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So finden Sie Ihren Stil
Schreiben gehört immer mit dazu. Wer’s kann, ist klar im Vorteil. Das gilt für Ausbildung und Beruf ebenso wie für jede Online-Präsentation und jedes Buchvorhaben. Dieses Buch hilft Ihnen dabei, so zu schreiben, dass Ihre Texte punktgenau beim Leser landen. Es zeigt Ihnen Denkansätze und Techniken, gibt Ihnen Tipps, verrät Ihnen Kniffe und empfiehlt Ihnen die passenden Übungen dazu. Sie brauchen nur mitzumachen, und das Schreiben wird Ihnen leichter von der Hand gehen.
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Seitenzahl: 435
Besser schreiben für Dummies 3A
Qualität
der Rede wertwahr und richtigQuantität
so viel wie nötigso wenig wie möglichRelation
sachrelevantzweckdienlichModalität
klar und eindeutigstraff und geordnetPersönliches
AlterGeschlechtsozialer StatusArt der Bildungkultureller HintergrundSprachkompetenz Deutschpersönliche EigenheitenSachbezogenes
WissensstandBedeutung der SacheEinstellung zur SacheVerhältnis zum Autor
HierarchieVorgeschichteVertrautheitsgradLesesituation
Art der ÜbermittlungBesonderheiten beim EmpfangPrüfen Sie, ob alle Wörter die folgenden Merkmale erfüllen:
zweckvoll (mit erkennbarer Funktion)angemessen (passend zum Anlass, zum Gegenüber und zum Selbst)konkret (nicht vage oder abstrakt)vertraut (nicht fremd oder abgehoben)Prüfen Sie den Aufbau Ihres Textes auf die folgenden Merkmale hin:
Logik der GliederungAbsätze als SinneinheitenSätze in erkennbarem ZusammenhangAnkündigungen dessen, was kommtStrukturhilfen (Aufzählungen, Überschriften, Hervorhebungen)Prüfen Sie, ob Ihre Sätze die folgenden Merkmale erfüllen:
vollständiggrammatisch richtigüberschaubar langgeradlinigMit den folgenden Mitteln können Sie Ihre Texte stilistisch aufwerten:
BeispielVergleichDreierfigurAlliteration (rote Rosen ranken)Anapher (halb zog sie ihn, halb sank er hin)Chiasmus (die Kunst ist lang, und kurz ist unser Leben)rhetorische Frageein Schuss HumorBesser schreiben für Dummies 3A
Bibliografische Informationder Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
3. Auflage 2025
© 2025 Wiley-VCH GmbH, Boschstraße 12, 69469 Weinheim, Germany
All rights reserved including the right of reproduction in whole or in part in any form. This book is published by arrangement with John Wiley and Sons, Inc.
Alle Rechte vorbehalten inklusive des Rechtes auf Reproduktion im Ganzen oder in Teilen und in jeglicher Form. Dieses Buch wird mit Genehmigung von John Wiley and Sons, Inc. publiziert.
Wiley, the Wiley logo, Für Dummies, the Dummies Man logo, and related trademarks and trade dress are trademarks or registered trademarks of John Wiley & Sons, Inc. and/or its affiliates, in the United States and other countries. Used by permission.
Wiley, die Bezeichnung »Für Dummies«, das Dummies-Mann-Logo und darauf bezogene Gestaltungen sind Marken oder eingetragene Marken von John Wiley & Sons, Inc., USA, Deutschland und in anderen Ländern.
Das vorliegende Werk wurde sorgfältig erarbeitet. Dennoch übernehmen Autoren und Verlag für die Richtigkeit von Angaben, Hinweisen und Ratschlägen sowie eventuelle Druckfehler keine Haftung.
Coverfoto: Sergey Nivens - stock.adobe.comKorrektur: Birgit Volk
Print ISBN: 978-3-527-72233-4ePub ISBN: 978-3-527-84888-1
Cover
Titelblatt
Impressum
Inhaltsverzeichnis
Einführung
Über dieses Buch
Konventionen in diesem Buch
Törichte Annahmen über den Leser
Wie dieses Buch aufgebaut ist
Symbole, die in diesem Buch verwendet werden
Wie es weitergeht
Teil I: Warum und für wen und was man alles schreibt
Kapitel 1: Wozu Schreiben gut ist
Denken
Kommunizieren
Das Selbstbewusstsein stärken
Kapitel 2: Der Autor und sein Leser
Was der Autor über den Leser wissen sollte
Was bei der Autorenrolle zu beachten ist
Wie Autor und Leser zusammenkommen
Was der Autor leistet
Kapitel 3: Der Redegegenstand
Qualität
Quantität
Relation
Modalität
Kapitel 4: Drei Texttypen
Ein Modell, drei Typen
Der informative Text
Der operative Text
Der expressive Text
Kapitel 5: Onlinetexte
Gut platziert
Für Überflieger geeignet
Mit Zusätzen ausgestattet
In jedem Sinne verantwortlich
Teil II: Von A wie Arbeitsplatz bis Z wie Zwiebelfisch
Kapitel 6: Voraussetzungen schaffen
Arbeitsplatz
Arbeitsmittel
Arbeitszeit
Eigenregie
Kapitel 7: Den Text vorbereiten
Das Thema finden
Recherchieren
Material auswerten
Kapitel 8: Den Text erarbeiten
Gliedern
Schreiben
Umschreiben
Kapitel 9: Den Text fertigstellen
Gegenlesen lassen
Den Text in Form bringen
Die Arbeit abschließen
Kapitel 10: Mit Störfaktoren umgehen
Hemmungen
Startschwierigkeiten
Stockungen
Zeitdruck
Erwartungen
Teil III: Tricks und Kniffe des Handwerks
Kapitel 11: Gendersensibel schreiben
Gendern – eine Erklärung
Alle einbeziehen
Sprachliche Grenzen und Möglichkeiten
Kapitel 12: Den Ausdruck stärken
Die Wortwahl bedenken
Die Handlung fließen lassen
Überflüssiges meiden
Kapitel 13: Den Satzbau optimieren
Grundlagen
Takt, Länge und Logik
Zusammenrücken, was zusammengehört
Mit Satzzeichen steuern
Kapitel 14: Durch den Text führen
Zusammenhalt herstellen
Sinneinheiten markieren
Wegweiser setzen
Kapitel 15: Anreize bieten
Sehen lassen
Zum Klingen bringen
Funken sprühen
Kapitel 16: Die Fantasie beflügeln
Interessen vertiefen
Lesestoff reflektieren
Beobachtungen sammeln
Weiterspinnen
Teil IV: Üben, üben, üben
Kapitel 17: Gute Gewohnheiten pflegen
Sich frei machen
Gelegenheiten ergreifen
Nach Besserem streben
Kapitel 18: Texte, die informieren
Protokoll
Antwort auf Beschwerde
Mitteilung in die Runde
Kapitel 19: Texte, die zum Handeln animieren
Bewerbung
Bitte
Spendenaufruf
Kapitel 20: Texte, die Inniges äußern
Entschuldigung
Beileid
Dankeschön
Kapitel 21: Texte, die Geschichten dichten
Figuren
Konflikt
Plot
Perspektive
Teil V: Der Top-Ten-Teil
Kapitel 22: Zehn Fragen, die immer jemand stellt
Wozu sind die Wortarten gut?
Wie erkennt man, ob ein Wort groß- oder kleingeschrieben wird?
Wie erkennt man, ob getrennt oder zusammengeschrieben wird?
Wie kann man »das« und »dass« unterscheiden?
Wie erkennt man, wann ein Komma fällig ist?
