Berufliche Didaktik in der Schweiz (E-Book) - Antje Barabasch - E-Book

Berufliche Didaktik in der Schweiz (E-Book) E-Book

Antje Barabasch

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Beschreibung

Dieses E-Book enthält komplexe Grafiken und Tabellen, welche nur auf E-Readern gut lesbar sind, auf denen sich Bilder vergrössern lassen. Herausgegeben von der Eidgenössischen Hochschule für Berufsbildung EHB Das Leadinghouse Berufsfelddidaktik beschäftigt sich seit 2017 mit dem Thema der Berufsfelddidaktik in der Schweiz und international. Der vorliegende Band fasst die wissenschaftlichen Arbeiten der letzten Jahre zusammen. Die verschiedenen Beiträge befassen sich mit Fragen des internationalen Vergleichs, der Kompetenzentwicklung oder des Innovationstransfers. Damit wird die Thematik aus verschiedensten Blickwinkeln beleuchtet und fundiertes Hintergrundwissen vermittelt.

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Antje Barabasch (Hrsg.)

Berufliche Didaktik in der Schweiz

Innovationstransfer und Berufsfelddidaktik

Eine Publikation der Eidgenössischen Hochschule für Berufsbildung EHB

ISBN Print: 978-3-0355-2015-6

ISBN E-Book: 978-3-0355-2016-3

1. Auflage 2022

Alle Rechte vorbehalten

© 2022 hep Verlag AG, Bern

hep-verlag.com

Inhalt

Vorwort

Berufsfelddidaktik in der Schweiz – ein weites (Forschungs-)Feld

Antje Barabasch

Zur Verbreitung berufsdidaktischer Konzepte an den Beispielen der Lernfelddidaktik und der beruflichen Handlungsorientierung im deutschsprachigen Raum

Lena Freidorfer, Philipp Gonon

Struktur und Ansehen der Ausbildung von Berufsschullehrpersonen in den DACH-Ländern

Silke Fischer, Antje Barabasch

Die Profession von Berufsbildungsverantwortlichen im Kontext des Berufsfelds

Janine Gut, Jürg Arpagaus

Coaching zur Unterstützung des selbstständigen Lernens im Betrieb – ein Ansatz, der sich auch für die Anwendung in der Berufsschule eignet?

Anna Keller, Roland Stähli, Antje Barabasch

Innovationstransfer und Berufsfelddidaktik – Beiträge individueller Innovationstransferstrategien von Berufsbildungsverantwortlichen aller Lernorte an die Berufsfelddidaktik

Daniel Degen, Ramona Martins

Zur curricularen Verankerung und betrieblichen Umsetzung kritischen Denkens und Problemlösens – ein Blick auf Hotelfachleute und Informatiker*innen

Lena Freidorfer, Philipp Gonon

Zur Förderung von Kreativität in der kaufmännischen Grundbildung

Silke Fischer, Antje Barabasch

Didaktische Konzepte und ihre Umsetzung in der überbetrieblichen Ausbildung

Markus Maurer, Karin Hauser, Stefanie Dernbach-Stolz

Rahmenbedingungen und Gestaltungsprinzipien für lernortübergreifende Aufgaben zur Kompetenzentwicklung in der beruflichen Grundbildung

Claudia Koch, Samuel Krattenmacher, Susan Rosen

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Autor*innenverzeichnis

Vorwort

Die Tätigkeitsfelder der Berufsbildung sind vielfältig und sie verändern sich. Deshalb stellt sich immer wieder neu die Frage, inwieweit Berufsbilder lediglich an neue berufliche Anforderungen angepasst oder besser zusammengefasst werden sollten. Aus didaktischer Perspektive scheint die Zusammenfassung professionsspezifischen Wissens in einer Berufsfelddidaktik ein sinnvoller Schritt zu sein, die inhaltliche Vielfalt der Fachdisziplinen unter übergeordneten professionsspezifischen Gesichtspunkten zu subsumieren. Dies betrifft besonders die Qualifizierung der Berufsfachschullehrpersonen, welche in ihrem Unterricht Lernende verschiedener Berufe gemeinsam unterrichten. Auch in der Lehreraus- und Weiterbildung sind Lehrpersonen verschiedener Berufsrichtungen zusammen in den Seminaren und können kaum fachspezifisch didaktisch qualifiziert werden.

Die Frage, ob berufliche Didaktik in Form einer Berufsfelddidaktik entwickelt werden sollte, ist nicht neu und stellt sich auch in der Schweiz unter dem Gesichtspunkt einer Professionspolitik, die die weitere Ausdifferenzierung und Etablierung einer Disziplin anstrebt, bereits seit längerem. Dass mehr Qualifizierung in der Didaktik an den Hochschulen erfolgen sollte, haben die swissuniversities als Herausforderung erkannt und fördern deshalb seit einigen Jahren im Rahmen verschiedener Programme die Qualifizierung von Fachpersonal für alle Bildungsstufen. Aus dieser Förderinitiative ging das Leading House für Berufsfelddidaktik (LH BFD) hervor, eine Vereinigung von Wissenschaftler*innen der Eidgenössischen Hochschule für Berufsbildung, der Universität Zürich und der Pädagogischen Hochschulen Luzern, Zürich und St. Gallen. Seit 2017 fokussiert sich die Arbeit des Netzwerks auf Forschung zur Berufsfelddidaktik.

Die Frage, ob es eine Berufsfelddidaktik braucht, konnte unser Netzwerk bisher aufgrund der konträren Überlegungen nicht eindeutig beantworten. Stattdessen wurde aber in der Praxis deutlich, dass in allen Berufen die Vermittlung transversaler Kompetenzen wichtiger wird und die Organisationen der Arbeitswelt vor der grossen Aufgabe der Reform ihrer Berufsbilder stehen. Eine erste Analyse internationaler Literatur zum Thema zeigt, dass bisher wenig konkretes didaktisches Material existiert, das Lehrpersonen, aber auch Praxisbildner bei dieser Aufgabe unterstützt. Deshalb wird sich das LH BFD in den nächsten Jahren insbesondere mit dieser Thematik auseinandersetzen. Unbedingt erwähnt werden muss in diesem Zusammenhang aber auch die Notwendigkeit der Vermittlung didaktischer Fähigkeiten im Umgang mit digitalen Tools beziehungsweise der Didaktik digitalisierter Lehre. Hier ist weitere Forschung ebenso nötig.

Gleichzeitig gibt es bereits ausgeprägte Fachdisziplinen, die in der Tradition stehen, ihre Fachdidaktik aktuellen Anforderungen auf dem Arbeitsmarkt anzupassen und weiterzuentwickeln. Insbesondere in den technischen Wissenschaften, aber auch in den Gesundheitswissenschaften kann hier beispielsweise auf fundiertes Wissen zurückgegriffen werden. Darüber hinaus ist die Literaturlage zur allgemeinen beruflichen Didaktik umfangreich. Sowohl die Dozierenden an den Hochschulen als auch die Berufsfachschullehrpersonen sind immer wieder aufs Neue herausgefordert, diese so zu vermitteln, dass die Inhalte individuell auf die jeweiligen fachlichen Kontexte heruntergebrochen werden können. In der Schweiz, wo viele Berufsfachschullehrpersonen und Praxisbildner aus der Praxis kommen beziehungsweise parallel zu ihrer Unterrichtstätigkeit noch in der Praxis sind, besteht der Anspruch, das eigene Alltags- und Erfahrungswissen aus dem Beruf didaktisch so aufzuarbeiten, dass ein guter Unterricht oder eine gute Lernbegleitung sichergestellt ist. Die Professionalisierung des Personals in der Berufsbildung stellt deshalb bezüglich der didaktischen Ausbildung weiterhin eine grosse Herausforderung dar.

Dass Kolleg*innen aus verschiedenen Lehrer*innenbildungsinstitutionen der Schweiz in einem Leading House zusammenarbeiten, ist neu. Um die Ergebnisse unserer guten Kooperation aufzuzeigen, initiierte ich dieses Buch. Die zehn Beiträge decken sowohl grundlegende didaktische Ansätze der beruflichen Didaktik und ihre Anwendung als auch vielfältige Themen rings um die Professionalisierung des Bildungspersonals ab und veranschaulichen, wie didaktische Bildung sowohl eine inhaltlich-thematische als auch eine organisationale Herausforderung darstellt. Zur besseren Orientierung und zur Unterstützung der Lehre an den Hochschulen bietet jeder Beitrag am Ende eine Zusammenfassung der wesentlichen Inhalte, Begriffe und wissenschaftlichen Fragestellungen.

