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Als Dr. Owen Orient gebeten wird, das plötzliche Verschwinden eines jungen Mannes zu untersuchen, stimmt er widerwillig zu. Doch dieser Fall einer vermissten Person erweist sich schnell als Mordfall, und Dr. Orient wird in eine internationale Menschenjagd verwickelt, die ihn von Manhattans SM-Underground-Szene in das Herz der Großen Pyramide von Gizeh führt.
Nach Jahren hingebungsvoller Studien in Tibet hat Dr. Orient zwar seine telepathischen Fähigkeiten vervollkommnen können, um ein hervorragender PSI-Ermittler zu werden, dennoch wird er nun selbst zum Ziel eines mächtigen Psycho-Nazi-Kultes, gerät in den Bann mit einer wunderschönen und mörderischen Frau und wird mit scheinbar unüberwindlichen okkulten Mächten konfrontiert.
Wird dieser Fall Dr. Orient die Seele rauben?
BARON ORGAZ, Frank Laurias zweiter Roman um Doc Orient, den Meister des Okkulten - ein moderner Horror-Thriller der Extraklasse!
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FRANK LAURIA
Baron Orgaz
Ein Doc-Orient-Roman
Apex Horror, Band 35
Apex-Verlag
Inhaltsverzeichnis
Das Buch
Der Autor
BARON ORGAZ
Als Dr. Owen Orient gebeten wird, das plötzliche Verschwinden eines jungen Mannes zu untersuchen, stimmt er widerwillig zu. Doch dieser Fall einer vermissten Person erweist sich schnell als Mordfall, und Dr. Orient wird in eine internationale Menschenjagd verwickelt, die ihn von Manhattans SM-Underground-Szene in das Herz der Großen Pyramide von Gizeh führt.
Nach Jahren hingebungsvoller Studien in Tibet hat Dr. Orient zwar seine telepathischen Fähigkeiten vervollkommnen können, um ein hervorragender PSI-Ermittler zu werden, dennoch wird er nun selbst zum Ziel eines mächtigen Psycho-Nazi-Kultes, gerät in den Bann mit einer wunderschönen und mörderischen Frau und wird mit scheinbar unüberwindlichen okkulten Mächten konfrontiert.
Wird dieser Fall Dr. Orient die Seele rauben?
BARON ORGAZ, Frank Laurias zweiter Roman um Doc Orient, den Meister des Okkulten - ein moderner Horror-Thriller der Extraklasse!
Frank Lauria, Jahrgang 1935.
Frank Lauria ist ein US-amerikanischer Schriftsteller, Musiker, Broadway- und Film-Schauspieler.
Besondere Bekanntheit erlangte er durch die stilprägenden Okkult-Horror-Romane um Dr. Owen Orient; diese Serie besteht bis dato aus den Bänden Doctor Orient (1970), Raga Six (1972), Lady Sativa (1973), Baron Orgaz (1974), The Priestess (1978), The Seth Papers (1979), Blue Limbo (1991) und Demon Pope (2014).
Darüber hinaus schuf er die Roman-Fassungen der Filme Dark City (1998), End Of Days und Pitch Black (beide 1999). Aktuell veröffentlichte Frank Lauria den Noir-Krimi Fog City Blues (2014, der erste Band der Serie Max LeBlue-Mysteries) sowie den Vampir-Roman Melody Dawn (2015).
Im November 2011 erschien überdies das Album Lost In The Underground seiner Band Uncle Frank And The Co-Defendants.
Frank Lauria lebt und arbeitet in Kalifornien/USA.
Der Apex-Verlag widmet Frank Lauria eine umfangreiche Werkausgabe.
1
Die Motorradfahrer behandelten ihre Maschinen mit der Kunstfertigkeit eines artistischen Teams.
Sie waren zu dritt. In schwarz schimmernden Lederuniformen saßen sie auf den Motorrädern. Es war Samstagabend. Zähflüssig schob sich der Verkehr durch die Innenstadt. In sanften Kurven überwanden die drei alle Hindernisse. Schließlich fädelten sie sich in eine der Ausfahrten ein, über die der Verkehr von der Hauptstraße abfloss. Mit quietschenden Reifen ging es durch die Kurven.
Als sie ein offenes Straßenstück erreichten, bildeten die drei eine Keilformation. Sie richteten sich in den Sätteln ihrer schwarzen BMW-Maschinen auf, als wollten sie die Flotte der lichtüberfluteten Ozeanriesen inspizieren, die längs des West-Side-Drive vertäut lag.
Sie hatten sich der Einmündung in die 18th Street genähert. Der Anführer beschleunigte. Wenig später schlossen die anderen beiden Maschinen auf. In perfekter Formation donnerten sie über die Auffahrtsrampe.
Das Stakkato der schweren Motoren hallte über den menschenleeren Kai. In Höchstgeschwindigkeit preschten sie an den Pfeilern der Hochstraße entlang. Sie überfuhren die roten Ampeln. Verbote, Gebote und Einbahnstraßenschilder beachteten sie nicht.
Das dumpfe Dröhnen der drei Maschinen erstarb, als sie die Washington Street erreicht hatten. Mit abgestellten Motoren glitt die Formation durch das Dunkel. Auf einer Parkfläche zwischen zwei abgestellten Sattelschleppern kamen die Maschinen zum Stillstand. Ohne dass der Anführer ein Zeichen gegeben hätte, stiegen sie von ihren Motorrädern. Keiner sprach ein Wort.
Einer der Fahrer hatte seinen Helm abgenommen. Er ging mit langsamen Schritten die Straße entlang. Die anderen beiden folgten ihm in kurzem Abstand. Wieder bildeten sie einen Keil. Die zwei Männer, die noch ihre Helme trugen, sahen wie bedrohliche Wesen von einem fremden Stern aus, wie Jäger, die nach einer Trophäe spähten, mit der sie vom Planeten Erde in eine geheimnisvolle Galaxis heimkehren würden.
Das Trio blieb stehen, als der Anführer am Ende eines dunklen Häuserblocks angekommen war. Links und rechts waren die Silhouetten von Lagerhäusern zu erkennen. Das Erdgeschoss des dunklen Häuserblocks wurde von einer Bar eingenommen. Die Fensterläden waren geschlossen, aber das Licht, das durch die Ritzen fiel, verriet, dass in der Bar noch Betrieb herrschte.
Ein scharfer Laut zerschnitt die Stille, als der erste Motorradfahrer die Tür aufstieß. Er betrat die Bar, während seine beiden Begleiter in das schützende Dunkel des Vorplatzes zurückwichen. Sie verharrten in Wartestellung. Die Tür schloss sich. Stille legte sich über die Straße wie ein Leichentuch aus unsichtbarem Schnee.
Arnold langweilte sich.
Mit gleichgültigem Blick musterte er die jungen Männer, die an der Bar standen. Er überlegte, wie er wohl ein Taxi für die Heimfahrt finden würde.
Er betrachtete sein Bild in dem getönten Spiegel. Hübsch. Heute Abend trug er eine neue schwarze Ledertunika mit Silberbeschlägen am Kragen - eine Spezialanfertigung. Die Mühe hätte er sich sparen können.
Voller Verachtung starrte er auf die Typen, deren Gesichter sich im Halbdunkel der Bar abzeichneten. SM-Freaks, durch die Bank. Ein paar waren wie Cowboys angezogen. Die meisten jedoch trugen Motorradfahrerkluft, Marlon-Brando-Mützen, Schaftstiefel. Nicht sehr originell, fand Arnold. Er liebte Männer, die sich mit Phantasie kleideten. Mit Flair. Davon konnte bei den Gästen dieser Bar keine Rede sein.
Seine Gedanken irrten in die Vergangenheit zurück. Ein süßes Gefühl durchzuckte ihn. Wie schön war es gewesen, als er die Panther's Lair-Bar entdeckt hatte... So geheimnisumwoben war ihm der Treffpunkt vorgekommen. Aufregend. Die Bar lag am Hafen. Hier war alles rohgezimmert. Ketten hingen an der Wand. Die Gäste waren gutaussehende junge Männer. Es hätte nicht der Lederkleidung und der Schaftstiefel bedurft, damit sich der Betrachter darüber klar wurde, welchen Neigungen diese Typen frönten. Arnold war fasziniert gewesen. Zugleich hatte ihn der fremdartige Anblick mit Angst erfüllt. Seit Jahren hing er Wachträumen nach. Es waren Träume, wo er ausgepeitscht, vergewaltigt und gedemütigt wurde. Brutale Typen in Lederkleidung spielten die Hauptrolle in diesen Phantasien. Als Arnold dann endlich auf den Treffpunkt gestoßen war, wo seine Träume Wirklichkeit zu werden versprachen, war er aufgeregt gewesen wie eine Braut vor dem Jawort.
Zu seiner Enttäuschung hatten sich seine Befürchtungen in keiner Weise bewahrheitet. Die Ehe war nie vollzogen worden.
Gewiss, er hatte in Panther's Lair eine Reihe von möglichen Partnern kennengelernt. Männer, die sich als Sadisten ausgaben. Es hatte sich dann immer herausgestellt, dass sie nur Theater spielten. Keiner der Typen war bereit gewesen, ihm wirklich Schmerz zuzufügen. Sie zogen alle nur ihre ganz private Psycho-Show ab. Sie gefielen sich in der Rolle des Gefängnisaufsehers, des Polizisten, des gestrengen Schulmeisters. Sie schlugen und peitschten. Was Schmerz wirklich bedeuten konnte, davon hatte keiner dieser Schmierenkomödianten eine Ahnung. Einer von Arnolds Partnern war vor lauter Schreck ohnmächtig geworden, als er sein Opfer bei den sexuellen Spielereien versehentlich verletzt hatte.
