DARK CITY - Frank Lauria - E-Book

DARK CITY E-Book

Frank Lauria

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Beschreibung

»Die dunkle Spur auf dem Fußboden führte zu einem nackten, weißen Fuß, der hinter dem Bett hervorragte.

Zögernd ging Murdoch näher heran. Eine nackte Frau lag mit ausgebreiteten Armen in einer Blutlache. Ihre Augen starrten leblos zur Decke.«

Ein Mann erwacht in einem Zimmer einer billigen Absteige und findet eine Tote vor. Doch ihm fehlt jegliche Erinnerung daran, was geschehen sein könnte. Ihm ist, als durchlebe er den Alptraum eines anderen, eines Fremden, zumal merkwürdige Gestalten in langen schwarzen Mänteln immer wieder versuchen, ihm den Garaus zu machen...

Der futuristische Psycho-Thriller DARK CITY von Frank Lauria ist die Roman-Adaption des gleichnamigen Films aus dem Jahr 1998 (Regie: Alex Proyas) – in den Hauptrollen: Rufus Sewell als John Murdoch, Kiefer Sutherland als Dr. Schreber, Jennifer Connelly als Emma Murdoch/Anna, William Hurt als Frank Bumstead und Ian Richardson als Mr. Book.

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FRANK LAURIA

 

 

Dark City

 

 

 

 

 

 

Apex SF-Klassiker, Band 27

 

 

Apex-Verlag

Inhaltsverzeichnis

Das Buch 

Der Autor 

 

DARK CITY 

Prolog 

1. 

2. 

3. 

4. 

5. 

6. 

7. 

8. 

9. 

10. 

11. 

12. 

13. 

14. 

15. 

16. 

17. 

18. 

19. 

20. 

 

 

Das Buch

 

»Die dunkle Spur auf dem Fußboden führte zu einem nackten, weißen Fuß, der hinter dem Bett hervorragte.

Zögernd ging Murdoch näher heran. Eine nackte Frau lag mit ausgebreiteten Armen in einer Blutlache. Ihre Augen starrten leblos zur Decke.«

Ein Mann erwacht in einem Zimmer einer billigen Absteige und findet eine Tote vor. Doch ihm fehlt jegliche Erinnerung daran, was geschehen sein könnte. Ihm ist, als durchlebe er den Alptraum eines anderen, eines Fremden, zumal merkwürdige Gestalten in langen schwarzen Mänteln immer wieder versuchen, ihm den Garaus zu machen...

 

Der futuristische Psycho-Thriller DARK CITY von Frank Lauria ist die Roman-Adaption des gleichnamigen Films aus dem Jahr 1998 (Regie: Alex Proyas) – in den Hauptrollen: Rufus Sewell als John Murdoch, Kiefer Sutherland als Dr. Schreber, Jennifer Connelly als Emma Murdoch/Anna, William Hurt als Frank Bumstead und Ian Richardson als Mr. Book.

 

Der Autor

 

Frank Lauria, Jahrgang 1935.

Frank Lauria ist ein US-amerikanischer Schriftsteller, Musiker, Broadway- und Film-Schauspieler.

Besondere Bekanntheit erlangte er durch die stilprägenden Okkult-Horror-Romane um Dr. Owen Orient; diese Serie besteht bis dato aus den Bänden Doctor Orient (1970), Raga Six (1972), Lady Sativa (1973), Baron Orgaz (1974), The Priestess (1978), The Seth Papers (1979), Blue Limbo (1991) und Demon Pope (2014).

Darüber hinaus schuf er die Roman-Fassungen der Filme Dark City (1998), End Of Days und Pitch Black (beide 1999). Aktuell veröffentlichte Frank Lauria  den Noir-Krimi Fog City Blues (2014, der erste Band der Serie Max LeBlue-Mysteries) sowie den Vampir-Roman Melody Dawn (2015).

Im November 2011 erschien überdies das Album Lost In The Underground seiner Band Uncle Frank And The Co-Defendants.

 

Frank Lauria lebt und arbeitet in Kalifornien/USA.

 

Der Apex-Verlag widmet Frank Lauria eine umfangreiche Werkausgabe.