Das Buch beginnt mit meiner Schilderung der Arbeit und wesentlicher Erkenntnisse des LH BFD. Darin wird nicht nur die Diskussion um die Einführung einer Berufsfelddidaktik umrissen, sondern diese auch im Kontext der Schweizer Lehrerbildung aufgezeigt. Lena Freidorfer und Philipp Gonon reflektieren in ihrem Beitrag über zwei bekannte berufsdidaktische Konzepte: das Lernfeldkonzept und die berufliche Handlungsorientierung. Sie beschäftigen sich eingehend mit der Frage der Umsetzbarkeit in Österreich und der Schweiz vor dem Hintergrund der Konstitution des jeweiligen Bildungssystems. Silke Fischer schreibt zusammen mit mir über Struktur und Ansehen der Ausbildung von Berufsschullehrpersonen in den DACH Ländern. Dabei nehmen wir eine Gegenüberstellung der verbreiteten Ausbildungswege vor und vergleichen Curricula, Modulpläne, gesetzliche und strukturelle Rahmenbedingungen, Bildungsgänge und Lernstunden sowie Bildungsziele und Standards. Weiter vertieft wird die Thematik von Janine Gut und Jürg Arpagaus. Sie beschäftigen sich eingehend mit der Professionsentwicklung der Bildungsverantwortlichen in der Schweiz. Auch bei Anna Keller, Roland Stähli und mir geht es um das Berufsbildungspersonal – hier um die Frage, inwieweit der in manchen Betrieben vorzufindende Coaching-Ansatz auch für die Berufsschule geeignet wäre. Daniel Degen und Ramona Martins bleiben bei den Berufsbildungsverantwortlichen. Sie schreiben über Strategien des Innovationstransfers aus der Praxis in die Berufsbildung durch Berufsbildende. Des Weiteren geht es im Buch bereits um unser neues Thema der Vermittlung von transversalen Kompetenzen. Hierzu bieten Lena Freidorfer und Philippe Gonon einen Auftakt. Basierend auf einer Analyse der beruflichen Grundbildungen – Hotelfachmann/-frau EFZ und Informatiker/in EFZ untersuchen sie, ob kritisches Denken und Problemlösen lediglich deklamatorische Bedeutung aufweisen oder aber bereits auf curricularer Ebene und darüber hinaus in die betriebliche Praxis Eingang gefunden haben. Im Beitrag von Silke Fischer und mir zur Förderung von Kreativität in der kaufmännischen Grundbildung geht es ebenfalls um eine transversale Kompetenz. Die Autorinnen untersuchen, welche Facetten von Kreativität in unterschiedlichen Berufen relevant sind. Markus Maurer, Karin Hauser und Stefanie Dernbach-Stolz lenken unsere Aufmerksamkeit auf die Didaktik in den überbetrieblichen Ausbildungsstätten. Sie beschäftigen sich intensiv mit der Frage, inwieweit es eine Didaktik des dritten Lernortes gibt beziehungsweise wie sie gestaltet sein sollte. Im finalen Beitrag von Claudia Koch, Samuel Krattenmacher und Susan Rosen geht es daraufhin um die Didaktik im Kontext der Lernortkooperation.

Die Mühe der Wissenschaftler*innen im LH BFD hat sich gelohnt. Entstanden ist eine lohnenswerte Lektüre für Dozierende an den Hochschulen, Berufsfachschullehrende, Praxisbildner*innen und Studierende. Die einzelnen Beiträge vermitteln einen guten Einblick in die vielfältigen Themen der beruflichen Didaktik in der Schweiz. Für die Leser*innen wird dieser Zusammenschnitt sicher wertvolle Einblicke in Diskussionen, Problemlagen und Herangehensweisen bereithalten.

In diesem Sinne wünsche ich allen Interessierten eine informative und anregende Lektüre.

Prof. Dr. Antje Barabasch

Herausgeberin

Antje Barabasch

Beitrag 1

Berufsfelddidaktik in der Schweiz – ein weites (Forschungs-)Feld

Die Entwicklung einer Berufsfelddidaktik in der Schweiz ist relativ jung und orientiert sich in erster Linie an handlungsorientierenden beziehungsweise situierten pädagogischen Strategien und Konzepten. Das hat massgeblich mit der Diversität der Studierenden in der Lehrpersonenbildung zu tun, die aus verschiedensten Berufen und Praxiskontexten kommen und parallel zum Studium oft noch in ihren Berufen arbeiten oder auch schon in Berufsschulen unterrichten. Im Beitrag wird die Schweizer Lehrer*innenbildung erläutert und hinsichtlich der didaktischen Ausbildung hinterfragt. Es zeigt sich, dass die Schweizer Lehrer*innenbildung einem sehr pragmatischen Ansatz folgt, der zum einen Interesse am Lehrberuf und zum anderen eine hohe Praxisrelevanz der Lehre sichert. Inwieweit Lehrpersonen in der Schweiz ausreichend gerüstet werden, die Didaktik den neuen und künftigen Kompetenzanforderungen anzupassen, ist auch Aufgabe und Forschungsgegenstand des Leading House für Berufsfelddidaktik. Der Beitrag führt in dessen Forschungsarbeit ein und zeigt auf, wie es um die Berufsfelddidaktik im Land steht und inwieweit Lernfelddidaktik und Projektarbeit angemessene Methoden für die Handlungsorientierung in der Berufsbildung sind.

1Die Situation der Berufsfelddidaktik in der Schweiz

Die didaktische Ausbildung von Lehrpersonen und denjenigen, die Lehrpersonen dazu qualifizieren, stand lange Zeit nicht im Fokus der Gestaltung von hochschulischer Lehrer*innenbildung. Es steht ausser Frage, dass die Qualifizierung von Berufsschullehrpersonen als ein wichtiger Input-Faktor zu gelingender Berufsbildung beiträgt (OECD, 2010; Hensen-Reifgens & Hippach-Schneider, 2015). Bisher spielt vor allem die Fachdidaktik eine zentrale Rolle für den Unterricht auf der Primar- und Sekundarstufe I sowie am Gymnasium, wo der Unterricht zu einem guten Teil an fachdidaktischen Kriterien ausgerichtet ist. In der schweizerischen Berufsbildung jedoch konnten sich für die Ausbildung von Lernenden und Studierenden berufs- oder fachspezifische Didaktiken formal kaum etablieren.

Die Berufsbildung in der Schweiz zeichnet sich durch eine grosse Heterogenität aus (Baumeler & Barabasch, 2020):

–Erstens beinhaltet die hohe Anzahl an beruflichen Grundbildungen und höheren Berufsbildungen eine Vielzahl von Fachrichtungen und qualifiziert für viele verschiedene berufliche Handlungskompetenzen.

–Zweitens benötigt die Verbindung von verschiedenen Lernorten unterschiedliche Lehrprofile (Lehrpersonen an Berufsfachschulen, höheren Fachschulen und Berufsmaturitätsschulen, Leiter*innen von überbetrieblichen Kursen, Berufsbildner*innen in Betrieben und andere Spezialist*innen).

–Drittens weisen die Lernenden/Studierenden in der Berufsbildung ihrerseits eine hohe Heterogenität bezüglich ihrer Leistung und sozialen Herkunft auf. Diese Besonderheiten unterscheiden die Berufsbildung von der Allgemeinbildung. Dies stellt spezifische Anforderungen an die Didaktik.

In der beruflichen Grundbildung haben nur wenige Fächer eine längere fachdidaktische Tradition, so etwa das Fach Wirtschaft und Gesellschaft (bzw. Wirtschaft und Recht). Diese Didaktik hat sich lange Zeit sowohl an Lehrpersonen an Gymnasien als auch an kaufmännische Berufsfachschulen gerichtet. Für die meisten anderen Berufe gibt es in der Schweiz keine formal ausdifferenzierte Fachdidaktik für den berufskundlichen Unterricht. Dies wird unter anderem in der Ausbildung von Berufskunde-Lehrpersonen augenscheinlich. Eine berufs- respektive berufsfeldspezifische Didaktik und Theoriebildung ist kaum entwickelt, obwohl sie von Vorteil wäre, denn in der Ausbildungsrealität von Lehrpersonen des berufskundlichen Unterrichts wurden Berufe in Berufsgruppen zusammengefasst, die in sich eine grosse Heterogenität aufweisen (z. B. Augenoptiker/in und Fachmann/-frau Gesundheit als Gesundheitsberufe) (Baumeler, Barabasch & Leumann, 2017).

2Das Leading House für Berufsfelddidaktik (LH BFD)

Der Bedarf an qualifiziertem Personal in der Schweiz führte dazu, dass die swissuniversities[1] seit 2016 gezielt den Aufbau wissenschaftlicher Kompetenzen in den Fachdidaktiken im Rahmen zahlreicher Forschungs- und Qualifizierungsprojekte fördern. Aus dieser Finanzierungsinitiative ging das Leading House Berufsfelddidaktik (LH BFD) unter der Leitung der EHB als wissenschaftliches Netzwerk von nationaler Bedeutung hervor, welches von 2017 bis 2020 die Umsetzung der Berufsfelddidaktik in der Schweiz untersuchte. Vertreter*innen von fünf Einrichtungen der Berufsschullehrpersonenqualifizierung in der Schweiz kooperieren in ihrer didaktischen Forschung innerhalb der Berufsbildung und stehen in regelmässigem Austausch. Dazu gehören Wissenschaftler*innen der Eidgenössischen Hochschule für Berufsbildung (EHB), der Pädagogischen Hochschulen Zürich, Luzern und St. Gallen und der Universität Zürich. Das Netzwerk wird in seiner Forschungsarbeit durch eine Begleitgruppe aus Wissenschaft und Praxis unterstützt.