Die jungen Männer, die sich mit ihrer Lederkleidung ein so bedrohliches Aussehen gaben, waren ganz einfach schwule Tunten, die sich in der Bar über ein frustrierendes Wochenende hinwegtrösteten. Und das Panther's Lair war eine Schwulenbar, wie es viele in der Stadt gab, auch wenn die Geschäftsleitung sich noch so sehr bemühte, mit ausgefallenen Dekorationen eine besondere Atmosphäre herbeizuzaubern.
Arnold seufzte. Er tastete nach dem Päckchen mit Menthol-Zigaretten. Es war ihm nie gelungen, seine Phantasien auszuleben. Und es war unwahrscheinlich, dass ihm dieses Glück jemals widerfahren würde. Jedenfalls nicht heute Abend, da war er ziemlich sicher. Was sich jetzt in der Bar herumtrieb, waren ein paar Schwule, die in der Woche in irgendwelchen Büros arbeiteten. Es war laut. Die Luft war verqualmt und stickig. Arnold spürte, wie sich ein lähmender Kopfschmerz über seine Schläfen legte. Er würde früh nach Hause gehen heute Abend. Die Krönung des Tages würde die halbe Stunde Wartezeit sein, die er im Hafen verbringen musste, ehe er ein Taxi erwischte. Er fluchte und strich ein Zündholz an.
Die Flamme sollte die Zigarette nie erreichen.
Die Tür der Bar schwang auf. Arnolds Blick erfasste den
Mann, der eingetreten war. Ihm war, als gefröre das Blut in seinen Adern.
Der Mann hatte eine sehr helle Hautfarbe. Fast so weiß wie der Ring, der seine blassblauen Pupillen umgab. Sein Haar war weiß und auf Streichholzlänge gestutzt.
Der Fremde trug eine eng anliegende Motorradfahrerkluft aus schwarzem Leder. Seine Hände steckten in groben Stulpenhandschuhen. Arnold erinnerten die Züge seines Gesichtes an einen Adeligen, wie sie von den Malern der Renaissance dargestellt worden waren. Nur die Augen passten nicht zu diesem Bild, sie strahlten eine animalische Kraft aus, die Arnold den Atem raubte. Wie Dolche schnitten die Augen durch die rauchverhangene Luft, ihre Spitzen bohrten sich in Arnolds Hirn.
Ein plötzlicher Schmerz ließ ihn zusammenzucken.
Er ließ das brennende Streichholz fallen und steckte seine Fingerspitze in den Drink. Instinktiv sah er auf, um sein Aussehen im Spiegel zu prüfen. Recht anziehend, fand er. Es war doch gut, dass er sich die neue Tunika hatte anfertigen lassen. Um die Wangen herum vielleicht etwas zu aufgedunsen. Er aß zu gut, und er trieb zu wenig Sport, das war das Problem. Immerhin, die Haut wirkte frisch. Gut durchblutet. Die Augen erstrahlten in jugendlichem Feuer. Jung sah er aus. Wie ein Lausejunge. Er riss ein neues Streichholz an, brachte seine Zigarette zum Glimmen und kostete den Schmerz an der Fingerspitze aus. Mit einer merkwürdigen Vorfreude fühlte er sich zu dem Fremden hingezogen, der auf dem schmalen Gang hinter der Tür stehengeblieben war. Plötzlich war
Panther's Lair nicht mehr langweilig. Er fühlte sich hin und her gezogen zwischen Erregung und Furcht. In seiner Erinnerung brannten die Augen des Mannes, aber er brachte den Mut nicht auf, ihn ein zweites Mal anzusehen. Er streckte die Hand nach seinem Glas aus. Erschrocken hielt er inne.
Der Mann war hinter seinen Barhocker getreten. Er betrachtete ihn im Spiegel.
Inmitten der Verwirrung, die Arnold in sich aufkommen spürte, wurden ihm zwei Dinge klar. Zum einen war es in der Bar von einer Sekunde auf die andere unerträglich heiß geworden. Und zum anderen wollte der Fremde, dass er, Arnold, das erste Wort sagte.
Er stieß sich mit dem Fuß ab und schwang herum, wobei er sich vornüberbeugte, eine Geste, die er Jean Harlow abgesehen hatte. Ein Lächeln spielte um seine Lippen.
Die Augen des Fremden blieben kalt, und Arnold verging das Lächeln. Metallische Flecken schimmerten in den Pupillen des Mannes. Wie Silber, dachte Arnold. Ein Schauder fuhr ihm über den Rücken, als er die Kälte gewahrte, die von dem anderen ausging. Seine Augen glichen Scheiben aus blauem Eis.
»Darf ich Sie zu einem Drink einladen?«
»Danke, nein.« Der Fremde sagte es mit einem Lächeln, das ihn sehr jung aussehen ließ.
Arnold dachte über eine kluge Bemerkung nach, die er jetzt hätte machen können. Es gelang ihm nicht, einen klaren Gedanken zu fassen.
»Etwas langweilig hier, nicht?«, bemerkte der Fremde.
Arnold verzog den Mund zu einem Grinsen. »Ja, fürchterlich. Ich hasse diese Samstagabende.« Wie schön, dachte er. Ich bin in der Lage, einen zusammenhängenden Satz hervorzubringen. Die Erkenntnis machte ihm Mut. »Ich habe Sie hier noch nie gesehen. Ich heiße Arnold. Und Sie?«
Der Mann dachte nicht daran, seinen Namen zu nennen. »Sie warten hier schon recht lange, nicht wahr?«, fragte er leise.
Arnolds Kinnlade klappte auf. »Sie meinen - heute Abend?«
»Ich meine überhaupt. Sie warten schon recht lange auf den richtigen Partner. Auf jemanden, der genau versteht, was Sie brauchen.« Der Fremde schürzte die Lippen. »Habe ich Recht?«
»Ja.« Arnold kniff die Augen zusammen. Er holte tief Luft. »Ähm - wie, sagten Sie, heißen Sie?«
Der Mann neigte sich zu ihm. »Man nennt mich Christian.«
Arnold spürte, wie sich ein Vakuum in seinem Gehirn auftat. Seine Gedanken wurden davongewirbelt und verschwanden in einem dunklen Schlund.
»Warum machen wir nicht eine kleine Fahrt durch die frische Luft?«, schlug Christian vor. Sein Mund berührte Arnolds Ohr. »Ich meine, Sie und ich.«
»Nun ja...« Arnold wand sich. »Ich bin eigentlich mit jemandem verabredet.« Zu seinem Ärger hatte seine Stimme eine Tonhöhe erreicht, die er verabscheute. Wie ein Schwuler, dachte er. »Sind Sie - mit dem Wagen hier?« Es gelang ihm nicht, seine Erregung zu überspielen.
»Mit dem Motorrad«, sagte Christian. Er sprach leise, aber er ließ seine Ungeduld durchklingen. »Vielleicht ist ein Motorrad zu primitiv für Sie?«
»Aber nein, damit hat das gar nichts zu tun«, beeilte sich Arnold zu versichern. »Ich liebe Motorräder.« Warum bin ich so nervös?, fragte er sich. Es war schließlich nicht das erste Mal, dass er von einem gutaussehenden Mann angesprochen wurde. Allerdings, dieser Christian war anders als die Typen, die er bisher kennengelernt hatte.
In seiner arroganten, selbstsicheren Art lag eine Botschaft verborgen. Das Versprechen, Arnolds Sehnsucht nach einem Höchstmaß an Grausamkeit zu befriedigen.
»Wie ich Ihnen sagte, ich habe eine Verabredung«, wiederholte er und wusste, dass es nicht sehr überzeugend klang.
Christian schüttelte den Kopf. »Ich kann nicht warten. Dazu habe ich keine Zeit.«
Auf einmal war Arnolds Unentschlossenheit verflogen.
Sein Blick glitt über die Gesichter der jungen Männer, die an der Bar standen und ihn mit unverhohlenem Verlangen musterten. Ich werde jetzt nicht die empfindliche Mimose spielen, nahm er sich vor. Diese Gelegenheit würde er nicht vorübergehen lassen. Er nahm sein Päckchen Zigaretten von der Theke, prüfte noch einmal sein Aussehen im Spiegel und stand auf. »Einverstanden. Wohin fahren wir?«
»In die Stadt«, antwortete Christian. »Aber eines müssen Sie wissen. Wenn Sie mit mir fahren, dann können Sie nicht unterwegs abspringen. Die Fahrt endet dann, wenn ich es sage.«
Arnold schluckte. Das Gefühl der Vorfreude grub sich wie ein Stilett in sein Zwerchfell. »Ich verstehe.«
Mit gemischten Gefühlen folgte er dem Fremden durch den schmalen Gang zur Tür. Wie im Traum nahm er die Gesichter um sich wahr, den Neid der anderen, den Rhythmus der Musik, die Kühle der Nacht, die über seine Schläfen strich, als sie ins Freie traten. Er spürte das Bedürfnis zu lachen. Aber dann war es nur ein Kichern, das sich seiner Kehle entrang. Er schämte sich.
Christian war stehengeblieben und sah ihn an.
»Von jetzt an werden Sie nur noch sprechen, wenn man es Ihnen befiehlt. Sie werden nur noch tun, was ich anordne.« Der Fremde hatte sich abgewandt. Er ging ins Dunkel.
