sich um die schwächeren Gegner kümmern. Der Kollapsar tut nichts dergleichen. Er ignoriert den Frachter.«

»Das … ist ungewöhnlich.« Thasri schaute rasch in die Runde, aber niemand schien mit einer hilfreichen Erkenntnis gesegnet zu sein. »Wir wissen da auch nichts.«

»Der Frachter enthält also keine Superwaffe des Geheimdienstes, die den Krieg wendet, das Imperium rettet und mir und meiner Mannschaft bei der Gelegenheit eine Auszeichnung und einen Bonus verschafft, damit wir den Mund halten?«

Thasri mochte pragmatische und loyale Schiffsoffiziere. Sie lächelte, obgleich Ildiz das nicht sehen konnte.

»Wenn, dann hat mir niemand etwas davon erzählt. Es bleibt, wie ich es sagte: Sie entscheiden, Captain.«

»Ich halte sie auf dem Laufenden, Doktor. Ziehen Sie alle weiterhin den Kopf ein. Es kann aber sein, dass wir schnell verschwinden müssen. Ich bin mir sehr unsicher, ob wir Sie alle abholen können, Doktor.«

»Das ist uns bewusst. Wenn Sie fort sind, nehmen wir es Ihnen nicht übel, Captain.«

»Das beruhigt mich ungemein.«

Ildiz beendete die Verbindung, ehe Thasri auch nur ein weiteres Wort sagen konnte. Vor allem hatte sie ihren eigenen Bericht noch gar nicht in den Orbit gesendet. Hätte sie nicht zumindest von dem lebenden Kath erzählen sollen? Wahrscheinlich besser nicht. Die Kommandantin hatte ihre eigenen Sorgen und eine Anforderung zusätzlicher Ausrüstung konnte sie ohnehin nicht erfüllen. Sie würden mit dem arbeiten müssen, was sie hatten.

Was genau hatten sie? Thasri richtete sich auf, plötzlich mit einem sehr nachdenklichen Gesichtsausdruck. Imanez merkte das sofort und er sah sie auffordernd an. Es war klar, dass er Anweisungen erwartete, und er war nicht der Einzige. Verantwortung war nichts, was sich leicht trug, und Thasri wusste, warum sie diese Last jahrelang vermieden hatte, wo sie nur konnte. Diese Option blieb ihr leider nicht mehr. Sie spürte den charakteristischen, wenngleich imaginären Druck jetzt, wo sie richtig wach war, sehr lebhaft. Eine Last, die sie gehofft hatte, für immer abzustreifen. Welch ein Irrtum!

Entscheidungen. Sie hatte die notwendigen Überlegungen bereits angestellt, schon lange. Es war Zeit, damit herauszurücken. Eine Frage war aber noch zu klären. Eine Sache brauchte sie. Wenn sie jetzt danach verlangte, gab es kein Zurück mehr.

Also gut, dachte sie. Also gut.

»Die Ausrüstung oben im Camp«, sagte sie unvermittelt zu Imanez. »Gab es da einen Autodoc?«

Der Sergeant runzelte kurz nachdenklich die Stirn. »Es gab ein Lazarettzelt, daran besteht kein Zweifel. Ich habe nicht reingeschaut … Moment. Stevens!«

Ein Soldat tauchte sofort neben ihnen auf, einer von Imanez’ Männern.

»Sergeant.«

»Stevens, im Lazarettzelt oben, gibt es da einen Autodoc?«

»Ja, Sir. Neuestes Modell, gerade ausgepackt.«