Babette postfaktisch II - Tobias Schlosser - E-Book

Babette postfaktisch II E-Book

Tobias Schlosser

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Beschreibung

"Der Spaß hat jetzt aber einmal ein Ende! Jetzt ist Ruhe, ihr Distelkinder! Und du, Lisbeth, zieh dir gefälligst etwas Anständiges an!" /// "Mein Name ist Martina!" /// "Das ist mir scheißegal!" *** Tipps und Tricks für mehr Unglück und Unzufriedenheit! *** Auch im zweiten Teil von Babette postfaktisch zieht die liebenswert-schrullige Rentnerin Babette alle Register, um sich und ihre Lieben vor Unheil zu bewahren. Durch intuitive Eingebungen und schnelle Internetrecherchen kommt Babette mit hitzköpfigen Übersprungshandlungen allen Übeltätern auf die Schliche und beweist wieder einmal allen, dass sie eine allwissende Expertin für alles ist! /// ADHS im Rentenalter! /// Jeder kennt eine Babette. /// *** /// Auch im zweiten Teil von Babette postfaktisch zieht die rüstige Rentnerin alle Register, um sich und ihre Lieben vor Unheil zu bewahren. In diesem Band verübt ein unbekannter Täter Giftanschläge in Babettes Nachbarschaft, just da zwei mysteriöse Männer unweit eingezogen sind. Ob es da einen Zusammenhang gibt? Ferner muss Babette gegen alltägliche Absurditäten kämpfen, seien es radikale Feministinnen, die auf einem Wet-T-Shirt-Contest für Furore sorgen, Proteste auf Wahlkampfveranstaltungen der Neuesten Preußen, die finanzielle Ausbeutung ihres Bruders durch seine neue Liebschaft oder völlig willkürlich agierende Fahrkartenkontrolleure. Nicht einmal in ihrem Urlaub kann Babette Entspannung finden, denn dort kommt sie einer globalen Verschwörung auf die Spur. Trotz aller Turbulenzen kommt auch die Liebe nicht zu kurz. Gleich zwei Männer ziehen Babettes Aufmerksamkeit auf sich: der liebe Nachbar Waldemar, den Babette noch immer aus den Fängen seiner grenzdebilen Ehefrau Waldtraut zu befreien versucht, und die neue Bekanntschaft Waldfried, der dank eines mysteriösen Tees zu unvorstellbarem Reichtum gekommen ist. Mit gewohnt absurder Komik und makabrem Humor münden die Ereignisse in einem fulminanten Finale, das jedes Staffelende von "Lucifer" verblassen lässt! *** Über Babette postfaktisch II schrieb DP Rick: "Die neuen Geschichten von Babette sind einfach nur geil. Wenn sie in Lack und Leder gekleidet wären, würde ich sie alle f*****!"

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Inhalt

Auch im zweiten Teil von Babette postfaktisch zieht die rüstige Rentnerin alle Register, um sich und ihre Lieben vor Unheil zu bewahren. In diesem Band verübt ein unbekannter Täter Giftanschläge in Babettes Nachbarschaft, just da zwei mysteriöse Männer unweit eingezogen sind. Ob es da einen Zusammenhang gibt?

Ferner muss Babette gegen alltägliche Absurditäten kämpfen, seien es radikale Feministinnen, die auf einem Wet-T-Shirt-Contest für Furore sorgen, Proteste auf Wahlkampfveranstaltungen der Neuesten Preußen, die finanzielle Ausbeutung ihres Bruders durch seine neue Liebschaft oder völlig willkürlich agierende Fahrkartenkontrolleure. Nicht einmal in ihrem Urlaub kann Babette Entspannung finden, denn dort kommt sie einer globalen Verschwörung auf die Spur.

Trotz aller Turbulenzen kommt auch die Liebe nicht zu kurz. Gleich zwei Männer ziehen Babettes Aufmerksamkeit auf sich: der liebe Nachbar Waldemar, den Babette noch immer aus den Fängen seiner grenzdebilen Ehefrau Waldtraut zu befreien versucht, und die neue Bekanntschaft Waldfried, der dank eines mysteriösen Tees zu unvorstellbarem Reichtum gekommen ist.