Arnold spürte, wie ihm der Kitzel der Erregung über den Rücken kroch. Er folgte dem Mann, seinem neuen Gebieter.
Er erschrak, als vor ihm zwei behelmte Männer auftauchten. Aber er ließ sich nichts anmerken. Er sah sofort, dass die beiden unter Christians Kommando standen. Sie warteten, bis er im Sattel saß, dann erst bestiegen sie ihre Maschinen.
Arnold hatte sich damit abgefunden, dass es die beiden anderen gab. Die Verantwortung für sein Geschick lag jetzt in Christians Händen. Er spürte eine merkwürdige Sicherheit in dem Bewusstsein, dass er sich der Willkür eines anderen Menschen unterstellt hatte.
Als Christian ihm das Zeichen gab, stieg er auf. Er presste sein Gesicht an den Rücken des Mannes und spürte, wie das Metall zwischen seinen Schenkeln erzitterte. Mit einem triumphierenden Dröhnen tauchte das Motorrad in die Dunkelheit ein.
Der Wind pfiff ihm um die Ohren, und dann war nur noch das Knattern des Auspuffs zu hören.
Nach einer Weile hob er den Kopf. Das Dröhnen der Maschine war verstummt. Sie befanden sich auf einer verlassenen Straße, irgendwo auf der West Side. Christians Begleiter waren von ihren Motorrädern abgestiegen. Sie kamen auf ihn zu. Wie Roboter blieben sie vor ihm stehen und warteten, bis er aus dem Sattel glitt. Sie eskortierten ihn zum Bürgersteig. Einen Augenblick lang verspürte Arnold so etwas wie Eifersucht. Er verdrängte das Gefühl. Die beiden anderen waren nicht wichtig. Christian war der Mann, auf den es ankam.
Der Fremde ging voraus, Arnold folgte ihm. Sie betraten ein spärlich beleuchtetes Haus. Arnolds Blick war auf die Schuhe des Mannes gerichtet, der vor ihm die Stufen hinaufstieg. Sein Herz klopfte wie wild. Die sexuellen Phantasien, denen er sich so oft hingegeben hatte, waren wieder da, wie eine Woge, die alles andere auslöschte. Alles außer jenem geheimen Wunsch, sich den Schmerzen auszuliefern, die sein Gebieter für ihn bereithielt.
Er war außer Atem, als sie den dritten Stock erreichten. Seine Zunge klebte am Gaumen. Die Tür der Wohnung stand offen, aber Arnold wartete, bis die beiden Männer auf dem Treppenabsatz angekommen waren. Er wurde durch den Gang geführt und in einen großen Raum gestoßen. Die Wände waren weiß und ebenso wie die Decke mit schalldichtem Material verkleidet. Im rückwärtigen Teil des Raumes war eine moderne Einbauküche zu erkennen. Es gab ein paar Topfpflanzen und eine Sitzgruppe mit Sesseln. Der Boden war mit einem großen schwarzen Teppich belegt. Arnolds Blick fiel auf eine halbhohe Trennwand. Auf die Tür war ein großes schwarzes X gemalt.
Christian hatte in der Mitte des Raumes Aufstellung genommen. Er streifte seine Handschuhe ab. Die beiden Männer traten zur ihrem Anführer und nahmen die Helme ab. Arnold war erstaunt, als er sah, wie jung sie waren. Gesichter mit Sommersprossen, wie man sie unter den Sportlern auf der High School antraf. Für Arnold war das erotische Hausmannskost. Nicht eben das, wofür sich ein Mann wie er begeistern konnte.
Arnold beobachtete die beiden aus den Augenwinkeln. Er spürte, dass er jetzt nichts falsch machen durfte. Er durfte sich unter keinen Umständen wie ein Amateur aufführen, das würde allen Beteiligten den Spaß verderben.
Er schrak zusammen, als er Christians Blick auf sich ruhen spürte. Ein unendlich süßes Gefühl ergriff ihn.
»Ziehen Sie sich jetzt aus, und legen Sie Ihre Sachen hierhin«, ordnete Christian an. Es klang beiläufig, und doch wusste Arnold, dass die Anordnung sehr ernst gemeint war. Der Mann deutete auf einen Pappkarton, in den er seine Kleider zu legen hatte.
Arnold streifte seine Tunika über den Kopf. Seine Nerven waren zum Zerreißen gespannt, als er dann nackt vor Christian stand. Seine Haut prickelte, aber er wagte nicht, sich Erleichterung zu verschaffen.
Zu seiner Enttäuschung hatte Christian sich abgewandt. Er sprach mit den beiden jungen Männern. Arnold verstand nicht, was er sagte.
Überrascht wurde er Zeuge, wie die beiden ihre Stiefel abstreiften. Die Socken folgten, dann die Lederkluft. Die Männer legten alles auf einen sauber geschichteten Stapel. Arnold erinnerte es an einen Kleiderappell beim Militär. Schließlich hatten die beiden nur noch ihre schwarzen Unterhosen an. Sie traten auf ihn zu und führten ihn zu der Tür. Einer der beiden öffnete die Tür. Sie ließen ihn in den in halber Höhe abgeteilten Raum treten, dessen Inneres bisher seinen Blicken verwehrt gewesen war.
Fenster, Wände und Decke waren mit dem gleichen schalldichten Material verkleidet, das Arnold schon vorher aufgefallen war. Es gab keine Möbel, nur einen großen Marmortisch, der einem Altar glich. Der Tisch stand vor einer großen schwarzen Kiste. Eine einzige Lichtquelle erhellte den Raum.
Der geflieste Boden fühlte sich kalt an unter den nackten Füßen. Einer der beiden Männer gebot ihm, sich auf den Marmortisch zu setzen. Arnold gehorchte.
Ohne Vorwarnung wurde er ergriffen und mit dem Gesicht auf die Platte gedrückt. Er spürte, wie seine Beine herumschwangen. Als er die Augen öffnete, fiel sein Blick auf den schwarzen Kasten. Sie hielten ihn fest, dann spürte er, wie ihm stählerne Spangen um die Gelenke an Händen und Füßen gelegt wurden. Das Rasseln von Ketten war zu vernehmen, und dann wurde Arnold mit Armen und Beinen an die Tischbeine gefesselt. Nachdem die beiden Männer die vier Ketten gesichert hatten, ließen sie ihn allein. Er hörte, wie die Tür geschlossen wurde. Stille umgab ihn.
Seit er das Panther's Lair verlassen hatte, war Arnolds Erregung von Minute zu Minute gestiegen. Inzwischen hatte sich eine neue Empfindung hinzugesellt. Es hatte begonnen, als sich die stählernen Spangen um seine Gelenke geschlossen hatten. Verlangen und Begierde brannten in ihm. Das Gefühl der Hilflosigkeit bohrte in seinen Eingeweiden wie ein süßer Dolch. Er schloss die Augen und presste die Wangen auf den kalten Stein.
Wenig später kamen die beiden jungen Männer zurück. Sie brachten Gerätschaften mit, deren Zweck er nicht zu erahnen vermochte. Er sah, wie einer der beiden sich vor der großen schwarzen Kiste niederkniete und einen Kreis auf den Fußboden malte. Er benutzte dazu eine Schnur und einen Filzstift.
Arnold betrachtete die beiden jungen Männer aus halb geschlossenen Lidern. Er bewunderte die Schönheit ihrer Körper, das Spiel ihrer Muskeln. Der junge Mann, der den Kreis auf den Fußboden gemalt hatte, verließ den Raum. Der andere hatte ein stählernes Lineal ergriffen. Er kniete nieder, um innerhalb des Kreises eine Linie abzumessen.
Inzwischen war sein Begleiter zurückgekehrt. Er hatte ein urnenähnliches Gefäß mitgebracht, das mit Kohle gefüllt war. Arnold sah, wie sich seine Muskeln spannten, als er das schwere Gefäß unweit des altarähnlichen Tisches niederstellte. Er kniete nieder, betätigte einen Hebel an der Außenwand der Urne und zündete ein Streichholz an. Blaue Flammen züngelten auf, und Arnold erkannte, dass auf dem Boden des Gefäßes ein Gasbrenner verborgen sein musste.
Der junge Mann, der mit dem stählernen Lineal hantiert hatte, war mit seiner Arbeit fertig. Er half seinem Gefährten, die Urne an den richtigen Platz zu rücken. Als diese Aufgabe bewältigt war, ergriffen die beiden ihre Gerätschaften und verließen das Zimmer.
Arnold unterzog den Kreis einer näheren Betrachtung. Inmitten des Runds war ein Dreieck aufgezeichnet worden. Schwarze, schnurgerade Linien, wie von einem technischen Zeichner gezogen.
Er überlegte gerade, was für eine Bewandtnis es wohl mit dem aufgemalten Symbol und der Urne hatte, als die beiden jungen Männer zurückkehrten.
Er sah, wie der eine zum Feuer ging und ein Brenneisen in die glühenden Kohlen legte.
Verwirrung umfing Arnolds Gedanken. Aber dann war ihm plötzlich klar, was ihm bevorstand. Die Erkenntnis durchflutete ihn wie ein Schock. Das verschlungene Gebilde am Ende der Eisenstange war ein Prägestempel. Sie würden ihm ein Brandzeichen einbrennen. Er begann vor Erwartungsfreude zu zittern.
Einer der jungen Männer stellte drei silberne Kelche in den Kreis, platzierte sie auf die Schnittpunkte des Dreiecks. Danach verließen beide den Raum.
