Aurora oder Morgenröte im Aufgang - Jakob Böhme - E-Book

Aurora oder Morgenröte im Aufgang E-Book

Jakob Böhme

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Beschreibung

Als "eine Wundererscheinung in der Geschichte der Menschheit und besonders in der Geschichte des Geistes", so begrüßt bereits der Philosoph Schelling den Görlitzer Mystiker und Theosophen Jakob Böhme(1575-1624). Aufmerksamkeit erlangte der als schlichter Schuhmacher tätige, von inneren Gesichten heimgesuchte und durch ein umfangreiches literarisches Werk bekannt geworden naturphilosophische Autor. Wie ein aufrüttelnder Weckruf wirkte Böhmes berühmtes Erstlingswerk "Aurora oder Morgenröte im Aufgang". Es ist die Stimme eines Ergriffenen, der die Tiefe der Gottheit inmitten der Natur und ihren Kräften erfährt. Am Anfang eines lebenslangen spirituellen Prozesses steht das Initialerlebnis seiner Erleuchtung, das er im 19. Kapitel mit tastenden Worten zu schildern versucht. Die vorliegende Ausgabe bietet den vollständigen, 1612 niedergeschriebenen, bald begeistert aufgenommenen, bald von kirchlicher Obrigkeit umstrittenen Text, in einer behutsam, dem heutigen Lesebedürfnis angenäherten Form. Eine Besonderheit besteht darin, dass Gerhard Wehr als Biograph und Herausgeber Böhmes jedem Kapitel einen erläuternden Kommentar voranstellt. Zusätzliche Anmerkungen und Literaturhinweise vervollständigen diese Ausgabe. Sie eröffnet das faszinierende Gesamtwerk Jakob Böhmes.

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JAKOB BÖHME

(1575–1624) war von Beruf Schumacher. Nach mehreren mystischen Erfahrungen verfasst er ohne theologische Vorkenntnisse sein Erstlingswerk Aurora und wird von seinen Gegnern daraufhin der Häresie bezichtigt. Jakob Böhme beeinflusste, obwohl stets von der Kirche bedroht, die deutsche Geistesgeschichte durch sein umfangreiches Werk nachhaltig.

DR. THEOL. H.C. GERHARD WEHR,

geb. 1931 in Schweinfurt/Main. Nach langjähriger Tätigkeit auf verschiedenen Feldern der Diakonie und der Erwachsenenbildung – zuletzt als Lehrbeauftragter an der Fachakademie für Sozialpädagogik in Rummelsberg/Nürnberg – arbeitet er als freier Schriftsteller in Schwarzenbruck bei Nürnberg. Im marixverlag sind von ihm bereits erschienen: Jakob Böhme, Ursprung, Wirkung, Textauswahl und in der von ihm herausgegebenen Mystiker-Reihe der Band Jakob Böhme, Textauswahl und Kommentar.

Zum Buch

„Der Schuster Jakob Böhme war ein großer Philosoph. Manche Philosophen von Ruf sind nur große Schuster.“

Karl Marx

Wie ein aufrüttelnder Weckruf wirkte Böhmes berühmtes Erstlingswerk Aurora oder Morgenröte im Aufgang. Es ist die Stimme eines Ergriffenen, der die Tiefe der Gottheit inmitten der Natur und ihren Kräften erfährt. Am Anfang eines lebenslangen spirituellen Prozesses steht das Initialerlebnis seiner Erleuchtung, das er im 19. Kapitel mit tastenden Worten zu schildern versucht.

Als „eine Wundererscheinung in der Geschichte der Menschheit und besonders in der Geschichte des deutschen Geistes“, so begrüßt bereits der Philosoph Schelling den Görlitzer Mystiker und Theosophen Jakob Böhme (1575 – 1624). Aufmerksamkeit erlangte der als schlichter Schuhmacher tätige, von inneren Gesichten heimgesuchte und durch ein umfangreiches literarisches Werk bekannt gewordene naturphilosophische Autor.

Die vorliegende Ausgabe bietet den vollständigen, 1612 niedergeschriebenen, bald begeistert aufgenommenen, bald von kirchlicher Obrigkeit umstrittenen Text, in einer behutsam, dem heutigen Lesebedürfnis angenäherten Form. Eine Besonderheit besteht darin, dass Gerhard Wehr als Biograph und Herausgeber Böhmes jedem Kapitel einen erläuternden Kommentar voranstellt. Zusätzliche Anmerkungen und Literaturhinweise vervollständigen diese Ausgabe. Sie eröffnet das faszinierende Gesamtwerk Jakob Böhmes.