Mit gewohnt absurder Komik und makabrem Humor münden die Ereignisse in einem fulminanten Finale, das jedes Staffelende von Lucifer verblassen lässt!

Über Babette postfaktisch Ⅱ schrieb DP Rick:

„Die neuen Geschichten von Babette sind einfach nur geil! Wenn sie in Lack und Leder gekleidet wären, würde ich sie alle f*****!“

Tobias Schlosser, Jahrgang 1985, hat sich in seinem Leben oft gelangweilt und daher Reisen nach Australien, Neuseeland, Indien, Kuba und Kanada unternommen, u.a. als Buchhalter, Barkeeper, Lehrer, Coach und wissenschaftlicher Mitarbeiter gearbeitet, einen Doktortitel über kanadische Geistergeschichten erworben, forscht zur literarischen Rezeption von Jacob Böhme und er beendet gerade ein Psychologiestudium. Er dachte, er liebt es seine Ruhe zu haben – doch ganz ehrlich: Tut er nicht!

für:

Steven

&

die Distelkinder der ersten Stunde

Gedicht anstelle eines Vorwortes

Achtung, angeschnallt!

Es geht gleich zur Sache!

Tobias Schlosser

präsentiert

in enger Zusammenarbeit

mit

dem Leben

In den Hauptrollen:

Babette

als

die für Zucht und Ordnung Sorgende

Waldemar

als

lieber Nachbar und Gründer der örtlichen Ein-Mann-Bürgerwehr

Waldtraut

als

grenzdebiles Weibchen und Waldemars Ehefrau

Maude

als

besserwisserische Schwiegertochter

Walter

als

Babettes schweigsamer Sohnemann

Nik

als

in die Pubertät kommender Enkel

Amthor von Donnersklöppel

als

ehrbarer Versicherungsvertreter und Ortsvorsitzender der Neuesten Preußen

Unter besonderer Mitwirkung von:

Martina Matsch

einem Taxifahrer

pädagogischem Personal

einem Eichhörnchen

der Dame vom Versorgungsamt

DPR

und vielen anderen

Tonaufnahmen werden abgespielt mit freundlicher Genehmigung des

Silberfisch-Tanzorchesters des

Neuen Preußischen Rundfunks

Alle Mitwirkenden sind

auf der Suche

nach der Antwort

auf die Frage:

WAS MACHEN SACHEN?

Disclaimer:

Neither animals nor the mental health of any living being were hurt during this production

(at least this is what they told me).

Inhalt

Gedicht anstelle eines Vorwortes

Logbucheintrag 13: Gartenzwerge

Logbucheintrag 14: Beweislast

Logbucheintrag 15: Vorfreude

Logbucheintrag 16: All you can eat

Logbucheintrag 17: Sekt

Logbucheintrag 18: Outing

Logbucheintrag 19: Frühjahrsputz

Logbucheintrag 20: Feminismus

Logbucheintrag 21: Sommernacht

Logbucheintrag 22: Wahlkampf

Logbucheintrag 23: Ausland

Logbucheintrag 24: Haushaltshilfe

Zusatz-Weihnachtssonderlogbucheintrag: Entschlackung

Zusatz-Silvestersonderlogbucheintrag: Selbstfürsorge

Logbucheintrag 13: Gartenzwerge

Als Babette erneut all ihre Sorgen und Nöte der letzten Wochen ihrem Sohn Walter und dessen Frau Maude mitteilen will und Maude verzweifelt winselt: „Bitte, erzähl es nicht noch einmal! Ich flehe dich an!“, wird Babette außerordentlich wütend. Die durchlittenen Aufregungen haben bei ihr Spuren hinterlassen: Sie hat nur wenig geschlafen. Und immer wieder schleicht sich ein fieses Piepen in ihre Gehörgänge.

Eigentlich wollte Babette heute ihrem Enkel Nik von ihrem tragischen Trauerfall erzählen, da sie der Meinung ist, dass der Junge mit seinen zwölf Jahren die nötige Reife dafür habe. Doch ganz zufällig ist Nik zum wiederholten Male außer Haus, als seine Oma hereinschneit, und so müssen Walter und Maude abermals als Prellböcke herhalten. Babette kann ihre Impulse einfach nicht kontrollieren.