Die stählernen Spangen begannen zu schmerzen. Arnold spürte, wie die Erregung an ihm hochkroch. Er wandte den Kopf. Als sein Blick auf die glühenden Kohlen fiel, entrang sich ihm ein Stöhnen der Lust. Ob Christian selbst Hand anlegen würde, wenn es soweit war? Würde sein Geliebter ihm seine Initialen ins Fleisch brennen? Würde er mit dem geheimnisvollen Symbol gebrandmarkt werden, das die jungen Männer auf den Boden gemalt hatten?
Er schrak aus seinen Gedanken hoch, als das Deckenlicht erlosch. Er hörte, wie hinter ihm die Tür geöffnet wurde. Einige Sekunden lang war nur noch das Knistern der Flammen zu vernehmen. Dann Stiefelschritte.
Christian war eingetreten, langsam ging er um den Altar herum. Er trug einen Sack aus schwarzem Samt an seine Brust gepresst.
Er vermied es, auf die Linien zu treten. Arnold sah, wie er auf die schwarze Kiste zuging und den Sack niederlegte.
Die beiden jungen Männer waren zurückgekehrt. Jetzt waren sie vollständig nackt. Sie nahmen hinter der Urne Aufstellung, und Arnold beobachtete ihre Gesichter durch die Flammen, die von den Kohlen hochloderten. Dann wandte er seine Aufmerksamkeit wieder Christian zu.
Er berauschte sich am Anblick der muskulösen Gestalt, an den wohlgeformten Gliedmaßen, die sich unter der Lederkluft abzeichneten, am Widerschein des Feuers auf den polierten Stiefeln. Arnolds Nerven waren zum Zerreißen gespannt. Er brannte darauf, sich der Willkür seines Geliebten auszuliefern.
Christian wandte sich von der schwarzen Kiste ab. Er sah ihn an. Vergeblich suchte Arnold nach einer Geste des Wiedererkennens, nach einem Lächeln. Christians eisblaue Augen waren auf die Stelle gerichtet, wo er soeben gestanden hatte. Ein Ausdruck glückseliger Verehrung milderte die harten Gesichtszüge.
Arnold folgte dem Blick seines Gebieters und erschrak. Auf der schwarzen Kiste war der gläserne Kopf eines Menschen zu erkennen. Ein durchsichtiger Totenschädel. Arnold begann zu zittern.
Jeder Knochen, jede Sehne des Toten war zu erkennen.
Galaxien geheimnisvollen Lichts ließen das Innere erglühen.
»Bereitet ihn vor.«
Christians Stimme schien aus einer Sonne im Zentrum des gläsernen Schädels zu kommen.
Ein Schauder der Erwartung durchfuhr Arnold, als er die Peitschen in den Händen der jungen Männer sah.
Der erste Schlag traf ihn zwischen den Schultern.
Er bäumte sich auf und genoss den Schmerz der Spangen, die in seine Handgelenke schnitten, zuckte zusammen, als sich der zweite Schlag wie eine messerscharfe Klaue in seine Schulter grub.
Er schrie auf, als der Schmerz unerträglich wurde. Er wollte die jungen Männer bitten, mit den Schlägen aufzuhören, aber die Worte erstarben ihm in der Kehle. Was über seine Lippen kam, glich dem Schrei eines geknebelten Tieres.
Er versuchte Christian ein Zeichen zu geben, ihm den Akt der Gnade abzuschmeicheln. Als er seine Augen sah, wusste er, dass seine Bitte ohne Echo bleiben würde. Seine unterdrückten Schreie gingen in ein hysterisches Schluchzen über.
Es gab kein Mitleid in Christians Blick. Der Ausdruck war kühl und metallisch, die Haut über den ernsten Zügen weiß und maskenhaft, die Lippen zu einer Grimasse der Verachtung verzogen. Arnold sah, wie er mit den Schultern zuckte. Seine Lippen öffneten sich und gaben die schönen Zähne frei.
Ein Lachen durchschnitt das Dunkel, Arnold kam es wie das Fauchen einer Schlange vor. Das Geräusch schwoll zu einem Sirenenton an, der von Arnolds Gehirnwindungen Besitz ergriff.
Plötzlich war der Schmerz fort.
Arnolds Körper wurde von Wellen der Verzückung erfasst. Mit jedem Schrei stachelte er seine Peiniger zu neuen Schlägen an, und dann spürte er, wie bei jedem Peitschenhieb duftendes Öl austrat. Die Schlange des Lachens war in das Innerste seiner Gedanken vorgedrungen und liebkoste den Stachel seines Stolzes.
Er hatte eine Erektion bekommen, zerrte an seinen Fesseln, warf sich zur Seite und versuchte sein zuckendes Glied vom Körper freizubekommen. Dann war es soweit. Der Erguss kam wie der Ausbruch eines Vulkans. Arnold sah auf. Christian stand über ihm, er hielt das Eisen mit dem weißglühenden Prägestempel in der Hand.
Arnold schloss die Augen, machte sich auf den Schmerz gefasst, aber als sich die Glut ins Fleisch seines Gesäßes fraß, kam es über ihn wie ein heiliger Dreiklang aus Schmerz, Lust und Ekstase. Er wand sich in wilden Zuckungen, und dann zwang ihn etwas, die Augen wieder zu öffnen.
Der gläserne Schädel war nicht mehr durchsichtig. Er glühte wie lebendig gewordener Rubin.
Die Lippen, vorher bleich wie Froschlaich, schienen von Blut überströmt. Ein furchtbares Lachen drang über diese Lippen, ein Laut, der alles im Raum zum Vibrieren brachte.
Es war das letzte, was Arnold erleben sollte.
2
Zum ersten Mal in seinem Leben hatte Orient Lust, einer Frau eine runterzuhauen.
Aber dann gewann seine Selbstbeherrschung die Oberhand, jene Ausgewogenheit, die er sich im Lauf der Jahre mittels spiritueller Übungen anerzogen hatte. Er führte die Atemübungen aus, die sich in solchen Fällen bewährt hatten, und spürte, wie das Gefühl der Spannung und des Unbehagens von ihm wich.
»Du bist wütend, nicht wahr? Immer wenn du wütend bist, machst du diese Atemübungen. Warum lässt du nicht einfach ein Donnerwetter vom Stapel, und danach ist die Luft wieder rein?«
Er hielt das Lenkrad umklammert. Sein Blick war auf den Verkehr gerichtet.
»Warum sagst du nichts? Du könntest zumindest eine Antwort geben.«
»Es führt zu nichts, wenn man wütend wird«, sagte er leise, dann fügte er nach kurzem Zögern hinzu: »Ich möchte das Problem auf andere Weise bewältigen.«
Orient warf einen Blick auf seine Begleiterin. Lily hatte die Beine hochgezogen. Sie kauerte auf dem Beifahrersitz wie eine wunderschöne Katze. Das lange, kupferfarbene Haar fiel ihr wie eine Kaskade über das Gesicht. Sie lächelte. »Du hast recht, es hat keinen Sinn, wenn man explodiert.«
Einige Sekunden lang schwieg sie. Orient spürte, wie die Spannung zurückkehrte.
»Es wäre wahrscheinlich doch gut, wenn wir darüber reden«, sagte sie.
»Es gibt nichts, worüber wir reden müssten. Du tust, was du für richtig hältst. So einfach ist das.«
»Dann macht es dir also nichts aus, dass ich mich mit dem Grafen Germaine treffe?«
Der Name, den sie genannt hatte, zerstörte alle Harmonie, die er aufgebaut hatte, mit einem Schlag.
»Sprechen wir nicht mehr darüber, Lily«, murmelte er.
»Ich habe dir doch lang und breit erklärt, warum ich's tue. Wenn jemand für meine Entscheidung Verständnis haben müsste, dann du.«
»Ich wiederhole es noch einmal. Du musst tun, was du für richtig hältst.«
»Du tust so, als ob deine Meinung nicht wichtig wäre.«
»Was ich darüber denke, ist mein Problem.«
»Es ist unser Problem«, widersprach ihm Lily. »Ich komme mir vor wie eine Frau, die ihren Geliebten betrügt, dabei führe ich doch nur ein wissenschaftliches Experiment aus. Wir könnten zusammen nach Amsterdam fliegen, du und ich. Wir könnten versuchen, beide an dem Ritual teilzunehmen. Aber du zeigst kein Interesse. Warum nicht?«
Orient seufzte: »Wahrscheinlich, weil ich nicht ewig leben will.«
»Du hast nur schlechte Laune. Immer, wenn du mit einer Frau geschlafen hast, bist du missgelaunt.«
»Ich glaube, das sagst du, um mir weh zu tun.«
Ihre Stimme war wie warmer Honig, der über sein Ohr floss. Sie hatte sich an ihn geschmiegt. »Es tut mir leid, Owen. Ich weiß, ich habe mich eben ganz schlimm benommen. Ich bin dir von Herzen dankbar, dass du mir keine Eifersuchtsszene gemacht hast. Sprechen wir nicht mehr darüber.«
Er spürte ihre Hand an seiner Schläfe. Sein Ärger war verflogen, seine Verwirrung blieb. Er hatte kein Recht, Lily zu kritisieren. Und doch schwelte in ihm das Bedürfnis, ihr zu sagen, dass er ganz und gar nicht einverstanden war mit dem, was sie vorhatte. Der Widerstand lag irgendwo in seinen Gefühlen für sie begründet, logische Gründe für seinen Zweifel gab es nicht.