Das Konsortium dient nicht nur der Vernetzung von Wissenschaftler*innen, um die Erkenntnisse im Bereich der Berufsfelddidaktik innerhalb der Schweiz zu generieren und zu verbreiten, sondern strebt auch eine internationale Anbindung der berufsfelddidaktischen Forschung im Rahmen von Kooperationen mit internationalen Netzwerken an. Dabei wird es von einer wissenschaftlichen Begleitgruppe, bestehend aus Vertreter*innen der Wissenschaft und Praxis in der Schweiz und in Deutschland, unterstützt. Das LH BFD war erfolgreich im Einwerben weiterer Drittmittel, sodass eine zweite Periode der gemeinsamen Arbeit von 2021 bis 2024 folgen kann. Perspektivisch sollen über die Förderprogramme der swissuniversities hinaus weitere Projekte aus der Arbeit des Leading House hervorgehen.

In der ersten Etappe des LH BFD sollten zunächst wissenschaftliche Kompetenzen in der Berufsfelddidaktik aufgebaut und ein Netzwerk der Wissenschaftlerinnen in diesem Themenfeld etabliert werden. Darüber hinaus wollten wir eine gemeinsame wissenschaftliche Ausgangsbasis mithilfe von nationalen und internationalen Literaturrecherchen und Interviews mit Ausbildungspersonal der Hochschulen schaffen. In der Aufbauphase (1. Jahr der Projektlaufzeit) wurde das Netzwerk Berufsfelddidaktik unter der Leitung der EHB strukturell verankert. Daneben wurde eine Bildungslandkarte zum aktuellen Zustand der Berufsfelddidaktik in den Schweizer Aus- und Weiterbildungsinstitutionen erarbeitet.

Grundsätzlich festgehalten wurde, wie in den Partnerinstitutionen mit der Idee der Berufsfelddidaktik umgegangen wird und wie sich dies in der Aus- und Weiterbildung von Berufsbildungsverantwortlichen niederschlägt. Darüber hinaus wurde ein systematischer Überblick über den aktuellen Stand der nationalen und internationalen Forschung zur Berufsfelddidaktik verfasst, der Aufschluss über Kernthemen und Problematiken im Bereich der Berufsfelddidaktik und ihrer Anwendung im hiesigen Kontext gibt. In der Vertiefungsphase des LH BFD bauten die Netzwerkpartner die wissenschaftlichen Kompetenzen in drei Forschungsrichtungen anhand folgender Schwerpunktthemen weiter aus.

Im Rahmen der Forschungsrichtung «Internationale Berufsfelddidaktik» (Makroebene), wurden mit besonderem Fokus auf Deutschland beispielhaft anhand einzelner Berufe Theorie und Praxis der beruflichen Didaktik dargestellt und evaluativ mit Blick auf die Schweiz ausgewertet. Die Forschungsrichtung «Ausbildungskonzepte» (Mesoebene) befasste sich mit der Berufsfelddidaktik in der Ausbildung von Lehrpersonen für Berufsfachschulen sowie von Berufsbildenden in überbetrieblichen Kursen und Lehrwerkstätten. Hierbei war von Interesse, wie Lernziele und Lerninhalte berufsfelddidaktisch aufbereitet werden, in die Ausbildung einfliessen, und wie die Zielpersonen sie wahrnehmen. Im Rahmen der Forschungsrichtung «Unterrichtspraxis» (Mikroebene) wird schliesslich der Kompetenzerwerb in den Lernorten der Berufsbildung bearbeitet. Es war beispielsweise von Interesse, wie berufsfelddidaktische Aufgaben für Lernende gestaltet sein müssen, damit die drei Lernorte gemeinsam einen Beitrag zur Kompetenzentwicklung leisten können.

In der zweiten Phase von 2021 bis 2024 soll sich das LH BFD weiter konsolidieren. Der Fokus der Arbeit liegt nun auf dem Erwerb transversaler Kompetenzen. Dabei richtet sich der Blick auf die Kompetenzen, welche in einem zunehmend von Flexibilität und von Zusammenarbeit in Teams geprägten Arbeitsmarkt von Relevanz sind, insbesondere auf «kritisches Denken und Problemlösen», «Kommunikation», «Kollaboration», «Kreativität und Innovation» (vgl. Scharnhorst & Kaiser, 2018). Diese haben einen zunehmenden Stellenwert in der beruflichen Grundbildung. Damit schliesst das Projekt zum einen an die Vorarbeiten der letzten Jahre an, während diese gleichzeitig ergänzt werden, indem sie sich mit einem zentralen Thema der Berufsfelddidaktik beschäftigen. Die fünf Partnerinstitutionen (EHB, PH Luzern, PH St. Gallen, PH Zürich, Universität Zürich) haben entsprechende Einzelprojekte definiert, welche einen komplementären Charakter haben und an aktuelle Diskussionen in der Schweizer Berufsbildung anschlussfähig sind. Die wichtigsten Ziele des Projektes sind die Entwicklung von Instrumenten zur Analyse transversaler Kompetenzen, welche von Berufsbildungsverantwortlichen an den Lernorten genutzt werden können; die Analyse lernförderlicher Rahmenbedingungen für die Vermittlung transversaler Kompetenzen sowie die Entwicklung didaktischer Konzepte und Modelle (Seminarplanungen, Materialien u. a.) zur Förderung transversaler Kompetenzen. Darüber hinaus soll der Diskurs zur Berufs(feld)didaktik mit unterschiedlichen Akteur*innen national und international intensiviert werden, auch um zukünftige Herausforderungen zu identifizieren.

3Die inhaltlichen Arbeiten der Partner des LH BFD nach Institutionen

Die Eidgenössische Hochschule für Berufsbildung (EHB) hat damit begonnen sich mit der Beschreibung und Messung der transversalen Kompetenz der Kreativität zu beschäftigen (Barabasch & Fischer, 2021). Zunächst wurde auf der Basis einer umfangreichen Recherche untersucht, welche quantitativen Verfahren zur Messung beruflicher Kreativität existieren beziehungsweise, welche für die Messung dieser Kompetenz geeignet wären. Da sich der Ansatz der Messung aufgrund unzureichender Messinstrumente für das Konstrukt der beruflichen Kreativität als nicht zielführend erwies, wurde entschieden, sich dem Phänomen in einem ersten empirischen Projekt auf der Basis von Interviews mit Lehrpersonen aus fünf verschiedenen Berufen zu nähern. Diese Studien waren eine wichtige Vorarbeit für die Vertiefung der Forschung zur beruflichen Kreativität in der zweiten Phase des LH BFD. Ein zweites Thema war die Untersuchung der Qualifizierung der Berufsfachschullehrpersonen und der darin enthaltenen Ausbildungskonzepte in der Schweiz, Deutschland und Österreich. Darüber hinaus wurden als drittes das Thema der Coaching-Ansätze in der Berufsbildung sowie moderner Betreuungsansätze sowohl in Schweizer Unternehmen als auch in Berufsfachschulen untersucht. Eine Frage in diesem Zusammenhang ist, inwieweit Konzepte und Methoden betrieblichen Lernens in den Kontext der Berufsfachschule übertragbar beziehungsweise dort praktizierbar sind.[2]

Die Pädagogische Hochschule Zürich befasste sich zum einen mit den institutionellen Voraussetzungen der Ausdifferenzierung von Didaktiken in der Berufsbildung und fokussierte dabei auf die Entwicklungen in drei Berufsfeldern (kaufmännische Grundbildung, Pflege und landwirtschaftliche Berufe), und zwar auf der Grundlage einer diachronen Dokumentenanalyse sowie Expert*inneninterviews. Die Projektarbeit fokussierte sodann auf berufsfeldspezifische didaktische Ansätze bei den überbetrieblichen Kursen (üK), wozu leitfadengestützte Interviews mit Leitungspersonen sowie Berufsbildner*innen in üK-Zentren geführt und inhaltsanalytisch ausgewertet wurden. Die Untersuchungen auf Ebene der überbetrieblichen Kurse zeigen, dass didaktische Ansätze zwar durchaus berufsspezifisch, gleichzeitig häufig vom Ansatz der Simulation geprägt sind, und dass grosse Herausforderungen im Umgang mit unterschiedlichen Kompetenzniveaus der Lernenden bestehen.[3]

An der Universität Zürich lag der Schwerpunkt zum einen auf der Untersuchung der Verbreitung berufs- beziehungsweise lernfelddidaktischer Ansätze in Österreich und der Schweiz. In diesem Zusammenhang wurden Berufs(fach-)schulleitende anhand von leitfadengestützten Interviews befragt. Zum anderen entstand eine Dokumentenrecherche und Analyse zu kritischem Denken und Problemlösen in den Ländern Deutschland, Österreich und Schweiz, aber darüber hinaus auch im angloamerikanischen Raum. Mit betrieblichen Berufsbildnern*innen in den Bereichen «Hotellerie» und «Informatik» in der Schweiz wurden dazu mit dem Ziel einer vergleichenden Perspektive leitfadengestützte Interviews zur Förderung der Lernenden im kritischen Denken und Problemlösen durchgeführt. Diese Erkenntnisse dienen als Grundlage für die weitere Arbeit an der Entwicklung dieser Kompetenzen.[4]