Völlig verzweifelt berichtet sie nun, wie sie vor kurzem ihrer Stadt einen wertvollen Dienst erweisen wollte. Babette hegte die Absicht, mithilfe einer Unterschriftenaktion unter Passanten Druck auf das System auszuüben, damit die Verantwortlichen den Erwerb eines Paternoster-Führerscheins für die Fahrten im Rathaus zur Verpflichtung machen. Babettes hehres Ansinnen war es, Unfälle im Rathaus durch unsachgemäße Bedienung des Paternosters zu vermeiden.

Gegenüber Maude und Walter führt die Aktivistin in aller Breite aus, dass sich zunächst niemand für ihr Anliegen interessierte. Schließlich aber konnte sie doch Passanten von der Notwendigkeit eines Paternoster-Führerscheins überzeugen, indem sie Streuselkuchen verschenkte. Der Einfall mit dem Streuselkuchen war Babette nach dem glorreichen Fund eines Fasses mit dreißig Kilo Eipulver aus Vorkriegszeiten beim Aufräumen ihres rümpeligen Kellers gekommen. Unglücklicherweise befanden sich im Eipulver mutierte Noroviren, sodass Babettes Streuselkuchen von den Mitarbeitenden des Gesundheitsamtes konfisziert wurde. Dann ging alles wahnsinnig schnell und Babette erhielt keine Möglichkeit, sich angemessen von ihrem Streuselkuchen zu verabschieden.

Dieser ganze Ärger sorgte dafür, dass sie seit der Beschlagnahme des Kuchens immer wieder ein Piepen in den Ohren hat und nachts kaum noch ein Auge zubekommt. Zu allem Überfluss sind vor einigen Tagen auch noch zwei junge, ganz in Schwarz gekleidete Männer in der Nachbarschaft eingezogen. Sie wohnen nun schräg gegenüber, gleich neben dem Haus ihres lieben Nachbarn Waldemar und seiner übergewichtigen, grenzdebilen Frau Waldtraut. Dass die neuen Nachbarn in ihrem Vorgarten Gartenzwerge drapierten, kann Babette nur dahingehend deuten, dass es sich bei dem mysteriösen Pärchen um Satanisten handelt.

„Die verfluchen uns alle, weil sie sich heidnische Figuren in den Garten stellen! Dem müssen wir Einhalt gebieten!“, krakeelt Babette aufgebracht. „Sicherlich haben die Satanisten mit ihren teuflischen Gartenzwergen die Noroviren in den Streuselkuchen hineingeschworen!“

Das Piepen in Babettes Ohren nimmt wieder zu und sie verspürt einen gewaltigen Druck auf ihren Schläfen, als stecke ihr Kopf in einer Eisenzange.

„Warum sollten die beiden Männer Noroviren in deinen Kuchen setzen?“, fragt Maude verwundert. Der Schluss, dass Satanisten mit ihren Gartenzwergen für Babettes Misere verantwortlich seien, ist in der schon oft gehörten Geschichte tatsächlich neu für Maude.

„Na, weil die es können, mein liebes Distelkind“, fährt Babette die Schwiegertochter an. „Weil die das mir nichts, dir nichts können!“

„Und du glaubst nicht, dass das Eipulver aus dem letzten Jahrhundert für die ganzen Scherereien verantwortlich sein könnte?“, wendet Maude ein.

„Auf gar keinen Fall!“, antwortet Babette völlig entgeistert. „Das gute Pulver war für die Ewigkeit geschaffen!“

Dann rekapituliert sie abermals lautstark die Geschehnisse nach der Inhaftierung ihres Streuselkuchens. Aufgrund eines Anflugs von Gnade bei den Behörden durfte Babette der Einäscherung ihres Kuchens beiwohnen. Unter strengen Sicherheitsauflagen wuselten die Bestatter in Neoprenanzügen im Krematorium umher. Babette war ganz in Schwarz gekleidet, ein Schleier hing in ihrem Gesicht. In versiegelten Folien wurden die Streuselkuchenstücke hastig in einen Sarg gelegt, der den Flammen übergeben werden sollte. Um sicherzugehen, dass der Streuselkuchen auch schnell verbrennt, schüttete einer der Bestatter zusätzlich eine Flasche Brennspiritus in den Sarg.