  DARK CITY

 

 

 

 

 

Für Jimmy Breslin,

der mir einen verdammt guten Rat gab...

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

»Geträumtes und Ungeträumtes werden eins,

Vermischen Nacht und Tag in deinem Bewusstsein,

Und völlig bedeutungslos ist, dass du zweimal

In dein Kissen heulst...«

 

- John Crowe Ransom: Präludium eines Abends 

 

 

 

 

 

 

 

 

  Prolog

 

 

 

Es begann... mit einer Kleinigkeit.

Fragmente eines vorüberfliegenden Kometen wurden von ihrem Planeten angezogen.

Dadurch gelangte ein sich im Ruhezustand befindender Organismus auf diesen Himmelskörper, erwachte in der dunklen, trockenen Atmosphäre zu neuem Leben und fing sofort an, die elementaren Bestandteile des fragilen Ökosystems aufzubrauchen. Und langsam begann er, die Bewohner dieses Planeten zu töten.

Sie waren eine uralte Gattung. Bis dahin hatten sie eine Lebenserwartung von über eintausend Jahren gehabt.

Sie überlebten einfach dadurch, dass sie existierten.

Leider war es bei ihrer Lebensform nicht nötig gewesen, zu einem anderen Planeten überzusiedeln, und daher besaßen sie auch nicht die hierfür erforderlichen Hilfsmittel.

Also warteten sie. Und starben.

Die Aliens waren beinahe ausgestorben, als ein Raumschiff, das auf Erkundungsflug war, zufällig in ihren Orbit eindrang. Diesmal waren sie vorbereitet. In dem Augenblick, als der Explorer landete, drangen sie in ihn ein.

Mit Leichtigkeit unterwarfen sie sich die Besucher, indem sie deren fremdes Bewusstsein unter ihre Kontrolle brachten. Eigentlich wurden sie zu Parasiten, die dank ihrer Wirte lebten.

Danach verließen sie ihre zum Untergang verurteilte Welt und flogen zum Heimatplaneten ihrer Wirte. Aber als sie dort ankamen, war deren Ökosystem zusammengebrochen. Viele der Bewohner waren bereits tot.

Schließlich war die ganze Wirtsgattung ausgestorben.

Mit Hilfe der von ihren ehemaligen Wirten entwickelten Technik schafften sie es, Leben zu erzeugen. Sie schufen Kopien ihrer Wirte - und damit ermöglichten sie es dem Rest ihrer eigenen Gattung zu überleben.

Dann gingen die Letzten an Bord des fremden Raumschiffes und starteten mit unbekanntem Ziel. Da sie keinen Heimatplaneten mehr hatten, waren sie zu Fremden im Universum geworden.

Die Fremden gelangten zu verschiedenen Welten, die sie kolonisieren konnten. Aber früher oder später starben deren Bewohner aus.

Und außer dem Fortbestand ihrer Gattung hatten die Fremden keinerlei Ziele. Durch die Eroberung verschiedener fremder Welten waren sie in den Besitz wissenschaftlich-technischer Erkenntnisse und Methoden gelangt, zwischen denen kein Zusammenhang existierte.

Doch im Grunde lief alles auf eines hinaus.

Langeweile. Als Gattung hatten die Fremden ein gemeinsames Bewusstsein. Ihr Denken war nur auf eines ausgerichtet: zu funktionieren.

Und als die Fremden in die verschiedenen Gegenden des Kosmos reisten, stellten sie fest, dass die meisten Lebensformen sich sehr ähnelten. Gattungen existierten, um zu existieren. Fast immer in Kolonien.

Für die Fremden bedeutete dies eine unaufhörliche geistlose Suche nach einem geeigneten Wirt. Ihre Rechnung ging nie auf, aber so sonderbar es klingen mag, sie suchten den perfekten Liebhaber.

Ein symbiotisches Verhältnis, durch das neues Leben entstehen konnte.

Nach ihren eigenen äußerst rigiden Vorstellungen.

Weil sie schließlich nicht in der Lage waren, etwas zu erfinden. Sie konnten nur konsumieren.

Was genügte. Bis sie zufällig auf einen kleinen blauen Planeten stießen, der einen unbedeutenden Fixstern umkreiste. Der Planet besaß zwei Dinge im Überfluss, die für die Fremden tödlich waren.