Wie funktioniert indirekte Rede?
Ist es okay, einen Satz mit
Ich
anzufangen?
Sind Wiederholungen immer schlechter Stil?
Soll man schreiben, wie man spricht?
Wie kann man den eigenen Wortschatz erweitern?
Kapitel 23: Zehn Übungen, die in jede Pause passen
Thesaurus
Kettenreaktion
Familienforschung
Welterklärer
Weltenbummel
Schöne Geschichten
Sinnsuche
Abecedarium
Wordeln
Rätsel
Kapitel 24: Zehn Tipps fürs Schreiben bei der Arbeit
Das Schreiben thematisieren
Den Tag strukturieren
Startklar machen
Arbeitsaufträge klären
Sagen, was geht
Machen, wie es geht
Zeit nehmen zum Bearbeiten
Tandems bilden
Ruhe bewahren
Perfektionismus ablegen
Kapitel 25: Zehn Gedanken für den Weg zum Buchmarkt
Ordnung per Genre
Einzelwerk, Zyklus, Reihe
Klassiker zum kreativen Schreiben
Einsam und gemeinsam
Adressen im Netz
Zeit für Fragen
Texte über Texte
Vom Text zum Verlag
Verlagsarbeit
Das meistverkaufte Buch aller Zeiten
Quellen
Stichwortverzeichnis
End User License Agreement
Kapitel 4
Tabelle 4.1: Texttypen
Kapitel 5
Tabelle 5.1: Beispiel Arbeitskreis im Netz
Kapitel 8
Tabelle 8.1: Beispiel Bewerbungseinstieg
Kapitel 9
Tabelle 9.1: Worttrennung
Kapitel 10
Tabelle 10.1: Machbarkeitsansage
Kapitel 11
Tabelle 11.1: Männliche Formen und geschlechtsneutrale Alternativen
Kapitel 12
Tabelle 12.1: Tonart
Tabelle 12.2: Abstrakt gegenüber konkret
Tabelle 12.3: Nominal gegenüber verbal
Tabelle 12.4: Gestreckt gegenüber gestrafft
Tabelle 12.5: Passiv gegenüber Aktiv
Tabelle 12.6: Füllwörter
Kapitel 13
Tabelle 13.1: Satzglieder
Tabelle 13.2: Satzmuster
Kapitel 14
Tabelle 14.1: Verknüpfungsmöglichkeiten
Tabelle 14.2: Grundstellung und Ausdrucksstellung
Tabelle 14.3: Gegensatz
Tabelle 14.4: Persönlicher Ausdruck
Tabelle 14.5: Glieder einer Aufzählung
Kapitel 19
Tabelle 19.1: Antizipation
Tabelle 19.2: Beschreibungen
Kapitel 22
Tabelle 22.1: Konjunktiv in der indirekten Rede
Cover
Titelblatt
Impressum
Inhaltsverzeichnis
Einführung
Fangen Sie an zu lesen
Quellen
Stichwortverzeichnis
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Schreiben ist aus Alltag und Beruf nicht wegzudenken; in irgendeiner Weise gehört es immer mit dazu. Dabei reicht seine Bedeutung weit über das geschriebene Wort hinaus. Denn jedes Mal, wenn Sie schreiben – sei es eine dreizeilige Mail, ein dreiseitiges Exposé oder einen dreißigseitigen Aufsatz –, geben Sie etwas von sich preis. Sie zeigen Ihre Sachkenntnis, Ihre Art zu denken und Ihre Einschätzung des Gegenübers. Sie geben ein Selbstzeugnis ab und werden dementsprechend wahrgenommen. Das allein ist schon ein Grund, warum es sich lohnt, besser zu schreiben.
Schreibkompetenz beinhaltet mehr als das, was standardmäßig in der Schule vermittelt wird. Klar, in jedem Lehrplan stehen Rechtschreibung und Grammatik. Dann bekommt man noch Textanalysen mit auf den Weg. Und man schreibt Aufsätze – mit mehr oder mäßigem Interesse und immer im Hinblick auf die Note. Doch hat man damit am Ende gelernt, wie man einen komplexen Sachverhalt verständlich darstellt? Wie man per Schreiben Verhalten lenkt? Wie man Schreiben zum Denken nutzt? Wie man aus Ideen eine runde Geschichte macht? Bei den wenigsten ist das so. Deshalb ist es ein kluger Entschluss, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen. Dieses Buch wird Sie dabei unterstützen.
Sie werden es schon bei sich selbst beobachtet haben, dass Schreibkompetenz zwei Aspekte hat: Zum einen wollen Sie gute Texte schreiben; zum anderen wollen Sie das Schreiben gut im Griff haben. Das eine ohne das andere ist sinnlos. Denn was haben Sie davon, wenn Sie einen vorzüglichen Bericht verschicken, aber dafür drei Tage lang alles andere vernachlässigt und sich die Nerven ruiniert haben? Umgekehrt: Was haben Sie davon, wenn Ihnen das Schreiben leicht von der Hand geht, aber der Bericht kaum zu verstehen ist? Beide Situationen sind unbefriedigend. Deshalb wird dieses Buch Ihre Schreibkompetenz in beiden Bereichen stärken. Sie werden lernen, gute Texte zu schreiben; und Sie werden lernen, den Schreibprozess – von der ersten Idee bis hin zu überzeugten Lesenden – zuverlässig und souverän zu meistern.
Sie können dieses Buch mitnehmen wie einen Werkzeugkasten, einen mit vielen Fächern. In dem einen Fach finden Sie zum Beispiel die Wortwahl, in einem anderen den Satzbau, in einem dritten den Textzusammenhang. Sie finden die Vorbereitungen, die Erarbeitung des Textes und erste Hilfe bei Störungen. Sie brauchen sich nicht in allen Fächern zu bedienen, sondern nur in denen, die etwas für Sie Wichtiges enthalten. Jedes Kapitel, das Sie aufschlagen, ist eine Einheit für sich. Sie können es verstehen, ohne alles Vorangegangene gelesen zu haben.
Fangen Sie ruhig da an, wo Ihr Interesse Sie als Erstes hinführt, und folgen Sie Ihrer Neugier. Wahrscheinlich werden Sie am Ende doch alles gelesen haben. Und wenn Sie sich noch dazu Notizen machen und die weiter bearbeiten, dann sind Sie schon mittendrin im Schreiben. Genau dort sollen Sie hin. Denn Schreiben lernt man am besten durch Schreiben.
Die Learning-by-Doing-Methode ist auch insofern berücksichtigt, als Sie immer wieder Anregungen finden werden, etwas auszuprobieren. Machen Sie hier und da mit, auch wenn es um Textsorten geht, die Ihnen fremd sind. Denn je mehr Techniken und Texte Sie erkunden, desto besser können Sie Ihr eigenes Schreiben entwickeln.
Neben diesen Anregungen finden Sie noch ein Zusatzangebot: die grauen Kästen. Das sind kleine Inseln im Text, auf denen Sie Extras entdecken können: Hintergrundwissen, Kuriositäten, Anekdoten, Zitate oder Beispiele. Auf diesen Inseln können Sie sich entspannen, wenn Ihnen danach ist. Sie werden sich wundern, was Ihr Gehirn in dieser Phase alles leistet. Denn die kleinen Dinge, über die man staunen kann, sind oft der beste Anker für das Wissen, das man erwirbt.
Nun wissen Sie, was dieses Buch für Sie bereithält. Bleibt noch zu klären, was Sie Ihrerseits mitbringen sollten. Ich sage es gleich vorweg: Sie brauchen keine besonderen Vorkenntnisse. Auch da, wo es grammatisch wird, erkläre ich die Dinge so, dass Sie sie verstehen und anwenden können. Dafür sollten Sie allerdings umso mehr von etwas anderem beisteuern: von der Bereitschaft, sich auf das Schreiben einzulassen.