Die Forschungsgruppe an der Pädagogischen Hochschule St. Gallen beschäftigte sich mit der lernortübergreifenden Kompetenzentwicklung von Lernenden in der beruflichen Grundbildung. Mit problemzentrierten Interviews mit Expert*innen aus Berufsfachschulen, Lehrbetrieben und überbetrieblichen Kursen (üK) wurde einerseits untersucht, wie berufs(feld)didaktische Aufgaben gestaltet sein sollen, damit die drei Lernorte gemeinsam einen Beitrag zur Kompetenzentwicklung der Lernenden leisten können. Darüber hinaus wurde in weiteren Interviews der Frage nachgegangen, wie die Kooperation der Berufsbildungsverantwortlichen der drei Lernorte und ihren Lernenden mithilfe eines Webtools zur kompetenzorientierten Praxisbegleitung funktionieren könnte. Dabei zeigte sich, dass für die Gestaltung von lernortübergreifenden Aufgaben die Lernortkooperation weiter verstärkt und die Ausbildung der Lernenden vermehrt auf Handlungskompetenzen ausgerichtet werden sollte. Weiter liefern die Interviews Hinweise, dass für die Kooperation der Berufsbildungsverantwortlichen und ihrer Lernenden mithilfe eines Webtools verschiedene Rahmenbedingungen erfüllt sein müssten (z. B. verbindliche Regelungen hinsichtlich der Zuständigkeiten/Durchführung/Ziele, klare Definition der für alle Lernorte relevanten Kompetenzen, regelmässige Einschätzungen, einfache Handhabung, Vermeidung von Mehraufwand, Einsicht für alle Beteiligten).[5]

Die Pädagogische Hochschule Luzern befasste sich zunächst mit der Grundlagenaufbereitung zur Berufsfelddidaktik in technischen beruflichen Grundbildungen. Auf dieser Basis gleiste sie das Teilprojekt «Innovationstransfer im Berufsbildungssystem Schweiz» auf und führte in allen Sprachregionen der Schweiz Interviews mit Berufsbildungsverantwortlichen an allen drei Lernorten durch. Zudem wurden für den Aufbau der wissenschaftlichen Kompetenzen Interviewdaten bei Ausbildungsinstitutionen für Berufskundelehrpersonen erhoben.[6]

Seit einigen Jahren wird dem Wissenstransfer von Forschungsergebnissen in andere Hochschulen als auch in die Praxis (Berufsschulen, üK und Betriebe) in der Schweiz eine höhere Bedeutung zugemessen und stellt eine zusätzliche zentrale Leistungsdimension im Wissenschafts- und Hochschulsystem dar. Zum Wissenstransfer gehören Vorträge in der Praxis oder Praxis-Wissenschaftsveranstaltungen als auch Publikationen in sogenannten Transfer-Magazinen, die vor allem auch von Praktiker*innen gelesen werden. Im LH BFD erfolgte der Transfer in den folgenden drei Kategorien:

–Wissenstransfer direkt in die Lehre der beteiligten Hochschulen;

–Wissenstransfer der Projektresultate in die Begleitgruppe (Vertreter*innen der Wissenschaft und der Berufsbildungspraxis);

–zahlreiche wissenschaftliche und Wissenstransfer-Publikationen, die sich an eine breite Öffentlichkeit richten.

4Zum Stand der Forschung zur Berufsfelddidaktik

Der Notwendigkeit von Forschungen zu berufsspezifischen didaktischen Fragestellungen kommt aus verschiedenen Gründen ein hoher Stellenwert zu. Erstens wurden auf der Grundlage des Berufsbildungsgesetzes 2002 die Curricula der beruflichen Bildung neu definiert und mit dem Anspruch verbunden, berufliche Handlungskompetenzen in den Mittelpunkt aller berufspädagogischen Bemühungen zu rücken (Rosen & Schubiger, 2013) – eine Entwicklung, die sich nicht zuletzt auch in der Ausgestaltung nationaler und internationaler Qualifikationsnachweise, etwa im Rahmen der Einführung von Qualifikationsrahmen wie dem NQR-CH oder dem EQR widerspiegelt (Baumeler & Engelage, 2016). Die Entwicklung didaktischer Ansätze, die berufsspezifische Handlungskompetenzen fördern, ist somit besonders wichtig. Zweitens suchen vor dem Hintergrund der fortschreitenden Professionalisierung von Berufsbildungsverantwortlichen in der Schweiz und den Vorgaben des einschlägigen Rahmenlehrplans für Berufsbildungsverantwortliche vor allem die Anbieter von Aus- und Weiterbildungen für Lehrpersonen der Berufskunde zunehmend nach Möglichkeiten, um die fach- beziehungsweise berufsspezifischen Aspekte der Didaktik in ihren Angeboten zu berücksichtigen. Dabei nehmen sie meist Bezug auf das Konzept der Berufsfelder. Doch wissenschaftlich fundierte Beiträge zur Frage, wie berufsspezifische Inhalte insbesondere im berufskundlichen Unterricht didaktisch geplant und umgesetzt werden sollen, fehlen weitgehend. Dabei verfügen Länder wie die Schweiz, «mit solchen fachlichen und zugleich berufspädagogischen Studiengängen über eine Forschungsinfrastruktur, für die die Reflexion und Gestaltung beruflicher Bildungs-, Lern- und Lehrprozesse selbstverständlich ist. Darin ist eine wertvolle Ressource für die weitere Entwicklung und die Vertiefung von Fragestellungen zu sehen, die sich aus dem Wandel beruflicher Anforderungen ergeben» (Rauner, 2006, S. 9).

Berufsfelddidaktik bezieht sich auf eine Didaktik für verwandte Berufe, die in einem Berufsfeld zusammengefasst werden können (vgl. Häfeli, Wild-Näf & Elsässer, 2001). Für die Berufsfelder Wirtschaft und Verwaltung, Pflege sowie Metalltechnik gibt es weitestgehend ausgearbeitete Fachdidaktiken. Für viele andere Berufsfelder hat sich eine eigene Didaktik in der Schweiz allerdings nicht etablieren können.

Demgegenüber etablierte sich der Begriff «Berufsfelddidaktik» in Deutschland seit den 1990er-Jahren im Zusammenhang mit der Lernfeldkonzeption an beruflichen Schulen. Die deutsche Kultusministerkonferenz beschloss 1996, die Berufsbildung am Lernfeldkonzept auszurichten, und rief damit eine Vielzahl an Projekten und Studien hervor. Grundidee ist das Aufbrechen der Fächerhoheit im Interesse eines fächerübergreifenden handlungsorientierten Unterrichts (vgl. Riedl, 2015). Dabei sollen berufsfeldrelevante fachliche Inhalte mit der Idee der Handlungsorientierung verknüpft werden.

Sowohl die allgemeine Didaktik als auch die Fachdidaktiken berufen sich im Kern meist auf das didaktische Dreieck[7] (Reinmann, 2012), das sich auf das Spannungsverhältnis zwischen Lehrperson, Lernenden und den Lerngegenstand bezieht und vielfältig ausgestaltet werden kann. Im Zentrum der beruflichen Didaktik steht der Aufbau von Handlungskompetenz durch handlungsorientierten Unterricht (Czycholl & Ebner, 2006), in welchem kontextgebundenes, situatives Wissen erarbeitet wird (Hortsch, Persson & Schmidt, 2012). Dieser kann jedoch im Zuge der zunehmenden Individualisierung des Lernens und der Gestaltung individueller Lernbiografien immer seltener standardisiert erfolgen. Damit erhöht sich der Anspruch an weitestgehend selbstgesteuertes Lernen aus konkreten Situationen heraus (Städeli et al., 2010). Das oben genannte Spannungsverhältnis verschiebt sich deshalb zunehmend in Richtung Lehrerzentrierung, coachender Lernbegleitung und individualisierter Inhalte. Dabei spielt das projektorientierte Lernen und Arbeiten eine zunehmend wichtige Rolle.

Über alle didaktischen Ansätze und Experimente hinweg zeigt sich, dass die Gewährleistung des Anspruches der Handlungsorientierung massgeblich von der Art und Qualität der Betreuungsleistung abhängig ist. Dies betrifft die Lehrpersonenqualifizierung selbst genauso wie die Berufsbildung, für die sie zuständig sind. Auch die Beziehung zwischen Lernenden und Lehrenden hat einen starken Einfluss auf den Lernprozess, und das eben auch in der Lehrpersonenqualifizierung. Digitale Lernmedien können eine kontinuierliche Betreuung und Feedbackkultur unter Umständen unterstützen und dazu beitragen, dass Erlerntes reflektiert und damit gefestigt wird (Barabasch & Cattaneo, 2019; Cattaneo & Barabasch, 2017).

5Berufsfelddidaktik, Fachdidaktik und berufliche Didaktik

Der Frage, ob eine Berufsfelddidaktik oder spezifische Fachdidaktik umsetzbar wäre, ist anhand der Situation der Lehrer*innenbildung, der verfügbaren Fachkräfte für den Berufsschullehrberuf, der an Universitäten vorhandenen Fachdidaktiken und anhand der Zusammenstellung der Berufsschulklassen nachzugehen. Es existiert eine Vielzahl von begrifflichen Varianten, wie Berufsfelddidaktik, Berufsdidaktik, berufliche Didaktik, sowie spezifische oder allgemeine Didaktik mit Bezug auf bestimmte Berufe, wie beispielsweise Technikdidaktik oder Didaktik der Pflege. Grundsätzlich lässt sich sagen, dass für die Ausbildung in etwa 230 Berufen in der Schweiz nur unter grossem Aufwand berufsspezifische didaktische Angebote entwickelt werden könnten. Diese müssten ausserdem für die drei Lernorte (Berufsfachschule, überbetriebliche Ausbildungszentren und Betrieb) entwickelt werden. Zudem sind berufliche Grundbildungen meist nicht auf die Vermittlung von Kompetenzen in einzelnen Fächern, sondern an einem Beruf ausgerichtet (Stichwort: berufliche Handlungskompetenzorientierung).