„Ich kann gar nicht hinsehen“, jammerte Babette, als der Sarg in den Ofen geschoben wurde. Kurz darauf entschwand der Streuselkuchen mit einem fürchterlichen Knall von dieser Welt. Das Piepen in Babettes Ohren wuchs um einige Dezibel.

Auf dem Rückweg vom Krematorium lief Babette, die Urne ihres Streuselkuchens unter den Arm geklemmt und den Buckel herausgefahren, am Haus der neuen Nachbarn vorbei. Dabei fiel ihr auf, wie argwöhnisch die Gartenzwerge sie anschauten. Doch erst später wurde Babette bewusst, dass sie die wahren Übeltäter sind, die hinter all der Unbill stecken. Hin und wieder malt sie sich seitdem aus, wie sie eines schönen Tages alle satanistischen Gartenzwerge mit einer Axt köpft. Einen nach dem anderen – und dann wäre der Fluch endlich gebrochen.

Babette erklärt Walter und Maude weiter, dass sie wegen der böse Blicke der Gartenzwerge außerstande sei, sich auf die wirklich wichtigen Dinge zu konzentrieren. So hat sie es noch immer nicht geschafft, ihren Keller von seinem sagenumwobenen Chaos zu befreien, und die Wiese in ihrem Garten wurde schon seit Ewigkeiten nicht mehr gekürzt. Babette erinnert sich noch, wie sie letztes Jahr im Sommer mindestens drei Mal pro Woche den Rasen mähte, damit am Ende der heißen Jahreszeit ihr Garten schließlich in einem gesunden Braun erstrahlte. Vorzugsweise mähte sie stets zur Mittagszeit, während die übrigen Rentner in der Straße ein Schläfchen hielten. Doch aufgrund ihrer diesjährigen Befindlichkeiten kann sich Babette einfach nicht ausreichend um ihren Garten kümmern. Das macht sie nur noch wütender. Darüber hinaus hat Babette heute ein Kündigungsschreiben von ihrer Rechtsschutzversicherung erhalten und ohne jeden Zweifel ist das die alleinige Schuld der Gartenzwerge! Sie ballt die Fäuste.

Das Piepen in Babettes Ohren wird immer stärker, als ob jemand vergessen hätte, seine Alarmanlage auszuschalten. Plötzlich sieht sie nur noch, wie sich Maudes Lippen bewegen, aber es dringen keine Worte mehr zu ihr durch.

„Fahrt mich schnell ins Krankenhaus! Ich muss sofort in die Notaufnahme! Ich höre nichts mehr“, kreischt Babette voller Panik.

Durch einen Schleier aus Piepen und Rauschen nimmt sie wahr, dass Maude ihr signalisiert, sie in die nächste Klinik zu fahren. Ihr Sohn Walter hingegen ist von der Situation völlig überfordert und außerstande, etwas zu unternehmen. Für die Fahrt wählt Maude kurzerhand Babettes mannhaften Geländewagen, in dem sich Babette, im Gegensatz zu ihrem Sohn, am wohlsten fühlt.

Im Krankenhaus angekommen, muss Babette geschlagene zwei Stunden warten, bis sie endlich an der Reihe ist. Das ruhige Sitzen aber tut ihr gut und so gewinnt sie bereits ein wenig ihres Hörvermögens wieder. Sie bekommt schließlich sogar mit, wie der behandelnde Arzt Maude daran erinnert, dass ein Hörsturz an sich kein Grund für einen Besuch in der Notaufnahme sei.

„Ich zahle Steuern in diesem Land! Macht irgendetwas!“, schreit Babette erbost, während die Piep-Show in ihrem Kopf in die nächste Vorstellung geht.

Der Arzt schlägt vor, ihr etwas Kortisol ins Ohr zu spritzen, eine gängige und unproblematische Behandlungsmethode bei einem Hörsturz.