Das eine war Wasser, das andere Sonnenlicht.

Aber die Gattung, die auf dem Planeten zu Hause war, unterschied sich von all den Lebensformen, auf die die Fremden im unendlichen Universum gestoßen waren.

Ihr Bewusstsein hatte... eine Dimension.

Die Fremden passten sich zuerst dem Denken ihrer neuen Wirte an. Sofort starben beide.

Eintausend Jahre lang studierten die Fremden die Menschen - so hießen sie. Und ihr Neid wuchs.

Die Menschen hatten eigene Gedanken. Unglaubliche Phantasien. Träume. Musik. Und was am faszinierendsten war - individuelle Erinnerungen. Die Summe dieser Erinnerungen machte tatsächlich einen Großteil ihrer komplexen Intelligenz aus.

Die Fremden verfügten jedoch gleichfalls über beachtliche Fähigkeiten. Sie waren in der Lage, die Zeit zu steuern. Sie hielten die Menschen mit Leichtigkeit unter Kontrolle, indem sie diese, einfach durch ihre Willenskraft, zwangen zu schlafen.

Auch vermochten die Fremden den größten Teil der Materie zu formen, sich gefügig zu machen und zu verändern, um sie ihren Bedürfnissen anzupassen. Aber gerade der Mangel an... Phantasie engte den Spielraum dieser Fähigkeiten ein.

Und daher begannen sie, sich die menschlichen Erinnerungen anzueignen. Um sie zu besitzen. Und um in ihnen zu sein.

Systematisch versammelten sie sich jede Nacht in einem riesigen gottlosen Tempel. Dort aktivierten sie in der unterirdischen Dunkelheit riesige geheime Dynamos - und zogen los, um menschliche Seelen zu stehlen...

 

Das massige metallene Gesicht war in der Dunkelheit schemenhaft zu erkennen. Seine ausdruckslosen, reliefartigen eisernen Züge glichen denen eines alten Götzenbildes.

Langsam öffneten sich die grüblerischen Augen, und die kalten metallischen Züge schienen zu verschwinden, um den Blick auf eine riesige Uhr freizugeben. Ihr tiefes, unheilvolles Ticken hallte in der Düsternis wider.

Eine behandschuhte Hand wurde ausgestreckt, packte den stählernen Hebel eines Schalters und zog ihn mit einem Ruck herunter.

Sofort blieb der leuchtende Sekundenzeiger stehen - und die Welt verstummte.

 

  1.

 

 

 

Die Glühlampe baumelte wie eine Schlinge von der Decke. Schatten bewegten sich im trüben Licht hin und her. Zwei schläfrige Augen klappten auf und blickten verwirrt umher.

Nacht. Schmerzen.

John Murdoch setzte sich auf - und hörte ein Plätschern.

Ein Plätschern?

Er blickte nach unten. Er saß in einer Wanne mit kaltem Wasser. Er ließ seine Augen im Zimmer umherschweifen. Alles kam ihm fremd vor. Er spürte einen dumpfen Schmerz im Kopf.

Mit steifen Bewegungen stieg er aus der Wanne. Er stolperte zu einem zersprungenen Wandspiegel und starrte in das trübe Glas.

Beinahe erkannte er die Gestalt mit dem ungekämmten Haar und den tiefliegenden Augen, die ihn ansahen, nicht. Dunkelrotes Blut rann über sein Gesicht. Es quoll aus einem Punkt zwischen den Augenbrauen. Instinktiv wischte er es ab und bemerkte die geschwollene stecknadelkopfgroße Wunde auf seiner Stirn. Sie sah so aus, als ob eine Schlange sie ihm mit einem ihrer Fangzähne verpasst hätte.

Ein kalter Schauer rann ihm über die nackte Haut. Er entdeckte einen Haufen Kleidungsstücke auf einem Stuhl in der Nähe und zog sich hastig an. Er angelte sich die Schuhe, die unter dem Stuhl standen. Sie glänzten und waren brandneu. Und sie passten.

Immer noch schwankend verließ er das Badezimmer, ohne gleich die gläserne Injektionsspritze wahrzunehmen, die zerbrochen am Boden lag.