Jakob Böhme

Aurora

Jakob Böhme

Aurora

oder Morgenröte im Aufgang

Herausgegeben vonGerhard Wehr

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://dnb.d-nb.de abrufbar.

Es ist nicht gestattet, Abbildungen und Texte dieses Buches zu scannen, in PCs oder auf CDs zu speichern oder mit Computern zu verändern oder einzeln oder zusammen mit anderen Bildvorlagen zu manipulieren, es sei denn mit schriftlicher Genehmigung des Verlages.

Alle Rechte vorbehalten

Copyright © by marixverlag GmbH, Wiesbaden 2013

Der Text basiert auf der Ausgabe marixverlag, Wiesbaden 2013

Der Text wurde behutsam revidiert nach der Gesamtausgabe 1730

Lektorat: Dr. Bruno Kern, Mainz

Covergestaltung: Nicole Ehlers, marixverlag GmbH

Bildnachweis: Abbildung aus der englischen Werkausgabe

Jakob Böhmes 1764-1781 (Illustration von Dionysius Andreas Fischer)

eBook-Bearbeitung: Bookwire GmbH, Frankfurt am Main

ISBN: 978-3-8438-0331-1

www.marixverlag.de

Inhalt

Vorwort

Jakob Böhme und sein Erstlingswerk

Einführung

Kommentar

Aurora oder Morgenröte im Aufgang

Vorrede des Autoris

Von Erforschung des göttlichen Wesens in der Natur

Das I. Kapitel

Von beiden Qualitäten

Von der Kälte Qualifizierung

Von der Luft und des Wassers Qualifizierung

Von den Einflüssen der andern Qualitäten in die drei Elementa: Feuer, Luft und Wasser

Anleitung, wie man das göttliche und natürliche Wesen betrachten soll

Das II. Kapitel

Von der Sonnen Qualität

Von der hochgebenedeiten triumphierenden Heiligen, Heiligen, Heiligen Dreifaltigkeit, Gott Vater, Sohn, Heiliger Geist, einiger Gott

Das III. Kapitel

Von Gott dem Vater

Von der Substanz und Eigenschaft des Vaters

Von Gott dem Sohne

Von Gott dem Hl. Geist

Von der Heiligen Dreifaltigkeit

Von Erschaffung der heiligen Engel – Eine Anweisung oder offene Porte des Himmels

Das IV. Kapitel

Von der göttlichen Qualität

Von Erschaffung der Engel

Von der körperlichen Substanz, Wesen und Eigentum eines Engels

Das V. Kapitel

Von der Qualifizierung eines Engels

Wie ein Engel und Mensch Gottes Gleichnis und Bild sei

Das VI. Kapitel

Vom Maule

Von der holdseligen und freudenreichen Liebe der Engel gegen Gott, aus rechtem Grunde

Von dem Revier, Ort, Wohnung sowohl von dem Regiment der Engel, wie es am Anfang gestanden ist nach der Schöpfung und wie es also worden ist

Das VII. Kapitel

Von den Nativitäten der englischen Könige, wie die worden sind

Von dem Grund und Geheimnis

Von dem ganzen Corpus eines englischen Königreichs; die große Geheimnis

Das VIII. Kapitel

Von der andern Umstände oder Species

Von der dritten Umstände oder Species

Von der vierten Umstände oder Species

Von der fünften Umstände oder Species

Von der holdseligen, freundlichen und barmherzigen Liebe Gottes

Das IX. Kapitel

Die große himmlische und göttliche Geheimnis

Von der freundlichen Liebe, Holdseligkeit und Einigkeit dieser fünf Quellgeister Gottes

Von dem sechsten Quellgeist in der göttlichen Kraft

Das X. Kapitel

Nun merke hie weiter vom Marcurio, Ton oder Schalle

Von dem siebenten Quellgeist in der göttlichen Kraft

Das XI. Kapitel

Von der göttlichen und himmlischen Natur, Wirkung und Eigenschaft

Von der hl. Engel Geburt und Ankunft, sowohl von ihrem Regiment, Ordnung und himmlischen Freudenleben

Das XII. Kapitel

Von der englischen Freude

Von der ganzen himmlischen Wonne aller drei Königreiche der Engel

Von dem königlichen Primat oder Gewalt der drei englischen Könige

Von der großen Herrlichkeit und Schönheit der drei englischen Könige

Von dem Könige oder Großfürsten Michael

Von dem andern Könige, Luzifer itzo genannt, um seines Falles willen

Von seiner Erschaffung

Von dem dritten englischen Könige, Uri-El genannt

Von der wunderlichen Proporz, Veränderung und Aufsteigen der Qualitäten in der himmlischen Natur