„Sagt mal, seid ihr denn vollkommen übergeschnappt?“, ruft die Patientin aufgebracht durch das Behandlungszimmer. „Ich lasse mir doch kein Gift in den Kopf spritzen! Wollt ihr mich etwa umbringen?“

Maude versucht Babette zu beruhigen, doch die wird jetzt immer wütender: „Ich habe es schon immer geahnt, Maude, dass du ein Abkommen mit der PharmaIndustrie hast! Schließlich hast du ja auch studiert und wie alle Leute von der Uni profitierst garantiert auch du vom Geld der Pharma-Konzerne, wie es das System so will. Aber nicht mit mir, mein liebes Distelkind! An mir verdient ihr alle keinen Cent! Es wird keine Chemie in meinen Körper eingeimpft. Mein Körper ist absolut überhaupt nicht chemisch. Von mir aus könnt ihr euch selbst mit euren unnatürlichen Kortisolen vollgiften. Maude, bekommst du denn nicht mit, dass hier ein Genozid unvergleichlichen Ausmaßes in Gang kommt? Und ich bin die Auserwählte, ich bin die Erste, die mit diesem Euthanasie-Programm hingerichtet werden soll! Genau deshalb hat das System die satanistischen Gartenzwerge in meinem Umfeld aufgestellt, um mich langsam zu liquidieren. Wach auf!“

Babettes Stimme überschlägt sich beinahe. Sie ist nun der tiefen Überzeugung, die Wahrheit erkannt zu haben. Geschwind reißt sie Maude die Autoschlüssel aus der Jackentasche, springt auf und prescht wie von der Tarantel gestochen nach draußen. Babette rennt um ihr Leben, um Maude und dem Scharfrichter mit der Todesspritze zu entkommen. Dabei kreischt sie immer wieder: „Nichts wie raus hier! Euch haben die Gartenzwerge geschickt!“

Die konsternierte Maude ruft Babette hinterher: „Und wie komme ich jetzt nach Hause?“

Kurz dreht sich die Flüchtende noch einmal um und schreit zurück: „Das ist mir vollkommen schnuppe, Schwiegermutter-Vergifterin!“

Zu Hause angekommen möchte Babette nur noch ins Bett. Sie ist ein wenig wackelig auf den Beinen und das Piepen in ihren Ohren quält sie noch immer. Beim Aussteigen aus dem Auto erleidet sie einen kleinen Schwächeanfall und muss sich an der Autotür festhalten, um einen Sturz zu verhindern.

Im selben Moment kommt Waldemar herübergehinkt. Sein linker Fuß ist eingegipst und er hat sichtliche Schmerzen beim Auftreten. Beinahe hätte Babette ihren Nachbarn nicht erkannt, denn sein ganzer Körper wird von einem riesigen Engelstrompeten-Strauch verdeckt, der in einem Kübel eingetopft ist. Diesen umklammert Waldemar mit seinen Händen. Er fragt die schwankende Babette, ob sie vielleicht Verwendung für die Pflanze habe. Vollkommen unterbelichtet, wie Waldemars Frau Waldtraut nun einmal ist, hat sie am Abend zuvor versehentlich ein paar Blütenblätter des Strauches in seinen Salat gemischt. Sie selbst hat von dem Salat nichts gegessen, da ihre Verdauung schon seit Jahren bei Rohkost streikt.

Völlig traumatisiert berichtet Waldemar: „Und ich habe meiner Traudel noch gesagt: ‚Der Salat schmeckt aber irgendwie anders als sonst‘, aber Traudel meinte nur: ‚Hase, du isst, was auf den Tisch kommt!‘“

Und Hase aß, was auf den Tisch kam.

In der Nacht träumte Waldemar dann, dass er im Auftrag seiner rechtschaffenen Ein-Mann-Bürgerwehr als Habicht verkleidet in den Lüften über der Stadt schwebt und mit übermenschlicher Sehkraft nach den unflätigen Borasisis späht, die sich alle nicht benehmen können. Es war ein wahrlich erhabenes Gefühl. Niemand konnte seinen Raubvogelaugen entkommen.

In Wirklichkeit aber sprang Waldemar mit dem Schrei „Ich kann fliegen“ aus dem Fenster seines Schlafzimmers und er kann von Glück sprechen, dass er sich nur den Fuß gebrochen hat. Die Engelstrompete muss nun aus seinen Augen!