Eigentlich hatte das Durcheinander in dem Augenblick begonnen, als Lily zu ihm gezogen war. Sie hatte sein Leben verzaubert - und zugleich Verwirrung in seine Alltagsroutine gebracht.
Sie war vollkommen anders als er. Was immer sie tat, es war genau das Gegenteil von dem, was er sich in den Jahren des Alleinseins angewöhnt hatte. Er hatte zurückgezogen gelebt, hatte sich seinen Forschungen, vor allem auf dem Gebiet der Telepathie und der PSI-Phänomene, gewidmet. Nicht nur der Ehrgeiz, als Wissenschaftler ernst genommen zu werden, steckte dahinter. Seit der Zeit, die er in einem tibetanischen Kloster zugebracht hatte, empfand er seine Forschungsarbeit als Verpflichtung.
Lily hingegen hielt das alles für einen herrlichen Spaß.
Sie war in sein Leben hereingeschneit wie eine Frau, die sich in einer verwahrlosten Wohnung umgesehen hatte und zu dem Schluss gekommen war, dass hier nur noch ein Großreinemachen helfen konnte. Sie hatte dafür gesorgt, dass er sich neue Sachen zum Anziehen kaufte. Sie hatte seinen Arbeitsrhythmus verändert.
Sie war ständig aktiv, und sie liebte Aufregungen. Sie tat, was ihr gefiel. Sie sorgte für Überraschungen. Er war jetzt ein Jahr mit ihr zusammen und verstand noch immer nicht, was in ihr vorging.
Manchmal kam sie ihm wie ein Chamäleon vor. Heute erschien sie ihm wie Scarlett O'Hara, die sich naiv bis schamlos zu einem skandalösen Rendezvous begab. Orient war nicht sicher, ob er den Part von Clark Gable oder den von Leslie Howard übernommen hatte.
Ihre Fingerspitzen schoben sich in seinen Hemdkragen und drangen zu seinen Brusthaaren vor. »Du hast mir nicht einmal gesagt, dass du mich vermissen wirst. Dabei war es so wunderschön, mit dir zu schlafen. Stört es dich gar nicht, dass ich weggehe?«
»Es ist schwer, die richtigen Worte zu finden, wenn man mit einer Mondgöttin spricht.«
»Du weichst mir aus. Jetzt sag mir verdammt no.ch mal, ob du mich vermissen wirst oder nicht.«
Er grinste. »Du weißt sehr gut, dass ich dich vermissen werde, Lily.«
»Ich bin so froh, dass du das sagst, Liebling. Vor allem kommt es so spontan. Es gibt einem Mädchen das Gefühl, dass sie sich auf ihren Liebhaber verlassen kann.« Sie kuschelte sich an ihn und rückte nicht mehr von ihm ab, bis der Wagen auf das Parkgelände des Flughafens einbog.
Sie reckte und streckte sich, dann schaute sie in den Rückspiegel und strich ihr Haar glatt.
»Hast du alles?«
Sie machte ein nachdenkliches Gesicht. »Ich werde gleich nachsehen.«
Er saß neben ihr, während sie ihre Handtasche durchwühlte. Sie kramte das Flugticket und den Reisepass hervor. Eben noch hatte sie ausgesehen wie ein schläfriges Kind. Inzwischen wirkte sie wie ein Leopardenweibchen, das vom Wärter zum Ausgang des Käfigs geführt wird und den Geruch der Freiheit wittert. »Ich habe alles, was ich brauche«, stellte sie fest, dann sah sie zu ihm auf.
Die Nachmittagssonne fiel durchs Wagenfenster und entfachte ein bronzenes Feuerwerk in ihren Haaren. Die Linien in ihrem Gesicht waren fein geschwungen, zart, sanft. Es gab etwas, das nicht zu passen schien zu diesem Ausdruck. Ihr Lächeln. Wenn Lily lächelte, dann hatte das immer einen Anflug von Skrupellosigkeit. Er sah ihr in die Augen, gewahrte die orangefarbenen Blitze in ihren Pupillen, und dann hüllte so etwas wie Nebel ihre schöne Stirn ein, sie lag in seinen Armen, und ihre feuchten Lippen pressten sich auf die seinen. »Pass gut auf, dass dir nichts zustößt«, flüsterte sie. »Denk daran, dass ich dich liebe.«
Er schloss die Augen und atmete den Duft ihrer Tränen.
»Komm bald zurück«, sagte er leise.
Sie hatte sich von ihm freigemacht, streichelte seine Schläfen mit den gespreizten Fingern ihrer Rechten. »Vielleicht kann ich den Grafen Germaine überreden, dass er dich im nächsten Jahr an dem Ritual teilnehmen lässt. Das würde uns zumindest diese herzzerreißenden Abschiedsszenen ersparen.«
Orients Augen verengten sich.
»Was hast du?« Lily hatte sich aufgerichtet. Sie sah ihn ärgerlich an.
Er schüttelte nur den Kopf und starrte durch die Windschutzscheibe.
»Bist du etwa schon wieder böse, weil ich Germaine erwähnt habe?«
»Ich finde, du bist nicht sehr feinfühlig.«
»Ich kann einfach nicht glauben, dass dich die Sache so aufregt. Du weißt doch genau, wer er ist und was dahintersteckt. Du solltest außerdem Verständnis dafür aufbringen. Ich habe dir oft genug erklärt, wieviel mir das Ritual bedeutet.«
Er holte tief Luft, aber es gelang ihm nicht, den Ausdruck der Verdrossenheit zu bannen. »Ich respektiere es, Lily, dass dir der Ritus viel bedeutet. Aber mir bedeutet er gar nichts, und Graf Germaine bedeutet mir ebenso wenig.«
Noch ehe er den Satz beendet hatte, spürte er die Wolke des Misstrauens und der Sorge, die plötzlich den Wagen erfüllte.
»Du weißt, was ich für dich empfinde, Lily.«
»Ich fürchte, das weiß ich nur zu gut.«
Sie wartete darauf, dass er antwortete, aber er schwieg. Seine Kehle war wie zugeschnürt.
Als sie schließlich sprach, waren ihre Worte kalt wie Eis.
»Also gut, Liebling. Das wär's dann. Du brauchst mich nicht zum Flugzeug zu bringen. Du hast dich schon viel zu lange mit mir abgegeben.« Sie stieß die Beifahrertür auf und stieg aus. Er sah ihr nach, wie sie um den Wagen herumging und den Kofferraum öffnete. Sie nahm ihren Koffer heraus. »Ich ruf dich an, wenn alles vorüber ist.« Sie ließ den Kofferraumdeckel ins Schloss fallen und schlug die Beifahrertür zu.
Gedankenverloren schaute er ihr nach. Die Spannung, die das Wageninnere erfüllt hatte, war einer verzweifelten Leere gewichen.
Er begann seine Atemübungen. Wenig später spürte er, wie seine Gedanken das Gefühl der Leere abspalteten.
Sollte er ihr nachgehen? Er zuckte mit den Schultern und zog sein Zigarettenetui hervor, öffnete es und nahm eine selbstgerollte Zigarette heraus.
Während er rauchte, dachte er über das Rätsel seiner Liebe nach. Lily. Sie konnten in Gedanken miteinander verschmelzen. Trotzdem gelang es ihnen nicht, ihre Differenzen auszuräumen. Es gab einen Mangel an Harmonie, den Orient als schmerzhaft empfand. In den letzten Monaten hatte sogar die telepathische Verbindung, die er zu Lily unterhielt, darunter gelitten.
Wahrscheinlich lag es daran, dass er mit Frauen von Lilys Art einfach noch nie zu tun gehabt hatte. Auf Partys herumzustehen und sich mit juwelenbehangenen Damen der Gesellschaft über Belanglosigkeiten zu unterhalten, das interessierte ihn einfach nicht. Wertvolles und Gültiges, das hatte seine Erfahrung gezeigt, hörte man eigentlich nur im Gespräch mit ganz alltäglichen Menschen.
Lily allerdings war kein alltäglicher Mensch. Irgendwie erweckte sie den Eindruck, als hätte sie das Licht der Welt mit einer Einladung auf Büttenpapier in der Hand erblickt. Ähnlich wie Lady Lilith Sativa genoss sie es, im Mittelpunkt zu stehen. Als zur Presse durchgesickert war, dass Lily zur Zeit des Vollmonds über besondere PSI-Fähigkeiten verfügte, war sie von den Gesellschaftskolumnisten zur Moon Lady hochgejubelt worden. Es gab wohl kaum ein junges Mädchen, über das in der europäischen Presse öfter berichtet wurde als über Lily.
Als Orient sie kennenlernte, war Lilys Ruf als Hellseherin bereits begründet gewesen. Allerdings war auch allgemein bekannt, dass sie ihre Fähigkeiten noch nicht recht unter Kontrolle hatte. Nicht einmal sie selbst wusste, wie sich die Phasen des Mondes von Mal zu Mal auf ihre PSI-Begabung auswirken würden.
In New York waren die Monate in gemeinsamer Arbeit verstrichen. Er hatte sie gelehrt, ihre Begabung wirksam einzusetzen, ihre Kräfte zu kanalisieren. Schon bald beherrschte Lily die Kunst, Gedankenbilder zu senden und zu empfangen. Immer noch hatte sie gewisse Schwierigkeiten, ihre empfindliche Psyche vor der Anziehungskraft des Mondes zu schützen.