Ich habe zwei grundsätzliche Entscheidungen zum Sprachgebrauch getroffen, die ich gerne erläutern möchte. Denn in einem Buch, das vom Schreiben handelt, wird ja sehr – und zu Recht – auf die Sprache geachtet.
Die erste Entscheidung betrifft die Wortwahl. Ich werde die Person, die etwas schreibt, als »Autor« bezeichnen. Damit unterstelle ich Ihnen nicht den Berufswunsch der Schriftstellerei. Aber ich erinnere Sie daran, was Sie eigentlich tun, wenn Sie eine Notiz, einen Brief oder ein Protokoll schreiben: Sie sind kreativ. Sie schaffen etwas, was in dieser Form vorher nicht da war. Als Autor schreiben Sie außerdem für ein Publikum. Auch wenn das nicht gleich Tausende Lesende sind, so sind es doch immerhin die Menschen, die für Sie persönlich eine Rolle spielen: die Chefin oder Kollegen, Kundinnen oder potenzielle Arbeitgeber. Es passt also, wenn Sie sich als »Autor« verstehen.
Die zweite Entscheidung betrifft ebenfalls die Personenbezeichnungen, diesmal allerdings ein grammatisches Phänomen: das Geschlecht. Ich werde auf Doppelnennungen verzichten, auch wenn Personen unterschiedlichen Geschlechts gemeint sind. Stattdessen nehme ich, sofern der Inhalt nicht dagegen spricht, mal die männliche, mal die weibliche Form. Wo es eben geht, formuliere ich geschlechtsneutral. Ziel ist es, einladend zu schreiben und niemanden auszugrenzen. Dazu reicht es nicht, allein auf die passenden Endungen zu setzen; vielmehr muss die Sprache einfach und zugänglich sein, ohne unnötige Erschwernisse. Nur so können Sie Freude daran haben, sich auf den Text einzulassen.
Zu Anfang meiner Schreibkurse frage ich die Teilnehmenden, warum sie da sind. Viele erzählen dann sehr konkret, was sie an Erfahrungen hinter sich und an Zielen vor sich haben. Ich kann mir vorstellen, dass die eine oder andere Beschreibung auch bei Ihnen zutrifft.
Sie haben lange genug am Trauma einer schlechten Deutschnote oder rot markierter Rückläufe gelitten und möchten es endlich können: frei und sicher und unbefangen schreiben – ohne Ängste und ohne Hemmungen.
Sie haben den Eindruck, dass Sie sich durch Ihre Unsicherheit beim Schreiben Chancen verbauen: neue Aufgaben im Betrieb, eine Fortbildung oder eine ganz andere Tätigkeit. Diese Chancen möchten Sie sich eröffnen.
Sie geraten jedes Mal in Stress, wenn Sie einen aufwendigeren Text zu schreiben haben. Dieser Stress ist eine unnötige Belastung, die Sie nicht länger ertragen möchten.
Sie sind oft mit Ihren Texten unzufrieden, weil sie von der Qualität her nicht dem entsprechen, was Sie ansonsten leisten. Sie möchten ein besseres Bild von sich abgeben.
Sie haben eine größere Arbeit vor sich, etwa eine Bachelor-Arbeit oder eine Präsentation, und möchten von vornherein wissen, wie Sie das Projekt am besten angehen.
Sie haben viele gute Ideen im Kopf, die sie gerne kreativ bearbeiten und vielleicht sogar veröffentlichen möchten.
Was auch immer Ihr ganz persönlicher Grund sein mag, sich mit dem Schreiben zu beschäftigen, ich sehe doch eine große und wesentliche Gemeinsamkeit bei allen: die Einsicht, dass Schreibkompetenz nicht vom Himmel fällt, sondern eine Fähigkeit ist, die man sich erarbeitet.
Dieses Buch ist in fünf Teile gegliedert, die das Schreiben von unterschiedlichen Seiten beleuchten und Ihnen ein individuelles Herangehen ermöglichen.
Dieser Teil zeigt Ihnen, was Schreiben alles ist und was es leistet. Spätestens hier trennen Sie sich von einem gängigen Missverständnis, das viel Schaden anrichtet – in der Schule, im Studium, in der Ausbildung und auch noch im Berufsleben. Danach bedeutet Schreiben, dass man sich überlegt, was man zu einer Sache zu sagen hat, und diese Überlegungen zu Papier bringt. Weit gefehlt! Schreiben bedeutet mehr, und dieses Mehr können Sie gründlich nutzen.
Schreiben dient vor allem der Kommunikation: Autor und Lesende teilen einen Redegegenstand. Diese drei Seiten sind für jeden Text aufeinander abzustimmen. Je nachdem, welche Seite besonders hervortritt, unterscheidet man drei Texttypen. Wenn Sie sich deren Merkmale bewusst machen, haben Sie Rahmen, an denen Sie Ihre Texte ausrichten können. Als Viertes ist noch das Medium zu bedenken, mit dem die Botschaft vermittelt wird. Hier werden Onlinetexte mit ihren Eigenheiten gesondert herausgestellt.
Dieser Teil zeichnet die Schritte auf, die einen Text entstehen lassen. Die führen von der Einrichtung des Arbeitsplatzes bis zum Erstellen des druckreifen Dokuments. Da gehört übrigens der Zwiebelfisch hin: Das ist ein falsch gesetzter Buchstabe.
Für alle Fälle gibt es zum Schluss noch ein Kapitel, das sich mit Störfaktoren beschäftigt. Was macht man, wenn man keinen Anfang findet? Oder wenn man im Text stecken bleibt? Wie geht man mit Zeitdruck um? Oder mit allzu hohen Erwartungen? Auf diese Fragen gibt es Antworten, die Sie bei Bedarf auf sich zuschneiden können.
Jedes Handwerk hat seine Tricks und Kniffe, mit denen man sich Zeit, Umstände und Patzer erspart. So etwas gibt es auch beim Schreiben. In diesem Teil können Sie lesen, wie Sie mit dem heiklen Thema Gendern umgehen können, was man bei der Wortwahl tun und lassen sollte, wie man sinnvolle Sätze baut, wie man einen selbstverständlichen Zusammenhang herstellt und wie man das Ganze mit Anreizen aufpeppt. Das letzte Kapitel in diesem Teil gehört der Fantasie: Was können Sie tun, um ihr genügend Futter zu verschaffen?
Ohne Üben geht gar nichts. Deshalb handelt das erste Kapitel in diesem Teil von der guten Übung im Alltag, die das Schreiben zu einem festen Bestandteil macht. Die folgenden drei Kapitel bieten Texte samt Erläuterungen, die Sie zum Üben nutzen können. Es geht um informative Text wie etwa die sachliche Antwort auf eine Beschwerde, um appellbetonte Texte wie die Bewerbung und um Texte des persönlichen Ausdrucks wie etwa eine Entschuldigung. Beachten Sie auf jeden Fall die Erläuterungen. Dann können Sie nämlich in diesem Stil Ihr eigenes Schreiben hinterfragen und erklären.
Das letzte Kapitel betritt das weite Feld des fiktionalen Schreibens. Hier wird das Wesentliche zur Figurenentwicklung, zum Konflikt, zum Plot und zur Perspektive erklärt. Zu allen Punkten gibt es Beispiele, Lesetipps und Übungsaufgaben. Das alles zusammen können Sie nutzen, um mit geschärftem Blick an Ihre eigenen Ideen heranzugehen.