Primär erschwert die hohe Anzahl beruflicher Grundbildungen die Entwicklung berufsspezifischer Didaktiken (z. B. Didaktik Koch/Köchin, Didaktik Fachleute Betreuung) analog zu den verschiedenen Fachdidaktiken der allgemeinbildenden Schule. Als eine mögliche Lösung dieses Dilemmas können ähnliche Berufe in übergeordnete Berufsfelder (z. B. Didaktik grüne Berufe) zusammengefasst und für diese Felder spezifische Didaktiken entwickelt werden – so die Idee. Berufsfelddidaktik bezeichnet dabei eine Didaktik für verschiedene «verwandte» Berufe, die in einem Berufsfeld zusammengefasst werden. Zur Definition eines Berufsfelds können unterschiedliche Kriterien wie etwa das Arbeitsgebiet oder die Branchenzugehörigkeit herangezogen werden (Häfeli, Wild-Näf & Elsässer, 2001). Das Konzept wird schon länger diskutiert und in der Literatur seit den 1990er-Jahren in Zusammenhang mit der deutschen Lernfeldkonzeption verwendet (Dernbach-Stolz, Freidorfer-Kabashi & Gonon, 2019). Der Mehrwert einer Berufsfelddidaktik kann wie folgt begründet werden: Da weniger allgemein formuliert, könnte sie den spezifischen Herausforderungen des Lehrens und Lernens in einzelnen Berufen gerechter werden.

In der Schweiz sind die Bildungsverordnungen und Bildungspläne die curricularen Grundlagen der beruflichen Grundbildung. Was in ihnen festgelegt ist, dient weitgehend als Leitlinie für die Gestaltung des Berufsfachschulunterrichts und ist damit auch eine wichtige Vorgabe für die Lehrpersonenqualifizierung. Nur wenn die Organisationen der Arbeitswelt explizit eine stärker fachorientierte Qualifizierung im Sinne einer fachdidaktischen Vorbereitung oder einer berufsfeldorientierten didaktischen Ausbildung der Lehrpersonen einfordern, besteht ein Bedarf, dem die Hochschulen entgegenkommen sollten. Aufgrund der kleinen Studierendenzahlen ist es andererseits jedoch kaum möglich stärker spezialisierte Angebote an den Hochschulen tatsächlich umzusetzen.

Ein Grunddilemma ist die Notwendigkeit der Verknüpfung des Lernens mit verschiedenen Lernorten, denn das Verfahren der didaktischen Reduktion, aus objektivem wissenschaftlichem Wissen in einem Prozess der Vereinfachung fachkundiges Wissen abzuleiten (Hering, 1959), suggeriert, dass dieses Wissen auch ohne direkten beruflichen Anwendungszusammenhang gelernt werden kann (vgl. Rauner, 2017). Es bleibt jedoch weitestgehend unklar, welche Bedeutung dem fachtheoretischen und häufig kontextfreien Wissen im Prozess der Arbeit zukommt. Rauner bemerkt hierzu kritisch: «Besonders problematisch ist dabei, dass dem Bezugspunkt für den wissenschaftlich organisierten Abstraktionsprozess, das den Arbeitsprozess konstituierende Wissen, keine eigene Qualität zugesprochen wird» (Rauner, 2017, S. 248). Die Arbeitswissenschaftler argumentieren demgegenüber, dass dem Arbeitsprozesswissen nicht nur eine eigene Qualität zukommt, sondern dass dieses erst berufliche Bildung begründen würde (vgl. Pahl & Rauner, 1998). Die Theorie des situierten Lernens (Lave & Wenger, 1991) greift diesen Gedanken auf und markiert einen Perspektivenwechsel in der Berufsbildungspraxis, der sich auch im Kontext der Lernfelddidaktik widerspiegelt.

6Lernfelddidaktik als Innovation in der beruflichen Didaktik

Die Berufsfelddidaktik ist ein Ansatz, der sich auf alle Lernorte der beruflichen Bildung bezieht und «ganzheitliche Lernprozesse» (Rosen & Schubiger, 2013, S. 27) anstrebt. Hier steht die Verbindung von fachlichen Inhalten und beruflicher Praxis im Vordergrund. Veränderte Anforderungen in der Arbeitswelt erforderten eine Neuausrichtung beziehungsweise didaktische Umgestaltung der beruflichen Bildung. Dafür wurde das didaktische Konzept der Handlungsorientierung entwickelt (vgl. Riedl, 2015). Es geht darum, berufliche Handlungssituationen, «reflexiv» in Lernfelder zu übersetzen, die wiederum in Lernsituationen konkretisiert werden (Bader, 2003). Damit wendeten sich ihre Postulanten von den fachsystematisch strukturierten Lerngebieten ab, welche sich vordergründig an den jeweiligen Bezugswissenschaften orientierten, und setzen sich für eine handlungssystematische Ausrichtung in Lernfeldern ein (Beek, Binstadt & Zöller, 2000, S. 51; Rauner, 2017).

Gemäss der deutschen Kultusministerkonferenz (KMK)[8] wurde das Lernfeldkonzept nicht als eine «eigenständige Didaktik im Sinne einer wissenschaftlich fundierten Theorie und Praxis beruflichen Lernens» entwickelt (KMK, 2011, S. 31), sondern bezog sich vordergründig darauf, eine ganzheitliche Perspektive des berufsbezogenen Unterrichts zu entwickeln. Hierbei sollte unter Einbezug von Arbeits- und Geschäftsprozessen das handlungsorientierte Lernen im berufsbezogenen Unterricht unterstützt werden (ebd.). Die Konsequenz daraus wäre, die wissenschaftsbezogene Fächerstruktur durch Lernfelder abzulösen, die übergeordneten Handlungsfeldern und ausdifferenzierten Lernsituationen zugeordnet werden können.

Charakteristisch für die Lernfelddidaktik ist, dass bedeutsame berufliche Arbeitssituationen im Rahmen einer situationsorientierten Didaktik zu zentralen Bezugspunkten im Curriculum werden. Anknüpfungspunkte sind die Theorie der Entwicklungsaufgaben (Havighurst, 1972) oder auch das der praktischen Arbeit inhärente Arbeitsprozesswissen (Kruse, 1986). Dabei sollte die Lehre didaktisch so gestaltet werden, dass berufliche Handlungs- und Gestaltungskompetenz entsteht. Dieser Anspruch stellt insbesondere für die Berufsschullehrpersonen eine besondere Herausforderung dar. Schlussendlich entsteht diese Handlungs- und Gestaltungskompetenz jedoch durch die trianguläre Verortung der Berufsbildung und insbesondere durch das praktische Lernen in den betrieblichen Arbeitsprozessen. Da das Lernfeldkonzept grundsätzlich nur einen orientierenden Rahmen bildet, musste der Ansatz zu einer Neugestaltung des Curriculums, beispielsweise durch die Ausarbeitung von Lernsituationen, die das Lernen von fachlichen und beruflichen Kontexten ermöglichen, durch Arbeitsgruppen an den Berufsschulen angewandt werden (Sloane, 2010). Das wiederum forderte die stärker individuell arbeitenden Lehrpersonen entsprechend heraus.

Inwieweit sich der Ansatz der Lernfelddidaktik tatsächlich in Deutschland durchgesetzt hat, bleibt ein weites Feld. Es bestehen nur wenige empirische Studien zu dessen Implementation (vgl. z. B. Backes-Haase & Bathelt, 2016; Tramm, Kremer & Tenberg, 2011). Kritik an den Lernfeldern bezog sich vor allem darauf, dass man hier die Voraussetzung für eine Modularisierung der Berufsbildung schaffen könnte und dass die Lehrpersonen nicht entsprechend in die Konzeption einbezogen worden waren. Trotzdem haben einige Schulen und Verbände im Verlaufe der Jahre berufsfelddidaktische Ansätze in Deutschland und auch der Schweiz aufgegriffen, sei es, dass sie ganze Modelle übernommen haben, sei es, dass sie mit entsprechenden Institutionen Kooperationen eingegangen sind (Dernbach-Stolz, Freidorfer-Kabashi & Gonon, 2019). Darüber hinaus können auch im Bereich der Weiterbildung Ansätze zur Gestaltung von Lernfeldern gefunden werden. Das von Sandmeier, Gubler und Hanke (2018) entwickelte Instrument zur Transfermessung und Evaluation betrieblicher Weiterbildungen beruht auf dem Konzept des Lernfelds. Die Autoren betonen, dass Gelerntes im Rahmen einer Weiterbildung auch innerhalb der alltäglichen beruflichen Praxis, umgesetzt werden kann. Dies stelle ein essenzielles Kriterium für einen langfristigen Erfolg dar.