Je intensiver sie sich liebten, umso klarer wurden auch die Hindernisse offenbar, die zwischen ihnen standen. Lily war von einer geheimnisvollen Unrast erfüllt. Es gab Wochen, wo es sie jeden Abend auf eine andere Party trieb. All das hatte sich noch zugespitzt, als sich der jährliche Zyklus zu runden begann. Lily fieberte dem Ritual entgegen, das Graf Germaine veranstaltete. Die Vorstellung, wie sie sich im Kreise von Fremden einer heidnischen Sinneslust hingab, nagte an seiner Männlichkeit. Gewiss, es stand außer Frage, dass die sexuellen Riten nur Form, nicht Inhalt waren. Es ging beim Schlangenfeuer darum, die Flamme des Lebens zu wecken, und jeder wusste, dass sich diese Flamme nur im Rückenmark des Mannes entzünden ließ. Orient wusste auch, dass die Beachtung der tantrischen Riten Voraussetzung war, wenn die Teilnehmer das Ziel der ewigen Jugend erreichen wollten. Wer an Graf Germaines mysteriösen Feiern teilnahm, glitt in einen Zustand der Alterslosigkeit hinein.
Und doch war da die Eifersucht. Orient hatte es nicht vermocht, das Gefühl zu überspielen, und seine Streitgespräche mit Lily hatten zu der Entscheidung geführt, dass sie allein nach Europa fliegen würde. Einziger Zweck ihrer Reise würde die Feier sein, die den jährlichen Zyklus krönte. Es war der bittere I-Punkt auf dem Jahr der Liebe, das sie miteinander verlebt hatten.
Orient zermalmte die Kippe seiner Zigarette im Ascher. Er startete den Motor des Wagens.
Einige Herzschläge lang lauschte er dem sanften Rauschen der Sieben-Liter-Maschine. Der Rolls Royce schien das Einzige zu sein, was ihn noch mit Lily verband. Der Wagen und das Bett. Alles andere war eine offene Frage.
Eine Frage, die vielleicht nie eine Antwort finden würde. Orient verdrängte diese traurige Erkenntnis und bugsierte den Wagen aus der Parklücke. Er wusste, dass er in diesem Augenblick die letzte Chance verspielte, Lily noch einmal zu sehen, bevor sie an Bord der Maschine ging.
Als er seine Wohnung betrat, war er müde, hungrig und nervös.
Er hoffte, dass dieses Gefühl bald vergehen würde und freute sich auf die Meditation und auf die Übungen, die er in einem besonderen Raum des Hauses auszuführen pflegte. Wenn er dann noch acht Stunden Schlaf hinzurechnete, war die Annahme berechtigt, dass die Welt morgen schon wieder viel fröhlicher aussehen würde.
Hoffentlich hatte sich Sordi seinen freien Tag genommen. Dann hatte er wenigstens keine unangenehmen Fragen zu beantworten, die auf die Begleitumstände von Lilys Abreise zielten.
Seine Hofnung wurde enttäuscht. Sordi war im Arbeitszimmer.
»Ist Lily gut gestartet?«. kam seine Frage.
»Alles okay«, sagte Orient ungehalten. Er machte auf dem Absatz kehrt. »Ich werde heute bis zum späten Abend beschäftigt sein. Es wäre vielleicht ganz praktisch, wenn Sie sich das Wochenende freinehmen würden.«
Sordi zeigte keine Reaktion. Sein Gesicht war schmal, glatt und freundlich wie immer. »Einverstanden, Dr. Orient. Aber bevor Sie in Ihrem Meditationsraum verschwinden, sollten Sie vielleicht wissen, dass wir Sybelle Lean zum Abendessen erwarten.«
Owen Orient hatte die Tür erreicht. Er blieb stehen. »Wie das?«
Sordi war jetzt sicher, dass seine weiteren Bemerkungen die volle Aufmerksamkeit seines Chefs finden würden. Und so ließ er sich Zeit mit seiner Antwort. Er war ein gutaussehender Mann mit weißem Haar und dem Benehmen eines Aristokraten. Wer nicht wusste, dass er als Wissenschaftler für Dr. Orient arbeitete, musste ihn für einen Diplomaten aus Europa halten, wobei die Verwechslungen, die sich aus dieser Einschätzung ergaben, für Sordi alles andere als unangenehm waren.
Er schnippte ein nichtvorhandenes Stäubchen von den Manschetten seines Hemdes. Seine Züge nahmen den Ausdruck diskreter Ahnungslosigkeit an. »Ich habe der jungen Dame gesagt, dass Sie sehr viel zu tun haben, Dr. Orient, aber sie hat auf dem Treffen bestanden. Sie sagt, es sei sehr wichtig. Ich habe es dann für richtig gehalten, sie zum Abendessen einzuladen. Ich kann sie anrufen und absagen, wenn Sie wünschen.«
Owen Orient schluckte seinen Ärger hinunter. Wahrscheinlich war Sordis Entscheidung richtig, auch wenn es ihm auf Anhieb nicht in den Kram passte. Sordi hatte schon sehr oft einen untrüglichen Instinkt bewiesen. »Lassen wir's dabei. Habe ich noch Zeit, zu duschen und mich umzuziehen?«
Die Andeutung eines Lächelns stahl sich in Sordis Mundwinkel. »Aber sicher. Wenn Sybelle kommt, werde ich ihr einen Drink anbieten.«
Orient beschloss, vor der Dusche einige Entspannungsübungen zu absolvieren. Als er damit beginnen wollte, fiel ihm sein Spiegelbild in der Tür des Wandschranks auf. Er war überrascht. Er hatte abgenommen, ohne jeden Zweifel. Er war groß, von schlanker Statur, aber die Muskeln an seinem Bauch und an den Beinen zeichneten sich schärfer ab als üblich. Er hatte Schatten um die Augen. Die Augenhöhlen schienen sich vertieft zu haben, und der Blick aus den grünen Pupillen war so unergründlich wie eh und je.
Ich werde früher ins Bett gehen müssen, entschied er. Ich schlafe zu wenig. Und dann werde ich auch besser essen müssen. Er ließ sich auf den Teppichboden nieder, um seine Übungen zu machen.
Zwanzig Minuten dauerte das Ritual der Selbstbesinnung. Strecken, Recken, Lockerungsübungen, rhythmisches Atmen. Er spürte, wie seine Muskeln sich lockerten. Der Kopfschmerz wich. Wärme durchströmte seine Glieder. Er stand auf, nahm eine lange heiße Dusche, beschloss das Vergnügen mit ein paar Sekunden Eiswasser, das er aus den Düsen auf seine dampfende Nacktheit spritzen ließ.
Als er ins Studio zurückkehrte, hatte Sordi die Vorbereitungen für das Abendessen beendet. Orient fühlte sich erfrischt wie nach einer Nacht erholsamen Schlummers. Es würde ihm keine Schwierigkeiten bereiten, Sybelles bohrende Fragen abzublocken.
Er hatte die Mitte des großen, L-förmigen Wohnraums durchquert, als er ihre Mezzosopran-Stimme vernahm.
Sie strahlte, als sie ihn sah. »Owen, Liebling«, sprudelte sie hervor, »ich habe gerade von Sordi erfahren, dass Lily nach Amsterdam geflogen ist. Habt ihr beide etwa Streit gehabt? Sag mir bitte, was los ist, ich möchte alles wissen.«
»Tag, Schönheitskönigin.« Er küsste sie auf die Wangen und setzte sich neben sie. »Ich dachte, du bist diejenige, die Neuigkeiten zu verkünden hat. War deine Abmagerungskur erfolgreich?«
»Im Gegenteil. Ich habe letzte Woche drei Pfund zugenommen. Um die Wahrheit zu sagen, ich bin fetter denn je.« Sie leerte ihr Glas. Dann kuschelte sie sich in der Ecke der Couch zusammen wie ein wohlgenährter teurer Vogel. Ihre Haare waren mit Henna gefärbt, ihre Augen dunkel, die Lider grün geschminkt. Sie trug einen tabakfarbenen Hosenanzug, der ihre üppigen Formen zur Geltung brachte. Die Nägel waren grünlackiert, passend zu ihren Smaragden. »Jetzt sag mir endlich, was du angestellt hast. Warum ist Lily verschwunden?«
Orient musste lächeln. Er wusste, dass Sybelle eine erfahrene Telepathin war, eine Frau, die ihre Fähigkeiten mit der Präzision eines Uhrmachermeisters zu benutzen wusste. Besonders talentiert war sie, wenn es galt, Themen für den neuesten Klatsch aufzuspüren.
»Ich gebe mich geschlagen«, seufzte er. »Es hat keinen Sinn, irgendetwas vor dir geheim zu halten. Also gut, Lily und ich hatten Streit.«
»Aber worum ging es denn, um Gottes willen? Ich war der festen Überzeugung, Ihr seid ein Paar ohne Probleme.«
»Es gibt eine andere Frau.«
Sybelles Mund klappte auf. »Eine andere Frau?«
Ein trauriges Lächeln umspielte seine Lippen. »Lily hat herausgefunden, dass ich eine Liebschaft mit einer Rolls-Royce-Mechanikerin habe. Solange es ging, hat sie beide Augen zugemacht, dem Auto zuliebe. Sie war bewundernswert. Aber als sie uns dann auf dem Rücksitz eines Coupés entdeckte, da sind ihr die Nerven...«
»Owen Orient, ich finde dich kein bisschen amüsant«, fauchte sie.
Sordi war eingetreten. Er brachte die Drinks. Orient lehnte sich zurück. Er nahm eine selbstgedrehte Zigarette aus seinem Etui.