Was man an zehn Fingern abzählt, kann man sich gut merken. Deshalb gibt es hier Alltagshilfen im Zehnerpack: zehn Fragen, die immer jemand stellt; zehn Übungen im Pausenformat; zehn Tipps fürs Schreiben bei der Arbeit und schließlich zehn Gedanken für den Weg zum Buchmarkt.
Sie werden vier Symbolen begegnen. Die machen es Ihnen leichter, die jeweils daneben stehende Information effektiv zu verwerten. Im Einzelnen bedeuten sie:
Damit kann Ihnen ein Licht aufgehen.
Das sollten Sie sich merken.
Hier lauern Fehler.
Auf zum Üben!
Schreiben Sie! Schreiben Sie, was das Zeug hält. Denken Sie um Himmels willen nicht, Sie müssten erst Ihre Schreibkompetenz verbessern und könnten dann erst schreiben. Schreiben Sie jetzt. Schreiben Sie, während Sie mit diesem Buch arbeiten.
Schlagen Sie dieses Buch auf, sooft es geht. Unterstreichen Sie, was Ihnen wichtig ist. Notieren Sie, was Ihnen auffällt oder was Sie zu ergänzen haben. Wenn es am Ende bekritzelt und bunt markiert und aus dem Leim gegangen ist, dann war es gut.
Teil I
IN DIESEM TEIL …
… sehen Sie, wie vielfältig Sie das Schreiben nutzen können.… bringen Sie Autor, Lesende und Redegegenstand in ein angemessenes Verhältnis.… machen Sie drei Texttypen aus, an denen Sie Ihre Texte ausrichten können.… führen Sie sich die Besonderheiten von Onlinetexten vor Augen.Kapitel 1
IN DIESEM KAPITEL
Gedanken fassenMit anderen teilenGut dastehenSchreiben ist so alltäglich, dass es chronisch unterschätzt wird: Jedes Kind kann es, ergo können es die Erwachsenen, und was alle können, ist keine große Leistung. Das ist eine verbreitete Meinung, aber auch eine schädliche. Denn sie lässt eine wertvolle Ressource zum großen Teil ungenutzt. Schreiben ist wahrscheinlich das am meisten unterschätzte Hilfsmittel überhaupt. Deshalb werden hier drei Funktionen aufgezeigt, mit denen Sie Ihre eigene Leistung und Ihren Stellenwert fördern können.
»Erst denken, dann reden«, das ist ein guter Rat für die gesprochene Sprache, denn die wirkt unmittelbar. Was einmal gesagt ist, kann nicht mehr aus der Welt geschafft werden. Beim Schreiben sieht die Sache anders aus. Hier ist es nicht nötig, dass Sie sich Ihre Texte ausdenken, bevor Sie schreiben. Gerade bei langen Texten wäre das die reinste Verschwendung. Denn die können sogar davon profitieren, wenn Denken und Schreiben Hand in Hand gehen. Dann bringt nämlich das Denken das Schreiben voran und umgekehrt das Schreiben das Denken. Voraussetzung ist, dass Sie sich auf ein dynamisches Zusammenspiel mit der Sprache einlassen: Ein Stück weit lassen Sie sich mit der Sprache gehen; dann entscheiden Sie, wohin die Sprache gehen soll.
Schreiben kann mehr als fertige Gedanken aufzeichnen; es kann Ihnen dabei helfen, Gedanken zu fertigen.
Die Sprache bestimmt das Denken, auch wenn man das gar nicht merkt. Am ehesten fällt es vielleicht beim Erlernen einer Fremdsprache auf. So ist man es zum Beispiel vom Deutschen her gewöhnt, dass jedes Hauptwort ein Geschlecht hat. Auf Deutsch ist der »Hund« männlich und die »Katze« weiblich, und das unabhängig vom Geschlecht der Tiere. Steigt man nun mit diesem Gepräge ins Englische ein, dann setzt man zunächst automatisch für »dog« das männliche Fürwort »he« und für »cat« das weibliche Fürwort »she«. Englisch sprechenden Menschen kommt das spanisch vor, denn sie kennen kein grammatisches Geschlecht; für sie zählt allein das biologische Geschlecht. Hier werden die unterschiedlichen Prägungen sichtbar.
Sprache unterbreitet mit ihren Wörtern ein Angebot an Vorstellungen, Bildern und Anknüpfungspunkten. Sie verlangt von den Anwendenden – beim Sprechen wie beim Schreiben – grundsätzlich zwei Aktionen: Auswahl und Verknüpfung:
Bei der Auswahl wägt man fast gleichwertige Wörter gegeneinander ab und greift dasjenige heraus, das der Sache am nächsten kommt.
Bei der Verknüpfung kombiniert man die Wörter miteinander.
Beides geschieht beim Sprechen meist unbewusst, und das ist gut so. Beim Schreiben jedoch kann man beides sehr bewusst einsetzen, und das ist noch viel besser. Denn damit erschließt man sich ein ergiebiges Verfahren, um Gedanken hervorzubringen, abzutasten und zu Texten zu verdichten. Das lässt sich vielleicht am besten anhand eines Beispiels nachvollziehen. Stellen Sie sich vor, Sie möchten positiv über eine Veranstaltung schreiben. Es kommen Ihnen die folgenden Möglichkeiten in den Sinn:
Die Veranstaltung war rundum gut / gelungen / erfolgreich.
Unter den Adjektiven können Sie wählen; sie sind gegeneinander austauschbar. Für Ihre Wahl jedoch nehmen Sie nicht die Gleichheit ins Visier, sondern die Unterschiede: die Merkmale, die die jeweils anderen Adjektive nicht haben. »Gut« ist sehr allgemein und entsprechend schwach in der Aussage. »Gelungen« impliziert, dass es Hürden zu überwinden gab. »Erfolgreich« zielt vor allem auf die Wirkung. Diese unterscheidenden Merkmale lenken die Gedanken in unterschiedliche Bahnen:
Die Veranstaltung war rundum gut. Sowohl die Gäste als auch die Veranstalter zeigten sich hochzufrieden. Auch der Nachklang in der Presse war positiv. So schrieb etwa die »Rhein-Zeitung«, …
Die Veranstaltung war rundum gelungen. Wir hatten Prof. Anke Aling als Rednerin gewinnen können. Sie sprach über »Unternehmenssicherung in der Krise« und rief mit ihren Thesen eine lebhafte Diskussion hervor.
Die Veranstaltung war rundum erfolgreich. Wir hatten etliche Anfragen zu verzeichnen und konnten sieben neue Kunden gewinnen. Überwiegend handelt es sich dabei um Personen, die einen beruflichen Wechsel anstreben.
So hat jedes der drei Adjektive eine eigene Verknüpfung angeboten, und darüber sind drei verschiedene Texte entstanden. Das hat deshalb funktioniert, weil Sie der Sprache gefolgt sind. Das geht in vier Schritten:
Als Erstes sieht man sich ein Wort genau an und zerlegt es in seine Bedeutungsmerkmale.
Über die Merkmale geht man von einem Wort zum anderen. Im Vergleich klärt man, wohin genau man will.
Man setzt das Wort, das am ehesten in die gewünschte Richtung deutet.
Man greift das Thema auf, das das Wort mit seinen wesentlichen Merkmalen anbietet.
Wenn Sie bewusst so vorgehen – analytisch und verknüpfend zugleich –, tun sich wie von selbst Zusammenhänge auf, die Sie sonst womöglich nicht gesehen hätten.