Von dem erschrecklichen, kläglichen und elenden Falle des Königreichs Luzifers

Das XIII. Kapitel

Die rechte Geburt Gottes

Von der herrlichen Geburt und Schönheit des Königs Luzifer

Von dem erschrecklichen hoffärtigen und nunmehr kläglichen Anfang der Sünden, die höchste Tiefe

Der Sünden Quellader

Wie Luzifer, der schönste Engel im Himmel, ist der gräulichste Teufel geworden – Das Haus der Mordgruben

Das XIV. Kapitel

Die wunderliche Offenbarung

Von dem Falle aller seiner Engel

Von den großen Sünden und Widerwillen und dazu ewiger Feindschaft des Königs Luzifer mit seinem ganzen Heere wider Gott

Von der ersten Species

Von der andern Species oder Geist der Sünden Anfang im Luzifer

Die höchste Tiefe

Von der dritten Species oder Gestalt der Sünden Anfang im Luzifer

Das XV. Kapitel

Von der vierten Species oder Gestalt der Sünden Anfang im Luzifer

Von der fünften Species oder Gestalt der Sünden Anfang im Luzifer und seinen Engeln

Von der sechsten Species oder Gestalt der Sünden Anfang im Luzifer und seinen Engeln

Von der siebten Species oder Gestalt der Sünden Anfang im Luzifer und seinen Engeln

Das XVI. Kapitel

Von der erschrecklichen, kläglichen und elenden Verderbung des Luzifer in dem siebenten Naturgeist – Das Trauerhaus des Todes

Von der Anzündung des Zornfeuers

Von der Hoffart, dem ersten Sohn

Von dem andern Sohn, dem Geize

Der dritte Sohn ist der Neid

Der vierte Sohn ist der Zorn

Die endliche Kondemnation

Von dem endlichen Streite und Verstoßung des Königs Luzifer samt aller seiner Engel

Von dem kläglichen und elenden Zustande der verderbten Natur und Ursprung der vier Elementen anstatt der hl. Regierung Gottes

Das XVII. Kapitel

Von der Schöpfung Himmels und Erden und des ersten Tages

Das XVIII. Kapitel

Von der Schöpfung des Lichtes in dieser Welt

Von dem erschaffenen Himmel und der Gestalt der Erden und des Wassers, sowohl von dem Lichte und Finsternis

Das XIX. Kapitel

Von der Gestalt der Erden

Vom Tag und Nacht

Vom Tage

Von der Nacht

Von dem andern Tage

Das XX. Kapitel

Die Porten der Geheimnis

Die Porten der Gottheit

Die heilige Porten

Von dem dritten Tage

Das XXI. Kapitel

Die freudenreiche Porten der Menschen

Die Porten der Kraft

Die offene Porten der Erden

Von den sieben Geistern Gottes und ihrer Wirkung in der Erden

Die Tiefe im Centro der Geburt

Die Tiefe im Zirkel der Geburt

Von der Geburt der Sternen und Schöpfung des vierten Tages

Das XXII. Kapitel

Von der Erden

Die Tiefe

Die Gewächse der Erden

Von den Metallen in der Erden

Von der Tiefe über der Erden

Das XXIII. Kapitel

Von der siderischen Geburt und Geburt Gottes

Die Porten der Heiligen Dreifaltigkeit

Von der großen Einfältigkeit Gottes

Von der Zusammenkorporierung der Sternen

Das XXIV. Kapitel

Von dem ganzen Leibe der Sternengeburt, das ist die ganze Astrologia oder der ganze Leib dieser Welt

Das XXV. Kapitel

Von der Anzündung des Herzens oder Lebens dieser Welt

Der höchste Grund der Sonnen und aller Planeten

Die rechte Geburt und Herkommen der Sonnen und Planeten

Von dem Planeten Mars

Von dem Planeten Jupiter

Von dem Planeten Saturno

Das XXVI. Kapitel

Von dem Planeten Venus

Porten der Liebe

Von dem Planeten Marcurius

Das Centrum oder Zirkel des Lebens Geburt – Die große Tiefe

Vom Menschen und Sternen

Die Tiefe im Centro

Beschluss des Autoris – Epist. 10,38

Literaturhinweise

Vorwort

Wer heute nach der Unmittelbarkeit spiritueller Erfahrung fragt, der kann an den Zeugnissen jener nicht vorübergehen, die die Erlebnisse und Ergebnisse ihres Schauens aufgezeichnet haben und einen Weg geistig-religiöser Erkenntnis zu zeigen vermögen. Jakob Böhmes erstes Werk Morgenröte im Aufgang – genannt Aurora – gehört zu den wesentlichen Dokumenten dieser Art.