Als er aus dem Badezimmer kam, stieß er mit seinen Beinen gegen einen Tisch, ein Goldfischglas fiel herunter. Es zersplitterte, und das Wasser ergoss sich nach allen Seiten. Ein Goldfisch zappelte auf dem Fußboden.

Mit zitternden, ungeschickten Händen hob Murdoch den Fisch auf, schlurfte zurück ins Badezimmer und warf die glitschige Kreatur in die halbvolle Badewanne. Es platschte leise.

Murdoch betrat vorsichtig das große Zimmer und sah sich um. Er fand eine Lampe und schaltete sie an. In ihrem diffusen Licht nahm er einige nichtssagende Möbelstücke, ein Bett, einen Stuhl, eine Kommode und einen Wandschrank wahr. Er öffnete ihn und entdeckte darin einen Regenmantel. Er steckte beide Hände in die Manteltaschen. Ein goldener Schlüssel kam zum Vorschein.

Ohne zu überlegen, durchsuchte er die eigenen Taschen und holte einen zweiten Schlüssel hervor. Es war ein großer Hotelschlüssel, der schwer zu verlegen war.

Die Zimmernummer, die darauf stand, war 614. Als Murdoch den Schlüssel wieder in seine Hosentasche steckte, erblickte er weiter hinten im Wandschrank einen Gegenstand. Einen Koffer.

Das Leder war alt und abgenutzt. Er hob ihn aufs zerwühlte Bett und öffnete den Deckel. Noch mehr Kleidungsstücke. Das Allernotwendigste: Unterwäsche, Socken, einige Hemden, Sweater, Krawatte, Jacke, Hose'.

Wer immer den Koffer gepackt hatte, er hatte sein Zuhause in großer Eile verlassen.

Er nahm ein Hemd und hielt es an seine Brust. Es passte genau. Wie das, welches er im Badezimmer gelassen hatte. Als er tiefer im Koffer herumkramte, fand er eine Ansichtskarte.

SHELL BEACH stand auf der Vorderseite. Auf dem Foto war eine sonnige Stadt am Meer zu sehen.

Die Ansichtskarte erinnerte ihn an etwas. Bilder flatterten auf wie aufgescheuchte Vögel.

Ein heißer, weißer Strand. Ein kleiner Junge, der über weichen Sand krabbelt... Lachend... Voller Lebenslust...

Er zwinkerte. Er stand in einem düsteren, billigen Zimmer und starrte auf eine alte Ansichtskarte.

Plötzlich klingelte das Telefon. Zögernd ergriff er den Hörer und presste ihn ans Ohr.

»Wer ist da?«, fragte eine hohe, nasale Stimme.

Die Frage verwirrte Murdoch.

»Was ist?«

»Sie wissen es nicht?« Die nasale Stimme klang weinerlich. »Hören Sie. Ich bin Arzt. Ich kann helfen. Aber Sie müssen dort weg. Sie werden bald da sein. Sie müssen sofort das Zimmer verlassen...«

Wie elektrisiert sträubte sich Murdoch das Haar im Nacken. Plötzlich spürte er, dass noch jemand im Zimmer war. Er drehte sich um und schaute herum. Dann sah er es.

Die dunkle, ölige Spur auf dem Fußboden führte zu einem nackten weißen Fuß, der hinter dem Bett hervorragte.

Zögernd ging er näher heran. Eine nackte Frau lag mit ausgebreiteten Armen in einer Blutlache. Ihre Augen starrten leblos zur Decke.

Der Telefonhörer entglitt Murdochs gefühllos gewordenen Fingern.

Die Frau war grausam verstümmelt worden. Karminrote spiralförmige Wunden klafften in ihrem weißen Fleisch.

»Sind Sie noch da...?«

Er erwachte aus seiner Erstarrung. Er streckte die Hand nach dem Telefonhörer aus und hielt inne. Gut zehn Zentimeter vom Hörer entfernt lag ein blutiges Messer. Er schickte sich an, es aufzuheben, dann besann er sich.

Er brauchte das verdammte Messer nicht - er musste hier raus. Sofort.