Ein Wort ergibt das andere. Fürs Schreiben können Sie das wörtlich nehmen. Voraussetzung ist, dass Sie nicht über die Sprache hinweggehen, sondern sie wirken lassen.
Testen Sie das Vorgehen mit einem der folgenden Beispiele (oder gleich mit allen). Vergleichen Sie, was genau in den drei angebotenen Versionen gesagt wird, und bilden Sie entsprechende Anschlüsse.
»Die Kollegin ist krank / hat sich krankgemeldet / fehlt wegen Krankheit.«»Herr Beling hat vor, sich einen Hund zuzulegen / sich einen Hund zu holen / einen Hund zu sich zu nehmen.«»Frau Celing hat drei Wochenenden hintereinander Dienst geschoben / malocht / gearbeitet.«Die Sprache weist viele Wege auf: gerade und gewundene, begrenzte und weitläufige, augenscheinliche und überraschende. Das alles sind Angebote. Welches Angebot Sie annehmen, das entscheiden Sie an jeder Kreuzung neu. Schreiben ist eine ganze Kette von Entscheidungen.
Entscheidungen beim Schreiben führen lange nicht immer schnurstracks zum Ziel, sondern manchmal auch auf Abwege: zu Widersprüchen, Irrtümern oder schlicht in die falsche Richtung. Meist merkt man das daran, dass das Schreiben stockt. Man kommt nicht mehr voran. Man tritt eine Zeit lang auf der Stelle, wird ungehalten und denkt, nichts geht mehr. Doch dann auf einmal weiß man, was zu tun ist: Man bricht ab, geht zurück, wiederholt, wechselt die Spur und fängt neu an. So ärgerlich das alles beim Schreiben sein mag, so nützlich ist es für den Text.
Jeder Holzweg, auf dem Sie beim Schreiben kehrtmachen, ist einer, den die Lesenden nicht mehr zu gehen brauchen.
Ein Text, der im Entstehen viele Möglichkeiten abgetastet hat, ist im wahrsten Sinne des Wortes rundum durchdacht. Denn indem man öfter die Richtung wechselt, sieht man das Thema von verschiedenen Seiten. Jede Seite wirft ihre eigenen Fragen auf, und darauf sucht man passende Antworten. Auf der Suche entdeckt man Gedanken, auf die man vorher nicht gekommen war. So kreist man das Thema immer enger ein und zurrt es fest. Dem fertigen Text ist dieses Suchen und Einkreisen nicht mehr anzumerken. Er liest sich linear von Anfang bis Ende – ohne dass die Lesenden auch nur einmal umkehren müssen.
Klare Gedanken formen und formulieren, das kriegen Sie hin, indem Sie das sprachliche Angebot ausschöpfen und immer wieder neu entscheiden.
Das klassische Beispiel dafür, wie man seine Inhalte nicht vor dem Schreiben kennt, sondern beim Schreiben entwickelt, steht in GoethesFaust. Faust sitzt in seinem Studierzimmer und verspürt den Drang, das Johannesevangelium aus dem griechischen Original ins Deutsche zu übertragen. Er schlägt den Text auf und nimmt sich den ersten Satz vor. Das geht so:
Geschrieben steht: »Im Anfang war das Wort!«Hier stock’ ich schon! Wer hilft mir weiter fort?Ich kann das Wort so hoch unmöglich schätzen,Ich muß es anders übersetzen,Wenn ich vom Geiste recht erleuchtet bin.Geschrieben steht: Im Anfang war der Sinn.Bedenke wohl die erste Zeile,Daß deine Feder sich nicht übereile!Ist es der Sinn, der alles wirkt und schafft?Es sollte stehn: Im Anfang war die Kraft!Doch, auch indem ich dieses niederschreibe,Schon warnt mich was, daß ich dabei nicht bleibe.Mir hilft der Geist! Auf einmal seh’ ich RatUnd schreibe getrost: Im Anfang war die Tat! (44)
Kommunikation ist in jeder Position gefragt, egal, in welchem Beruf Sie arbeiten. Sie ist das A und O des sozialen Miteinanders und in hohem Maße verantwortlich für dessen Gelingen. Kommunikation lässt sich mit einer einfachen Formel beschreiben, mit der sogenannten Lasswell-Formel:
Wer (Sender) sagt
was (Inhalt)
über welchen Kanal (Medium)
zu wem (Empfänger)
mit welchem Effekt (Wirkung)?
Die Anwendung ist ebenso einfach: Fritz Icks (Sender) schickt eine Reklamation (Inhalt) per Brief (Medium) an die Firma Ypsilon (Empfänger) und erhält daraufhin einen Preisnachlass (Wirkung).
Aber was ist, wenn Fritz Icks keine Reklamation schreibt, sondern einen technischen Prüfbericht? Dann scheint die Anwendung der Formel mit der dritten Stufe zu enden: Fritz Icks bringt einen technischen Sachverhalt zu Papier. Punkt. Genau dieser vorzeitige Punkt ist es, der viele Texte scheitern lässt: Sie mögen zwar inhaltlich in Ordnung sein, doch es fehlt ihnen der richtige Dreh. Der ergibt sich nämlich erst aus dem Verständnis, dass es sich um Kommunikation handelt.
Kommunikation liegt nicht nur dann vor, wenn Sie einen Empfänger unmittelbar ansprechen; jeder Text, den Sie mit dem Wissen oder der Absicht schreiben, dass er gelesen wird, ist Kommunikation. Entsprechend sollte jegliches Schreiben ein Austausch sein, ein Geben und ein Nehmen.
Beim Schreiben ist nicht der Text das Ziel, sondern die Wirkung auf die Lesenden.
Die Autorin eines technischen Berichts wird sich auf jeden Fall der Sache annehmen. Sie schaut auf die Materialien und deren Eigenschaften, auf Prozessbedingungen, Steuerungsmöglichkeiten, Fehlerquellen und Ergebnisse. Aus diesem Stoff kann sie einen Text machen. Nur werden Texte in der Regel nicht um ihrer selbst willen produziert, sondern zu einem Zweck in einem größeren Zusammenhang. Der technische Bericht etwa kann denjenigen als Grundlage dienen, die über Aufträge, Angebote oder Investitionen entscheiden. Diese Personen lesen den Bericht mit ihrer speziellen Frage im Kopf. Darauf wollen sie eine Antwort. Der Autor, der seinen Bericht nicht auf dem Papier enden lässt, sondern als Kommunikation versteht, wird die Fragen der Lesenden mit aufnehmen. Er schaut auf die Sache und auf die Lesenden. Nur beide Sichten zusammen ergeben einen zielführenden Text.
Nehmen Sie beim Schreiben die Bedürfnisse der Lesenden auf.
Ein Autor, der die Bedürfnisse der Lesenden aufgenommen hat, erkennt dadurch zugleich, was er abgeben muss: nicht wahllos alles, was er weiß, sondern gezielt das, was die Lesenden wissen wollen und wissen müssen. Das ist ein großer Unterschied.
Gerade bei Sachtexten wird dieser Unterschied oft übersehen. Bestes Beispiel ist der Lebenslauf. Ein Leben, ein Lebenslauf, denken viele. Teil eins stimmt: Gewiss hat man nur ein Leben. Teil zwei stimmt nicht: Der Lebenslauf ist nur eine Darstellung dieses Lebens, und die sollte sich nach dem richten, was gefragt ist.
Sie können sich das hautnah vorstellen, indem Sie an Gespräche denken: Wenn Sie ein Gegenüber haben, das Ihnen alles aufdrückt, was es schon immer mal loswerden wollte, sind Sie genervt und wollen nichts wie weg. Eingebunden fühlen Sie sich nur dann, wenn ein Gespräch von einem zur anderen hin und her geht. Im schriftlichen Umgang miteinander ist das zwar weniger offensichtlich, doch vom Prinzip her gleich.