„Das kann ja gar nicht sein, dass eine natürliche Pflanze so etwas bewirkt“, weist Babette ihren Nachbarn zurecht. „Ein paar Blätter werden einem strammen Preußen wie dir doch nichts anhaben können! Da haben die satanistischen Gartenzwerge deiner neuen Nachbarn bestimmt ihre Finger mit im Spiel gehabt! Die bringen mit ihren teuflischen Blicken Unruhe in die Nachbarschaft! Waldemar, glaube mir, alles, was in der Natur wächst und gedeiht, ist natürlich und gut – ganz im Gegensatz zu all dem chemischen Zeugs, das vollkommen unkontrollierbar ist. Was glaubst du, was ich eben erleben musste? Ich konnte mich gerade noch vor einer Vergiftung retten. Meine eigene Schwiegertochter und ein korrupter Arzt wollten mich mit Kortisolen umbringen!“

„Das klingt aber wirklich gefährlich“, pflichtet Waldemar durch die Engelstrompete hindurch Babette bei. Er hat den Kübel noch immer nicht abgestellt.

„Das sage ich doch. Ich konnte mich gerade noch einmal so retten! Ich bin vollkommen erledigt.“

„Was machen wir jetzt mit der Engelstrompete?“

„Verzeih mir, wenn ich dich nicht richtig höre! Die Gartenzwerge stören immer noch meinen Empfang!“

„Die Engelstrompete“, wiederholt Waldemar überdeutlich und zeigt mit der Nasenspitze auf das Gewächs vor sich.

„Na, die ist unbedenklich“, klärt Babette ihren Nachbarn auf, „da ist nämlich keine Chemie drin, im Gegensatz zu den komischen Kortisolen!“

Um ihrem Argument Nachdruck zu verleihen, reißt Babette ein Blütenblatt der Engelstrompete ab und stopft es sich in den Mund.

„Siehst du, es passiert nichts!“, unterrichtet sie ihr Gegenüber kauend. „Und jetzt entschuldige mich bitte, Waldemar, mein Lieber, ich muss wirklich ins Bett.“ Sie sagt es, wendet auf dem Absatz und lässt ihren Nachbarn mit der Engelstrompete stehen. Es tut ihr schon ein bisschen leid, Waldemar derart schroff abgewiesen zu haben, doch ihre Erschöpfung lässt keinen Platz für die üblichen Nettigkeiten.

In der Nacht träumt Babette, dass sie in einem festlich beleuchteten Krönungssaal in einem weißen Hochzeitskleid vor Waldemar steht. Einem Vogel gleich blickt sie auf sich selbst herab. Über dem Kleid trägt sie eine bunte Kittelschürze, wie ihre Mutter sie immer anhatte. Ihre auftoupierten Haare erstrahlen in einem knalligen Lila. Waldemar präsentiert Babette einen gläsernen Schuh. Er fragt sie, ob der nächste Tanz allein ihm gehören könne, und Babette errötet leicht. Mit strahlenden Augen fiept sie: „Es wäre mir ein innerer Reichsparteitag!“ Dann dreht sie mit Waldemar unter dem tosenden Applaus der Gartenzwerge ihre Runden, bis beiden ganz schwindelig ist.

Als Babette am nächsten Morgen aufwacht, hat sie schrecklichen Muskelkater. Ihre Füße sind ganz grün und ihr Schädel brummt. Aber gut geschlafen hat sie wie schon lange nicht mehr und das Piepen in ihren Ohren ist auch verschwunden. Als sie aufsteht und die Gardine ihres Schlafzimmerfensters aufzieht, trifft sie beim Blick in den Garten der Schlag. In ihrer Wiese sind riesige okkulte Kreise eingefahren, als ob in der Nacht Mini-Aliens mit zahllosen kleinen Raumschiffen darauf gelandet wären.

„Oh nein!“, entfährt es Babette. „Die Gartenzwerge der Satanisten haben wieder zugeschlagen!“

Bevor sie sich sammeln kann, klingelt es an der Haustür. Babette eilt nach unten und späht durch den Türspion. Sie erkennt die beiden Männer in Schwarz. Vorsichtig öffnet sie die Haustür. Die beiden Männer fragen Babette, ob es ihr gutgehe. Manisch wie ein Duracell-Hase habe sie in der letzten Nacht barfuß mit ihrem Rasenmäher Kreise im Garten gedreht und immer wieder gesungen: „Und nachdem die Wiese fertig ist, schrabbel ich euch Gartenzwergen mit meinem Rasenmäher den Kopf ab, den Kopf ab, ganz einfach ab!“ Das Ganze sei so lange gutgegangen, bis Babette schließlich mit ihrem Mäher übers Kabel gefahren sei, einen Stromschlag bekommen habe und ins frisch gehauene Gras gefallen sei, die Augen weit geöffnet und die Arme in die Luft gestreckt wie ein Erdmännchen auf Ecstasy. Nach einem Schreckensmoment sei sie urplötzlich aufgestanden, als wäre nichts gewesen, und sei zurück ins Haus gegangen.