7Handlungsorientierte Lehr-Lern-Methoden

Eine für handlungsorientierten Unterricht, aber auch für das betriebliche Lernen besonders geeignete Methode ist die Projektarbeit, welche dadurch gekennzeichnet ist, dass sie «durch die umfassende Bearbeitung eines zusammenhängenden Sachthemas oder Problems, das gemeinschaftlich und handlungsorientiert aus verschiedenen Perspektiven bearbeitet wird, zu einem deutlich sichtbaren Produkt führt» (Wasmann-Frahm, 2008, S. 13). Mithilfe der Projektmethode können Lehrpersonen aktuelle berufliche Problemsituationen, idealerweise aus den Lehrbetrieben, in den Unterricht integrieren. Das fördert die Motivation der Lernenden (Maag Merki, 2004) und ihren Kompetenzaufbau in konkreten Anwendungssituationen (Degen, Arpagaus, Martins & Gut, 2019), wodurch insbesondere eine iterative Erschliessung durch ähnliche Handlungen erfolgen kann (Hortsch, Persson & Schmidt, 2012). Darüber hinaus lässt sich im Rahmen der Projektarbeit das selbstständige und gemeinschaftliche, aktive Handeln der Lernenden befördern und damit einhergehend das Handeln in Eigenverantwortung. Dabei steht die Lehrperson mehr als Coach zur Verfügung und lässt die Lernenden ihrem Entwicklungs- und Wissensstand gemäss unter graduellem Lenkungs- und Steuerungsabbau eigenständig arbeiten (Degen, Arpagaus, Martins & Gut, 2019). Die Projektmethode ermöglicht schlussendlich vollständige Handlungen und damit eine Aktivierung von Kompetenzen und deren funktionale Verknüpfung, was aus konstruktivistischer Sicht kompetenzfördernd wirkt (Bohne, Eicker & Haseloff, 2017). Im Projekt können ganze Betriebsprozesse simuliert werden. Ergänzt wird die Projektarbeit durch Instruktionen, um notwendiges theoretisches Hintergrundwissen zu vermitteln, aber auch durch die Lerndokumentation und Reflexion in der Gruppe oder Klasse (Städeli et al., 2010; Schwendimann et al., 2015; Tuomi-Gröhn & Engeström, 2003).

8Die Schweizer Lehrbildung und Berufsfelddidaktik

Mit neuen Anforderungen an die Berufsbildung verändern sich auch die Anforderungen an die Lehrpersonenausbildung. Lehrpersonen sind heute weit mehr als blosse «Wissensvermittler*innen» der didaktisch aufbereiteten Bezugswissenschaften und «Einbezieher*innen» betriebs- und berufspraktischer Anwendungsgebiete. Insbesondere der anhaltende Trend zur Digitalisierung von Bildung als auch das Prinzip der Handlungskompetenzorientierung und sich verändernde Berufsbilder, welche neue Rahmenlehrpläne bedingen, stellen Lehrpersonen, Schulen und Hochschulen in der beruflichen Bildung derzeit gleichermassen vor die Herausforderung, Unterricht, Curricula und Ausbildung entsprechend anzupassen (Barabasch & Fischer, 2019).

Trotz einer recht ähnlichen historischen Entwicklung der Berufsbildung in Deutschland und der Schweiz wird die Lehrer*innenbildung heute in beiden Ländern sehr unterschiedlich gehandhabt. Das zeigt sich in den grundlegenden Gestaltungsparadigmen und Strukturen, wie beispielsweise Zugangsvoraussetzungen und Modulplänen. Vor allem der Anteil von wissenschaftlicher Qualifizierung auf Hochschulniveau und ausreichendem Praxisbezug ist sehr unterschiedlich geregelt. So basiert die Ausbildung zur Berufsschullehrperson in der Schweiz nicht auf einem grundständigen akademischen Studium, sondern ist lediglich eine Zweitausbildung. Ein solider Praxisbezug steht dabei im Vordergrund. Die berufspädagogische Ausbildung von Berufsschullehrpersonen, die ein Diplom für eine hauptberufliche Tätigkeit im allgemeinbildenden oder berufskundlichen Unterricht anstreben, erfolgt heute an der EHB mit den drei Standorten in Zollikofen, Lausanne und Lugano sowie an den PHs in Zürich, St. Gallen und Luzern. Die EHB, die PH Zürich und die PH Luzern bilden in berufspädagogischen Studiengängen auch Lehrkräfte für den Unterricht an Berufsmaturitätsschulen aus, die einen Hochschulabschluss in einem entsprechenden Fach haben, aber keine gymnasiale Lehrbefähigung. Für Lehrpersonen mit gymnasialer Lehrbefähigung bieten insgesamt zehn Universitäten oder PHs – die Hälfte davon in Kooperation mit der EHB – eine berufspädagogische Zusatzqualifikation, damit sie auch Fächer an Berufsmaturitätsschulen unterrichten können. Zusätzlich zur Lehrpersonenqualifizierung bieten einzelne Einrichtungen (EHB, PH Zürich, Universität St. Gallen) auch Weiterbildungen für Lehrpersonen und weiteres Bildungspersonal, zum Beispiel für Schulleitungen, an.

Die Ausbildung für ein hauptberufliches Lehramt erfolgt in der Regel berufsbegleitend und ist mit 60 ECTS[9] – meist auf ein bis zwei Jahre ausgerichtet – vergleichsweise kurz. Sie beinhaltet fachdidaktische (mind. 10 ECTS), erziehungswissenschaftliche (mind. 15 ECTS) und berufspraktische (mind. 15 ECTS) Anteile, wobei die Gewichtung dieser Ausbildungsanteile grob je ein Drittel umfasst, jedoch insbesondere durch die Kürze der Ausbildung kantonal zum Teil stark variiert (Eberle, Brüggenbrock & Schumann, 2009). Ferner ist zu berücksichtigen, dass ein nicht unerheblicher Anteil der ECTS (ca. 6–8 Lernstunden pro Woche) in ergänzenden Seminaren sowie dem Selbststudium erfolgen kann. Für die meisten berufskundlichen Fächer existieren daher berufsübergreifende Ausbildungen. Bei nebenberuflichen Lehrpersonen umfasst die Ausbildung nur 10 ECTS (entspricht 300 Lernstunden). Letztere können bis zu 50 Prozent ihrer Arbeitszeit unterrichten und parallel einer anderen Erwerbsarbeit nachgehen.

In der Schweiz sind Teilzeitbeschäftigungen – trotz hauptamtlichem Lehrdiplom – im Lehrberuf weit verbreitet. Insgesamt arbeiten etwa 42 Prozent aller Lehrpersonen in der Berufsbildung weniger als 50 Prozent der vollen Arbeitszeit, also auf Teilzeitbasis (BFS, 2014). Laut Schweizerischer Koordinationsstelle für Bildungsforschung (Wolter et al., 2014) ist dies kein geschlechtsspezifisches Merkmal, sondern vielmehr berufsspezifisch zu begründen. Als Begründung für diese vergleichsweise geringe Anzahl von Lernstunden für das Lehrdiplom zur Berufskundelehrperson im Nebenamt wird «die besondere Bedeutung des Praxisbezugs» in der Berufskunde angeführt (SBFI, 2015, S. 7). Zusätzlich bietet sich hierdurch für die Berufsschulen der Vorteil einer erhöhten Flexibilität – vor allem für weniger angebotene respektive nachgefragte Berufsausbildungen – ausreichend erfahrene Berufsleute als Lehrpersonen einzustellen (Maurer, Fischer & Hauser, 2017). Die Schweizer Berufsschullehrpersonenausbildung zeichnet sich überdies durch zwei Besonderheiten aus: Zum einen bedingt die Zulassung zum entsprechenden Studiengang oftmals bereits die Anstellung an einer Berufsschule und zum anderen unterrichten viele der angehenden Berufsschullehrpersonen – vorwiegend Berufskundelehrpersonen – nur nebenberuflich (Eberle, Brüggenbrock & Schumann, 2009).

Die Lehrpersonen fachkundlicher Richtung an gewerblich-industriellen Berufsschulen werden traditionell als Berufskundelehrer*innen bezeichnet (Wettstein & Gonon, 2009). Einen Sonderfall innerhalb der Schweizer Lehrpersonenbildung stellen die Lehrpersonen kaufmännischer Berufsschulen dar, also Lehrpersonen für Wirtschaft und Gesellschaft (W & G; klassische Handelslehrer*innen) sowie Lehrpersonen für Information – Kommunikation – Administration (IKA; früher Bürofachlehrer*innen). Diese werden innerhalb der Lehrpersonenbildungsinstitutionen aufgrund der wenig ausdifferenzierten Einteilung der Rahmenlehrpläne zu den Berufskundelehrpersonen gezählt. Viele Ausbildungsinstitutionen haben ausgewiesene und akkreditierte Studiengänge für W & G und IKA, oftmals gibt es jedoch zu wenig Teilnehmende für eigene Studiengruppen pro Jahrgang. Daher werden häufig gemischte Studiengruppen mit zusätzlichen spezifischen, fachdidaktischen Veranstaltungen geführt. In Zürich werden die fachdidaktischen Veranstaltungen für W & G-Lehrpersonen der PHZH zum Teil beispielsweise in Kooperation mit der Universität Zürich erteilt.