Geben Sie beim Schreiben das ab, was den Bedürfnissen der Lesenden entspricht.
Sehen Sie sich Texte an, die Sie bei der Arbeit oder in der Ausbildung schreiben. Wie funktionieren sie als Kommunikation? Nehmen Sie die Lasswell-Formel zu Hilfe, um das zu bestimmen.
Wenn Sie wissen, was Sie am Schreiben haben, können Sie einiges an Selbstbewusstsein daraus ziehen. Schließlich verfügen Sie über ein wirksames Mittel, das Sie jederzeit einsetzen können, um etwas besser zu verstehen, um sich selbst sicherer zu fühlen oder um auszudrücken, was Ihnen wichtig ist. Das ist die eine Seite.
Die andere Seite ist, dass Sie über das Schreiben von anderen wahrgenommen werden. Wo das gesprochene Wort in Schall und Rauch verfliegt, bleibt das geschriebene Wort schwarz auf weiß stehen. Deshalb hat es ein stärkeres Gewicht. Und das kommt auch Ihnen zugute. Wer schreibt, bleibt.
Schreiben unterstützt die Befriedigung von Grundbedürfnissen.
Schreiben hilft verstehen.
Indem Sie schreiben, bringen Sie vage Gedanken oder Gefühle in eine klare Gestalt. Sie machen sie begreifbar und können sie dadurch besser handhaben. Schreiben wirkt gegen die Ohnmacht in Anbetracht des Unverständlichen. Klingt hochtrabend, ist aber so: Sie können durch Schreiben Klarheit gewinnen.
Schreiben bietet Sicherheit.
Vergleichen Sie eine Tirade und eine schriftliche Beschwerde: Bei einer Tirade rutscht einem manches heraus, was man hinterher bereut. Sprechen ist eben unmittelbar und ungefiltert. Beim Schreiben rutschen einem die verfänglichen Worte vielleicht genauso schnell heraus, allerdings kann man dann noch entscheiden, ob sie ankommen sollen oder nicht. Schreiben bietet Ihnen eine Sicherheitszone, in der Sie überlegen können, was Sie anrichten.
Schreiben verleiht Ausdruck.
Jeder Mensch hat das Bedürfnis, sich auszudrücken. Denn damit positioniert man sich in der Welt. Das geht nonverbal, verbal und in manchen Fällen eben nur schriftlich. Wenn Sie schreiben können, haben Sie also eine Ausdrucksmöglichkeit mehr, und noch dazu eine sehr differenzierte. Sie können Stellung beziehen und diese Stellung auch verteidigen. Schreiben bedeutet ein großes Stück Freiheit.
Schriftliches hat einen höheren Stellenwert als Mündliches. Mit gutem Grund: Es enthält mehr Mühe und mehr Überlegung, und es ist von Dauer. Die Wertung überträgt sich auch auf die Person, die schreibt. Im Berufsleben steigt der Anteil schriftlicher Aufgaben mit der Position. Wer in den unteren Rängen arbeitet, bringt eher wenige eigene Texte hervor – und wird entsprechend wenig beachtet. Wer in den oberen Rängen angekommen ist, schreibt umso mehr. Insofern ist Schreiben auch ein Erfolgsfaktor.
Gegenüber dem Sprechen hat Schreiben außerdem den Vorteil, dass man Texte herausputzen kann. Man kann sie polieren, bis sie funkeln. Damit schreiben Sie sich selbst die besten Beurteilungen. Ein kluger Text spricht für einen klugen Kopf. Mit dem Schreiben können Sie sich also nicht nur Themen erarbeiten, sondern auch Respekt.
Warum schreiben Sie nicht mehr? Wenn Sie etwas beizutragen haben, schreiben Sie es. Damit übernehmen Sie Verantwortung, Sie zeigen Kompetenz, und Sie finden Beachtung.
Kapitel 2
IN DIESEM KAPITEL
Den Leser erforschenDie Autorenrolle ausfüllenZusammenkommenEin Hinweis vorweg: »Autor« steht hier für jegliche Person, die schreibt, »Leser« für jegliche Person, die liest. Es erfolgt damit keine Festlegung auf ein tatsächliches Geschlecht. Sie können die Bezeichnungen als Platzhalter nehmen für jedes beliebige Geschlecht und für sich einsetzen, was Ihnen passt.
Und jetzt zur Sache: Beim Schreiben geht es nicht nur um Wörter und Sätze, sondern letztlich um den ganz großen Satz: den zum Leser. Bei ihm sollen Ihre Worte etwas bewirken. Um das zu erreichen, sollten Sie vorweg eine Reihe von Fragen beantworten. Diese betreffen den Leser mit seinem Hintergrund und seinen Interessen, Ihre eigene Autorenrolle und schließlich die Art des Zusammenkommens. Zum Schluss bekommen Sie noch Hinweise dazu, wie Sie Ihren Dienst als Autor verstehen können.
Stellen Sie sich vor, Sie haben eine neue Kollegin, die Sie sehr nett finden. Sie laden sie kurzerhand zum Abendessen ein. Das passt, denn Sie kochen sehr gerne und hatten ohnehin vor, ein neues Rezept auszuprobieren. Das Essen gelingt Ihnen perfekt: Lachs-Schalotten-Tatar als Vorspeise, Perlhuhn auf karamellisiertem Sauerkraut als Hauptgericht, Zitronencreme zum Nachtisch. Die Kollegin kommt voller Vorfreude, mit einer Flasche Wein und gutem Hunger. Sie tragen auch bald die Vorspeise auf, doch da wendet sich das Blatt. Die Kollegin bekommt einen erst kritischen, dann regelrecht unglücklichen Blick und gesteht schließlich: Sie isst weder Fisch noch Fleisch noch überhaupt irgendetwas Tierisches. Damit ist das ganze Essen für die Katz. Alles umsonst.
Genauso kann es einem Autor gehen, der seinen Leser nicht gut genug kennt. Da mag der Text noch so gut formuliert sein, wenn er die wesentlichen Eigenheiten des Lesers nicht beachtet, geht er an ihm vorbei. Dann sitzt der Leser da wie die Veganerin vor einem Fleischgericht.
Schreiben Sie nicht ins Blaue hinein, sondern immer mit Blick auf den Leser. Denn nur wenn Sie wissen, für wen Sie schreiben, können Sie wissen, was und wie Sie schreiben.
Beim Lesen liest der Leser ein Angebot auf und entscheidet, was er daraus macht. Diese Entscheidung wird von einer ganzen Reihe von Faktoren geprägt: von den eigenen Erfahrungen und dem Weltwissen ebenso wie von der aktuellen Lesesituation und den Gefühlen. Das alles webt der Leser in den Text ein. Ein Text ist schon vom Wort her ein »Gewebe« und mit »Textilien« verwandt. Der Leser schafft beim Lesen seine eigene Bedeutung.
Das Lesen ist ein konstruktiver Akt, zu dem der Autor das Rohmaterial liefert.
Der Leser liest den Text nicht gleichmäßig Wort für Wort, sondern pickt sich Anhaltspunkte heraus. Dort macht er fest und knüpft seine eigenen Gedanken an. Je leichter ihm das fällt, desto mehr fühlt er sich angesprochen. Also ist es Aufgabe des Autors, möglichst viele Anhaltspunkte zu schaffen. Das gelingt ihm umso besser, je mehr er über den Leser weiß.