„Also, das war schon etwas verstörend“, sagt einer der beiden Männer. „Vorsichtshalber haben wir die Gartenzwerge in unseren Wintergarten geräumt. Wir hatten ja keine Ahnung, dass sie Sie so aufregen!“

„Na, das ist ja wohl das Mindeste!“, schreit Babette die neuen Nachbarn an.

Einen Moment später hat sie die Nachricht sacken lassen, sie wird der Tatsache gewahr, dass sie in der letzten Nacht zur Heldin der Vorstadt geworden ist. Sie ganz allein hat die Allmacht der diabolischen Gartenzwerge gebrochen und nur deshalb fühlt sie sich jetzt so ausgeruht. Babette schaut die beiden Männer in Schwarz noch einmal misstrauisch an, versichert ihnen wortkarg, dass es ihr gutgehe, und bittet sie, so schnell wie möglich zu verschwinden.

Die Tür fällt ins Schloss.

„Satanisten“, stößt Babette voller Verachtung hervor.

„Hexe“, sagen die beiden Männer wie aus einem Munde.

Logbucheintrag 14: Beweislast

„Jetzt lass es doch einmal gut sein!“, bittet Maude ihre Schwiegermutter und diese Aufforderung macht Babette unendlich wütend. „Ich glaube nicht, dass die beiden Männer Satanisten sind!“, ergänzt Maude eindringlich.

Aufgebracht entgegnet Babette: „Aber wenn ich es dir doch sage! Die haben uns alle mit ihren Gartenzwergen verhext. Sie haben Lunte gerochen, dass ich nicht zögern werde, den Gartenzwergen den Garaus zu machen, und deshalb haben sie die Kriebel weggeräumt. Nur durch mein stringentes Verhalten konnte ich die Nachbarschaft vor Schlimmerem bewahren!“ „Jetzt reg dich doch nicht so auf!“

„Ich rege mich überhaupt nicht auf! Wie kannst du es wagen, zu denken, dass ich mich aufrege?“, schreit Babette.

Dabei hätte der Tag so schön werden können ... Es ist ein warmer Spätsommertag und Babettes Sohn Walter ist mit seiner Frau Maude zum gemütlichen Brunch auf Babettes Terrasse geladen. Unglücklicherweise konnte Enkel Nik, der mittlerweile dreizehn Jahre alt ist, nicht mitkommen, da er seine Matchbox-Autos verloren hat und danach suchen muss. Aber vielleicht ist das auch besser so, denn die sich gerade entzündende Diskussion ist nicht für zarte Kinderohren bestimmt.

Gebannt schauen die Anwesenden von Babettes Terrasse auf das schräg gegenüberliegende Haus der beiden Männer in Schwarz, die Babette für Satanisten hält. Sie wartet schon länger darauf, dass sich die Teufelsanbeter verraten werden. Das tun sie aber gerade nicht und so schaufelt sich Babette voller Frust Kirschmarmelade auf ihr Croissant, das Maude von ihrem Lieblings-Bistrobäcker mitgebracht hat. Eigentlich wollte Babette Aufbackbrötchen anbieten – die günstigste Option –, jedoch wandte Maude ein, dass sie lieber Backwerk von einem Handwerksbäcker essen möchte. So ist Babette nun genötigt, ein Croissant nach dem anderen zu verdrücken.

Das Einzige, das dieses fremdländische Gebäck erträglich macht, ist die Marmelade, die sie von ihrem lieben Nachbarn Waldemar geschenkt bekommen hat. Aus ebendiesem Grund darf auch kein anderer davon essen, denn Babette kann nicht glauben, dass Waldemar es gutheißen würde, wenn sie seine Marmelade einfach so anderen Leuten verabreichen würde.