Doch im letzten Moment beschloss er, das Messer und den Koffer mitzunehmen. Als er in den schäbigen Gang hinaustrat, wurde ihm schwindlig, und er tappte, Halt suchend, nach der Wand. Nach einigen tiefen Atemzügen schien sein Kopf wieder klar zu sein.

Murdoch wankte, den Koffer krampfhaft festhaltend, den Gang entlang.

Ding!

Am anderen Ende des Korridors öffnete sich die Tür eines Lifts.

Murdoch wartete nicht, um zu sehen, wer es war. Er stieg die Treppe hinab und verschwand in der Stille.

Ein schwacher Lichtschein am Fuß der Treppe wies ihm den Weg zum Foyer. Als er eintrat, erblickte er zuerst eine Frau, die an der Wand einer Telefonzelle lehnte. Die Augen der Frau waren geschlossen, und ihr Mund stand offen, als ob sie mitten im Gespräch eingeschlafen wäre.

Er öffnete die Tür, und die Frau rollte heraus. Sie landete vor seinen Füßen. Murdoch blickte zur Rezeption. Der Hotelmanager war über dem Gästebuch zusammengesunken. Er schlief wie ein Toter.

Die große Wanduhr an der Rezeption war stehengeblieben. Murdoch drehte sich um und wollte sich schon mit leisen Schritten entfernen.

In diesem Augenblick begann die große Uhr zu ticken. Als der Sekundenzeiger sich bewegte, beendete der Verkehrslärm die Stille. Irgendwo draußen ertönte eine Sirene. Ihr Geheul beruhigte ihn seltsamerweise, als er das Hotel verlassen wollte.

»He!«

Murdoch blieb stehen und drehte sich langsam um. Der Hotelmanager starrte ihn an. Er war jetzt hellwach.

»Das Automaten-Restaurant hat angerufen. Sie haben ihre Brieftasche dort liegenlassen.«

Murdoch blickte ihn erstaunt an. »Meine...«

Der untersetzte Angestellte musterte ihn missbilligend durch seine runden Brillengläser. »Brieftasche«, wiederholte er laut. »Ich nehme an, Sie holen sie, da Sie nur für drei Wochen bezahlt haben - und die Zeit ist vor zehn Minuten abgelaufen.«

Murdoch schaute weg. Die Frau aus der Telefonzelle stand vorsichtig auf und wunderte sich, wie sie dorthin gekommen war. Er wunderte sich ebenfalls.

Er ging zurück zum Rezeptionstresen. »Ich bin seit drei Wochen hier?«

Flink öffnete der Manager das Gästebuch und fand die Seite. »Es steht hier schwarz auf weiß, Mr. Murdoch. Der Tag und das Datum.« Er schob das Buch Murdoch zu. »Wir führen genauso sorgfältig Buch, wie wir unsere Betten machen.«

Murdoch beugte sich über die Seite und überflog die Eintragungen. Da stand: »J. Murdoch.« Er blickte nach unten. Die Initialen auf seinem Koffer lauteten ganz anders: »K. H.«

Er sah den gedrungenen Manager an und klopfte auf seine Tasche. »Oh, ich werde das in Ordnung bringen, sobald ich zurückkomme.«

Murdoch schlurfte zur Tür.

»Machen Sie das«, rief ihm der Manager hinterher. »Barzahlung ist das einzige, was Sie zum Gast in dieser Bude macht.«

Sobald Murdoch draußen war, bog er um die Ecke und fand die Tür zum Heizungskeller. Er wusste nicht genau, wohin er seine Schritte lenken musste. Er stieg die schmale Treppe hinab, bis er den Heizungsraum erreichte.

Das Feuer in der Heizungsanlage loderte. Die Hitze ignorierend holte Murdoch ein zusammengerolltes Handtuch unter seinem Mantel hervor. Zuerst wickelte er das blutige Messer aus. Mit Hilfe des Handtuchs öffnete er die Ofentür. Dann warf er sowohl das Messer als auch das Handtuch in die gierigen Flammen.

Murdoch streckte die Hand nach dem Koffer aus. Für einen Moment studierte er die Initialen »K. H.«, bevor er den Koffer ins Feuer schleuderte und die Ofentür mit einem Fußtritt zuschmiss.

Er hatte Angst, den dunklen Raum zu verlassen, und krümmte sich plötzlich zusammen, als ihm speiübel wurde...