Testen Sie selbst, wie Lesen als Mitwirken am Text funktioniert. Nehmen Sie sich dazu ein und denselben Text mehrfach vor, und achten Sie darauf, wie Sie ihn in unterschiedlichen Situationen aufnehmen. Vielleicht erscheint Ihnen eine Beschwerde, die Sie im morgendlichen Trubel als Haarspalterei abtun, mittags, wenn Sie sie in aller Ruhe lesen, durchaus berechtigt. Oder ein Roman, dem Sie in jungen Jahren nichts abgewinnen konnten, spricht Ihnen im reiferen Alter aus dem Herzen. Derartige Unterschiede ergeben sich aus Ihrem eigenen Zutun.
Was für Gedanken Sie sich über den Leser machen, hängt davon ab, mit wem Sie es zu tun haben. Das kann eine einzelne Person sein, die Sie gut kennen, aber auch eine Vielzahl von Personen, die bestimmte Gemeinsamkeiten haben. Dabei lässt sich gar nicht sagen, dass das eine leichter und das andere schwieriger ist. Genau hinsehen sollten Sie in jedem Fall.
In einem gut durchmischten Arbeitsleben kommen Leser vor allem in den folgenden Konstellationen vor:
Sie kennen den Leser persönlich.
Ein solcher Leser wäre etwa der Kollege, mit dem Sie sich über einen Vorgang austauschen, oder die Vorgesetzte, die Sie um eine Fortbildung bitten. Die Rahmendaten dieser Personen haben Sie, Sie kennen deren Eigenheiten und berücksichtigen den Grad der Vertrautheit. Was zu klären bleibt, sind Fragen, die sich aus dem speziellen Anliegen ergeben. Im Beispiel des Kollegen: Wie ist er an dem Vorgang beteiligt? Auf welchem Stand ist sein Wissen? Welcher weitere Einsatz ist von ihm zu erwarten? Im Beispiel der Vorgesetzten: Wie aufgeschlossen ist sie für die Personalentwicklung? Wie schätzt sie Sie als Mensch und als Arbeitskraft?
Sie wissen, wer der Leser ist, kennen ihn aber nicht persönlich.
Denken Sie an Kundinnen, Geschäftspartner, Kolleginnen in anderen Abteilungen oder Personalchefs, bei denen Sie sich bewerben. Hier haben Sie eine bestimmte Ansprechperson, mit der Sie Ihren Vorgang bearbeiten. Dabei sind vor allem deren Position und Arbeitsweise von Bedeutung. Welche Befugnisse hat die Person, und welchen Zwängen unterliegt sie? Wie hat sie die Vorgänge bis jetzt abgewickelt? Worauf legt sie besonderen Wert? Meist können Sie diese Fragen klären, indem Sie entsprechende Dokumente aufrufen, ins Archiv eintauchen, sich mit Kollegen unterhalten oder im Internet recherchieren.
Sie wenden sich an eine vorgegebene Gruppe von Lesern, die Sie mehr oder weniger gut kennen.
Hier sprechen Sie eine Gruppe als Gruppe an. Das tun Sie etwa dann, wenn Sie die Mitglieder Ihres Arbeitskreises zur nächsten Sitzung einladen, wenn Sie Ihre Abteilung über eine Neuregelung informieren oder wenn Sie im Betrieb Ihren Abschied verkünden. Bei solchen Schreiben ist es wichtig, immer mit dem gemeinsamen Nenner zu rechnen. Einzelinteressen müssen zurückstecken. Das wird Ihnen manchmal dadurch erschwert, dass Sie einen Teil der Adressaten duzen und den anderen Teil siezen. Ein Patentrezept für diese Kombination gibt es nicht; man muss für jeden Text einzeln entscheiden. Im Kasten »›Sie‹ und ›du‹ in einem Text« steht, woran Sie sich dabei halten können.
Sie wenden sich an Personen, die Sie erst über gemeinsame Interessen als Leser gewinnen.
Solche Leser sprechen Sie zum Beispiel mit einem Internetauftritt an, mit einem Buch, mit Werbeanzeigen oder Flyern, mit Broschüren oder Einladungen zu Informationsveranstaltungen. Um mit solchen Texten zu landen, müssen Sie schon fast Marktforschung betreiben. Sie müssen herausfinden, wer sich aus welchen Gründen wofür interessiert. Dabei können je nach Textsorte persönliche Kontakte helfen, Zeitungen, Zeitschriften, Fachblätter, Statistiken oder Recherchen auf einschlägigen Seiten im Internet.
Nehmen Sie den Leser immer genau ins Visier, unabhängig davon, wie gut Sie ihn kennen.
Die einen siezt man, die anderen duzt man; das ist schon im persönlichen Umgang schwierig genug. Es bedeutet Ungleichbehandlung, und die hat leicht den Beigeschmack von Klüngel, Bevorzugung, Ausgrenzung und Ungerechtigkeit. Umso besser sollte man sich überlegen, wie man beim Schreiben vorgeht. Hier die Optionen:
Doppelung der Anreden samt allem, was sich darauf beziehtSehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, in der Anlage finden Sie / findet ihr die Termine für das nächste Halbjahr. Bitte geben Sie / gebt mir bis Ende des Monats Bescheid, ob Ihr / euer Einsatz so bleiben kann.
Doppelungen sind korrekt, aber ungeschickt. Erstens sind sie schlecht zu lesen, zweitens heben sie die Ungleichheit auch noch optisch hervor. Deshalb sollte man sie nur spärlich verwenden oder ganz darauf verzichten.
Umgehen der Anrede im TextSehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, hier kommen die Termine für das nächste Halbjahr. Änderungswünsche kann ich bis Ende des Monats entgegennehmen.
Das ist schlicht und unauffällig und deshalb eine gute Lösung. Nur funktioniert sie nicht immer.
Entscheidung nach Anlass und GepflogenheitenIn vielen Unternehmen duzen sich die Kollegen, die Chefs dagegen werden gesiezt. Trotzdem könnte eine Einladung zum Betriebsfest auf »Liebe Kolleginnen und Kollegen« und »ihr« lauten, denn es handelt sich um einen internen und informellen Anlass, der noch dazu die Verbundenheit würdigen soll. Ein Infoschreiben aus der Personalabteilung dagegen würde sämtliche Adressaten siezen.
Persönlicher ZusatzWenn Sie eine große Runde siezen, haben Sie immer noch die Möglichkeit, eine vertraute Person in dieser Runde mit einem persönlichen Zusatz anzusprechen. Auf Papier könnte dieser Zusatz handschriftlich hinzugefügt werden, etwa so: »Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Alex«. Am allgemeinen Siezen im weiteren Verlauf ändert das nichts, trotzdem erkennt die Person, dass Sie das besondere Verhältnis zu ihr würdigen.
Grundsätzlich gilt: Lieber einmal zu viel siezen als einmal zu viel duzen. Ein einseitiges »Du« wirkt immer distanzlos und oft respektlos.
Mitleser kommen mal mit und mal ohne Einladung daher. Eingeladen sind sie dann, wenn sie in Kenntnis oder »cc« oder »bcc« gesetzt werden. Die Abkürzung »cc« steht für das englische »carbon copy«, den Durchschlag; die Abkürzung »bcc« steht für »blind carbon copy« und bezeichnet die Blindkopie, deren Adressat für andere nicht sichtbar ist. In Fällen mit solchen Verteilern sollten Ihre ersten Überlegungen den direkt angesprochenen Personen gelten, denn von denen erwarten Sie eine Reaktion. Die Cc- bzw. Bcc-Leserschaft jedoch sollten Sie unbedingt mit berücksichtigen, insbesondere was die Abgrenzung der Inhalte und die Meinungsäußerung angeht. Sie können dann notfalls nicht alles schreiben, was Sie der Hauptperson allein schreiben würden. Oder es verhält sich genau umgekehrt: Sie fügen erklärend etwas hinzu, was der Hauptperson allein womöglich schon klar ist, was aber der Mitleser zum Verständnis braucht.