Diese vollständige und kommentierte Ausgabe erfolgt auf der Basis der zuverlässigen Gesamtausgabe von 1730. Zum Vergleich sind von Fall zu Fall Böhmes Urschriften (vgl. Literaturhinweise) herangezogen worden. Rechtschreibung und Zeichensetzung sind heutigen Gepflogenheiten angepasst. Um erläuternde Eingriffe in den Text zu vermeiden, waren Fußnoten unerlässlich. Während die Bibelstellen im Text bereits der Vorlage zu entnehmen sind, hat der Herausgeber weitere in den Anmerkungen notiert, um zu zeigen, in welch hohem Maß Böhme in biblischen Bildern und Vorstellungen gelebt hat. Die Kenntnis der vom Autor nicht eigens genannten alt- und neutestamentlichen Bezüge trägt gewiss zum Verständnis der Aurora wie auch aller seiner weiteren Schriften bei. Auf ergänzende Böhme-Literatur wird im Anhang verwiesen. In einem größeren Zusammenhang wird Leben, Schaffen und vor allem die Wirkung Jakob Böhmes in Jakob Böhme – Ursprung, Wirkung, Textauswahl (Marixverlag, Wiesbaden 2010) behandelt. Die vorliegende Ausgabe und alle sonstigen zur Veröffentlichung vorgesehenen Hauptwerke des Görlitzer Meisters treten – in durchgesehener bzw. aktualisierter Form – an die Stelle der früheren Freiburger Studienausgabe (1975 ff).

Gewidmet ist auch dieses Buch all jenen, die sich von Jakob Böhme sagen lassen: „Uns Menschen in dieser Welt ist daran am meisten gelegen, dass wir das Verlorene wieder suchen. So wir nun wollen suchen, so müssen wir nicht außer uns suchen!“

Gerhard Wehr

Jakob Böhme und sein Erstlingswerk

Einführung

Jakob Böhme (1575–1624), von dem Philosophen Schelling als eine „Wundererscheinung in der Geschichte der Menschheit und besonders in der Geschichte des deutschen Geistes“ begrüßt, ist wohl der bedeutendste nachreformatorische Mystiker und Theosoph. Er, der schlichte Schuster, gehört in die Schar der großen Erleuchteten, die einen tiefen Einblick in den Geheimniszusammenhang von Gott, Welt und Mensch gewonnen haben.1

In seinem Werk Morgenröte im Aufgang – später Aurora betitelt – hat Böhme zum ersten Mal die Fülle seiner Gesichte ausgebreitet. Hier legt er auch von dem einzigartigen geistigen Durchbruchserlebnis Rechenschaft ab, dem er sein Schauen und Gestalten verdankt. Selten hat ein Werk der mitteleuropäischen Geistesgeschichte eine so tiefgehende und nachhaltige Wirkung ausgeübt wie Böhmes Aurora. Sie verdankt ihre Entstehung weder bloßer philosophischer Reflexion noch der zu Böhmes Lebzeiten aufblühenden modernen naturwissenschaftlichen Forschung. Ebenso wenig ist das Buch samt dem darauf aufbauenden literarischen Schaffen seines Autors als eine theologische Besinnung zu verstehen. Dass er ein kenntnisreicher Bibelleser ist, beweisen nicht nur die zahlreichen Bibelstellen in seinen Texten, sondern die noch zahlreicheren Anspielungen, Bilder, Vergleiche, die der alt- und neutestamentlichen Überlieferung entnommen sind. Schon deshalb ist es wünschenswert, wenigstens die wichtigsten biblischen Bezüge dem heutigen Leser anzuzeigen.