Sybelle hatte ein neues Opfer gefunden. Sie verfolgte genüsslich Sordis Handbewegungen. »Was ist eigentlich mit Ihnen?«, fragte sie schließlich.
»Mit mir?«
»Jawohl, Sie meine ich, mein lieber Sordi«, gurrte sie. »Ich kann einfach nicht verstehen, warum Sie sich noch nicht mit einer Frau zusammengetan haben. Es dürfte doch nicht schwer sein, ein weibliches Wesen zu finden, das Ihre Qualitäten zu schätzen weiß.«
Sordi konterte mit einem wissenden Lächeln. »Vielen Dank für die Nachfrage, Sybelle, aber ich habe viel zu viel zu tun, um an so etwas zu denken. Ich helfe Dr. Orient bei der Fertigstellung des Films. Ich bin sicher, mit dem Film wird er einen Preis gewinnen.« Er nahm sich ein Glas vom Tablett und setzte sich. »Lily hat übrigens in dem Film mitgewirkt.«
Orient hätte es begrüßt, wenn die Unterhaltung eine andere Wendung genommen hätte. Gab es denn keine Themen, die nicht mit Lily zusammenhingen?
»Warum hat sich Lily, wenn sie schon in der Gegend herumfliegt, ausgerechnet für Holland entschieden?«, fragte Sordi. »Es ist um diese Jahreszeit doch noch ziemlich kalt in den Niederlanden.«
Orient beschloss, mit einer Halbwahrheit zu antworten. »Graf Germaine hat sie angerufen und gebeten, an einem Experiment teilzunehmen. Sie wird nur wenige Wochen fort sein.«
»Nun ist es endlich heraus!« Sybelle hob ihr Glas. »Warum hast du das nicht gleich gesagt, Owen? Du bist wirklich der größte Geheimnistuer, den ich kenne.« Sie wandte sich von ihm ab und schenkte Sordi ein verführerisches Lächeln. »Wunderbar, der Drink, den Sie da gemixt haben, Sordi. Sie müssen mir unbedingt das Rezept verraten.«
Damit ist das Thema wohl überstanden, dachte Orient. Er sollte sich irren. Sybelle gab ihre Beute namens Sordi frei. »Mein lieber Owen, ich hatte immer den Eindruck, du magst den Grafen nicht besonders. Irre ich mich da?«
Er gab die Tarnung auf. Sybelle war eine Meisterin ihres Fachs, wenn es darum ging, an den wunden Punkt eines Menschen zu rühren. »Ich muss sagen, dass es mir nie gelungen ist, zu Graf Germaine das herzustellen, was man ein persönliches Verhältnis nennt.«
»Was hältst du denn von seiner Arbeit?«
»Ich verstehe nicht viel davon. Immerhin lässt sich wohl sagen, dass er in seinen Forschungen eine ganz merkwürdige Richtung eingeschlagen hat.«
»Interessant, dass du das sagst. Ich habe nämlich auch so ein seltsames Gefühl bei dem Ganzen. Man weiß nicht recht, worauf Graf Germaine hinauswill. Aber ich verstehe natürlich auch sehr wenig von der Materie.«
»Ich hatte gedacht, du bist seit Jahren mit dem Grafen befreundet.« Plötzlich begann ihn das Thema zu faszinieren. »Wie hast du den Mann eigentlich kennengelernt?«
»Ganz zufällig. Ich habe ihm geholfen, die Bibliothek für PSI-Forschung zu gründen. Er war mir dann später behilflich, als ich eine Bibliothek für meine Séancen gründete. Es ging darum, genau Buch zu führen über die Geister, die bei den einzelnen Sitzungen erschienen. Wir haben sogar Fotos gemacht. Viel gebracht hat's allerdings nicht. Um die Wahrheit zu sagen, es war ein Fiasko. Aber Graf Germaine hat sich sehr gut benommen. Sehr hilfsbereit.« Sie seufzte. »Ein gutaussehender Typ. Ein Gentleman. Und so entzückend europäisch. Ich war richtig verknallt in ihn, als ich neunzehn war.« Sie strahlte Sordi an. »Inzwischen sind zwanzig Jahre vergangen. Ich habe keine Ahnung wie Graf Germaine seitdem mit seinen Forschungen weitergekommen ist.«
Orient starrte in die Glut seiner Zigarette. »Merkwürdig. Du kennst diesen Mann schon so viele Jahre, und doch weißt du so wenig über ihn.«
»Wie kommt es, dass du dich so sehr für ihn interessierst?«
»Mein Interesse ist rein beruflich. Immerhin gehört er der Gesellschaft für abnorme Forschungen an.«
Wieder war es nur die halbe Wahrheit, die er ihr eröffnete.
Zwar war es Tatsache, dass er über die GAF Kontakt zu Graf Germaine hatte. Jener war sogar Vorsitzender der Vereinigung, die sich mit der Grundlagenforschung der PSI-Probleme befasste. Dr. Orient war Mitglied, ebenso wie Sybelle und Lily. Aber bis jetzt hatten sie nicht herausgefunden, was Graf Germaine mit seinen ganz persönlichen Forschungsprojekten bezweckte.
Orient hatte in Erfahrung gebracht, dass Germaine zu den Neun Unbekannten gehörte und einer der geheimen Anführer innerhalb der okkulten Hierarchie war. Orient wusste das, weil er innerhalb der Brüderschaft zu den Adepten des Zweiten Rings gehörte. Trotz dieses Wissens und trotz der Gemeinsamkeiten fiel es ihm schwer, zu Germaine Vertrauen zu fassen. Zu viele Verräter waren aus der Bruderschaft hervorgegangen, Renegaten, die sich vom Pfad des Lichtes losgesagt hatten, um ihre Seele dem Satan zu weihen. »Ich war von Anfang an bei der GAF dabei«, hörte er Sybelle sagen. »Trotzdem ist es mir nie gelungen, etwas über die persönlichen Forschungsprojekte des Grafen herauszukriegen.« Sie lächelte. »Er ist genauso verschwiegen wie du, Owen. Es ist zum Verzweifeln. Ich erinnere mich an einen Beitrag, den er zum Thema Magie des Sexuallebens geschrieben hat. Faszinierend.« Sie stellte ihr Glas aufs Tablett zurück. Plötzlich war sie ernst geworden. »Eines ist und bleibt seltsam. Graf Germaine sieht immer noch so aus wie vor zwanzig Jahren, als ich ihn kennenlernte. Damals war er sechzig. Als wir uns im vergangenen Jahr wiedertrafen, sah er aus wie fünfzig. Ich verstehe das nicht.«
Orient ließ die Frage, die sie ihrer Feststellung beimischte, im Raum stehen. Zwar sagte ihm sein Instinkt, dass etwas mit Germaine nicht in Ordnung war. Aber er respektierte die Stellung des Grafen innerhalb der okkulten Hierarchie. Es gab einen weiteren Grund, der zum Schweigen gemahnte. Wenn er Germaines Geheimnis der ewigen Jugend aufdeckte, dann lenkte er Sybelles Aufmerksamkeit zugleich auf den sehr privaten Seitenweg, den er, Orient, eingeschlagen hatte.
»Es ist schon merkwürdig«, fuhr Sybelle fort, »aber der Graf und ich, wir sind uns in den letzten Jahren immer fremder geworden. Wir sind zwar oft zusammen gewesen, aber ich habe immer größere Schwierigkeiten, mich mit ihm zu verständigen. Manchmal habe ich fast den Eindruck, er wünscht mich und unsere alte Freundschaft zum Teufel.«
»Sie sollten das nicht überbewerten«, ließ sich Sordi vernehmen. »Jeder hat so seine Launen, auch Graf Germaine.« Er schmunzelte. »Sogar Dr. Orient und Lily. Der Graf meint es sicher nicht so.« Er sah auf und vergewisserte sich, dass Orient ihm zuhörte.
»Du hattest Sordi bei deinem Anruf erklärt, du müsstest etwas Wichtiges mit mir besprechen«, warf Orient ein. »Jedenfalls hat es sich unheimlich bedeutsam angehört.« Er kniff die Augen zusammen. »Sagt Sordi.«
»Ach - ich glaube, ich war ganz einfach geschmeichelt, weil Sordi mich eingeladen hat. Ich finde, er kocht ganz phantastisch.« Sie senkte den Blick. »Aber ich muss mit dir reden, Owen. Ich habe eine Bitte.«
Orient saß da, mit verschränkten Armen. Wenn Sybelle ihn um einen Gefallen gebeten hatte, dann hatte das immer mit seiner Teilnahme an einer ihrer Séancen geendet.