Mitleser ohne Einladung kann es immer geben, zumal es meist nur einen Klick kostet, Texte weiterzuleiten. Solche Mitleser brauchen nicht eingebunden zu werden, aber sie sind ein Grund mehr, gut zu überlegen, was man wie und in welchem Ton schreibt.
Wenn Mitleser auf der Bildfläche erscheinen, sollten Sie beim Schreiben den Blickwinkel entsprechend erweitern.
Wer geschäftlich unterwegs ist, erlebt es täglich: eine Flut von E-Mails, deren Bearbeitung einen geradezu ärgerlichen Teil der Arbeitszeit in Anspruch nimmt. Dabei landen etliche dieser Mails nur deshalb in der Mailbox, weil jemand wahllos und leichtfertig einen Verteiler zusammengeklickt hat.
Eine gezielte Auswahl der anzusprechenden Personen beginnt mit der Frage, für wen die Nachricht überhaupt von Belang ist. Manches lässt sich besser (und oft auch kollegialer) im kleinen Kreis klären; nicht jede Geringfügigkeit muss gleich an die große Glocke gehängt werden.
Die zweite Frage ist die nach dem Datenschutz. Wer im Cc-Feld gelistet ist, ist für alle anderen sichtbar und damit auch ansprechbar. Wenn dann irgendjemand aus dem Verteiler die Funktion »Allen antworten« wählt, gelangen noch mehr ungebetene Mails in die Mailboxen. Ist das den Empfängern zuzumuten? Oder sollten sie nicht lieber das Recht haben, selbst über die Weitergabe ihrer Daten zu entscheiden? In dem Fall wären sie besser aufgehoben im Bcc-Feld. Denn da bleiben sie allen anderen verborgen.
Jeder Text verlangt seine eigenen Fragen zum Leser. Die folgende Checkliste kann dabei helfen, diese Fragen zusammenzustellen.
Persönliches
Wie alt ist die Person?
Was ist ihr Geschlecht?
Wo steht sie in der Gesellschaft?
Über was für eine Bildung verfügt sie?
Was für einen kulturellen Hintergrund hat sie?
Wie ist ihre Sprachkompetenz in Deutsch?
Hat sie persönliche Eigenheiten, die zu berücksichtigen sind?
Verhältnis zur Sache
Was weiß die Person über die Sache?
Wie ist ihre Einstellung zur Sache?
Was ergibt sich für sie aus der Sache, etwa an Nutzen oder Pflichten, an Befugnissen oder Grenzen?
Verhältnis zum Autor
In welchem Maße ist die Person mit dem Autor bekannt oder vertraut?
Gibt es eine gemeinsame Vorgeschichte, die förderlich oder hinderlich sein könnte?
Wie ist das hierarchische Verhältnis? Gleich, übergeordnet oder untergeordnet?
Lesesituation
Über welches Medium wird die Person den Text empfangen?
Was für eine Situation ist beim Empfang zu erwarten?
Viele Antworten werden Sie kennen. Die brauchen Sie lediglich zurechtzurücken. Ansonsten heißt es recherchieren.
Als Autor sind Sie stets mit doppeltem Gepäck unterwegs: mit den eigenen Absichten und mit den Erwartungen des Lesers. Beides sollte möglichst eindeutig sein, denn beides brauchen Sie, um den Text zu steuern.
Die Absicht muss einem Autor klar und deutlich vor Augen stehen: Er muss genau wissen, was er mit seinem Text erreichen will. Und selbst dann muss er noch aufpassen. Denn manchmal lässt man sich beim Schreiben von Gefühlen hinreißen und vergisst darüber das, was man eigentlich will. Oder man will zu viel auf einmal, und alles zusammen geht nicht.
Nehmen Sie ein Beispiel: Frau Hitzig hatte eine Auseinandersetzung mit einer Kundin und möchte ihren Chef darüber informieren. Er soll wissen, was Sache ist, für den Fall, dass ein Nachspiel kommt. Also beschreibt Frau Hitzig wahrheitsgetreu, was vorgefallen ist. Nur treibt der Gedanke an die Kundin ihr auch im Nachhinein noch den Blutdruck in die Höhe, und sie kann nicht umhin, ihr ein paar deftige Namen anzuheften. Der Chef liest und versteht den Vorfall, macht allerdings Abstriche für jede »Nulpe« und »dumme Nuss«, die im Text steht. So hat Frau Hitzig vor allem eins erreicht: Sie hat Dampf abgelassen. Was sie eigentlich erreichen wollte, eine unanfechtbare Darstellung, das hat sie damit verfehlt.
Eine vage oder wankende Absicht ist Gift für einen Text. Grundsätzlich gilt: Je konkreter Sie Ihre Absicht fassen, desto leichter können Sie Ihr Ziel erreichen.
Welche Absicht verfolgen Sie mit Ihrem Text? Geben Sie sich selbst eine klare Antwort auf diese Frage, bevor Sie anfangen zu schreiben. Prüfen Sie am Ende, ob es Stellen gibt, die dieser Absicht zuwiderlaufen.
Der Leser liest nicht nur den reinen Text, genauso wie ein Zuhörer nicht die reine Musik hört. Immer wird der Kontext (das Umfeld) mit wahrgenommen; er färbt den Inhalt. Deshalb wirkt ein Violinenstück als Straßenmusik anders als in einer Konzerthalle. Deshalb liest sich ein Vorschlag vom Chef anders als der Vorschlag einer Praktikantin, das Referat eines Erstsemesters anders als die Arbeit eines Abschlusssemesters. Für den Leser gehört der Autor mit zum Kontext, und der trägt zur Bedeutung bei.
Der Leser konstruiert die Bedeutung aus dem Text und dem Kontext. Dazu gehört der Autor.
Bei der Arbeit sind die Erwartungen des Lesers an den Autor stark von dessen Funktion geprägt. Schreibt Herr Aling als Betriebsrat oder als Mitarbeiter der IT-Abteilung? Schreibt Frau Beling als Privatkundin oder als Leiterin einer Betriebseinheit? Die Antworten helfen dem Leser, den Text einzuordnen.
Auch persönliche Faktoren spielen eine Rolle. Wenn Herr Aling seinem Leser schon einmal sehr geholfen hat, wird dieser seine Texte wohlwollend lesen. Wenn Frau Beling als notorische Querulantin verschrien ist, wird der Leser auf Abwehr schalten. Leser bringen alles, was sie über den Autor wissen oder auch nur vermuten, in den Text ein.
Aufgabe des Autors ist es, den Erwartungen des Lesers Rechnung zu tragen, soweit es eben geht. Er macht seine jeweilige Funktion klar, damit es nicht zu Missverständnissen kommt, und er hält sich an das, was diese Funktion erlaubt. Schwierig wird es bei negativen Voreinstellungen. Mit denen haben etwa die Beschäftigten in Behörden zu tun. Sie können den Vorurteilen ihrer Leser begegnen, indem sie das Behördendeutsch meiden und stattdessen einen umgänglichen Ton pflegen.
Die Erwartungen des Lesers sind anzuerkennen, ob sie einem passen oder nicht. Sachlich begründete Erwartungen sind zu erfüllen; positiv wertende Erwartungen sind zu bestärken; negativ wertende Erwartungen sind zu entkräften.
Die amerikanische Zeitung Washington Post