So gesehen stellt die Bibel zweifellos eine wichtige Quelle dar. Sie tritt ganz offen zutage. Wesentlich schwieriger ist es schon, wenn man an die Bestimmung anderer Einflüsse auf Böhme herangeht. Er selbst gibt zu, dass er schon vor der Niederschrift seines Erstlings „viel hoher Meister Schriften“ (10,27) gelesen hat. Auch bedient er sich deren Sprache. Grundvorstellungen der Naturphilosophie, wie sie zu Beginn der Neuzeit bekannt waren, sind auch dem Verfasser der Aurora geläufig. Wir haben insbesondere an das Werk des Paracelsus und seiner Schule zu denken. Es ist nachgewiesen, dass auch in Schlesien paracelsische Studien getrieben, Paracelsus-Texte kopiert worden sind und dass Böhme mit naturphilosophisch Gebildeten zusammenkam. Den Ehrentitel Philosophus teutonicus (deutscher Philosoph) verdankt der Görlitzer Schuster einem seiner gebildeten Freunde, Dr. Balthasar Walther. Zweifellos ist Böhme sodann mit dem spiritualistischen Gedankengut seiner schlesischen Landsleute, Kaspar Schwenckfeld und Valentin Weigel, in Berührung gekommen. Beide haben aus religiöser Innenerfahrung geschöpft. Schwenckfeldianer gehörten zu den ersten Empfängern der Aurora-Handschrift. So ist es zumindest sehr wahrscheinlich, dass Böhme schon vor deren Abfassung mit derartigen Vertretern in Verbindung gestanden hat. Zu den Grundvorstellungen spätmittelalterlicher Naturphilosophie und Theosophie gehörten nicht zuletzt solche der Alchimie und der jüdischen Kabbala, wobei Alchimie nicht einfach mit fragwürdiger Goldmacherei verwechselt werden darf. Sie stellt so etwas wie einen Erkenntnisweg dar, auf dem neben mystischen Zielsetzungen auch versucht wurde, in die Geheimnisse der stofflichen Welt einzudringen. Wir haben es demnach mit einer spirituellen Naturforschung zu tun, die sich an Qualitäten orientiert und die im Kosmos tiefsinnige Entsprechungen zwischen Unten und Oben, zwischen dem Mikrokosmos Mensch und dem Makrokosmos Welt aufzudecken weiß.

So steht Jakob Böhme zweifellos in einer großen Tradition, wenngleich stichhaltige Einzelnachweise literarischer Abhängigkeit bisher kaum gelungen sind. Solche Nachweise wären gewiss interessant. Von ausschlaggebender Wichtigkeit sind sie jedoch nicht. Es ist keineswegs so, dass der Autor der Aurora lediglich eine Summe von biblischer, mystisch-theosophischer und naturphilosophischer Überlieferung mehr oder weniger geschickt zusammenfügt. Seine „Quelle“ ist ganz anderer Art. Sie verleiht ihm eine Originalität, die ihn letztlich unabhängig macht von den Autoritäten an den Hohen Schulen. Sein eigentlicher Lehrmeister ist der ihn ergreifende, erleuchtende, schließlich auch zum literarischen Zeugnis drängende Geist. Darüber lässt er auch seine heutigen Leser nicht im Zweifel. Deshalb wird er nicht müde, sich auf die ihm zuteil gewordene Schau zu berufen. Seine eigentümliche Erkenntnis wurde ihm nicht auf dem Weg einer allmählichen Entwicklung geschenkt. Sie ist vielmehr ein unvermitteltes, geradezu blitzartiges Ereignis von überwältigender, die Fundamente der Existenz erschütternder Wucht. Letztlich lässt sich das Erlebte dieser Art nicht beschreiben. Es entzieht sich der Schilderung. Und doch verspürt der Seher den „starken Trieb“, das Erfahrene aufzuschreiben, das innen Geschaute zumindest im Gleichnis und mit den Mitteln der Analogie anzudeuten.

Ob es gelingt – bei Böhme oder bei anderen, die einer echten Geistberührung gewürdigt worden sind –, das hängt gar nicht so sehr von dem literarischen Geschick des jeweiligen Verfassers ab, sondern in einem nicht zu unterschätzenden Maß von der spirituellen Empfänglichkeit des Lesers. Das hat nichts mit einem doch an der Oberfläche bleibenden „Einfühlungsvermögen“ zu tun, wohl aber damit, dass der Empfänger eines solchen Zeugnisses selbst die dafür nötigen Voraussetzungen mitbringt: geistig-religiöse Eigenerfahrung, jedenfalls aber die Bereitschaft und die Fähigkeit, das Mitgeteilte unvoreingenommen, vorurteilsfrei entgegenzunehmen und auf sich wirken zu lassen. Dem Bedürfnis nach einer die menschliche Ratio in jeder Hinsicht zufriedenstellenden „Erklärung“ wird zwar kaum zu entsprechen sein. Es besteht jedoch eine Aussicht, dass sich da und dort eine Tür des Verständnisses öffnet, eine Tür, die einen Zugang zur Dimension des Spirituellen gestattet.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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