Um für die Ausbildung zur Berufsschullehrperson in allgemeinbildender Richtung zugelassen zu werden, wird der Abschluss (Bachelor oder Master) auf der Stufe Tertiär A (Fachhochschule, Universität, ETH) im entsprechenden Fachgebiet (Germanistik, Geschichte, Politologie, Wirtschaftswissenschaft, Jura etc.) oder eine gleichwertig fachliche Qualifikation (z. B. ein Master der PH in Pädagogik/Erziehungswissenschaft/Didaktik) sowie mindestens sechs Monate betriebliche Erfahrung verlangt. Dementsprechend muss für die Einschreibung in den Studiengang zur Berufskundelehrperson mindestens der höchste im jeweiligen Beruf existierende Abschluss auf der Stufe Tertiär B (Berufsprüfung, Höhere Fachprüfung, Höhere Fachschule) vorgewiesen werden – beispielsweise ein eidgenössischer Fachausweis oder ein eidgenössisches Diplom (Meisterprüfung). Angehende W & G-Lehrpersonen müssen einen Abschluss (Bachelor oder Master) in Wirtschaft oder Recht der Tertiärstufe A (Fachhochschule oder Universität) und Ergänzungsleistungen im jeweils anderen Fachgebiet vorweisen. Es gibt auch Quereinsteiger*innen in den Lehrberuf. Dies sind Personen, die ein Universitäts- oder Fachhochschulstudium in einem dem Beruf verwandten Fachbereich abgeschlossen haben (Novak, 2018).

Ein Vergleich von Deutschland und der Schweiz, die sich beide durch ein ausgeprägtes duales Berufsbildungssystem auszeichnen, verweist in diesem Zusammenhang auf unterschiedliche normativ geprägte Paradigmen der Ausbildung von Lehrpersonen für die Berufsbildung (Barabasch & Fischer, 2019). Sie unterscheiden sich vor allem hinsichtlich des Wertes, der der akademischen und der berufspraktischen Ausbildung beigemessen wird. Während Deutschland den Ansatz einer wissenschaftlich anspruchsvollen Qualifizierung auf Masterniveau mit Anteilen praktischer Erfahrung verfolgt, orientiert sich die Schweiz an einem eher pragmatischen Ansatz mit hohem Praxisbezug.

Diese im internationalen Vergleich wenig umfangreiche Ausbildung von Berufsschullehrpersonen hat dazu geführt, dass sich der didaktische Diskurs erst spät entwickelt hat. Obwohl eine strikt fachdidaktische Aufbereitung der Berufskunde aufgrund der grossen Diversität der Berufe kaum realisierbar ist, gibt der schweizweit verbindliche Rahmenlehrplan für Berufsbildungsverantwortliche für die Ausbildung von Berufskundelehrpersonen das folgende Bildungsziel vor (SBFI, 2015, S. 29): «Die Inhalte des Lehrfaches theoretisch durchdringen und fachdidaktisch aufbereiten» und konkretisiert seinen Inhalt wie folgt: «Reflexion der spezifischen Inhalte des eigenen Berufes, der berufspädagogisch-theoretischen Denkweise und der fachdidaktischen Umsetzung». In den national definierten Bildungsplänen wird primär das Prinzip der Handlungskompetenzorientierung empfohlen.

Die Hochschulen haben den Auftrag, die Studiengänge zur Ausbildung von Berufskundelehrpersonen nach den Vorgaben des Rahmenlehrplans zu konzipieren. Hier stehen sie vor einer doppelten Herausforderung. Da Fachdidaktiken für die meisten Berufe nicht ausgearbeitet sind, müssten die Hochschulen diese weitestgehend selbst entwickeln. Zudem wird die Berufskunde an den Hochschulen meist in berufsheterogenen Klassen unterrichtet, was dazu führt, dass viele verschiedene Fachdidaktiken vermittelt werden sollten, wobei die Studierendengruppen jedes Jahr in ihrer Zusammensetzung variieren.

Weiter wurde untersucht, was eine Berufsfelddidaktik auszeichnet (Degen, Leumann, Keller & Gut, 2019). Es liessen sich drei Elemente identifizieren:

–Bezüge zu den Fachwissenschaften (z. B. Biologie, Chemie) als Zugang mit fachspezifischen Methoden und Konzepten;

–eine Orientierung am Situationsprinzip mit dem Fokus auf konkrete Handlungssituationen im Berufsalltag und der Zugang über die Allgemeindidaktik, die auf grundlegenden, lehr-lern-theoretischen Methoden und Konzepten basiert, z. B. Blended Learning;

–Verwendung digitaler Hilfsmittel (Krattenmacher, McCombie & Büchel, 2019), Projektarbeit (Degen, Arpagaus, Martins & Gut, 2019) oder Werkstattunterricht, die es erlauben, die berufliche Realität der Lernenden in den Unterricht zu integrieren.

Die Hochschulen, die Lehrpersonen für den Berufskundeunterricht ausbilden, setzen diese didaktischen Ansätze unterschiedlich um. Zwar spielt der Bezug zur beruflichen Realität für die meisten Befragten eine zentrale Rolle, jedoch divergieren die Befragten hinsichtlich des Verständnisses der zu verwendenden Didaktik.

9Schlussfolgerung: Braucht es Berufsfelddidaktiken?

In der Schweiz hat sich bisher kein einheitliches Konzept einer Berufsfelddidaktik etabliert, und die grundsätzliche Frage, ob es eine solche braucht, wird von Expert*innen unterschiedlich beantwortet. Vor allem aufgrund der Konstituierung der Berufsfachschullehrer*innenbildung scheint es im gegenwärtigen institutionellen Kontext der Schweiz kaum angebracht, die Entwicklung von berufs(feld)spezifischen Didaktiken für alle Berufe zu fördern. Die eingeschränkte zeitliche Ausbildung von Berufsschullehrpersonen legt nahe, das Hauptgewicht auf pädagogisch-didaktische Grundlagen und allgemeine Prinzipien guten Unterrichts in der Berufsbildung zu legen (Maurer & Hauser, 2019).

Trotzdem stellt sich auch die Frage nach der wissenschaftlichen Qualifizierung der angehenden Berufsschullehrpersonen und ihrem Verständnis von Didaktik. Berufe ändern sich schnell, Lehrpersonen müssen ihren Unterricht anpassen: «Vor diesem Hintergrund ist die kritische Reflexion und die adäquate Übertragbarkeit von Wissen auf neue Anforderungssituationen im Sinne einer beruflichen Handlungskompetenz unabdingbar. Allerdings müssen die Lehrpersonen hierfür über Wissen verfügen, welches abstrahiert werden kann und hauptsächlich durch wissenschaftliche Bildungsinstitutionen vermittelt wird. Insofern kann die gegebene Schweizer Ausbildungsqualifikation teilweise um eine qualifikatorische, wissenschaftliche Erweiterung als zweckbezogen angesehen werden» (Barabasch & Fischer, 2019). Das Verhältnis zwischen wissenschaftlicher Qualifizierung und praktischer Erfahrung wird folglich weiterhin diskutiert werden müssen.

Grundlage für die Gestaltung des Unterrichts müssen aufgrund der Argumentation von Lehrpersonen (Degen, Leumann, Keller & Gut, 2019) deshalb Situationen und Problemstellungen der jeweils gegenwärtigen Berufspraxis sein. Aktuelle berufliche Situationen und Problemstellungen können als Ausgangspunkt gewählt werden, um zu erkennen, welche Kompetenzen aufzubauen sind, damit der entsprechende Beruf erfolgreich ausgeführt werden kann. Die Interviewstudie hat gezeigt, dass die Ausbildungsinstitutionen in sich konzise konzeptionelle Ansätze zur beruflichen Fachdidaktik verfolgen, jedoch dazu wenig niedergeschrieben ist (Degen, Leumann, Keller & Gut, 2019). Sie existiert hauptsächlich als geteiltes Wissen der Dozierenden und Studiengangleitenden. Insgesamt ist die Ausdifferenzierung der Didaktik in der Schweiz wenig ausgeprägt, eine Tatsache, die mit dem geringen Ausmass an Ausdifferenzierung im Ausbildungsangebot für Lehrpersonen korrespondiert (Maurer & Hauser, 2019). Damit einzelne Fach- oder auch Berufsfelddidaktiken entstehen können, braucht es förderliche institutionelle Voraussetzungen (Maurer & Hauser, 2019). Hilfreich sind beispielsweise eine Ausdifferenzierung der Ausbildung von Lehrpersonen mit genügend zeitlichen Ressourcen, gesetzliche Regelungen, die von Lehrpersonen eine didaktische Qualifizierung einfordern, sowie auch die Anzahl der Lernenden in einem Beruf und der damit zusammenhängende Bedarf an Lehrpersonen. Das Vorhandensein einer entsprechenden Forschungsinfrastruktur kann ebenfalls den didaktischen Diskurs fördern.

Die Forschung des LH BFD[10] zeigt, dass der Begriff der Berufsfelddidaktik zwar existiert und verwendet wird, aber die gelebte Praxis in der Hochschuldidaktik an den Hochschulen der Grundidee weniger entspricht. Die Transferierbarkeit von Wissen sowie das Denken und Handeln in fachübergreifenden Kontexten sind hoch relevant. Im dualen Ausbildungssystem wird durch die systematische Verknüpfung von Theorie und Praxis beides sichergestellt. Eine gute fachliche und berufliche Vorbildung der Lehrpersonen ist ebenso eine wichtige Grundlage, theoretisches Wissen fachspezifisch zu vermitteln. Eine grosse Herausforderung für die Hochschulen bleibt es, Lehrpersonen dahingehend zu entwickeln, dass sie ihr erworbenes didaktisches Know-how berufsspezifisch verarbeiten und anwenden können.