 

Weit oben über dem Heizungskeller öffnete sich die Lifttür. Der Hotelmanager stieg aus und watschelte den Gang entlang. Dabei murmelte er vor sich hin.

»Nach der Hausordnung sind drei Wochen drei Wochen. Keinen Tag länger für gutes Benehmen.« Er kicherte und holte seinen Generalschlüssel hervor. Er blieb vor Zimmer 614 stehen.

Langsam betrat der Manager den dunklen Raum.

Er blieb kurz stehen, als er die schwarze Gestalt erblickte, die im weißen Badezimmer kauerte. Die Scherben einer zerbrochenen Injektionsspritze glänzten im trüben Licht. Weitere Schatten bewegten sich im Badezimmer über die zusammengekauerte Gestalt hinweg.

Der Manager trat einen Schritt zurück, und seine Hand tastete nach der Tür. »Oh, ich dachte, das wäre Mr. Murdochs Zim...«

Eine Hand im schwarzen Handschuh legte sich plötzlich um seine Kehle. Die Finger unter dem Leder waren kalt - und stark. Sie pressten seine Kehle immer mehr zusammen. Der Manager schnappte verzweifelt nach Luft. Dann spürte er, wie er auf einmal gegen die Wand geschleudert wurde und wieder atmen konnte. Keuchend zog der Manager die Luft ein.

Als er aufschaute, hörte er zu keuchen auf. Angsterfüllt sah der Manager, wie eine große, finstere Gestalt aus dem Badezimmer kam.

Obwohl sie in dem schwachen Licht noch immer schwer erkennbar war, bemerkte er, dass sie merkwürdig auf das verschüttete Wasser aus dem Goldfischglas reagierte. Der Mann wich zurück und machte einen großen Bogen um die Pfütze, als ob er sich vor dem Wasser fürchtete.

Die seltsame Gestalt sprach mit metallisch klingender Stimme.

»Mr. Murdoch, ja. Wo ist er?«

»Er ist gerade weggegangen...«, krächzte der Manager. »Vor weniger als fünf Minuten.«

Ein Licht tauchte auf.

Voller Schaudern erblickte der Manager drei Fremde, die vor ihm standen. Sie schienen alle miteinander verwandt, als ob es sich um Cousins handelte. Alle drei hatten kahle, eiförmige Schädel und eine glatte, elfenbeinfarbene Haut, und sie trugen lange schwarze Mäntel.

Etwas bewegte sich am Rande seines Gesichtsfeldes.

Eine winzige Hand reckte sich in die Höhe und zupfte den ersten Fremden am Mantel. Dem Manager erstarrte das Blut in den Adern, als er die zwergenhafte Gestalt sah. Es war eine Miniaturausgabe der drei Fremden. Ein Kind und doch keines. Seine Augen waren so leer und erbarmungslos wie die eines Reptils.

Ein Kind mit einem Dolch in der kleinen, weißen Faust.

Lähmende Furcht ergriff den Manager. Unfähig zu sprechen, schaute er flehend den Anführer an.

»Schlaf jetzt«, flüsterte der erste Fremde.

Der Manager verdrehte die Augen nach oben. Sein untersetzter Körper sackte zusammen.

Einen Moment später waren die Fremden gegangen und hatten ihn mit der verstümmelten Leiche der Frau allein gelassen.

 

 

 

 

 

 

  2.

 

 

 

Der Limbo-Raum war ein Raucherparadies.

Grauer Dunst umhüllte die Gäste, die an der Bar hockten, und schien die Geräusche zu dämpfen. Von einer kleinen Bühne jenseits der leeren Tanzfläche ertönte Jazzmusik.

Die Drei-Mann-Band spielte leise; ihre Musik verschmolz mit dem sinnlichen Timbre der jungen Sängerin. Emma war eine Herzensbrecherin. Ihre weiche Stimme und träge Schönheit verzauberten die nackte, schwarze Bühne. Emma wirkte im Scheinwerferlicht wie ein Schmetterling des Art Deco, als ihr sentimentales Liebeslied verklang.

Sie vernahm noch die Fetzen des Beifalls, als sie die Bühne verließ und auf ihre Künstlergarderobe zustrebte.