»Gestern hat mich eine Freundin angerufen«, sagte sie in seine Gedanken hinein. »Gladys Weber. Wir haben uns zehn Jahre nicht mehr gesehen. Sie brauchte unbedingt Rat, und deshalb hat sie sich an mich gewandt. Die Ärmste hat sonst niemanden. Sie hat mich bei einer Talkshow gesehen.« Sybelle zupfte an ihren roten Locken. »Als führendes Medium in New York City habe ich natürlich eine gewisse Verantwortung. Ich kann die Menschen nicht zurückweisen, wenn sie meine Hilfe brauchen.«
»Und was wollte Gladys von dir?«
»Ihr Sohn ist verschwunden, und das schon seit mehreren Wochen. Die Polizei tut angeblich nichts.«
»Und Gladys glaubt, du kannst ihr helfen.«
»Ich sollte es jedenfalls versuchen, findest du nicht? Gladys hat mich gebeten, dass ich mir das Zimmer ihres Sohnes einmal ansehe. Vielleicht spüre ich irgendwelche Vibrationen, die uns weiterhelfen könnten.«
»Uns?«
Sybelles Lächeln degradierte die Mona Lisa zu einem kichernden Schulmädchen. Es war rätselhaft und entwaffnend zugleich. Sie schaffte es, seine Frage rüde klingen zu lassen. »Nun sträub dich nicht so, Liebling! Ich wüsste es sehr zu schätzen, wenn ich von deiner Erfahrung profitieren könnte. Du warst es schließlich, der mich in die Technik der Telepathie eingeweiht hat. Du bist das größte männliche PSI-Talent, das ich kenne. Bitte, versprich mir, dass du mitkommst.«
»Hört sich sehr interessant an«, meinte Sordi. »Wir könnten die Sache vielleicht für den Film verwenden.«
Orient hob die Hände. »Langsam, langsam. Wir gehen hier vorläufig von sehr unsicheren Voraussetzungen aus. Was mich betrifft, ich finde es gar nicht gut, wenn wir in die Wohnung der Frau gehen.«
»Wirklich nicht?« Die Enttäuschung in Sybelles Stimme war nicht zu überhören. »Und warum nicht, wenn ich das mal ganz laienhaft fragen darf?«
»Du sagst, der Sohn deiner Freundin ist verschwunden. Ist dir noch gar nicht der Gedanke gekommen, dass er vielleicht weggelaufen ist? Wie alt ist er?«
»Arnold ist fünfundzwanzig. Und ich sage gleich dazu, dass er noch nie vorher ausgerückt ist. Ein verwöhnter Junge, aber sehr brav. Ich kenne ihn. Ich kann dir versichern, die Mutter ist nicht hysterisch, wenn sie ihn suchen lässt. Sie macht sich Sorgen, und das zu Recht.«
Er räkelte sich in seinem Sessel. »Arnolds Zimmer zu besichtigen, das könnte uns auf eine Spur bringen. Ich sage könnte. Voraussetzung ist, dass ihm etwas Schlimmes zugestoßen ist. Auch dann werden wir allenfalls sehr schwache Vibrationen spüren. Was dabei herauskommt, wird deiner Freundin mehr Angst einjagen, als sie sowieso schon hat.«
»Gladys ist eine gute Freundin von mir, ich werde sie in dieser Situation nicht im Stich lassen, auch wenn ich allein hingehen muss. Ich habe ihr sofort gesagt, dass ich ihr wahrscheinlich nicht helfen kann, aber sie lässt sich nicht belehren. Die Frau ist völlig mit den Nerven fertig. Ich werde hingehen und sie trösten. Sie hat niemanden sonst, an den sie sich wenden kann, verstehst du?«
Immer noch zögerte Orient. »Die Frau kennt mich überhaupt nicht. Ich sehe nicht, wie ich dir von Nutzen sein könnte.«
»Nun bist du aber zu bescheiden, wirklich. Du bist schließlich ein erfahrener Arzt. Aber gut. Wenn du partout nicht willst, gehe ich allein.« Sybelle zuckte mit den Schultern. Sie betrachtete angelegentlich ihre grünlackierten Nägel. »Ich hatte allerdings damit gerechnet, dass du mir helfen würdest, aber wenn du mit deinen Gedanken ganz woanders bist, wenn du dich nicht konzentrieren kannst, dann lassen wir's lieber.«
»Ich habe keinerlei Schwierigkeiten, mich zu konzentrieren. Auf was willst du hinaus?« Er hatte plötzlich das Gefühl, dass Sybelle ein As in ihrem Ärmel verborgen hielt.
»Ich könnt's ja verstehen. Jetzt, wo Lily dir weggelaufen ist...« Sie sah ihn in aller Unschuld an. »Es ist ganz normal, dass du keine Lust zu solchen Unternehmungen hast. Zuviel Stress auf einmal.«
Orient wusste, wann eine Schlacht verloren war. Diese war verloren. »Ich werde mitgehen, wenn du meinst, dass ich deiner Freundin in irgendeiner Weise helfen kann.« Er seufzte. »Ich bin leider überzeugt, dass meine Bemühungen vergeblich sein werden.«
Sybelle strahlte. »Wie schön, dass du mitkommst! Ich habe ihr gesagt, dass wir gegen acht bei ihr auftauchen werden.« Sie sah auf ihre Uhr. »Wir haben nicht mehr viel Zeit.«
»Dann werden Sie eben mit einer kleinen Verspätung bei dieser Dame erscheinen«, protestierte Sordi. »Ich bestehe darauf, dass Sie erst die Antipasti probieren, die ich zubereitet habe, und natürlich den Ischia-Salat. Dr. Orient kann solche Belastungen schließlich nicht mit leerem Magen auf sich nehmen.«
Orient war erleichtert, dass Sybelle von dem Thema Lily abließ. Sie wandte ihre ganze Aufmerksamkeit der Mahlzeit zu, die der Italiener vorbereitet hatte.
Nach dem Essen fuhr er mit Sybelle zu der Adresse, die sie ihm genannt hatte. Nur mit halbem Ohr hörte er den Erklärungen zu, die sie ihm unterwegs gab. In Gedanken stellte er seinen Arbeitsplan für die nächste Woche zusammen.
»Es ist sehr wichtig, dass du der Frau nicht die Hoffnung nimmst«, sagte Sybelle. »Du musst dir darüber klar sein, dass sie Furchtbares durchgemacht hat. Gib ihr wieder Mut. Sei so, wie du als Arzt zu deinen Patienten warst.«
Er nickte. »Keine Sorge, ich werde deine Freundin nicht vor den Kopf stoßen. Ich werde ihr helfen, so gut ich kann. Wenn sich allerdings herausstellen sollte, dass wir es mit einer Neurotikerin zu tun haben, werde ich dem Spiel ein Ende bereiten. Vergiss nicht, dass du deine Freundin seit zehn Jahren nicht gesehen hast, du hast nur mit ihr telefoniert. Die Menschen ändern sich, falls es dir noch nicht aufgefallen ist.«
»Owen, du bist wirklich unverbesserlich«, konterte Sybelle. »Versuche ganz einfach, dich wie ein Gentlemen zu benehmen, wenn wir bei meiner Freundin sind.« Sie musterte ihn mit einem anzüglichen Blick. »Falls du noch weißt, wie das geht.«
Gladys Webers Wohnung war ein kleines Apartment. Vom Fenster konnte man auf die Brücke an der 59th Street sehen. Als Owen die Frau sah, tat ihm leid, was er zu Sybelle gesagt hatte.
Sybelles Freundin war Mitte Sechzig, eine Frau von kleiner Statur, zerbrechlich, mit feinen, empfindlichen Zügen. Sie trug einen langen Tweedrock und eine Kaschmirjacke. Das weiße Haar war zu einem Knoten geschlungen, der Anblick erinnerte Orient an gepresste Blumen in einem Poesiealbum und an vergilbte Fotos.
Sie hatte Schwierigkeiten, ihr Anliegen vorzutragen. Die Tage des Wartens und Hoffens hatten sie zermürbt.
Sybelle hatte ein Gespräch über vergangene Zeiten begonnen, über gemeinsame Bekannte, die man aus den Augen verloren hatte, so wie der Kontakt zwischen Gladys und Sybelle vor Jahren eingerostet war. Es dauerte eine Weile, aber dann gelang es ihr, die Mauer der Lethargie zu durchbrechen, mit der Gladys sich wappnete. Ein Lächeln erschien in den Mundwinkeln der Frau, ihre grauen Augen begannen zu leuchten.
Es war nicht das erste Mal, dass Orient einem Gespräch Sybelles mit einer ihrer Klientinnen beiwohnte. Immer wieder hatte es ihn erstaunt, wie leicht sie die Menschen ihre Sorgen vergessen machen konnte. Üppig, fast plump von Gestalt, war Sybelle ein außerordentlich einfühlsames Medium. Sie hatte einen wunderbaren Instinkt für das, was die Menschen bedrückte.
»Und jetzt musst du uns unbedingt sagen, ob dir in der letzten Zeit etwas Besonderes an Arnold aufgefallen ist«, bat Sybelle, nachdem sich ihre Freundin beruhigt hatte. »War er unglücklich?«
Gladys Weber faltete die Hände. »Ich kann mir immer noch nicht erklären, warum er weggegangen ist. Das ergibt einfach keinen Sinn. Seine Arbeit hat ihm Spaß gemacht, das weiß ich ganz genau. Es ging ihm gut, auch gesundheitlich. Er war gerade in ein neues Apartment gezogen. Wir hatten ein gutes Verhältnis zueinander. Zweimal in der Woche kam er zum Abendessen zu mir, immer am Montag und am Donnerstag. Manchmal verbrachte er auch das ganze Wochenende bei mir.« Ihre Stimme brach. »Er ist von einem auf den anderen Tag verschwunden, ohne Abschied.« Sie sah auf, ein trauriges Lächeln spielte um ihren Mund. »Es tut mir leid, wenn ich Sie mit diesen Dingen belästige, Dr. Orient. Ich muss Ihnen vorkommen wie eine alte Frau, die ihren Verstand nicht mehr ganz beisammen hat.«
Orient beugte sich vor. »Durchaus nicht. Ich bin gekommen, um Ihnen zu helfen, wenn das irgendwie möglich ist, ebenso wie Ihre Freundin.« Er musterte sie nachdenklich. »Seit wann vermissen Sie Arnold?«