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[1]swissuniversities ist die Rektorenkonferenz der Schweizerischen Hochschulen und wurde operativ tätig am 1. Januar 2015 mit dem Inkrafttreten des Bundesgesetzes über die Förderung der Hochschulen und die Koordination im schweizerischen Hochschulbereich (HFKG). Bereits im Herbst 2012 gründeten die universitären Hochschulen, die Fachhochschulen und die Pädagogischen Hochschulen der Schweiz gemeinsam den Verein swissuniversities. Dieser vertritt die Interessen der schweizerischen Hochschulen auf gesamtschweizerischer und internationaler Ebene und übernimmt beispielsweise Mandate des Bundes sowie Programm- und Projektleitungen.

[2]Nähere Informationen zu Inhalten, Publikationen und Präsentationen der Teilprojekte unter Berufsfelddidaktik in der Schweiz: Aufbau der wissenschaftlichen Kompetenzen | EHB, www.ehb.swiss/project/berufsfelddidaktik (5.8.2021).

[3]Nähere Informationen unter https://phzh.ch/de/Forschung/Forschung-auf-einen-Blick/projektdatenbank/projektdetail/?id=175 (23.11.2021).

[4]Nähere Informationen unter UZH – Institut für Erziehungswissenschaft – Berufsfelddidaktik, https://www.ife.uzh.ch/de/research/lehrstuhlgonon/forschung2/Berufsfelddidaktik.html (23.11.2021).

[5]Nähere Informationen unter Berufsfelddidaktik in der Schweiz; Aufbau der wissenschaftlichen Kompetenzen | Pädagogische Hochschule St. Gallen (phsg.ch).

[6]Nähere Informationen finden sich unter: Berufsfelddidaktik in der Schweiz – Projekt – Pädagogische Hochschule Luzern (phlu.ch).

[7]Basierend auf den Zielen (und Rahmenbedingungen) orientiert sich die Gestaltung eines didaktischen Szenarios immer an folgenden drei Aspekten: a) Wie wird etwas vermittelt (materiale Seite)? b) Wie aktiviert man Lernende, sich mit einem Thema auseinanderzusetzen (prozessuale Seite)? und c) Wie betreut man Lernende dabei (soziale Seite)? Je nach Zielsetzung können diese drei Komponenten des Lehrens unterschiedliches Gewicht haben und entsprechend unterschiedliche (auch zeitliche) Anforderungen an den Planungs- und Gestaltungsprozess stellen.

[8]In der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland (kurz: Kultusministerkonferenz) arbeiten die für Bildung und Erziehung, Hochschulen und Forschung sowie kulturelle Angelegenheiten zuständigen Minister*innen bzw. Senator*innen der Länder zusammen.

[9]60 ECTS entsprechen 1800 Lernstunden. Zum Vergleich: Ein Bachelorstudium umfasst 180 ECTS.

[10]Zentrale Ergebnisse der Arbeiten des Leading House sind in der Sonderausgabe «Berufsfelddidaktik in der Schweiz: internationale Einbettung, Ausdifferenzierung und konkrete Umsetzung» der Berufs- und Wirtschaftspädagogik online erschienen.

Lena Freidorfer, Philipp Gonon

Beitrag 2

Zur Verbreitung berufsdidaktischer Konzepte an den Beispielen der Lernfelddidaktik und der beruflichen Handlungsorientierung im deutschsprachigen Raum

Im vorliegenden Beitrag werden zwei berufsdidaktische Konzepte ins Blickfeld gerückt, die bereits vor der Jahrtausendwende in den deutschsprachigen Ländern entstanden sind und in Bezug auf das Aufkommen neuerer didaktischer Überlegungen einen Stein des Anstosses darstellten. Der Fokus wird zum einen auf das Lernfeldkonzept und zum anderen auf die berufliche Handlungsorientierung gerichtet.

In den Blick genommen werden sowohl das Anregungspotenzial der aus Deutschland kommenden Lernfeldkonzeption für Österreich und die Schweiz als auch die Verbreitungswege selbst. Dabei wird nicht zuletzt auch schulorganisatorischen Fragen nachgegangen. Gleichzeitig soll die Verankerung lernfelddidaktischer beziehungsweise handlungsorientierter Bezüge auf den unterschiedlichen Stufen des schweizerischen und österreichischen Berufsbildungssystems einer Analyse unterzogen werden.

1Einleitung

Berufsdidaktische Überlegungen und Auffassungen befinden sich aktuell – beeinflusst durch Globalisierungs- und Digitalisierungsbestrebungen – in einer Umbruchphase. Die Entwicklung beruflicher Didaktikkonzepte stellt dahingehend eine wichtige Ressource für die Weiterentwicklung von Handlungsstrategien in der berufsbildenden Praxis dar. Sie können als Transmitter fungieren und Bestrebungen von bildungspolitischer Seite in den Alltag der Berufsbildungsverantwortlichen integrieren und diesen dort Gehör verschaffen (Pätzold et al., 2002).

Ein länderübergreifender wissenschaftlicher Austausch, die Bildung von Netzwerken sowie die Durchführung von Workshops tragen zu einer grenzüberschreitenden Zirkulation berufsdidaktischer Ideen, Innovationen und Konzepte bei. Sie können als Anregungspotenziale für die Implementierung eigener, an die regionalen Bedürfnisse angepasster berufsdidaktischer Projekte fungieren (Dernbach-Stolz et al., 2019; Lawn, 2018; Rogers, 2003). In einen neuen länderspezifischen Kontext «gewandert», werden die Konzepte identifiziert, absorbiert und an die neue Umgebung adaptiert (Pätzold et al., 2002, S. 302).

Im vorliegenden Beitrag steht die Frage der länderübergreifenden Verbreitung berufsdidaktischer Konzepte am Beispiel der Lernfelddidaktik[1] und der beruflichen Handlungsorientierung im Fokus. Gefragt wird zum einen, inwiefern aus Deutschland kommende lernfelddidaktische Konzepte in Österreich und in der Schweiz bislang Verbreitung gefunden haben beziehungsweise als Anregungspotenziale für die Umsetzung eigener Projekte wahrgenommen wurden. Zum anderen interessiert, inwiefern und auf welchen Ebenen des jeweiligen länderspezifischen Berufsbildungssystems lernfelddidaktische Konzepte beziehungsweise Ansätze einer handlungsorientierten Didaktik gegenwärtig sichtbar werden.

Sowohl das Lernfeldkonzept als auch die berufliche Handlungsorientierung unterscheiden sich von einer traditionellen Fachdidaktik. Der Fokus liegt auf Kenntnissen, Fertigkeiten und Fähigkeiten, die sich an konkreten Arbeitssituationen ausrichten und zur Bewältigung berufsübergreifender Arbeitsprozesse befähigen. Mit der Verschränkung berufsspezifischer Handlungssystematiken leisten beide berufsdidaktischen Ansätze einen wichtigen Beitrag zur Generierung und zum Ausbau von Berufsfelddidaktiken. Das Lernfeldkonzept, aber auch die berufliche Handlungsorientierung stehen mit den Erwartungen in Verbindung, die Lernenden bestmöglich auf «bereits veränderte und auf die zukünftigen (Arbeits-)Anforderungen» (Czycholl & Ebner, 2006, S. 45), aber auch die Bewältigung eines «Wandels in ihrer Lebens- und Arbeitswelt» (Beck et al., 2008, S. 13) vorzubereiten. Die berufliche Handlungsorientierung erfordert zum einen die Formulierung und Begründung von Lernzielen und die Strukturierung von Curricula, zum anderen die Gestaltung «unterrichtsmethodischer Arrangements» (Czycholl & Ebner, 2006, S. 4). Ebenso stellt das Lernfeldkonzept nicht nur einen didaktischen, sondern auch curricularen Ansatz dar.

Im Folgenden konzentrieren wir uns auf berufsdidaktische Ansätze, die hinsichtlich berufsübergreifender Logiken einen ähnlichen Wirkungsradius aufweisen. Mit Deutschland, Österreich und der Schweiz richten wir den Fokus unserer Darstellung auf Länder, die sich durch ein ähnliches, nämlich dual geprägtes Berufsbildungssystem mit einer «verwandten» Struktur und einer vergleichbaren Gewichtung hinsichtlich des Berufskonzepts auszeichnen und gleichzeitig auf ähnliche Arbeitskulturen zurückblicken (Dernbach-Stolz et al., 2019, S. 1).

Im Zuge des zweiten Kapitels wird die der hier vorgestellten Untersuchung zugrunde liegende methodische Vorgehensweise vorgestellt. Kapitel 3 thematisiert sodann die unterschiedlichen Verbreitungswege berufsdidaktischer Konzepte. Danach folgt eine Auseinandersetzung mit der Entwicklungslinie des Lernfeldkonzepts in Deutschland und dessen Anforderungen an eine Neugestaltung des berufsschulischen Unterrichts (Kapitel 4). Im darauffolgenden Kapitel wird aufgezeigt, inwiefern Lernfelddidaktik aus Deutschland kommend in Österreich und in der Schweiz bislang rezipiert wurde beziehungsweise inwiefern und auf welchen Ebenen des österreichischen, aber auch des schweizerischen Berufsbildungssystems lernfelddidaktische Konzepte beziehungsweise Anregungspotenziale einer handlungsorientierten Didaktik gegenwärtig sichtbar werden (Kapitel 5). Im Fazit werden die sich daraus ergebenden Erkenntnisse zusammengefasst und es wird ein Ausblick gegeben (Kapitel 6).

2Methodische Vorgehensweise